Table.Briefing: China

Bücher-Spezial + Interview Kevin Chen

  • Die spannendsten neuen Bücher zu China
  • Autor Kevin Chen über Schreiben in Berlin
  • Corona: Schulen in Shanghai geschlossen
  • Abkommen zu Artenschutz erzielt
  • Gemeinsames Manöver mit Russland
  • Penny Wong reist nach Peking
  • Standpunkt von EU-Botschafter Fu Cong
Liebe Leserin, lieber Leser,

Winterzeit: Draußen ist es entweder eiskalt oder es herrscht Sauwetter mit Wind und Regen. So heißt es wohl zu Recht, dass Weihnachten die beste Zeit ist, um mal wieder entspannt ein Buch zu lesen. Fabian Peltsch hat die aktuellen Bücher zu China sortiert und stellt Ihnen, zusammen mit dem China.Table-Team, die spannendsten Neuerscheinungen vor.

Für jeden Geschmack ist etwas dabei: Technikfreunde kommen mit “Chip War” auf ihre Kosten, Spionageliebhaber sind bei “Spies and Lies” gut aufgehoben. Aber schauen Sie ruhig auch über den Tellerrand der eigenen Interessen hinaus – vielleicht zusammen mit der Taikonautin Li Jing bis hinauf in die Milchstraße.

Ebenfalls in unserer Auswahl befindet sich “Ghost Town”, der gefeierte Roman des taiwanischen Schriftstellers Kevin Chen. Er lebt seit einigen Jahren in Berlin. Im Gespräch mit Fabian Peltsch erzählt Chen vom Schreiben in Taiwan und Deutschland und erklärt, welche Folgen Chinas Druck gegenüber Taiwan auf seine Arbeit als Schriftsteller hat. Was Chen mit Christian Ulmen und Fahri Yardim, mit einem tibetischen Mönch und einem Rückwärts-Salto zu tun hat, erfahren Sie in unserem heutigen Interview.

Zu guter Letzt möchte ich Sie noch auf unseren heutigen Standpunkt hinweisen. Er stammt aus der Feder von Fu Cong, Chinas neuem Botschafter bei der Europäischen Union. Fast ein Jahr lang ließ Peking diesen Posten in Brüssel vakant – ein deutliches Zeichen dafür, wie es zuletzt um die Beziehungen zwischen China und der EU bestellt war. Fu will China wieder zum Partner, statt zum Rivalen machen. Wie genau und warum er optimistisch ist, dass ihm dies auch gelingen wird, offenbart Fu in seinem ersten öffentlichen Meinungsbeitrag seit seinem Amtsantritt.

Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht

Ihr
Michael Radunski
Bild von Michael  Radunski

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Analyse

Spione, Chips und Taikonauten

Ob Machine Learning, Sprach- und Gesichtserkennung oder Cloud-Computing: China will bei den Schlüsseltechnologien des Jahrhunderts den Ton angeben. Jonathan E. Hillman, leitender Berater des Büros für politische Planung beim US-Außenminister, exerziert in seinem nun auch auf deutsch erschienenen Bestseller die Strategien Pekings auf dem Weg zur globalen Technologiemacht durch.

Einen Fokus legt Hillman dabei zum Beispiel auf das chinesische Beidou-Navigationssystem, das im Asien-Pazifik-Raum schon jetzt genauer ist als der amerikanische GPS-Standard. Dass diese und andere Technologien auch für militärische Zwecke genutzt werden, ist kein Geheimnis. Doch auch ohne kriegerische Interventionen kann China durch digitalen Infrastrukturausbau bereits jetzt jenseits seiner Grenzen Macht ausüben, vor allem in Schwellenländern, wo Bezahlbarkeit noch immer Vorrang vor Sicherheitsbedenken hat.

Hillmans Buch analysiert den sogenannten technologischen Kalten Krieg vor allem aus US-amerikanischer Perspektive. Von zu viel defensiven Maßnahmen, wie Exportkontrollen oder Lizenzentziehungen, hält er nichts. Auch Alleingänge ohne Europa seien nicht zielführend, schreibt Hillman. Sein Rat an die großen Demokratien dieser Welt: Schließt euch zusammen, investiert in übersehene Märkte, überlasst die Entwicklungsländer nicht den Chinesen. Im globalen Wettbewerb dürfen preiswerte Alternativen nicht allein von Huawei & Co kommen. fpe

Jonathan Hillman: Chinas digitale Seidenstraße – Der globale Kampf um die Herrschaft über die Daten, Plassen Verlag, 420 Seiten, 24,90 Euro, auch als E-Book erhältlich.

Halbleiter sind ein Instrument der Geopolitik: Es ist kein Zufall, dass die Biden-Regierung eine Reihe von Restriktionen gegen die Lieferung von Hochleistungs-Chips nach China verhängt hat. Und die EU will mit ihrem Chips-Act die Abhängigkeit von der Volksrepublik und vor allem Taiwan reduzieren. Wie aber kam es dazu? Was machte den Siegeszug des Mikrochips überhaupt möglich? Chris Miller liefert in seinem neuen Buch “Chip War – The Fight for the World’s Most Critical Technology” die Antworten.

Der Wirtschaftshistoriker zeichnet in seinem Werk die gut 70-jährige Geschichte seit der Erfindung des Transistors und des integrierten Schaltkreises nach. Miller zeigt den Werdegang von Morris Chang und die Entstehungsgeschichte von Chip-Gigant TSMC auf und widmet sich im letzten Teil des Buches dem Versuch Chinas, in die höchste Liga der Chiptechnologie vorzustoßen. “Chip War” ist flüssig geschrieben und leicht zu lesen. Miller ist Historiker und nicht Ingenieur, weshalb er mit technischen Details zurückhaltend umgeht. Die Erzählung des Buches ist weitgehend chronologisch und bietet einen lehrreichen Überblick über die Industrie. ari

Chris Miller: Chip War – The Fight for the World’s Most Critical Technology, Scribner, 464 Seiten, 29,99 Euro (gebunden), auch als Taschenbuch und E-Book erhältlich.

Die New York Times nennt den zweiten Roman des in Berlin lebenden taiwanischen Schriftstellers Kevin Chen “chaotisch wie das Leben selbst”. Und nicht nur die Lebenden, auch die Toten mischen mit, wenn Chen die Lebensgeschichten seines Protagonisten Keith mit denen seiner sechs Schwestern und seiner verstorbenen Eltern in 44. kurzen Kapitel überblendet. “Ghost Town” taucht dabei tief in den Geisterglauben des taiwanischen Hinterlands ein, zeigt aber auch die weltlichen Härten kurz vor dem Ende der Militärdiktatur in den späten Achtzigerjahren.

Als homosexueller Mann stigmatisiert, flieht die Hauptfigur Keith nach Berlin, wo Nazis seinen Weg kreuzen und die Geister der Vergangenheit ihn nicht loslassen. Für sein Buch recherchierte Chen sogar in Berliner Gefängnissen. Ansonsten steht das Buch aber eher dem fantastischen Realismus eines Gabriel García Márquez nahe als der lakonischen Härte zeitgenössischer Schriftsteller:innen wie Hanya Yanagihara. fpe

Kevin Chen: Ghost Town, Europa Editions, 327 Seiten, 31 Euro (gebunden), auch als Taschenbuch erhältlich.

“Reise zum Meer der Sterne” erzählt in Form einer Graphic Novel die Geschichte von Li Jing, einer chinesischen Taikonautin, die schon als Kind davon träumte, eines Tages zum “Silbernen Fluss” aufzubrechen – so nannten die alten Chinesen die Milchstraße. Li wird zunächst Militärpilotin in der Volksbefreiungsarmee. Nach einem zermürbenden Trainingsprogramm, in dem sie durch Zentrifugen geschleudert wird und wochenlang unter Wasser Aufgaben lösen muss, darf sie schließlich zu ihrer ersten Weltraummission aufbrechen, als erste Chinesin im All.

Das Buch des in Friedberg lebenden Ingenieurs und Comiczeichners Markus Bindhammer basiert lose auf den Erfahrungen der ersten beiden chinesischen Taikonautinnen Wang Yaping und Liu Yang. Die schwarz-weißen Zeichnungen wirken wie Holzschnitte. Bindhammer, der zehn Jahre in China lebte, hat sich gleichermaßen von Comic-Größen wie Alan Moore, aber auch vom sozialistischen Realismus und chinesischen Scherenschnitten inspirieren lassen. Manche Seiten vereinen die Stile so vollendet, dass man sie rahmen möchte. Selbst die Baupläne der Raumkapseln werden zu symmetrischen Kunstwerken.

