es gibt zwar keine neuen Erkenntnisse zur Ursache des Flugzeugabsturzes in Guangxi, obwohl am Mittwoch die Black Box gefunden wurde. Aber einige seiner Folgen sind bereits absehbar: Boeing verliert nach einem neuen Debakel mit einer 737 auf dem chinesischen Markt an Rückhalt, analysiert unser Team in Peking. Ob das gut für Airbus ist, bleibt abzuwarten. Schließlich stößt auch China selbst auf den Markt für Flugzeuge vor.
Folgenreich ist auch der Krieg in der Ukraine für die Lieferketten. Heute betrachtet Frank Sieren die Auswirkungen auf die Versorgung mit dem Edelgas Neon. Es ist zwar vor allem für die Verwendung in altmodischen Leuchtstoffröhren bekannt. In Wirklichkeit findet es heute jedoch vor allem bei der Herstellung von Mikrochips Verwendung – und die sind bekanntlich ohnehin knapp. Davon könnte China profitieren, das als zweitgrößter Anbieter nach der Ukraine im US-Geschäft einspringen kann. Diese neue Abhängigkeit hat wiederum erhebliche Auswirkungen auf die Handelspolitik.
Die Supermarktregale für Mehl und Sonnenblumenöl sind zwar ausschließlich wegen der Hamsterkäufe leer. Doch die Verbraucher reagieren damit eben auch auf völlig berechtigte Sorgen um die Ernährungssicherheit. Sie betreffen bloß eher den Globalen Süden als die EU. Die Ukraine und Russland gehören zu den wichtigsten Exporteuren von Getreide. Wenn China nun wegen des Klimawandels schlechte Ernten einfährt, steigert das die Sorgen erheblich, analysiert Nico Beckert. Zwar hat das Land enorme Vorräte. Doch es wird sie voraussichtlich für sich behalten. Schließlich ernährt es fast ein Fünftel der Weltbevölkerung.
Für Boeing hätte es eine großartige Woche in China werden können. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, machte sich eine Boeing 737 Max am vergangenen Montag auf den Weg vom Boeing-Hauptsitz in Seattle in Richtung Volksrepublik. Dort sollte die Maschine laut einer Quelle zuerst am chinesischen Auslieferungswerk von Boeing landen und später an die Fluggesellschaft Shanghai Airlines ausgeliefert werden, eine Tochtergesellschaft von China Eastern. Doch das Flugzeug parkt zur Stunde noch in Hawaii.
China hat an diesem Montag die schlimmste Luftfahrt-Katastrophe seit über zehn Jahren mit wohl 132 Todesopfern erlebt. Jetzt scheint es Analysten unwahrscheinlich, dass für Boeing in China bald wieder bessere Zeiten anbrechen. Zwar handelte es sich bei der Unglücksmaschine von China Eastern um eine 737-800, die anders als die 737 Max bisher eine ausgezeichnete Sicherheitsbilanz aufweisen kann. Dennoch agieren die Behörden nun “extra vorsichtig”, so ein Luftfahrtexperte in Peking.
Die Vorgeschichte der 737 Max ist bekannt: Zwei Maschinen des relativ neuen Flugzeugtyps waren 2018 und 2019 kurz nacheinander in Indonesien und Äthiopien abgestürzt, was Flugverbote in aller Welt zur Folge hatte. Boeing geriet massiv unter Druck, weil ein Softwarefehler verantwortlich gemacht wurde.
Ausgerechnet China, der für Boeing hinter den USA zweitwichtigste Markt, ist heute das letzte Land, in dem die 737 Max noch immer nicht wieder fliegen darf. Der Flug von Seattle schien das bisher deutlichste Zeichen zu sein, dass die 737 Max bald wieder für kommerzielle Flüge zugelassen werden könnte. Somit wäre auch der Weg für über 140 weitere 737 Max frei gewesen, die bei Boeing auf Auslieferung an chinesische Airlines warten.
Doch nach einem Tankstopp in Hawaii ging es für die 737 Max zunächst nicht weiter. Es gebe derzeit keine Eile, die 737 Max einzusetzen. Im Extremfall sei es zurzeit sogar möglich, große Teile der chinesischen 737-800 am Boden zu lassen. Zwar ist sie mit über 1.200 Maschinen das wichtigste Arbeitstier chinesischer Fluggesellschaften. Jedoch fallen wegen der Corona-Pandemie derzeit ohnehin Tausende Flüge pro Tag aus. Bisher lässt nur die Unglücks-Airline China Eastern ihre 737-800-Maschinen am Boden. Es sei aber nicht völlig ausgeschlossen, dass weitere Gesellschaften folgen, so der Experte. Viel hänge davon ab, in welche Richtung sich die Untersuchungen zur Unglücksursache entwickeln.
Der Absturz am Montag komme “zu einem äußerst heiklen Zeitpunkt”, warnt auch JPMorgan-Analyst Seth Seifman in einer Mitteilung. Boeing habe darauf abgezielt die 737 Max-Lieferungen nach einem dreijährigen Stopp endlich wieder aufzunehmen. Die Kommentare der chinesischen Behörden in den kommenden Tagen und Wochen sind nun entscheidend, um die Auswirkungen der Tragödie auf Boeing abschätzen zu können. Selbst, wenn die Behörden nicht gegen Boeing vorgehen, könnten die Angst der Fluggäste ein Thema werden. “Angesichts der Probleme von Boeing mit der 737 Max besteht ein gewisses Risiko, dass Verbraucher überhaupt nicht mehr mit Maschinen von Typ 737 fliegen wollen”, analysiert die US-Investmentbank Cowen.
Auch, wenn Boeings derzeitige Durststrecke in China nun noch länger anhalten dürfte: Langfristig halten die Amerikaner den chinesischen Markt für höchst aussichtsreich. Noch im September prognostizierte Boeing, dass Chinas Fluggesellschaften bis zum Jahr 2040 ganze 8.700 neue Flugzeuge im Wert von 1,47 Billionen Dollar benötigen werden, um die wachsende Nachfrage nach kommerziellen Flugreisen nach der Pandemie decken zu können. Schon bis 2030 werde Chinas inländischer Passagiermarkt laut der Schätzung den innereuropäischen Markt überbieten. Bis 2040 könnte Chinas Inlandsverkehr auch den Flugverkehr innerhalb Nordamerikas übersteigen.
Boeing und Airbus werden künftig zwar nicht mehr als Duopol den chinesischen Markt beherrschen. Schließlich steht mit Comac auch der erste chinesische Flugzeugbauer vor dem Durchbruch. Doch da Comac technologisch hinter den westlichen Konkurrenten zurückliegt, dürften diese auch in absehbarer Zukunft noch einen großen Teil des Marktes in China für sich beanspruchen können. Vorausgesetzt, die politischen Spannungen eskalieren nicht. Jörn Petring/Gregor Koppenburg
Es war kein Zufall, dass die amerikanische Regierung bereits am 11. Februar, also 14 Tage bevor Putin seinen Krieg startete, die eigene Halbleiterindustrie gewarnt hat, sich nach neuen Bezugsquellen für das Gas Neon umzusehen. Die Ukraine liefert etwa die Hälfte des seltenen Edelgases weltweit, das zur Herstellung von Computerchips benutzt wird. Und sogar 90 Prozent der von den USA benutzten Menge. Putins Krieg hat also eine weitere große Schwachstelle des Westens in der Globalisierung sichtbar werden lassen.
Bereits einen Tag nach Kriegsbeginn durfte der deutsche Gaskonzern Linde AG verkünden, dass er 250 Millionen US-Dollar in Texas investieren wird, um eine neue Produktionsanlage für Neon zu bauen. Dort können 40 Millionen Liter pro Jahr zusätzlich hergestellt werden. Nur vier Tage später meldete die chinesische Staatszeitung Global Times, dass auch China seine Produktion ausbaut. Denn auch China hat nur Reserven für drei bis sechs Monate.
Es sollte kommen wie von Washington befürchtet: Einer der beiden führenden Neon-Hersteller der Ukraine, Ingas in Mariupol, der sonst 15.000 bis 20.000 Kubikmeter Neon im Monat produziert, wurde bombardiert. Die Stadt ist ohne Wasser und Strom. Hunderttausende Menschen sind von den Russen eingekesselt.
Das andere Unternehmen, Cryoin in Odessa, hat seine Produktion bereits am 24. Februar, dem Beginn des Krieges, eingestellt. Die Mitarbeiter und das Management sitzen zu Hause in ihren Kellern, weil sie eine Bombardierung des Unternehmens befürchten. Selbst in China haben sich seit dem 24. Februar die Neon-Preise verneunfacht. Und China ist in einer weit besseren Lage als die USA und Europa. Die Volksrepublik ist nach der Ukraine der zweitgrößte Hersteller von Neon, mit einem Weltmarktanteil von 30 Prozent. Der drittgrößte ist ausgerechnet Russland.
