Table.Briefing: Europe

Gebäudeeffizienz + Roberta Metsola + Ende von Gas- und Ölförderung

  • Gebäudeeffizienz: EU-Kommission plant Sanierungspflicht
  • Metsola: Eine Abtreibungsgegnerin als Europaparlaments-Präsidentin?
  • Termine
  • Ukraine-Krise: Scholz und Macron wollen vermitteln
  • TEN-E: Parlament und Rat wollen Gas- und Ölförderung beenden
  • Kommission legt CO₂-Abbau-Strategie vor
  • Umweltkriminalität: Kommission will stärkere Sanktionen
  • Methan-Verordnung greift für Umweltschützer zu kurz
  • Koalition in den Niederlanden befürwortet Kernenergie als Teil der Energiewende
  • Datenschutz: Millionenstrafe für Dating-App Grindr in Norwegen
  • Unternehmen wollen CO₂-Speicher vor Norwegen entwickeln
  • Standpunkt: Stefan Heumann (SNV) – Kann der digitalpolitische Aufbruch gelingen?
Liebe Leserin, lieber Leser,

der Gebäudesektor gehört zu den größten Energieverbrauchern der Europäischen Union und ist für gut ein Drittel der Gesamtemissionen verantwortlich. Mit einer Neufassung der Gebäuderichtlinie will die Kommission den “schlafenden Riesen” endlich in Einklang mit ihren Green-Deal-Zielen bringen. Angesichts der rekordhohen Energiepreise will die Behörde mit ihren Vorschlägen aber auch noch ein anderes Problem bekämpfen: das der wachsenden Energiearmut. Timo Landenberger hat sich die Pläne, die auch eine Sanierungspflicht enthalten, genauer angesehen.

David Sassoli wäre gern über die Hälfte der Legislatur hinaus Präsident des Europäischen Parlaments geblieben – aber dazu wird es nach einer Absage der Sozialisten im EP wohl nicht kommen. Nun sind alle Augen auf die EVP-Kandidatin Roberta Metsola gerichtet. Mit ihr könnte nach 20 Jahren wieder eine Frau an der Spitze der Institution stehen. Allerdings hat sich Metsola nicht gerade als Kämpferin für Frauenrechte einen Namen gemacht – die Malteserin ist bekennende Abtreibungsgegnerin. Nicht nur bei französischen Europaabgeordneten sorgt das für Unbehagen, wie Jasmin Kohl aus Brüssel berichtet. 

Europapolitik, Green Deal und Digitalisierung: Wer sind die wichtigsten Köpfe, die diese Felder in der neuen Bundesregierung prägen werden? Damit Sie immer auf dem neuesten Stand sind, arbeiten wir fortlaufend an einer Übersicht über die Leitungsebene der Ministerien. Neue Namen ergänzen wir, sobald wir von ihnen erfahren. Sie sind schneller? Dann freuen wir uns über Hinweise.

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Sarah Schaefer
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Analyse

Gebäudeeffizienz: EU-Kommission will Sanierungspflicht

Die Europäische Kommission hat am Mittwoch die Neufassung der Richtlinie über die Energieeffizienz von Gebäuden (EPBD) vorgelegt. Das erklärte Ziel: Bis zum Jahr 2050 soll der Gebäudebestand in Europa klimaneutral werden. Doch der Weg ist weit. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist der Sektor für 36 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen verantwortlich.

Nach Angaben der Kommission sind 75 Prozent der Gebäude nicht energieeffizient, Experten gehen zum Teil von wesentlich höheren Zahlen aus (Europe.Table berichtete). Rund 85 Prozent des heutigen Gebäudebestands werde auch im Jahr 2050 noch stehen. Mit ihrem Vorschlag für die Neufassung der Richtlinie über die Energieeffizienz von Gebäuden will die Brüsseler Behörde deshalb die jährliche Sanierungsrate von derzeit nur einem Prozent drastisch erhöhen, auch für Neubauten soll es strenge Vorgaben geben. Damit soll nicht nur der Sektor mit dem größten Energieverbrauch endlich auf den Green-Deal-Pfad gebracht werden. Renovierungen sollen auch für weniger Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen sowie niedrigere Rechnungen und damit weniger Energiearmut sorgen, heißt es in dem Entwurf.

“Millionen Menschen in Europa können ihre Energierechnung nicht mehr bezahlen”, sagte Kommissions-Vizepräsident Frans Timmermans in Brüssel. Diese würden oft in alten Gebäuden mit hohem Verbrauch leben. Ein Gebäude mit schlechter Isolierung benötige bis zu zehnmal so viel Wärme wie ein Haus auf dem modernsten Stand. Eine höhere Sanierungsrate sei also auch vor dem Hintergrund der rekordhohen Energiepreise sehr wichtig.

Neue Richtlinie: Mindestnormen für Energieeffizienz von Gebäuden

Die Kommissionsvorschläge für die Neufassung der Richtlinie über die Energieeffizienz von Gebäuden sehen Mindestnormen für die Gesamtenergieeffizienz vor, was etwa 15 Prozent des Gebäudebestands betrifft und eine Renovierungswelle auslösen soll. Demnach müssen Wohnhäuser mit der niedrigsten Energiestufe G bis zum Jahr 2030 auf eine höhere Stufe saniert werden, Büros und Geschäftsgebäude bereits bis 2027.

Die EU-Staaten werden davon unterschiedlich stark betroffen sein. In Italien hat etwa ein Drittel der Wohngebäude die niedrigste Energieeffizienzklasse G, während es in den Niederlanden nur vier Prozent sind. Allerdings sei eine bessere Wärmedämmung im Süden Europas auch weniger erfolgversprechend als etwa in Nordschweden, gibt Energierechtsexperte Christian Schneider von der Kanzlei bpv Hügel zu bedenken.

Unter Immobilienverbänden sorgte der Vorschlag für einen Aufschrei. Für Millionen von Häusern mit der niedrigsten Energiestufe sei eine Sanierung keine Option, heißt es. Mit den Vorschlägen beende die EU für viele Europäer den Traum der eigenen vier Wände. Für Umweltschützer hingegen ist der Schritt längst überfällig.

Auch die Grünen im EU-Parlament stehen hinter den Plänen zur Sanierungspflicht. “Es ist gut, dass die EU-Kommission endlich klare Vorgaben für die Modernisierung der ineffizientesten Gebäude macht. Wir fordern die EU-Mitgliedstaaten auf, mehr Ehrgeiz in die Renovierungswelle zu stecken”, sagt die EU-Abgeordnete Jutta Paulus. Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft sieht die Pläne grundsätzlich positiv. “Allerdings muss sichergestellt sein, dass die Vorgaben den Einsatz kosteneffizienter Treibhausgas-Minderungsoptionen technologieoffen zulassen”, so BDEW-Geschäftsführerin Kerstin Andreae.

Markus Pieper, energiepolitischer Sprecher der CDU/CSU im EU-Parlament, befürchtet hingegen eine Doppelbelastung. “Es macht wenig Sinn, neben dem die Energiekosten verteuernden Emissionshandel gleichzeitig strikte energetische Standards für alle Gebäude vorzuschreiben. So werden die Miet- und Unterhaltskosten doppelt verteuert”, so der Abgeordnete. In ihrem Fit-for-55-Paket hatte die Kommission im Juli vorgeschlagen, das ETS auf den Gebäudesektor auszuweiten (Europe.Table berichtete).

Null-Emissions-Gebäude

Mit ihren Vorschlägen für die Neufassung der Richtlinie über die Energieeffizienz von Gebäuden will die Brüsseler Behörde auch erheblich strengere Vorgaben für Neubauten einführen. Demzufolge sollen ab dem Jahr 2030 alle neuen Gebäude emissionsfrei sein, im öffentlichen Sektor bereits ab 2027. Soll heißen, dass die Gebäude weniger Energie verbrauchen, so weit wie möglich mit erneuerbaren Energien betrieben werden und keine CO₂-Emissionen aus fossilen Brennstoffen ausstoßen. Im Energieausweis der Häuser soll deren Treibhauspotenzial über den gesamten Lebenszyklus angeben werden.

Doch die Definition bleibt vage. Auch Emissionen, die bei der Herstellung der Baustoffe sowie bei deren Transport anfallen, kommen Kritikern zu kurz: “Der Ansatz des ‘Whole Life Carbon’ und die Kreislaufwirtschaft sind für die Dekarbonisierung des Gebäudesektors unerlässlich und müssen ohne weitere Verzögerung in die EPBD aufgenommen werden. Wenn wir diese einmalige Chance verpassen, werden wir heute einen enormen Anstieg der produktbezogenen Emissionen und in Zukunft ein Abfallproblem haben”, sagt Gonzalo Sánchez, Gebäudeexperte beim Europäischen Umweltbüro (EEB).

Einführung eines Renovierungspasses

Den Nachweis über Energiestufe und -verbrauch liefern soll der Energieausweis, der damit wichtige Anhaltspunkte für Investitions-, Kauf- und Mietentscheidungen bieten soll. Die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises wird unter anderem auf Gebäude ausgedehnt, die einer größeren Renovierung unterzogen wurden. Zu mehr Informationen und Kostensenkung soll auch die Einführung eines “Renovierungspasses” führen. Damit will die Kommission Hauseigentümern ein Instrument an die Hand geben, das ihnen die Planung und schrittweise Renovierung hin zu einem Null-Emissions-Niveau erleichtert.

