Peter Ganten warnte bereits in den 90er-Jahren, dass der Missbrauch von Software durch Staaten und Großkonzerne unsere Demokratie und Freiheit in ernste Gefahr bringen wird. In Chinas autoritärer, intransparenter Nutzung von High-Tech sieht der Psychologe und Software-Unternehmer nun einige seiner schlimmsten Digital-Albträume verwirklicht. Was kann man dem Schreckensszenario von Social Credit und Co. noch entgegensetzen, bevor China es in die Welt exportiert? Mehr Open-Source-Software und ein feineres Gespür für Tendenzen zur digitalen Autokratisierung, erklärt Ganten unserem Autor Marcel Grzanna im Interview.
Akutere Sorgen bereitet unterdessen der erste lokale Omikron-Ausbruch Chinas in Tianjin, einer Nachbarstadt von Peking. Unweit der Austragungsorte der Olympischen Winterspiele sollen sich mehrere Menschen mit der hochansteckenden Virus-Variante infiziert haben. Die “uneinnehmbare Festung”, wie China sich im Zusammenhang mit dem Corona-Virus mittlerweile selbstbewusst nennt, ist in höchster Alarmbereitschaft. Denn gegenüber Omikron bieten die chinesischen Impfstoffe möglicherweise keinen ausreichenden Schutz.
Im vergangenen Jahr ist gefühlt kaum eine Woche vergangen, in der keine chinesischen Kampfjets den Luftraum Taiwans gekreuzt haben. Das Säbelrasseln ist lauter geworden. Doch es gibt auch beruhigende Einschätzungen. Ein militärischer Konflikt drohe vorerst nicht, berichtet unser Team aus Peking. Zu groß ist die gegenseitige Abhängigkeit Chinas und Taiwans. Auch deutsche Unternehmen vor Ort sind nicht in Sorge.
Herr Ganten, weshalb halten Sie Open-Source-Software für ein wichtiges Element, um Demokratie und Freiheit in der Welt zu verteidigen?
Schon in den 1990er-Jahren bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass frei zugängliche Quelltexte, die von Jedermann eingesehen, geändert und genutzt werden können, eine ähnliche gesellschaftliche Sprengkraft haben wie einst der Buchdruck. Damals war der Zugang zu Wissen und damit zur Macht nur wenigen Menschen vorbehalten, ehe die massenhafte Vervielfältigung und Verbreitung von Informationen demokratische Entwicklungsprozesse langfristig in Gang setzen konnten. Heutzutage werden private Kommunikation, wirtschaftliches Handeln oder staatliche Verwaltungsvorgänge, durch Software gesteuert und beeinflusst. Wer diese Software kontrollieren kann, kann kontrollieren, wer worüber mit wem kommunizieren kann. Er kann zudem bestimmen, wer welche Veränderungen an Prozessen und Kommunikationsabläufen vornehmen kann. Open-Source-Software erlaubt es jedem Menschen, die von der Software gesteuerten Prozesse zu verstehen und sie auf Basis eigener Ideen zu verändern oder mit anderen Systemen zu verbinden. Durch diese Bemächtigung der Allgemeinheit trägt Open-Source-Software dazu bei, Autokratisierungstendenzen entgegenzusteuern.
Geben Sie uns ein Beispiel?
Schauen Sie nach China. Das Land führt uns vor, wie eine allumfassende und zentral gesteuerte Digitalisierung dazu genutzt wird, um sämtliche Prozesse der privaten Kommunikation und Verhaltensweisen sowie politische und wirtschaftliche Prozesse nicht nur vorherzusagen, sondern auch zu steuern. Bei uns setzt sich langsam die Erkenntnis durch, dass diese Art der Digitalisierung sehr gefährlich ist und mit unseren europäischen Grundwerten und unserem Menschenbild nicht zu vereinbaren ist.
Glauben Sie, dass es auch bei uns in Deutschland so weit kommen wird?
Nur weil wir heute demokratisch sind, bedeutet das nicht, dass wir vor einer solchen Entwicklung gefeit sind. Die Digitalisierung kann überall auf der Welt Autokratisierungstendenzen fördern. Schon heute gibt es Beispiele dafür, dass nicht mehr die Vertreter demokratisch legitimierter Organe darüber entscheiden, wer mit wem worüber kommunizieren kann. Sondern es sind vielmehr die Internetkonzerne, die Kontrolle ausüben. Das bekannteste Beispiel dafür ist das Stummschalten eines demokratisch gewählten Präsidenten der USA durch Twitter – ohne dass es eine gerichtliche Entscheidung gegeben hätte.
Und wie kann Open-Source-Software das verhindern?
Durch Open-Source-Software schaffen wir einen offenen, frei verfügbaren Werkzeugkasten an Wissen, Prozessen und Programmen, wie es einst der Buchdruck im Bereich des Wissens getan hat. Frei nutzbare Software und Schnittstellen bedeuten, dass die Innovationskraft nicht auf wenige Menschen reduziert ist, sondern wirklich jeder innovativ sein kann. Und es bedeutet, dass jeder in der Lage ist, Kontrolle auszuüben. Bei proprietärer Software, also solcher, die das Eigentum einer bestimmten Gruppe ist, ist das nicht der Fall. Entsprechend groß ist die Gefahr des Missbrauchs.
Haben sie schon in den 1990er-Jahren erkannt, dass Software eine geopolitische Dimension bekommen und massiven Einfluss nehmen wird auf Demokratie und Freiheit?
Das konnte ich damals sicher noch nicht so formulieren oder bis ins Detail vorhersehen. Mir war damals aber zumindest klar, dass Software eine große Bedeutung für gesellschaftliche Entwicklungen gewinnen würde. Es gab früh eine Bewegung, die aus Universitäten in den USA nach Deutschland schwappte, die hinter dem Einsatz von Open-Source-Software eine ideologische Auseinandersetzung gesehen hat. Die Bewegung vertrat die Ansicht, dass proprietäre Software ethisch falsch und wer sie einsetzt, kategorisch böse sei. Das war eine extreme Position, der ich mich auch heute nicht anschließen würde, aber sie macht das Risiko sehr deutlich, das in proprietärer Software zweifellos vorhanden ist.
Was war ihre Rolle?
Ich habe damals Psychologie studiert. Und ich erinnere mich an Diskussionen, welche Konsequenzen es hat, wenn wissenschaftliche Daten von einer Software ausgewertet werden. Der Wissenschaftler erhebt Daten und überlässt es der Software, einzuschätzen, ob eine daraus abgeleitete Beobachtung signifikant, also höchstwahrscheinlich nicht zufällig ist oder nicht. Aber wie kommt die Software zu dieser Schlussfolgerung? Und kann es sein, dass die Software einen Fehler gemacht hat? Das wurde damals von vielen Wissenschaftlern nicht in Zweifel gezogen. Diese Fragen machten deutlich, welchen Einfluss die Software auf Erkenntnisgewinne hat, und sie zeigen, dass ihre Offenlegung Teil des wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses sein muss. Das betrifft nicht nur wissenschaftliche Prozesse, sondern in der Folge auch politische Entscheidungen.
Was heißt das konkret für mögliche Autokratisierungstendenzen in der heutigen Gesellschaft?
Wir verlassen uns in der privaten und immer mehr der staatlichen Kommunikation sowie bei Innovations- und Wertschöpfungsprozessen der Wirtschaft auf digitale Strukturen. Die werden, wie im Fall China, staatlich intensiv gefördert. Deren Funktionsweise und Prozesse können wir aber in keinster Weise nachvollziehen, beeinflussen oder ändern. Das hat vielfältige negative Konsequenzen:
Erstens werden wir dadurch erpressbar. Derjenige, der die Technologie kontrolliert, bestimmt, ob wir sie benutzen können. Das haben wir gerade wieder anhand eines Fehlers in der E-Mail-Software von Microsoft gesehen. Die Konsequenz war, dass viele Unternehmen und Behörden keine Mails versenden konnten. Im Krisenfall könnten willkürliche Dienste-Sperren als Druckmittel verwendet werden. Ein Weckruf für Staat und Wirtschaft war beispielsweise, dass 2019 in Venezuela auf Anordnung der US-Regierung zeitweise Adobe-Produkte nicht mehr nutzbar waren.
Zweitens?
Sicherheitslücken lassen sich in proprietärer Software viel schwieriger aufspüren und noch viel schwieriger beheben. Und sie macht den Einbau unbemerkter Hintertüren sehr viel einfacher, wodurch sie zu einer realen Gefahr für vertrauenswürdige Kommunikation und Informationssicherheit wird. Drittens sinken die Innovations- und die Wertschöpfungsfähigkeit der Wirtschaft mit jedem Stück proprietärer Software. Schon heute werden Produktionsprozesse und Kundenbeziehungen in vielen Unternehmen vollständig von proprietären Cloud-Diensten gesteuert. Verbesserungen oder innovative Änderungen sind nur noch erreichbar, wenn das im Interesse des Dienste-Anbieters ist und dieser es technisch ermöglicht.
Wenn Sie schon seit so vielen Jahren die Gefahren durch proprietäre Software beschwören, muss man ihrer Branche vorwerfen, ihren Job nicht richtig gemacht zu haben. Schließlich scheinen proprietäre Tendenzen auch auf staatlicher Ebene – wie in China – auf dem Vormarsch zu sein.
Dass Open Source nicht erfolgreich war, kann man nicht sagen. Die großen Gewinner der Digitalisierung in der Wirtschaft setzen ausschließlich auf Open Source Code oder andere Software, die sie selbst kontrollieren. Das gilt für große Konzerne, aber auch für Staaten. Amazon oder Facebook sind groß geworden, weil sie nicht von Lizenzen bei Oracle oder Microsoft abhängig waren und ihre Daten dort einspeisten. Diese Konzerne nutzen Open Source als Basis für ihre eigenen innovativen Weiterentwicklungen, mit denen sie neue Werte schaffen und die Hoheit über ihre Daten behalten. In vielen Staaten, insbesondere in China, sehen wir ähnliche Strategien, sich von den amerikanischen Cloud-Anbietern unabhängig zu machen. Es gibt also Akteure, die das durchaus begriffen haben.