Putins Krieg hat also einen großen Schwachpunkt des Westens aufgezeigt. Denn Chips braucht man für fast alles. Selbst für die Amerikaner ergibt es nun Sinn, mehr Neon-Gas in China zu kaufen. Eine Ironie der Globalisierung. “Chinas Weltmarktanteil könnte sich nun auf 50 Prozent erhöhen”, vermutet Chen Zhina, der Geschäftsführer der Changzhou Naxin Special Gases in der Boomprovinz Jiangsu südlich von Shanghai, der bereits zahlreiche internationale Anfragen erhalten hat.
China hat auf den Neon-Schock der Annexion der Krim 2014 am weitreichendsten reagiert, indem es seine Produktion ausgeweitet hat. In Folge der Annexion stiegen die Neon-Preise seinerzeit um 600 Prozent. Die Europäer reagierten ebenfalls: Sie haben ihre Chip-Maschinen so weiterentwickelt, dass sie weniger Neon bei der Produktion brauchen.
Das holländische Unternehmen ASML, einer der führenden Hersteller von Maschinen zur Produktion von Halbleiterelementen, hat dank einer Entwicklung des Tochterunternehmens Cymer inzwischen die Menge des benötigten Neons bei seinen Lithografie-Maschinen um 30 bis 50 Prozent gesenkt. ASML beziffert seine Abhängigkeit von Lieferungen aus der Ukraine aktuell auf rund 20 Prozent.
Nun kommt die US-Handelspolitik beim Blick auf China womöglich vom Regen in die Traufe. Immerhin haben US-Hersteller nach der Annexion der Krim Reserven angelegt, “sodass es nicht unmittelbar zu Versorgungsengpässen kommt”, wie die Semiconductor Industry Association betont. In sechs Monaten sind diese Reserven allerdings aufgebraucht. Niemand weiß derzeit, wie es dann in der Ukraine aussieht.
Damit relativiert sich US-Präsident Joe Bidens Sanktionsstrategie gegenüber Russland, die er auch China aufzwingen möchte. Neon ist nur ein Beispiel für seltene Gase und Minerale, über die die Ukraine und Russland mit der Weltwirtschaft verknüpft sind (China.Table berichtete).
Bereits Ende Februar hatte Biden keinen Zweifel daran gelassen, was sein Ziel ist: “Wir werden Russland die Möglichkeit nehmen, in der Wirtschaft des 21. Jahrhundert wettbewerbsfähig zu sein.” Mitte März legte seine Handelsministerin Gina Raimondo noch einmal nach und drohte auch China: “Es ist in Chinas eigenem Interesse, keine Chips nach Russland zu liefern. Es wäre verheerend für Chinas Fähigkeit, solche Chips zu produzieren.”
Die USA können “im Grunde jedes chinesische Unternehmen schließen”, das die Sanktionen verletzt, so Raimondo. Womöglich ist Washington bald jedoch gezwungen, kleinere Brötchen zu backen. Denn Putin verfügt mit den Neon-Produktionsanlagen und anderen Rohstoffen über ein Faustpfand, das er bei Friedensverhandlungen nutzen kann. Peking ist in dieser Frage hin- und hergerissen: Einerseits will es schnellstmöglich Frieden, andererseits soll Washington spüren, dass Sanktionen nicht funktionieren.
Denn China ist im Handelsstreit mit den USA wiederholt selbst Ziel von Sanktionen geworden. Zum Beispiel ließen Chip-Sanktionen von Präsident Donald Trump die Smartphone-Sparte des damaligen Weltmarktführers Huawei einbrechen. Heute ist das Unternehmen aus Shenzhen nicht einmal mehr unter den Top 5. Derzeit ist Peking gezwungen, sich bei den Spitzenchips an Sanktionen der Amerikaner gegen Russland zu halten. Denn Washington sitzt am längeren Hebel. Das ärgert Peking.
Bisher stellt sich Peking auf den Standpunkt, dass “China die normalen Handelsbeziehungen mit Russland fortführt”, ohne dass sich ein drittes Land darin einzumischen hat. Die Realität sieht anders aus: Will Peking in diesem aufgeheizten Konflikt auf Nummer sicher gehen, kann es nur die einfacheren Chips an Russland liefern, die China bereits ganz allein herstellt. Chips, die in Haushaltsgeräten und Autos verbaut werden, aber nicht solche, die für Smartphones oder gar Militärgerät gebraucht werden. Das sind immerhin noch 75 Prozent der Chips.
Sollte der Konflikt länger andauern, könnte sich das ändern und die Wertigkeit der an Russland gelieferten Halbleiter steigen. Die Zeit jedenfalls spielt für China. Die schlimmste Befürchtung der westlichen Industrie zeichnet sich durch den Ukraine-Konflikt deutlicher ab denn je: Russland und China verfügen gemeinsam über Produktionsanlagen für Edelgase und Seltene Erden, sowie die Technologie, um unabhängig von den USA die weltweit schnellsten Chips herzustellen. In den kommenden fünf Jahren ist das kein unwahrscheinliches Szenario.
Russlands Krieg in der Ukraine gefährdet die Nahrungsmittelversorgung von Millionen Menschen weltweit. Das Land am Schwarzen Meer ist eine Kornkammer. Die Ukraine produziert mehr als elf Prozent des auf den Weltmärkten gehandelten Weizens. Bei Mais sind es sogar 17 Prozent. Die Preise für Getreide sind durch den Krieg durch die Decke gegangen. Für die meisten reichen Länder ergibt sich dadurch kein Versorgungsproblem. Im Westen können die meisten Menschen höhere Preise bezahlen. Hinzu kommt: Auch Deutschland produziert mehr Weizen, als es selbst verbraucht.
Viele Staaten Afrikas sind aber von Getreide-Importen aus der Ukraine und Russland abhängig, steigende Weltmarktpreise gefährden ihre Versorgung. Und das Problem steigender Preise könnte sich bald noch weiter verschärfen. Denn China erwartet eine schlechte Ernte. Ursache sind starke Unwetter im vergangenen Jahr, die auf den Klimawandel zurückgeführt werden.
Gleichzeitig hat China die größten Getreide-Reserven der Welt aufgebaut und könnte damit Druck aus dem Weltmarkt nehmen. Ob es dazu bereit ist, ist allerdings fraglich. Die Sicherstellung der Nahrungsmittelversorgung der eigenen Bevölkerung ist von jeher eine der größten Sorgen der Kommunistischen Partei.
Der Landwirtschaftsminister der Volksrepublik hat kürzlich vor den Folgen des Klimawandels für die Ernten gewarnt. “Wegen der ungewöhnlichen Überschwemmungen im letzten Herbst steht China vor großen Schwierigkeiten bei der Nahrungsmittelproduktion“, sagte Tang Renjian gegenüber Reportern. “Viele Agrarexperten und Techniker sagen uns, dass die Erntebedingungen in diesem Jahr die schlechtesten in der Geschichte sein könnten.” Im Herbst war es in Teilen Chinas zu extremen Niederschlägen und Hochwasser gekommen (China.Table berichtete). Dadurch sei es zu Schäden an den Pflanzen gekommen. Fast 30 Millionen Hektar landwirtschaftlich nutzbares Land wurden zerstört, wie Bloomberg berichtet. Durch die Überschwemmungen verzögerte sich die Aussaat auf mehr als 18 Millionen Hektar Land, gut ein Drittel der gesamten Anbaufläche für Winterweizen in China.
In Zukunft werden die Auswirkungen des Klimawandels noch stärker zu spüren sein. China droht 20 Prozent seiner Ernten zu verlieren, wenn es weltweit nicht gelingt, die CO2-Emissionen zu senken. Das ist das Ergebnis einer kürzlich veröffentlichten Studie der Tsinghua-Universität in Peking und des Thinktanks Chatham House aus London (China.Table berichtete). Die Wissenschaftler warnen vor einer “erheblichen Bedrohung wichtiger Getreideanbaugebiete” in der Volksrepublik, sollten die Temperaturen in den nächsten 80 Jahren um 3,5 Grad ansteigen. Derzeit befindet sich die Weltgemeinschaft auf einem Emissions-Pfad, der einen Temperaturanstieg von 2,7 Grad bis zum Jahr 2100 zur Folge haben würde. Doch die chinesischen Forscher schreiben, dass selbst bei einem Anstieg um lediglich 1,6 Grad bis zum Jahr 2100 acht Prozent der Ernten verloren gingen.
Besonders für die Volksrepublik sind das düstere Aussichten. Denn China verfügt lediglich über zehn Prozent der weltweiten Agrarflächen, muss aber mehr als 20 Prozent der Weltbevölkerung davon ernähren. Und auch auf den Weltmarkt wird Peking in Zukunft nicht stärker vertrauen wollen. “Der Klimawandel, der im Rest der Welt spürbar ist, könnte sich auch auf die Ernährungssicherheit Chinas auswirken”, sagt Even Pay von der Beratungsfirma Trivium China gegenüber Bloomberg.