Mit ihren Vorschlägen will die Kommission auch den Einsatz von intelligenten Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) fördern. Die Einrichtung digitaler Gebäudedatenbanken ist ebenfalls vorgesehen. Für Markus Pieper zu wenig. “Ein vager Smart-Readyness-Benchmark und wenig konkrete Angebote für die Wirtschaft, sich in europäische Normungsprozesse einzubringen, sind unzureichend. Verbraucherfassung und Dokumentation muss in Gebäuden europaweit zum Kinderspiel werden.”

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    Metsola: Eine Abtreibungsgegnerin als Europaparlaments-Präsidentin?

    Die Sozialisten im Europäischen Parlament haben sich gegen eine neue Kandidatur des derzeitigen Parlamentspräsidenten David Sassoli ausgesprochen und wollen auch keinen anderen eigenen Kandidaten für die Wahl, die während der Plenarsitzung Mitte Januar ansteht, aufstellen.

    Damit halten sie sich nun doch an die Abmachung mit der EVP-Fraktion, nach der zur Mitte der Amtszeit das Steuer des Abgeordnetenhauses von der S&D-Fraktion an die Christdemokraten übergeben werden sollte. Hintergrund der Entscheidung ist, dass Sassolis Kandidatur weder von den Grünen/EFA noch von Renew unterstützt wurde und damit keine Chance für eine Mehrheit hatte. Offen erkennbar darüber sprechen will derzeit im Parlament niemand. “Das hätte ihm keinen schönen Abgang beschert”, heißt es gegenüber Europe.Table.

    Weil weder Grüne/EFA noch Renew einen eigenen Gegenkandidaten präsentieren, sind alle Augen auf die Malteserin Roberta Metsola gerichtet, die für die EVP ins Rennen geht (Europe.Table berichtete). Die 42-Jährige Metsola sitzt seit 2013 im Europaparlament und ist derzeit Vizepräsidentin. Mit ihr hätte die Institution nach 20 Jahren – von 1999 bis 2002 war zuletzt die Französin Nicole Fontaine Parlamentspräsidentin – erstmals wieder eine Frau an der Spitze. Das Argument könnte die Grünen im Europaparlament überzeugen. Denn sie kehrten Sassoli vor allem den Rücken, weil er mit den Eigenschaften “alter weißer Mann” nicht gerade für den gewünschten Wandel steht.  

    EVP-Kandidatin für Europaparlaments-Wahl gegen Abtreibungen

    Allerdings ist Metsola als bekennende Abtreibungsgegnerin bekannt, was vor allem bei französischen Europaabgeordneten für großes Unbehagen sorgt. Die erste Präsidentin im Europaparlament Simone Veil hatte das Recht auf Abtreibung zu ihrem Lebenskampf gemacht. 42 Jahre später nun ausgerechnet eine Gegnerin der Abtreibung an die Spitze des Europaparlaments zu wählen, wäre nicht nur ein mächtiger Rückschritt, sondern würde den Werten der Institution widersprechen, heißt es nun.

    Offiziell hat die Grünen-Fraktion Metsolas Kandidatur noch keine Absage erteilt. Aber wie Metsola die Forderung nach einem “feministischen Europäischen Parlament” erfüllen soll, ist schwer zu verstehen. Laut Parlamentskreisen habe die französische Delegation der Grünen/EFA daher bereits beschlossen, gegen Metsola zu stimmen.

    Eine ähnliche Entwicklung könnte sich auch in anderen Fraktionen vollziehen: Metsola habe während einer Renew-Fraktionssitzung äußerst ungeschickt versucht, ihre Position zu relativieren. Die Essenz: Weil die Mehrheit der Maltesen gegen Abtreibung ist – Malta hat das strengste Abtreibungsgesetz der EU – könne sie keine andere Position vertreten und bittet um Verständnis. Sie sei aber für die Stärkung von Frauenrechten.  

    Metsola ist nicht die einzige Kandidatin für den Spitzenposten im Europaparlament: Die EKR-Fraktion hat den Polen Kosma Złotowski zu ihrem Kandidaten gekürt. Für die GUE/NGL-Fraktion der Linken geht die Spanierin Sira Rego ins Rennen. Beide Kandidaten haben jedoch keine reelle Chance, da der Parlamentspräsident die absolute Mehrheit der Mandatsträger:innen hinter sich versammeln muss.

    Mit einer Blockade der Malteserin rechnen Parlamentskreise also nicht, denn es fehle schlichtweg eine Alternative. Wahrscheinlicher sei, dass die Fraktionen S&D, Renew und Grüne/EFA weitere Bedingungen formulieren, die sie an eine Zustimmung für Metsola knüpfen.

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      17.12.-19.12.2021, Berlin
      Globalks Global Conference on Agriculture
      This conference gathers leading academicians, university students, local and international industry experts, eminent researchers, scientists and policymakers in order to reflect on the direction of agriculture. INFOS & REGISTRATION

      17.12.2021 – 11:00-11:45 Uhr, online
      ECFR, Discussion Europe’s answer to economic warfare: The EU’s anti-coercion instrument
      The European Council on Foreign Relations (ECFR) discusses possible geopolitical instruments against economic pressure from authoritarian countries with Valdis Dombrovskis, Executive Vice President of the European Commission for An Economy that Works for People. INFOS & REGISTRATION

      17.12.2021 – 19:00-20:30 Uhr, Berlin
      RLS, Vortrag Die Vierte Sache – Automatisierung und die Zukunft der Arbeit
      Der Vortrag von Aaron Benanav bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) beschäftigt sich mit dem globalen Zustand und den Hintergründen der automatisierten Industrieproduktion. INFOS & Anmeldung

      20.12.2021 – 13:00 Uhr, online
      EBD, Diskussion De-Briefing Europäischer Rat
      Die Diskussionsveranstaltung der Europäischen Bewegung Deutschlands (EBD) setzt sich mit den Ergebnissen des Europäischen Rats vom 16.12.-17.12.2021 auseinander. INFOS

      20.12.2021 – 14:00-17:00 Uhr, online
      HBS, Discussion EU Green Deal and the Greek Green Deal – What would a Green Deal for Greece look like?
      The Heinrich Böll Foundation (HBS) hosts the presentation of the policy brief “A Green Deal for Greece” which discusses the prospects and challenges for the implementation of a socially balanced green transition in Greece. INFOS

      21.12.2021 – 10:00-11:30 Uhr, online
      FES, Seminar Mit dem E-Bus von der Altmark ins Burgenland? Die Herausforderungen privater und öffentlicher Elektromobilität in ländlichen Räumen
      Das Seminar der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) fragt nach den notwendigen Maßnahmen, um Elektromobilität im ländlichen Raum zukunftsfähig zu machen. INFOS & ANMELDUNG

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      Ukraine-Krise: Scholz und Macron wollen vermitteln

      Deutschland und Frankreich wollen der Ukraine im Konflikt mit Russland beistehen und eine Vermittlung versuchen. Dies erklärten Bundeskanzler Olaf Scholz und der französische Präsident Emmanuel Macron bei einem Gespräch mit dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj in Brüssel. Zunächst werde es weitere Treffen zu dritt geben, hieß es am Rande des EU-Gipfels der östlichen Partnerschaft. Sobald wie möglich sei jedoch eine Rückkehr zum Normandie-Format geplant – also mit Russland.

      Der bislang einzige Normandie-Gipfel im Vierer-Format hatte Ende 2019 in Paris stattgefunden. Seither haben sich die Spannungen immer mehr verschärft. Russlands Präsident Wladimir Putin heizte den Konflikt mit der Entsendung von Truppen an. Nach dem Videogipfel zwischen Putin und US-Präsident Joe Biden in der vergangenen Woche versuchen Deutschland und Frankreich, das Normandie-Format wiederzubeleben. Gleichzeitig haben sie den Druck auf Putin erhöht – und mit massiven Sanktionen gedroht.

      Russland-Ukraine-Konflikt ist Thema beim EU-Gipfel

      Scholz warnte Russland am Mittwoch erneut: “Jede Verletzung territorialer Integrität wird einen hohen Preis haben”, sagte er in seiner ersten Regierungserklärung im Bundestag. Zugleich sei die Bundesregierung aber zum Dialog mit Moskau bereit, wenn dies helfen könne, aus der Eskalationsspirale auszubrechen. Diese Gesprächsbereitschaft dürfe aber nicht missverstanden werden als neue deutsche Ostpolitik, so der SPD-Politiker. “Ostpolitik kann im vereinten Europa nur eine europäische Ostpolitik sein.” 

      Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine ist auch Thema beim regulären EU-Gipfel in Brüssel, an dem Scholz heute erstmals teilnimmt. Mit Beschlüssen zu der schweren außenpolitischen Krise wird nicht gerechnet. ebo/tho

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        TEN-E: Parlament und Rat wollen Gas- und Ölförderung beenden

        Verhandlungsführer des EU-Parlaments und der slowenischen Ratspräsidentschaft haben sich am Mittwoch auf eine Neufassung der sogenannten TEN-E-Verordnung geeinigt. Damit sollen die Leitlinien für die Förderung der transeuropäischen Energienetze stärker auf die Ziele des Green Deal ausgerichtet werden. Die in den Trilog-Verhandlungen erzielte Einigung muss noch von den Mitgliedsstaaten gebilligt werden.