Inhaltlich macht “Reise zum Meer der Sterne” das ambitionierte Weltraumprogramm der Volksrepublik mit Szenen aus dem übermenschlich disziplinierten Taikonauten-Alltag greifbar. Dazwischen sind klassische Gedichte und Exkurse in alte chinesische Sternenmythen gestreut. fpe

Markus Bindhammer: Reise zum Meer der Sterne, Drachenhaus Verlag, 100 Seiten, 19 Euro.

Chinas Einfluss auf westlichen Gesellschaften beschäftigt derzeit Politik und Wissenschaft. Dabei bleibt der Bereich konkreter Geheimdienstoperationen zur Beeinflussung des Chinabilds oft unbeachtet. Diese Lücke füllt das neue Buch “Spies and Lies” des australischen Analysten Alex Joske. Er zeichnet nach, mit welchen Mitteln das Ministerium für Staatssicherheit (Guoanbu, 国家安全部) sich immer wieder Zugang zu Persönlichkeiten in westlichen Ländern verschafft. Diese verbreiteten dann das Narrativ von der “friedlichen Entwicklung”. In Joskes Darstellung handelt es sich dabei um einen Teil des großen Plans für den Aufstieg an die Weltspitze: Der Westen soll sich in Sicherheit wähnen, bis China seine Karten ausspielt. Um das zu belegen, trägt der Autor einen enormen Fundus an Quellen zusammen.

Deutschland wird in dem Buch des Australiers kaum erwähnt. Wer es liest, sieht jedoch auch die Einstellung deutscher Eliten zu China in einem anderen Licht. Schließlich haben auch Sie an den Wandel durch Handel geglaubt. Das entspricht genau dem Bild von China, das die Spione verbreiten wollten. Es bleibt jedoch die Frage, wie viel von dieser Denkweise auf gezielte Desinformationen chinesischer Akteure zurückgeht und wie viel davon einfach Wunschdenken der Europäer war. Auf jeden Fall aber liest sich “Spies and Lies” enorm spannend, zumal es eine ganze Reihe authentischer Spionagegefälle erzählt. fin

Alex Joske: Spies and Lies, Hardie Grant Books, 268 Seiten, 24,04 Euro, auch als E-Book erhältlich.

  • Chips
  • Geopolitik
  • Gesellschaft
  • Halbleiter
  • Kultur
  • Literatur
  • Technologie

Interview

“In Deutschland spukt die Vergangenheit um die Lebenden”

Schriftsteller Kevin Chen.

Wie Keith Chen, die Hauptfigur in ihrem Roman “Ghost Town”, sind Sie von der taiwanischen Stadt Yongjing nach Berlin gezogen. Wie biografisch ist die Geschichte?

Das Buch basiert lose auf meiner Familiengeschichte. Ich bin wie Keith in einem lauten und chaotischen Umfeld aufgewachsen. Er hat fünf Schwestern. Ich habe sieben und einen Bruder. Warum so viele? Meine Eltern wollten unbedingt Söhne, also versuchten sie es immer weiter. Den Familiennamen weiterzutragen war in dem patriarchalen System Taiwans der Achtzigerjahre noch wichtiger als heute. Auf eine Art war ich als homosexueller Junge aber auch die achte ungewollte Tochter.

Taiwan gilt im Westen als asiatisches Vorzeigeland für gleichgeschlechtliche Ehe und die Rechte von Homosexuellen. In “Ghost Town” wird der homosexuelle Keith jedoch drangsaliert und bis aufs Äußerste gequält.

Die Entwicklung eines offenen Taiwan ist noch recht neu. Bei uns herrschte lange die Militärjustiz. Meine Lehrer erklärten, dass alle schwulen Männer Aids haben und in der Hölle schmoren werden. Es reichte schon, lange Haare zu haben, um mitgenommen zu werden, weil das als unmännlich galt. Es war Terror. Die Offenheit, von der Sie sprechen, gilt heute vor allem für Taipeh. Auf dem Land ist man teilweise noch immer gefährdet, wenn man anders ist. Mein Buch handelt aber auch von der Situation der Frauen in diesem patriarchalen System. Auch sie mussten sich an diese Welt anpassen. Für viele junge Taiwaner ist das heute unvorstellbar.

Taiwan steht geopolitisch gerade sehr im Fokus. Würden sie sich auch als politischen Schriftsteller bezeichnen?

Als Autor aus Taiwan ist es so gut wie unmöglich, unpolitisch zu sein. Wir sind wegen der Bedrohung durch China eine politisierte Gesellschaft. Mein Buch handelt von Angst und von Terror und ist so auch ein Spiegel dieser Lebenssituation. China arbeitet seit Jahrzehnten mit der Verbreitung von Angst und Einschüchterung. 2027 feiert die Volksbefreiungsarmee 100-jähriges Jubiläum. Kaiser Xi will den fehlenden Teil seines Königreichs bis dahin zurückerobern, lautet die Theorie. Ich habe Angst um meine Familie. Zum Glück haben wir die Taiwan-Straße, ein raues Gewässer. Dadurch wird es für China nicht so leicht einzumarschieren, wie etwa für Russland in der Ukraine.

Hat die verstärkte politische Aufmerksamkeit auch einen Einfluss auf die Wahrnehmung taiwanischer Literatur?

Viele Verlage, die sich vorher nicht für mein Buch interessiert haben, klopfen jetzt an. Das gilt vor allem für die USA, bislang aber nicht für Deutschland. Auf dem deutschen Buchmarkt findet man außerhalb von kleinen Nischenverlagen so gut wie keine Schriftsteller aus Taiwan. In den letzten zehn Jahren wurden nur um die fünf taiwanische Bestseller ins Deutsche übersetzt. Und die haben sich so gut wie nicht verkauft. Aber immerhin kennen hier heute mehr Menschen Taiwan. Bei früheren Lese-Reisen konnten einige Taiwan und Thailand nicht auseinanderhalten.

Das Buch spielt teilweise in Deutschland. Sie leben seit 2004 in Berlin. Was fasziniert Sie an der deutschen Hauptstadt?

Zunächst war es ein Zufall: Ein Freund gab mir eine CD von einer Gruppe namens Rosenstolz. Ich liebte die Stimmung und die Stimme der Sängerin. Ich recherchierte, wo die Band herkommt. Und so landete ich in Berlin, erstmals nur für eine Reise, das war 1998. Ich ging damals nicht lange nach meiner Ankunft in ein Theaterstück an der Volksbühne. Die Leute auf der Bühne waren nackt und schrien einander an. Ich habe mich auf der Stelle in diese Stadt verliebt. Die Kunstszene ist fantastisch. Auch sonst kannst du sein, wer du willst. In meinem ersten Jahr in Deutschland zog sich ein Mann in der U-Bahn an einem heißen Tag einfach nackt aus. Niemand beachtete ihn. Und noch besser: Sein Hund hatte ein T-Shirt an. Für Schriftsteller sind solche Dinge toll.

In ihrem Roman wird Deutschland als kalter, aber auch befreiender Ort beschrieben. Was für ein Deutschlandbild haben die Taiwaner heute?

Viele Taiwaner lieben Deutschland. Sie denken alles was “Made in Germany” ist, sei gut. Sie glauben, die Deutschen sind effektiv, präzise. Als meine Schwestern Deutschland besuchten, waren sie überrascht, dass die Bahn drei Stunden Verspätung hatte, die Toiletten kaputt waren und sie ihre Plätze nach einem Zugausfall nicht mehr reservieren konnten. Aber Deutschland ist mein zweites Zuhause. Das ist der Ort, wo ich lebe und wo ich schreibe. Und der Abstand zu Taiwan hilft dabei auch.

Welche großen Unterschiede haben sie festgestellt?

In meinem Buch geht es zum Beispiel um die Grenzen zwischen Geisterwelt und der Welt der Menschen. Wir feiern in Taiwan Qingming, das Totengedenkfest. Wir glauben, dass die Tore der Hölle in dieser Zeit weit offen stehen. Es gibt so viel Tabus an diesen Tagen, Regeln, was man tun darf und was nicht. Die Geister sind in Taiwan überall. Es gibt sie in den Bäumen und den Flüssen. Geistergeschichten sind allgegenwärtig. Das gibt es hier in Deutschland nicht. Aber Deutschland ist ein Ort, an dem die Vergangenheit um die Lebenden spukt.

Sie arbeiteten in Deutschland auch als Übersetzer und sogar als Schauspieler. Welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht?

Ich spielte unter anderem einen chinesischen Geschäftsmann in dem Film “Global Player” von Hannes Stöhr. Ich war bei “Verstehen Sie Spaß?” und in einer Folge von “Jerks” mit Christian Ulmen und Fahri Yardim, wo ich einen tibetischen Mönch verkörperte. Ich habe Theater studiert und wollte immer eine Karriere als Schauspieler ausprobieren. Aber als Asiate bekommt man in Deutschland vor allem klischeebeladene Rollen ohne emotionale Tiefe. Ich war bei Castings, wo man mir einen vietnamesischen Bauernhut aufsetzen wollte. Ich sollte mit “asiatischem” Akzent sprechen. Einmal wollten sie sogar, dass ich einen Rückwärts-Salto mache, und waren erstaunt, dass ich solche Kampfkünste als Asiate nicht draufhatte. Künstlerisch war das alles nicht wirklich befriedigend.

