Table.Briefing: Europe

Suche nach DSA-Behörde + ETS-Berichtsentwurf + Lemkes Kernthemen

  • DSA: Suche nach der Plattform-Superbehörde
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  • Berichtsentwurf: ETS für Gebäude und Verkehr soll früher kommen
  • Lemke legt Kernthemen für Umweltschutz fest
  • IEA-Chef macht Russland für Gaskrise verantwortlich
  • EU bereitet Sperrung von Geldern an Polen vor
  • Sanktionsentwurf der US-Demokraten gegen Nord Stream 2
  • Standpunkt: Der Schutz der Regenwälder gelingt nur vor Ort
  • “Peer Parliaments” zum Green Deal
Liebe Leserin, lieber Leser,

der Digital Services Act wird noch verhandelt, doch der Zeitplan ist straff, das “Grundgesetz für das Internet” soll zügig in Kraft treten. Da wird es Zeit, sich um den Aufbau der Aufsichtsbehörde zu kümmern, die für die Durchsetzung des DSA auf nationaler Ebene zuständig sein soll. Doch die Frage, wer die Aufgaben der Digital Services Coordinator in Deutschland übernimmt, ist noch lange nicht geklärt, wie Falk Steiner berichtet.

Schon im Jahr 2025 könnte das neue europäische Emissionshandelssystem für die Sektoren Gebäude und Straßenverkehr starten – ein Jahr früher als von der Kommission vorgesehen. Das schlägt Peter Liese (EVP/CDU), Berichterstatter des EU-Parlaments, in seinem Berichtsentwurf vor. Das Papier soll morgen veröffentlicht werden, Lukas Scheid wertet es vorab für Sie aus. 

Höhere Recyclingquoten, das Recht auf Reparatur, Beginn der Agrarwende, ein Klimaanpassungsgesetz: In einer Generaldebatte des Bundestags hat Bundesumweltministerin Steffi Lemke die Schwerpunkte für ihre künftige Umweltpolitik skizziert. Timo Landenberger fasst die wichtigsten Aspekte zusammen. 

Ihre
Sarah Schaefer
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Analyse

DSA: Suche nach der Plattform-Superbehörde

Im Koalitionsvertrag spielen sie keine Rolle. Doch die neuen Aufsichtsbehörden, die der Digital Services Act (DSA) vorsieht (Europe.Table berichtete), werden die vielleicht mächtigste nationale Institution der Internetregulierung werden. Auch wenn der DSA noch nicht zu Ende verhandelt ist: Dessen Durchsetzung hängt stark davon ab, dass die Nationalstaaten sie praktisch ermöglichen.

Das Grundkonstrukt der Aufsicht durch die “Digital Services Coordinator” im DSA ist mehrschichtig. Zum einen sind die Digital Service Coordinator für die Durchsetzung der geplanten Regeln auf nationaler Ebene zuständig – und damit für einen großen Teil der Anbieter aus Deutschland oder mit dem Sitz der europäischen Hauptniederlassung in Deutschland, die vom DSA betroffen sind. Er soll aber auch mit den DSCs anderer EU-Mitgliedstaaten zusammenarbeiten und, im Falle der sehr großen Onlineplattformen (VLOPs), der EU-Kommission unter die Arme greifen.

Nationale DSCs sollen eine Vielzahl von Funktionen ausüben. Das reicht von der Überwachung der Regeleinhaltung bei Vermittlungsdiensten über die Zulassung von Forschern zu Datenbeständen der Anbieter bis hin zur Benennung und Aufsicht über die sogenannten Trusted Flagger, die als besonders vertrauenswürdig klassifizierten Melder von rechtswidrigen Inhalten auf Internetplattformen.

Sie sollen außerdem weitgehende Befugnisse zur Untersuchung von Sachverhalten bekommen, unter anderem das Recht, Informationen abzufordern, Befragungen durchzuführen, Geldbußen und Zwangsgelder zu verhängen oder Anweisungen an Betreiber zu erteilen, welche Maßnahmen umzusetzen oder zu unterlassen sind.

DSA: Digital Services Coordinator als unabhängige Behörde

In der Ratsposition zum DSA ist festgehalten, dass der Digital Services Coordinator eine unabhängige Behörde sein soll: “Völlig unabhängig” sollen sie sein, frei von äußeren Einflüssen und “weder direkt noch indirekt Weisungen von anderen Behörden oder privaten Stellen einholen oder entgegennehmen” dürfen. Diese Konstruktion kennt man sonst vor allem von den Datenschutzaufsichtsbehörden.

Sie geht nicht zuletzt darauf zurück, dass einige Mitgliedstaaten angesichts polnischer und ungarischer Realitäten den Einfluss der nationalen Politik begrenzt sehen wollten. Allerdings sollen die Verwaltungsakte der DSCs der gerichtlichen Kontrolle und den üblichen Rechenschaftspflichten gegenüber dem Parlament unterliegen.

Doch wer könnte diese Rolle ausfüllen? Bislang ist in Deutschland das Bundesamt für Justiz für die Durchsetzung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes zuständig. Wesentliche Teile des NetzDG würden durch die europarechtlichen Regelungen des DSA verdrängt. Zugleich regelt der DSA an vielen Stellen den Umgang mit Medieninhalten – die Aufsicht hierüber liegt in Deutschland jedoch in den Bundesländern, bei den Landesmedienanstalten.

Zudem enthält der DSA auch einige wettbewerbsrechtlich relevante Komponenten – und über die wacht bislang das Bundeskartellamt. Auch bisherige Zuständigkeiten der Bundesnetzagentur werden tangiert. Die bisherigen Bundesstrukturen erfüllen jedoch die Anforderungen an den DSC nicht, wie sie im Kommissionsvorschlag, in Rats- und Parlamentspositionen vorgesehen sind.

Noch keine Klarheit in Deutschland

Auf Nachfrage ist die junge Bundesregierung noch nicht sprechfähig dazu, wie der deutsche Digital Services Coordinator aussehen soll. Bislang ist nicht einmal abschließend geklärt, welche Dossiers und Referate zwischen den Ministerien für Wirtschaft und Klimaschutz, Digitales und Verkehr, Umwelt und Verbraucherschutz und dem Bundesministerium der Justiz verschoben werden. Die Zuständigkeit für den Digital Services Act soll jedoch im DV-Ressort von Volker Wissing angesiedelt werden. Doch dieses Haus verfügt über keine nachgeordnete Behörde, die als natürlicher Kandidat angesehen wird.

Die Zeit drängt: Schließlich will Frankreich den DSA innerhalb seiner Ratspräsidentschaft abschließend verhandeln. Danach soll das “Grundgesetz für das Internet” zügig in Kraft treten. Der Rat plädiert dafür (Europe.Table berichtete), dass anschließend 15 Monate Umsetzungsfrist gelten und die DSC drei Monate später arbeitsfähig sein müssen. 18 Monate sind für die Schaffung der nationalen gesetzlichen Grundlagen und den Aufbau einer entsprechenden Behörde kein langer Zeithorizont. Allein der Personalaufbau dürfte Jahre dauern.

Etwas Zeit könnte dadurch gespart werden, dass eine vorhandene nationale Behörde die Rolle des DSC einnimmt und sich mit den anderen Behörden koordiniert. Dies wäre den Verhandlungspositionen entsprechend eine denkbare Variante. Der DSC soll als One-Stop-Shop für die europäische Koordinierung einziger Ansprechpartner und Koordinator innerhalb der Mitgliedstaaten sein. Doch welche?

Auch Verbände und Institutionen überlegen noch

“Aus Effizienzgründen wäre es naheliegend, den Digital Services Coordinator bei einem Ministerium oder einer bestehenden Bundesbehörde anzusiedeln”, sagt Oliver Süme, Vorstandsvorsitzender des Verbands der Internetwirtschaft Eco. “Damit wäre einerseits sichergestellt, dass die benötigen Strukturen rasch aufgebaut werden können, auf bestehende fachliche Expertise in den Themenbereichen zurückgegriffen werden kann und vorhandene personelle sowie administrative Ressourcen genutzt werden können.” Süme drängt darauf, dass es ein klares und einheitliches, abgestimmtes Vorgehen zum DSA und seiner Umsetzung innerhalb der Bundesregierung geben müsse.

Der IT-Verband Bitkom sieht dringenden Handlungsbedarf: “Wir wünschen uns vor allem, dass diese Stelle gut mit den Landesmedienanstalten kooperiert und den Dialog mit den Unternehmen effektiv wahrnimmt”, sagt Rebekka Weiß, Leiterin Vertrauen und Sicherheit. Hauptaufgabe sei die Koordination, der DSC solle vor allem auf die EU-weite Harmonisierung hinwirken, so Weiß: “Wichtig ist, dass eine solche Stelle zeitnah geschaffen wird.”

Auch der liberale Digitalpolitik-Verein Load fordert eine zügige Konzeption. “Wir können nur dafür plädieren, dass sich die Bundesregierung schnell Gedanken macht, wer diese Rolle übernehmen soll, damit die europäische Abstimmung unter den Koordinatoren unverzüglich nach der Verabschiedung des DSA erfolgen kann”, sagt die Load-Vorsitzende Ann-Cathrin Riedel. Die Debatte um Telegram habe gerade erst erneut aufgezeigt, dass eine gemeinsame europäische Vorgehensweise erforderlich wäre. Die mangelnde Rechtsdurchsetzung würde ansonsten implizit jene stärken, die stärkere Überwachung befürworteten.

Aus Sicht der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter ist die Eignung unterschiedlicher Stellen zu prüfen, derzeit aber noch nicht zu beantworten. Bislang sei Medienregulierung in Deutschland meist Ländersache. Dies würde dafür sprechen, die Rolle bei den Landesmedienanstalten anzusiedeln. “Im Bereich Jugendschutz und bei illegalen Inhalten spielt jedoch auch der Bund zunehmend eine wichtige Rolle”, teilt die FSM auf Anfrage mit. Daher würde es von den konkreten Aufgaben abhängen.