        Die Einigung sieht unter anderem vor, den Aufbau der Infrastruktur für Wasserstoff und andere klimafreundliche Gase gezielt zu fördern. Die finanzielle Unterstützung neuer Erdgas- und Erdölprojekte hingegen soll beendet und verbindliche Nachhaltigkeitskriterien sollen eingeführt werden. Außerdem sollen Genehmigungs- und Zulassungsverfahren vereinfacht und beschleunigt werden, insbesondere durch die Schaffung einer einzigen Anlaufstelle.

        “Die heutige Einigung stellt sicher, dass wir in eine grüne und klimaneutrale Zukunft investieren, die Effizienz, Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit garantiert und niemanden zurücklässt”, sagte der Verhandlungsführer und slowenische Minister für Infrastruktur, Jernej Vrtovec.

        Mit der Überarbeitung der TEN-E Verordnung soll der Katalog der förderfähigen Energie-Infrastrukturprojekte aktualisiert werden. Den Schwerpunkt legten die Verhandler dabei auf die Dekarbonisierung. Doch auch der Ausbau der Offshore-Stromnetze sowie die Förderung intelligenter digitaler Lösungen sollen eine größere Rolle spielen. Dabei geht es hauptsächlich um sogenannte Projekte von gemeinsamem Interesse (Projects of Common Interest, PCI), die für eine Finanzierung aus der “Connecting Europe Facility” im Zeitraum 2021-2027 infrage kommen.

        Die von der Kommission im November veröffentlichte PCI-Liste hatte noch etliche förderfähige Gas-Projekte enthalten und deshalb viel Kritik auf sich gezogen. til

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          Kommission legt CO₂-Abbau-Strategie vor

          Die EU-Kommission will nicht nur den CO2-Ausstoß zu reduzieren, sondern auch die Entfernung des Treibhausgases aus der Atmosphäre vorantreiben, um ihre Green-Deal-Ziele zu erreichen. Bis 2050 müsse jede Tonne in die Atmosphäre emittiertes CO2-Äquivalent durch eine Tonne CO2, die aus der Atmosphäre entfernt wird, ausgeglichen werden, so die Vorgabe. Am Mittwoch hat sie deshalb ihre Strategie für die Förderung von CO2-Abbaumethoden vorgestellt.

          Mehrgleisiger Ansatz um CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen

          Die Kommission verfolgt darin einen mehrgleisigen Ansatz. Sie will zum einen technologische Lösungen ausbauen. Durch sogenanntes “Carbon Capture and Storage” (CCS) kann CO2 bei industriellen Produktionsprozessen oder direkt aus der Luft abgeschieden werden und über einen langen Zeitraum gespeichert werden. Bis 2030 sollen so jährlich 5 Millionen Tonnen CO2 aus der Atmosphäre entfernt und dauerhaft gespeichert werden.

          Beim “Carbon Capture and Usage” (CCU) soll das abgeschiedene CO2 für die Herstellung von synthetischen Brennstoffen, Kunststoffen, Gummi, Chemikalien und anderen Materialien verwendet werden, die Kohlenstoff als Ausgangsstoff benötigen. Durch einen solchen Kohlenstoffkreislauf sollen schwer zu dekarbonisierende Industriezweige umweltfreundlicher gestaltet werden.

          “Kein Blankoscheck für fehlende Ambitionen”

          Delara Burkhardt, umweltpolitische Sprecherin der Europa-SPD, mahnte jedoch, die Kohlenstoffentfernung dürfe “kein Blankoscheck und beliebiges Ausgleichsinstrument für fehlende Ambitionen und Ergebnisse bei der CO2-Reduktion werden”. Die Strategie zur CO2-Abscheidung müsse daher klarstellen, dass nur unvermeidbare Emissionen in industriellen Prozessen auf technische Weise entfernt und gespeichert werden dürfen, so Burkhardt.

          Der zweite Ansatz zum CO2-Entzug aus der Atmosphäre ist eine klimaeffiziente Landwirtschaft. Um die kohlenstoffbindende Wirkung des Agrarsektors zu nutzen, will die Kommission Landwirtinnen und Landwirte vergüten, die der Atmosphäre durch naturbasierte Maßnahmen CO2 entziehen. Bis 2030 sollen 42 Millionen Tonnen CO2 auf diese Weise gespeichert werden. Ein Anreiz für klimaeffiziente Landwirtschaft soll unter anderem eine Förderung aus der GAP sein (Europe.Table berichtete).

          Für die dafür notwendige Zertifizierung zum CO2-Abbau will die Kommission bis Ende 2022 einen EU-Rechtsrahmen vorschlagen. Norbert Lins (CDU/EVP), Vorsitzender des Landwirtschaftsausschusses im EU-Parlament, begrüßte die Ankündigung. Der Rechtsrahmen könne helfen, “Kohlenstoffbewirtschaftung in die tägliche Produktion zu integrieren.” Der Handel von Zertifikaten müsse deshalb so schnell wie möglich anlaufen, um die richtigen Anreize zur Klimaneutralität des Sektors in 2035 bereitzustellen, so Lins. luk

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            Umweltkriminalität: EU-Kommission will stärkere Sanktionen

            EU-Mitgliedstaaten sollen zum Kampf gegen Umweltkriminalität verpflichtet werden. Das geht aus einem Vorschlag der Kommission für eine neue Richtlinie hervor, der am Mittwoch vorgestellt wurde. Umweltstraftatbestände sollen dadurch genauer definiert, ein Mindestmaß für Sanktionen bei Umweltstraftaten festgelegt und die Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten bei der Strafverfolgung gestärkt werden.

            Neue Straftatbestände wären illegaler Holzhandel, illegales Schiffsrecycling oder illegale Wasserentnahme. Straffällige Personen, Unternehmen und Organisationen könnten dazu verpflichtet werden, die Umweltschäden rückgängig zu machen, vom Zugang zu öffentlichen Mitteln und Vergabeverfahren ausgeschlossen werden oder behördliche Genehmigungen verlieren.

            “Wenn wir Gesetzesbrecher ungestraft davonkommen lassen, untergräbt dies unsere gemeinsamen Anstrengungen zum Schutz der Natur und der biologischen Vielfalt und zur Bekämpfung der Klimakrise”, sagte Exekutiv-Vizepräsident Frans Timmermans. Es sei schwierig, in solchen Straftaten zu ermitteln und sie vor Gericht zu bringen, ergänzte der für Umwelt, Meere und Fischerei zuständige Kommissar Virginijus Sinkevičius. Gleichzeitig seien Sanktionen eher mild. Häufig betreffen Umweltstraftaten mehrere Länder, teilte die Kommission mit, weshalb auch die Strafverfolgung innerhalb der EU koordiniert werden soll.

            Der Vorschlag soll deshalb grenzüberschreitende Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen stärken. Zudem sollen Inspektoren, Polizei, Staatsanwälte und Richter durch Weiterbildung, Ermittlungsinstrumente und bessere Datenerhebung unterstützt werden. Mitgliedstaaten sollen nationale Strategien entwickeln, wie die Maßnahmen umgesetzt und die Ressourcen für diese Ziele eingesetzt werden sollen. luk

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              Methan-Verordnung greift für Umweltschützer zu kurz

              Die Europäische Kommission hat am Mittwoch einen neuen Legislativ-Vorschlag zur Reduzierung von Methanemissionen im Energiesektor vorgestellt. Damit sollen Unternehmen dazu verpflichtet werden, ihre Methanemissionen zu messen und zu quantifizieren sowie Methanlecks in ihren Betrieben aufzuspüren und zu reparieren. Darüber hinaus verbietet der Vorschlag sogenanntes Entgasen (Venting), wobei beispielsweise während Wartungsarbeiten an Pipelines das Erdgas aus Kostengründen einfach abgelassen wird, ebenso wie das Abfackeln (Flairing). Auch die EU-Mitgliedstaaten sollen in die Pflicht genommen werden und Pläne zur Reduzierung von Methanemissionen aufstellen. Dabei geht es insbesondere um Methan, das aus stillgelegten Bergwerken und inaktiven Bohrlöchern entweicht.

              Mit ihrem Vorschlag konzentriert sich die Kommission auf Methanemissionen innerhalb der EU. Allerdings importiert die Staatengemeinschaft mehr als 80 Prozent des benötigten Erdgases (das zu knapp 90 Prozent aus Methan besteht) und 90 Prozent des Rohöls. Für Energieimporteure sieht der Vorschlag jedoch lediglich eine Pflicht zur Datenerhebung und Information vor. Zwar will die Brüsseler Behörde 2025 in einer Art Zwischenbericht überprüfen, ob strengere Maßnahmen für die Einfuhr fossiler Brennstoffe notwendig sind. Umweltschützern ist das jedoch zu spät. Sie fordern eine Ausweitung der Regularien auf die gesamte Lieferkette.

              Vorschlag zur Reduzierung von Methanemissionen ohne Landwirtschaft

              In einem Initiativbericht zur Reduzierung von Methanemissionen hatte das EU-Parlament eine solche Ausweitung bereits gefordert (Europe.Table berichtete). Berichterstatterin Jutta Paulus (Grüne) kündigte an, sich auch weiterhin dafür einsetzen zu wollen. Der Initiativbericht sah außerdem vor, auch den Landwirtschaftsbereich zur Verringerung von Methanemissionen zu verpflichten. Der Kommissionsentwurf konzentriert sich jedoch auf die Energiebranche. Hier gelten Methanemissionen zwar als erheblich leichter zu reduzieren, machen aber nur 19 Prozent aus. Der Löwenanteil entfällt mit 53 Prozent auf die Landwirtschaft.