Kevin Chen 陳思宏 wurde 1976 in Yongjing, Taiwan geboren. Er hat mehrere Bücher und Essays veröffentlicht, einer davon findet sich in einem taiwanischen Schulbuch der fünften Klasse. Seit 2004 lebt er in Berlin, wo er unter anderen auch als Übersetzer und Schauspieler tätig war. “Ghost Town” ist der erste seiner Romane, der ins Englische übersetzt wurde. Die New York Times empfahl das Buch in seiner Watch-List für den Herbst 2022.

  • Kultur
  • Literatur
  • Taiwan

News

Regierung gesteht Covid-Todesfälle ein

Die chinesischen Gesundheitsbehörden haben erstmals seit gut zwei Wochen wieder Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 bekannt gegeben. Die beiden Sterbefälle betrafen nach Angaben der Nationalen Gesundheitskommission die Hauptstadt Peking. Demnach stieg die offizielle Zahl der Corona-Todesfälle seit Beginn der Pandemie auf insgesamt 5.237. Berichte auch Krankenhäusern und von Krematorien weisen allerdings auf höhere Sterbezahlen hin (China.Table berichtete).

Wegen des massiven Corona-Ausbruchs haben seit Montag zudem die Grund- und Mittelschulen sowie Kindergärten und Kindertagesstätten in Shanghai wieder geschlossen. Die Schüler und Schülerinnen werden online unterrichtet. Oberschüler könnten wählen, ob sie weiter zur Schule gehen oder von zu Hause lernen wollen, teilte die Bildungsbehörde der Hafenmetropole mit.

Arbeitnehmer dürfen in Chongqing indes auch mit Corona-Symptomen erstmals wieder “ganz normal” zur Arbeit gehen. “Leicht symptomatische” Angestellte der Regierung, der Partei und des Staates in der 32-Millionen-Einwohner-Stadt könnten “nach persönlichen Schutzmaßnahmen entsprechend ihrer körperlichen Verfassung und den Erfordernissen ihrer Arbeit ganz normal arbeiten”, berichtete die Zeitung Chongqing Daily unter Berufung auf eine Mitteilung der städtischen Behörden. Auch in der östlichen Provinz Zhejiang hieß es, dass Menschen mit leichten Symptomen bei Bedarf “weiterarbeiten können, sofern sie persönliche Schutzmaßnahmen ergreifen”.

Epidemiologen erwarten, dass bis Mitte März drei Infektionswellen durch die Volksrepublik rauschen werden (China.Table berichtete). Die jetzige erste Welle werde bis Mitte Januar dauern und vor allem die städtischen Gebiete betreffen, sagte der Chef-Epidemiologe des Gesundheitsamtes, Wu Zunyou, laut Staatsmedien. Die zweite Welle erwartet der Experte bis Mitte Februar. Sie fiele in die Zeit rund um das chinesische Neujahrsfest am 22. Januar, für das viele Millionen Menschen in ihre Heimat reisen. Mit der Rückkehr der Reisenden sei dann die dritte Welle von Ende Februar bis Mitte März zu erwarten.

Verantwortlich für die rasende Corona-Verbreitung derzeit soll die Omikron-Variante BF.7 sein. Medienberichte weisen darauf hin, dass BF.7 die stärkste Infektionsfähigkeit unter den derzeit präsenten Omikron-Subvarianten hat. Es wird angenommen, dass BF.7 eine Reproduktionszahl von zehn bis 18,6 hat. Das bedeutet, dass eine infizierte Person das Virus auf durchschnittlich zehn bis 18,6 weitere Personen überträgt. ari

  • Chongqing
  • Coronavirus
  • Gesundheit
  • Peking

COP15: “Kunming-Montreal”-Abkommen für mehr Artenschutz

Nach teils zähen Verhandlungen haben die Mitgliedsstaaten der Weltnaturkonferenz COP15 unter chinesischer Präsidentschaft ein Abkommen zum globalen Artenschutz verabschiedet. Der chinesische Umweltminister Huang Runqiu erklärte das “Kunming-Montreal”-Abkommen in der Nacht zum Montag in der kanadischen Stadt für angenommen. Es sieht unter anderem vor, dass die Mitgliedsstaaten bis 2030 rund 30 Prozent der Land- und Meeresfläche der Erde zu Schutzgebieten erklären (“30 x 30”).

Das Abkommen war am Ende ein durchaus überraschender Durchbruch, der insgesamt mehr als 20 Zielvorgaben enthält, darunter auch den Abbau umweltschädlicher Subventionen oder eine Verringerung des Pestizideinsatzes. Unstimmigkeiten über Finanzierungsfragen hätten die Gespräche beinahe zum Scheitern gebracht. In letzter Minute einigten sich die Verhandler auf ein Paket, das bis bis 2025 jährlich 20 Milliarden und bis 2030 jährlich 30 Milliarden Dollar pro Jahr von den reichen Nationen zur Finanzierung von Naturschutzbemühungen in Entwicklungsländern vorsieht.

Chinas Präsident Xi Jinping hatte bereits im Oktober 2021 in einer Video-Rede während der digital abgehaltenen Vorbereitungskonferenz einen Finanztopf mit Namen Kunming-Fonds für biologische Vielfalt mit einem chinesischen Finanzbeitrag von 1,5 Milliarden Yuan (205 Millionen Euro) angekündigt.

Am Sonntag hatten die chinesischen Verhandlungsführer um Huang inmitten der Streitigkeiten einen Kompromiss-Entwurf für das Abkommen vorgelegt, mit dem überraschenderweise die meisten Mitgliedsstaaten leben konnten. Kritik aber kam bis zum Schluss von Kamerun, Uganda und der Demokratischen Republik Kongo. Trotzdem kam es um halb vier Uhr morgens zur Annahme des Abkommens.

Am Ende hatte sich nur noch Kongo von dem chinesischen Entwurf distanziert. Huang ließ ihn trotzdem nur Minuten später für angenommen erklären. Kongo legte nach Angaben von UN-Rechtsanwälten kein Veto ein, verurteilte das Vorgehen jedoch anschließend deutlich. Andere Staaten schlossen sich dem später an. Was direkt davor hinter den Kulissen abgelaufen war, blieb zunächst unbekannt.

Die COP15 hatte ursprünglich in Kunming stattfinden sollen, wurde aber wegen Chinas Null-Covid-Politik erst mehrfach verschoben und schließlich ins kanadische Montreal verlegt. Daher hatten Experten anfangs befürchtet, China werde es an Engagement fehlen lassen (China.Table berichtete). Das neue Abkommen ist rechtlich nicht bindend. Ähnlich wie beim Pariser Klimaschutzabkommen sollen die Mitgliedsstaaten zur Umsetzung der globalen Ziele bis 2024 nationale Strategiepläne entwickeln. Auch Mechanismen zu Monitoring und zur vergleichbaren Messung der Fortschritte sind vorgesehen. ck/rtr

  • Klima
  • Nachhaltigkeit

China und Russland halten Militärmanöver ab

Russland und China planen ab Mittwoch ein mehrtägiges Militärmanöver vor den Küsten von Japan und Taiwan. Die Übungen werden vom 21. bis 27. Dezember im Ostchinesischen Meer stattfinden. Solche gemeinsamen Manöver halten China und Russland seit 2012 regelmäßig ab (China.Table berichtete). Angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine und der jüngsten Spannungen um die von Peking beanspruchte Insel Taiwan beobachten die Anrainer das Manöver dieses Jahr allerdings mit besonderem Unmut.

Man wollen damit die Marinekooperation zwischen Russland und China stärken sowie Frieden und Stabilität im Asien-Pazifik-Raum aufrecht­­erhalten, teilte das russische Verteidigungsministerium am Montag mit. Bei den Militärübungen würden beide Seiten gemeinsam Raketen- und Artilleriebeschuss proben. Außerdem seien gemeinsame U-Boot-Abwehraktionen mit praktischem Waffeneinsatz geplant.