Aber?
Meiner Meinung nach haben sich beispielsweise in Deutschland der Mittelstand oder die Verwaltung aufs Glatteis führen lassen. Dort kauft man Produkte von Microsoft ein und meint, allein dadurch werde man innovativ. Dabei ist das nur eine “Schein-Innovation”. Man führt etwas ein, was sich andere ausgedacht haben, ohne dass man nennenswerte Nutzungs- oder eigene Innovationsrechte daran erwirbt. Die Gefahr, die dahintersteckt, sehen viele nicht.
Welche?
Man kann in eine hochgradige Abhängigkeit geraten, die die Informationssicherheit, die Geschwindigkeit der Weiterentwicklung und die Unabhängigkeit des eigenen Handelns bedroht.
Von wem geht die größte Gefahr aus?
Das ist schwer zu sagen. Man muss davon ausgehen, dass digitale Möglichkeiten zum Missbrauch genutzt werden, wenn sie zur Verfügung stehen. Das gilt für Unternehmen genauso wie für Regierungen, wie uns beispielsweise die Snowden-Enthüllungen oder schon vorher die Echelon-Krise gezeigt haben. In China sehen wir das in einer extremen Ausprägung. Ein autoritäres System ist allerdings eher in der Lage, seine Aktivitäten zu vertuschen.
Es kursieren Szenarien von chinakritischen Beobachtern, die fürchten, dass China eine wachsende digitale Hoheit dazu nutzen könnte, seine politischen Interessen langfristig auch zunehmend autoritär in Deutschland durchzusetzen, zum Beispiel, indem das Land mit dem Hinweis auf seine wirtschaftliche Stärke kritische Berichterstattung über China in Deutschland unterbindet.
Das ist zwar ein Horrorszenario, es erscheint mir angesichts der digitalen Entwicklung aber absolut möglich. Zumindest dann, wenn wir nicht entsprechend gegensteuern. Wir müssen es nicht so weit kommen lassen, sondern haben es selbst in der Hand, die Dinge im Interesse unserer Freiheit zu beeinflussen.
Als in den USA und Europa vor einigen Wochen die ersten Omikron-Infektionen auftraten, bezeichneten chinesische Staatsmedien ihr Land noch als eine “uneinnehmbare Festung”. Die strikte Null-Corona-Politik der Regierung würde schon dafür sorgen, dass sich die neue und viel ansteckendere Virus-Variante nicht in der Volksrepublik verbreitet. Ob das stimmt, wird sich nun in Pekings Nachbarstadt Tianjin zeigen. Denn dort hat es die ersten lokalen Infektionen mit Omikron gegeben.
Wie die Behörden der 15-Millionen-Metropole am Sonntag mitteilten, wurden in der Stadt seit Freitag 20 Corona-Infektionen identifiziert. Eine Sequenzierung ergab demnach, dass es sich bei zwei Fällen eindeutig um Infektionen mit der Omikron-Variante handelt.
Ob die anderen 18 Infektionen, die in Verbindung zu den beiden Fällen stehen, ebenfalls auf die Omikron-Variante zurückgehen, ist bislang noch nicht eindeutig geklärt. Laut lokalen Medien handelt es sich bei den Infizierten vor allem um Schüler und deren Familienangehörige. Die Behörden rechnen damit, dass die Testung der gesamten Bevölkerung weitere Infektionen aufdecken wird. Zwar waren bereits im Dezember die zwei ersten Omikron-Fälle in China gemeldet worden. Allerdings hatte es sich dabei um Reiserückkehrer gehandelt, die sich in Tianjin und in der südchinesischen Metropole Guangzhou in Quarantäne befanden. Wenn sich bestätigt, dass es sich in allen Fällen um die neue Variante handelt, wäre das der erste lokale Omikron-Ausbruch, mit dem sich die chinesischen Behörden konfrontiert sehen. Und das ausgerechnet in Tianjin, einer Nachbarstadt von Peking, wo die Olympischen Winterspiele am 4. Februar beginnen sollen.
Gelingt es nicht, den Ausbruch schnell unter Kontrolle zu bringen, könnte Tianjin womöglich ein ähnlich harter Lockdown drohen, wie ihn derzeit die Menschen der zentalchinesischen Metropole Xi’an über sich ergehen lassen müssen. Dort waren in den vergangenen zwei Wochen rund 1.500 Infektionen aufgetreten, bei denen es sich jedoch offenbar noch um die Delta-Variante handelte. Schon nach den ersten Fällen durften die Menschen praktisch nicht mehr vor die Tür. Das soll so bleiben, bis es keine neuen Infektionen mehr gibt (China.Table berichtete).
Bislang hat das rigorose Vorgehen tatsächlich stets dazu geführt, dass die meist kleinen Ausbrüche in China nach wenigen Wochen wieder unter Kontrolle gebracht werden konnten. Doch Beobachter fürchten, dass durch Omikron die Lage schnell außer Kontrolle geraten könnte. Das hätte auch Folgen für deutsche Unternehmen vor Ort, die schon jetzt klagen, dass sich die strikten Maßnahmen auf ihr Geschäft auswirken.
Allein in Xi’an sind rund 20 deutsche Unternehmen vertreten, darunter Bosch und Siemens, die vom Lockdown betroffen sind. Deutsche Wirtschaftsvertreter in China verweisen zwar darauf, dass Unternehmen in den vergangenen zwei Jahren dazugelernt und sich auf solche Situationen eingestellt hätten. Äußerst schwierig würde es jedoch, wenn sich nicht nur eine Stadt, sondern mehrere Regionen und wichtige Wirtschaftszentren gleichzeitig in einen Lockdown begeben müssten.
Schon jetzt könnte sich ein solches Szenario abzeichnen. Denn nicht nur in Xi’an und Tianjin kämpfen die Behörden derzeit gegen Ausbrüche. Auch in der Provinz Henan sowie im südchinesischen Shenzhen wurden in den letzten Tagen neue Delta-Infektionen verzeichnet. Genau wie Tianjin beherbergt Shenzhen einen der größten Frachthäfen Chinas. Geriete die Lage außer Kontrolle, würde sich dies weiter auf ohnehin schon strapazierte Lieferketten auswirken.
Dass China seine strikten Abschottungsmaßnahmen in naher Zukunft aufgibt, scheint mit der Verbreitung von Omikron unwahrscheinlicher denn je. Zwar liegt die Quote der vollständig Geimpften in China bei rund 85 Prozent und damit höher als etwa in Deutschland. Neue Studien hatten kürzlich jedoch Hinweise geliefert, dass die chinesischen Vakzine eine unzureichende Antikörperantwort gegen Omikron aufweisen könnten (China.Table berichtete).
Das Bild ist nach Ansicht von Impfstoff-Forschern bisher zwar nicht eindeutig. Dennoch kann es sich die Pekinger Führung nicht leisten, ein Risiko einzugehen. Zwar arbeitet China auf Hochtouren an einem eigenen mRNA-Impfstoff nach dem Vorbild von Biontech. Bis dieser verfügbar ist und einem Großteil der Bevölkerung zur Verfügung steht, dürfte jedoch noch einige Zeit vergehen (China.Table berichtete). Bis dahin bleibt aus Sicht Pekings die Abschottung die einzig akzeptable Strategie. Gregor Koppenburg/Jörn Petring
Fast täglich schickt Peking derzeit Kampfflugzeuge in die taiwanische Luftverteidigungszone. Diese ist zwar nicht mit dem Luftraum der Inselrepublik gleichzusetzen, dennoch werden die zunehmenden Flüge als klare Provokation verstanden. Allein in den vergangenen Monaten waren es mehr als im gesamten Vorjahr (China.Table berichtete).
Trotz Pekings Säbelrasseln halten die meisten Beobachter einen heißen Konflikt, in dem die Volksrepublik angreift, um endlich die erhoffte “Wiedervereinigung” zu erreichen, weder 2022 noch in den Jahren darauf für ein wahrscheinliches Szenario. Aus chinesischer Sicht ist Taiwan zwar eine abtrünnige Provinz. Trotz aller Drohgebärden ist der demokratische Nachbar jedoch gleichzeitig wirtschaftlich sehr eng mit dem kommunistischen Festland verflochten. Eine ausgewachsene Krise würde auf beiden Seiten der Taiwanstraße erhebliche Folgen haben.
“Taiwanische Unternehmen spielen eine sehr wichtige Rolle in der chinesischen Wirtschaft. Wenn man da ein Decoupling durchspielt, würde es beide Volkswirtschaften sehr hart treffen”, sagt Axel Limberg, der die Vertretung der deutschen Auslandshandelskammer (AHK) in Taiwan leitet. In China seien 8.000 taiwanische Unternehmen aktiv, die laut Schätzungen eine zweistellige Millionenzahl an Mitarbeitern beschäftigen. Zudem sei Taiwan das wichtigste Zulieferland für China. Rund 45 Prozent der taiwanischen Exporte gehen in die Volksrepublik.
Die wirtschaftlichen Beziehungen reichen weit zurück: Taiwaner gehörten zu den ersten ausländischen Unternehmern, die mit dem Beginn der wirtschaftlichen Öffnung in der Volksrepublik investierten. Ähnlich wie wohlhabende Familien aus Hongkong gründeten sie Fabriken auf dem chinesischen Festland – noch bevor sich Firmen aus den USA und Europa für China interessierten. Zunächst wurden etwa Schuhe und Kleidung hergestellt, später siedelten auch taiwanische Hightech-Firmen ihre Produktion nach China um.