Die Folgen des Klimawandels auf die Ernten könnten durch sozio-ökonomische Aspekte verschärft werden. Zunehmend unvorhersehbare Ernteerträge könnten dazu führen, dass Landwirte ihren Beruf aufgeben und in die Städte abwandern. Der ohnehin bestehende Arbeitskräftemangel im Agrar-Sektor könnte möglicherweise verschärft werden, sagt Zhang Zhaoxin, ein Wissenschaftler des Landwirtschaftsministeriums gegenüber Bloomberg. Zudem sind die Landwirte bisher kaum auf Extremwetter-Ereignisse vorbereitet. In vielen Regionen, die im letzten Jahr von Starkregen betroffen waren, gab es nicht genügend Infrastruktur wie Rohre und Systeme, um die Felder zu entwässern. Die Landwirte konnten den Mais nicht ernten, weil ihre Maschinen dem Wasser nicht gewachsen waren, so Zhang.
China hat sich in den letzten Jahren für Dürren und schlechte Ernten gerüstet und große Lagerbestände an Getreide angehäuft. Das Land lagert mittlerweile 142 Millionen Tonnen Weizen. Zum Vergleich: In EU-Ländern wurden lediglich zehn Millionen Tonnen eingelagert. Die Lagerbestände der Volksrepublik machen gut die Hälfte der globalen Lager aus. Für jeden Chinesen sind mittlerweile gut 100 Kilogramm Weizen eingelagert. Ende 2005 lag der Wert noch bei 26 Kilogramm. Laut offiziellen Angaben könne die Weizen-Versorgung durch diese Lagerbestände für 18 Monate sichergestellt werden. Doch große Lagerbestände können die mittelfristigen Ernte-Schäden durch einen ungebremsten Klimawandel lediglich ein Stück weit abfedern. Wichtiger wird es sein, den Klimawandel zu bremsen und Anpassungsmaßnahmen zu ergreifen.
Ob China willens ist, Getreide auf dem Weltmarkt zu verkaufen oder an Partnerländer zu liefern, ist eine offene Frage. Durch den Krieg in der Ukraine fallen laut Schätzungen des US-Landwirtschafts-Ministeriums circa vier Millionen Tonnen weg. Ein Teil davon könnte durch gute Ernten in Indien und Australien ausgeglichen werden. China müsste also gar keine großen Mengen seiner Bestände “freigeben”. Doch eine schlechte Ernte und generelle Sorgen, die Nahrungsmittelversorgung der eigenen Bevölkerung sicherzustellen, könnten Peking daran hindern, andere Länder mitzuversorgen. Und selbst wenn China seine Bestände mit anderen Ländern teilt, ist fraglich, ob die Weltmarktpreise sinken werden. Denn auf den Agrarmärkten entscheiden nicht nur Angebot und Nachfrage über den Preis. Auch die Spekulation mit Nahrungsmitteln und Böden treibt die Preise.
China strebt in den nächsten Jahren einen massiven Ausbau seiner Energie-Systeme und ein flexibleres Stromnetz an. Das geht aus einem neuen Fünfjahresplan für den Energiesektor hervor. Im Mittelpunkt des Plans steht die Energiesicherheit. Erneuerbare Energien sollen einen Großteil des Zuwachses bei der Stromerzeugungs-Kapazität ausmachen, wie Bloomberg berichtet. Für Dunkelflauten sollen demnach Kohlekraftwerke als Backup umgerüstet werden und flexibler operieren, um die Stromversorgung sicherzustellen und das Netz zu stabilisieren. Ebenso sollen Pumpspeicher-Kraftwerke ausgebaut werden. Sie dienen als Energiespeicher (China.Table berichtet). Der Ausbau von Fernleitungen soll fortgesetzt werden, um die stromhungrigen Städte im Osten des Landes mit den im Westen gelegenen, idealen Gebieten für erneuerbare Energien zu verbinden.
Die Rohöl-Förderung des Landes soll stabil bei vier Millionen Barrel pro Tag gehalten werden. Die jährliche Erdgasproduktion soll bis 2025 auf 230 Milliarden Kubikmeter ansteigen. Derzeit beträgt sie 205 Milliarden Kubikmeter, wie Reuters berichtet. China werde die Exploration und Erschließung von Ressourcen wie Schieferöl und Schiefergas demnach “aktiv ausweiten”. Der Anteil nicht-fossiler Energieträger am Gesamtenergieverbrauch soll bis zum Jahr 2025 von 16 Prozent (2020) auf 25 Prozent anwachsen. Der Einsatz von Kohle in der Schwerindustrie soll eingedämmt werden.
Der Fünfjahresplan enthält weder Einzelheiten über die Höhe der für 2025 angestrebten CO2-Emissionen noch einen Zeitplan für die Reduktion von CO2-Emissionen. Laut dem Energieexperten Lauri Myllyvirta soll der Plan die “Voraussetzungen für die Erreichung des Spitzenwertes der Treibhausgas-Emissionen und die Senkung der Emissionen schaffen”. Ob der in dem Plan enthaltene Ausbau sauberer Energiequellen ausreicht, um die Klimaziele zu erreichen, hänge laut Myllyvirta “ganz vom Wachstum der Energienachfrage ab, das wiederum vor allem von der Wirtschaftspolitik abhängt”. nib
Die US-Regierung hat am Mittwoch eine Reihe von Zöllen gegen Produkte aus China wieder zurückgenommen. Technisch gesehen geht es um die Wiedereinführung von Zollerleichterungen für 352 Warengattungen, die ursprünglich mit Zöllen belegt worden waren. Diese hatten in handelspolitisch turbulenten Zeiten zwischenzeitlich eine Ausnahme erhalten, die aber ausgelaufen war. Die Regierung Trump hatte eine große Bandbreite von Produkte mit Zöllen belegt, die sein Nachfolger Joe Biden überdenken lässt. Seine Handelsbeauftragte Katherine Tai gab nun bekannt, die ersten Zölle rückwirkend seit Oktober 2021 auszusetzen. Hintergrund könnte der Kampf gegen die Inflation sein. Wenn Waren aus China günstiger werden, sinken die Preise.
Bemerkenswert ist auch eine beginnende Öffnung gegenüber dem Elektronikkonzern ZTE, auch wenn es hier nicht um eine Regierungsentscheidung geht, sondern um eine Gerichtsentscheidung. Dieser war 2017 für Sanktionsverletzungen gegen Iran und Nordkorea mit einer Bewährungszeit betraft worden, während der es keine Hochtechnik aus den USA kaufen durfte. Das Fehlen von Chips und Software hatte ZTE schwer geschadet. Ein Richter in Texas hat nun dem Ende der Bewährungsphase stattgegeben. ZTE hatte die Regelverstöße eingestanden und eine Strafe in Höhe von 1,2 Milliarden Dollar gezahlt. Die harte Strafe gegen ZTE gilt als Modellfall für das, was chinesischen Firmen möglicherweise widerfahren kann, wenn sie demnächst die Russlandsanktionen aktiv unterlaufen (China.Table berichtete). fin
Nach einem wegen des weltweiten Chipmangels und steigenden Rohstoffkosten durchwachsenen Jahr rechnet der chinesische Autobauer Geely aus Hangzhou auch 2022 mit Belastungen bei Umsatz und Ertragskraft. Angesichts des verschärften Wettbewerbs auf dem Heimatmarkt, dem Anstieg der Materialpreise und pandemiebedingter Einschränkungen dürfte der Druck auf Absatz und Rendite nicht nachlassen, teilte Geely Automobile am Mittwoch mit. Als Risikofaktor gilt in der Branche auch der Ukraine-Krieg, dessen Folgen für die Weltkonjunktur noch nicht absehbar sind.
Den Absatz will das Unternehmen, dessen Mutterkonzern Geely Holding an Volvo und an Daimler beteiligt ist, im laufenden Jahr um fast ein Viertel auf 1,65 Millionen Fahrzeuge steigern. Dazu solle auch eine Ausweitung des Exports in neue Märkte in Südostasien, den Nahen Osten und Westeuropa beitragen. Im vergangenen Jahr schrumpfte der Gewinn um zwölf Prozent auf rund 4,85 Milliarden Yuan (rund 690 Millionen Euro). Der Umsatz kletterte um zehn Prozent auf knapp 102 Milliarden Yuan. rtr
Die vom chinesischen Unternehmen Bytedance betriebene Social-Media-Plattform Tiktok zeigt in Deutschland Kommentare und Posts nicht an, die bestimmte Begriffe enthalten. Das berichtet die Tagesschau, und bezieht sich dabei auf einen selbst durchgeführten Test. Demnach testeten Journalisten 100 Wörter oder Wortkombinationen von unterschiedlichen Accounts aus. Das Ergebnis: 19 Wörter wurden bei mindestens drei Versuchen nicht veröffentlicht. Nachdem NDR, WDR und Tagesschau Tiktok mit der Zensur konfrontierten, wurden einige der Wörter freigegeben.