Die Landesmedienanstalten scheinen insgesamt etwas besser geeignete Kandidaten zu sein – immerhin müssen diese schon heute teilweise vergleichbare Aufgaben erfüllen. Allerdings endet ihre Hoheit grundsätzlich an Bundeslandgrenzen. Ob der digitale Binnenmarkt der EU eine innerdeutsche Abbildung föderaler Strukturen, so wie schon bei Datenschutz und audiovisuellen Medien, auch beim DSA verträgt? Gewünscht wäre das jedenfalls von keiner Seite.

Noch verbleibt der deutschen Seite etwas Zeit, um sich zu sortieren. Doch wenn die Parlamentsposition am kommenden Donnerstag im Europaparlament für den Trilog final festgezurrt wird, könnten damit nicht nur noch mehr Zuständigkeiten entstehen (Europe.Table berichtete). Auch eine kürzere Umsetzungsfrist könnte im Trilog die Folge sein: Die vom Rat vorgeschlagenen 15 Monate Übergangszeit sind den Parlamentariern zu lang.

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    14.01.2022 – 12:00-13:00 Uhr, online
    Sixowls, Diskussion Digital Health Lunch
    Bei der Veranstaltung von Sixowls geben Unternehmen Einblicke in ihre Projekte und Erfahrungen zum Thema “Digitale Zukunftstechnologien für die Healthcare-Branche”. INFOS

    17.01.-11.03.2022
    ZVEI, Winter Academy Digitalisierung für Führungskräfte in der Industrie
    Der Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) vermittelt in seiner diesjährigen Winter Academy ein Grundverständnis von Trends und Technologien der Digitalisierung für Führungskräfte in der Industrie. INFOS & ANMELDUNG

    17.01.-19.01.2022, Berlin/online
    Handelsblatt, Konferenz Energie-Gipfel
    Die Konferenz des Handelsblatts beschäftigt sich mit der Frage, wie die nachhaltige Transformation der Energiewirtschaft gelingen kann, ohne Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit zu gefährden. INFOS & ANMELDUNG

    17.01.-18.01.2022, Berlin
    BDE, Seminar Einführung rechtliche und technische Grundlagen der Abfallwirtschaft
    Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) führt in seinem Seminar in grundsätzliche Begriffe der Abfall- und Kreislaufwirtschaft ein. INFOS & ANMELDUNG

    17.01.2022 – 18:00 Uhr, online
    HSS, Seminar Digitale Transformation & Innovation im KMU-Bereich
    Das Seminar der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) beleuchtet die Möglichkeiten der digitalen Transformation in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). INFOS & ANMELDUNG

    17.01.2022 – 18:00-20:00 Uhr, online
    NAIL, Presentation Presentation on the challenges of standardizing AI
    This Network for Artificial Intelligence and Law (NAIL) event addresses the challenges of standardizing artificial intelligence. INFOS & REGISTRATION

    17.01.2022 – 18:15-19:45 Uhr, Berlin
    TU Berlin, Vortrag Digitalisierung per KHZG: Gut gedacht – schlecht gemacht?
    Der Vortrag an der Technischen Universität (TU) Berlin widmet sich dem Krankenhauszukunftsgesetz als Mittel zur Digitalisierung des Gesundheitswesens (KHZG). INFOS & ANMELDUNG

    17.01.2022 – 19:00-20:30 Uhr, online
    FNF, Diskussion Klimaneutrales Bauen – wie viel Effizienz ist sinnvoll und umsetzbar?
    Die Veranstaltung der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (FNF) beschäftigt sich mit den energetischen Herausforderungen von nachhaltigem Bauen. INFOS & ANMELDUNG

    18.01.2022 – 09:00-11:00 Uhr, Gera
    BVMW, Vortrag Geschäftsmodell Cyber-Attacke
    Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) klärt darüber auf, wie Unternehmen sich vor der zunehmenden Gefahr von Cyberbedrohungen und -angriffen schützen können. INFOS & ANMELDUNG

    18.01.2022 – 10:00-11:30 Uhr, online
    ASEW, Seminar THG-Quotenhandel
    Das Effizienz-Netzwerk für Stadtwerke (ASEW) stellt die Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) als marktbasiertes Klimaschutzinstrument vor. INFOS & ANMELDUNG

    18.01.2022 – 19:00-21:00 Uhr, Herrenhausen
    VWS, Podiumsdiskussion Quantencomputer aus Niedersachsen? Was können Supercomputer wirklich
    Die Volkswagenstiftung (VWS) stellt die Frage zur Diskussion, inwiefern Quantencomputer eine Lösung für die stark ansteigenden Datenverarbeitungsmengen sein können. INFOS & ANMELDUNG

    18.01.2022 – 19:00-20:30 Uhr, online
    Polis 180, Diskussion Perspektive Ost
    Auf seinem Programmtreffen diskutiert Polis 180 die aktuelle Lage an der ukrainisch-russischen Grenze, die neue Regierungskoalition in Bulgarien und die Osteuropapolitik der Ampelkoalition. INFOS & ANMELDUNG

    18.01.-26.01.2022, online
    HBS Alternative Grüne Woche
    Auf der Alternativen Grünen Woche der Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) wird über verschiedene agrar- und ernährungspolitische Themen diskutiert. INFOS & ANMELDUNG

    News

    Berichtsentwurf: ETS für Gebäude und Verkehr soll früher kommen

    Das neue europäische Emissionshandelssystem für die Sektoren Gebäude und Straßenverkehr (ETS 2) könnte schon 2025 starten. So schlägt es der Berichterstatter des EU-Parlaments, Peter Liese (EVP/CDU), vor. Die Kommission hatte vorgesehen, beide Sektoren erst 2026 in die CO2-Bepreisung einzubeziehen.

    Entscheidung über ETS-Erweiterung ab 2025 liegt bei EU-Staaten

    In dem Berichtsentwurf, der am Freitag veröffentlich werden soll und der Europe.Table in einer Vorabversion vorliegt, bringt Liese allerdings auch die Möglichkeit eines sogenannten “Opt-out” ein. EU-Mitgliedstaaten könnten sich demnach individuell entscheiden, ob sie die ETS-Erweiterung schon 2025 durchführen oder auf 2027 verschieben. Bedingung dafür wäre, dass sie nachweisen können, ihre nationalen Emissionsreduktionsziele für 2030 in den beiden Sektoren zu erreichen.

    Der Maritim-Sektor soll ebenfalls früher als von der Kommission geplant in das bereits bestehende ETS einbezogen werden. Die Pilotphase der Bepreisung von Schiffsemissionen soll um ein Jahr verkürzt werden, von 2023 bis 2024, sodass der Sektor ab 2025 voll in das ETS integriert wäre. Dadurch würden 57 Millionen zusätzliche Emissionsrechte auf dem Markt landen. Anders als von Umweltschützern gefordert, plant Liese keine einmalige Reduzierung der Zertifikate, um den Überschuss an verfügbaren Zertifikaten gegenüber dem Bedarf auszugleichen.

    Kostenlose Zuteilung für Best Performer

    Das ETS soll zudem stärkere Anreize für die Industrie setzen, Produktionsprozesse zu dekarbonisieren. Unternehmen, die keine fossilen Brennstoffe mehr verwenden, sollen noch fünf Jahre lang kostenlose Zertifikate erhalten. So sollen notwendige Innovationen belohnt werden, beispielsweise die Herstellung von grünem Wasserstoff für die Stahlproduktion. Gleichzeitig sollen über ein Bonus-Malus-System jene Unternehmen, die keine Schritte zur Dekarbonisierung unternehmen, weniger Zertifikate erhalten, während Best Performer Boni bei den freien Zuteilungen erhalten.

    Langfristig sollen die kostenlosen Zertifikate auch in Lieses Plänen abgeschafft werden. Allerdings nicht schrittweise, wie von der Kommission vorgesehen, bei gleichzeitigem Hochfahren des CBAM. Liese will, dass kostenlose Zertifikate, die mit der Einführung des CBAM wegfallen würden, in eine Reserve gehen. Sie sollen versteigert werden, wenn der CBAM im entsprechenden Jahr effektiv funktioniert hat. Falls nicht, sollen sie rückwirkend an die betroffenen Industrieanlagen vergeben werden. So soll Herstellern, Importeuren und Händlern die Möglichkeit gegeben werden, sich an die neue Regelung anzupassen und die wirksame Umsetzung des CBAM zu überprüfen.

    Ausweitung auf Müllverbrennung ab 2028

    Der Berichterstatter will ab 2028 auch kommunale Müllverbrennungsanlagen in das ETS einbeziehen. Das gehe zwar nicht über Nacht, sei langfristig aber ein Muss, so Liese. Dies würde das Recycling, die Wiederverwendung und die Reparatur von Produkten fördern und gleichzeitig einen Beitrag zur Dekarbonisierung der Wirtschaft leisten, heißt es in seinem Berichtsentwurf.

    Der CDU-Abgeordnete fordert die Kommission auf, bis Ende 2025 eine entsprechende Folgenabschätzung für die Einbeziehung von Müllverbrennungsanlagen vorzulegen. Außerdem solle die Kommission einen Legislativvorschlag ausarbeiten, um eine Verlagerung von Abfällen aus Verbrennungsanlagen auf Deponien innerhalb der und Ausfuhren in Drittländer zu verhindern. luk

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      Lemke legt Kernthemen für Umweltschutz fest

      In einer Generaldebatte des Bundestags zur Umweltpolitik der Regierung bekräftigte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) ihre ablehnende Haltung zur Atomenergie. Diese sei eine Hochrisikotechnologie, extrem teuer und komme ohne staatliche Garantien nicht aus. “Daran ändern auch die Märchen von möglichen neuen Reaktortypen nichts”, sagte die Ministerin am Mittwochabend in der Plenardebatte und ergänzte mit Blick auf die umstrittene EU-Taxonomie: “Atomkraft ist nicht nachhaltig. Deshalb sollte auch nicht versucht werden, sie mit einem Nachhaltigkeitslabel zu retten.”