Der Auftragsfertiger Foxconn, von dem Apple und andere Smartphone-Giganten einen Großteil ihrer Geräte zusammenbauen lassen, hat seinen Hauptsitz zwar in Taiwan, die meisten der 1,3 Millionen Mitarbeiter werden jedoch in Fabriken in China beschäftigt. Damit ist die taiwanische Firma der größte private Arbeitgeber der Volksrepublik. Allein in der zentralchinesischen Metropole Zhengzhou, die in diesem Jahr von einem schweren Hochwasser heimgesucht wurde, beschäftigt Foxconn in drei Fabriken mehr als 250.000 Menschen.
China braucht also keinen Krieg, um Taiwan zu Fall zu bringen. Es würde schon reichen, den taiwanischen Fabriken auf dem chinesischen Festland den Strom abzustellen. Jedoch ist die wirtschaftliche Abhängigkeit weniger einseitig, als sie auf den ersten Blick wirkt. Denn einer der wenigen technologischen Schwachpunkte, die die ehrgeizige Volksrepublik ihren Gegnern noch bietet, ist zugleich die größte Stärke Taiwans: die Entwicklung und Produktion von Mikrochips.
China hat zwar massive Investitionen angekündigt und macht Fortschritte bei der Entwicklung eigener Prozessoren. Die Volksrepublik liegt aber noch immer so weit zurück, dass es jährlich Mikrochips im Wert von rund 300 Milliarden Dollar importieren muss (China.Table berichtete). Um sie in elektronische Produkte für den heimischen Markt und den Export zu verbauen, gibt China für die Chips sogar mehr Geld aus als für Ölimporte.
Taiwan hat sein “Siliziumschutzschild” vor allem dem global führenden Chiphersteller TSMC zu verdanken. Die Taiwan Semiconductor Manufacturing Company ist mit mehr als 50 Prozent Marktanteil unangefochten der größte Chip-Auftragsfertiger der Welt. Von Apple über AMD bis hin zu Tesla lassen zahlreiche namhafte US-Konzerne ihre ausgefeiltesten Chips bei TSMC produzieren. Und auch die meisten chinesischen Tech-Konzerne müssen mangels Alternativen auf das Know-how der Taiwaner setzen.
Nach Angaben von Roy C. Lee, einem Ökonomen der taiwanischen Denkfabrik CIER, kann China derzeit nur 15 bis 20 Prozent der Halbleiternachfrage mit seinen Kapazitäten im Inland decken. Ohne Chip-Importe aus Taiwan und Südkorea würde China seine Position als weltweit führendes Zentrum für die Herstellung elektronischer Produkte sofort verlieren, schlussfolgert Lee. Die Gefahr, dass China relevante wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen gegen Taiwan verhänge, sei vor diesem Hintergrund “begrenzt”.
Die gegenseitige Abhängigkeit spiegelt sich in Pekings Wirtschaftspolitik gegenüber Taiwan wider. Zwar verhängte China in diesem Jahr einen Einfuhrstopp von Ananasfrüchten aus Taiwan (China.Table berichtete). Auch sorgte die Führung mit neuen Regeln bereits vor der Pandemie dafür, dass weniger Chinesen nach Taiwan reisen und dort die Tourismusindustrie unterstützen. Doch diese Nadelstiche wirken sich kaum auf Taiwans boomende Wirtschaft aus. Während der Corona-Pandemie wuchs der Inselstaat im vergangenen Jahr mit 4,5 Prozent erstmals seit drei Jahrzehnten sogar schneller als die Volksrepublik.
Kaum besorgt ist auch die deutsche Business-Community in Taiwan. Im Gegenteil seien die meisten Unternehmen sehr zufrieden mit dem Standort und stecken teils hohe Summen in neue Produktionskapazitäten, heißt es bei der AHK. “Es gibt eine Vielzahl von Krisenszenarien, auf die deutsche Unternehmen in Taiwan vorbereitet sind. Taifuns oder andere Naturkatastrophen gehören dazu, eine kriegerische Auseinandersetzung aber sicher nicht”, sagt Limberg. “Man glaubt an die Stabilität Taiwans”. Gregor Koppenburg/Jörn Petring
Sri Lankas Präsident Gotabaya Rajapaksa drängt auf Aufschub bei der Rückzahlung der Kredite seines Landes bei China. Das erklärte Rajapaksa bei einem Treffen mit dem chinesischen Außenminister Wang Yi in Colombo am Sonntag. Sri Lanka befindet sich derzeit in einer Devisenkrise, die den Inselstaat an den Rand des Zahlungsausfalls gebracht hat. Das Land muss in diesem Jahr rund 4,5 Milliarden Dollar zurückzahlen, beginnend mit einer internationalen Staatsanleihe (ISB) in Höhe von 500 Millionen Dollar, die am 18. Januar fällig wird.
China ist Sri Lankas viertgrößter Kreditgeber. Umgerechnet fünf Milliarden US-Dollar hat die Volksrepublik Sri Lanka in den vergangenen Jahren geliehen, die unter anderem in den Bau von Autobahnen, Häfen, einen Flughafen und ein Kohlekraftwerk geflossen sind. Ausgezahlt haben sich diese Projekte allerdings kaum.
Rajapaksas Büro spricht von einer “großen Erleichterung”, sollte China einer nicht näher erläuterten Schuldenumschichtung zustimmen. Ein Yuan-Swap mit China in Höhe von 1,5 Milliarden US-Dollar half Sri Lanka bereits Ende Dezember, seine Reserven auf 3,1 Milliarden US-Dollar aufzustocken. 2017 konnte Sri Lanka schon einmal seine Schulden an China nicht mehr bedienen, woraufhin sich Peking den strategisch wichtigen Hambantota-Hafen im Zuge einer Umschuldung für 99 Jahre gesichert hatte. Der Vorgang galt fortan als Musterbeispiel für Chinas “Schuldendiplomatie”. fpe
China plant, einen Friedensbotschafter in die von Konflikten geplagte Region am Horn von Afrika zu entsenden. Das erklärte Chinas Außenminister Wang Yi vergangenen Donnerstag bei einem diplomatischen Besuch in Kenia. Der bisher nicht namentlich genannte Sondergesandte soll sich vor allem um die Befriedung des militärischen Konfliktes in Äthiopien zwischen der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) und der neuen Regierung unter Premierminister Abi Ahmed bemühen.
In dem Bürgerkrieg, der Anfang November 2020 ausbrach, sind nach Schätzungen Zehntausende Menschen ums Leben gekommen. Hunderttausende befinden sich auf der Flucht, Millionen leiden an Hunger. Auf einer Pressekonferenz in der Hafenstadt Mombasa schlug Wang unter anderem die Einberufung einer Friedenskonferenz vor. Ein weiterer Brennpunkt in der Region ist Somalia, wo sich die islamistische Terrorgruppe Al-Shabaab mit der vom Westen unterstützten Regierung bekriegt.
Für China ist Stabilität in der Region von großer wirtschaftlicher und geostrategischer Bedeutung. In der kleinen, als stabil geltenden Republik Dschibuti am Horn von Afrika hat China eine Freihandelszone und einen Militärstützpunkt errichtet. Von hier will die Volksrepublik chinesische Waren nach ganz Ostafrika vertreiben. fpe
Peking hat seine Unterstützung für das gewaltsame Vorgehen des kasachischen Präsidenten Kassym-Jomart Tokajew gegen Demonstranten ausgesprochen. Präsident Xi Jinping lobte den kasachischen Staatschef ausdrücklich für dessen Reaktion auf die Proteste in Kasachstan: “Sie haben in kritischen Momenten starke Maßnahmen ergriffen und die Situation schnell beruhigt”, schrieb Xi am Freitag nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua an Tokajew. “Damit haben Sie Ihr Verantwortungsbewusstsein und Ihr Pflichtgefühl als Politiker unter Beweis gestellt”, so Xi demnach.
Zuvor hatte auch das chinesische Außenministerium Unterstützung für das Vorgehen ausgedrückt und betont, es hoffe, dass die “starken Maßnahmen” Ruhe herstellen werden. “China unterstützt alle Bemühungen, die den kasachischen Behörden helfen, das Chaos so schnell wie möglich zu beenden, und wendet sich entschieden gegen das Vorgehen externer Kräfte, um absichtlich soziale Unruhen zu schaffen und Gewalt anzustiften”, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Wang Wenbin, bei einer Pressekonferenz in Peking. Die Volksrepublik werde “als brüderlicher Nachbar” Kasachstan jede notwendige Hilfe anbieten.
Kasachstan ist für China einer der wichtigsten Verbündeten in der Region. Xi Jinping hatte in dem Nachbarland sein geopolitisches Prestigeprojekt der neuen Seidenstraße erstmals vorgestellt. Seitdem wurden dort zahlreiche Investitionen mit chinesischem Geld angeschoben. China ist außerdem stark an einem stabilen Kasachstan interessiert, weil die Volksrepublik viele Rohstoffe aus dem Land bezieht, vor allem Gas und Öl. Von Kasachstan führt eine Ölpipeline direkt in die westchinesische Provinz Xinjiang. China importiert zudem Kohle aus Kasachstan.
Am Donnerstag betonte Wang Wenbin, dass China und Kasachstan “dauerhafte und umfassende strategische Partner” seien. Was in Kasachstan geschehe, sei eine “interne Angelegenheit”. Auf Bitten Kasachstans hatte Russland im Rahmen eines gemeinsamen Militärbündnisses Soldaten zur Unterstützung geschickt. Die kasachische und die russische Führung machen ausländische Kräfte für die schweren Unruhen verantwortlich. Peking heißt die Entsendung russischer Soldaten willkommen. Als brüderlicher Nachbar und strategischer Partner Kasachstans “unterstützt China alle Bemühungen, den Behörden in Kasachstan zu helfen, das Chaos so schnell wie möglich zu beenden”, erklärte Außenamtssprecher Wang Wenbin am Freitag in Peking. ari
China hat für das vergangene Jahr einen neuen Temperatur-Rekord gemeldet. Die Durchschnittstemperatur lag bei 10,7 Grad. Das ist der höchste Stand seit Aufzeichnung der Daten im Jahr 1961 und ein Grad höher als in den Jahren zuvor, wie Chinas Amt für Meteorologie bekannt gab. Auch für zwölf Provinzen wurden demnach neue Höchststände vermeldet, darunter die dicht besiedelten Regionen Jiangsu und Zhejiang. Das berichtet die South China Morning Post.
