Table.Briefing: Europe

Streit um Taxonomie + Medizinprodukte + Barbara Thiel

  • Taxonomie: Grünes Label für Erdgas und Kernkraft sorgt für Empörung
  • Medizinprodukte: Landespolitik springt der Branche bei
  • Die wichtigsten EU-Termine bis zur Sommerpause
  • Drei der letzten sechs Kernkraftwerke in Deutschland abgeschaltet
  • Niederlande: 14 von 29 Regierungsposten gehen an Frauen
  • Kartellamt prüft Amazons Verbindung zu Markenherstellern
  • US-Verkehrsminister fordert Aufschub von 5G-Einführung
  • Barbara Thiel: Datenschutz als Qualitätsmerkmal
Liebe Leserin, lieber Leser,

mit Beginn des neuen Jahres haben Deutschland und Frankreich den Vorsitz bei den G7 und der EU übernommen. Die Regierungen in Berlin und Paris wollen die Präsidentschaften in enger Abstimmung führen, wie auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) betonte. Doch das alte Jahr war noch nicht ganz vorbei, da kam Post von der EU-Kommission, die nicht gerade für Harmonie zwischen den beiden Ländern sorgen dürfte.

Am späten Silvesterabend erreichte die Ergänzung der Kommission zur EU-Taxonomie die Mitgliedstaaten. Wie von vielen Beobachter:innen vermutet, schlägt sie vor, dass Investitionen in Kernkraft und Erdgas unter bestimmten Bedingungen als nachhaltig gelten sollen. Es sind Neujahrsgrüße, die in manchen Ländern alles andere als erfreut aufgenommen werden. Aus Deutschland, das in diesem Jahr den Atomausstieg vollenden will, kommt scharfe Kritik. Österreichs Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) droht gar mit rechtlichen Schritten. Mehr dazu lesen Sie in der Analyse von Timo Landenberger.

Seit Mai 2021 müssen alle neuen Medizinprodukte die Anforderungen der Medizinprodukteverordnung der EU erfüllen. Für die Branche hat damit eine neue Ära begonnen. Selbst Hochrisiko-Produkte waren zuvor in einem Großteil der Fälle ohne klinische Studien auf den Markt gekommen. Doch Hersteller und Ärztinnen warnen, dass im Zuge der neuen Vorschriften viele Produkte verschwinden könnten. Wie Eugenie Ankowitsch berichtet, bekommt die Branche nun Unterstützung von der deutschen Landespolitik. 

Wann trifft sich der Europäische Rat, welche Vorhaben will die Kommission umsetzen? Wir haben die wichtigsten EU-Termine bis zur Sommerpause zusammengestellt, damit Sie sich einen Überblick darüber verschaffen können, was 2022 ansteht.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start ins neue Jahr.

Ihre
Sarah Schaefer
Bild von Sarah  Schaefer

Analyse

EU-Taxonomie: Grünes Label für Erdgas und Kernkraft sorgt für Empörung

Nur etwa eine Stunde vor dem Jahreswechsel löste Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Freitagabend ihr Versprechen ein, die Ergänzung zur EU-Taxonomie noch im Jahr 2021 an die Mitgliedstaaten zu verschicken. Schon der Zeitpunkt sorgte für Protest unter Kritikern. Sei dieser doch bewusst gewählt worden, um vom umstrittenen Inhalt abzulenken, so der Tenor zahlreicher Twitter-Beiträge.

Sollte das tatsächlich der Plan der Kommission gewesen sein, dann ist er nicht aufgegangen. Denn wenige Stunden später wurde der Entwurf öffentlich und umso hitziger diskutiert.

Demnach sollen Investitionen in Erdgas und Kernenergie in der EU-Taxonomie als klimafreundlich eingestuft werden, sofern die Technologien bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Damit will die Brüsseler Behörde sicherstellen, dass diese nicht als Dauer-, sondern lediglich als Übergangslösungen in Betracht kommen, wie in dem Entwurf mehrfach betont wird. Denn der derzeitige Energiemix in Europa variiere stark von einem Mitgliedstaat zum anderen.

Die Taxonomie liste deshalb Arten der Energieerzeugung auf, die es den Mitgliedstaaten ermöglichen sollen, sich von ihren sehr unterschiedlichen Ausgangspositionen aus in Richtung Klimaneutralität zu bewegen, heißt es in der Begründung der Kommission. Mit Blick auf wissenschaftliche Gutachten und den aktuellen Stand des technologischen Fortschritts sei man der Auffassung, “dass Erdgas und Kernenergie die Transition zu kohlenstoffarmen Energiesystemen erleichtern und auf dem Weg in eine überwiegend auf erneuerbaren Energien basierenden Zukunft eine Rolle spielen können”.

Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken

Für Atomkraftwerke sehen die Vorschläge unter anderem vor, dass ein konkreter Plan zur sicheren Entsorgung radioaktiver Abfälle vorgelegt werden muss. Neue Anlagen müssen vor 2045 eine Baugenehmigung erhalten. Angesichts “langer Vorlaufzeiten für Investitionen in neue Kapazitäten” kann dem Entwurf zufolge auch die Laufzeitverlängerung bestehender Kraftwerke als grün eingestuft werden – vorausgesetzt, diese befinden sich auf dem “höchsten erreichbaren Sicherheitsstandard”.

Investitionen in Erdgaskraftwerke sollen dann als klimafreundlich gelten, wenn sie weniger als 270 g CO2-Äquivalent pro Kilowattstunde emittieren und bis zum 31. Dezember 2030 eine Baugenehmigung erhalten. Zudem müssen die neuen Anlagen auf den Betrieb mit kohlenstoffarmen Gasen ausgerichtet werden und alte, rein fossile Kraftwerke ersetzen.

Ab 2035 sollen die Anlagen nur noch mit “low carbon gases” laufen. Allerdings ist noch nicht vollständig geklärt, wie diese CO2-armen Gase definiert werden. In ihrem Gaspaket, das die EU-Kommission im Dezember vorgestellt hatte (Europe.Table berichtete), geht die Behörde von 70 Prozent weniger Treibhausgas-Ausstoß als bei herkömmlichem Erdgas aus.

Offenbar keine Einigkeit bei Ampelkoalition

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) kritisierte die Pläne. “Ich halte es für absolut falsch, dass die Europäische Kommission beabsichtigt, Atomkraft in die EU-Taxonomie für nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten aufzunehmen”, sagte Lemke. Äußerst problematisch sei außerdem, dabei auf öffentliche Konsultationen zu verzichten.

Auch Parteikollege Robert Habeck reagierte mit Ablehnung. Deutschlands Wirtschafts- und Klimaminister nannte die Pläne “eine Verwässerung des guten Labels der Nachhaltigkeit”. Ausgerechnet Atomenergie als nachhaltig zu etikettieren, sei bei dieser Hochrisikotechnologie falsch. Fraglich sei auch die Aufnahme von Erdgas in die Taxonomie. Hier stelle die Kommission aber zumindest deutlicher klar, dass es sich nur um eine Übergangslösung handle. “Es hätte aus unserer Sicht diese Ergänzung der Taxonomieregeln nicht gebraucht. Eine Zustimmung zu den neuen Vorschlägen der EU-Kommission sehen wir nicht”, so Habeck.

Noch einen Schritt weiter ging Österreichs Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) und drohte der Kommission mit rechtlichen Folgen. “Wir haben bereits ein Rechtsgutachten zu Atomkraft in der Taxonomie in Auftrag gegeben. Sollten diese Pläne so umgesetzt werden, werden wir klagen“, schrieb Gewessler auf Twitter. Weder Kernenergie noch das Verbrennen von fossilem Erdgas hätten in der EU-Taxonomie etwas verloren.

Auch die Deutsche Umwelthilfe ist überzeugt: Die Aufnahme der Energieträger Kernenergie und Erdgas entziehe der EU-Taxonomie jede Glaubwürdigkeit. DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner kritisiert dabei insbesondere das Verhalten von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der die klimapolitische Reputation der Bundesregierung riskiere. Scholz hatte sich im Vorfeld für die Aufnahme von Erdgas in das Regelwerk ausgesprochen und die Taxonomie insgesamt als “überbewertet” bezeichnet.

Die Ampelkoalition scheint sich hier nicht einig zu sein. Während Habeck und etliche weitere Grünen-Politiker die Aufnahme von Erdgas kritisieren, ließ ein Regierungssprecher am Wochenende verlauten, man begrüße den Schritt ausdrücklich, lehne Atomstrom aber weiterhin ab.

Chemieindustrie begrüßt den Vorschlag

Da Deutschland als einziges Industrieland gleichzeitig aus Kernenergie und Kohleverstromung aussteigt, setzt die Ampelkoalition auf den Ausbau der Gasinfrastruktur als Transittechnologie. Der Verband der Chemischen Industrie begrüßt deshalb den Vorschlag der EU-Kommission. “Der Ausstieg aus Kohle und Kernenergie macht bei schleppendem Erneuerbaren-Ausbau den Einstieg in neue Gaskraftwerke notwendig. Sonst gehen in der Industrie die Lichter aus”, so VCI-Geschäftsführer Wolfgang Große Entrup.