Zu den geblockten Begriffen gehörten unter anderem der Name der chinesischen Tennisspielerin Peng Shuai, sowie Begriffe aus der LGBTQI-Community, wie “homo”, “gay” oder “queer”. Außerdem waren Worte aus dem Kontext des Nationalsozialismus blockiert.
Die Verwendung von Wortfiltern bei Tiktok ist seit Jahren bekannt und umstritten. Einer der jüngsten Fälle ist die aktuelle Zensur von Inhalten in Russland. Dort sind aktuell alle nicht-russischen Inhalte blockiert. Der Sender Euronews berichtet zudem, dass viele Videos mit Falschinformationen über den Krieg in der Ukraine kursierten. Zu den Vorwürfen aus Deutschland will Tiktok laut einer Sprecherin eine “gründliche Überprüfung” starten und sicherstellen, “dass wir Hass und Verstöße erkennen, aber Gegenrede und neutrale Kommentare erlauben.” jul
Enes Kanter Freedom hält der besten Basketballprofiliga der Welt den Spiegel vor. Als sein ehemaliger Arbeitgeber, die glorreichen Boston Celtics, kürzlich zu einem Ligaspiel der nordamerikanischen NBA mit einer kleinen Solidaritätsflagge in den Nationalfarben der Ukraine auf dem Trikot auflief, meldete sich der gebürtige Türke via Twitter. “Was ist mit Syrien, Afghanistan, den Uiguren, Hongkong, Tibet, Taiwan? Warum ist es in Ordnung, dort Menschenrechtsverletzungen zu kritisieren, in anderen Ländern aber nicht? Gibt es nicht genug Profit aus Russland?”
Es war das Ausrufezeichen hinter einem Konflikt zwischen den geschäftlichen Interessen eines Milliardenimperiums einerseits und dem Mut und der Konsequenz eines Einzelnen andererseits. Kanter Freedom bezieht seit Jahren vehement Stellung gegen das Unrecht in der Welt. Er hat seine öffentliche Rolle als Topathlet mehrfach dazu genutzt, um Menschenrechtsverletzungen in der Türkei, in Tibet, in Xinjiang oder in Hongkong anzuprangern. Doch sein Engagement kostete den 29-Jährigen schließlich seine sportliche Laufbahn.
In den letzten Monaten war er bei NBA-Spielen immer wieder mit Basketballschuhen angetreten, auf denen politische Botschaften formuliert waren. “Free Tibet”, “Free Uyghurs” oder “No Beijing 2022” war da zu lesen. Über Twitter bezeichnete er Chinas Staatspräsidenten Xi Jinping als “brutalen Diktator”. Dem US-Sportartikelhersteller Nike warf er Heuchelei vor, weil der von der Zwangsarbeit uigurischer Häftlinge profitieren würde.
Kanter Freedom ließ es auf die Konfrontation mit der Liga ankommen, die ihm mit Rauswurf drohte, sollte er weiterhin die Freiheit Tibets über sein Schuhwerk fordern. Das chinesische Staatsfernsehen hatte bereits alle Liveübertragungen von Spielen der Celtics ausgesetzt und damit ein Warnsignal an die Liga gesendet. Kanter Freedom aber lieferte immer wieder neue Slogans, die sich gegen Zwangsarbeit oder Folter in Xinjiang richteten.
Vor wenigen Monaten zogen die Boston Celtics Konsequenzen und tauschten Kanter in der Wechselfrist aus, kein anderer Verein nahm ihn im Anschluss unter Vertrag. Für Kanters Ausbootung werden seitens des Clubs sportliche Gründe vorgeschoben. Doch es gilt als offenes Geheimnis, dass es ausschließlich darum ging, möglichen Schaden von der NBA abzuwenden.
China ist der wichtigste Auslandsmarkt der Liga. Fast jeden Vormittag laufen dort Live-Übertragungen im Fernsehen. Die Euphorie hatte in den 2000er-Jahren der chinesische Basketball-Superstar Yao Ming entfacht. Eine Begeisterung, die in Deutschland allenfalls Ikonen wie Boris Becker oder Michael Schumacher provozierten.
Die NBA zahlt an ihre größten Stars Jahresgehälter von mehr als 40 Millionen US-Dollar. Selbst vergleichsweise durchschnittliche Spieler unterzeichnen Verträge, die ihnen fünf oder zehn Millionen Dollar pro Saison einbringen. Ein großer Teil dieser Ausgaben gelangt durch die Vermarktung von TV-Rechten und Merchandise in China zurück in die Kassen der Vereine.
Die tiefen politischen Folgen für die NBA offenbarten sich spätestens, als ein Clubmanager 2019 öffentlich die Massenproteste in Hongkong unterstützte. Auch damals setzte das chinesische Staatsfernsehen die Übertragung von Ligaspielen aus. Der Superstar der Liga, LeBron James, der in den USA sonst als laute Stimme gegen Rassismus und soziale Ungleichheit wahrgenommen wird, distanzierte sich damals von der Solidarität mit der Hongkonger Demokratie-Bewegung.
Zu Beginn dieses Jahres sorgte die Aussage eines der Mitbesitzer der Golden State Warriors für neuen Zündstoff in der Diskussion um die Abhängigkeit der NBA von China. In einem Podcast hatte der Milliardär Chamath Palihapitiya auf die provokative Frage eines Co-Gastgebers geantwortet: “Niemand interessiert sich für die Uiguren.” Er sagte, ihn bekümmerten die Inflation, der Klimawandel oder das US-Gesundheitswesen, aber nicht, dass China ein Genozid an den Uiguren vorgeworfen werde.
Die Aussage geriet in den USA so scharf in die Kritik, dass Palihapitiya sich genötigt sah, sich zu rechtfertigen. Er habe sich missverständlich ausgedrückt. Sogar sein Club distanzierte sich von der Schärfe, die ihr Gesellschafter vermittelte, um nicht als herzloses Rädchen in der Sportmaschinerie dazustehen.
Natürlich aber riefen die Aussagen des Milliardärs abermals auch Enes Kanter Freedom auf den Plan. Längst hatte sich der 29-Jährige als Advokat für die Freiheit einen Namen gemacht. Schon 2017 hatte er gegen die politische Säuberung in der Türkei unter Präsident Erdoğan gewettert. Die Türkei entzog ihm damals die Staatsbürgerschaft, und Kanter Freedom erhielt etliche Morddrohungen. Die NBA aber ließ ihn gewähren. 2020 machten ihn die US-Behörden sogar zum amerikanischen Staatsbürger. Im Zuge der Einbürgerung ergänzte Kanter seinen offiziellen Namen um den Zusatz Freedom.
Jetzt steht Enes Kanter Freedom ohne NBA-Verein da und die Aussicht auf eine Rückkehr auf die größte Basketball-Bühne der Welt tendiert gegen Null. Professionellen Sport wird er demnächst dennoch spielen können – wahrscheinlich in Griechenland. Die NBA hat damit ihre Ruhe vor dem Störenfried, dessen Engagement möglicherweise noch eine viel größere Auszeichnung nach sich zieht als ein Meisterschaftsring in der NBA.
Ein norwegischer Parlamentarier hat Kanter Freedom kürzlich für den Nobelpreis vorgeschlagen, der gegen Ende des Jahres in Oslo vergeben wird. Begleitet wurde die Nominierung von einem Brief von 30 Nobelpreisträgern an die Boston Celtics, sie mögen ihren Spieler unterstützen, “um auf der richtigen Seite der Geschichte” zu stehen. Kanter Freedom selbst zeigte sich gerührt. “Manchmal ist es wichtiger, Position zu beziehen als den nächsten Gehaltscheck”, schrieb er auf Twitter. Marcel Grzanna
Jin Keyu, Ökonomin an der London School of Economics, erhält einen Posten im Verwaltungsrat der Großbank Credit Suisse. Die Berufung der 39-Jährigen soll die Erweiterung der Kundenbasis in China erleichtern. Sie sitzt zudem im Verwaltungsrat von Richemont, einem Luxusgüterkonzern mit Sitz in Genf. Jin stammt aus Peking, hat jedoch in den USA studiert und Karrierestationen bei Goldman Sachs und JPMorgan eingelegt. Sie ist für ihre Kolumnen in der Financial Times und der South China Morning Post bekannt. Jin hält der KP Chinas tendenziell die Stange.