Auch was die Tage mit Extremtemperaturen angeht, kam es fast zu einem neuen Höchststand. An zwölf Tagen lag die Temperatur bei 35 Grad oder mehr, was der zweithöchste jemals gemessene Wert ist. Zugleich verzeichnete der Norden Chinas das feuchteste Jahr nach 1964. Der Niederschlag lag mit knapp 700 Millimetern 40 Prozent über dem Durchschnitt der letzten Jahre. Laut einem Sprecher der Meteorologischen Behörde waren extreme Wetterereignisse im vergangenen Jahr in China “weit verbreitet, häufig, intensiv und zeitgleich”. Das stelle die Behörden bei der “Verhütung und Eindämmung meteorologischer Katastrophen vor große Herausforderungen”. Die Klimawissenschaft ist sich einig, dass steigende Temperaturen häufiger zu Extremwetterereignissen führen. nib
Im Handelskonflikt zwischen Litauen und China schaltet sich Medienberichten zufolge nun auch Deutschland ein. Franziska Brantner, Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, plant demnach in dieser Woche nach Vilnius zu reisen, um dort über Probleme für deutsche und litauische Unternehmen wegen der chinesischen Handelsblockade zu sprechen. Die Grünen-Politikerin werde dort Vertreter verschiedener Behörden treffen, berichtete die litauische Nachrichtenseite 15min unter Berufung auf mehrere Quellen. Nähere Details zu dem Treffen gab es zunächst nicht.
Die Position Deutschlands könnte im Streit zwischen Litauen und China um das “Taiwan-Büro” in Vilnius eine wichtige Schlüsselrolle spielen (China.Table berichtete). Denn die deutschen Automobilkonzerne Hella und Continental haben Fabriken in der litauischen Freiwirtschaftszone Kaunas. Bereits im Dezember warnte die Deutsch-Baltische Handelskammer, dass deutsche Unternehmen in Litauen Probleme hätten, weil sie benötigte Komponenten aus China nicht mehr erhielten und die Volksrepublik Produkte aus Litauen im Zollsystem blockiere. In einem Schreiben warnte die Handelskammer zudem vor Fabrikschließungen, sollte das Problem nicht gelöst werden (China.Table berichtete). ari
Die Woche, in der ihr Lieblingsverein Borussia Dortmund gegen Bayern München verlor, bescherte Julia Hammelehle zumindest noch politische Genugtuung. Wenige Tage nach der schmerzhaften Bundesliga-Pleite ihres BVB übernahm “ihre” SPD das Kanzleramt – eine Form der emotionalen Wiedergutmachung. Fußball und Politik liegen manchmal eben nicht sehr weit auseinander, besonders was ihre Slogans angeht.
Als Strategieberaterin analysiert Julia Hammelehle internationale Politikfelder und konzipiert seit zwei Jahren Veranstaltungen und Begegnungen für die Münchner Sicherheitskonferenz. “Road to Munich” steht über dem Vorprogramm für die kommende Sicherheitskonferenz, die vom 18. bis 20. Februar 2022 stattfindet. So ähnlich heißen oft auch Marketing-Kampagnen von potenziellen Champions-League-Finalisten. Statt auf grünem Rasen zu kicken, wird jedoch im Hotel Bayerischer Hof über Klima und Nachhaltigkeit gesprochen. Statt Viererkette stehen neue Technologien und digitale Innovationen auf der Agenda.
Julia Hammelehle hat in Dresden Internationale Beziehungen studiert und in London EU-Politik. Zwischendurch war sie für ein Auslandssemester in Boston. Die 25-Jährige ist sicher, dass Veränderungen in der Klima- und Energiepolitik auch sicherheitspolitische Auswirkungen nach sich ziehen. Ihrer persönlichen Einschätzung nach könnte die Umstellung auf grüne Energien sogar zu Destabilisierungen in solchen Ländern führen, die noch auf fossile Energien setzen.
Mehr noch bringe die Umstellung “Herausforderungen für Länder mit sich, die auf Rohstoffen wie Lithium oder Kobalt sitzen, die für grüne Technologien benötigt werden”, sagt Hammelehle. Europa und die USA betrachteten die Dominanz Chinas in den Lieferketten für den Bau von Elektroautos oder Solarmodulen mit Sorge. “50 bis 70 Prozent des weltweiten Lithiums und Kobalts werden in China weiterverarbeitet. Die Volksrepublik dominiert die komplette Wertschöpfungskette von Seltenen Erden. Das ist nicht nur ein Wettbewerbsvorteil für China, sondern auch ein möglicher geopolitischer Hebel.”
Deshalb sei es wichtiger denn je, dass die EU und ihre transatlantischen Verbündeten die Volksrepublik China gleichzeitig als Partner, Wettbewerber und als systemischen Rivalen begreifen. “Das ist eine wichtige Grundlage für eine gemeinsame Strategie.” Und die sollte sich darauf konzentrieren, sich vor chinesischer Einflussnahme und ökonomischem Druck besser zu schützen und die eigene Handlungsfähigkeit zu stärken, so Hammelehle. “Eine gemeinsame Strategie muss beinhalten, über Investitionskontrollen für ein Level Playing Field einzutreten, Abhängigkeiten zu reduzieren und Anti-Coercion-Instrumente zu schärfen.”
Ergänzend dazu müsse in die eigene Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit, besonders in der Digitaltechnologie, investiert und neue Partnerschaften über Infrastrukturprojekte erschlossen und vertieft werden. Eine weitere Möglichkeit haben die USA mit dem diplomatischen Boykott der Olympischen Winterspiele im Februar in Peking gewählt. “Aber auch da wäre es wichtig, innerhalb der EU ein gemeinsames Signal zu senden”, erklärt die Sport-Fanatikerin. “Wenn aber gar keine Sportlerinnen und Sportler geschickt würden, fände ich das nicht gut.” Gabriel Bub
Ding Yun ist zum neuen President der Enterprise Business Group von Huawei ernannt worden. Ding arbeitet seit 1996 für Huawei. Innerhalb des Unternehmens war er bereits als Product Line President, Global Solution Sales President, Global Marketing President und Products and Solutions President tätig.
Liza Zhang wird neue Geschäftsführerin von MSL China. Das PR-Unternehmen gehört zur französischen Publicis Groupe S.A. Zhang war zuvor Managerin bei MSL für Shanghai und Guangzhou.
Willa Yang wird Chief Representative für den internationalen Wine & Spirit Education Trust (WSET) in China. Zuvor hatte Yang Führungspositionen im China-Büro von Wine Australia und der Australian Trade Commission inne.
YYDS! Nicht wundern bitte, wenn Sie Teenies in China bei Konzerten diese kryptische Buchstabenfolge kreischen hören. Und auch nicht, wenn chinesische Fans ihre Vorbilder mit YYDS-Kommentaren im Netz überhäufen. Das ist kein Tippfehler, das gehört so. YYDS steht nämlich als Abkürzung für 永远的神 yǒngyuǎn de shén – “ewiger Gott” und ist in China mittlerweile ein Trendwort für alles, was man unschlagbar findet – vom Pop-Idol über die Lieblingsmarke bis hin zur lebensrettenden Lieblingskollegin, die in letzter Minute den Beamer für die Powerpoint-Präsentation zum Laufen bringt. Gelesen wird das Ganze übrigens als englische Buchstabenfolge: why-why-di-es!
Wer den digitalen Zeichenwald chinesischer Onlinetexte durchforstet, wird auf noch mehr lateinische, pardon “englische” Lettern stoßen, die sich von der quadratischen Hanzi-Masse abheben. Hier ein kleiner Ausflug in die Welt der derzeit beliebten chinesischen Buchstabenwörter:
Beginnen wir mit dem “ABC” (zur Erinnerung: Aussprache ey-bi-si). Gemeint ist nicht das Alphabet, sondern ein US-Amerikaner chinesischer Abstammung (American-Born Chinese). Weiter geht’s im Restaurant. Hier zahlt man unter jungen Leuten entgegen der traditionellen Gepflogenheit schon mal “AA” (AA付钱 fùqián – von englisch “all apart”), nachdem man beim Essen zuvor ausgiebig CP betrieben hat (CP = coupling oder chinesisch 配对 pèiduì – gemeint ist das gedankliche Verkuppeln von Promis oder Bekannten, die vermeintlich perfekt zusammenpassen). Zurück zu Hause lädt man sich aufs Handy eine APP (下载APP xiàzǎi “ey-pi-pi” – eine App herunterladen), mit der man MV schaut (看MV kàn MV – Musikvideos schauen) oder vielleicht heimlich auch mal ein AV (看AV kàn AV – einen Porno schauen, von “adult movie”, alternativ auch A片 piàn genannt).
Bei der Jobsuche bewirbt man sich als IT男 beziehungsweise IT女 (IT nán/nǚ – Arbeitnehmer:in der IT-Branche) und reicht seinen aufgemotzten CV ein (交CV jiāo CV – Lebenslauf einreichen), in dem man am besten ordentlich auf “B” macht (装B zhuāng B – auf dicke Hose machen). Bekommt man die Stelle, besteht der Arbeitsalltag eventuell trotzdem nur aus PPT (准备PPT zhǔnbèi PPT – eine Powerpoint-Präsentation vorbereiten). Kassiert man dagegen eine Absage, schlägt man sich einfach weiterhin die Nächte im KTV um die Ohren (唱KTV chàng KTV – Karaoke singen).
Gut. So viel Chinglish muss jetzt aber erst einmal verdaut werden. Verlieren Sie sich bitte nicht im Abkürzungsdschungel, egal in welcher Sprache. CU! MfG.
Verena Menzel leitet in Peking die Sprachschule New Chinese.