Von russischer Seite nehmen das Flaggschiff der Pazifikflotte, der Raketenkreuzer “Warjag”, sowie eine Fregatte und zwei Korvetten teil. China schickt zwei Zerstörer, zwei Patrouillenschiffe, ein Versorgungsschiff und ein U-Boot. Zudem sollen von beiden Staaten Flugzeuge und Hubschrauber zum Einsatz kommen. rad

  • Geopolitik
  • Militär
  • Russland

Australische Ministerin reist nach Peking

Die australische Außenministerin Penny Wong wird diese Woche nach Peking reisen. Bei Gesprächen mit ihrem chinesischen Kollegen Wang Yi soll es vor allem um Handelsfragen gehen, erklärten Wong und Australiens Premierminister Anthony Albanese am Montag. China sei Australiens wichtigster Handelspartner. Wirtschaftliche, kulturelle und persönliche Beziehungen brächten für beide Länder wichtige Vorteile, so Wong. Das chinesische Außenministerium bestätigte den Besuch. Penny Wong wird zudem am sechsten außenpolitisch-strategischen Dialog zwischen Australien und China teilnehmen. Die Veranstaltung hatte es zuletzt 2018 gegeben. Ein weiterer Anlass ihrer Reise ist der 50. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen beiden Staaten.

Beide Seiten wollen offenbar daran arbeiten, das zuletzt angespannte Verhältnis wieder zu verbessern. China hatte während der Regierungszeit von Albaneses konservativem Vorgänger Scott Morrison Sanktionen in Milliardenhöhe gegen Australien verhängt. Der seit Mai amtierende Albanese drängt auf deren Aufhebung (China.Table berichtete). Im November traf er den chinesischen Präsidenten Xi Jinping am Rande des G20-Gipfels in Bali. Es war das erste Treffen dieser Art seit sechs Jahren.

Australien und China rivalisieren um Einfluss in der Indo-Pazifik-Region (China.Table berichtete). Penny Wong und Wang Yi bereisten im Sommer diverse Inselstaaten, nachdem China vergeblich versucht hatte, ein weitreichendes Abkommen mit zehn Pazifikstaaten zu schließen. ari

  • Australien
  • Geopolitik

Presseschau

Durchbruch bei UN-Naturgipfel in Montreal: Beim Klimaschutz geht es nicht ohne China TAGESSPIEGEL
Russland und China schicken Kriegsschiffe ins ostchinesische Meer WEB.DE
India moves to build military road along border with China TELEGRAPH
In China mangelt es an Medikamenten und Corona-Tests ZEIT
Erstmals können Menschen in China auch mit Coronasymptomen zur Arbeit gehen SPIEGEL
China meldet erstmals wieder Corona-Tote – es könnten viele werden WATSON
Deutschland wird beim 5G-Netz abhängiger von China ONLINEHAENDLER-NEWS
Chinese business confidence falls to lowest in almost a decade on COVID REUTERS
China-Elektroautobauer eröffnet erstes deutsches “NIO House” in Berlin ECOMENTO
BASF: China verspricht mehr Wachstum als Europa FINANZEN
MG Motors: Die neue Elektrogröße aus China GOLEM
Apple Suppliers Accelerate Buildup Outside China, Analysts Say FINANCE
China-Hoffnungen treiben Ölpreise BOERSEN-ZEITUNG
BioNTech setzt auf Krebsmittel. Und auf Asien. Singapur, Australien und jetzt Taiwan. WALLSTREET-ONLINE
Taiwan is looking into alleged criminal activity on TikTok TECHSTORY
Ungewisse Partnerschaft: China und sein russisches Raumfahrtproblem DEUTSCHLANDFUNK
WM-Fans in Hongkong: Ein höchst wandelbares Publikum DEUTSCHLANDFUNK

Standpunkt

Vertrauen für die Zusammenarbeit schaffen

Von Fu Cong
Fu Cong, Chinas neuer EU-Botschafter schreibt über die China EU Beziehungen.
Fu Cong, Chinas Botschafter bei der EU

Am frühen Morgen des 10. Dezember stieg ich aus einem Flug der Hainan Airlines aus und setzte meinen Fuß in das kalte Brüssel mitten im Winter. Diese Stadt ist für mich nicht fremd. Bei früheren Besuchen in der EU-Zentrale zu Fragen der Rüstungskontrolle und des Atomabkommens mit Iran hatte ich Gelegenheit, viele EU-Kollegen kennenzulernen und gute Arbeitsbeziehungen zu ihnen aufzubauen. Man hat mir gesagt, dass die EU durch ihr Eintreten für Vielfalt, Integration, Dialog und Kompromisse eine stetige Entwicklung der europäischen Integration erlebt hat. Ich hoffe aufrichtig, dass diese Grundsätze auch in meiner künftigen Arbeit zum Tragen kommen werden. 

Trotz des kalten Wetters in Europa freue ich mich auf meine neue Aufgabe als 15. chinesischer Botschafter bei der EU, einem Block der fortschrittlichsten Volkswirtschaften und einem Vorreiter von regionaler Integration. Als Vertreter Chinas und seiner Interessen ist es meine Aufgabe, als Brücke zu fungieren, die das Verständnis und das gegenseitige Vertrauen stärkt sowie die praktische Zusammenarbeit zwischen China und der EU, einschließlich ihrer Mitgliedstaaten, erleichtert.

Drei Dinge stimmen mich zuversichtlich, dass ich meine Aufgaben werde erfüllen können.

Erstens: China bleibt dem Weg der friedlichen Entwicklung verpflichtet. Eine klare und wichtige Botschaft des jüngsten 20. Nationalkongresses der Kommunistischen Partei Chinas ist die Kontinuität und Stabilität von Chinas Innen- und Außenpolitik. Nach innen wird China den Weg des Sozialismus mit chinesischen Charakteristika verfolgen, den Menschen in den Mittelpunkt stellen und die Reformen und die Öffnung vertiefen. Nach außen wird sich China weiterhin für den Weltfrieden einsetzen, die gemeinsame Entwicklung fördern und mit anderen Ländern beim Aufbau einer globalen Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Zukunft zusammenarbeiten.

Ein China, das sich auf dem Weg der Modernisierung befindet, wird der EU und der ganzen Welt mehr Chancen bieten. Mit Blick auf die Zukunft bleiben die Grundlagen, die Chinas Wohlstand und stetiges Wachstum stützen, unverändert. Unsere Entschlossenheit, die Öffnung auf hohem Niveau fortzusetzen, bleibt unverändert, ebenso wie die glänzenden Aussichten für die Beziehungen zwischen China und der EU.

Stabilität und Kontinuität im Mittelpunkt

Zweitens gibt es auf hoher politischer Ebene Unterstützung für eine verbesserte Beziehung zwischen China und der EU. Anfang des Monats hatte ich die Ehre, in Peking an einem Treffen zwischen Präsident Xi Jinping und EU-Ratschef Charles Michel teilzunehmen, bei dem die beiden eine Einigung über ein breites Spektrum von Themen erzielten. Präsident Xi brachte die Hoffnung zum Ausdruck, dass die EU ein wichtiger Partner bei Chinas Modernisierungsbestrebungen werden und von den Chancen profitieren könnte, die Chinas riesiger Markt und seine Bemühungen um eine weitere institutionelle Öffnung und eine Vertiefung der internationalen Zusammenarbeit bieten.

Das Treffen war ein positives Signal für die Stärkung des gegenseitigen Vertrauens, den Aufbau eines Konsenses und die Vertiefung der Zusammenarbeit, wodurch eine klare Richtung für die Zukunft der Beziehungen zwischen China und der EU vorgegeben wurde.

Differenzen durch Dialog bewältigen

Drittens gibt es starke grundlegende Kräfte, die die Beziehungen zwischen China und der EU in eine positive Richtung lenken werden. China und die EU sind die beiden wichtigsten Kräfte, Märkte und Zivilisationen der Welt. Angesichts der komplexen und turbulenten internationalen Lage sollten und könnten beide Seiten Hand in Hand arbeiten, um der Welt wieder Stabilität zu verleihen. Die jahrzehntelangen Beziehungen zeigen, dass China und die EU keine Rivalen, sondern Partner sind.

Trotz unserer offensichtlichen Unterschiede haben beide Seiten weitreichende gemeinsame Interessen und können gemeinsam viele große Dinge erreichen. Die Aufrechterhaltung der umfassenden strategischen Partnerschaft nach dem Prinzip des gegenseitigen Nutzens, die Bewältigung von Differenzen durch Dialog und das Bekenntnis zum Multilateralismus dienen sowohl den Interessen Chinas und der EU als auch der gesamten Weltgemeinschaft.

In dem Moment, als ich aus dem Flugzeug stieg, sah ich die Sonne am Horizont aufgehen. Wie man in China oft sagt: Vertrauen ist wertvoller als Gold. Ich bin bereit, meine Zuversicht in die Tat umzusetzen und gemeinsam mit meinen EU-Kollegen die zwischen Xi und Michel getroffenen Vereinbarungen umzusetzen, um eine stetige und nachhaltige Entwicklung der Beziehungen zwischen China und der EU zu gewährleisten. Die chinesische Vertretung bei der EU und ich freuen uns darauf, auf die EU sowie auf Gesprächspartner aus allen Bereichen mit offenem Herzen und offenen Armen zuzukommen. Wir hoffen, die Kommunikation zu verbessern, die praktische Zusammenarbeit auszubauen und eine Brücke der Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen China und der EU zu schlagen.