              Methan ist für rund 30 Prozent des bisherigen globalen Treibhausgasanstiegs verantwortlich. In der EU macht das Gas zwar nur zehn Prozent aller Treibhausgasemissionen aus. Auf kurze Sicht – über einen Zeitraum von 20 Jahren gerechnet – ist es jedoch etwa 80-mal so klimaschädlich wie CO₂. Dem Global Methane Assessment der Vereinten Nationen zufolge ist die Einsparung von 45 Prozent der weltweiten Methanemissionen bis 2030 möglich und würde die Erderwärmung bis 2045 um 0,3 Grad verringern. til

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                Niederlande: Koalition befürwortet Kernenergie als Teil der Energiewende

                Die Niederlande könnten zwei Atomreaktoren bauen. Die künftige Regierung signalisierte damit am Mittwoch eine mögliche Kehrtwende in der Energiepolitik, um den Übergang zu einer CO2-neutralen Wirtschaft voranzutreiben.

                Das Land will in den kommenden zehn Jahren zusätzlich 35 Milliarden Euro für die Energiewende ausgeben, einschließlich Investitionen in Wasserstoff, Wärme und Stromnetze, wie die künftige Vier-Parteien-Koalition mitteilte.

                Niederlande strebt Klimaneutralität an, auch mit Kernenergie

                “Wir unternehmen konkrete Schritte für eine 60-prozentige Kohlendioxidreduzierung im Jahr 2030“, sagte Sigrid Kaag, Vorsitzende von D66, der zweitgrößten Partei der Koalition. “Wir streben die Klimaneutralität im Jahr 2050 an. Das erreichen wir… mit Ökosteuern, mit enormen Investitionen in erneuerbare Energien und mit Enttabuisierungen nicht nur hinsichtlich der Kfz-Steuer, sondern auch der Kernenergie.”

                Die Koalition will laut Koalitionsvereinbarung den Bau von zwei neuen Kernreaktoren vorbereiten und den längeren Betrieb des einzigen bestehenden Atomkraftwerks des Landes prüfen. Zuvor hatten die Christdemokraten (CDA) und die konservative VVD des langjährigen Ministerpräsidenten Mark Rutte den Ausbau der Kernenergie unterstützt. Sie waren jedoch nicht in der Lage, dies auch umzusetzen, da alle anderen großen Parteien aus Sicherheits- und Umweltbedenken dagegen waren.

                Die künftige Koalition wird von den Parteien gebildet, die bereits seit 2017 an der Macht sind. Die Koalitionsverhandlungen hatten 271 Tage gedauert – ein Rekord in der niederländischen Politik. rtr/sas

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                  Datenschutz: Millionenstrafe für Dating-App Grindr in Norwegen

                  Die norwegische Datenschutzaufsicht Datatilsynet hat die Strafe für die Dating-App Grindr wegen der illegalen Weitergabe von Nutzerdaten an Werbetreibende auf 65 Millionen norwegische Kronen (6,4 Millionen Euro) reduziert.

                  Ursprünglich hatte die Aufsichtsbehörde im Januar angekündigt, Grindr mit einer Strafe von 100 Millionen Kronen zu belegen. Am Mittwoch teilte die Behörde jedoch mit, dass sie die Geldstrafe reduziert habe. Grund dafür seien neue Informationen über die Finanzen des Unternehmens und Änderungen, die Grindr vorgenommen hat, “um die Mängel in seiner früheren Plattform für das Einwilligungsmanagement zu beheben”.

                  “Unsere Schlussfolgerung ist, dass Grindr Nutzerdaten an Dritte für verhaltensbezogene Werbung ohne rechtliche Grundlage weitergegeben hat“, sagte der Leiter der internationalen Abteilung der Datenschutzbehörde, Tobias Judin, in einer Erklärung. Die Behörde sei zu dem Schluss gekommen, dass die von Grindr zwischen Juli 2018 und April 2020 eingeholte Zustimmung der Nutzer zur Verwendung privater Daten nicht gültig war.

                  Der norwegische Verbraucherrat (NCC) hatte im April 2018 festgestellt, dass Grindr Nutzerangaben zum HIV-Status mit Dritten teilte und im Januar 2020 bei der Datenschutzaufsicht Klage eingereicht, dass Grindr detaillierte Nutzerdaten an Dritte weitergegeben hat, die an Werbung und Profiling beteiligt sind. Zu den Daten gehörten laut Forbrukerrådet personenbezogene Details wie IP-Adressen, GPS-Standorte, Alter und Geschlecht der Nutzer der Dating-App. Grindr richtet sich mit seinem Angebot insbesondere an gleichgeschlechtlich- und transgeschlechtlich interessierte Nutzern.

                  Die Europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) legt Richtlinien für die Erhebung, Verarbeitung und Weitergabe personenbezogener Daten innnerhalb der EU und im Europäischen Wirtschaftsraum EWR fest. Damit gilt sie auch in Norwegen, das zum EWR aber nicht zur EU gehört. rtr/sas

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                    Unternehmen wollen CO₂-Speicher vor Norwegen entwickeln

                    Fünf Unternehmen haben sich um den Bau von CO2-Speichern auf dem norwegischen Festlandsockel beworben, wie das Öl- und Energieministerium Norwegens am Mittwoch mitteilte.

                    Das Ministerium in Norwegen hatte im September zwei Offshore-Gebiete, eines in der Nordsee und eines in der arktischen Barentssee, für Unternehmen vorgeschlagen, die an der Entwicklung von CO2-Speichern unter dem Meeresboden interessiert sind. Dabei handelt es sich um eine Technologie, die es ermöglicht, das Treibhausgas abzuscheiden und es unterirdisch zu speichern.

                    Die fünf Unternehmen, die sich bis zum 9. Dezember beworben hatten, waren Shell, Equinor, Horizon Energy, Northern Lights und Vaar Energi, so das Ministerium in einer Erklärung. Geplant sei, die Offshore-Flächen für die CO2-Speicherung in der ersten Hälfte des Jahres 2022 zu vergeben. rtr

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                      Standpunkt

                      Kann der digitalpolitische Aufbruch gelingen?

                      Von Stefan Heumann
                      Man sieht Stefan Heumann von der Stiftung Neue Verantwortung: Digitalministerium Ampelkoalition
                      Stefan Heumann, Stiftung Neue Verantwortung

                      Die digitalpolitische Debatte in Deutschland war in den vergangenen Jahren vor allem von Schlagzeilen über gescheiterte IT-Projekte und dem immer größer werdenden Rückstand zu europäischen Vorreitern wie Dänemark, Finnland oder Estland geprägt. Die neue Bundesregierung will nun endlich eine lang ersehnte Wende einleiten und verspricht im Koalitionsvertrag einen umfassenden digitalen Aufbruch. Aber wer soll diesen Aufbruch verantworten?

                      Im Vorfeld der Bundestagswahl wurden in Berlin zwei Modelle diskutiert. Befürworter eines Digitalministeriums erhofften sich eine Bündelung zentraler digitaler Themen in einem Haus und eine starke Stimme für Digitales am Kabinettstisch der Ampelkoalition. Als Gegenvorschlag wurde eine stärkere Rolle des Kanzleramts bei der Koordinierung der digitalpolitischen Regierungsvorhaben diskutiert. Hierzu sollten Kompetenzen und Ressourcen im Kanzleramt weiter ausgebaut werden.

                      Ampelkoalition überrascht: BMDV wird kein echtes Digitalministerium

                      Vergangene Woche überraschte die Ampelkoalition mit einem ganz anderen Ansatz – weder Digitalministerium noch Stärkung des Kanzleramts. Das Bundesverkehrsministerium erfährt mit der neuen Verantwortung für nationale, EU-weite und internationale Digitalpolitik, für Telekommunikationsregulierung und die operativen Vorhaben der Digitalpolitik eine deutliche Aufwertung, sodass es zukünftig das Digitale vor dem Verkehr im Namen führt (BMDV).

                      Selbst mit den neuen Kompetenzen ist das BMDV allerdings weit davon entfernt, als “echtes” Digitalministerium durchzugehen. Hierzu fehlt vor allem die Verantwortung für die Digitalisierung der Verwaltung, die neben der Zuständigkeit für Cybersicherheitsthemen im Innenministerium verbleibt.

                      Mit der im KI-Stab verankerten Zuständigkeit für das wichtigste industriepolitische Digitalvorhaben der vergangenen Legislaturperiode, dem Cloudprojekt GAIA-X, und für Startups verbleiben zentrale wirtschaftspolitische Digitalthemen im Bundesministerium für Wirtschaft und Klima. Umweltministerium (digitaler Verbraucherschutz), Arbeitsministerium (digitale Arbeitswelt), Forschungs- und Bildungsministerium (Forschungsförderung für digitale Technologien, Digitalpakt) und Auswärtiges Amt (digitale Außenpolitik) haben bei der Entwicklung und Umsetzung der digitalpolitischen Agenda ebenso ein gewichtiges Wörtchen mitzureden.