Unterricht aus dem Weltall: Die drei Taikonauten Zhai Zhigang, Wang Yaping und Ye Guangfu führen wissenschaftliche Experimente in der Schwerelosigkeit durch und stellen Kindern per Livestream die chinesische Raumstation vor. Sechs Monate ist die Besatzung der Shenzhou-13 unterwegs, zum zweiten Mal wurden die Raumfahrer nun live in ein Klassenzimmer im China Science and Technology Museum geschaltet. Ob das gegen Heimweh hilft?
es gibt zwar keine neuen Erkenntnisse zur Ursache des Flugzeugabsturzes in Guangxi, obwohl am Mittwoch die Black Box gefunden wurde. Aber einige seiner Folgen sind bereits absehbar: Boeing verliert nach einem neuen Debakel mit einer 737 auf dem chinesischen Markt an Rückhalt, analysiert unser Team in Peking. Ob das gut für Airbus ist, bleibt abzuwarten. Schließlich stößt auch China selbst auf den Markt für Flugzeuge vor.
Folgenreich ist auch der Krieg in der Ukraine für die Lieferketten. Heute betrachtet Frank Sieren die Auswirkungen auf die Versorgung mit dem Edelgas Neon. Es ist zwar vor allem für die Verwendung in altmodischen Leuchtstoffröhren bekannt. In Wirklichkeit findet es heute jedoch vor allem bei der Herstellung von Mikrochips Verwendung – und die sind bekanntlich ohnehin knapp. Davon könnte China profitieren, das als zweitgrößter Anbieter nach der Ukraine im US-Geschäft einspringen kann. Diese neue Abhängigkeit hat wiederum erhebliche Auswirkungen auf die Handelspolitik.
Die Supermarktregale für Mehl und Sonnenblumenöl sind zwar ausschließlich wegen der Hamsterkäufe leer. Doch die Verbraucher reagieren damit eben auch auf völlig berechtigte Sorgen um die Ernährungssicherheit. Sie betreffen bloß eher den Globalen Süden als die EU. Die Ukraine und Russland gehören zu den wichtigsten Exporteuren von Getreide. Wenn China nun wegen des Klimawandels schlechte Ernten einfährt, steigert das die Sorgen erheblich, analysiert Nico Beckert. Zwar hat das Land enorme Vorräte. Doch es wird sie voraussichtlich für sich behalten. Schließlich ernährt es fast ein Fünftel der Weltbevölkerung.
Für Boeing hätte es eine großartige Woche in China werden können. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, machte sich eine Boeing 737 Max am vergangenen Montag auf den Weg vom Boeing-Hauptsitz in Seattle in Richtung Volksrepublik. Dort sollte die Maschine laut einer Quelle zuerst am chinesischen Auslieferungswerk von Boeing landen und später an die Fluggesellschaft Shanghai Airlines ausgeliefert werden, eine Tochtergesellschaft von China Eastern. Doch das Flugzeug parkt zur Stunde noch in Hawaii.
China hat an diesem Montag die schlimmste Luftfahrt-Katastrophe seit über zehn Jahren mit wohl 132 Todesopfern erlebt. Jetzt scheint es Analysten unwahrscheinlich, dass für Boeing in China bald wieder bessere Zeiten anbrechen. Zwar handelte es sich bei der Unglücksmaschine von China Eastern um eine 737-800, die anders als die 737 Max bisher eine ausgezeichnete Sicherheitsbilanz aufweisen kann. Dennoch agieren die Behörden nun “extra vorsichtig”, so ein Luftfahrtexperte in Peking.
Die Vorgeschichte der 737 Max ist bekannt: Zwei Maschinen des relativ neuen Flugzeugtyps waren 2018 und 2019 kurz nacheinander in Indonesien und Äthiopien abgestürzt, was Flugverbote in aller Welt zur Folge hatte. Boeing geriet massiv unter Druck, weil ein Softwarefehler verantwortlich gemacht wurde.
Ausgerechnet China, der für Boeing hinter den USA zweitwichtigste Markt, ist heute das letzte Land, in dem die 737 Max noch immer nicht wieder fliegen darf. Der Flug von Seattle schien das bisher deutlichste Zeichen zu sein, dass die 737 Max bald wieder für kommerzielle Flüge zugelassen werden könnte. Somit wäre auch der Weg für über 140 weitere 737 Max frei gewesen, die bei Boeing auf Auslieferung an chinesische Airlines warten.
Doch nach einem Tankstopp in Hawaii ging es für die 737 Max zunächst nicht weiter. Es gebe derzeit keine Eile, die 737 Max einzusetzen. Im Extremfall sei es zurzeit sogar möglich, große Teile der chinesischen 737-800 am Boden zu lassen. Zwar ist sie mit über 1.200 Maschinen das wichtigste Arbeitstier chinesischer Fluggesellschaften. Jedoch fallen wegen der Corona-Pandemie derzeit ohnehin Tausende Flüge pro Tag aus. Bisher lässt nur die Unglücks-Airline China Eastern ihre 737-800-Maschinen am Boden. Es sei aber nicht völlig ausgeschlossen, dass weitere Gesellschaften folgen, so der Experte. Viel hänge davon ab, in welche Richtung sich die Untersuchungen zur Unglücksursache entwickeln.
Der Absturz am Montag komme “zu einem äußerst heiklen Zeitpunkt”, warnt auch JPMorgan-Analyst Seth Seifman in einer Mitteilung. Boeing habe darauf abgezielt die 737 Max-Lieferungen nach einem dreijährigen Stopp endlich wieder aufzunehmen. Die Kommentare der chinesischen Behörden in den kommenden Tagen und Wochen sind nun entscheidend, um die Auswirkungen der Tragödie auf Boeing abschätzen zu können. Selbst, wenn die Behörden nicht gegen Boeing vorgehen, könnten die Angst der Fluggäste ein Thema werden. “Angesichts der Probleme von Boeing mit der 737 Max besteht ein gewisses Risiko, dass Verbraucher überhaupt nicht mehr mit Maschinen von Typ 737 fliegen wollen”, analysiert die US-Investmentbank Cowen.
Auch, wenn Boeings derzeitige Durststrecke in China nun noch länger anhalten dürfte: Langfristig halten die Amerikaner den chinesischen Markt für höchst aussichtsreich. Noch im September prognostizierte Boeing, dass Chinas Fluggesellschaften bis zum Jahr 2040 ganze 8.700 neue Flugzeuge im Wert von 1,47 Billionen Dollar benötigen werden, um die wachsende Nachfrage nach kommerziellen Flugreisen nach der Pandemie decken zu können. Schon bis 2030 werde Chinas inländischer Passagiermarkt laut der Schätzung den innereuropäischen Markt überbieten. Bis 2040 könnte Chinas Inlandsverkehr auch den Flugverkehr innerhalb Nordamerikas übersteigen.
Boeing und Airbus werden künftig zwar nicht mehr als Duopol den chinesischen Markt beherrschen. Schließlich steht mit Comac auch der erste chinesische Flugzeugbauer vor dem Durchbruch. Doch da Comac technologisch hinter den westlichen Konkurrenten zurückliegt, dürften diese auch in absehbarer Zukunft noch einen großen Teil des Marktes in China für sich beanspruchen können. Vorausgesetzt, die politischen Spannungen eskalieren nicht. Jörn Petring/Gregor Koppenburg
Es war kein Zufall, dass die amerikanische Regierung bereits am 11. Februar, also 14 Tage bevor Putin seinen Krieg startete, die eigene Halbleiterindustrie gewarnt hat, sich nach neuen Bezugsquellen für das Gas Neon umzusehen. Die Ukraine liefert etwa die Hälfte des seltenen Edelgases weltweit, das zur Herstellung von Computerchips benutzt wird. Und sogar 90 Prozent der von den USA benutzten Menge. Putins Krieg hat also eine weitere große Schwachstelle des Westens in der Globalisierung sichtbar werden lassen.
Bereits einen Tag nach Kriegsbeginn durfte der deutsche Gaskonzern Linde AG verkünden, dass er 250 Millionen US-Dollar in Texas investieren wird, um eine neue Produktionsanlage für Neon zu bauen. Dort können 40 Millionen Liter pro Jahr zusätzlich hergestellt werden. Nur vier Tage später meldete die chinesische Staatszeitung Global Times, dass auch China seine Produktion ausbaut. Denn auch China hat nur Reserven für drei bis sechs Monate.
Es sollte kommen wie von Washington befürchtet: Einer der beiden führenden Neon-Hersteller der Ukraine, Ingas in Mariupol, der sonst 15.000 bis 20.000 Kubikmeter Neon im Monat produziert, wurde bombardiert. Die Stadt ist ohne Wasser und Strom. Hunderttausende Menschen sind von den Russen eingekesselt.
Das andere Unternehmen, Cryoin in Odessa, hat seine Produktion bereits am 24. Februar, dem Beginn des Krieges, eingestellt. Die Mitarbeiter und das Management sitzen zu Hause in ihren Kellern, weil sie eine Bombardierung des Unternehmens befürchten. Selbst in China haben sich seit dem 24. Februar die Neon-Preise verneunfacht. Und China ist in einer weit besseren Lage als die USA und Europa. Die Volksrepublik ist nach der Ukraine der zweitgrößte Hersteller von Neon, mit einem Weltmarktanteil von 30 Prozent. Der drittgrößte ist ausgerechnet Russland.