Fu Cong ist seit Mitte des Monats Chinas neuer Botschafter bei der Europäischen Union. Der 57-Jährige ist ein erfahrener Diplomat. Er war zuletzt Generaldirektor der Abteilung für Rüstungskontrolle im chinesischen Außenministerium.

  • Diplomatie
  • EU
  • Geopolitik

Personalien

Stefan Rom ist seit Anfang Dezember Lead Strategy bei BMW MyLife China mit Sitz in Shanghai. Rom war zuvor Quality Manager bei BMW in China.

Matthias Welz ist seit Beginn des Monats neuer Regional Manager bei Sinco Mining Machinery Manufacturing. Er war zuvor im Marketing und Sales bei Taibang Heavy Machinery Manufacturing tätig.

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Dessert

Tagesausflug: Pinguine aus dem Harbin Polarpark watscheln durch die Ice & Snow World – sogar mit Rucksack. Die Vögel haben in dem Themenpark in der nordostchinesischen Provinz Heilongjiang offenbar einiges zu bestaunen.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    Für jeden Geschmack ist etwas dabei: Technikfreunde kommen mit “Chip War” auf ihre Kosten, Spionageliebhaber sind bei “Spies and Lies” gut aufgehoben. Aber schauen Sie ruhig auch über den Tellerrand der eigenen Interessen hinaus – vielleicht zusammen mit der Taikonautin Li Jing bis hinauf in die Milchstraße.

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    Michael Radunski
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    Einen Fokus legt Hillman dabei zum Beispiel auf das chinesische Beidou-Navigationssystem, das im Asien-Pazifik-Raum schon jetzt genauer ist als der amerikanische GPS-Standard. Dass diese und andere Technologien auch für militärische Zwecke genutzt werden, ist kein Geheimnis. Doch auch ohne kriegerische Interventionen kann China durch digitalen Infrastrukturausbau bereits jetzt jenseits seiner Grenzen Macht ausüben, vor allem in Schwellenländern, wo Bezahlbarkeit noch immer Vorrang vor Sicherheitsbedenken hat.

    Hillmans Buch analysiert den sogenannten technologischen Kalten Krieg vor allem aus US-amerikanischer Perspektive. Von zu viel defensiven Maßnahmen, wie Exportkontrollen oder Lizenzentziehungen, hält er nichts. Auch Alleingänge ohne Europa seien nicht zielführend, schreibt Hillman. Sein Rat an die großen Demokratien dieser Welt: Schließt euch zusammen, investiert in übersehene Märkte, überlasst die Entwicklungsländer nicht den Chinesen. Im globalen Wettbewerb dürfen preiswerte Alternativen nicht allein von Huawei & Co kommen. fpe

    Jonathan Hillman: Chinas digitale Seidenstraße – Der globale Kampf um die Herrschaft über die Daten, Plassen Verlag, 420 Seiten, 24,90 Euro, auch als E-Book erhältlich.

    Halbleiter sind ein Instrument der Geopolitik: Es ist kein Zufall, dass die Biden-Regierung eine Reihe von Restriktionen gegen die Lieferung von Hochleistungs-Chips nach China verhängt hat. Und die EU will mit ihrem Chips-Act die Abhängigkeit von der Volksrepublik und vor allem Taiwan reduzieren. Wie aber kam es dazu? Was machte den Siegeszug des Mikrochips überhaupt möglich? Chris Miller liefert in seinem neuen Buch “Chip War – The Fight for the World’s Most Critical Technology” die Antworten.

    Der Wirtschaftshistoriker zeichnet in seinem Werk die gut 70-jährige Geschichte seit der Erfindung des Transistors und des integrierten Schaltkreises nach. Miller zeigt den Werdegang von Morris Chang und die Entstehungsgeschichte von Chip-Gigant TSMC auf und widmet sich im letzten Teil des Buches dem Versuch Chinas, in die höchste Liga der Chiptechnologie vorzustoßen. “Chip War” ist flüssig geschrieben und leicht zu lesen. Miller ist Historiker und nicht Ingenieur, weshalb er mit technischen Details zurückhaltend umgeht. Die Erzählung des Buches ist weitgehend chronologisch und bietet einen lehrreichen Überblick über die Industrie. ari

    Chris Miller: Chip War – The Fight for the World’s Most Critical Technology, Scribner, 464 Seiten, 29,99 Euro (gebunden), auch als Taschenbuch und E-Book erhältlich.

    Die New York Times nennt den zweiten Roman des in Berlin lebenden taiwanischen Schriftstellers Kevin Chen “chaotisch wie das Leben selbst”. Und nicht nur die Lebenden, auch die Toten mischen mit, wenn Chen die Lebensgeschichten seines Protagonisten Keith mit denen seiner sechs Schwestern und seiner verstorbenen Eltern in 44. kurzen Kapitel überblendet. “Ghost Town” taucht dabei tief in den Geisterglauben des taiwanischen Hinterlands ein, zeigt aber auch die weltlichen Härten kurz vor dem Ende der Militärdiktatur in den späten Achtzigerjahren.

    Als homosexueller Mann stigmatisiert, flieht die Hauptfigur Keith nach Berlin, wo Nazis seinen Weg kreuzen und die Geister der Vergangenheit ihn nicht loslassen. Für sein Buch recherchierte Chen sogar in Berliner Gefängnissen. Ansonsten steht das Buch aber eher dem fantastischen Realismus eines Gabriel García Márquez nahe als der lakonischen Härte zeitgenössischer Schriftsteller:innen wie Hanya Yanagihara. fpe

    Kevin Chen: Ghost Town, Europa Editions, 327 Seiten, 31 Euro (gebunden), auch als Taschenbuch erhältlich.

    “Reise zum Meer der Sterne” erzählt in Form einer Graphic Novel die Geschichte von Li Jing, einer chinesischen Taikonautin, die schon als Kind davon träumte, eines Tages zum “Silbernen Fluss” aufzubrechen – so nannten die alten Chinesen die Milchstraße. Li wird zunächst Militärpilotin in der Volksbefreiungsarmee. Nach einem zermürbenden Trainingsprogramm, in dem sie durch Zentrifugen geschleudert wird und wochenlang unter Wasser Aufgaben lösen muss, darf sie schließlich zu ihrer ersten Weltraummission aufbrechen, als erste Chinesin im All.

    Das Buch des in Friedberg lebenden Ingenieurs und Comiczeichners Markus Bindhammer basiert lose auf den Erfahrungen der ersten beiden chinesischen Taikonautinnen Wang Yaping und Liu Yang. Die schwarz-weißen Zeichnungen wirken wie Holzschnitte. Bindhammer, der zehn Jahre in China lebte, hat sich gleichermaßen von Comic-Größen wie Alan Moore, aber auch vom sozialistischen Realismus und chinesischen Scherenschnitten inspirieren lassen. Manche Seiten vereinen die Stile so vollendet, dass man sie rahmen möchte. Selbst die Baupläne der Raumkapseln werden zu symmetrischen Kunstwerken.

    Inhaltlich macht “Reise zum Meer der Sterne” das ambitionierte Weltraumprogramm der Volksrepublik mit Szenen aus dem übermenschlich disziplinierten Taikonauten-Alltag greifbar. Dazwischen sind klassische Gedichte und Exkurse in alte chinesische Sternenmythen gestreut. fpe

    Markus Bindhammer: Reise zum Meer der Sterne, Drachenhaus Verlag, 100 Seiten, 19 Euro.

    Chinas Einfluss auf westlichen Gesellschaften beschäftigt derzeit Politik und Wissenschaft. Dabei bleibt der Bereich konkreter Geheimdienstoperationen zur Beeinflussung des Chinabilds oft unbeachtet. Diese Lücke füllt das neue Buch “Spies and Lies” des australischen Analysten Alex Joske. Er zeichnet nach, mit welchen Mitteln das Ministerium für Staatssicherheit (Guoanbu, 国家安全部) sich immer wieder Zugang zu Persönlichkeiten in westlichen Ländern verschafft. Diese verbreiteten dann das Narrativ von der “friedlichen Entwicklung”. In Joskes Darstellung handelt es sich dabei um einen Teil des großen Plans für den Aufstieg an die Weltspitze: Der Westen soll sich in Sicherheit wähnen, bis China seine Karten ausspielt. Um das zu belegen, trägt der Autor einen enormen Fundus an Quellen zusammen.