                      Vor allem die Anhänger eines Digitalministeriums sehen diese breite Verteilung von Kompetenzen kritisch. Allerdings ist Digitalisierung nun mal Querschnittsthema. Eine Zentralisierung der digitalen Themen in einem Haus, also eine Art Superministerium, war nie realistisch. Denn keiner der Koalitionäre ist bereit, dieses wichtige Thema vollkommen aus der Hand zu geben. Hinzu kommt, dass eine solche Reorganisation nicht nur viel Zeit gekostet hätte, sondern auch mit dem Abzug wertvoller Digitalkompetenzen aus den anderen Ministerien verbunden gewesen wäre.

                      Sinnvolle Umgestaltungen – aber Schlüsselthemen bleiben verteilt

                      Die im Organisationserlass festgelegte Kompetenzverteilung zwischen den Ministerien spiegelt daher vor allem zwei nicht immer miteinander zu vereinbarende Bestrebungen wider: die Kompetenzzuschnitte klarer und besser zu regeln und die Interessen der Verhandlungsparteien zu befriedigen. Ersteres ist zum Beispiel bei der Bündelung von Breitbandausbau und Telekommunikationsregulierung im BMDV gelungen. Auch die Zuordnung des Verbraucherschutzes zum Umweltministerium ergibt vor allem inhaltlich und organisatorisch Sinn.

                      Mit parteipolitischer Brille sehen viele die FDP als eigentliche Gewinnerin der Verhandlungen. Mit ihrem Fokus auf Klima- und Außenpolitik war allerdings schon vor Verhandlungsbeginn klar, dass die Grünen beim Digitalen SPD und FDP eine starke Rolle würden zubilligen müssen. Die SPD hat zwar Kompetenzen des Kanzleramts bei der Koordinierung aufgegeben. Zugleich besetzt sie mit dem Innenministerium und den dort verankerten Zuständigkeiten für Verwaltungsdigitalisierung und Cybersicherheit ein Schlüsselministerium der Digitalpolitik.

                      Angesichts der Absage an ein Digitalministerium wirft die geschmälerte Rolle des Kanzleramts für viele die größten Fragen auf. Dabei ist diese Entscheidung in sich konsequent und birgt Vorteile. Wenn Olaf Scholz sich nicht als Treiber digitaler Themen sieht, wäre es fatal, wenn er sie aus reinem Machtkalkül zu sich ins Kanzleramt geholt hätte. Die Ressort-Hoheit begrenzt zudem die Einflussmöglichkeiten des Kanzleramts bei Koordinierung und Umsetzung.

                      Grüne und FDP haben verständlicherweise wenig Interesse, die Macht der Ministerien zugunsten des Kanzleramts zu schwächen. Zudem haben die vergangenen Jahre gezeigt, dass im Kanzleramt eher aktuelle Krisen als große Transformationsthemen die Agenda bestimmen. Angesichts andauernder Corona-Pandemie und einer Vielzahl internationaler Konflikte ist es wenig realistisch, dass sich hieran etwas ändert.

                      Gemeinsames Projekt Digitalpolitik

                      In der Ampel liegt die Verantwortung für eine erfolgreiche Digitalpolitik nun bei den Fachministerien und damit bei der Frage, ob es der Koalition wirklich gelingt, Regierungsverantwortung als gemeinsames Projekt und nicht als Wettbewerb zwischen den Koalitionären zu definieren. Die Verhandlungen haben gezeigt, dass die Ampel einen neuen Regierungsstil etablieren könnte. Sie muss diesen kooperativen Stil aus den Verhandlungen aber nun in die Praxis der Regierungsarbeit überführen.

                      Hierzu finden sich im Koalitionsvertrag wichtige Punkte. Dazu zählen die Öffnung des Gesetzgebungsprozesses für besseren ressortübergreifenden Austausch und Einbindung externer Expertise, die Evaluation und Evidenzbasierung politischer Maßnahmen und die längst überfällige Verwaltungsmodernisierung. Hier, in den Niederungen von Prozessen, Strukturen und Kultur von Regierungs- und Verwaltungshandeln, wird sich entscheiden, ob der Ampel der erhoffte digitale Aufbruch gelingt.

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                        Apéropa

                        Europapolitik, so Olaf Scholz, sei schon lange keine Außenpolitik mehr. “Europapolitik ist zu einem großen Teil unserer Innenpolitik geworden.” Es ist ein bemerkenswerter Satz, den der neue Bundeskanzler da in seiner ersten Regierungserklärung im Bundestag gesagt hat. Schließlich liegt für die meisten Berliner Politiker Brüssel doch recht weit weg.

                        Allerdings: Scholz hatte zu diesem Zeitpunkt bereits deutlich mehr als eine Stunde gesprochen, die Konzentration ließ allmählich etwas nach. Ausführlich hatte er die Pläne seiner “Fortschrittsregierung” für den Umbau von Land und Wirtschaft erläutert, ohne Bezug zu den entsprechenden EU-Vorhaben zu nehmen. Einzig das Fit-for-55-Klimapaket fand in einem Satz Erwähnung, als Scholz versprach, die Europäische Kommission bei der Verwirklichung “aktiv zu unterstützen”.

                        Die Verhaltensmuster ändern sich eben nicht von heute auf morgen. Der bemerkenswert proeuropäischen Haltung der Ampel-Koalition tut dies aber keinen Abbruch. “Das Gelingen Europas ist unser wichtigstes nationales Anliegen”, sagte Scholz. Dafür werde er beharrlich Brücken bauen, wie dies seine Vorgängerin und deren Vorgänger getan hätten.

                        Viele dieser großen Brückenbauer waren CDU-Kanzler. Nicht nur Scholz aber macht sich Sorgen, dass die Union in der Opposition und unter einem CDU-Parteichef Friedrich Merz einen Kurs einschlagen könnte, der stärker an die AfD erinnert als an Angela Merkel oder Helmut Kohl. Die europafreundliche Ausrichtung aller demokratischen Parteien im Bundestag sei “ein Schatz”, den es zu bewahren gelte, mahnte Scholz. Auch das ein bemerkenswerter Satz. Till Hoppe

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                          Liebe Leserin, lieber Leser,

                          der Gebäudesektor gehört zu den größten Energieverbrauchern der Europäischen Union und ist für gut ein Drittel der Gesamtemissionen verantwortlich. Mit einer Neufassung der Gebäuderichtlinie will die Kommission den “schlafenden Riesen” endlich in Einklang mit ihren Green-Deal-Zielen bringen. Angesichts der rekordhohen Energiepreise will die Behörde mit ihren Vorschlägen aber auch noch ein anderes Problem bekämpfen: das der wachsenden Energiearmut. Timo Landenberger hat sich die Pläne, die auch eine Sanierungspflicht enthalten, genauer angesehen.

                          David Sassoli wäre gern über die Hälfte der Legislatur hinaus Präsident des Europäischen Parlaments geblieben – aber dazu wird es nach einer Absage der Sozialisten im EP wohl nicht kommen. Nun sind alle Augen auf die EVP-Kandidatin Roberta Metsola gerichtet. Mit ihr könnte nach 20 Jahren wieder eine Frau an der Spitze der Institution stehen. Allerdings hat sich Metsola nicht gerade als Kämpferin für Frauenrechte einen Namen gemacht – die Malteserin ist bekennende Abtreibungsgegnerin. Nicht nur bei französischen Europaabgeordneten sorgt das für Unbehagen, wie Jasmin Kohl aus Brüssel berichtet. 

                          Europapolitik, Green Deal und Digitalisierung: Wer sind die wichtigsten Köpfe, die diese Felder in der neuen Bundesregierung prägen werden? Damit Sie immer auf dem neuesten Stand sind, arbeiten wir fortlaufend an einer Übersicht über die Leitungsebene der Ministerien. Neue Namen ergänzen wir, sobald wir von ihnen erfahren. Sie sind schneller? Dann freuen wir uns über Hinweise.

                          Ihre
                          Sarah Schaefer
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                          Analyse

                          Gebäudeeffizienz: EU-Kommission will Sanierungspflicht

                          Die Europäische Kommission hat am Mittwoch die Neufassung der Richtlinie über die Energieeffizienz von Gebäuden (EPBD) vorgelegt. Das erklärte Ziel: Bis zum Jahr 2050 soll der Gebäudebestand in Europa klimaneutral werden. Doch der Weg ist weit. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist der Sektor für 36 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen verantwortlich.

                          Nach Angaben der Kommission sind 75 Prozent der Gebäude nicht energieeffizient, Experten gehen zum Teil von wesentlich höheren Zahlen aus (Europe.Table berichtete). Rund 85 Prozent des heutigen Gebäudebestands werde auch im Jahr 2050 noch stehen. Mit ihrem Vorschlag für die Neufassung der Richtlinie über die Energieeffizienz von Gebäuden will die Brüsseler Behörde deshalb die jährliche Sanierungsrate von derzeit nur einem Prozent drastisch erhöhen, auch für Neubauten soll es strenge Vorgaben geben. Damit soll nicht nur der Sektor mit dem größten Energieverbrauch endlich auf den Green-Deal-Pfad gebracht werden. Renovierungen sollen auch für weniger Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen sowie niedrigere Rechnungen und damit weniger Energiearmut sorgen, heißt es in dem Entwurf.

                          “Millionen Menschen in Europa können ihre Energierechnung nicht mehr bezahlen”, sagte Kommissions-Vizepräsident Frans Timmermans in Brüssel. Diese würden oft in alten Gebäuden mit hohem Verbrauch leben. Ein Gebäude mit schlechter Isolierung benötige bis zu zehnmal so viel Wärme wie ein Haus auf dem modernsten Stand. Eine höhere Sanierungsrate sei also auch vor dem Hintergrund der rekordhohen Energiepreise sehr wichtig.

