CEO.Economics
Erscheinungsdatum: 28. Februar 2025

Investitionsprämie oder niedrigere Unternehmenssteuern? Macht doch beides!

Union und SPD sondieren nach der Bundestagswahl, ob sie eine gemeinsame Regierung bilden. Dr. Michael Böhmer sagt, was wichtig ist, damit Deutschland wieder auf den Wachstumspfad einschwenkt.

Nun hat der Souverän also entschieden. Vieles sieht nach einer Regierungsbildung unter der Führung der Union mit den Sozialdemokraten als Koalitionspartner aus. Beide zusammen verfügen über eine klare Mehrheit im Deutschen Bundestag. Das ist für die Demokratie eine gute Nachricht.

Was sich mit dem 23. Februar nicht verändert hat: Deutschland steht auf vielen Feldern vor enormen Herausforderungen: die neue Weltlage nach der einseitigen Aufkündigung des „Westens“ durch die USA, Protektionismus und De-Globalisierung, massive Ressourcen für unsere Verteidigungsfähigkeit, die doppelte Transformation hin zu einer digitalen und klimaneutralen Wirtschaft sowie der demografische Wandel. Die Aufzählung ließe sich fortführen.

Die Herausforderungen können nur aus einer Position der ökonomischen Stärke heraus gemeistert werden. Darüber herrscht Einigkeit. Deutschland muss sich aus der Stagnation von Wirtschaftsleistung und Produktivität befreien. Alle Parteien haben dazu in ihren Wahlprogrammen Vorschläge unterbreitet.

Zunächst zur Ausgangslage: Das BIP in Deutschland ist zwei Jahre hintereinander leicht geschrumpft. Aktuell befindet sich die Wirtschaftsleistung in etwa auf dem Niveau von Ende 2019. Die Industrieproduktion lag Ende 2024 rund elf Prozent unter dem entsprechenden Wert von 2019. Im Vergleich zum vorläufigen Höchststand Anfang 2019 sind die privaten Ausrüstungsinvestitionen (etwa Maschinen, Geräte und Fahrzeuge) um rund 15 Prozent gefallen.

Um die deutsche Wirtschaft wieder auf einen höheren Wachstumspfad zu bringen, schlägt die Union unter anderem vor, die Steuern auf Unternehmensgewinne zu senken. Die SPD plädiert in diesem Zusammenhang hingegen dafür, Investitionen mit einer Prämie von zehn Prozent der Investitionssumme zu unterstützen. Das sind zwei ziemlich gegensätzliche Konzepte. Was sollte die künftige Bundesregierung tun? Beides!

Gegenwärtig sind viele Produktionskapazitäten unterausgelastet. Wir erleben eine ausgeprägte Investitionsschwäche. Wir benötigen deshalb jetzt einen Investitionsbooster, der neben den Kapazitätseffekten schon allein nachfrageseitig spürbare positive Wirkungen zeigen wird. In dieser Situation der Unterauslastung ist die Gefahr gering, dass durch einen Investitionsbonus andere, ohnehin geplante Investitionen verdrängt werden. Mittel in gleicher Höhe – im Originalkonzept der SPD sind das rund 18 Milliarden Euro – für Steuersenkungen zu verplanen, dürfte in der gegenwärtigen Lage nicht den gleichen Schub geben, da der unmittelbare Konnex zu Investitionen und damit zu Wachstumsimpulsen fehlt. Das zeigen auch Simulationsrechnungen.

Mittelfristig hingegen, wenn das Tal der Tränen durchschritten ist, besteht kein Grund, dass der Staat flächendeckend Investitionen subventioniert. Investitionen müssen vielmehr auf Dauer betrachtet auch ohne Förderung positive Renditen erwirtschaften. Anderenfalls wären sie volkswirtschaftlich nicht sinnvoll. Diese Renditen müssen dann auch nach Steuern für den Investor noch attraktiv sein. Gewinne dürfen steuerlich nicht zu stark belastet werden. Wenn die Steuerbelastung auf Unternehmensgewinne international wettbewerbsfähig ist, wird dies auch zusätzliche Investitionen – aus dem Inland wie aus dem Ausland – nach sich ziehen.

Daraus folgt folgender Vorschlag: Für die Jahre 2025 und 2026 erscheint es sinnvoll, eine Investitionsprämie im Sinne der SPD zu gewähren, diese aber strikt zeitlich zu begrenzen. Bereits mit der Bildung der neuen Regierung kann eine Unternehmensteuerreform ab dem Jahr 2027 im Sinne des Unionsprogramms verabschiedet werden, durch die über fünf Jahre der Körperschaftsteuersatz schrittweise um insgesamt fünf Prozentpunkte gesenkt wird. Flankierend sollte die Einkommensteuerbelastung, die ja für Personengesellschaften relevant ist, angepasst werden.

Das wäre ein Programm, das langfristige Planungssicherheit für die Unternehmen böte. Es würde Deutschland als Investitionsstandort sofort wie auf Dauer stärken. Und wenn sich der wirtschaftliche Erfolg einstellt, wird auch eine übernächste Bundesregierung ab 2029 keine Veranlassung sehen, diesen Pfad zu verlassen.

Dr. Michael Böhm ist Chefvolkswirt des Forschungs- und Beratungsunternehmens Prognos. Er lebt in München.

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Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025

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