    Deutschland wird in dem Buch des Australiers kaum erwähnt. Wer es liest, sieht jedoch auch die Einstellung deutscher Eliten zu China in einem anderen Licht. Schließlich haben auch Sie an den Wandel durch Handel geglaubt. Das entspricht genau dem Bild von China, das die Spione verbreiten wollten. Es bleibt jedoch die Frage, wie viel von dieser Denkweise auf gezielte Desinformationen chinesischer Akteure zurückgeht und wie viel davon einfach Wunschdenken der Europäer war. Auf jeden Fall aber liest sich “Spies and Lies” enorm spannend, zumal es eine ganze Reihe authentischer Spionagegefälle erzählt. fin

    Alex Joske: Spies and Lies, Hardie Grant Books, 268 Seiten, 24,04 Euro, auch als E-Book erhältlich.

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    Interview

    “In Deutschland spukt die Vergangenheit um die Lebenden”

    Schriftsteller Kevin Chen.

    Wie Keith Chen, die Hauptfigur in ihrem Roman “Ghost Town”, sind Sie von der taiwanischen Stadt Yongjing nach Berlin gezogen. Wie biografisch ist die Geschichte?

    Das Buch basiert lose auf meiner Familiengeschichte. Ich bin wie Keith in einem lauten und chaotischen Umfeld aufgewachsen. Er hat fünf Schwestern. Ich habe sieben und einen Bruder. Warum so viele? Meine Eltern wollten unbedingt Söhne, also versuchten sie es immer weiter. Den Familiennamen weiterzutragen war in dem patriarchalen System Taiwans der Achtzigerjahre noch wichtiger als heute. Auf eine Art war ich als homosexueller Junge aber auch die achte ungewollte Tochter.

    Taiwan gilt im Westen als asiatisches Vorzeigeland für gleichgeschlechtliche Ehe und die Rechte von Homosexuellen. In “Ghost Town” wird der homosexuelle Keith jedoch drangsaliert und bis aufs Äußerste gequält.

    Die Entwicklung eines offenen Taiwan ist noch recht neu. Bei uns herrschte lange die Militärjustiz. Meine Lehrer erklärten, dass alle schwulen Männer Aids haben und in der Hölle schmoren werden. Es reichte schon, lange Haare zu haben, um mitgenommen zu werden, weil das als unmännlich galt. Es war Terror. Die Offenheit, von der Sie sprechen, gilt heute vor allem für Taipeh. Auf dem Land ist man teilweise noch immer gefährdet, wenn man anders ist. Mein Buch handelt aber auch von der Situation der Frauen in diesem patriarchalen System. Auch sie mussten sich an diese Welt anpassen. Für viele junge Taiwaner ist das heute unvorstellbar.

    Taiwan steht geopolitisch gerade sehr im Fokus. Würden sie sich auch als politischen Schriftsteller bezeichnen?

    Als Autor aus Taiwan ist es so gut wie unmöglich, unpolitisch zu sein. Wir sind wegen der Bedrohung durch China eine politisierte Gesellschaft. Mein Buch handelt von Angst und von Terror und ist so auch ein Spiegel dieser Lebenssituation. China arbeitet seit Jahrzehnten mit der Verbreitung von Angst und Einschüchterung. 2027 feiert die Volksbefreiungsarmee 100-jähriges Jubiläum. Kaiser Xi will den fehlenden Teil seines Königreichs bis dahin zurückerobern, lautet die Theorie. Ich habe Angst um meine Familie. Zum Glück haben wir die Taiwan-Straße, ein raues Gewässer. Dadurch wird es für China nicht so leicht einzumarschieren, wie etwa für Russland in der Ukraine.

    Hat die verstärkte politische Aufmerksamkeit auch einen Einfluss auf die Wahrnehmung taiwanischer Literatur?

    Viele Verlage, die sich vorher nicht für mein Buch interessiert haben, klopfen jetzt an. Das gilt vor allem für die USA, bislang aber nicht für Deutschland. Auf dem deutschen Buchmarkt findet man außerhalb von kleinen Nischenverlagen so gut wie keine Schriftsteller aus Taiwan. In den letzten zehn Jahren wurden nur um die fünf taiwanische Bestseller ins Deutsche übersetzt. Und die haben sich so gut wie nicht verkauft. Aber immerhin kennen hier heute mehr Menschen Taiwan. Bei früheren Lese-Reisen konnten einige Taiwan und Thailand nicht auseinanderhalten.

    Das Buch spielt teilweise in Deutschland. Sie leben seit 2004 in Berlin. Was fasziniert Sie an der deutschen Hauptstadt?

    Zunächst war es ein Zufall: Ein Freund gab mir eine CD von einer Gruppe namens Rosenstolz. Ich liebte die Stimmung und die Stimme der Sängerin. Ich recherchierte, wo die Band herkommt. Und so landete ich in Berlin, erstmals nur für eine Reise, das war 1998. Ich ging damals nicht lange nach meiner Ankunft in ein Theaterstück an der Volksbühne. Die Leute auf der Bühne waren nackt und schrien einander an. Ich habe mich auf der Stelle in diese Stadt verliebt. Die Kunstszene ist fantastisch. Auch sonst kannst du sein, wer du willst. In meinem ersten Jahr in Deutschland zog sich ein Mann in der U-Bahn an einem heißen Tag einfach nackt aus. Niemand beachtete ihn. Und noch besser: Sein Hund hatte ein T-Shirt an. Für Schriftsteller sind solche Dinge toll.

    In ihrem Roman wird Deutschland als kalter, aber auch befreiender Ort beschrieben. Was für ein Deutschlandbild haben die Taiwaner heute?

    Viele Taiwaner lieben Deutschland. Sie denken alles was “Made in Germany” ist, sei gut. Sie glauben, die Deutschen sind effektiv, präzise. Als meine Schwestern Deutschland besuchten, waren sie überrascht, dass die Bahn drei Stunden Verspätung hatte, die Toiletten kaputt waren und sie ihre Plätze nach einem Zugausfall nicht mehr reservieren konnten. Aber Deutschland ist mein zweites Zuhause. Das ist der Ort, wo ich lebe und wo ich schreibe. Und der Abstand zu Taiwan hilft dabei auch.

    Welche großen Unterschiede haben sie festgestellt?

    In meinem Buch geht es zum Beispiel um die Grenzen zwischen Geisterwelt und der Welt der Menschen. Wir feiern in Taiwan Qingming, das Totengedenkfest. Wir glauben, dass die Tore der Hölle in dieser Zeit weit offen stehen. Es gibt so viel Tabus an diesen Tagen, Regeln, was man tun darf und was nicht. Die Geister sind in Taiwan überall. Es gibt sie in den Bäumen und den Flüssen. Geistergeschichten sind allgegenwärtig. Das gibt es hier in Deutschland nicht. Aber Deutschland ist ein Ort, an dem die Vergangenheit um die Lebenden spukt.

    Sie arbeiteten in Deutschland auch als Übersetzer und sogar als Schauspieler. Welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht?

    Ich spielte unter anderem einen chinesischen Geschäftsmann in dem Film “Global Player” von Hannes Stöhr. Ich war bei “Verstehen Sie Spaß?” und in einer Folge von “Jerks” mit Christian Ulmen und Fahri Yardim, wo ich einen tibetischen Mönch verkörperte. Ich habe Theater studiert und wollte immer eine Karriere als Schauspieler ausprobieren. Aber als Asiate bekommt man in Deutschland vor allem klischeebeladene Rollen ohne emotionale Tiefe. Ich war bei Castings, wo man mir einen vietnamesischen Bauernhut aufsetzen wollte. Ich sollte mit “asiatischem” Akzent sprechen. Einmal wollten sie sogar, dass ich einen Rückwärts-Salto mache, und waren erstaunt, dass ich solche Kampfkünste als Asiate nicht draufhatte. Künstlerisch war das alles nicht wirklich befriedigend.

    Kevin Chen 陳思宏 wurde 1976 in Yongjing, Taiwan geboren. Er hat mehrere Bücher und Essays veröffentlicht, einer davon findet sich in einem taiwanischen Schulbuch der fünften Klasse. Seit 2004 lebt er in Berlin, wo er unter anderen auch als Übersetzer und Schauspieler tätig war. “Ghost Town” ist der erste seiner Romane, der ins Englische übersetzt wurde. Die New York Times empfahl das Buch in seiner Watch-List für den Herbst 2022.

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    News

    Regierung gesteht Covid-Todesfälle ein

    Die chinesischen Gesundheitsbehörden haben erstmals seit gut zwei Wochen wieder Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 bekannt gegeben. Die beiden Sterbefälle betrafen nach Angaben der Nationalen Gesundheitskommission die Hauptstadt Peking. Demnach stieg die offizielle Zahl der Corona-Todesfälle seit Beginn der Pandemie auf insgesamt 5.237. Berichte auch Krankenhäusern und von Krematorien weisen allerdings auf höhere Sterbezahlen hin (China.Table berichtete).