                          Neue Richtlinie: Mindestnormen für Energieeffizienz von Gebäuden

                          Die Kommissionsvorschläge für die Neufassung der Richtlinie über die Energieeffizienz von Gebäuden sehen Mindestnormen für die Gesamtenergieeffizienz vor, was etwa 15 Prozent des Gebäudebestands betrifft und eine Renovierungswelle auslösen soll. Demnach müssen Wohnhäuser mit der niedrigsten Energiestufe G bis zum Jahr 2030 auf eine höhere Stufe saniert werden, Büros und Geschäftsgebäude bereits bis 2027.

                          Die EU-Staaten werden davon unterschiedlich stark betroffen sein. In Italien hat etwa ein Drittel der Wohngebäude die niedrigste Energieeffizienzklasse G, während es in den Niederlanden nur vier Prozent sind. Allerdings sei eine bessere Wärmedämmung im Süden Europas auch weniger erfolgversprechend als etwa in Nordschweden, gibt Energierechtsexperte Christian Schneider von der Kanzlei bpv Hügel zu bedenken.

                          Unter Immobilienverbänden sorgte der Vorschlag für einen Aufschrei. Für Millionen von Häusern mit der niedrigsten Energiestufe sei eine Sanierung keine Option, heißt es. Mit den Vorschlägen beende die EU für viele Europäer den Traum der eigenen vier Wände. Für Umweltschützer hingegen ist der Schritt längst überfällig.

                          Auch die Grünen im EU-Parlament stehen hinter den Plänen zur Sanierungspflicht. “Es ist gut, dass die EU-Kommission endlich klare Vorgaben für die Modernisierung der ineffizientesten Gebäude macht. Wir fordern die EU-Mitgliedstaaten auf, mehr Ehrgeiz in die Renovierungswelle zu stecken”, sagt die EU-Abgeordnete Jutta Paulus. Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft sieht die Pläne grundsätzlich positiv. “Allerdings muss sichergestellt sein, dass die Vorgaben den Einsatz kosteneffizienter Treibhausgas-Minderungsoptionen technologieoffen zulassen”, so BDEW-Geschäftsführerin Kerstin Andreae.

                          Markus Pieper, energiepolitischer Sprecher der CDU/CSU im EU-Parlament, befürchtet hingegen eine Doppelbelastung. “Es macht wenig Sinn, neben dem die Energiekosten verteuernden Emissionshandel gleichzeitig strikte energetische Standards für alle Gebäude vorzuschreiben. So werden die Miet- und Unterhaltskosten doppelt verteuert”, so der Abgeordnete. In ihrem Fit-for-55-Paket hatte die Kommission im Juli vorgeschlagen, das ETS auf den Gebäudesektor auszuweiten (Europe.Table berichtete).

                          Null-Emissions-Gebäude

                          Mit ihren Vorschlägen für die Neufassung der Richtlinie über die Energieeffizienz von Gebäuden will die Brüsseler Behörde auch erheblich strengere Vorgaben für Neubauten einführen. Demzufolge sollen ab dem Jahr 2030 alle neuen Gebäude emissionsfrei sein, im öffentlichen Sektor bereits ab 2027. Soll heißen, dass die Gebäude weniger Energie verbrauchen, so weit wie möglich mit erneuerbaren Energien betrieben werden und keine CO₂-Emissionen aus fossilen Brennstoffen ausstoßen. Im Energieausweis der Häuser soll deren Treibhauspotenzial über den gesamten Lebenszyklus angeben werden.

                          Doch die Definition bleibt vage. Auch Emissionen, die bei der Herstellung der Baustoffe sowie bei deren Transport anfallen, kommen Kritikern zu kurz: “Der Ansatz des ‘Whole Life Carbon’ und die Kreislaufwirtschaft sind für die Dekarbonisierung des Gebäudesektors unerlässlich und müssen ohne weitere Verzögerung in die EPBD aufgenommen werden. Wenn wir diese einmalige Chance verpassen, werden wir heute einen enormen Anstieg der produktbezogenen Emissionen und in Zukunft ein Abfallproblem haben”, sagt Gonzalo Sánchez, Gebäudeexperte beim Europäischen Umweltbüro (EEB).

                          Einführung eines Renovierungspasses

                          Den Nachweis über Energiestufe und -verbrauch liefern soll der Energieausweis, der damit wichtige Anhaltspunkte für Investitions-, Kauf- und Mietentscheidungen bieten soll. Die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises wird unter anderem auf Gebäude ausgedehnt, die einer größeren Renovierung unterzogen wurden. Zu mehr Informationen und Kostensenkung soll auch die Einführung eines “Renovierungspasses” führen. Damit will die Kommission Hauseigentümern ein Instrument an die Hand geben, das ihnen die Planung und schrittweise Renovierung hin zu einem Null-Emissions-Niveau erleichtert.

                          Mit ihren Vorschlägen will die Kommission auch den Einsatz von intelligenten Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) fördern. Die Einrichtung digitaler Gebäudedatenbanken ist ebenfalls vorgesehen. Für Markus Pieper zu wenig. “Ein vager Smart-Readyness-Benchmark und wenig konkrete Angebote für die Wirtschaft, sich in europäische Normungsprozesse einzubringen, sind unzureichend. Verbraucherfassung und Dokumentation muss in Gebäuden europaweit zum Kinderspiel werden.”

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                            Metsola: Eine Abtreibungsgegnerin als Europaparlaments-Präsidentin?

                            Die Sozialisten im Europäischen Parlament haben sich gegen eine neue Kandidatur des derzeitigen Parlamentspräsidenten David Sassoli ausgesprochen und wollen auch keinen anderen eigenen Kandidaten für die Wahl, die während der Plenarsitzung Mitte Januar ansteht, aufstellen.

                            Damit halten sie sich nun doch an die Abmachung mit der EVP-Fraktion, nach der zur Mitte der Amtszeit das Steuer des Abgeordnetenhauses von der S&D-Fraktion an die Christdemokraten übergeben werden sollte. Hintergrund der Entscheidung ist, dass Sassolis Kandidatur weder von den Grünen/EFA noch von Renew unterstützt wurde und damit keine Chance für eine Mehrheit hatte. Offen erkennbar darüber sprechen will derzeit im Parlament niemand. “Das hätte ihm keinen schönen Abgang beschert”, heißt es gegenüber Europe.Table.

                            Weil weder Grüne/EFA noch Renew einen eigenen Gegenkandidaten präsentieren, sind alle Augen auf die Malteserin Roberta Metsola gerichtet, die für die EVP ins Rennen geht (Europe.Table berichtete). Die 42-Jährige Metsola sitzt seit 2013 im Europaparlament und ist derzeit Vizepräsidentin. Mit ihr hätte die Institution nach 20 Jahren – von 1999 bis 2002 war zuletzt die Französin Nicole Fontaine Parlamentspräsidentin – erstmals wieder eine Frau an der Spitze. Das Argument könnte die Grünen im Europaparlament überzeugen. Denn sie kehrten Sassoli vor allem den Rücken, weil er mit den Eigenschaften “alter weißer Mann” nicht gerade für den gewünschten Wandel steht.  

                            EVP-Kandidatin für Europaparlaments-Wahl gegen Abtreibungen

                            Allerdings ist Metsola als bekennende Abtreibungsgegnerin bekannt, was vor allem bei französischen Europaabgeordneten für großes Unbehagen sorgt. Die erste Präsidentin im Europaparlament Simone Veil hatte das Recht auf Abtreibung zu ihrem Lebenskampf gemacht. 42 Jahre später nun ausgerechnet eine Gegnerin der Abtreibung an die Spitze des Europaparlaments zu wählen, wäre nicht nur ein mächtiger Rückschritt, sondern würde den Werten der Institution widersprechen, heißt es nun.

                            Offiziell hat die Grünen-Fraktion Metsolas Kandidatur noch keine Absage erteilt. Aber wie Metsola die Forderung nach einem “feministischen Europäischen Parlament” erfüllen soll, ist schwer zu verstehen. Laut Parlamentskreisen habe die französische Delegation der Grünen/EFA daher bereits beschlossen, gegen Metsola zu stimmen.

                            Eine ähnliche Entwicklung könnte sich auch in anderen Fraktionen vollziehen: Metsola habe während einer Renew-Fraktionssitzung äußerst ungeschickt versucht, ihre Position zu relativieren. Die Essenz: Weil die Mehrheit der Maltesen gegen Abtreibung ist – Malta hat das strengste Abtreibungsgesetz der EU – könne sie keine andere Position vertreten und bittet um Verständnis. Sie sei aber für die Stärkung von Frauenrechten.  

                            Metsola ist nicht die einzige Kandidatin für den Spitzenposten im Europaparlament: Die EKR-Fraktion hat den Polen Kosma Złotowski zu ihrem Kandidaten gekürt. Für die GUE/NGL-Fraktion der Linken geht die Spanierin Sira Rego ins Rennen. Beide Kandidaten haben jedoch keine reelle Chance, da der Parlamentspräsident die absolute Mehrheit der Mandatsträger:innen hinter sich versammeln muss.