Die Europäische Kommission habe daher Erdgas als sichere Stromversorgung zurecht in ihrem Taxonomie-Vorschlag berücksichtigt. Durch die strengen Vorgaben für den Neubau von Gaskraftwerken könnten diese ohnehin nur von den effizientesten Anlagen erfüllt werden, was im Sinne der Energiewende und des Klimaschutzes sei.

Konsultation zur Aufnahme von Kernenergie & Erdgas in EU-Taxonomie

Mit der Taxonomie legt die Kommission den EU-weit gültigen Standard für nachhaltige Investitionen fest und definiert somit, welche Energiequellen auf den Finanzmärkten als klimafreundlich gelten und welche nicht. Bereits vor einigen Monaten hatte die Brüsseler Behörde angekündigt, eine Erweiterung des Regelwerks vorlegen zu wollen. Aufgrund von Uneinigkeiten wurde der Termin jedoch mehrfach verschoben. Während Länder wie Frankreich oder Polen sehr auf die Aufnahme der Kernenergie in die EU-Taxonomie pochten, plädierte Deutschland für Erdgas. Wieder andere lehnen beides ab.

Der am Freitag begonnene Konsultationsprozess mit den Mitgliedstaaten soll nun bis zum 12. Januar dauern. Danach will die Kommission ihre Pläne offiziell vorstellen und Rat sowie Parlament zur Prüfung vorlegen. Da es sich bei der Taxonomie jedoch um einen sogenannten delegierten Rechtsakt handelt, haben diese keinerlei Gestaltungsmöglichkeiten, sondern können das Papier lediglich annehmen oder ablehnen. Letzteres gilt als unwahrscheinlich. Im Rat bedürfte es dafür einer qualifizierten Mehrheit von 20 der 27 EU-Staaten. Nur wenige Länder haben sich bisher dagegen ausgesprochen. Das EU-Parlament kann mit absoluter Mehrheit den Vorschlag abweisen.

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    Medizinprodukte: Landespolitik springt der Branche bei

    Es waren Skandale um mangelhafte Brustimplantate, die auf der EU-Ebene die ohnehin fällige Überarbeitung des geltenden Medizinprodukte-Rechts vorangetrieben hatten. Um die Jahrtausendwende verloren mit Sojaöl gefüllte Brustkissen das CE-Zertifikat, als herauskam, dass sie reißen oder undicht werden konnten. 

    Im Frühjahr 2010 sorgte ein zweiter Skandal um mangelhafte, mit Industriesilikon befüllte Brustimplantate der französischen Firma Poly Implant Prothèse (PIP) für Schlagzeilen. Sie waren allerdings keine Einzelfälle. Auch brüchige Hüftimplantate und fehlerhafte Metall-auf-Metall-Endoprothesen erschütterten das Vertrauen in Medizinprodukte.

    Im Jahr 2012 legte die EU-Kommission einen entsprechenden Verordnungsentwurf vor. Doch erst im April 2017 wurde die EU-Medizinprodukteverordnung (Medical Device Regulation, MDR) nach zähen Verhandlungen beschlossen. Ihre volle Wirksamkeit hat die MDR erst am 26. Mai 2021 entfaltet. Seitdem müssen alle neuen Medizinprodukte die neuen Anforderungen erfüllen. Bis 2024 müssen die Hersteller außerdem ihr komplettes Bestandsportfolio neu zertifizieren lassen.

    EU-Medizinprodukteverordnung (MDR): Zertifizierungsstau erwartet

    Mit der EU-Medizinprodukteverordnung (MDR) gilt nun für Medizinprodukte zumindest ansatzweise das, was bei Medikamenten längst Standard ist: Die Hersteller müssen die Sicherheit und Wirksamkeit ihrer Produkte belegen sowie Transparenz gewährleisten. Bereits im Vorfeld hatte die Branche vor unverhältnismäßigem Aufwand, hohen Kosten für die Unternehmen sowie in der Folge vor drohenden Portfoliobereinigungen, Geschäftsaufgaben und letztlich vor Verschlechterung der Patientenversorgung gewarnt. Vor allem mit Ablauf der Übergangsfrist im Jahr 2024 wird ein Zertifizierungsstau erwartet.

    Die MDR zeige “bereits jetzt dramatische Auswirkungen auf den Medizintechnikmarkt“, bekräftigte der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) seine Kritik wenige Monaten nach Geltungsbeginn. Anders sah das allerdings die alte Bundesregierung. Sie konnte keine “spürbaren Marktveränderungen” feststellen, hieß es in einer Antwort auf eine Anfrage der FDP.

    Baden-Württemberg ist besonders aktiv

    Schützenhilfe bekommt die Branche nun von der Landespolitik. So haben sowohl die Wirtschaftsministerkonferenz als auch die Gesundheitsministerkonferenz in ihren aktuellen Beschlüssen stärkere Unterstützungsmaßnahmen für kleine und mittelständische Unternehmen gefordert. In den Beschlüssen wird die Bundesregierung aufgerufen, sich für Lösungswege einzusetzen, um “weitere Produktportfoliobereinigungen, Geschäftsaufgaben und Versorgungsengpässe für Medizinprodukte” zu vermeiden.

    Bemängelt wird zudem, dass weiterhin dringender Handlungsbedarf bezüglich fehlender Durchführungs- und Implementierungsrechtsakte durch die Europäische Kommission bestehe. Ob die Landesminister bei der neuen Bundesregierung tatsächlich Gehör finden, bleibt abzuwarten.

    Vor allem Baden-Württemberg treibt das Thema auf allen politischen Ebenen mit Nachdruck voran. Bereits im vergangenen Juli hat das Land auch nach Brüssel Handlungsempfehlungen geschickt, die beschreiben, wie unter Berücksichtigung der bestehenden Vorschriften der EUMedizinprodukteverordnung (MDR) insbesondere für Nischen- und Bestandsprodukte Versorgungsengpässe vermieden werden könnten. So bedarf es aus Sicht der Autoren etwa für Nischenprodukte eines eigenen Rechtsrahmens auf EU-Ebene.

    Task Force “Nischenprodukte” installiert

    “Mit unseren Handlungsempfehlungen haben wir dafür gesorgt, dass die Thematik erneut auf die Agenda der Sitzung der Medical Device Coordination Group (MDCG) aufgenommen wurde”, teilte eine Sprecherin des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums auf Anfrage mit. Nach Informationen des Ministeriums hat die MDCG, die die Leitfäden zur einheitlichen Umsetzung der MDR entwickelt, eine Task Force zu Nischenprodukten (Orphan Devices) installiert.

    Dass sich die deutsche Landespolitik für die Branche einsetzt, ist angesichts ihrer zentralen Rolle für den deutschen Wirtschaftsstandort nicht überraschend. Nach Branchenangaben sind in Deutschland mehr als 12.000 Unternehmen im Bereich Medizinprodukte ansässig, die über 215.000 Mitarbeiter beschäftigen und 2020 einen Umsatz von über 34 Milliarden Euro generierten. Für das Jahr 2021 wird eine Steigerung von 36 Milliarden Euro erwartet. Etwa zwei Drittel aller hergestellten Medizinprodukte werden exportiert.

    Für die Medizintechnikbranche hat mit EUMedizinprodukteverordnung (MDR) eine neue Ära begonnen. Denn früher haben sich die Hersteller im Prinzip selbst das benötigte CE-Kennzeichen ausgestellt, indem sie lediglich bestätigten, dass ihre Ware den rechtlichen Vorschriften entspricht. Bei Hochrisiko-Produkten überprüfte zusätzlich eine sogenannte Benannte Stelle, wie beispielsweise der TÜV, die Unterlagen des Herstellers und vergab dann das CE-Kennzeichen.

    Klinische Studien mussten nur für Hochrisiko-Produkte durchgeführt werden. Tatsächlich kamen aber rund 90 Prozent der hochriskanten Medizinprodukte gänzlich ohne klinische Studien auf den Markt, und zwar über den sogenannten Äquivalenz-Weg. Dabei berufen sich die Hersteller auf bereits vorliegende Produkte.

    Manche Produkte schon nicht mehr verfügbar

    Dass die aktuellen Befürchtungen der Branche nicht gänzlich unberechtigt sind, soll eine BVMed-Umfrage untermauern. Sie ergab, dass über 70 Prozent der BVMed-Mitgliedsunternehmen aufgrund der MDR-Neuregelungen einzelne Medizinprodukte oder ganze Produktlinien eingestellt hätten. Rund 60 Prozent berichteten, dass sich die Kosten verdoppelt und die Dauer eines Konformitätsbewertungsverfahrens erhöht hat.

    “Wir brauchen jetzt Lösungen insbesondere für bewährte Bestandsprodukte und seltene Nischenprodukte, wie sie beispielsweise in den USA oder für seltene Arzneimittel in der EU existieren”, fordert BVMed-Geschäftsführer Marc-Pierre Möll.