      Der Abschluss des Atomausstiegs sei eine von fünf Kernaufgaben im “neuen Kapitel der Umweltpolitik”, so Steffi Lemke. Die weiteren sind:

      • Kreislaufwirtschaft: Zwar wachse das Problembewusstsein, gleichzeitig aber auch der Plastikmüll, so Lemke. Sie will auf EU-Ebene höhere Recyclingquoten, einen verbindlichen Anteil von Rezyklat in Verpackungen und einheitliche Standards für recyceltes Plastik vorantreiben. Mikroplastik in Kosmetika und Waschmittel müsse europaweit ausgeschlossen, notfalls verboten werden.
      • Verbraucherschutz: Umwelt- und Verbraucherschutz “ergänzen sich gegenseitig”, sagte Lemke. Die Ministerin will ein Recht auf Reparatur einführen und Anreize für langlebige Produkte schaffen. Hersteller von IT-Geräten sollen dazu verpflichtet werden, für die übliche Nutzungsdauer eines Produkts Updates und Ersatzteile zur Verfügung zu stellen. So will Lemke verhindern, dass Rohstoffe verschwendet werden, weil Elektrogeräte zu früh nicht mehr nutzbar sind.
      • Ökologische Vielfalt: Auf ein Jahrzehnt der Naturzerstörung müsse ein Zeitalter der Renaturierung folgen. Bis zu einer Million Arten seien akut vom Aussterben bedroht. Fruchtbare Äcker gebe es nicht ohne biologische Vielfalt. Lemke will deshalb gemeinsam mit Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) eine Agrarwende einleiten sowie den Schutz der Wälder, Moore und Meere stärken.
      • Klimaschutz: Auch nach einer Umstrukturierung der Zuständigkeiten bleibe das BMUV weiterhin verantwortlich für den natürlichen Klimaschutz, ein zentrales Klima-Ressort. Gemeinsam mit Ländern und Kommunen will Lemke eine bessere Vorsorge gegen Klimaschäden treffen und kündigte an, ein Klimaanpassungsgesetz vorzulegen. til

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        IEA-Chef macht Russland für Gaskrise verantwortlich

        Russland verschärft nach Einschätzung des Chefs der Internationalen Energieagentur (IEA) die Energiekrise in der EU. “Wir glauben, dass Russlands Verhalten wesentlich zu den Engpässen auf den europäischen Gasmärkten beiträgt“, sagte Fatih Birol am Mittwoch vor Reportern. Die “derzeit geringen russischen Gaslieferungen nach Europa fallen mit den erhöhten geopolitischen Spannungen wegen der Ukraine zusammen“, ergänzte er.

        Russland könne Gaslieferungen erhöhen

        Der russische Konzern Gazprom habe seine Exporte nach Europa im vierten Quartal 2021 trotz hoher Marktpreise und geringerer Spotverkäufe im Vergleich zum Vorjahr um 25 Prozent gesenkt, während andere Exporteure ihre Ausfuhren gesteigert haben, so Birol. Russland könne seine Gaslieferungen nach Europa um mindestens ein Drittel erhöhen, da es über reichlich freie Kapazitäten verfüge. Diese entsprächen zehn Prozent des durchschnittlichen monatlichen Gasverbrauchs der EU oder einem vollen LNG-Schiff pro Tag. Nach China liefere Russland überdies mehr als vertraglich vereinbart – anders als nach Europa.

        Die ungewöhnlich niedrigen Stände in den europäischen Gasspeichern seien weitgehend auf Gazprom zurückzuführen, fügte Birol hinzu: Die Speicher des Unternehmens seien für die Hälfte des Defizits verantwortlich, obwohl die Gazprom-Anlagen nur zehn Prozent der gesamten Speicherkapazität in der EU ausmachten. Diese sei derzeit nur zu 50 Prozent gefüllt, im Januar üblich seien 70 Prozent. Die ungewöhnlich leeren Speicher haben dazu beigetragen, die Gaspreise in neue Höhen zu treiben.

        EU-Reaktion auf steigende Energiepreise

        Birol sprach sich dafür aus, in der EU Mindestspeicherverpflichtungen für alle kommerziellen Betreiber einzuführen. Die Mitgliedsstaaten streiten seit Monaten darüber (Europe.Table berichtete), wie die EU auf die stark gestiegenen Energiepreise reagieren sollte. Etliche Regierungen und Experten sprechen Moskau eine Mitverantwortung für die Krise zu. Die Bundesregierung nimmt Russland hingegen in Schutz, und verweist auf die erfüllten Verträge über Gaslieferungen. Moskau hat mehrfach deutlich gemacht (Europe.Table berichtete), eine schnelle Betriebsgenehmigung für Nord Stream 2 könne die Lage entschärfen.

        Am Mittwoch kündigte auch die schwedische Regierung an, besonders betroffene Haushalte entschädigen zu wollen. Die Strompreise in dem Land waren in den vergangenen Monaten in die Höhe geschnellt, wenn auch weniger stark als in anderen Mitgliedstaaten. Schweden erzeugt seinen Strom hauptsächlich aus eigener Wasserkraft, Kernreaktoren und Windkraftanlagen und ist nicht auf Erdgasimporte angewiesen. Die italienische Regierung prüft derzeit laut Industrieminister Giancarlo Giorgetti eine Erhöhung des Steuersatzes für Energieunternehmen, die von den steigenden Energiepreisen profitierten. rtr/tho

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          EU bereitet Sperrung von Geldern an Polen vor

          Weil Polen sich weigert, eine tägliche Geldstrafe von 500.000 Euro zu zahlen, muss es damit rechnen, dass Haushaltzahlungen blockiert werden. Wie “Bloomberg” berichtet, bereitet sich die EU darauf vor, entsprechende Zahlungen zurückzuhalten. 

          Der Bericht beruft sich auf einen Sprecher der Kommission, laut dem die Behörde bereits drei Zahlungsaufforderungen nach Warschau geschickt und darüber informiert hat, dass eine Säumnisgebühr fällig wird.

          EuGH-Geldstrafe für Polen: Streit um Braunkohle-Abbau in Turów

          Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte die Geldstrafe für Polen im September vor dem Hintergrund des Streits um den Braunkohle-Abbau in Turów verhängt (Europe.Table berichtete). Ende Mai hatte der EuGH einen Stopp der Kohleförderung in Turów angeordnet und damit einer Klage Tschechiens stattgegeben. 

          Den Prager Behörden zufolge habe das Nachbarland die Lizenz für den Tagebau ohne die erforderliche Überprüfung der Umweltverträglichkeit bis 2044 verlängert. Dabei wirke sich der Betrieb negativ auf den Grundwasserspiegel aus, wovon auch Tschechien betroffen sei. 

          Auch im Streit um die Justizreformen der PiS-Regierung in Warschau hat der EuGH Polen zu einem Zwangsgeld verurteilt (Europe.Table berichtete) – in diesem Fall von täglich einer Million Euro. Zurzeit hält die EU außerdem Mittel aus dem Corona-Aufbauinstrument an Polen zurück (Europe.Table berichtete). sas

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            Sanktionsentwurf der US-Demokraten gegen Nord Stream 2

            Die USA drohen Russland auch mit einem Aus für die Nord-Stream-2-Pipeline durch die Ostsee im Fall einer Aggression gegen die Ukraine. US-Demokraten stellten am Mittwoch in Washington einen Gesetzentwurf vor, der Sanktionen gegen russische Regierungsvertreter und Banken vorsieht, aber auch Maßnahmen gegen Nord Stream 2, die mehr russisches Gas nach Westeuropa bringen soll.

            USA will Nord-Stream-2-Inbetriebnahme bei Ukraine-Angriff verhindern

            In dem vom Präsidialamt unterstützten Vorstoß heißt es, dass die Pipeline ein “Instrument des negativen Einflusses der russischen Föderation” sei. Im Fall eines Angriffs auf die Ukraine sollten “alle möglichen und angemessenen Schritte” unternommen werden, um eine Inbetriebnahme zu verhindern. Hintergrund ist der russische Truppenaufmarsch an ukrainischen Grenze und die Sorge westlichen Regierungen und der Ukraine vor einem Angriff.

            “Nach unserer Ansicht ist es sehr schwierig, dass Gas durch die Pipeline fließt oder sie überhaupt in Betrieb geht, wenn Russland seine Aggression gegen die Ukraine wiederholt”, sagte auch die stellvertretende US-Außenministerin Wendy Sherman nach einem Treffen des Nato-Russlands-Rats in Brüssel.

            SPD warnt vor Debatte um Sanktionen

            Sie wiederholte die Position der USA, dass die Nord-Stream-2-Pipeline europäische Energie- und Sicherheitsinteressen untergrabe. Die Bundesregierung hat dies wiederholt zurückgewiesen. In der neuen Ampel-Koalition sind die Grünen jedoch deutliche Kritiker der Pipeline. Die USA sind großer Exporteur von Flüssiggas (LNG), das auch nach Europa geliefert wird.

            In der SPD mehren sich dagegen die Stimmen, die vor einer Sanktionsdebatte gegen die Ostsee-Gaspipeline warnen. Dies sei “eine falsche Haltung und eine falsche Diskussion”, sagte die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast. Derzeit würden keine härteren Sanktionen vorbereitet. “Sollte es zu einer neuen Debatte über verschärfte Sanktionen gegenüber Russland kommen, müssen alle Dinge vorbehaltlos auf den Tisch. Dazu gehört Nord Stream 2, aber dazu gehören auch viele andere Dinge”, betonte aber auch sie.