Peter Ganten warnte bereits in den 90er-Jahren, dass der Missbrauch von Software durch Staaten und Großkonzerne unsere Demokratie und Freiheit in ernste Gefahr bringen wird. In Chinas autoritärer, intransparenter Nutzung von High-Tech sieht der Psychologe und Software-Unternehmer nun einige seiner schlimmsten Digital-Albträume verwirklicht. Was kann man dem Schreckensszenario von Social Credit und Co. noch entgegensetzen, bevor China es in die Welt exportiert? Mehr Open-Source-Software und ein feineres Gespür für Tendenzen zur digitalen Autokratisierung, erklärt Ganten unserem Autor Marcel Grzanna im Interview.
Akutere Sorgen bereitet unterdessen der erste lokale Omikron-Ausbruch Chinas in Tianjin, einer Nachbarstadt von Peking. Unweit der Austragungsorte der Olympischen Winterspiele sollen sich mehrere Menschen mit der hochansteckenden Virus-Variante infiziert haben. Die “uneinnehmbare Festung”, wie China sich im Zusammenhang mit dem Corona-Virus mittlerweile selbstbewusst nennt, ist in höchster Alarmbereitschaft. Denn gegenüber Omikron bieten die chinesischen Impfstoffe möglicherweise keinen ausreichenden Schutz.
Im vergangenen Jahr ist gefühlt kaum eine Woche vergangen, in der keine chinesischen Kampfjets den Luftraum Taiwans gekreuzt haben. Das Säbelrasseln ist lauter geworden. Doch es gibt auch beruhigende Einschätzungen. Ein militärischer Konflikt drohe vorerst nicht, berichtet unser Team aus Peking. Zu groß ist die gegenseitige Abhängigkeit Chinas und Taiwans. Auch deutsche Unternehmen vor Ort sind nicht in Sorge.
Herr Ganten, weshalb halten Sie Open-Source-Software für ein wichtiges Element, um Demokratie und Freiheit in der Welt zu verteidigen?
Schon in den 1990er-Jahren bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass frei zugängliche Quelltexte, die von Jedermann eingesehen, geändert und genutzt werden können, eine ähnliche gesellschaftliche Sprengkraft haben wie einst der Buchdruck. Damals war der Zugang zu Wissen und damit zur Macht nur wenigen Menschen vorbehalten, ehe die massenhafte Vervielfältigung und Verbreitung von Informationen demokratische Entwicklungsprozesse langfristig in Gang setzen konnten. Heutzutage werden private Kommunikation, wirtschaftliches Handeln oder staatliche Verwaltungsvorgänge, durch Software gesteuert und beeinflusst. Wer diese Software kontrollieren kann, kann kontrollieren, wer worüber mit wem kommunizieren kann. Er kann zudem bestimmen, wer welche Veränderungen an Prozessen und Kommunikationsabläufen vornehmen kann. Open-Source-Software erlaubt es jedem Menschen, die von der Software gesteuerten Prozesse zu verstehen und sie auf Basis eigener Ideen zu verändern oder mit anderen Systemen zu verbinden. Durch diese Bemächtigung der Allgemeinheit trägt Open-Source-Software dazu bei, Autokratisierungstendenzen entgegenzusteuern.
Geben Sie uns ein Beispiel?
Schauen Sie nach China. Das Land führt uns vor, wie eine allumfassende und zentral gesteuerte Digitalisierung dazu genutzt wird, um sämtliche Prozesse der privaten Kommunikation und Verhaltensweisen sowie politische und wirtschaftliche Prozesse nicht nur vorherzusagen, sondern auch zu steuern. Bei uns setzt sich langsam die Erkenntnis durch, dass diese Art der Digitalisierung sehr gefährlich ist und mit unseren europäischen Grundwerten und unserem Menschenbild nicht zu vereinbaren ist.
Glauben Sie, dass es auch bei uns in Deutschland so weit kommen wird?
Nur weil wir heute demokratisch sind, bedeutet das nicht, dass wir vor einer solchen Entwicklung gefeit sind. Die Digitalisierung kann überall auf der Welt Autokratisierungstendenzen fördern. Schon heute gibt es Beispiele dafür, dass nicht mehr die Vertreter demokratisch legitimierter Organe darüber entscheiden, wer mit wem worüber kommunizieren kann. Sondern es sind vielmehr die Internetkonzerne, die Kontrolle ausüben. Das bekannteste Beispiel dafür ist das Stummschalten eines demokratisch gewählten Präsidenten der USA durch Twitter – ohne dass es eine gerichtliche Entscheidung gegeben hätte.
Und wie kann Open-Source-Software das verhindern?
Durch Open-Source-Software schaffen wir einen offenen, frei verfügbaren Werkzeugkasten an Wissen, Prozessen und Programmen, wie es einst der Buchdruck im Bereich des Wissens getan hat. Frei nutzbare Software und Schnittstellen bedeuten, dass die Innovationskraft nicht auf wenige Menschen reduziert ist, sondern wirklich jeder innovativ sein kann. Und es bedeutet, dass jeder in der Lage ist, Kontrolle auszuüben. Bei proprietärer Software, also solcher, die das Eigentum einer bestimmten Gruppe ist, ist das nicht der Fall. Entsprechend groß ist die Gefahr des Missbrauchs.
Haben sie schon in den 1990er-Jahren erkannt, dass Software eine geopolitische Dimension bekommen und massiven Einfluss nehmen wird auf Demokratie und Freiheit?
Das konnte ich damals sicher noch nicht so formulieren oder bis ins Detail vorhersehen. Mir war damals aber zumindest klar, dass Software eine große Bedeutung für gesellschaftliche Entwicklungen gewinnen würde. Es gab früh eine Bewegung, die aus Universitäten in den USA nach Deutschland schwappte, die hinter dem Einsatz von Open-Source-Software eine ideologische Auseinandersetzung gesehen hat. Die Bewegung vertrat die Ansicht, dass proprietäre Software ethisch falsch und wer sie einsetzt, kategorisch böse sei. Das war eine extreme Position, der ich mich auch heute nicht anschließen würde, aber sie macht das Risiko sehr deutlich, das in proprietärer Software zweifellos vorhanden ist.
Was war ihre Rolle?
Ich habe damals Psychologie studiert. Und ich erinnere mich an Diskussionen, welche Konsequenzen es hat, wenn wissenschaftliche Daten von einer Software ausgewertet werden. Der Wissenschaftler erhebt Daten und überlässt es der Software, einzuschätzen, ob eine daraus abgeleitete Beobachtung signifikant, also höchstwahrscheinlich nicht zufällig ist oder nicht. Aber wie kommt die Software zu dieser Schlussfolgerung? Und kann es sein, dass die Software einen Fehler gemacht hat? Das wurde damals von vielen Wissenschaftlern nicht in Zweifel gezogen. Diese Fragen machten deutlich, welchen Einfluss die Software auf Erkenntnisgewinne hat, und sie zeigen, dass ihre Offenlegung Teil des wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses sein muss. Das betrifft nicht nur wissenschaftliche Prozesse, sondern in der Folge auch politische Entscheidungen.
Was heißt das konkret für mögliche Autokratisierungstendenzen in der heutigen Gesellschaft?
Wir verlassen uns in der privaten und immer mehr der staatlichen Kommunikation sowie bei Innovations- und Wertschöpfungsprozessen der Wirtschaft auf digitale Strukturen. Die werden, wie im Fall China, staatlich intensiv gefördert. Deren Funktionsweise und Prozesse können wir aber in keinster Weise nachvollziehen, beeinflussen oder ändern. Das hat vielfältige negative Konsequenzen:
Erstens werden wir dadurch erpressbar. Derjenige, der die Technologie kontrolliert, bestimmt, ob wir sie benutzen können. Das haben wir gerade wieder anhand eines Fehlers in der E-Mail-Software von Microsoft gesehen. Die Konsequenz war, dass viele Unternehmen und Behörden keine Mails versenden konnten. Im Krisenfall könnten willkürliche Dienste-Sperren als Druckmittel verwendet werden. Ein Weckruf für Staat und Wirtschaft war beispielsweise, dass 2019 in Venezuela auf Anordnung der US-Regierung zeitweise Adobe-Produkte nicht mehr nutzbar waren.
Zweitens?
Sicherheitslücken lassen sich in proprietärer Software viel schwieriger aufspüren und noch viel schwieriger beheben. Und sie macht den Einbau unbemerkter Hintertüren sehr viel einfacher, wodurch sie zu einer realen Gefahr für vertrauenswürdige Kommunikation und Informationssicherheit wird. Drittens sinken die Innovations- und die Wertschöpfungsfähigkeit der Wirtschaft mit jedem Stück proprietärer Software. Schon heute werden Produktionsprozesse und Kundenbeziehungen in vielen Unternehmen vollständig von proprietären Cloud-Diensten gesteuert. Verbesserungen oder innovative Änderungen sind nur noch erreichbar, wenn das im Interesse des Dienste-Anbieters ist und dieser es technisch ermöglicht.
Wenn Sie schon seit so vielen Jahren die Gefahren durch proprietäre Software beschwören, muss man ihrer Branche vorwerfen, ihren Job nicht richtig gemacht zu haben. Schließlich scheinen proprietäre Tendenzen auch auf staatlicher Ebene – wie in China – auf dem Vormarsch zu sein.
Dass Open Source nicht erfolgreich war, kann man nicht sagen. Die großen Gewinner der Digitalisierung in der Wirtschaft setzen ausschließlich auf Open Source Code oder andere Software, die sie selbst kontrollieren. Das gilt für große Konzerne, aber auch für Staaten. Amazon oder Facebook sind groß geworden, weil sie nicht von Lizenzen bei Oracle oder Microsoft abhängig waren und ihre Daten dort einspeisten. Diese Konzerne nutzen Open Source als Basis für ihre eigenen innovativen Weiterentwicklungen, mit denen sie neue Werte schaffen und die Hoheit über ihre Daten behalten. In vielen Staaten, insbesondere in China, sehen wir ähnliche Strategien, sich von den amerikanischen Cloud-Anbietern unabhängig zu machen. Es gibt also Akteure, die das durchaus begriffen haben.