    Für bewährte Bestandsprodukte müssen laut BVMed pragmatische Lösungen beispielsweise über das Instrument der “Anerkennung klinischer Praxis” und unter Nutzung von existierenden Registerdaten gefunden werden. Für Spezial- bzw. Nischenprodukte schlägt der Verband Ausnahmeregelungen nach dem US-Vorbild der “Humanitarian Device Exemption” sowie der “Orphan Drug”-Regelungen in Europa vor.

    Für KMU sollten zusätzliche Förderprogramme beispielsweise zur Unterstützung von klinischen Studien aufgelegt werden. Diese Förderprogramme dürfen sich nicht nur auf Neuentwicklungen und Innovationen beschränken, sondern müssen Bestandsprodukte einschließen, so die Forderungen der Funktionäre.

    Die neuen Anforderungen seien ja seit Langem bekannt, hieß es aus den EU-Kreisen. Dennoch sei sich die Kommission der Herausforderungen bewusst und arbeite eng mit den zuständigen nationalen Behörden, der Industrie und den Benannten Stellen zusammen. Zudem enthalte die EUMedizinprodukteverordnung (MDR) eine Reihe von Schutzmaßnahmen, um eine Verknappung kritischer Produkte zu vermeiden. Für eine Bewertung der Umsetzung sei es allerdings noch zu früh.

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      Termine

      Wann finden die Treffen des Europäischen Rates statt? Welche wichtigen Vorhaben möchte die EU-Kommission umsetzen? Was plant die französische EU-Ratspräsidentschaft? Wir haben für Sie eine Übersicht über die wichtigsten Termine der EU-Institutionen bis zur Sommerpause 2022 zusammengestellt. Alle Angaben sind als vorläufig zu verstehen und unterliegen dem Vorbehalt möglicher Änderungen durch die jeweiligen Institutionen.

      06.01.-07.01.2022
      Besuch der EU-Kommissar:innen in Paris

      17.01.-20.01.2022
      Sitzungswoche des EU-Parlaments

      17.01.2022
      Euro-Gruppe

      26.01.2022
      Vorhaben der EU-Kommission: Vorschlag für die Grundsätze des digitalen Jahrzehnts
      Zuständigkeit: Vestager

      14.02.-17.02.2022
      Sitzungswoche des EU-Parlaments

      17.02.-18.02.2022
      Gipfel der Europäischen Union und der Afrikanischen Union in Brüssel

      23.02.2022
      Vorhaben der EU-Kommission: Data Act
      Zuständigkeit: Vestager

      07.03.-10.03.2022
      Sitzungswoche des EU-Parlaments

      10.03.2022
      Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs zum Neuen europäischen Modell

      14.03.2022
      Euro-Gruppe

      17.03.2022
      Rat der EU: Umwelt

      23.03.2022
      Dreigliedriger Sozialgipfel

      24.03.-25.03.2022
      Europäischer Rat

      30.03.2022
      Vorhaben der EU-Kommission: Kreislaufwirtschafts-Paket I
      Zuständigkeit: Timmermans/Jourová

      04.04.-07.04.2022
      Sitzungswoche des EU-Parlaments

      04.04.2022
      Euro-Gruppe

      13.04.2022
      Vorhaben der EU-Kommission: Emmissions- und Schadstoff-Paket
      Zuständigkeit: Timmermans/Vestager

      02.05.-05.05.2022
      Sitzungswoche des EU-Parlaments

      11.05.2022
      Vorhaben der EU-Kommission: Neue Strategie für die internationale Zusammenarbeit im Energiebereich
      Zuständigkeit: Timmermans/Borrell

      18.05.2022
      Vorhaben der EU-Kommission: Paket zu indirekten Steuern
      Zuständigkeit: Dombrovskis/Borrell

      23.05.2022
      Euro-Gruppe

      02.06.-03.06.2022
      Rat der EU: Verkehr, Telekommunikation und Energie

      06.06.-09.06.2022
      Sitzungswoche des EU-Parlaments

      16.06.2022
      Euro-Gruppe

      22.06.2022
      Vorhaben der EU-Kommission: Europäischer Gesundheitsdatenraum
      Zuständigkeit: Schinas

      23.06.-24.06.2022
      Europäischer Rat

      27.06.2022
      Rat der EU: Verkehr, Telekommunikation und Energie

      28.06.2022
      Rat der EU: Umwelt

      29.06.2022
      Vorhaben der EU-Kommission: Europäischer Chips Act
      Zuständigkeit: Vestager

      04.07.-07.07.2022
      Sitzungswoche des EU-Parlaments

      20.07.2022
      Vorhaben der EU-Kommission: Kreislaufwirtschaftspaket II
      Zuständigkeit: Timmermans

      News

      Drei der letzten sechs Kernkraftwerke in Deutschland abgeschaltet

      Zum Jahresende war Schluss: Die Reaktoren Brokdorf, Grohnde und Gundremmingen C, die von den Energieversorgern Eon und RWE betrieben worden waren, gingen am späten Freitagabend nach dreieinhalb Jahrzehnten endgültig vom Netz.

      Die nun letzten drei Kernkraftwerke in Deutschland – Isar 2, Emsland und Neckarwestheim IIsollen bis Ende dieses Jahres abgeschaltet werden. Während EU-Länder wie Frankreich auf dem Weg zur Klimaneutralität an der Atomenergie festhalten (Europe.Table berichtete), will Deutschland den Atomausstieg in diesem Jahr vollenden.

      Die Eon-Tochter Preussen Elektra, Betreiberin der Kernkraftwerke Brokdorf und Grohnde in Deutschland, teilte am Samstag in einer Erklärung mit, dass die beiden Anlagen kurz vor Mitternacht am Freitag abgeschaltet wurden. RWE gab bekannt, dass auch das Kraftwerk Gundremmingen C am Freitagabend die Stromerzeugung eingestellt hat.

      Der Vorstandsvorsitzende von Preussen Elektra, Guido Knott, dankte den Mitarbeitern für ihr Engagement in Sachen Sicherheit: “Wir haben über Jahrzehnte einen entscheidenden Beitrag zur sicheren, klimafreundlichen und zuverlässigen Stromversorgung in Deutschland geleistet.”

      Vorläufigen Zahlen zufolge trugen die sechs Kernkraftwerke im Jahr 2021 zu rund 12 Prozent der Stromerzeugung in Deutschland bei. Der Anteil der erneuerbaren Energien lag bei fast 41 Prozent, der Anteil der Kohle bei knapp 28 Prozent und der von Gas bei rund 15 Prozent. rtr/sas

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        Niederlande: 14 von 29 Regierungsposten gehen an Frauen

        Die Koalitionsverhandlungen hatten sich über Monate hingezogen, nun ist klar, wer die Niederlande regieren wird: Die Koalitionsparteien haben die Namen der künftigen Minister:innen und Staatssekretär:innen bekannt gegeben. 

        Laut Berichten niederländischer Medien wird es im neuen Kabinett unter Ministerpräsident Mark Rutte so viele Frauen geben wie nie zuvor: 14 der 29 Posten gehen an Frauen. Erste weibliche Finanzministerin wird Sigrid Kaag, Vorsitzende der linksliberalen Partei D66, die bei der Bekanntgabe ihres Postens die Rolle der Niederlande in einem “starken Europa” betonte. Neuer Außenminister wird Wopke Hoekstra, der bisherige Finanzminister und Chef der christdemokratischen CDA.

        Teil der Koalition ist neben Ruttes Mitte-Rechts-Partei VVD, D66 und CDA die konservative Christen-Union. Die Koalitionsverhandlungen in den Niederlanden hatten 271 Tage gedauert, Mitte Dezember fanden die Parteien schließlich zueinander. Am 10. Januar soll die neue Regierung vereidigt werden. sas

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          • Niederlande

          Kartellamt prüft Amazons Verbindung zu Markenherstellern

          Im Fall der Tech-Riesen Apple und Amazon, die in Italien mehr als 200 Millionen Euro Geldbuße bezahlen sollen (Europe.Table berichtete), prüft das Bundeskartellamt ein vergleichbares Vorgehen. “Wir prüfen derzeit unter anderem, ob es eine Zusammenarbeit von Amazon mit Markenherstellern wie Apple gibt, die Dritthändler benachteiligt“, sagte der Präsident des Kartellamts Andreas Mundt der “Rheinischen Post”.

          Dabei sei nicht ein hohes Bußgeld das Ziel des Kartellamt-Verfahrens, sondern eine Öffnung des Marktes, sodass andere Unternehmen als Apple Geräte des Handykonzerns über die Markt-Plattform von Amazon verkaufen dürfen.

          2021 habe das Bundeskartellamt deutlich weniger Bußgelder verhängt als im vorigen Jahr. Laut Mundt sanken die Bußgelder um rund 70 Prozent auf 105 Millionen Euro. Der Rückgang lasse sich auch mit den Folgen der Pandemie erklären.