Putins Krieg hat also einen großen Schwachpunkt des Westens aufgezeigt. Denn Chips braucht man für fast alles. Selbst für die Amerikaner ergibt es nun Sinn, mehr Neon-Gas in China zu kaufen. Eine Ironie der Globalisierung. “Chinas Weltmarktanteil könnte sich nun auf 50 Prozent erhöhen”, vermutet Chen Zhina, der Geschäftsführer der Changzhou Naxin Special Gases in der Boomprovinz Jiangsu südlich von Shanghai, der bereits zahlreiche internationale Anfragen erhalten hat.
China hat auf den Neon-Schock der Annexion der Krim 2014 am weitreichendsten reagiert, indem es seine Produktion ausgeweitet hat. In Folge der Annexion stiegen die Neon-Preise seinerzeit um 600 Prozent. Die Europäer reagierten ebenfalls: Sie haben ihre Chip-Maschinen so weiterentwickelt, dass sie weniger Neon bei der Produktion brauchen.
Das holländische Unternehmen ASML, einer der führenden Hersteller von Maschinen zur Produktion von Halbleiterelementen, hat dank einer Entwicklung des Tochterunternehmens Cymer inzwischen die Menge des benötigten Neons bei seinen Lithografie-Maschinen um 30 bis 50 Prozent gesenkt. ASML beziffert seine Abhängigkeit von Lieferungen aus der Ukraine aktuell auf rund 20 Prozent.
Nun kommt die US-Handelspolitik beim Blick auf China womöglich vom Regen in die Traufe. Immerhin haben US-Hersteller nach der Annexion der Krim Reserven angelegt, “sodass es nicht unmittelbar zu Versorgungsengpässen kommt”, wie die Semiconductor Industry Association betont. In sechs Monaten sind diese Reserven allerdings aufgebraucht. Niemand weiß derzeit, wie es dann in der Ukraine aussieht.
Damit relativiert sich US-Präsident Joe Bidens Sanktionsstrategie gegenüber Russland, die er auch China aufzwingen möchte. Neon ist nur ein Beispiel für seltene Gase und Minerale, über die die Ukraine und Russland mit der Weltwirtschaft verknüpft sind (China.Table berichtete).
Bereits Ende Februar hatte Biden keinen Zweifel daran gelassen, was sein Ziel ist: “Wir werden Russland die Möglichkeit nehmen, in der Wirtschaft des 21. Jahrhundert wettbewerbsfähig zu sein.” Mitte März legte seine Handelsministerin Gina Raimondo noch einmal nach und drohte auch China: “Es ist in Chinas eigenem Interesse, keine Chips nach Russland zu liefern. Es wäre verheerend für Chinas Fähigkeit, solche Chips zu produzieren.”
Die USA können “im Grunde jedes chinesische Unternehmen schließen”, das die Sanktionen verletzt, so Raimondo. Womöglich ist Washington bald jedoch gezwungen, kleinere Brötchen zu backen. Denn Putin verfügt mit den Neon-Produktionsanlagen und anderen Rohstoffen über ein Faustpfand, das er bei Friedensverhandlungen nutzen kann. Peking ist in dieser Frage hin- und hergerissen: Einerseits will es schnellstmöglich Frieden, andererseits soll Washington spüren, dass Sanktionen nicht funktionieren.
Denn China ist im Handelsstreit mit den USA wiederholt selbst Ziel von Sanktionen geworden. Zum Beispiel ließen Chip-Sanktionen von Präsident Donald Trump die Smartphone-Sparte des damaligen Weltmarktführers Huawei einbrechen. Heute ist das Unternehmen aus Shenzhen nicht einmal mehr unter den Top 5. Derzeit ist Peking gezwungen, sich bei den Spitzenchips an Sanktionen der Amerikaner gegen Russland zu halten. Denn Washington sitzt am längeren Hebel. Das ärgert Peking.
Bisher stellt sich Peking auf den Standpunkt, dass “China die normalen Handelsbeziehungen mit Russland fortführt”, ohne dass sich ein drittes Land darin einzumischen hat. Die Realität sieht anders aus: Will Peking in diesem aufgeheizten Konflikt auf Nummer sicher gehen, kann es nur die einfacheren Chips an Russland liefern, die China bereits ganz allein herstellt. Chips, die in Haushaltsgeräten und Autos verbaut werden, aber nicht solche, die für Smartphones oder gar Militärgerät gebraucht werden. Das sind immerhin noch 75 Prozent der Chips.
Sollte der Konflikt länger andauern, könnte sich das ändern und die Wertigkeit der an Russland gelieferten Halbleiter steigen. Die Zeit jedenfalls spielt für China. Die schlimmste Befürchtung der westlichen Industrie zeichnet sich durch den Ukraine-Konflikt deutlicher ab denn je: Russland und China verfügen gemeinsam über Produktionsanlagen für Edelgase und Seltene Erden, sowie die Technologie, um unabhängig von den USA die weltweit schnellsten Chips herzustellen. In den kommenden fünf Jahren ist das kein unwahrscheinliches Szenario.
Russlands Krieg in der Ukraine gefährdet die Nahrungsmittelversorgung von Millionen Menschen weltweit. Das Land am Schwarzen Meer ist eine Kornkammer. Die Ukraine produziert mehr als elf Prozent des auf den Weltmärkten gehandelten Weizens. Bei Mais sind es sogar 17 Prozent. Die Preise für Getreide sind durch den Krieg durch die Decke gegangen. Für die meisten reichen Länder ergibt sich dadurch kein Versorgungsproblem. Im Westen können die meisten Menschen höhere Preise bezahlen. Hinzu kommt: Auch Deutschland produziert mehr Weizen, als es selbst verbraucht.
Viele Staaten Afrikas sind aber von Getreide-Importen aus der Ukraine und Russland abhängig, steigende Weltmarktpreise gefährden ihre Versorgung. Und das Problem steigender Preise könnte sich bald noch weiter verschärfen. Denn China erwartet eine schlechte Ernte. Ursache sind starke Unwetter im vergangenen Jahr, die auf den Klimawandel zurückgeführt werden.
Gleichzeitig hat China die größten Getreide-Reserven der Welt aufgebaut und könnte damit Druck aus dem Weltmarkt nehmen. Ob es dazu bereit ist, ist allerdings fraglich. Die Sicherstellung der Nahrungsmittelversorgung der eigenen Bevölkerung ist von jeher eine der größten Sorgen der Kommunistischen Partei.
Der Landwirtschaftsminister der Volksrepublik hat kürzlich vor den Folgen des Klimawandels für die Ernten gewarnt. “Wegen der ungewöhnlichen Überschwemmungen im letzten Herbst steht China vor großen Schwierigkeiten bei der Nahrungsmittelproduktion“, sagte Tang Renjian gegenüber Reportern. “Viele Agrarexperten und Techniker sagen uns, dass die Erntebedingungen in diesem Jahr die schlechtesten in der Geschichte sein könnten.” Im Herbst war es in Teilen Chinas zu extremen Niederschlägen und Hochwasser gekommen (China.Table berichtete). Dadurch sei es zu Schäden an den Pflanzen gekommen. Fast 30 Millionen Hektar landwirtschaftlich nutzbares Land wurden zerstört, wie Bloomberg berichtet. Durch die Überschwemmungen verzögerte sich die Aussaat auf mehr als 18 Millionen Hektar Land, gut ein Drittel der gesamten Anbaufläche für Winterweizen in China.
In Zukunft werden die Auswirkungen des Klimawandels noch stärker zu spüren sein. China droht 20 Prozent seiner Ernten zu verlieren, wenn es weltweit nicht gelingt, die CO2-Emissionen zu senken. Das ist das Ergebnis einer kürzlich veröffentlichten Studie der Tsinghua-Universität in Peking und des Thinktanks Chatham House aus London (China.Table berichtete). Die Wissenschaftler warnen vor einer “erheblichen Bedrohung wichtiger Getreideanbaugebiete” in der Volksrepublik, sollten die Temperaturen in den nächsten 80 Jahren um 3,5 Grad ansteigen. Derzeit befindet sich die Weltgemeinschaft auf einem Emissions-Pfad, der einen Temperaturanstieg von 2,7 Grad bis zum Jahr 2100 zur Folge haben würde. Doch die chinesischen Forscher schreiben, dass selbst bei einem Anstieg um lediglich 1,6 Grad bis zum Jahr 2100 acht Prozent der Ernten verloren gingen.
Besonders für die Volksrepublik sind das düstere Aussichten. Denn China verfügt lediglich über zehn Prozent der weltweiten Agrarflächen, muss aber mehr als 20 Prozent der Weltbevölkerung davon ernähren. Und auch auf den Weltmarkt wird Peking in Zukunft nicht stärker vertrauen wollen. “Der Klimawandel, der im Rest der Welt spürbar ist, könnte sich auch auf die Ernährungssicherheit Chinas auswirken”, sagt Even Pay von der Beratungsfirma Trivium China gegenüber Bloomberg.