    Wegen des massiven Corona-Ausbruchs haben seit Montag zudem die Grund- und Mittelschulen sowie Kindergärten und Kindertagesstätten in Shanghai wieder geschlossen. Die Schüler und Schülerinnen werden online unterrichtet. Oberschüler könnten wählen, ob sie weiter zur Schule gehen oder von zu Hause lernen wollen, teilte die Bildungsbehörde der Hafenmetropole mit.

    Arbeitnehmer dürfen in Chongqing indes auch mit Corona-Symptomen erstmals wieder “ganz normal” zur Arbeit gehen. “Leicht symptomatische” Angestellte der Regierung, der Partei und des Staates in der 32-Millionen-Einwohner-Stadt könnten “nach persönlichen Schutzmaßnahmen entsprechend ihrer körperlichen Verfassung und den Erfordernissen ihrer Arbeit ganz normal arbeiten”, berichtete die Zeitung Chongqing Daily unter Berufung auf eine Mitteilung der städtischen Behörden. Auch in der östlichen Provinz Zhejiang hieß es, dass Menschen mit leichten Symptomen bei Bedarf “weiterarbeiten können, sofern sie persönliche Schutzmaßnahmen ergreifen”.

    Epidemiologen erwarten, dass bis Mitte März drei Infektionswellen durch die Volksrepublik rauschen werden (China.Table berichtete). Die jetzige erste Welle werde bis Mitte Januar dauern und vor allem die städtischen Gebiete betreffen, sagte der Chef-Epidemiologe des Gesundheitsamtes, Wu Zunyou, laut Staatsmedien. Die zweite Welle erwartet der Experte bis Mitte Februar. Sie fiele in die Zeit rund um das chinesische Neujahrsfest am 22. Januar, für das viele Millionen Menschen in ihre Heimat reisen. Mit der Rückkehr der Reisenden sei dann die dritte Welle von Ende Februar bis Mitte März zu erwarten.

    Verantwortlich für die rasende Corona-Verbreitung derzeit soll die Omikron-Variante BF.7 sein. Medienberichte weisen darauf hin, dass BF.7 die stärkste Infektionsfähigkeit unter den derzeit präsenten Omikron-Subvarianten hat. Es wird angenommen, dass BF.7 eine Reproduktionszahl von zehn bis 18,6 hat. Das bedeutet, dass eine infizierte Person das Virus auf durchschnittlich zehn bis 18,6 weitere Personen überträgt. ari

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    • Coronavirus
    • Gesundheit
    • Peking

    COP15: “Kunming-Montreal”-Abkommen für mehr Artenschutz

    Nach teils zähen Verhandlungen haben die Mitgliedsstaaten der Weltnaturkonferenz COP15 unter chinesischer Präsidentschaft ein Abkommen zum globalen Artenschutz verabschiedet. Der chinesische Umweltminister Huang Runqiu erklärte das “Kunming-Montreal”-Abkommen in der Nacht zum Montag in der kanadischen Stadt für angenommen. Es sieht unter anderem vor, dass die Mitgliedsstaaten bis 2030 rund 30 Prozent der Land- und Meeresfläche der Erde zu Schutzgebieten erklären (“30 x 30”).

    Das Abkommen war am Ende ein durchaus überraschender Durchbruch, der insgesamt mehr als 20 Zielvorgaben enthält, darunter auch den Abbau umweltschädlicher Subventionen oder eine Verringerung des Pestizideinsatzes. Unstimmigkeiten über Finanzierungsfragen hätten die Gespräche beinahe zum Scheitern gebracht. In letzter Minute einigten sich die Verhandler auf ein Paket, das bis bis 2025 jährlich 20 Milliarden und bis 2030 jährlich 30 Milliarden Dollar pro Jahr von den reichen Nationen zur Finanzierung von Naturschutzbemühungen in Entwicklungsländern vorsieht.

    Chinas Präsident Xi Jinping hatte bereits im Oktober 2021 in einer Video-Rede während der digital abgehaltenen Vorbereitungskonferenz einen Finanztopf mit Namen Kunming-Fonds für biologische Vielfalt mit einem chinesischen Finanzbeitrag von 1,5 Milliarden Yuan (205 Millionen Euro) angekündigt.

    Am Sonntag hatten die chinesischen Verhandlungsführer um Huang inmitten der Streitigkeiten einen Kompromiss-Entwurf für das Abkommen vorgelegt, mit dem überraschenderweise die meisten Mitgliedsstaaten leben konnten. Kritik aber kam bis zum Schluss von Kamerun, Uganda und der Demokratischen Republik Kongo. Trotzdem kam es um halb vier Uhr morgens zur Annahme des Abkommens.

    Am Ende hatte sich nur noch Kongo von dem chinesischen Entwurf distanziert. Huang ließ ihn trotzdem nur Minuten später für angenommen erklären. Kongo legte nach Angaben von UN-Rechtsanwälten kein Veto ein, verurteilte das Vorgehen jedoch anschließend deutlich. Andere Staaten schlossen sich dem später an. Was direkt davor hinter den Kulissen abgelaufen war, blieb zunächst unbekannt.

    Die COP15 hatte ursprünglich in Kunming stattfinden sollen, wurde aber wegen Chinas Null-Covid-Politik erst mehrfach verschoben und schließlich ins kanadische Montreal verlegt. Daher hatten Experten anfangs befürchtet, China werde es an Engagement fehlen lassen (China.Table berichtete). Das neue Abkommen ist rechtlich nicht bindend. Ähnlich wie beim Pariser Klimaschutzabkommen sollen die Mitgliedsstaaten zur Umsetzung der globalen Ziele bis 2024 nationale Strategiepläne entwickeln. Auch Mechanismen zu Monitoring und zur vergleichbaren Messung der Fortschritte sind vorgesehen. ck/rtr

    • Klima
    • Nachhaltigkeit

    China und Russland halten Militärmanöver ab

    Russland und China planen ab Mittwoch ein mehrtägiges Militärmanöver vor den Küsten von Japan und Taiwan. Die Übungen werden vom 21. bis 27. Dezember im Ostchinesischen Meer stattfinden. Solche gemeinsamen Manöver halten China und Russland seit 2012 regelmäßig ab (China.Table berichtete). Angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine und der jüngsten Spannungen um die von Peking beanspruchte Insel Taiwan beobachten die Anrainer das Manöver dieses Jahr allerdings mit besonderem Unmut.

    Man wollen damit die Marinekooperation zwischen Russland und China stärken sowie Frieden und Stabilität im Asien-Pazifik-Raum aufrecht­­erhalten, teilte das russische Verteidigungsministerium am Montag mit. Bei den Militärübungen würden beide Seiten gemeinsam Raketen- und Artilleriebeschuss proben. Außerdem seien gemeinsame U-Boot-Abwehraktionen mit praktischem Waffeneinsatz geplant.

    Von russischer Seite nehmen das Flaggschiff der Pazifikflotte, der Raketenkreuzer “Warjag”, sowie eine Fregatte und zwei Korvetten teil. China schickt zwei Zerstörer, zwei Patrouillenschiffe, ein Versorgungsschiff und ein U-Boot. Zudem sollen von beiden Staaten Flugzeuge und Hubschrauber zum Einsatz kommen. rad

    • Geopolitik
    • Militär
    • Russland

    Australische Ministerin reist nach Peking

    Die australische Außenministerin Penny Wong wird diese Woche nach Peking reisen. Bei Gesprächen mit ihrem chinesischen Kollegen Wang Yi soll es vor allem um Handelsfragen gehen, erklärten Wong und Australiens Premierminister Anthony Albanese am Montag. China sei Australiens wichtigster Handelspartner. Wirtschaftliche, kulturelle und persönliche Beziehungen brächten für beide Länder wichtige Vorteile, so Wong. Das chinesische Außenministerium bestätigte den Besuch. Penny Wong wird zudem am sechsten außenpolitisch-strategischen Dialog zwischen Australien und China teilnehmen. Die Veranstaltung hatte es zuletzt 2018 gegeben. Ein weiterer Anlass ihrer Reise ist der 50. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen beiden Staaten.

    Beide Seiten wollen offenbar daran arbeiten, das zuletzt angespannte Verhältnis wieder zu verbessern. China hatte während der Regierungszeit von Albaneses konservativem Vorgänger Scott Morrison Sanktionen in Milliardenhöhe gegen Australien verhängt. Der seit Mai amtierende Albanese drängt auf deren Aufhebung (China.Table berichtete). Im November traf er den chinesischen Präsidenten Xi Jinping am Rande des G20-Gipfels in Bali. Es war das erste Treffen dieser Art seit sechs Jahren.