          Mundt warnte vor regionalen Monopolen beim Aufbau von Ladesäulen für Elektroautos: “Es darf insbesondere nicht passieren, dass Kommunen fast alle öffentlichen Flächen für Ladestationen an den jeweiligen örtlichen Versorger vergeben.” rtr

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            US-Verkehrsminister fordert Aufschub von 5G-Einführung

            US-Verkehrsminister Pete Buttigieg und der Leiter der amerikanischen Flugsicherheitsbehörde FAA, Steve Dickson, haben die Telekommunikations-Konzerne AT&T und Verizon Communications am Freitag aufgefordert, ihre für den 5. Januar geplante Einführung des 5G-Mobilfunks im C-Band-Spektrum wegen Sicherheitsbedenken der Luftfahrtindustrie zu verschieben.

            “Wir bitten Ihre Unternehmen, die Einführung des kommerziellen C-Band-Dienstes für einen kurzen Zeitraum von nicht mehr als zwei Wochen über den derzeit geplanten Termin am 5. Januar hinaus zu verschieben”, heißt es in einem Brief des Verkehrsministers und der FAA, der Reuters vorliegt.

            Die FAA und US-Airlines hatten sich bereits mehrmals (Europe.Table berichtete) besorgt über mögliche Interferenzen von 5G mit empfindlicher Flugzeugelektronik wie Funkhöhenmessern geäußert. Sowohl Verizon als auch AT&T teilten mit, sie hätten den Brief erhalten und würden ihn prüfen.

            Buttigieg und Dickson sagten, der kommerzielle C-Band-Dienst werde wie geplant im Januar beginnen, jedoch mit bestimmten Ausnahmen in der Nähe vorrangiger Flughäfen. Die US-Regierung arbeite daran, Lösungsmaßnahmen für alle vorrangigen Flughäfen zu finden, um den meisten großen Verkehrsflugzeugen einen sicheren Betrieb unter allen Bedingungen zu ermöglichen. Damit werde die Aktivierung des 5G-Mobilfunks bis zum 31. März sichergestellt – sofern keine unvorhergesehenen Probleme aufträten. rtr

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              Barbara Thiel: Datenschutz als Qualitätsmerkmal

              Barbara Thiel ist seit 2015 Landesbeauftragte für Datenschutz (LfD) in Niedersachsen
              Barbara Thiel ist seit 2015 Landesbeauftragte für Datenschutz (LfD) in Niedersachsen

              Barbara Thiel macht gern Urlaub auf Sardinien: Das erfährt man auf dem Facebook-Account der niedersächsischen Landesbeauftragten für Datenschutz (LfD). Was sie dort von sich preisgibt, entscheidet sie selbst: “Jeder hat das Recht auf informationelle Selbstbestimmung”, sagt Thiel. “Vor dem Hintergrund der Digitalisierung ist dieses Recht präsenter geworden. Häufig fehlt es aber an Transparenz, was mit den personenbezogenen Daten passiert und wer davon profitiert.”

              An dieser Stelle kommt die DSGVO ins Spiel. Dieses auf “hohem, abstraktem Niveau formulierte Gesetzeswerk” entfalte seine Wirkung nicht nur für große Unternehmen, sagt Thiel, sondern für den gesamten Wirtschaftsbereich und den öffentlichen Bereich – in Europa und darüber hinaus. Da sei es nachvollziehbar, dass es an der ein oder anderen Stelle noch Sand im Getriebe gebe. “Wir müssen dieses Recht umsetzen und anwenden. Wir brauchen aber auch Zeit, um unbestimmte Rechtsbegriffe mit Leben zu füllen. Ob wir in unseren Entscheidungen richtig liegen, werden Gerichtsurteile zeigen”, so Thiel. 

              Datenschutz von Anfang an mitdenken

              Ziel der LfD (mit insgesamt 56 Mitarbeitern) ist es, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu wahren, indem sie die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften überwacht. Die oberste Landesbehörde ist Aufsichts-, Kontroll- und Vollzugsinstanz mit weitreichenden Anordnungs- und Untersuchungsbefugnissen. Sie ist aber auch Beratungsinstanz, die verschiedene Zielgruppen aufklärt, informiert und sensibilisiert. Es sei ein großes Anliegen der Behörde, dass Datenschutz in Unternehmen von Anfang an mitgedacht, mehr wertgeschätzt und als Qualitätsmerkmal verstanden werde. 

              Seit Anfang 2015 ist die gebürtige Salzgitterin als LfD für Niedersachsen im Amt. Die europäische Dimension ihrer Tätigkeit öffnete sich “mit einem Donnerschlag”, als im Herbst 2015 das EuGH-Urteil zu Safe Harbor gefällt wurde. 2017 hatte Barbara Thiel den Vorsitz in der Datenschutz-Konferenz von Bund und Ländern inne und wirkte an Kommentaren zur DSGVO und dem neuen BDSG mit.

              Baustellen bei Anwendung der DSGVO

              Im vierten Jahr der DSGVO-Anwendung zeichnet sie ein “eher positives Bild”. Die DSGVO sei in den meisten Köpfen angekommen. Doch es gibt noch Baustellen, zu denen nicht nur das gekippte EU-US Privacy Shield gehört. 

              So begrüßt Barbara Thiel das neue Gesetz über den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei Telemedien (TTDSG) (Europe.Table berichtete), das zum 1. Dezember in Kraft getreten ist. “Es ist aber eine nationale Regelung”, betont Thiel. “Wir warten seit Jahren auf eine Regelung als Nachfolger zur ePrivacy-Richtlinie, die auf der europäischen Ebene immer noch existiert. Das wäre ein Durchbruch im gesamten Bereich der elektronischen Kommunikation.” Nach wie vor ist jedoch unsicher, ob eine solche Verordnung noch kommt. 

              Das TTDSG soll Rechtsklarheit für den Datenschutz und Schutz der Privatsphäre in der digitalen Welt schaffen. Es regelt insbesondere den Umgang mit Cookies, erweitert das Fernmeldegeheimnis und hat somit auch Auswirkungen auf soziale Medien und Messenger-Dienste wie Facebook. Daniela Krause

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                Apéropa

                Neues Jahr, neue EU-Ratspräsidentschaft: Frankreich hat wie geplant am Samstag offiziell den Staffelstab von Slowenien übernommen und kann dadurch die nächsten sechs Monate einen entscheidenden Einfluss auf die europäische Agenda ausüben. Es ist kein Geheimnis, dass Präsident Macron die Ratspräsidentschaft auch dazu nutzen will, sich selbst als Staatsmann zu profilieren, der französische Interessen innerhalb der EU unbeirrt durchsetzt.

                So könnte sich der 44-Jährige, der bisher noch nicht offiziell zur Wiederwahl für das französische Präsidentenamt im April antritt, eine zweite Amtszeit sichern. Denn rein mit großen europäischen Visionen für die EU gewinnt man in Frankreich (immer noch) keine Wahlen. 

                Um die Franzosen auf die Ratspräsidentschaft einzustimmen, hatte sich Macron für ein symbolträchtiges Signal entschieden: Er ließ am Freitag die Europa-Flagge unter dem “Arc de Triomphe” in Paris installieren. Dort weht normalerweise zu besonderen Anlässen die Frankreich-Flagge. Unter dem geschichtsträchtigen Monument befindet sich das Grab des “Soldat inconnu”, des unbekannten Soldaten. Dieses steht symbolisch für alle Soldaten, die für Frankreich gefallen sind.

                Es war ein gefundenes Fressen für die französische Rechte. Der islamfeindliche Éric Zemmour sprach von “Beleidigung“, die rechtsextreme Marine Le Pen, die wie Zemmour für das Präsidentenamt kandidiert, kündigte gar an, Einspruch vor dem “Conseil d’état” einzulegen, denn die Installation der Europa-Flagge unter dem “Arc de Triomphe” sei ein Angriff auf die französische Identität. Allesamt taten außerdem so, als hänge die Frankreich-Flagge dauerhaft unter dem Denkmal, denn “Macron ersetzt Frankreich-Flagge durch Europa-Flagge”, polarisiert eben mehr. Un peu ridicule, n’est-ce pas?

                Noch lächerlicher machte sich jedoch die konservative Präsidentschaftskandidatin Valérie Pécresse, indem sie in die europafeindliche Hetze einstieg: “Den Vorsitz Europas führen: ja, aber die französische Identität auslöschen: nein!”, twitterte sie. Die 54-Jährige forderte, die Frankreich-Flagge neben die Europa-Flagge zu hängen. Das sei man den Kämpfern, die ihr Blut für Frankreich vergossen hätten, schuldig.

                Wie wichtig Macron den französischen Nationalstolz tatsächlich nimmt, zeigt seine Entscheidung, die französische Ratspräsidentschaft unter dem Motto: “En français, s’il vous plaît” abzuhalten. Sämtliche Debatten und Arbeitssitzungen sollen auf der Sprache Molières abgehalten werden. Zwar ist Französisch eine der drei Arbeitssprachen der EU, aber de facto dominiert Englisch den Arbeitsalltag der EU-Institutionen.