            Im Übrigen fließe derzeit durch die Pipeline überhaupt noch kein Gas, sagte Mast. Ein Stopp würde also keine sofortige Wirkung haben. “Die Verengung der Debatte auf Nord Stream 2 ist das eigentliche Problem.” rtr

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              French MPs call for more transparency, press unity in battle against digital giants EURACTIV
              Umweltministerin Lemke: Einsatz von Pestiziden muss deutlich verringert werden RND
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              Regenwälder: Der Kampf gegen die Abholzung geschieht vor Ort

              Von Pedro Frizo
              Nachhaltige Waldwirtschaft: Pedro Frizo ist Partner bei Conexsus. Die NRO bemüht sich um die Entwicklung ländlicher Unternehmen zum Schutz der brasilianischen Naturräume.
              Pedro Frizo ist Partner bei Conexsus. Die NRO bemüht sich um die Entwicklung ländlicher Unternehmen zum Schutz der brasilianischen Naturräume.

              Um die Klimaziele zu erreichen, ist es von entscheidender Bedeutung, die Naturräume zu schützen und zu erhalten, insbesondere jene der tropischen Regenwälder in Ländern mit starker Bewaldung. Trotzdem zeigen die jüngsten Daten in vielen dieser Wälder eine erhebliche Abholzung, darunter auch in den größten der Welt.

              Im Oktober 2021 hat das Nationale Brasilianische Institut für Raumfahrtforschung die höchsten Waldverluste im Amazonasgebiet seit dem Beginn der Aufzeichnungen vor fünf Jahren verzeichnet. Und das Problem ist nicht nur auf den Amazonas beschränkt. Der zweitgrößte tropische Regenwald, das Kongo-Flussbecken, hat zwischen 2001 und 2020 über 15 Millionen Hektar oder 8 Prozent seiner Gesamtfläche verloren.

              Globale Ziele zur Förderung der Artenvielfalt wie jene, auf die sich die Länder bei der jüngsten Klimakonferenz (COP26) der Vereinten Nationen geeinigt haben, sind wichtig, um ein Bewusstsein über den Verlust an Ökosystemen zu erzeugen und Verpflichtungen auf internationaler Ebene zu erreichen. Aber ein Großteil der tatsächlichen Schutzarbeit muss vor Ort stattfinden.

              Dass es den Menschen in diesen artenreichen Regionen ermöglicht wird, mit ihrer Umwelt in Einklang zu leben, ist für das Überleben der Naturräume der Wälder entscheidend. Aber den Wald als Lebenserwerb zu nutzen ist keine leichte Aufgabe. Aktivitäten wie Bergbau und Holzfällerei sind – zumindest kurzfristig – einträglicher als beispielsweise Waldmanagement, nachhaltige Forstwirtschaft oder Ökotourismus. 

              Wirtschaftliche Stabilität an erster Stelle

              Eine aktuelle, über zwei Jahre geführte Untersuchung der Landnutzungsdynamik im brasilianischen Amazonasgebiet bietet Einblicke, wie Regierungen und Nichtregierungsakteure den Waldschutz auf lokaler Ebene fördern können. Zunächst einmal ist es wichtig, die Bedürfnisse und Sorgen der Anwohner zu verstehen. Beispielsweise haben zivilgesellschaftliche Organisationen, die im Amazonasgebiet arbeiten, erkannt, dass für die örtlichen Landwirte wirtschaftliche Stabilität an erster Stelle steht. Mit diesem Wissen haben die NROs neue landwirtschaftliche Praktiken auf aktueller wissenschaftlicher Grundlage eingeführt. So können Aktivitäten wie Viehzucht und Kaffeeanbau mit der Erneuerung der Wälder in Einklang gebracht werden. 

              Mithilfe anderer Programme wurden Kleinbauern Techniken zum Waldmanagement und zur Neuanpflanzung nativer Arten beigebracht. Außendienstmitarbeiter der NROs gaben den Bauern technische Unterstützung und errichteten Probeanlagen, um die Anwohner vom Nutzen der neuen Methoden zu überzeugen. Dass diese Techniken enthusiastisch gefördert wurden und nachgewiesen werden konnte, dass sie die Produktion verbessern, waren entscheidende Faktoren dafür, die lokalen Landwirte dazu zu bewegen, sie einzuführen und sich für nachhaltige Waldwirtschaft zu entscheiden.

              Zivilgesellschaftliche Organisationen im Amazonasgebiet führen nicht nur waldfreundliche Anbaumethoden ein, sondern arbeiten auch mit kleinen Anbaukooperativen zusammen, um abgelegene Gemeinschaften in die größeren Märkte zu integrieren. Diese Netzwerke ermöglichen es Bauern, mit den Wäldern Geld zu verdienen, ohne ihnen zu schaden. Aber diese Infrastruktur ist fragil. Laut Daten von Conexsus lag das jährliche Einkommen, das nachhaltige Kooperativen im brasilianischen Amazonasgebiet 2019 für ihre Mitglieder erwirtschaften konnten, bei weniger als der Hälfte des damaligen brasilianischen Mindestlohns. Solche geringen Erträge machen es schwer, Landwirte von profitableren, aber weniger nachhaltigen Aktivitäten wegzulocken.

              Nachhaltige Forstwirtschaft muss von den Bewohnern ländlicher Gemeinden als verlässliche und stabile Einkommensquelle betrachtet werden, um sich durchsetzen zu können. Diese wirtschaftliche Unsicherheit kann die Regierung durch Gesetze und Anreize verringern.

              Kreditpolitik fördert schädliche Industrien

              Leider wird die Wirtschaftlichkeit nachhaltiger Forstwirtschaft in Brasilien durch aktuelle politische Entwicklungen sogar eingeschränkt. Die schrittweise Schwächung der nationalen Behörden, die für die Kontrolle und Überwachung der Landnutzung zuständig sind, ist einer der Hauptgründe für die jüngste Zunahme der Abholzung im Amazonasbecken, und auch die Kreditpolitik Brasiliens im ländlichen Raum hilft nicht dabei, ökologisch nachhaltige Wirtschaftsinitiativen zu unterstützen.

              2019 und 2020 flossen nur 3 Prozent der Auszahlungen von Finanzinstituten im Amazonasgebiet in nachhaltige Aktivitäten. Der Rest ging größtenteils an Industrien, die dafür bekannt sind, dem lokalen Ökosystem zu schaden – wie in den Sojabohnenanbau oder die industrielle Viehzucht.

              Die Förderung nachhaltiger Waldwirtschaft ist entscheidend

              Organisationen auf kommunaler Ebene sind für die Förderung nachhaltiger Waldwirtschaft entscheidend, aber ihre Fähigkeit, Veränderungen auszulösen, ist wegen mangelnden Kapitals begrenzt. Örtlichen Bauern nachhaltigere Techniken beizubringen, Märkte zur Förderung von Investitionen in Waldprodukte zu schaffen, und Methoden zur Integration der Amazonas-Gemeinschaften in die Wertschöpfungsketten zu schaffen – diese Aktivitäten sind zeitraubend und teuer.

              Der Schutz der Wälder hängt von vielen miteinander verbundenen Faktoren ab. Gesetze zur Unterstützung der Schutzbemühungen und eine stärkere Finanzierung von Initiativen könnten bei der Förderung von Arbeitsweisen helfen, die sich positiv auf die Umwelt auswirken. Aber ohne strukturelle Änderungen auf nationaler und lokaler Ebene, die es den Landbewohnern ermöglichen, ihren Lebensunterhalt mit nachhaltiger Waldwirtschaft zu bestreiten, wird die Zerstörung der wichtigsten Wälder der Erde weitergehen.

              In Kooperation mit Project Syndicate, 2022. Aus dem Englischen von Harald Eckhoff.

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                Apéropa

                Es ist eine schöne Idee. Sogenannte “Peer Parliaments” sollen die Beteiligung der Bürger:innen an europäischer Klimapolitik erhöhen. Dringend nötig, wirkt doch die Brüsseler Blase oft weit von der Lebensrealität der Menschen entfernt. “Wir werden die Klimakrise nur besiegen, wenn sich alle dem Kampf anschließen”, sagt Exekutiv-Vizepräsident Frans Timmermans und ruft zur Gründung von Debattierclubs im Freundeskreis auf.

                In den Peer Parliaments kommen fünf bis zehn Leute aus demselben Bekanntenkreis, der Schulklasse oder der Studenten-WG zusammen und debattieren über zentrale Themen des Green Deals. Was würde uns dazu bewegen, weniger zu fliegen und stattdessen Zug oder Bus zu nehmen? Wie können wir die Energiewende fair für alle gestalten? Wie können wir nachhaltiger essen und weniger Lebensmittel verschwenden? Unter dem Namen Hausparlament organisiert die Bürgerinitiative Pulse of Europe bereits vergleichbare Gesprächsrunden zu EU-Themen.

                Die Ergebnisse der Debatten aus den Peer Parliaments können bei der Kommission eingereicht werden. Sie werden anschließend – so verspricht es die Kommission – in einem Abschlussbericht gesammelt, der mit politischen Entscheidungsträgerinnen und Interessenvertretern diskutiert wird. Wie gesagt, klingt toll. Hilft aber nur, wenn die Vorschläge der Peer Parliaments auch wirklich sichtbar bei der Umsetzung des Green Deals berücksichtigt werden.

                Ohnehin gibt es bereits öffentliche Konsultationen zu Gesetzesvorschlägen der Kommission, in denen Bürger:innen ihre Meinung äußern können. Auch die EU-Zukunftskonferenz verfolgt ein ähnliches Ziel. Ob das Feedback schlussendlich in die Beratungen und Verhandlungen einfließt, ist alles andere als ersichtlich. Und so könnte es auch bei den Peer Parliaments passieren. Die Gefahr wäre dann, dass die Bürger:innen noch weniger Vertrauen in die inszenierte Bürgernähe der EU haben. Oder – und das ist vermutlich das Wahrscheinlichste – sie bekommen von alledem ohnehin nichts mit. Lukas Scheid

                Europe.Table Redaktion

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                  • DSA: Suche nach der Plattform-Superbehörde
                  • Termine
                  • Berichtsentwurf: ETS für Gebäude und Verkehr soll früher kommen
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                  • “Peer Parliaments” zum Green Deal
                  Liebe Leserin, lieber Leser,

                  der Digital Services Act wird noch verhandelt, doch der Zeitplan ist straff, das “Grundgesetz für das Internet” soll zügig in Kraft treten. Da wird es Zeit, sich um den Aufbau der Aufsichtsbehörde zu kümmern, die für die Durchsetzung des DSA auf nationaler Ebene zuständig sein soll. Doch die Frage, wer die Aufgaben der Digital Services Coordinator in Deutschland übernimmt, ist noch lange nicht geklärt, wie Falk Steiner berichtet.