Die Folgen des Klimawandels auf die Ernten könnten durch sozio-ökonomische Aspekte verschärft werden. Zunehmend unvorhersehbare Ernteerträge könnten dazu führen, dass Landwirte ihren Beruf aufgeben und in die Städte abwandern. Der ohnehin bestehende Arbeitskräftemangel im Agrar-Sektor könnte möglicherweise verschärft werden, sagt Zhang Zhaoxin, ein Wissenschaftler des Landwirtschaftsministeriums gegenüber Bloomberg. Zudem sind die Landwirte bisher kaum auf Extremwetter-Ereignisse vorbereitet. In vielen Regionen, die im letzten Jahr von Starkregen betroffen waren, gab es nicht genügend Infrastruktur wie Rohre und Systeme, um die Felder zu entwässern. Die Landwirte konnten den Mais nicht ernten, weil ihre Maschinen dem Wasser nicht gewachsen waren, so Zhang.
China hat sich in den letzten Jahren für Dürren und schlechte Ernten gerüstet und große Lagerbestände an Getreide angehäuft. Das Land lagert mittlerweile 142 Millionen Tonnen Weizen. Zum Vergleich: In EU-Ländern wurden lediglich zehn Millionen Tonnen eingelagert. Die Lagerbestände der Volksrepublik machen gut die Hälfte der globalen Lager aus. Für jeden Chinesen sind mittlerweile gut 100 Kilogramm Weizen eingelagert. Ende 2005 lag der Wert noch bei 26 Kilogramm. Laut offiziellen Angaben könne die Weizen-Versorgung durch diese Lagerbestände für 18 Monate sichergestellt werden. Doch große Lagerbestände können die mittelfristigen Ernte-Schäden durch einen ungebremsten Klimawandel lediglich ein Stück weit abfedern. Wichtiger wird es sein, den Klimawandel zu bremsen und Anpassungsmaßnahmen zu ergreifen.
Ob China willens ist, Getreide auf dem Weltmarkt zu verkaufen oder an Partnerländer zu liefern, ist eine offene Frage. Durch den Krieg in der Ukraine fallen laut Schätzungen des US-Landwirtschafts-Ministeriums circa vier Millionen Tonnen weg. Ein Teil davon könnte durch gute Ernten in Indien und Australien ausgeglichen werden. China müsste also gar keine großen Mengen seiner Bestände “freigeben”. Doch eine schlechte Ernte und generelle Sorgen, die Nahrungsmittelversorgung der eigenen Bevölkerung sicherzustellen, könnten Peking daran hindern, andere Länder mitzuversorgen. Und selbst wenn China seine Bestände mit anderen Ländern teilt, ist fraglich, ob die Weltmarktpreise sinken werden. Denn auf den Agrarmärkten entscheiden nicht nur Angebot und Nachfrage über den Preis. Auch die Spekulation mit Nahrungsmitteln und Böden treibt die Preise.
China strebt in den nächsten Jahren einen massiven Ausbau seiner Energie-Systeme und ein flexibleres Stromnetz an. Das geht aus einem neuen Fünfjahresplan für den Energiesektor hervor. Im Mittelpunkt des Plans steht die Energiesicherheit. Erneuerbare Energien sollen einen Großteil des Zuwachses bei der Stromerzeugungs-Kapazität ausmachen, wie Bloomberg berichtet. Für Dunkelflauten sollen demnach Kohlekraftwerke als Backup umgerüstet werden und flexibler operieren, um die Stromversorgung sicherzustellen und das Netz zu stabilisieren. Ebenso sollen Pumpspeicher-Kraftwerke ausgebaut werden. Sie dienen als Energiespeicher (China.Table berichtet). Der Ausbau von Fernleitungen soll fortgesetzt werden, um die stromhungrigen Städte im Osten des Landes mit den im Westen gelegenen, idealen Gebieten für erneuerbare Energien zu verbinden.
Die Rohöl-Förderung des Landes soll stabil bei vier Millionen Barrel pro Tag gehalten werden. Die jährliche Erdgasproduktion soll bis 2025 auf 230 Milliarden Kubikmeter ansteigen. Derzeit beträgt sie 205 Milliarden Kubikmeter, wie Reuters berichtet. China werde die Exploration und Erschließung von Ressourcen wie Schieferöl und Schiefergas demnach “aktiv ausweiten”. Der Anteil nicht-fossiler Energieträger am Gesamtenergieverbrauch soll bis zum Jahr 2025 von 16 Prozent (2020) auf 25 Prozent anwachsen. Der Einsatz von Kohle in der Schwerindustrie soll eingedämmt werden.
Der Fünfjahresplan enthält weder Einzelheiten über die Höhe der für 2025 angestrebten CO2-Emissionen noch einen Zeitplan für die Reduktion von CO2-Emissionen. Laut dem Energieexperten Lauri Myllyvirta soll der Plan die “Voraussetzungen für die Erreichung des Spitzenwertes der Treibhausgas-Emissionen und die Senkung der Emissionen schaffen”. Ob der in dem Plan enthaltene Ausbau sauberer Energiequellen ausreicht, um die Klimaziele zu erreichen, hänge laut Myllyvirta “ganz vom Wachstum der Energienachfrage ab, das wiederum vor allem von der Wirtschaftspolitik abhängt”. nib
Die US-Regierung hat am Mittwoch eine Reihe von Zöllen gegen Produkte aus China wieder zurückgenommen. Technisch gesehen geht es um die Wiedereinführung von Zollerleichterungen für 352 Warengattungen, die ursprünglich mit Zöllen belegt worden waren. Diese hatten in handelspolitisch turbulenten Zeiten zwischenzeitlich eine Ausnahme erhalten, die aber ausgelaufen war. Die Regierung Trump hatte eine große Bandbreite von Produkte mit Zöllen belegt, die sein Nachfolger Joe Biden überdenken lässt. Seine Handelsbeauftragte Katherine Tai gab nun bekannt, die ersten Zölle rückwirkend seit Oktober 2021 auszusetzen. Hintergrund könnte der Kampf gegen die Inflation sein. Wenn Waren aus China günstiger werden, sinken die Preise.
Bemerkenswert ist auch eine beginnende Öffnung gegenüber dem Elektronikkonzern ZTE, auch wenn es hier nicht um eine Regierungsentscheidung geht, sondern um eine Gerichtsentscheidung. Dieser war 2017 für Sanktionsverletzungen gegen Iran und Nordkorea mit einer Bewährungszeit betraft worden, während der es keine Hochtechnik aus den USA kaufen durfte. Das Fehlen von Chips und Software hatte ZTE schwer geschadet. Ein Richter in Texas hat nun dem Ende der Bewährungsphase stattgegeben. ZTE hatte die Regelverstöße eingestanden und eine Strafe in Höhe von 1,2 Milliarden Dollar gezahlt. Die harte Strafe gegen ZTE gilt als Modellfall für das, was chinesischen Firmen möglicherweise widerfahren kann, wenn sie demnächst die Russlandsanktionen aktiv unterlaufen (China.Table berichtete). fin
Nach einem wegen des weltweiten Chipmangels und steigenden Rohstoffkosten durchwachsenen Jahr rechnet der chinesische Autobauer Geely aus Hangzhou auch 2022 mit Belastungen bei Umsatz und Ertragskraft. Angesichts des verschärften Wettbewerbs auf dem Heimatmarkt, dem Anstieg der Materialpreise und pandemiebedingter Einschränkungen dürfte der Druck auf Absatz und Rendite nicht nachlassen, teilte Geely Automobile am Mittwoch mit. Als Risikofaktor gilt in der Branche auch der Ukraine-Krieg, dessen Folgen für die Weltkonjunktur noch nicht absehbar sind.
Den Absatz will das Unternehmen, dessen Mutterkonzern Geely Holding an Volvo und an Daimler beteiligt ist, im laufenden Jahr um fast ein Viertel auf 1,65 Millionen Fahrzeuge steigern. Dazu solle auch eine Ausweitung des Exports in neue Märkte in Südostasien, den Nahen Osten und Westeuropa beitragen. Im vergangenen Jahr schrumpfte der Gewinn um zwölf Prozent auf rund 4,85 Milliarden Yuan (rund 690 Millionen Euro). Der Umsatz kletterte um zehn Prozent auf knapp 102 Milliarden Yuan. rtr
Die vom chinesischen Unternehmen Bytedance betriebene Social-Media-Plattform Tiktok zeigt in Deutschland Kommentare und Posts nicht an, die bestimmte Begriffe enthalten. Das berichtet die Tagesschau, und bezieht sich dabei auf einen selbst durchgeführten Test. Demnach testeten Journalisten 100 Wörter oder Wortkombinationen von unterschiedlichen Accounts aus. Das Ergebnis: 19 Wörter wurden bei mindestens drei Versuchen nicht veröffentlicht. Nachdem NDR, WDR und Tagesschau Tiktok mit der Zensur konfrontierten, wurden einige der Wörter freigegeben.