                “C’est terminé”, wenn es nach Macron geht. Das stieß in Brüssel nicht ausschließlich auf Begeisterung, schließlich sprechen nicht alle EU-Diplomaten fließend Französisch. Paris trotzte dem mit einem massiven Angebot von Französisch-Sprachkursen. Auch für Simultan-Übersetzungen werde gesorgt.

                Gestern Nachmittag fand der vermeintliche “Flaggen-Eklat” ein trauriges Ende: Gerade einmal zwei Tage nachdem sie aufgehängt wurde, rollte Paris die Europa-Flagge wieder ein. Man sei nicht unter der Kritik der Rechtsextremen eingeknickt, bemühte sich Frankreichs Europa-Staatssekretär Clément Beaune zu versichern: “Wir hatten vorgesehen, die Flagge am Sonntag abzuhängen”, sagte er im Radiosender France Inter. Un peu ridicule, n’est-ce pas? Jasmin Kohl


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                Europe.Table Redaktion

                EUROPE.TABLE REDAKTION

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                  • Taxonomie: Grünes Label für Erdgas und Kernkraft sorgt für Empörung
                  • Medizinprodukte: Landespolitik springt der Branche bei
                  • Die wichtigsten EU-Termine bis zur Sommerpause
                  • Drei der letzten sechs Kernkraftwerke in Deutschland abgeschaltet
                  • Niederlande: 14 von 29 Regierungsposten gehen an Frauen
                  • Kartellamt prüft Amazons Verbindung zu Markenherstellern
                  • US-Verkehrsminister fordert Aufschub von 5G-Einführung
                  • Barbara Thiel: Datenschutz als Qualitätsmerkmal
                  Liebe Leserin, lieber Leser,

                  mit Beginn des neuen Jahres haben Deutschland und Frankreich den Vorsitz bei den G7 und der EU übernommen. Die Regierungen in Berlin und Paris wollen die Präsidentschaften in enger Abstimmung führen, wie auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) betonte. Doch das alte Jahr war noch nicht ganz vorbei, da kam Post von der EU-Kommission, die nicht gerade für Harmonie zwischen den beiden Ländern sorgen dürfte.

                  Am späten Silvesterabend erreichte die Ergänzung der Kommission zur EU-Taxonomie die Mitgliedstaaten. Wie von vielen Beobachter:innen vermutet, schlägt sie vor, dass Investitionen in Kernkraft und Erdgas unter bestimmten Bedingungen als nachhaltig gelten sollen. Es sind Neujahrsgrüße, die in manchen Ländern alles andere als erfreut aufgenommen werden. Aus Deutschland, das in diesem Jahr den Atomausstieg vollenden will, kommt scharfe Kritik. Österreichs Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) droht gar mit rechtlichen Schritten. Mehr dazu lesen Sie in der Analyse von Timo Landenberger.

                  Seit Mai 2021 müssen alle neuen Medizinprodukte die Anforderungen der Medizinprodukteverordnung der EU erfüllen. Für die Branche hat damit eine neue Ära begonnen. Selbst Hochrisiko-Produkte waren zuvor in einem Großteil der Fälle ohne klinische Studien auf den Markt gekommen. Doch Hersteller und Ärztinnen warnen, dass im Zuge der neuen Vorschriften viele Produkte verschwinden könnten. Wie Eugenie Ankowitsch berichtet, bekommt die Branche nun Unterstützung von der deutschen Landespolitik. 

                  Wann trifft sich der Europäische Rat, welche Vorhaben will die Kommission umsetzen? Wir haben die wichtigsten EU-Termine bis zur Sommerpause zusammengestellt, damit Sie sich einen Überblick darüber verschaffen können, was 2022 ansteht.

                  Ich wünsche Ihnen einen guten Start ins neue Jahr.

                  Ihre
                  Sarah Schaefer
                  Bild von Sarah  Schaefer

                  Analyse

                  EU-Taxonomie: Grünes Label für Erdgas und Kernkraft sorgt für Empörung

                  Nur etwa eine Stunde vor dem Jahreswechsel löste Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Freitagabend ihr Versprechen ein, die Ergänzung zur EU-Taxonomie noch im Jahr 2021 an die Mitgliedstaaten zu verschicken. Schon der Zeitpunkt sorgte für Protest unter Kritikern. Sei dieser doch bewusst gewählt worden, um vom umstrittenen Inhalt abzulenken, so der Tenor zahlreicher Twitter-Beiträge.

                  Sollte das tatsächlich der Plan der Kommission gewesen sein, dann ist er nicht aufgegangen. Denn wenige Stunden später wurde der Entwurf öffentlich und umso hitziger diskutiert.

                  Demnach sollen Investitionen in Erdgas und Kernenergie in der EU-Taxonomie als klimafreundlich eingestuft werden, sofern die Technologien bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Damit will die Brüsseler Behörde sicherstellen, dass diese nicht als Dauer-, sondern lediglich als Übergangslösungen in Betracht kommen, wie in dem Entwurf mehrfach betont wird. Denn der derzeitige Energiemix in Europa variiere stark von einem Mitgliedstaat zum anderen.

                  Die Taxonomie liste deshalb Arten der Energieerzeugung auf, die es den Mitgliedstaaten ermöglichen sollen, sich von ihren sehr unterschiedlichen Ausgangspositionen aus in Richtung Klimaneutralität zu bewegen, heißt es in der Begründung der Kommission. Mit Blick auf wissenschaftliche Gutachten und den aktuellen Stand des technologischen Fortschritts sei man der Auffassung, “dass Erdgas und Kernenergie die Transition zu kohlenstoffarmen Energiesystemen erleichtern und auf dem Weg in eine überwiegend auf erneuerbaren Energien basierenden Zukunft eine Rolle spielen können”.

                  Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken

                  Für Atomkraftwerke sehen die Vorschläge unter anderem vor, dass ein konkreter Plan zur sicheren Entsorgung radioaktiver Abfälle vorgelegt werden muss. Neue Anlagen müssen vor 2045 eine Baugenehmigung erhalten. Angesichts “langer Vorlaufzeiten für Investitionen in neue Kapazitäten” kann dem Entwurf zufolge auch die Laufzeitverlängerung bestehender Kraftwerke als grün eingestuft werden – vorausgesetzt, diese befinden sich auf dem “höchsten erreichbaren Sicherheitsstandard”.

                  Investitionen in Erdgaskraftwerke sollen dann als klimafreundlich gelten, wenn sie weniger als 270 g CO2-Äquivalent pro Kilowattstunde emittieren und bis zum 31. Dezember 2030 eine Baugenehmigung erhalten. Zudem müssen die neuen Anlagen auf den Betrieb mit kohlenstoffarmen Gasen ausgerichtet werden und alte, rein fossile Kraftwerke ersetzen.

                  Ab 2035 sollen die Anlagen nur noch mit “low carbon gases” laufen. Allerdings ist noch nicht vollständig geklärt, wie diese CO2-armen Gase definiert werden. In ihrem Gaspaket, das die EU-Kommission im Dezember vorgestellt hatte (Europe.Table berichtete), geht die Behörde von 70 Prozent weniger Treibhausgas-Ausstoß als bei herkömmlichem Erdgas aus.

                  Offenbar keine Einigkeit bei Ampelkoalition

                  Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) kritisierte die Pläne. “Ich halte es für absolut falsch, dass die Europäische Kommission beabsichtigt, Atomkraft in die EU-Taxonomie für nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten aufzunehmen”, sagte Lemke. Äußerst problematisch sei außerdem, dabei auf öffentliche Konsultationen zu verzichten.

                  Auch Parteikollege Robert Habeck reagierte mit Ablehnung. Deutschlands Wirtschafts- und Klimaminister nannte die Pläne “eine Verwässerung des guten Labels der Nachhaltigkeit”. Ausgerechnet Atomenergie als nachhaltig zu etikettieren, sei bei dieser Hochrisikotechnologie falsch. Fraglich sei auch die Aufnahme von Erdgas in die Taxonomie. Hier stelle die Kommission aber zumindest deutlicher klar, dass es sich nur um eine Übergangslösung handle. “Es hätte aus unserer Sicht diese Ergänzung der Taxonomieregeln nicht gebraucht. Eine Zustimmung zu den neuen Vorschlägen der EU-Kommission sehen wir nicht”, so Habeck.

                  Noch einen Schritt weiter ging Österreichs Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) und drohte der Kommission mit rechtlichen Folgen. “Wir haben bereits ein Rechtsgutachten zu Atomkraft in der Taxonomie in Auftrag gegeben. Sollten diese Pläne so umgesetzt werden, werden wir klagen“, schrieb Gewessler auf Twitter. Weder Kernenergie noch das Verbrennen von fossilem Erdgas hätten in der EU-Taxonomie etwas verloren.