    Australien und China rivalisieren um Einfluss in der Indo-Pazifik-Region (China.Table berichtete). Penny Wong und Wang Yi bereisten im Sommer diverse Inselstaaten, nachdem China vergeblich versucht hatte, ein weitreichendes Abkommen mit zehn Pazifikstaaten zu schließen. ari

    • Australien
    • Geopolitik

    Presseschau

    Durchbruch bei UN-Naturgipfel in Montreal: Beim Klimaschutz geht es nicht ohne China TAGESSPIEGEL
    Russland und China schicken Kriegsschiffe ins ostchinesische Meer WEB.DE
    India moves to build military road along border with China TELEGRAPH
    In China mangelt es an Medikamenten und Corona-Tests ZEIT
    Erstmals können Menschen in China auch mit Coronasymptomen zur Arbeit gehen SPIEGEL
    China meldet erstmals wieder Corona-Tote – es könnten viele werden WATSON
    Deutschland wird beim 5G-Netz abhängiger von China ONLINEHAENDLER-NEWS
    Chinese business confidence falls to lowest in almost a decade on COVID REUTERS
    China-Elektroautobauer eröffnet erstes deutsches “NIO House” in Berlin ECOMENTO
    BASF: China verspricht mehr Wachstum als Europa FINANZEN
    MG Motors: Die neue Elektrogröße aus China GOLEM
    Apple Suppliers Accelerate Buildup Outside China, Analysts Say FINANCE
    China-Hoffnungen treiben Ölpreise BOERSEN-ZEITUNG
    BioNTech setzt auf Krebsmittel. Und auf Asien. Singapur, Australien und jetzt Taiwan. WALLSTREET-ONLINE
    Taiwan is looking into alleged criminal activity on TikTok TECHSTORY
    Ungewisse Partnerschaft: China und sein russisches Raumfahrtproblem DEUTSCHLANDFUNK
    WM-Fans in Hongkong: Ein höchst wandelbares Publikum DEUTSCHLANDFUNK

    Standpunkt

    Vertrauen für die Zusammenarbeit schaffen

    Von Fu Cong
    Fu Cong, Chinas neuer EU-Botschafter schreibt über die China EU Beziehungen.
    Fu Cong, Chinas Botschafter bei der EU

    Am frühen Morgen des 10. Dezember stieg ich aus einem Flug der Hainan Airlines aus und setzte meinen Fuß in das kalte Brüssel mitten im Winter. Diese Stadt ist für mich nicht fremd. Bei früheren Besuchen in der EU-Zentrale zu Fragen der Rüstungskontrolle und des Atomabkommens mit Iran hatte ich Gelegenheit, viele EU-Kollegen kennenzulernen und gute Arbeitsbeziehungen zu ihnen aufzubauen. Man hat mir gesagt, dass die EU durch ihr Eintreten für Vielfalt, Integration, Dialog und Kompromisse eine stetige Entwicklung der europäischen Integration erlebt hat. Ich hoffe aufrichtig, dass diese Grundsätze auch in meiner künftigen Arbeit zum Tragen kommen werden. 

    Trotz des kalten Wetters in Europa freue ich mich auf meine neue Aufgabe als 15. chinesischer Botschafter bei der EU, einem Block der fortschrittlichsten Volkswirtschaften und einem Vorreiter von regionaler Integration. Als Vertreter Chinas und seiner Interessen ist es meine Aufgabe, als Brücke zu fungieren, die das Verständnis und das gegenseitige Vertrauen stärkt sowie die praktische Zusammenarbeit zwischen China und der EU, einschließlich ihrer Mitgliedstaaten, erleichtert.

    Drei Dinge stimmen mich zuversichtlich, dass ich meine Aufgaben werde erfüllen können.

    Erstens: China bleibt dem Weg der friedlichen Entwicklung verpflichtet. Eine klare und wichtige Botschaft des jüngsten 20. Nationalkongresses der Kommunistischen Partei Chinas ist die Kontinuität und Stabilität von Chinas Innen- und Außenpolitik. Nach innen wird China den Weg des Sozialismus mit chinesischen Charakteristika verfolgen, den Menschen in den Mittelpunkt stellen und die Reformen und die Öffnung vertiefen. Nach außen wird sich China weiterhin für den Weltfrieden einsetzen, die gemeinsame Entwicklung fördern und mit anderen Ländern beim Aufbau einer globalen Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Zukunft zusammenarbeiten.

    Ein China, das sich auf dem Weg der Modernisierung befindet, wird der EU und der ganzen Welt mehr Chancen bieten. Mit Blick auf die Zukunft bleiben die Grundlagen, die Chinas Wohlstand und stetiges Wachstum stützen, unverändert. Unsere Entschlossenheit, die Öffnung auf hohem Niveau fortzusetzen, bleibt unverändert, ebenso wie die glänzenden Aussichten für die Beziehungen zwischen China und der EU.

    Stabilität und Kontinuität im Mittelpunkt

    Zweitens gibt es auf hoher politischer Ebene Unterstützung für eine verbesserte Beziehung zwischen China und der EU. Anfang des Monats hatte ich die Ehre, in Peking an einem Treffen zwischen Präsident Xi Jinping und EU-Ratschef Charles Michel teilzunehmen, bei dem die beiden eine Einigung über ein breites Spektrum von Themen erzielten. Präsident Xi brachte die Hoffnung zum Ausdruck, dass die EU ein wichtiger Partner bei Chinas Modernisierungsbestrebungen werden und von den Chancen profitieren könnte, die Chinas riesiger Markt und seine Bemühungen um eine weitere institutionelle Öffnung und eine Vertiefung der internationalen Zusammenarbeit bieten.

    Das Treffen war ein positives Signal für die Stärkung des gegenseitigen Vertrauens, den Aufbau eines Konsenses und die Vertiefung der Zusammenarbeit, wodurch eine klare Richtung für die Zukunft der Beziehungen zwischen China und der EU vorgegeben wurde.

    Differenzen durch Dialog bewältigen

    Drittens gibt es starke grundlegende Kräfte, die die Beziehungen zwischen China und der EU in eine positive Richtung lenken werden. China und die EU sind die beiden wichtigsten Kräfte, Märkte und Zivilisationen der Welt. Angesichts der komplexen und turbulenten internationalen Lage sollten und könnten beide Seiten Hand in Hand arbeiten, um der Welt wieder Stabilität zu verleihen. Die jahrzehntelangen Beziehungen zeigen, dass China und die EU keine Rivalen, sondern Partner sind.

    Trotz unserer offensichtlichen Unterschiede haben beide Seiten weitreichende gemeinsame Interessen und können gemeinsam viele große Dinge erreichen. Die Aufrechterhaltung der umfassenden strategischen Partnerschaft nach dem Prinzip des gegenseitigen Nutzens, die Bewältigung von Differenzen durch Dialog und das Bekenntnis zum Multilateralismus dienen sowohl den Interessen Chinas und der EU als auch der gesamten Weltgemeinschaft.

    In dem Moment, als ich aus dem Flugzeug stieg, sah ich die Sonne am Horizont aufgehen. Wie man in China oft sagt: Vertrauen ist wertvoller als Gold. Ich bin bereit, meine Zuversicht in die Tat umzusetzen und gemeinsam mit meinen EU-Kollegen die zwischen Xi und Michel getroffenen Vereinbarungen umzusetzen, um eine stetige und nachhaltige Entwicklung der Beziehungen zwischen China und der EU zu gewährleisten. Die chinesische Vertretung bei der EU und ich freuen uns darauf, auf die EU sowie auf Gesprächspartner aus allen Bereichen mit offenem Herzen und offenen Armen zuzukommen. Wir hoffen, die Kommunikation zu verbessern, die praktische Zusammenarbeit auszubauen und eine Brücke der Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen China und der EU zu schlagen.

    Fu Cong ist seit Mitte des Monats Chinas neuer Botschafter bei der Europäischen Union. Der 57-Jährige ist ein erfahrener Diplomat. Er war zuletzt Generaldirektor der Abteilung für Rüstungskontrolle im chinesischen Außenministerium.

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    Personalien

    Stefan Rom ist seit Anfang Dezember Lead Strategy bei BMW MyLife China mit Sitz in Shanghai. Rom war zuvor Quality Manager bei BMW in China.

    Matthias Welz ist seit Beginn des Monats neuer Regional Manager bei Sinco Mining Machinery Manufacturing. Er war zuvor im Marketing und Sales bei Taibang Heavy Machinery Manufacturing tätig.

    Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

    Dessert

    Tagesausflug: Pinguine aus dem Harbin Polarpark watscheln durch die Ice & Snow World – sogar mit Rucksack. Die Vögel haben in dem Themenpark in der nordostchinesischen Provinz Heilongjiang offenbar einiges zu bestaunen.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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