Zu den geblockten Begriffen gehörten unter anderem der Name der chinesischen Tennisspielerin Peng Shuai, sowie Begriffe aus der LGBTQI-Community, wie “homo”, “gay” oder “queer”. Außerdem waren Worte aus dem Kontext des Nationalsozialismus blockiert.
Die Verwendung von Wortfiltern bei Tiktok ist seit Jahren bekannt und umstritten. Einer der jüngsten Fälle ist die aktuelle Zensur von Inhalten in Russland. Dort sind aktuell alle nicht-russischen Inhalte blockiert. Der Sender Euronews berichtet zudem, dass viele Videos mit Falschinformationen über den Krieg in der Ukraine kursierten. Zu den Vorwürfen aus Deutschland will Tiktok laut einer Sprecherin eine “gründliche Überprüfung” starten und sicherstellen, “dass wir Hass und Verstöße erkennen, aber Gegenrede und neutrale Kommentare erlauben.” jul
Enes Kanter Freedom hält der besten Basketballprofiliga der Welt den Spiegel vor. Als sein ehemaliger Arbeitgeber, die glorreichen Boston Celtics, kürzlich zu einem Ligaspiel der nordamerikanischen NBA mit einer kleinen Solidaritätsflagge in den Nationalfarben der Ukraine auf dem Trikot auflief, meldete sich der gebürtige Türke via Twitter. “Was ist mit Syrien, Afghanistan, den Uiguren, Hongkong, Tibet, Taiwan? Warum ist es in Ordnung, dort Menschenrechtsverletzungen zu kritisieren, in anderen Ländern aber nicht? Gibt es nicht genug Profit aus Russland?”
Es war das Ausrufezeichen hinter einem Konflikt zwischen den geschäftlichen Interessen eines Milliardenimperiums einerseits und dem Mut und der Konsequenz eines Einzelnen andererseits. Kanter Freedom bezieht seit Jahren vehement Stellung gegen das Unrecht in der Welt. Er hat seine öffentliche Rolle als Topathlet mehrfach dazu genutzt, um Menschenrechtsverletzungen in der Türkei, in Tibet, in Xinjiang oder in Hongkong anzuprangern. Doch sein Engagement kostete den 29-Jährigen schließlich seine sportliche Laufbahn.
In den letzten Monaten war er bei NBA-Spielen immer wieder mit Basketballschuhen angetreten, auf denen politische Botschaften formuliert waren. “Free Tibet”, “Free Uyghurs” oder “No Beijing 2022” war da zu lesen. Über Twitter bezeichnete er Chinas Staatspräsidenten Xi Jinping als “brutalen Diktator”. Dem US-Sportartikelhersteller Nike warf er Heuchelei vor, weil der von der Zwangsarbeit uigurischer Häftlinge profitieren würde.
Kanter Freedom ließ es auf die Konfrontation mit der Liga ankommen, die ihm mit Rauswurf drohte, sollte er weiterhin die Freiheit Tibets über sein Schuhwerk fordern. Das chinesische Staatsfernsehen hatte bereits alle Liveübertragungen von Spielen der Celtics ausgesetzt und damit ein Warnsignal an die Liga gesendet. Kanter Freedom aber lieferte immer wieder neue Slogans, die sich gegen Zwangsarbeit oder Folter in Xinjiang richteten.
Vor wenigen Monaten zogen die Boston Celtics Konsequenzen und tauschten Kanter in der Wechselfrist aus, kein anderer Verein nahm ihn im Anschluss unter Vertrag. Für Kanters Ausbootung werden seitens des Clubs sportliche Gründe vorgeschoben. Doch es gilt als offenes Geheimnis, dass es ausschließlich darum ging, möglichen Schaden von der NBA abzuwenden.
China ist der wichtigste Auslandsmarkt der Liga. Fast jeden Vormittag laufen dort Live-Übertragungen im Fernsehen. Die Euphorie hatte in den 2000er-Jahren der chinesische Basketball-Superstar Yao Ming entfacht. Eine Begeisterung, die in Deutschland allenfalls Ikonen wie Boris Becker oder Michael Schumacher provozierten.
Die NBA zahlt an ihre größten Stars Jahresgehälter von mehr als 40 Millionen US-Dollar. Selbst vergleichsweise durchschnittliche Spieler unterzeichnen Verträge, die ihnen fünf oder zehn Millionen Dollar pro Saison einbringen. Ein großer Teil dieser Ausgaben gelangt durch die Vermarktung von TV-Rechten und Merchandise in China zurück in die Kassen der Vereine.
Die tiefen politischen Folgen für die NBA offenbarten sich spätestens, als ein Clubmanager 2019 öffentlich die Massenproteste in Hongkong unterstützte. Auch damals setzte das chinesische Staatsfernsehen die Übertragung von Ligaspielen aus. Der Superstar der Liga, LeBron James, der in den USA sonst als laute Stimme gegen Rassismus und soziale Ungleichheit wahrgenommen wird, distanzierte sich damals von der Solidarität mit der Hongkonger Demokratie-Bewegung.
Zu Beginn dieses Jahres sorgte die Aussage eines der Mitbesitzer der Golden State Warriors für neuen Zündstoff in der Diskussion um die Abhängigkeit der NBA von China. In einem Podcast hatte der Milliardär Chamath Palihapitiya auf die provokative Frage eines Co-Gastgebers geantwortet: “Niemand interessiert sich für die Uiguren.” Er sagte, ihn bekümmerten die Inflation, der Klimawandel oder das US-Gesundheitswesen, aber nicht, dass China ein Genozid an den Uiguren vorgeworfen werde.
Die Aussage geriet in den USA so scharf in die Kritik, dass Palihapitiya sich genötigt sah, sich zu rechtfertigen. Er habe sich missverständlich ausgedrückt. Sogar sein Club distanzierte sich von der Schärfe, die ihr Gesellschafter vermittelte, um nicht als herzloses Rädchen in der Sportmaschinerie dazustehen.
Natürlich aber riefen die Aussagen des Milliardärs abermals auch Enes Kanter Freedom auf den Plan. Längst hatte sich der 29-Jährige als Advokat für die Freiheit einen Namen gemacht. Schon 2017 hatte er gegen die politische Säuberung in der Türkei unter Präsident Erdoğan gewettert. Die Türkei entzog ihm damals die Staatsbürgerschaft, und Kanter Freedom erhielt etliche Morddrohungen. Die NBA aber ließ ihn gewähren. 2020 machten ihn die US-Behörden sogar zum amerikanischen Staatsbürger. Im Zuge der Einbürgerung ergänzte Kanter seinen offiziellen Namen um den Zusatz Freedom.
Jetzt steht Enes Kanter Freedom ohne NBA-Verein da und die Aussicht auf eine Rückkehr auf die größte Basketball-Bühne der Welt tendiert gegen Null. Professionellen Sport wird er demnächst dennoch spielen können – wahrscheinlich in Griechenland. Die NBA hat damit ihre Ruhe vor dem Störenfried, dessen Engagement möglicherweise noch eine viel größere Auszeichnung nach sich zieht als ein Meisterschaftsring in der NBA.
Ein norwegischer Parlamentarier hat Kanter Freedom kürzlich für den Nobelpreis vorgeschlagen, der gegen Ende des Jahres in Oslo vergeben wird. Begleitet wurde die Nominierung von einem Brief von 30 Nobelpreisträgern an die Boston Celtics, sie mögen ihren Spieler unterstützen, “um auf der richtigen Seite der Geschichte” zu stehen. Kanter Freedom selbst zeigte sich gerührt. “Manchmal ist es wichtiger, Position zu beziehen als den nächsten Gehaltscheck”, schrieb er auf Twitter. Marcel Grzanna
Jin Keyu, Ökonomin an der London School of Economics, erhält einen Posten im Verwaltungsrat der Großbank Credit Suisse. Die Berufung der 39-Jährigen soll die Erweiterung der Kundenbasis in China erleichtern. Sie sitzt zudem im Verwaltungsrat von Richemont, einem Luxusgüterkonzern mit Sitz in Genf. Jin stammt aus Peking, hat jedoch in den USA studiert und Karrierestationen bei Goldman Sachs und JPMorgan eingelegt. Sie ist für ihre Kolumnen in der Financial Times und der South China Morning Post bekannt. Jin hält der KP Chinas tendenziell die Stange.
Unterricht aus dem Weltall: Die drei Taikonauten Zhai Zhigang, Wang Yaping und Ye Guangfu führen wissenschaftliche Experimente in der Schwerelosigkeit durch und stellen Kindern per Livestream die chinesische Raumstation vor. Sechs Monate ist die Besatzung der Shenzhou-13 unterwegs, zum zweiten Mal wurden die Raumfahrer nun live in ein Klassenzimmer im China Science and Technology Museum geschaltet. Ob das gegen Heimweh hilft?