                  Auch die Deutsche Umwelthilfe ist überzeugt: Die Aufnahme der Energieträger Kernenergie und Erdgas entziehe der EU-Taxonomie jede Glaubwürdigkeit. DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner kritisiert dabei insbesondere das Verhalten von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der die klimapolitische Reputation der Bundesregierung riskiere. Scholz hatte sich im Vorfeld für die Aufnahme von Erdgas in das Regelwerk ausgesprochen und die Taxonomie insgesamt als “überbewertet” bezeichnet.

                  Die Ampelkoalition scheint sich hier nicht einig zu sein. Während Habeck und etliche weitere Grünen-Politiker die Aufnahme von Erdgas kritisieren, ließ ein Regierungssprecher am Wochenende verlauten, man begrüße den Schritt ausdrücklich, lehne Atomstrom aber weiterhin ab.

                  Chemieindustrie begrüßt den Vorschlag

                  Da Deutschland als einziges Industrieland gleichzeitig aus Kernenergie und Kohleverstromung aussteigt, setzt die Ampelkoalition auf den Ausbau der Gasinfrastruktur als Transittechnologie. Der Verband der Chemischen Industrie begrüßt deshalb den Vorschlag der EU-Kommission. “Der Ausstieg aus Kohle und Kernenergie macht bei schleppendem Erneuerbaren-Ausbau den Einstieg in neue Gaskraftwerke notwendig. Sonst gehen in der Industrie die Lichter aus”, so VCI-Geschäftsführer Wolfgang Große Entrup.

                  Die Europäische Kommission habe daher Erdgas als sichere Stromversorgung zurecht in ihrem Taxonomie-Vorschlag berücksichtigt. Durch die strengen Vorgaben für den Neubau von Gaskraftwerken könnten diese ohnehin nur von den effizientesten Anlagen erfüllt werden, was im Sinne der Energiewende und des Klimaschutzes sei.

                  Konsultation zur Aufnahme von Kernenergie & Erdgas in EU-Taxonomie

                  Mit der Taxonomie legt die Kommission den EU-weit gültigen Standard für nachhaltige Investitionen fest und definiert somit, welche Energiequellen auf den Finanzmärkten als klimafreundlich gelten und welche nicht. Bereits vor einigen Monaten hatte die Brüsseler Behörde angekündigt, eine Erweiterung des Regelwerks vorlegen zu wollen. Aufgrund von Uneinigkeiten wurde der Termin jedoch mehrfach verschoben. Während Länder wie Frankreich oder Polen sehr auf die Aufnahme der Kernenergie in die EU-Taxonomie pochten, plädierte Deutschland für Erdgas. Wieder andere lehnen beides ab.

                  Der am Freitag begonnene Konsultationsprozess mit den Mitgliedstaaten soll nun bis zum 12. Januar dauern. Danach will die Kommission ihre Pläne offiziell vorstellen und Rat sowie Parlament zur Prüfung vorlegen. Da es sich bei der Taxonomie jedoch um einen sogenannten delegierten Rechtsakt handelt, haben diese keinerlei Gestaltungsmöglichkeiten, sondern können das Papier lediglich annehmen oder ablehnen. Letzteres gilt als unwahrscheinlich. Im Rat bedürfte es dafür einer qualifizierten Mehrheit von 20 der 27 EU-Staaten. Nur wenige Länder haben sich bisher dagegen ausgesprochen. Das EU-Parlament kann mit absoluter Mehrheit den Vorschlag abweisen.

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                    Medizinprodukte: Landespolitik springt der Branche bei

                    Es waren Skandale um mangelhafte Brustimplantate, die auf der EU-Ebene die ohnehin fällige Überarbeitung des geltenden Medizinprodukte-Rechts vorangetrieben hatten. Um die Jahrtausendwende verloren mit Sojaöl gefüllte Brustkissen das CE-Zertifikat, als herauskam, dass sie reißen oder undicht werden konnten. 

                    Im Frühjahr 2010 sorgte ein zweiter Skandal um mangelhafte, mit Industriesilikon befüllte Brustimplantate der französischen Firma Poly Implant Prothèse (PIP) für Schlagzeilen. Sie waren allerdings keine Einzelfälle. Auch brüchige Hüftimplantate und fehlerhafte Metall-auf-Metall-Endoprothesen erschütterten das Vertrauen in Medizinprodukte.

                    Im Jahr 2012 legte die EU-Kommission einen entsprechenden Verordnungsentwurf vor. Doch erst im April 2017 wurde die EU-Medizinprodukteverordnung (Medical Device Regulation, MDR) nach zähen Verhandlungen beschlossen. Ihre volle Wirksamkeit hat die MDR erst am 26. Mai 2021 entfaltet. Seitdem müssen alle neuen Medizinprodukte die neuen Anforderungen erfüllen. Bis 2024 müssen die Hersteller außerdem ihr komplettes Bestandsportfolio neu zertifizieren lassen.

                    EU-Medizinprodukteverordnung (MDR): Zertifizierungsstau erwartet

                    Mit der EU-Medizinprodukteverordnung (MDR) gilt nun für Medizinprodukte zumindest ansatzweise das, was bei Medikamenten längst Standard ist: Die Hersteller müssen die Sicherheit und Wirksamkeit ihrer Produkte belegen sowie Transparenz gewährleisten. Bereits im Vorfeld hatte die Branche vor unverhältnismäßigem Aufwand, hohen Kosten für die Unternehmen sowie in der Folge vor drohenden Portfoliobereinigungen, Geschäftsaufgaben und letztlich vor Verschlechterung der Patientenversorgung gewarnt. Vor allem mit Ablauf der Übergangsfrist im Jahr 2024 wird ein Zertifizierungsstau erwartet.

                    Die MDR zeige “bereits jetzt dramatische Auswirkungen auf den Medizintechnikmarkt“, bekräftigte der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) seine Kritik wenige Monaten nach Geltungsbeginn. Anders sah das allerdings die alte Bundesregierung. Sie konnte keine “spürbaren Marktveränderungen” feststellen, hieß es in einer Antwort auf eine Anfrage der FDP.

                    Baden-Württemberg ist besonders aktiv

                    Schützenhilfe bekommt die Branche nun von der Landespolitik. So haben sowohl die Wirtschaftsministerkonferenz als auch die Gesundheitsministerkonferenz in ihren aktuellen Beschlüssen stärkere Unterstützungsmaßnahmen für kleine und mittelständische Unternehmen gefordert. In den Beschlüssen wird die Bundesregierung aufgerufen, sich für Lösungswege einzusetzen, um “weitere Produktportfoliobereinigungen, Geschäftsaufgaben und Versorgungsengpässe für Medizinprodukte” zu vermeiden.

                    Bemängelt wird zudem, dass weiterhin dringender Handlungsbedarf bezüglich fehlender Durchführungs- und Implementierungsrechtsakte durch die Europäische Kommission bestehe. Ob die Landesminister bei der neuen Bundesregierung tatsächlich Gehör finden, bleibt abzuwarten.

                    Vor allem Baden-Württemberg treibt das Thema auf allen politischen Ebenen mit Nachdruck voran. Bereits im vergangenen Juli hat das Land auch nach Brüssel Handlungsempfehlungen geschickt, die beschreiben, wie unter Berücksichtigung der bestehenden Vorschriften der EUMedizinprodukteverordnung (MDR) insbesondere für Nischen- und Bestandsprodukte Versorgungsengpässe vermieden werden könnten. So bedarf es aus Sicht der Autoren etwa für Nischenprodukte eines eigenen Rechtsrahmens auf EU-Ebene.

                    Task Force “Nischenprodukte” installiert

                    “Mit unseren Handlungsempfehlungen haben wir dafür gesorgt, dass die Thematik erneut auf die Agenda der Sitzung der Medical Device Coordination Group (MDCG) aufgenommen wurde”, teilte eine Sprecherin des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums auf Anfrage mit. Nach Informationen des Ministeriums hat die MDCG, die die Leitfäden zur einheitlichen Umsetzung der MDR entwickelt, eine Task Force zu Nischenprodukten (Orphan Devices) installiert.

                    Dass sich die deutsche Landespolitik für die Branche einsetzt, ist angesichts ihrer zentralen Rolle für den deutschen Wirtschaftsstandort nicht überraschend. Nach Branchenangaben sind in Deutschland mehr als 12.000 Unternehmen im Bereich Medizinprodukte ansässig, die über 215.000 Mitarbeiter beschäftigen und 2020 einen Umsatz von über 34 Milliarden Euro generierten. Für das Jahr 2021 wird eine Steigerung von 36 Milliarden Euro erwartet. Etwa zwei Drittel aller hergestellten Medizinprodukte werden exportiert.

                    Für die Medizintechnikbranche hat mit EUMedizinprodukteverordnung (MDR) eine neue Ära begonnen. Denn früher haben sich die Hersteller im Prinzip selbst das benötigte CE-Kennzeichen ausgestellt, indem sie lediglich bestätigten, dass ihre Ware den rechtlichen Vorschriften entspricht. Bei Hochrisiko-Produkten überprüfte zusätzlich eine sogenannte Benannte Stelle, wie beispielsweise der TÜV, die Unterlagen des Herstellers und vergab dann das CE-Kennzeichen.