                            Mit einer Blockade der Malteserin rechnen Parlamentskreise also nicht, denn es fehle schlichtweg eine Alternative. Wahrscheinlicher sei, dass die Fraktionen S&D, Renew und Grüne/EFA weitere Bedingungen formulieren, die sie an eine Zustimmung für Metsola knüpfen.

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                              Globalks Global Conference on Agriculture
                              This conference gathers leading academicians, university students, local and international industry experts, eminent researchers, scientists and policymakers in order to reflect on the direction of agriculture. INFOS & REGISTRATION

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                              ECFR, Discussion Europe’s answer to economic warfare: The EU’s anti-coercion instrument
                              The European Council on Foreign Relations (ECFR) discusses possible geopolitical instruments against economic pressure from authoritarian countries with Valdis Dombrovskis, Executive Vice President of the European Commission for An Economy that Works for People. INFOS & REGISTRATION

                              17.12.2021 – 19:00-20:30 Uhr, Berlin
                              RLS, Vortrag Die Vierte Sache – Automatisierung und die Zukunft der Arbeit
                              Der Vortrag von Aaron Benanav bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) beschäftigt sich mit dem globalen Zustand und den Hintergründen der automatisierten Industrieproduktion. INFOS & Anmeldung

                              20.12.2021 – 13:00 Uhr, online
                              EBD, Diskussion De-Briefing Europäischer Rat
                              Die Diskussionsveranstaltung der Europäischen Bewegung Deutschlands (EBD) setzt sich mit den Ergebnissen des Europäischen Rats vom 16.12.-17.12.2021 auseinander. INFOS

                              20.12.2021 – 14:00-17:00 Uhr, online
                              HBS, Discussion EU Green Deal and the Greek Green Deal – What would a Green Deal for Greece look like?
                              The Heinrich Böll Foundation (HBS) hosts the presentation of the policy brief “A Green Deal for Greece” which discusses the prospects and challenges for the implementation of a socially balanced green transition in Greece. INFOS

                              21.12.2021 – 10:00-11:30 Uhr, online
                              FES, Seminar Mit dem E-Bus von der Altmark ins Burgenland? Die Herausforderungen privater und öffentlicher Elektromobilität in ländlichen Räumen
                              Das Seminar der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) fragt nach den notwendigen Maßnahmen, um Elektromobilität im ländlichen Raum zukunftsfähig zu machen. INFOS & ANMELDUNG

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                              Ukraine-Krise: Scholz und Macron wollen vermitteln

                              Deutschland und Frankreich wollen der Ukraine im Konflikt mit Russland beistehen und eine Vermittlung versuchen. Dies erklärten Bundeskanzler Olaf Scholz und der französische Präsident Emmanuel Macron bei einem Gespräch mit dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj in Brüssel. Zunächst werde es weitere Treffen zu dritt geben, hieß es am Rande des EU-Gipfels der östlichen Partnerschaft. Sobald wie möglich sei jedoch eine Rückkehr zum Normandie-Format geplant – also mit Russland.

                              Der bislang einzige Normandie-Gipfel im Vierer-Format hatte Ende 2019 in Paris stattgefunden. Seither haben sich die Spannungen immer mehr verschärft. Russlands Präsident Wladimir Putin heizte den Konflikt mit der Entsendung von Truppen an. Nach dem Videogipfel zwischen Putin und US-Präsident Joe Biden in der vergangenen Woche versuchen Deutschland und Frankreich, das Normandie-Format wiederzubeleben. Gleichzeitig haben sie den Druck auf Putin erhöht – und mit massiven Sanktionen gedroht.

                              Russland-Ukraine-Konflikt ist Thema beim EU-Gipfel

                              Scholz warnte Russland am Mittwoch erneut: “Jede Verletzung territorialer Integrität wird einen hohen Preis haben”, sagte er in seiner ersten Regierungserklärung im Bundestag. Zugleich sei die Bundesregierung aber zum Dialog mit Moskau bereit, wenn dies helfen könne, aus der Eskalationsspirale auszubrechen. Diese Gesprächsbereitschaft dürfe aber nicht missverstanden werden als neue deutsche Ostpolitik, so der SPD-Politiker. “Ostpolitik kann im vereinten Europa nur eine europäische Ostpolitik sein.” 

                              Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine ist auch Thema beim regulären EU-Gipfel in Brüssel, an dem Scholz heute erstmals teilnimmt. Mit Beschlüssen zu der schweren außenpolitischen Krise wird nicht gerechnet. ebo/tho

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                                TEN-E: Parlament und Rat wollen Gas- und Ölförderung beenden

                                Verhandlungsführer des EU-Parlaments und der slowenischen Ratspräsidentschaft haben sich am Mittwoch auf eine Neufassung der sogenannten TEN-E-Verordnung geeinigt. Damit sollen die Leitlinien für die Förderung der transeuropäischen Energienetze stärker auf die Ziele des Green Deal ausgerichtet werden. Die in den Trilog-Verhandlungen erzielte Einigung muss noch von den Mitgliedsstaaten gebilligt werden.

                                Die Einigung sieht unter anderem vor, den Aufbau der Infrastruktur für Wasserstoff und andere klimafreundliche Gase gezielt zu fördern. Die finanzielle Unterstützung neuer Erdgas- und Erdölprojekte hingegen soll beendet und verbindliche Nachhaltigkeitskriterien sollen eingeführt werden. Außerdem sollen Genehmigungs- und Zulassungsverfahren vereinfacht und beschleunigt werden, insbesondere durch die Schaffung einer einzigen Anlaufstelle.

                                “Die heutige Einigung stellt sicher, dass wir in eine grüne und klimaneutrale Zukunft investieren, die Effizienz, Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit garantiert und niemanden zurücklässt”, sagte der Verhandlungsführer und slowenische Minister für Infrastruktur, Jernej Vrtovec.

                                Mit der Überarbeitung der TEN-E Verordnung soll der Katalog der förderfähigen Energie-Infrastrukturprojekte aktualisiert werden. Den Schwerpunkt legten die Verhandler dabei auf die Dekarbonisierung. Doch auch der Ausbau der Offshore-Stromnetze sowie die Förderung intelligenter digitaler Lösungen sollen eine größere Rolle spielen. Dabei geht es hauptsächlich um sogenannte Projekte von gemeinsamem Interesse (Projects of Common Interest, PCI), die für eine Finanzierung aus der “Connecting Europe Facility” im Zeitraum 2021-2027 infrage kommen.

                                Die von der Kommission im November veröffentlichte PCI-Liste hatte noch etliche förderfähige Gas-Projekte enthalten und deshalb viel Kritik auf sich gezogen. til

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                                  Kommission legt CO₂-Abbau-Strategie vor

                                  Die EU-Kommission will nicht nur den CO2-Ausstoß zu reduzieren, sondern auch die Entfernung des Treibhausgases aus der Atmosphäre vorantreiben, um ihre Green-Deal-Ziele zu erreichen. Bis 2050 müsse jede Tonne in die Atmosphäre emittiertes CO2-Äquivalent durch eine Tonne CO2, die aus der Atmosphäre entfernt wird, ausgeglichen werden, so die Vorgabe. Am Mittwoch hat sie deshalb ihre Strategie für die Förderung von CO2-Abbaumethoden vorgestellt.

                                  Mehrgleisiger Ansatz um CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen

                                  Die Kommission verfolgt darin einen mehrgleisigen Ansatz. Sie will zum einen technologische Lösungen ausbauen. Durch sogenanntes “Carbon Capture and Storage” (CCS) kann CO2 bei industriellen Produktionsprozessen oder direkt aus der Luft abgeschieden werden und über einen langen Zeitraum gespeichert werden. Bis 2030 sollen so jährlich 5 Millionen Tonnen CO2 aus der Atmosphäre entfernt und dauerhaft gespeichert werden.

                                  Beim “Carbon Capture and Usage” (CCU) soll das abgeschiedene CO2 für die Herstellung von synthetischen Brennstoffen, Kunststoffen, Gummi, Chemikalien und anderen Materialien verwendet werden, die Kohlenstoff als Ausgangsstoff benötigen. Durch einen solchen Kohlenstoffkreislauf sollen schwer zu dekarbonisierende Industriezweige umweltfreundlicher gestaltet werden.

                                  “Kein Blankoscheck für fehlende Ambitionen”

                                  Delara Burkhardt, umweltpolitische Sprecherin der Europa-SPD, mahnte jedoch, die Kohlenstoffentfernung dürfe “kein Blankoscheck und beliebiges Ausgleichsinstrument für fehlende Ambitionen und Ergebnisse bei der CO2-Reduktion werden”. Die Strategie zur CO2-Abscheidung müsse daher klarstellen, dass nur unvermeidbare Emissionen in industriellen Prozessen auf technische Weise entfernt und gespeichert werden dürfen, so Burkhardt.

                                  Der zweite Ansatz zum CO2-Entzug aus der Atmosphäre ist eine klimaeffiziente Landwirtschaft. Um die kohlenstoffbindende Wirkung des Agrarsektors zu nutzen, will die Kommission Landwirtinnen und Landwirte vergüten, die der Atmosphäre durch naturbasierte Maßnahmen CO2 entziehen. Bis 2030 sollen 42 Millionen Tonnen CO2 auf diese Weise gespeichert werden. Ein Anreiz für klimaeffiziente Landwirtschaft soll unter anderem eine Förderung aus der GAP sein (Europe.Table berichtete).