                  Schon im Jahr 2025 könnte das neue europäische Emissionshandelssystem für die Sektoren Gebäude und Straßenverkehr starten – ein Jahr früher als von der Kommission vorgesehen. Das schlägt Peter Liese (EVP/CDU), Berichterstatter des EU-Parlaments, in seinem Berichtsentwurf vor. Das Papier soll morgen veröffentlicht werden, Lukas Scheid wertet es vorab für Sie aus. 

                  Höhere Recyclingquoten, das Recht auf Reparatur, Beginn der Agrarwende, ein Klimaanpassungsgesetz: In einer Generaldebatte des Bundestags hat Bundesumweltministerin Steffi Lemke die Schwerpunkte für ihre künftige Umweltpolitik skizziert. Timo Landenberger fasst die wichtigsten Aspekte zusammen. 

                  Ihre
                  Sarah Schaefer
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                  Analyse

                  DSA: Suche nach der Plattform-Superbehörde

                  Im Koalitionsvertrag spielen sie keine Rolle. Doch die neuen Aufsichtsbehörden, die der Digital Services Act (DSA) vorsieht (Europe.Table berichtete), werden die vielleicht mächtigste nationale Institution der Internetregulierung werden. Auch wenn der DSA noch nicht zu Ende verhandelt ist: Dessen Durchsetzung hängt stark davon ab, dass die Nationalstaaten sie praktisch ermöglichen.

                  Das Grundkonstrukt der Aufsicht durch die “Digital Services Coordinator” im DSA ist mehrschichtig. Zum einen sind die Digital Service Coordinator für die Durchsetzung der geplanten Regeln auf nationaler Ebene zuständig – und damit für einen großen Teil der Anbieter aus Deutschland oder mit dem Sitz der europäischen Hauptniederlassung in Deutschland, die vom DSA betroffen sind. Er soll aber auch mit den DSCs anderer EU-Mitgliedstaaten zusammenarbeiten und, im Falle der sehr großen Onlineplattformen (VLOPs), der EU-Kommission unter die Arme greifen.

                  Nationale DSCs sollen eine Vielzahl von Funktionen ausüben. Das reicht von der Überwachung der Regeleinhaltung bei Vermittlungsdiensten über die Zulassung von Forschern zu Datenbeständen der Anbieter bis hin zur Benennung und Aufsicht über die sogenannten Trusted Flagger, die als besonders vertrauenswürdig klassifizierten Melder von rechtswidrigen Inhalten auf Internetplattformen.

                  Sie sollen außerdem weitgehende Befugnisse zur Untersuchung von Sachverhalten bekommen, unter anderem das Recht, Informationen abzufordern, Befragungen durchzuführen, Geldbußen und Zwangsgelder zu verhängen oder Anweisungen an Betreiber zu erteilen, welche Maßnahmen umzusetzen oder zu unterlassen sind.

                  DSA: Digital Services Coordinator als unabhängige Behörde

                  In der Ratsposition zum DSA ist festgehalten, dass der Digital Services Coordinator eine unabhängige Behörde sein soll: “Völlig unabhängig” sollen sie sein, frei von äußeren Einflüssen und “weder direkt noch indirekt Weisungen von anderen Behörden oder privaten Stellen einholen oder entgegennehmen” dürfen. Diese Konstruktion kennt man sonst vor allem von den Datenschutzaufsichtsbehörden.

                  Sie geht nicht zuletzt darauf zurück, dass einige Mitgliedstaaten angesichts polnischer und ungarischer Realitäten den Einfluss der nationalen Politik begrenzt sehen wollten. Allerdings sollen die Verwaltungsakte der DSCs der gerichtlichen Kontrolle und den üblichen Rechenschaftspflichten gegenüber dem Parlament unterliegen.

                  Doch wer könnte diese Rolle ausfüllen? Bislang ist in Deutschland das Bundesamt für Justiz für die Durchsetzung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes zuständig. Wesentliche Teile des NetzDG würden durch die europarechtlichen Regelungen des DSA verdrängt. Zugleich regelt der DSA an vielen Stellen den Umgang mit Medieninhalten – die Aufsicht hierüber liegt in Deutschland jedoch in den Bundesländern, bei den Landesmedienanstalten.

                  Zudem enthält der DSA auch einige wettbewerbsrechtlich relevante Komponenten – und über die wacht bislang das Bundeskartellamt. Auch bisherige Zuständigkeiten der Bundesnetzagentur werden tangiert. Die bisherigen Bundesstrukturen erfüllen jedoch die Anforderungen an den DSC nicht, wie sie im Kommissionsvorschlag, in Rats- und Parlamentspositionen vorgesehen sind.

                  Noch keine Klarheit in Deutschland

                  Auf Nachfrage ist die junge Bundesregierung noch nicht sprechfähig dazu, wie der deutsche Digital Services Coordinator aussehen soll. Bislang ist nicht einmal abschließend geklärt, welche Dossiers und Referate zwischen den Ministerien für Wirtschaft und Klimaschutz, Digitales und Verkehr, Umwelt und Verbraucherschutz und dem Bundesministerium der Justiz verschoben werden. Die Zuständigkeit für den Digital Services Act soll jedoch im DV-Ressort von Volker Wissing angesiedelt werden. Doch dieses Haus verfügt über keine nachgeordnete Behörde, die als natürlicher Kandidat angesehen wird.

                  Die Zeit drängt: Schließlich will Frankreich den DSA innerhalb seiner Ratspräsidentschaft abschließend verhandeln. Danach soll das “Grundgesetz für das Internet” zügig in Kraft treten. Der Rat plädiert dafür (Europe.Table berichtete), dass anschließend 15 Monate Umsetzungsfrist gelten und die DSC drei Monate später arbeitsfähig sein müssen. 18 Monate sind für die Schaffung der nationalen gesetzlichen Grundlagen und den Aufbau einer entsprechenden Behörde kein langer Zeithorizont. Allein der Personalaufbau dürfte Jahre dauern.

                  Etwas Zeit könnte dadurch gespart werden, dass eine vorhandene nationale Behörde die Rolle des DSC einnimmt und sich mit den anderen Behörden koordiniert. Dies wäre den Verhandlungspositionen entsprechend eine denkbare Variante. Der DSC soll als One-Stop-Shop für die europäische Koordinierung einziger Ansprechpartner und Koordinator innerhalb der Mitgliedstaaten sein. Doch welche?

                  Auch Verbände und Institutionen überlegen noch

                  “Aus Effizienzgründen wäre es naheliegend, den Digital Services Coordinator bei einem Ministerium oder einer bestehenden Bundesbehörde anzusiedeln”, sagt Oliver Süme, Vorstandsvorsitzender des Verbands der Internetwirtschaft Eco. “Damit wäre einerseits sichergestellt, dass die benötigen Strukturen rasch aufgebaut werden können, auf bestehende fachliche Expertise in den Themenbereichen zurückgegriffen werden kann und vorhandene personelle sowie administrative Ressourcen genutzt werden können.” Süme drängt darauf, dass es ein klares und einheitliches, abgestimmtes Vorgehen zum DSA und seiner Umsetzung innerhalb der Bundesregierung geben müsse.

                  Der IT-Verband Bitkom sieht dringenden Handlungsbedarf: “Wir wünschen uns vor allem, dass diese Stelle gut mit den Landesmedienanstalten kooperiert und den Dialog mit den Unternehmen effektiv wahrnimmt”, sagt Rebekka Weiß, Leiterin Vertrauen und Sicherheit. Hauptaufgabe sei die Koordination, der DSC solle vor allem auf die EU-weite Harmonisierung hinwirken, so Weiß: “Wichtig ist, dass eine solche Stelle zeitnah geschaffen wird.”

                  Auch der liberale Digitalpolitik-Verein Load fordert eine zügige Konzeption. “Wir können nur dafür plädieren, dass sich die Bundesregierung schnell Gedanken macht, wer diese Rolle übernehmen soll, damit die europäische Abstimmung unter den Koordinatoren unverzüglich nach der Verabschiedung des DSA erfolgen kann”, sagt die Load-Vorsitzende Ann-Cathrin Riedel. Die Debatte um Telegram habe gerade erst erneut aufgezeigt, dass eine gemeinsame europäische Vorgehensweise erforderlich wäre. Die mangelnde Rechtsdurchsetzung würde ansonsten implizit jene stärken, die stärkere Überwachung befürworteten.

                  Aus Sicht der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter ist die Eignung unterschiedlicher Stellen zu prüfen, derzeit aber noch nicht zu beantworten. Bislang sei Medienregulierung in Deutschland meist Ländersache. Dies würde dafür sprechen, die Rolle bei den Landesmedienanstalten anzusiedeln. “Im Bereich Jugendschutz und bei illegalen Inhalten spielt jedoch auch der Bund zunehmend eine wichtige Rolle”, teilt die FSM auf Anfrage mit. Daher würde es von den konkreten Aufgaben abhängen.

                  Die Landesmedienanstalten scheinen insgesamt etwas besser geeignete Kandidaten zu sein – immerhin müssen diese schon heute teilweise vergleichbare Aufgaben erfüllen. Allerdings endet ihre Hoheit grundsätzlich an Bundeslandgrenzen. Ob der digitale Binnenmarkt der EU eine innerdeutsche Abbildung föderaler Strukturen, so wie schon bei Datenschutz und audiovisuellen Medien, auch beim DSA verträgt? Gewünscht wäre das jedenfalls von keiner Seite.