Aber?
Meiner Meinung nach haben sich beispielsweise in Deutschland der Mittelstand oder die Verwaltung aufs Glatteis führen lassen. Dort kauft man Produkte von Microsoft ein und meint, allein dadurch werde man innovativ. Dabei ist das nur eine “Schein-Innovation”. Man führt etwas ein, was sich andere ausgedacht haben, ohne dass man nennenswerte Nutzungs- oder eigene Innovationsrechte daran erwirbt. Die Gefahr, die dahintersteckt, sehen viele nicht.
Welche?
Man kann in eine hochgradige Abhängigkeit geraten, die die Informationssicherheit, die Geschwindigkeit der Weiterentwicklung und die Unabhängigkeit des eigenen Handelns bedroht.
Von wem geht die größte Gefahr aus?
Das ist schwer zu sagen. Man muss davon ausgehen, dass digitale Möglichkeiten zum Missbrauch genutzt werden, wenn sie zur Verfügung stehen. Das gilt für Unternehmen genauso wie für Regierungen, wie uns beispielsweise die Snowden-Enthüllungen oder schon vorher die Echelon-Krise gezeigt haben. In China sehen wir das in einer extremen Ausprägung. Ein autoritäres System ist allerdings eher in der Lage, seine Aktivitäten zu vertuschen.
Es kursieren Szenarien von chinakritischen Beobachtern, die fürchten, dass China eine wachsende digitale Hoheit dazu nutzen könnte, seine politischen Interessen langfristig auch zunehmend autoritär in Deutschland durchzusetzen, zum Beispiel, indem das Land mit dem Hinweis auf seine wirtschaftliche Stärke kritische Berichterstattung über China in Deutschland unterbindet.
Das ist zwar ein Horrorszenario, es erscheint mir angesichts der digitalen Entwicklung aber absolut möglich. Zumindest dann, wenn wir nicht entsprechend gegensteuern. Wir müssen es nicht so weit kommen lassen, sondern haben es selbst in der Hand, die Dinge im Interesse unserer Freiheit zu beeinflussen.
Als in den USA und Europa vor einigen Wochen die ersten Omikron-Infektionen auftraten, bezeichneten chinesische Staatsmedien ihr Land noch als eine “uneinnehmbare Festung”. Die strikte Null-Corona-Politik der Regierung würde schon dafür sorgen, dass sich die neue und viel ansteckendere Virus-Variante nicht in der Volksrepublik verbreitet. Ob das stimmt, wird sich nun in Pekings Nachbarstadt Tianjin zeigen. Denn dort hat es die ersten lokalen Infektionen mit Omikron gegeben.
Wie die Behörden der 15-Millionen-Metropole am Sonntag mitteilten, wurden in der Stadt seit Freitag 20 Corona-Infektionen identifiziert. Eine Sequenzierung ergab demnach, dass es sich bei zwei Fällen eindeutig um Infektionen mit der Omikron-Variante handelt.
Ob die anderen 18 Infektionen, die in Verbindung zu den beiden Fällen stehen, ebenfalls auf die Omikron-Variante zurückgehen, ist bislang noch nicht eindeutig geklärt. Laut lokalen Medien handelt es sich bei den Infizierten vor allem um Schüler und deren Familienangehörige. Die Behörden rechnen damit, dass die Testung der gesamten Bevölkerung weitere Infektionen aufdecken wird. Zwar waren bereits im Dezember die zwei ersten Omikron-Fälle in China gemeldet worden. Allerdings hatte es sich dabei um Reiserückkehrer gehandelt, die sich in Tianjin und in der südchinesischen Metropole Guangzhou in Quarantäne befanden. Wenn sich bestätigt, dass es sich in allen Fällen um die neue Variante handelt, wäre das der erste lokale Omikron-Ausbruch, mit dem sich die chinesischen Behörden konfrontiert sehen. Und das ausgerechnet in Tianjin, einer Nachbarstadt von Peking, wo die Olympischen Winterspiele am 4. Februar beginnen sollen.
Gelingt es nicht, den Ausbruch schnell unter Kontrolle zu bringen, könnte Tianjin womöglich ein ähnlich harter Lockdown drohen, wie ihn derzeit die Menschen der zentalchinesischen Metropole Xi’an über sich ergehen lassen müssen. Dort waren in den vergangenen zwei Wochen rund 1.500 Infektionen aufgetreten, bei denen es sich jedoch offenbar noch um die Delta-Variante handelte. Schon nach den ersten Fällen durften die Menschen praktisch nicht mehr vor die Tür. Das soll so bleiben, bis es keine neuen Infektionen mehr gibt (China.Table berichtete).
Bislang hat das rigorose Vorgehen tatsächlich stets dazu geführt, dass die meist kleinen Ausbrüche in China nach wenigen Wochen wieder unter Kontrolle gebracht werden konnten. Doch Beobachter fürchten, dass durch Omikron die Lage schnell außer Kontrolle geraten könnte. Das hätte auch Folgen für deutsche Unternehmen vor Ort, die schon jetzt klagen, dass sich die strikten Maßnahmen auf ihr Geschäft auswirken.
Allein in Xi’an sind rund 20 deutsche Unternehmen vertreten, darunter Bosch und Siemens, die vom Lockdown betroffen sind. Deutsche Wirtschaftsvertreter in China verweisen zwar darauf, dass Unternehmen in den vergangenen zwei Jahren dazugelernt und sich auf solche Situationen eingestellt hätten. Äußerst schwierig würde es jedoch, wenn sich nicht nur eine Stadt, sondern mehrere Regionen und wichtige Wirtschaftszentren gleichzeitig in einen Lockdown begeben müssten.
Schon jetzt könnte sich ein solches Szenario abzeichnen. Denn nicht nur in Xi’an und Tianjin kämpfen die Behörden derzeit gegen Ausbrüche. Auch in der Provinz Henan sowie im südchinesischen Shenzhen wurden in den letzten Tagen neue Delta-Infektionen verzeichnet. Genau wie Tianjin beherbergt Shenzhen einen der größten Frachthäfen Chinas. Geriete die Lage außer Kontrolle, würde sich dies weiter auf ohnehin schon strapazierte Lieferketten auswirken.
Dass China seine strikten Abschottungsmaßnahmen in naher Zukunft aufgibt, scheint mit der Verbreitung von Omikron unwahrscheinlicher denn je. Zwar liegt die Quote der vollständig Geimpften in China bei rund 85 Prozent und damit höher als etwa in Deutschland. Neue Studien hatten kürzlich jedoch Hinweise geliefert, dass die chinesischen Vakzine eine unzureichende Antikörperantwort gegen Omikron aufweisen könnten (China.Table berichtete).
Das Bild ist nach Ansicht von Impfstoff-Forschern bisher zwar nicht eindeutig. Dennoch kann es sich die Pekinger Führung nicht leisten, ein Risiko einzugehen. Zwar arbeitet China auf Hochtouren an einem eigenen mRNA-Impfstoff nach dem Vorbild von Biontech. Bis dieser verfügbar ist und einem Großteil der Bevölkerung zur Verfügung steht, dürfte jedoch noch einige Zeit vergehen (China.Table berichtete). Bis dahin bleibt aus Sicht Pekings die Abschottung die einzig akzeptable Strategie. Gregor Koppenburg/Jörn Petring
Fast täglich schickt Peking derzeit Kampfflugzeuge in die taiwanische Luftverteidigungszone. Diese ist zwar nicht mit dem Luftraum der Inselrepublik gleichzusetzen, dennoch werden die zunehmenden Flüge als klare Provokation verstanden. Allein in den vergangenen Monaten waren es mehr als im gesamten Vorjahr (China.Table berichtete).
Trotz Pekings Säbelrasseln halten die meisten Beobachter einen heißen Konflikt, in dem die Volksrepublik angreift, um endlich die erhoffte “Wiedervereinigung” zu erreichen, weder 2022 noch in den Jahren darauf für ein wahrscheinliches Szenario. Aus chinesischer Sicht ist Taiwan zwar eine abtrünnige Provinz. Trotz aller Drohgebärden ist der demokratische Nachbar jedoch gleichzeitig wirtschaftlich sehr eng mit dem kommunistischen Festland verflochten. Eine ausgewachsene Krise würde auf beiden Seiten der Taiwanstraße erhebliche Folgen haben.
“Taiwanische Unternehmen spielen eine sehr wichtige Rolle in der chinesischen Wirtschaft. Wenn man da ein Decoupling durchspielt, würde es beide Volkswirtschaften sehr hart treffen”, sagt Axel Limberg, der die Vertretung der deutschen Auslandshandelskammer (AHK) in Taiwan leitet. In China seien 8.000 taiwanische Unternehmen aktiv, die laut Schätzungen eine zweistellige Millionenzahl an Mitarbeitern beschäftigen. Zudem sei Taiwan das wichtigste Zulieferland für China. Rund 45 Prozent der taiwanischen Exporte gehen in die Volksrepublik.
Die wirtschaftlichen Beziehungen reichen weit zurück: Taiwaner gehörten zu den ersten ausländischen Unternehmern, die mit dem Beginn der wirtschaftlichen Öffnung in der Volksrepublik investierten. Ähnlich wie wohlhabende Familien aus Hongkong gründeten sie Fabriken auf dem chinesischen Festland – noch bevor sich Firmen aus den USA und Europa für China interessierten. Zunächst wurden etwa Schuhe und Kleidung hergestellt, später siedelten auch taiwanische Hightech-Firmen ihre Produktion nach China um.