                    Klinische Studien mussten nur für Hochrisiko-Produkte durchgeführt werden. Tatsächlich kamen aber rund 90 Prozent der hochriskanten Medizinprodukte gänzlich ohne klinische Studien auf den Markt, und zwar über den sogenannten Äquivalenz-Weg. Dabei berufen sich die Hersteller auf bereits vorliegende Produkte.

                    Manche Produkte schon nicht mehr verfügbar

                    Dass die aktuellen Befürchtungen der Branche nicht gänzlich unberechtigt sind, soll eine BVMed-Umfrage untermauern. Sie ergab, dass über 70 Prozent der BVMed-Mitgliedsunternehmen aufgrund der MDR-Neuregelungen einzelne Medizinprodukte oder ganze Produktlinien eingestellt hätten. Rund 60 Prozent berichteten, dass sich die Kosten verdoppelt und die Dauer eines Konformitätsbewertungsverfahrens erhöht hat.

                    “Wir brauchen jetzt Lösungen insbesondere für bewährte Bestandsprodukte und seltene Nischenprodukte, wie sie beispielsweise in den USA oder für seltene Arzneimittel in der EU existieren”, fordert BVMed-Geschäftsführer Marc-Pierre Möll.

                    Für bewährte Bestandsprodukte müssen laut BVMed pragmatische Lösungen beispielsweise über das Instrument der “Anerkennung klinischer Praxis” und unter Nutzung von existierenden Registerdaten gefunden werden. Für Spezial- bzw. Nischenprodukte schlägt der Verband Ausnahmeregelungen nach dem US-Vorbild der “Humanitarian Device Exemption” sowie der “Orphan Drug”-Regelungen in Europa vor.

                    Für KMU sollten zusätzliche Förderprogramme beispielsweise zur Unterstützung von klinischen Studien aufgelegt werden. Diese Förderprogramme dürfen sich nicht nur auf Neuentwicklungen und Innovationen beschränken, sondern müssen Bestandsprodukte einschließen, so die Forderungen der Funktionäre.

                    Die neuen Anforderungen seien ja seit Langem bekannt, hieß es aus den EU-Kreisen. Dennoch sei sich die Kommission der Herausforderungen bewusst und arbeite eng mit den zuständigen nationalen Behörden, der Industrie und den Benannten Stellen zusammen. Zudem enthalte die EUMedizinprodukteverordnung (MDR) eine Reihe von Schutzmaßnahmen, um eine Verknappung kritischer Produkte zu vermeiden. Für eine Bewertung der Umsetzung sei es allerdings noch zu früh.

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                      Wann finden die Treffen des Europäischen Rates statt? Welche wichtigen Vorhaben möchte die EU-Kommission umsetzen? Was plant die französische EU-Ratspräsidentschaft? Wir haben für Sie eine Übersicht über die wichtigsten Termine der EU-Institutionen bis zur Sommerpause 2022 zusammengestellt. Alle Angaben sind als vorläufig zu verstehen und unterliegen dem Vorbehalt möglicher Änderungen durch die jeweiligen Institutionen.

                      06.01.-07.01.2022
                      Besuch der EU-Kommissar:innen in Paris

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                      Sitzungswoche des EU-Parlaments

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                      Euro-Gruppe

                      26.01.2022
                      Vorhaben der EU-Kommission: Vorschlag für die Grundsätze des digitalen Jahrzehnts
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                      14.02.-17.02.2022
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                      17.02.-18.02.2022
                      Gipfel der Europäischen Union und der Afrikanischen Union in Brüssel

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                      23.05.2022
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                      02.06.-03.06.2022
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                      16.06.2022
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                      Zuständigkeit: Vestager

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                      20.07.2022
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                      Zuständigkeit: Timmermans

                      News

                      Drei der letzten sechs Kernkraftwerke in Deutschland abgeschaltet

                      Zum Jahresende war Schluss: Die Reaktoren Brokdorf, Grohnde und Gundremmingen C, die von den Energieversorgern Eon und RWE betrieben worden waren, gingen am späten Freitagabend nach dreieinhalb Jahrzehnten endgültig vom Netz.

                      Die nun letzten drei Kernkraftwerke in Deutschland – Isar 2, Emsland und Neckarwestheim IIsollen bis Ende dieses Jahres abgeschaltet werden. Während EU-Länder wie Frankreich auf dem Weg zur Klimaneutralität an der Atomenergie festhalten (Europe.Table berichtete), will Deutschland den Atomausstieg in diesem Jahr vollenden.

                      Die Eon-Tochter Preussen Elektra, Betreiberin der Kernkraftwerke Brokdorf und Grohnde in Deutschland, teilte am Samstag in einer Erklärung mit, dass die beiden Anlagen kurz vor Mitternacht am Freitag abgeschaltet wurden. RWE gab bekannt, dass auch das Kraftwerk Gundremmingen C am Freitagabend die Stromerzeugung eingestellt hat.

                      Der Vorstandsvorsitzende von Preussen Elektra, Guido Knott, dankte den Mitarbeitern für ihr Engagement in Sachen Sicherheit: “Wir haben über Jahrzehnte einen entscheidenden Beitrag zur sicheren, klimafreundlichen und zuverlässigen Stromversorgung in Deutschland geleistet.”

                      Vorläufigen Zahlen zufolge trugen die sechs Kernkraftwerke im Jahr 2021 zu rund 12 Prozent der Stromerzeugung in Deutschland bei. Der Anteil der erneuerbaren Energien lag bei fast 41 Prozent, der Anteil der Kohle bei knapp 28 Prozent und der von Gas bei rund 15 Prozent. rtr/sas

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                        Niederlande: 14 von 29 Regierungsposten gehen an Frauen

                        Die Koalitionsverhandlungen hatten sich über Monate hingezogen, nun ist klar, wer die Niederlande regieren wird: Die Koalitionsparteien haben die Namen der künftigen Minister:innen und Staatssekretär:innen bekannt gegeben. 

                        Laut Berichten niederländischer Medien wird es im neuen Kabinett unter Ministerpräsident Mark Rutte so viele Frauen geben wie nie zuvor: 14 der 29 Posten gehen an Frauen. Erste weibliche Finanzministerin wird Sigrid Kaag, Vorsitzende der linksliberalen Partei D66, die bei der Bekanntgabe ihres Postens die Rolle der Niederlande in einem “starken Europa” betonte. Neuer Außenminister wird Wopke Hoekstra, der bisherige Finanzminister und Chef der christdemokratischen CDA.

                        Teil der Koalition ist neben Ruttes Mitte-Rechts-Partei VVD, D66 und CDA die konservative Christen-Union. Die Koalitionsverhandlungen in den Niederlanden hatten 271 Tage gedauert, Mitte Dezember fanden die Parteien schließlich zueinander. Am 10. Januar soll die neue Regierung vereidigt werden. sas

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                          Kartellamt prüft Amazons Verbindung zu Markenherstellern

                          Im Fall der Tech-Riesen Apple und Amazon, die in Italien mehr als 200 Millionen Euro Geldbuße bezahlen sollen (Europe.Table berichtete), prüft das Bundeskartellamt ein vergleichbares Vorgehen. “Wir prüfen derzeit unter anderem, ob es eine Zusammenarbeit von Amazon mit Markenherstellern wie Apple gibt, die Dritthändler benachteiligt“, sagte der Präsident des Kartellamts Andreas Mundt der “Rheinischen Post”.

                          Dabei sei nicht ein hohes Bußgeld das Ziel des Kartellamt-Verfahrens, sondern eine Öffnung des Marktes, sodass andere Unternehmen als Apple Geräte des Handykonzerns über die Markt-Plattform von Amazon verkaufen dürfen.

                          2021 habe das Bundeskartellamt deutlich weniger Bußgelder verhängt als im vorigen Jahr. Laut Mundt sanken die Bußgelder um rund 70 Prozent auf 105 Millionen Euro. Der Rückgang lasse sich auch mit den Folgen der Pandemie erklären.

                          Mundt warnte vor regionalen Monopolen beim Aufbau von Ladesäulen für Elektroautos: “Es darf insbesondere nicht passieren, dass Kommunen fast alle öffentlichen Flächen für Ladestationen an den jeweiligen örtlichen Versorger vergeben.” rtr

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                            US-Verkehrsminister fordert Aufschub von 5G-Einführung

                            US-Verkehrsminister Pete Buttigieg und der Leiter der amerikanischen Flugsicherheitsbehörde FAA, Steve Dickson, haben die Telekommunikations-Konzerne AT&T und Verizon Communications am Freitag aufgefordert, ihre für den 5. Januar geplante Einführung des 5G-Mobilfunks im C-Band-Spektrum wegen Sicherheitsbedenken der Luftfahrtindustrie zu verschieben.

                            “Wir bitten Ihre Unternehmen, die Einführung des kommerziellen C-Band-Dienstes für einen kurzen Zeitraum von nicht mehr als zwei Wochen über den derzeit geplanten Termin am 5. Januar hinaus zu verschieben”, heißt es in einem Brief des Verkehrsministers und der FAA, der Reuters vorliegt.