                  Noch verbleibt der deutschen Seite etwas Zeit, um sich zu sortieren. Doch wenn die Parlamentsposition am kommenden Donnerstag im Europaparlament für den Trilog final festgezurrt wird, könnten damit nicht nur noch mehr Zuständigkeiten entstehen (Europe.Table berichtete). Auch eine kürzere Umsetzungsfrist könnte im Trilog die Folge sein: Die vom Rat vorgeschlagenen 15 Monate Übergangszeit sind den Parlamentariern zu lang.

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                    Termine

                    14.01.2022 – 12:00-13:00 Uhr, online
                    Sixowls, Diskussion Digital Health Lunch
                    Bei der Veranstaltung von Sixowls geben Unternehmen Einblicke in ihre Projekte und Erfahrungen zum Thema “Digitale Zukunftstechnologien für die Healthcare-Branche”. INFOS

                    17.01.-11.03.2022
                    ZVEI, Winter Academy Digitalisierung für Führungskräfte in der Industrie
                    Der Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) vermittelt in seiner diesjährigen Winter Academy ein Grundverständnis von Trends und Technologien der Digitalisierung für Führungskräfte in der Industrie. INFOS & ANMELDUNG

                    17.01.-19.01.2022, Berlin/online
                    Handelsblatt, Konferenz Energie-Gipfel
                    Die Konferenz des Handelsblatts beschäftigt sich mit der Frage, wie die nachhaltige Transformation der Energiewirtschaft gelingen kann, ohne Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit zu gefährden. INFOS & ANMELDUNG

                    17.01.-18.01.2022, Berlin
                    BDE, Seminar Einführung rechtliche und technische Grundlagen der Abfallwirtschaft
                    Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) führt in seinem Seminar in grundsätzliche Begriffe der Abfall- und Kreislaufwirtschaft ein. INFOS & ANMELDUNG

                    17.01.2022 – 18:00 Uhr, online
                    HSS, Seminar Digitale Transformation & Innovation im KMU-Bereich
                    Das Seminar der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) beleuchtet die Möglichkeiten der digitalen Transformation in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). INFOS & ANMELDUNG

                    17.01.2022 – 18:00-20:00 Uhr, online
                    NAIL, Presentation Presentation on the challenges of standardizing AI
                    This Network for Artificial Intelligence and Law (NAIL) event addresses the challenges of standardizing artificial intelligence. INFOS & REGISTRATION

                    17.01.2022 – 18:15-19:45 Uhr, Berlin
                    TU Berlin, Vortrag Digitalisierung per KHZG: Gut gedacht – schlecht gemacht?
                    Der Vortrag an der Technischen Universität (TU) Berlin widmet sich dem Krankenhauszukunftsgesetz als Mittel zur Digitalisierung des Gesundheitswesens (KHZG). INFOS & ANMELDUNG

                    17.01.2022 – 19:00-20:30 Uhr, online
                    FNF, Diskussion Klimaneutrales Bauen – wie viel Effizienz ist sinnvoll und umsetzbar?
                    Die Veranstaltung der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (FNF) beschäftigt sich mit den energetischen Herausforderungen von nachhaltigem Bauen. INFOS & ANMELDUNG

                    18.01.2022 – 09:00-11:00 Uhr, Gera
                    BVMW, Vortrag Geschäftsmodell Cyber-Attacke
                    Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) klärt darüber auf, wie Unternehmen sich vor der zunehmenden Gefahr von Cyberbedrohungen und -angriffen schützen können. INFOS & ANMELDUNG

                    18.01.2022 – 10:00-11:30 Uhr, online
                    ASEW, Seminar THG-Quotenhandel
                    Das Effizienz-Netzwerk für Stadtwerke (ASEW) stellt die Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) als marktbasiertes Klimaschutzinstrument vor. INFOS & ANMELDUNG

                    18.01.2022 – 19:00-21:00 Uhr, Herrenhausen
                    VWS, Podiumsdiskussion Quantencomputer aus Niedersachsen? Was können Supercomputer wirklich
                    Die Volkswagenstiftung (VWS) stellt die Frage zur Diskussion, inwiefern Quantencomputer eine Lösung für die stark ansteigenden Datenverarbeitungsmengen sein können. INFOS & ANMELDUNG

                    18.01.2022 – 19:00-20:30 Uhr, online
                    Polis 180, Diskussion Perspektive Ost
                    Auf seinem Programmtreffen diskutiert Polis 180 die aktuelle Lage an der ukrainisch-russischen Grenze, die neue Regierungskoalition in Bulgarien und die Osteuropapolitik der Ampelkoalition. INFOS & ANMELDUNG

                    18.01.-26.01.2022, online
                    HBS Alternative Grüne Woche
                    Auf der Alternativen Grünen Woche der Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) wird über verschiedene agrar- und ernährungspolitische Themen diskutiert. INFOS & ANMELDUNG

                    News

                    Berichtsentwurf: ETS für Gebäude und Verkehr soll früher kommen

                    Das neue europäische Emissionshandelssystem für die Sektoren Gebäude und Straßenverkehr (ETS 2) könnte schon 2025 starten. So schlägt es der Berichterstatter des EU-Parlaments, Peter Liese (EVP/CDU), vor. Die Kommission hatte vorgesehen, beide Sektoren erst 2026 in die CO2-Bepreisung einzubeziehen.

                    Entscheidung über ETS-Erweiterung ab 2025 liegt bei EU-Staaten

                    In dem Berichtsentwurf, der am Freitag veröffentlich werden soll und der Europe.Table in einer Vorabversion vorliegt, bringt Liese allerdings auch die Möglichkeit eines sogenannten “Opt-out” ein. EU-Mitgliedstaaten könnten sich demnach individuell entscheiden, ob sie die ETS-Erweiterung schon 2025 durchführen oder auf 2027 verschieben. Bedingung dafür wäre, dass sie nachweisen können, ihre nationalen Emissionsreduktionsziele für 2030 in den beiden Sektoren zu erreichen.

                    Der Maritim-Sektor soll ebenfalls früher als von der Kommission geplant in das bereits bestehende ETS einbezogen werden. Die Pilotphase der Bepreisung von Schiffsemissionen soll um ein Jahr verkürzt werden, von 2023 bis 2024, sodass der Sektor ab 2025 voll in das ETS integriert wäre. Dadurch würden 57 Millionen zusätzliche Emissionsrechte auf dem Markt landen. Anders als von Umweltschützern gefordert, plant Liese keine einmalige Reduzierung der Zertifikate, um den Überschuss an verfügbaren Zertifikaten gegenüber dem Bedarf auszugleichen.

                    Kostenlose Zuteilung für Best Performer

                    Das ETS soll zudem stärkere Anreize für die Industrie setzen, Produktionsprozesse zu dekarbonisieren. Unternehmen, die keine fossilen Brennstoffe mehr verwenden, sollen noch fünf Jahre lang kostenlose Zertifikate erhalten. So sollen notwendige Innovationen belohnt werden, beispielsweise die Herstellung von grünem Wasserstoff für die Stahlproduktion. Gleichzeitig sollen über ein Bonus-Malus-System jene Unternehmen, die keine Schritte zur Dekarbonisierung unternehmen, weniger Zertifikate erhalten, während Best Performer Boni bei den freien Zuteilungen erhalten.

                    Langfristig sollen die kostenlosen Zertifikate auch in Lieses Plänen abgeschafft werden. Allerdings nicht schrittweise, wie von der Kommission vorgesehen, bei gleichzeitigem Hochfahren des CBAM. Liese will, dass kostenlose Zertifikate, die mit der Einführung des CBAM wegfallen würden, in eine Reserve gehen. Sie sollen versteigert werden, wenn der CBAM im entsprechenden Jahr effektiv funktioniert hat. Falls nicht, sollen sie rückwirkend an die betroffenen Industrieanlagen vergeben werden. So soll Herstellern, Importeuren und Händlern die Möglichkeit gegeben werden, sich an die neue Regelung anzupassen und die wirksame Umsetzung des CBAM zu überprüfen.

                    Ausweitung auf Müllverbrennung ab 2028

                    Der Berichterstatter will ab 2028 auch kommunale Müllverbrennungsanlagen in das ETS einbeziehen. Das gehe zwar nicht über Nacht, sei langfristig aber ein Muss, so Liese. Dies würde das Recycling, die Wiederverwendung und die Reparatur von Produkten fördern und gleichzeitig einen Beitrag zur Dekarbonisierung der Wirtschaft leisten, heißt es in seinem Berichtsentwurf.

                    Der CDU-Abgeordnete fordert die Kommission auf, bis Ende 2025 eine entsprechende Folgenabschätzung für die Einbeziehung von Müllverbrennungsanlagen vorzulegen. Außerdem solle die Kommission einen Legislativvorschlag ausarbeiten, um eine Verlagerung von Abfällen aus Verbrennungsanlagen auf Deponien innerhalb der und Ausfuhren in Drittländer zu verhindern. luk

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                      Lemke legt Kernthemen für Umweltschutz fest

                      In einer Generaldebatte des Bundestags zur Umweltpolitik der Regierung bekräftigte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) ihre ablehnende Haltung zur Atomenergie. Diese sei eine Hochrisikotechnologie, extrem teuer und komme ohne staatliche Garantien nicht aus. “Daran ändern auch die Märchen von möglichen neuen Reaktortypen nichts”, sagte die Ministerin am Mittwochabend in der Plenardebatte und ergänzte mit Blick auf die umstrittene EU-Taxonomie: “Atomkraft ist nicht nachhaltig. Deshalb sollte auch nicht versucht werden, sie mit einem Nachhaltigkeitslabel zu retten.”