Der Auftragsfertiger Foxconn, von dem Apple und andere Smartphone-Giganten einen Großteil ihrer Geräte zusammenbauen lassen, hat seinen Hauptsitz zwar in Taiwan, die meisten der 1,3 Millionen Mitarbeiter werden jedoch in Fabriken in China beschäftigt. Damit ist die taiwanische Firma der größte private Arbeitgeber der Volksrepublik. Allein in der zentralchinesischen Metropole Zhengzhou, die in diesem Jahr von einem schweren Hochwasser heimgesucht wurde, beschäftigt Foxconn in drei Fabriken mehr als 250.000 Menschen.
China braucht also keinen Krieg, um Taiwan zu Fall zu bringen. Es würde schon reichen, den taiwanischen Fabriken auf dem chinesischen Festland den Strom abzustellen. Jedoch ist die wirtschaftliche Abhängigkeit weniger einseitig, als sie auf den ersten Blick wirkt. Denn einer der wenigen technologischen Schwachpunkte, die die ehrgeizige Volksrepublik ihren Gegnern noch bietet, ist zugleich die größte Stärke Taiwans: die Entwicklung und Produktion von Mikrochips.
China hat zwar massive Investitionen angekündigt und macht Fortschritte bei der Entwicklung eigener Prozessoren. Die Volksrepublik liegt aber noch immer so weit zurück, dass es jährlich Mikrochips im Wert von rund 300 Milliarden Dollar importieren muss (China.Table berichtete). Um sie in elektronische Produkte für den heimischen Markt und den Export zu verbauen, gibt China für die Chips sogar mehr Geld aus als für Ölimporte.
Taiwan hat sein “Siliziumschutzschild” vor allem dem global führenden Chiphersteller TSMC zu verdanken. Die Taiwan Semiconductor Manufacturing Company ist mit mehr als 50 Prozent Marktanteil unangefochten der größte Chip-Auftragsfertiger der Welt. Von Apple über AMD bis hin zu Tesla lassen zahlreiche namhafte US-Konzerne ihre ausgefeiltesten Chips bei TSMC produzieren. Und auch die meisten chinesischen Tech-Konzerne müssen mangels Alternativen auf das Know-how der Taiwaner setzen.
Nach Angaben von Roy C. Lee, einem Ökonomen der taiwanischen Denkfabrik CIER, kann China derzeit nur 15 bis 20 Prozent der Halbleiternachfrage mit seinen Kapazitäten im Inland decken. Ohne Chip-Importe aus Taiwan und Südkorea würde China seine Position als weltweit führendes Zentrum für die Herstellung elektronischer Produkte sofort verlieren, schlussfolgert Lee. Die Gefahr, dass China relevante wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen gegen Taiwan verhänge, sei vor diesem Hintergrund “begrenzt”.
Die gegenseitige Abhängigkeit spiegelt sich in Pekings Wirtschaftspolitik gegenüber Taiwan wider. Zwar verhängte China in diesem Jahr einen Einfuhrstopp von Ananasfrüchten aus Taiwan (China.Table berichtete). Auch sorgte die Führung mit neuen Regeln bereits vor der Pandemie dafür, dass weniger Chinesen nach Taiwan reisen und dort die Tourismusindustrie unterstützen. Doch diese Nadelstiche wirken sich kaum auf Taiwans boomende Wirtschaft aus. Während der Corona-Pandemie wuchs der Inselstaat im vergangenen Jahr mit 4,5 Prozent erstmals seit drei Jahrzehnten sogar schneller als die Volksrepublik.
Kaum besorgt ist auch die deutsche Business-Community in Taiwan. Im Gegenteil seien die meisten Unternehmen sehr zufrieden mit dem Standort und stecken teils hohe Summen in neue Produktionskapazitäten, heißt es bei der AHK. “Es gibt eine Vielzahl von Krisenszenarien, auf die deutsche Unternehmen in Taiwan vorbereitet sind. Taifuns oder andere Naturkatastrophen gehören dazu, eine kriegerische Auseinandersetzung aber sicher nicht”, sagt Limberg. “Man glaubt an die Stabilität Taiwans”. Gregor Koppenburg/Jörn Petring
Sri Lankas Präsident Gotabaya Rajapaksa drängt auf Aufschub bei der Rückzahlung der Kredite seines Landes bei China. Das erklärte Rajapaksa bei einem Treffen mit dem chinesischen Außenminister Wang Yi in Colombo am Sonntag. Sri Lanka befindet sich derzeit in einer Devisenkrise, die den Inselstaat an den Rand des Zahlungsausfalls gebracht hat. Das Land muss in diesem Jahr rund 4,5 Milliarden Dollar zurückzahlen, beginnend mit einer internationalen Staatsanleihe (ISB) in Höhe von 500 Millionen Dollar, die am 18. Januar fällig wird.
China ist Sri Lankas viertgrößter Kreditgeber. Umgerechnet fünf Milliarden US-Dollar hat die Volksrepublik Sri Lanka in den vergangenen Jahren geliehen, die unter anderem in den Bau von Autobahnen, Häfen, einen Flughafen und ein Kohlekraftwerk geflossen sind. Ausgezahlt haben sich diese Projekte allerdings kaum.
Rajapaksas Büro spricht von einer “großen Erleichterung”, sollte China einer nicht näher erläuterten Schuldenumschichtung zustimmen. Ein Yuan-Swap mit China in Höhe von 1,5 Milliarden US-Dollar half Sri Lanka bereits Ende Dezember, seine Reserven auf 3,1 Milliarden US-Dollar aufzustocken. 2017 konnte Sri Lanka schon einmal seine Schulden an China nicht mehr bedienen, woraufhin sich Peking den strategisch wichtigen Hambantota-Hafen im Zuge einer Umschuldung für 99 Jahre gesichert hatte. Der Vorgang galt fortan als Musterbeispiel für Chinas “Schuldendiplomatie”. fpe
China plant, einen Friedensbotschafter in die von Konflikten geplagte Region am Horn von Afrika zu entsenden. Das erklärte Chinas Außenminister Wang Yi vergangenen Donnerstag bei einem diplomatischen Besuch in Kenia. Der bisher nicht namentlich genannte Sondergesandte soll sich vor allem um die Befriedung des militärischen Konfliktes in Äthiopien zwischen der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) und der neuen Regierung unter Premierminister Abi Ahmed bemühen.
In dem Bürgerkrieg, der Anfang November 2020 ausbrach, sind nach Schätzungen Zehntausende Menschen ums Leben gekommen. Hunderttausende befinden sich auf der Flucht, Millionen leiden an Hunger. Auf einer Pressekonferenz in der Hafenstadt Mombasa schlug Wang unter anderem die Einberufung einer Friedenskonferenz vor. Ein weiterer Brennpunkt in der Region ist Somalia, wo sich die islamistische Terrorgruppe Al-Shabaab mit der vom Westen unterstützten Regierung bekriegt.
Für China ist Stabilität in der Region von großer wirtschaftlicher und geostrategischer Bedeutung. In der kleinen, als stabil geltenden Republik Dschibuti am Horn von Afrika hat China eine Freihandelszone und einen Militärstützpunkt errichtet. Von hier will die Volksrepublik chinesische Waren nach ganz Ostafrika vertreiben. fpe
Peking hat seine Unterstützung für das gewaltsame Vorgehen des kasachischen Präsidenten Kassym-Jomart Tokajew gegen Demonstranten ausgesprochen. Präsident Xi Jinping lobte den kasachischen Staatschef ausdrücklich für dessen Reaktion auf die Proteste in Kasachstan: “Sie haben in kritischen Momenten starke Maßnahmen ergriffen und die Situation schnell beruhigt”, schrieb Xi am Freitag nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua an Tokajew. “Damit haben Sie Ihr Verantwortungsbewusstsein und Ihr Pflichtgefühl als Politiker unter Beweis gestellt”, so Xi demnach.
Zuvor hatte auch das chinesische Außenministerium Unterstützung für das Vorgehen ausgedrückt und betont, es hoffe, dass die “starken Maßnahmen” Ruhe herstellen werden. “China unterstützt alle Bemühungen, die den kasachischen Behörden helfen, das Chaos so schnell wie möglich zu beenden, und wendet sich entschieden gegen das Vorgehen externer Kräfte, um absichtlich soziale Unruhen zu schaffen und Gewalt anzustiften”, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Wang Wenbin, bei einer Pressekonferenz in Peking. Die Volksrepublik werde “als brüderlicher Nachbar” Kasachstan jede notwendige Hilfe anbieten.
Kasachstan ist für China einer der wichtigsten Verbündeten in der Region. Xi Jinping hatte in dem Nachbarland sein geopolitisches Prestigeprojekt der neuen Seidenstraße erstmals vorgestellt. Seitdem wurden dort zahlreiche Investitionen mit chinesischem Geld angeschoben. China ist außerdem stark an einem stabilen Kasachstan interessiert, weil die Volksrepublik viele Rohstoffe aus dem Land bezieht, vor allem Gas und Öl. Von Kasachstan führt eine Ölpipeline direkt in die westchinesische Provinz Xinjiang. China importiert zudem Kohle aus Kasachstan.
Am Donnerstag betonte Wang Wenbin, dass China und Kasachstan “dauerhafte und umfassende strategische Partner” seien. Was in Kasachstan geschehe, sei eine “interne Angelegenheit”. Auf Bitten Kasachstans hatte Russland im Rahmen eines gemeinsamen Militärbündnisses Soldaten zur Unterstützung geschickt. Die kasachische und die russische Führung machen ausländische Kräfte für die schweren Unruhen verantwortlich. Peking heißt die Entsendung russischer Soldaten willkommen. Als brüderlicher Nachbar und strategischer Partner Kasachstans “unterstützt China alle Bemühungen, den Behörden in Kasachstan zu helfen, das Chaos so schnell wie möglich zu beenden”, erklärte Außenamtssprecher Wang Wenbin am Freitag in Peking. ari
China hat für das vergangene Jahr einen neuen Temperatur-Rekord gemeldet. Die Durchschnittstemperatur lag bei 10,7 Grad. Das ist der höchste Stand seit Aufzeichnung der Daten im Jahr 1961 und ein Grad höher als in den Jahren zuvor, wie Chinas Amt für Meteorologie bekannt gab. Auch für zwölf Provinzen wurden demnach neue Höchststände vermeldet, darunter die dicht besiedelten Regionen Jiangsu und Zhejiang. Das berichtet die South China Morning Post.