                            Die FAA und US-Airlines hatten sich bereits mehrmals (Europe.Table berichtete) besorgt über mögliche Interferenzen von 5G mit empfindlicher Flugzeugelektronik wie Funkhöhenmessern geäußert. Sowohl Verizon als auch AT&T teilten mit, sie hätten den Brief erhalten und würden ihn prüfen.

                            Buttigieg und Dickson sagten, der kommerzielle C-Band-Dienst werde wie geplant im Januar beginnen, jedoch mit bestimmten Ausnahmen in der Nähe vorrangiger Flughäfen. Die US-Regierung arbeite daran, Lösungsmaßnahmen für alle vorrangigen Flughäfen zu finden, um den meisten großen Verkehrsflugzeugen einen sicheren Betrieb unter allen Bedingungen zu ermöglichen. Damit werde die Aktivierung des 5G-Mobilfunks bis zum 31. März sichergestellt – sofern keine unvorhergesehenen Probleme aufträten. rtr

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                              Barbara Thiel: Datenschutz als Qualitätsmerkmal

                              Barbara Thiel ist seit 2015 Landesbeauftragte für Datenschutz (LfD) in Niedersachsen
                              Barbara Thiel ist seit 2015 Landesbeauftragte für Datenschutz (LfD) in Niedersachsen

                              Barbara Thiel macht gern Urlaub auf Sardinien: Das erfährt man auf dem Facebook-Account der niedersächsischen Landesbeauftragten für Datenschutz (LfD). Was sie dort von sich preisgibt, entscheidet sie selbst: “Jeder hat das Recht auf informationelle Selbstbestimmung”, sagt Thiel. “Vor dem Hintergrund der Digitalisierung ist dieses Recht präsenter geworden. Häufig fehlt es aber an Transparenz, was mit den personenbezogenen Daten passiert und wer davon profitiert.”

                              An dieser Stelle kommt die DSGVO ins Spiel. Dieses auf “hohem, abstraktem Niveau formulierte Gesetzeswerk” entfalte seine Wirkung nicht nur für große Unternehmen, sagt Thiel, sondern für den gesamten Wirtschaftsbereich und den öffentlichen Bereich – in Europa und darüber hinaus. Da sei es nachvollziehbar, dass es an der ein oder anderen Stelle noch Sand im Getriebe gebe. “Wir müssen dieses Recht umsetzen und anwenden. Wir brauchen aber auch Zeit, um unbestimmte Rechtsbegriffe mit Leben zu füllen. Ob wir in unseren Entscheidungen richtig liegen, werden Gerichtsurteile zeigen”, so Thiel. 

                              Datenschutz von Anfang an mitdenken

                              Ziel der LfD (mit insgesamt 56 Mitarbeitern) ist es, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu wahren, indem sie die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften überwacht. Die oberste Landesbehörde ist Aufsichts-, Kontroll- und Vollzugsinstanz mit weitreichenden Anordnungs- und Untersuchungsbefugnissen. Sie ist aber auch Beratungsinstanz, die verschiedene Zielgruppen aufklärt, informiert und sensibilisiert. Es sei ein großes Anliegen der Behörde, dass Datenschutz in Unternehmen von Anfang an mitgedacht, mehr wertgeschätzt und als Qualitätsmerkmal verstanden werde. 

                              Seit Anfang 2015 ist die gebürtige Salzgitterin als LfD für Niedersachsen im Amt. Die europäische Dimension ihrer Tätigkeit öffnete sich “mit einem Donnerschlag”, als im Herbst 2015 das EuGH-Urteil zu Safe Harbor gefällt wurde. 2017 hatte Barbara Thiel den Vorsitz in der Datenschutz-Konferenz von Bund und Ländern inne und wirkte an Kommentaren zur DSGVO und dem neuen BDSG mit.

                              Baustellen bei Anwendung der DSGVO

                              Im vierten Jahr der DSGVO-Anwendung zeichnet sie ein “eher positives Bild”. Die DSGVO sei in den meisten Köpfen angekommen. Doch es gibt noch Baustellen, zu denen nicht nur das gekippte EU-US Privacy Shield gehört. 

                              So begrüßt Barbara Thiel das neue Gesetz über den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei Telemedien (TTDSG) (Europe.Table berichtete), das zum 1. Dezember in Kraft getreten ist. “Es ist aber eine nationale Regelung”, betont Thiel. “Wir warten seit Jahren auf eine Regelung als Nachfolger zur ePrivacy-Richtlinie, die auf der europäischen Ebene immer noch existiert. Das wäre ein Durchbruch im gesamten Bereich der elektronischen Kommunikation.” Nach wie vor ist jedoch unsicher, ob eine solche Verordnung noch kommt. 

                              Das TTDSG soll Rechtsklarheit für den Datenschutz und Schutz der Privatsphäre in der digitalen Welt schaffen. Es regelt insbesondere den Umgang mit Cookies, erweitert das Fernmeldegeheimnis und hat somit auch Auswirkungen auf soziale Medien und Messenger-Dienste wie Facebook. Daniela Krause

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                                Apéropa

                                Neues Jahr, neue EU-Ratspräsidentschaft: Frankreich hat wie geplant am Samstag offiziell den Staffelstab von Slowenien übernommen und kann dadurch die nächsten sechs Monate einen entscheidenden Einfluss auf die europäische Agenda ausüben. Es ist kein Geheimnis, dass Präsident Macron die Ratspräsidentschaft auch dazu nutzen will, sich selbst als Staatsmann zu profilieren, der französische Interessen innerhalb der EU unbeirrt durchsetzt.

                                So könnte sich der 44-Jährige, der bisher noch nicht offiziell zur Wiederwahl für das französische Präsidentenamt im April antritt, eine zweite Amtszeit sichern. Denn rein mit großen europäischen Visionen für die EU gewinnt man in Frankreich (immer noch) keine Wahlen. 

                                Um die Franzosen auf die Ratspräsidentschaft einzustimmen, hatte sich Macron für ein symbolträchtiges Signal entschieden: Er ließ am Freitag die Europa-Flagge unter dem “Arc de Triomphe” in Paris installieren. Dort weht normalerweise zu besonderen Anlässen die Frankreich-Flagge. Unter dem geschichtsträchtigen Monument befindet sich das Grab des “Soldat inconnu”, des unbekannten Soldaten. Dieses steht symbolisch für alle Soldaten, die für Frankreich gefallen sind.

                                Es war ein gefundenes Fressen für die französische Rechte. Der islamfeindliche Éric Zemmour sprach von “Beleidigung“, die rechtsextreme Marine Le Pen, die wie Zemmour für das Präsidentenamt kandidiert, kündigte gar an, Einspruch vor dem “Conseil d’état” einzulegen, denn die Installation der Europa-Flagge unter dem “Arc de Triomphe” sei ein Angriff auf die französische Identität. Allesamt taten außerdem so, als hänge die Frankreich-Flagge dauerhaft unter dem Denkmal, denn “Macron ersetzt Frankreich-Flagge durch Europa-Flagge”, polarisiert eben mehr. Un peu ridicule, n’est-ce pas?

                                Noch lächerlicher machte sich jedoch die konservative Präsidentschaftskandidatin Valérie Pécresse, indem sie in die europafeindliche Hetze einstieg: “Den Vorsitz Europas führen: ja, aber die französische Identität auslöschen: nein!”, twitterte sie. Die 54-Jährige forderte, die Frankreich-Flagge neben die Europa-Flagge zu hängen. Das sei man den Kämpfern, die ihr Blut für Frankreich vergossen hätten, schuldig.

                                Wie wichtig Macron den französischen Nationalstolz tatsächlich nimmt, zeigt seine Entscheidung, die französische Ratspräsidentschaft unter dem Motto: “En français, s’il vous plaît” abzuhalten. Sämtliche Debatten und Arbeitssitzungen sollen auf der Sprache Molières abgehalten werden. Zwar ist Französisch eine der drei Arbeitssprachen der EU, aber de facto dominiert Englisch den Arbeitsalltag der EU-Institutionen.

                                “C’est terminé”, wenn es nach Macron geht. Das stieß in Brüssel nicht ausschließlich auf Begeisterung, schließlich sprechen nicht alle EU-Diplomaten fließend Französisch. Paris trotzte dem mit einem massiven Angebot von Französisch-Sprachkursen. Auch für Simultan-Übersetzungen werde gesorgt.

                                Gestern Nachmittag fand der vermeintliche “Flaggen-Eklat” ein trauriges Ende: Gerade einmal zwei Tage nachdem sie aufgehängt wurde, rollte Paris die Europa-Flagge wieder ein. Man sei nicht unter der Kritik der Rechtsextremen eingeknickt, bemühte sich Frankreichs Europa-Staatssekretär Clément Beaune zu versichern: “Wir hatten vorgesehen, die Flagge am Sonntag abzuhängen”, sagte er im Radiosender France Inter. Un peu ridicule, n’est-ce pas? Jasmin Kohl


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