                      Der Abschluss des Atomausstiegs sei eine von fünf Kernaufgaben im “neuen Kapitel der Umweltpolitik”, so Steffi Lemke. Die weiteren sind:

                      • Kreislaufwirtschaft: Zwar wachse das Problembewusstsein, gleichzeitig aber auch der Plastikmüll, so Lemke. Sie will auf EU-Ebene höhere Recyclingquoten, einen verbindlichen Anteil von Rezyklat in Verpackungen und einheitliche Standards für recyceltes Plastik vorantreiben. Mikroplastik in Kosmetika und Waschmittel müsse europaweit ausgeschlossen, notfalls verboten werden.
                      • Verbraucherschutz: Umwelt- und Verbraucherschutz “ergänzen sich gegenseitig”, sagte Lemke. Die Ministerin will ein Recht auf Reparatur einführen und Anreize für langlebige Produkte schaffen. Hersteller von IT-Geräten sollen dazu verpflichtet werden, für die übliche Nutzungsdauer eines Produkts Updates und Ersatzteile zur Verfügung zu stellen. So will Lemke verhindern, dass Rohstoffe verschwendet werden, weil Elektrogeräte zu früh nicht mehr nutzbar sind.
                      • Ökologische Vielfalt: Auf ein Jahrzehnt der Naturzerstörung müsse ein Zeitalter der Renaturierung folgen. Bis zu einer Million Arten seien akut vom Aussterben bedroht. Fruchtbare Äcker gebe es nicht ohne biologische Vielfalt. Lemke will deshalb gemeinsam mit Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) eine Agrarwende einleiten sowie den Schutz der Wälder, Moore und Meere stärken.
                      • Klimaschutz: Auch nach einer Umstrukturierung der Zuständigkeiten bleibe das BMUV weiterhin verantwortlich für den natürlichen Klimaschutz, ein zentrales Klima-Ressort. Gemeinsam mit Ländern und Kommunen will Lemke eine bessere Vorsorge gegen Klimaschäden treffen und kündigte an, ein Klimaanpassungsgesetz vorzulegen. til

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                        IEA-Chef macht Russland für Gaskrise verantwortlich

                        Russland verschärft nach Einschätzung des Chefs der Internationalen Energieagentur (IEA) die Energiekrise in der EU. “Wir glauben, dass Russlands Verhalten wesentlich zu den Engpässen auf den europäischen Gasmärkten beiträgt“, sagte Fatih Birol am Mittwoch vor Reportern. Die “derzeit geringen russischen Gaslieferungen nach Europa fallen mit den erhöhten geopolitischen Spannungen wegen der Ukraine zusammen“, ergänzte er.

                        Russland könne Gaslieferungen erhöhen

                        Der russische Konzern Gazprom habe seine Exporte nach Europa im vierten Quartal 2021 trotz hoher Marktpreise und geringerer Spotverkäufe im Vergleich zum Vorjahr um 25 Prozent gesenkt, während andere Exporteure ihre Ausfuhren gesteigert haben, so Birol. Russland könne seine Gaslieferungen nach Europa um mindestens ein Drittel erhöhen, da es über reichlich freie Kapazitäten verfüge. Diese entsprächen zehn Prozent des durchschnittlichen monatlichen Gasverbrauchs der EU oder einem vollen LNG-Schiff pro Tag. Nach China liefere Russland überdies mehr als vertraglich vereinbart – anders als nach Europa.

                        Die ungewöhnlich niedrigen Stände in den europäischen Gasspeichern seien weitgehend auf Gazprom zurückzuführen, fügte Birol hinzu: Die Speicher des Unternehmens seien für die Hälfte des Defizits verantwortlich, obwohl die Gazprom-Anlagen nur zehn Prozent der gesamten Speicherkapazität in der EU ausmachten. Diese sei derzeit nur zu 50 Prozent gefüllt, im Januar üblich seien 70 Prozent. Die ungewöhnlich leeren Speicher haben dazu beigetragen, die Gaspreise in neue Höhen zu treiben.

                        EU-Reaktion auf steigende Energiepreise

                        Birol sprach sich dafür aus, in der EU Mindestspeicherverpflichtungen für alle kommerziellen Betreiber einzuführen. Die Mitgliedsstaaten streiten seit Monaten darüber (Europe.Table berichtete), wie die EU auf die stark gestiegenen Energiepreise reagieren sollte. Etliche Regierungen und Experten sprechen Moskau eine Mitverantwortung für die Krise zu. Die Bundesregierung nimmt Russland hingegen in Schutz, und verweist auf die erfüllten Verträge über Gaslieferungen. Moskau hat mehrfach deutlich gemacht (Europe.Table berichtete), eine schnelle Betriebsgenehmigung für Nord Stream 2 könne die Lage entschärfen.

                        Am Mittwoch kündigte auch die schwedische Regierung an, besonders betroffene Haushalte entschädigen zu wollen. Die Strompreise in dem Land waren in den vergangenen Monaten in die Höhe geschnellt, wenn auch weniger stark als in anderen Mitgliedstaaten. Schweden erzeugt seinen Strom hauptsächlich aus eigener Wasserkraft, Kernreaktoren und Windkraftanlagen und ist nicht auf Erdgasimporte angewiesen. Die italienische Regierung prüft derzeit laut Industrieminister Giancarlo Giorgetti eine Erhöhung des Steuersatzes für Energieunternehmen, die von den steigenden Energiepreisen profitierten. rtr/tho

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                          EU bereitet Sperrung von Geldern an Polen vor

                          Weil Polen sich weigert, eine tägliche Geldstrafe von 500.000 Euro zu zahlen, muss es damit rechnen, dass Haushaltzahlungen blockiert werden. Wie “Bloomberg” berichtet, bereitet sich die EU darauf vor, entsprechende Zahlungen zurückzuhalten. 

                          Der Bericht beruft sich auf einen Sprecher der Kommission, laut dem die Behörde bereits drei Zahlungsaufforderungen nach Warschau geschickt und darüber informiert hat, dass eine Säumnisgebühr fällig wird.

                          EuGH-Geldstrafe für Polen: Streit um Braunkohle-Abbau in Turów

                          Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte die Geldstrafe für Polen im September vor dem Hintergrund des Streits um den Braunkohle-Abbau in Turów verhängt (Europe.Table berichtete). Ende Mai hatte der EuGH einen Stopp der Kohleförderung in Turów angeordnet und damit einer Klage Tschechiens stattgegeben. 

                          Den Prager Behörden zufolge habe das Nachbarland die Lizenz für den Tagebau ohne die erforderliche Überprüfung der Umweltverträglichkeit bis 2044 verlängert. Dabei wirke sich der Betrieb negativ auf den Grundwasserspiegel aus, wovon auch Tschechien betroffen sei. 

                          Auch im Streit um die Justizreformen der PiS-Regierung in Warschau hat der EuGH Polen zu einem Zwangsgeld verurteilt (Europe.Table berichtete) – in diesem Fall von täglich einer Million Euro. Zurzeit hält die EU außerdem Mittel aus dem Corona-Aufbauinstrument an Polen zurück (Europe.Table berichtete). sas

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                            Sanktionsentwurf der US-Demokraten gegen Nord Stream 2

                            Die USA drohen Russland auch mit einem Aus für die Nord-Stream-2-Pipeline durch die Ostsee im Fall einer Aggression gegen die Ukraine. US-Demokraten stellten am Mittwoch in Washington einen Gesetzentwurf vor, der Sanktionen gegen russische Regierungsvertreter und Banken vorsieht, aber auch Maßnahmen gegen Nord Stream 2, die mehr russisches Gas nach Westeuropa bringen soll.

                            USA will Nord-Stream-2-Inbetriebnahme bei Ukraine-Angriff verhindern

                            In dem vom Präsidialamt unterstützten Vorstoß heißt es, dass die Pipeline ein “Instrument des negativen Einflusses der russischen Föderation” sei. Im Fall eines Angriffs auf die Ukraine sollten “alle möglichen und angemessenen Schritte” unternommen werden, um eine Inbetriebnahme zu verhindern. Hintergrund ist der russische Truppenaufmarsch an ukrainischen Grenze und die Sorge westlichen Regierungen und der Ukraine vor einem Angriff.

                            “Nach unserer Ansicht ist es sehr schwierig, dass Gas durch die Pipeline fließt oder sie überhaupt in Betrieb geht, wenn Russland seine Aggression gegen die Ukraine wiederholt”, sagte auch die stellvertretende US-Außenministerin Wendy Sherman nach einem Treffen des Nato-Russlands-Rats in Brüssel.

                            SPD warnt vor Debatte um Sanktionen

                            Sie wiederholte die Position der USA, dass die Nord-Stream-2-Pipeline europäische Energie- und Sicherheitsinteressen untergrabe. Die Bundesregierung hat dies wiederholt zurückgewiesen. In der neuen Ampel-Koalition sind die Grünen jedoch deutliche Kritiker der Pipeline. Die USA sind großer Exporteur von Flüssiggas (LNG), das auch nach Europa geliefert wird.

                            In der SPD mehren sich dagegen die Stimmen, die vor einer Sanktionsdebatte gegen die Ostsee-Gaspipeline warnen. Dies sei “eine falsche Haltung und eine falsche Diskussion”, sagte die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast. Derzeit würden keine härteren Sanktionen vorbereitet. “Sollte es zu einer neuen Debatte über verschärfte Sanktionen gegenüber Russland kommen, müssen alle Dinge vorbehaltlos auf den Tisch. Dazu gehört Nord Stream 2, aber dazu gehören auch viele andere Dinge”, betonte aber auch sie.

                            Im Übrigen fließe derzeit durch die Pipeline überhaupt noch kein Gas, sagte Mast. Ein Stopp würde also keine sofortige Wirkung haben. “Die Verengung der Debatte auf Nord Stream 2 ist das eigentliche Problem.” rtr

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                              Presseschau

                              Faeser droht Telegram mit möglicher Abschaltung FAZ
                              Arbeitsminister Heil plant Rechtsanspruch auf Homeoffice WELT
                              Justizminister Buschmann erläutert Pläne für Ersatz der Vorratsdatenspeicherung DEUTSCHLANDFUNK
                              French MPs call for more transparency, press unity in battle against digital giants EURACTIV
                              Umweltministerin Lemke: Einsatz von Pestiziden muss deutlich verringert werden RND
                              Wie sich die CSU gegen Habecks Windkraft-Pläne wehrt FAZ
                              EU-Agrarkommissar macht sich für Carbon Farming stark EURACTIV
                              EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen: “Wir werden Atomkraft brauchen” HEISE
                              “Kein Interesse an Investitionen in Klimaschutz” – EU-Parlament setzt schmutzige Unternehmen unter Druck HANDELSBLATT
                              The rain in Spain causes financial pain POLITICO

                              Standpunkt

                              Regenwälder: Der Kampf gegen die Abholzung geschieht vor Ort

                              Von Pedro Frizo
                              Nachhaltige Waldwirtschaft: Pedro Frizo ist Partner bei Conexsus. Die NRO bemüht sich um die Entwicklung ländlicher Unternehmen zum Schutz der brasilianischen Naturräume.
                              Pedro Frizo ist Partner bei Conexsus. Die NRO bemüht sich um die Entwicklung ländlicher Unternehmen zum Schutz der brasilianischen Naturräume.