Auch was die Tage mit Extremtemperaturen angeht, kam es fast zu einem neuen Höchststand. An zwölf Tagen lag die Temperatur bei 35 Grad oder mehr, was der zweithöchste jemals gemessene Wert ist. Zugleich verzeichnete der Norden Chinas das feuchteste Jahr nach 1964. Der Niederschlag lag mit knapp 700 Millimetern 40 Prozent über dem Durchschnitt der letzten Jahre. Laut einem Sprecher der Meteorologischen Behörde waren extreme Wetterereignisse im vergangenen Jahr in China “weit verbreitet, häufig, intensiv und zeitgleich”. Das stelle die Behörden bei der “Verhütung und Eindämmung meteorologischer Katastrophen vor große Herausforderungen”. Die Klimawissenschaft ist sich einig, dass steigende Temperaturen häufiger zu Extremwetterereignissen führen. nib
Im Handelskonflikt zwischen Litauen und China schaltet sich Medienberichten zufolge nun auch Deutschland ein. Franziska Brantner, Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, plant demnach in dieser Woche nach Vilnius zu reisen, um dort über Probleme für deutsche und litauische Unternehmen wegen der chinesischen Handelsblockade zu sprechen. Die Grünen-Politikerin werde dort Vertreter verschiedener Behörden treffen, berichtete die litauische Nachrichtenseite 15min unter Berufung auf mehrere Quellen. Nähere Details zu dem Treffen gab es zunächst nicht.
Die Position Deutschlands könnte im Streit zwischen Litauen und China um das “Taiwan-Büro” in Vilnius eine wichtige Schlüsselrolle spielen (China.Table berichtete). Denn die deutschen Automobilkonzerne Hella und Continental haben Fabriken in der litauischen Freiwirtschaftszone Kaunas. Bereits im Dezember warnte die Deutsch-Baltische Handelskammer, dass deutsche Unternehmen in Litauen Probleme hätten, weil sie benötigte Komponenten aus China nicht mehr erhielten und die Volksrepublik Produkte aus Litauen im Zollsystem blockiere. In einem Schreiben warnte die Handelskammer zudem vor Fabrikschließungen, sollte das Problem nicht gelöst werden (China.Table berichtete). ari
Die Woche, in der ihr Lieblingsverein Borussia Dortmund gegen Bayern München verlor, bescherte Julia Hammelehle zumindest noch politische Genugtuung. Wenige Tage nach der schmerzhaften Bundesliga-Pleite ihres BVB übernahm “ihre” SPD das Kanzleramt – eine Form der emotionalen Wiedergutmachung. Fußball und Politik liegen manchmal eben nicht sehr weit auseinander, besonders was ihre Slogans angeht.
Als Strategieberaterin analysiert Julia Hammelehle internationale Politikfelder und konzipiert seit zwei Jahren Veranstaltungen und Begegnungen für die Münchner Sicherheitskonferenz. “Road to Munich” steht über dem Vorprogramm für die kommende Sicherheitskonferenz, die vom 18. bis 20. Februar 2022 stattfindet. So ähnlich heißen oft auch Marketing-Kampagnen von potenziellen Champions-League-Finalisten. Statt auf grünem Rasen zu kicken, wird jedoch im Hotel Bayerischer Hof über Klima und Nachhaltigkeit gesprochen. Statt Viererkette stehen neue Technologien und digitale Innovationen auf der Agenda.
Julia Hammelehle hat in Dresden Internationale Beziehungen studiert und in London EU-Politik. Zwischendurch war sie für ein Auslandssemester in Boston. Die 25-Jährige ist sicher, dass Veränderungen in der Klima- und Energiepolitik auch sicherheitspolitische Auswirkungen nach sich ziehen. Ihrer persönlichen Einschätzung nach könnte die Umstellung auf grüne Energien sogar zu Destabilisierungen in solchen Ländern führen, die noch auf fossile Energien setzen.
Mehr noch bringe die Umstellung “Herausforderungen für Länder mit sich, die auf Rohstoffen wie Lithium oder Kobalt sitzen, die für grüne Technologien benötigt werden”, sagt Hammelehle. Europa und die USA betrachteten die Dominanz Chinas in den Lieferketten für den Bau von Elektroautos oder Solarmodulen mit Sorge. “50 bis 70 Prozent des weltweiten Lithiums und Kobalts werden in China weiterverarbeitet. Die Volksrepublik dominiert die komplette Wertschöpfungskette von Seltenen Erden. Das ist nicht nur ein Wettbewerbsvorteil für China, sondern auch ein möglicher geopolitischer Hebel.”
Deshalb sei es wichtiger denn je, dass die EU und ihre transatlantischen Verbündeten die Volksrepublik China gleichzeitig als Partner, Wettbewerber und als systemischen Rivalen begreifen. “Das ist eine wichtige Grundlage für eine gemeinsame Strategie.” Und die sollte sich darauf konzentrieren, sich vor chinesischer Einflussnahme und ökonomischem Druck besser zu schützen und die eigene Handlungsfähigkeit zu stärken, so Hammelehle. “Eine gemeinsame Strategie muss beinhalten, über Investitionskontrollen für ein Level Playing Field einzutreten, Abhängigkeiten zu reduzieren und Anti-Coercion-Instrumente zu schärfen.”
Ergänzend dazu müsse in die eigene Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit, besonders in der Digitaltechnologie, investiert und neue Partnerschaften über Infrastrukturprojekte erschlossen und vertieft werden. Eine weitere Möglichkeit haben die USA mit dem diplomatischen Boykott der Olympischen Winterspiele im Februar in Peking gewählt. “Aber auch da wäre es wichtig, innerhalb der EU ein gemeinsames Signal zu senden”, erklärt die Sport-Fanatikerin. “Wenn aber gar keine Sportlerinnen und Sportler geschickt würden, fände ich das nicht gut.” Gabriel Bub
Ding Yun ist zum neuen President der Enterprise Business Group von Huawei ernannt worden. Ding arbeitet seit 1996 für Huawei. Innerhalb des Unternehmens war er bereits als Product Line President, Global Solution Sales President, Global Marketing President und Products and Solutions President tätig.
Liza Zhang wird neue Geschäftsführerin von MSL China. Das PR-Unternehmen gehört zur französischen Publicis Groupe S.A. Zhang war zuvor Managerin bei MSL für Shanghai und Guangzhou.
Willa Yang wird Chief Representative für den internationalen Wine & Spirit Education Trust (WSET) in China. Zuvor hatte Yang Führungspositionen im China-Büro von Wine Australia und der Australian Trade Commission inne.
YYDS! Nicht wundern bitte, wenn Sie Teenies in China bei Konzerten diese kryptische Buchstabenfolge kreischen hören. Und auch nicht, wenn chinesische Fans ihre Vorbilder mit YYDS-Kommentaren im Netz überhäufen. Das ist kein Tippfehler, das gehört so. YYDS steht nämlich als Abkürzung für 永远的神 yǒngyuǎn de shén – “ewiger Gott” und ist in China mittlerweile ein Trendwort für alles, was man unschlagbar findet – vom Pop-Idol über die Lieblingsmarke bis hin zur lebensrettenden Lieblingskollegin, die in letzter Minute den Beamer für die Powerpoint-Präsentation zum Laufen bringt. Gelesen wird das Ganze übrigens als englische Buchstabenfolge: why-why-di-es!
Wer den digitalen Zeichenwald chinesischer Onlinetexte durchforstet, wird auf noch mehr lateinische, pardon “englische” Lettern stoßen, die sich von der quadratischen Hanzi-Masse abheben. Hier ein kleiner Ausflug in die Welt der derzeit beliebten chinesischen Buchstabenwörter:
Beginnen wir mit dem “ABC” (zur Erinnerung: Aussprache ey-bi-si). Gemeint ist nicht das Alphabet, sondern ein US-Amerikaner chinesischer Abstammung (American-Born Chinese). Weiter geht’s im Restaurant. Hier zahlt man unter jungen Leuten entgegen der traditionellen Gepflogenheit schon mal “AA” (AA付钱 fùqián – von englisch “all apart”), nachdem man beim Essen zuvor ausgiebig CP betrieben hat (CP = coupling oder chinesisch 配对 pèiduì – gemeint ist das gedankliche Verkuppeln von Promis oder Bekannten, die vermeintlich perfekt zusammenpassen). Zurück zu Hause lädt man sich aufs Handy eine APP (下载APP xiàzǎi “ey-pi-pi” – eine App herunterladen), mit der man MV schaut (看MV kàn MV – Musikvideos schauen) oder vielleicht heimlich auch mal ein AV (看AV kàn AV – einen Porno schauen, von “adult movie”, alternativ auch A片 piàn genannt).
Bei der Jobsuche bewirbt man sich als IT男 beziehungsweise IT女 (IT nán/nǚ – Arbeitnehmer:in der IT-Branche) und reicht seinen aufgemotzten CV ein (交CV jiāo CV – Lebenslauf einreichen), in dem man am besten ordentlich auf “B” macht (装B zhuāng B – auf dicke Hose machen). Bekommt man die Stelle, besteht der Arbeitsalltag eventuell trotzdem nur aus PPT (准备PPT zhǔnbèi PPT – eine Powerpoint-Präsentation vorbereiten). Kassiert man dagegen eine Absage, schlägt man sich einfach weiterhin die Nächte im KTV um die Ohren (唱KTV chàng KTV – Karaoke singen).
Gut. So viel Chinglish muss jetzt aber erst einmal verdaut werden. Verlieren Sie sich bitte nicht im Abkürzungsdschungel, egal in welcher Sprache. CU! MfG.
Verena Menzel leitet in Peking die Sprachschule New Chinese.