                              Um die Klimaziele zu erreichen, ist es von entscheidender Bedeutung, die Naturräume zu schützen und zu erhalten, insbesondere jene der tropischen Regenwälder in Ländern mit starker Bewaldung. Trotzdem zeigen die jüngsten Daten in vielen dieser Wälder eine erhebliche Abholzung, darunter auch in den größten der Welt.

                              Im Oktober 2021 hat das Nationale Brasilianische Institut für Raumfahrtforschung die höchsten Waldverluste im Amazonasgebiet seit dem Beginn der Aufzeichnungen vor fünf Jahren verzeichnet. Und das Problem ist nicht nur auf den Amazonas beschränkt. Der zweitgrößte tropische Regenwald, das Kongo-Flussbecken, hat zwischen 2001 und 2020 über 15 Millionen Hektar oder 8 Prozent seiner Gesamtfläche verloren.

                              Globale Ziele zur Förderung der Artenvielfalt wie jene, auf die sich die Länder bei der jüngsten Klimakonferenz (COP26) der Vereinten Nationen geeinigt haben, sind wichtig, um ein Bewusstsein über den Verlust an Ökosystemen zu erzeugen und Verpflichtungen auf internationaler Ebene zu erreichen. Aber ein Großteil der tatsächlichen Schutzarbeit muss vor Ort stattfinden.

                              Dass es den Menschen in diesen artenreichen Regionen ermöglicht wird, mit ihrer Umwelt in Einklang zu leben, ist für das Überleben der Naturräume der Wälder entscheidend. Aber den Wald als Lebenserwerb zu nutzen ist keine leichte Aufgabe. Aktivitäten wie Bergbau und Holzfällerei sind – zumindest kurzfristig – einträglicher als beispielsweise Waldmanagement, nachhaltige Forstwirtschaft oder Ökotourismus. 

                              Wirtschaftliche Stabilität an erster Stelle

                              Eine aktuelle, über zwei Jahre geführte Untersuchung der Landnutzungsdynamik im brasilianischen Amazonasgebiet bietet Einblicke, wie Regierungen und Nichtregierungsakteure den Waldschutz auf lokaler Ebene fördern können. Zunächst einmal ist es wichtig, die Bedürfnisse und Sorgen der Anwohner zu verstehen. Beispielsweise haben zivilgesellschaftliche Organisationen, die im Amazonasgebiet arbeiten, erkannt, dass für die örtlichen Landwirte wirtschaftliche Stabilität an erster Stelle steht. Mit diesem Wissen haben die NROs neue landwirtschaftliche Praktiken auf aktueller wissenschaftlicher Grundlage eingeführt. So können Aktivitäten wie Viehzucht und Kaffeeanbau mit der Erneuerung der Wälder in Einklang gebracht werden. 

                              Mithilfe anderer Programme wurden Kleinbauern Techniken zum Waldmanagement und zur Neuanpflanzung nativer Arten beigebracht. Außendienstmitarbeiter der NROs gaben den Bauern technische Unterstützung und errichteten Probeanlagen, um die Anwohner vom Nutzen der neuen Methoden zu überzeugen. Dass diese Techniken enthusiastisch gefördert wurden und nachgewiesen werden konnte, dass sie die Produktion verbessern, waren entscheidende Faktoren dafür, die lokalen Landwirte dazu zu bewegen, sie einzuführen und sich für nachhaltige Waldwirtschaft zu entscheiden.

                              Zivilgesellschaftliche Organisationen im Amazonasgebiet führen nicht nur waldfreundliche Anbaumethoden ein, sondern arbeiten auch mit kleinen Anbaukooperativen zusammen, um abgelegene Gemeinschaften in die größeren Märkte zu integrieren. Diese Netzwerke ermöglichen es Bauern, mit den Wäldern Geld zu verdienen, ohne ihnen zu schaden. Aber diese Infrastruktur ist fragil. Laut Daten von Conexsus lag das jährliche Einkommen, das nachhaltige Kooperativen im brasilianischen Amazonasgebiet 2019 für ihre Mitglieder erwirtschaften konnten, bei weniger als der Hälfte des damaligen brasilianischen Mindestlohns. Solche geringen Erträge machen es schwer, Landwirte von profitableren, aber weniger nachhaltigen Aktivitäten wegzulocken.

                              Nachhaltige Forstwirtschaft muss von den Bewohnern ländlicher Gemeinden als verlässliche und stabile Einkommensquelle betrachtet werden, um sich durchsetzen zu können. Diese wirtschaftliche Unsicherheit kann die Regierung durch Gesetze und Anreize verringern.

                              Kreditpolitik fördert schädliche Industrien

                              Leider wird die Wirtschaftlichkeit nachhaltiger Forstwirtschaft in Brasilien durch aktuelle politische Entwicklungen sogar eingeschränkt. Die schrittweise Schwächung der nationalen Behörden, die für die Kontrolle und Überwachung der Landnutzung zuständig sind, ist einer der Hauptgründe für die jüngste Zunahme der Abholzung im Amazonasbecken, und auch die Kreditpolitik Brasiliens im ländlichen Raum hilft nicht dabei, ökologisch nachhaltige Wirtschaftsinitiativen zu unterstützen.

                              2019 und 2020 flossen nur 3 Prozent der Auszahlungen von Finanzinstituten im Amazonasgebiet in nachhaltige Aktivitäten. Der Rest ging größtenteils an Industrien, die dafür bekannt sind, dem lokalen Ökosystem zu schaden – wie in den Sojabohnenanbau oder die industrielle Viehzucht.

                              Die Förderung nachhaltiger Waldwirtschaft ist entscheidend

                              Organisationen auf kommunaler Ebene sind für die Förderung nachhaltiger Waldwirtschaft entscheidend, aber ihre Fähigkeit, Veränderungen auszulösen, ist wegen mangelnden Kapitals begrenzt. Örtlichen Bauern nachhaltigere Techniken beizubringen, Märkte zur Förderung von Investitionen in Waldprodukte zu schaffen, und Methoden zur Integration der Amazonas-Gemeinschaften in die Wertschöpfungsketten zu schaffen – diese Aktivitäten sind zeitraubend und teuer.

                              Der Schutz der Wälder hängt von vielen miteinander verbundenen Faktoren ab. Gesetze zur Unterstützung der Schutzbemühungen und eine stärkere Finanzierung von Initiativen könnten bei der Förderung von Arbeitsweisen helfen, die sich positiv auf die Umwelt auswirken. Aber ohne strukturelle Änderungen auf nationaler und lokaler Ebene, die es den Landbewohnern ermöglichen, ihren Lebensunterhalt mit nachhaltiger Waldwirtschaft zu bestreiten, wird die Zerstörung der wichtigsten Wälder der Erde weitergehen.

                              In Kooperation mit Project Syndicate, 2022. Aus dem Englischen von Harald Eckhoff.

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                                Apéropa

                                Es ist eine schöne Idee. Sogenannte “Peer Parliaments” sollen die Beteiligung der Bürger:innen an europäischer Klimapolitik erhöhen. Dringend nötig, wirkt doch die Brüsseler Blase oft weit von der Lebensrealität der Menschen entfernt. “Wir werden die Klimakrise nur besiegen, wenn sich alle dem Kampf anschließen”, sagt Exekutiv-Vizepräsident Frans Timmermans und ruft zur Gründung von Debattierclubs im Freundeskreis auf.

                                In den Peer Parliaments kommen fünf bis zehn Leute aus demselben Bekanntenkreis, der Schulklasse oder der Studenten-WG zusammen und debattieren über zentrale Themen des Green Deals. Was würde uns dazu bewegen, weniger zu fliegen und stattdessen Zug oder Bus zu nehmen? Wie können wir die Energiewende fair für alle gestalten? Wie können wir nachhaltiger essen und weniger Lebensmittel verschwenden? Unter dem Namen Hausparlament organisiert die Bürgerinitiative Pulse of Europe bereits vergleichbare Gesprächsrunden zu EU-Themen.

                                Die Ergebnisse der Debatten aus den Peer Parliaments können bei der Kommission eingereicht werden. Sie werden anschließend – so verspricht es die Kommission – in einem Abschlussbericht gesammelt, der mit politischen Entscheidungsträgerinnen und Interessenvertretern diskutiert wird. Wie gesagt, klingt toll. Hilft aber nur, wenn die Vorschläge der Peer Parliaments auch wirklich sichtbar bei der Umsetzung des Green Deals berücksichtigt werden.

                                Ohnehin gibt es bereits öffentliche Konsultationen zu Gesetzesvorschlägen der Kommission, in denen Bürger:innen ihre Meinung äußern können. Auch die EU-Zukunftskonferenz verfolgt ein ähnliches Ziel. Ob das Feedback schlussendlich in die Beratungen und Verhandlungen einfließt, ist alles andere als ersichtlich. Und so könnte es auch bei den Peer Parliaments passieren. Die Gefahr wäre dann, dass die Bürger:innen noch weniger Vertrauen in die inszenierte Bürgernähe der EU haben. Oder – und das ist vermutlich das Wahrscheinlichste – sie bekommen von alledem ohnehin nichts mit. Lukas Scheid

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