                                  Für die dafür notwendige Zertifizierung zum CO2-Abbau will die Kommission bis Ende 2022 einen EU-Rechtsrahmen vorschlagen. Norbert Lins (CDU/EVP), Vorsitzender des Landwirtschaftsausschusses im EU-Parlament, begrüßte die Ankündigung. Der Rechtsrahmen könne helfen, “Kohlenstoffbewirtschaftung in die tägliche Produktion zu integrieren.” Der Handel von Zertifikaten müsse deshalb so schnell wie möglich anlaufen, um die richtigen Anreize zur Klimaneutralität des Sektors in 2035 bereitzustellen, so Lins. luk

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                                    Umweltkriminalität: EU-Kommission will stärkere Sanktionen

                                    EU-Mitgliedstaaten sollen zum Kampf gegen Umweltkriminalität verpflichtet werden. Das geht aus einem Vorschlag der Kommission für eine neue Richtlinie hervor, der am Mittwoch vorgestellt wurde. Umweltstraftatbestände sollen dadurch genauer definiert, ein Mindestmaß für Sanktionen bei Umweltstraftaten festgelegt und die Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten bei der Strafverfolgung gestärkt werden.

                                    Neue Straftatbestände wären illegaler Holzhandel, illegales Schiffsrecycling oder illegale Wasserentnahme. Straffällige Personen, Unternehmen und Organisationen könnten dazu verpflichtet werden, die Umweltschäden rückgängig zu machen, vom Zugang zu öffentlichen Mitteln und Vergabeverfahren ausgeschlossen werden oder behördliche Genehmigungen verlieren.

                                    “Wenn wir Gesetzesbrecher ungestraft davonkommen lassen, untergräbt dies unsere gemeinsamen Anstrengungen zum Schutz der Natur und der biologischen Vielfalt und zur Bekämpfung der Klimakrise”, sagte Exekutiv-Vizepräsident Frans Timmermans. Es sei schwierig, in solchen Straftaten zu ermitteln und sie vor Gericht zu bringen, ergänzte der für Umwelt, Meere und Fischerei zuständige Kommissar Virginijus Sinkevičius. Gleichzeitig seien Sanktionen eher mild. Häufig betreffen Umweltstraftaten mehrere Länder, teilte die Kommission mit, weshalb auch die Strafverfolgung innerhalb der EU koordiniert werden soll.

                                    Der Vorschlag soll deshalb grenzüberschreitende Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen stärken. Zudem sollen Inspektoren, Polizei, Staatsanwälte und Richter durch Weiterbildung, Ermittlungsinstrumente und bessere Datenerhebung unterstützt werden. Mitgliedstaaten sollen nationale Strategien entwickeln, wie die Maßnahmen umgesetzt und die Ressourcen für diese Ziele eingesetzt werden sollen. luk

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                                      Methan-Verordnung greift für Umweltschützer zu kurz

                                      Die Europäische Kommission hat am Mittwoch einen neuen Legislativ-Vorschlag zur Reduzierung von Methanemissionen im Energiesektor vorgestellt. Damit sollen Unternehmen dazu verpflichtet werden, ihre Methanemissionen zu messen und zu quantifizieren sowie Methanlecks in ihren Betrieben aufzuspüren und zu reparieren. Darüber hinaus verbietet der Vorschlag sogenanntes Entgasen (Venting), wobei beispielsweise während Wartungsarbeiten an Pipelines das Erdgas aus Kostengründen einfach abgelassen wird, ebenso wie das Abfackeln (Flairing). Auch die EU-Mitgliedstaaten sollen in die Pflicht genommen werden und Pläne zur Reduzierung von Methanemissionen aufstellen. Dabei geht es insbesondere um Methan, das aus stillgelegten Bergwerken und inaktiven Bohrlöchern entweicht.

                                      Mit ihrem Vorschlag konzentriert sich die Kommission auf Methanemissionen innerhalb der EU. Allerdings importiert die Staatengemeinschaft mehr als 80 Prozent des benötigten Erdgases (das zu knapp 90 Prozent aus Methan besteht) und 90 Prozent des Rohöls. Für Energieimporteure sieht der Vorschlag jedoch lediglich eine Pflicht zur Datenerhebung und Information vor. Zwar will die Brüsseler Behörde 2025 in einer Art Zwischenbericht überprüfen, ob strengere Maßnahmen für die Einfuhr fossiler Brennstoffe notwendig sind. Umweltschützern ist das jedoch zu spät. Sie fordern eine Ausweitung der Regularien auf die gesamte Lieferkette.

                                      Vorschlag zur Reduzierung von Methanemissionen ohne Landwirtschaft

                                      In einem Initiativbericht zur Reduzierung von Methanemissionen hatte das EU-Parlament eine solche Ausweitung bereits gefordert (Europe.Table berichtete). Berichterstatterin Jutta Paulus (Grüne) kündigte an, sich auch weiterhin dafür einsetzen zu wollen. Der Initiativbericht sah außerdem vor, auch den Landwirtschaftsbereich zur Verringerung von Methanemissionen zu verpflichten. Der Kommissionsentwurf konzentriert sich jedoch auf die Energiebranche. Hier gelten Methanemissionen zwar als erheblich leichter zu reduzieren, machen aber nur 19 Prozent aus. Der Löwenanteil entfällt mit 53 Prozent auf die Landwirtschaft.

                                      Methan ist für rund 30 Prozent des bisherigen globalen Treibhausgasanstiegs verantwortlich. In der EU macht das Gas zwar nur zehn Prozent aller Treibhausgasemissionen aus. Auf kurze Sicht – über einen Zeitraum von 20 Jahren gerechnet – ist es jedoch etwa 80-mal so klimaschädlich wie CO₂. Dem Global Methane Assessment der Vereinten Nationen zufolge ist die Einsparung von 45 Prozent der weltweiten Methanemissionen bis 2030 möglich und würde die Erderwärmung bis 2045 um 0,3 Grad verringern. til

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                                        Niederlande: Koalition befürwortet Kernenergie als Teil der Energiewende

                                        Die Niederlande könnten zwei Atomreaktoren bauen. Die künftige Regierung signalisierte damit am Mittwoch eine mögliche Kehrtwende in der Energiepolitik, um den Übergang zu einer CO2-neutralen Wirtschaft voranzutreiben.

                                        Das Land will in den kommenden zehn Jahren zusätzlich 35 Milliarden Euro für die Energiewende ausgeben, einschließlich Investitionen in Wasserstoff, Wärme und Stromnetze, wie die künftige Vier-Parteien-Koalition mitteilte.

                                        Niederlande strebt Klimaneutralität an, auch mit Kernenergie

                                        “Wir unternehmen konkrete Schritte für eine 60-prozentige Kohlendioxidreduzierung im Jahr 2030“, sagte Sigrid Kaag, Vorsitzende von D66, der zweitgrößten Partei der Koalition. “Wir streben die Klimaneutralität im Jahr 2050 an. Das erreichen wir… mit Ökosteuern, mit enormen Investitionen in erneuerbare Energien und mit Enttabuisierungen nicht nur hinsichtlich der Kfz-Steuer, sondern auch der Kernenergie.”

                                        Die Koalition will laut Koalitionsvereinbarung den Bau von zwei neuen Kernreaktoren vorbereiten und den längeren Betrieb des einzigen bestehenden Atomkraftwerks des Landes prüfen. Zuvor hatten die Christdemokraten (CDA) und die konservative VVD des langjährigen Ministerpräsidenten Mark Rutte den Ausbau der Kernenergie unterstützt. Sie waren jedoch nicht in der Lage, dies auch umzusetzen, da alle anderen großen Parteien aus Sicherheits- und Umweltbedenken dagegen waren.

                                        Die künftige Koalition wird von den Parteien gebildet, die bereits seit 2017 an der Macht sind. Die Koalitionsverhandlungen hatten 271 Tage gedauert – ein Rekord in der niederländischen Politik. rtr/sas

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                                          Datenschutz: Millionenstrafe für Dating-App Grindr in Norwegen

                                          Die norwegische Datenschutzaufsicht Datatilsynet hat die Strafe für die Dating-App Grindr wegen der illegalen Weitergabe von Nutzerdaten an Werbetreibende auf 65 Millionen norwegische Kronen (6,4 Millionen Euro) reduziert.

                                          Ursprünglich hatte die Aufsichtsbehörde im Januar angekündigt, Grindr mit einer Strafe von 100 Millionen Kronen zu belegen. Am Mittwoch teilte die Behörde jedoch mit, dass sie die Geldstrafe reduziert habe. Grund dafür seien neue Informationen über die Finanzen des Unternehmens und Änderungen, die Grindr vorgenommen hat, “um die Mängel in seiner früheren Plattform für das Einwilligungsmanagement zu beheben”.

                                          “Unsere Schlussfolgerung ist, dass Grindr Nutzerdaten an Dritte für verhaltensbezogene Werbung ohne rechtliche Grundlage weitergegeben hat“, sagte der Leiter der internationalen Abteilung der Datenschutzbehörde, Tobias Judin, in einer Erklärung. Die Behörde sei zu dem Schluss gekommen, dass die von Grindr zwischen Juli 2018 und April 2020 eingeholte Zustimmung der Nutzer zur Verwendung privater Daten nicht gültig war.

                                          Der norwegische Verbraucherrat (NCC) hatte im April 2018 festgestellt, dass Grindr Nutzerangaben zum HIV-Status mit Dritten teilte und im Januar 2020 bei der Datenschutzaufsicht Klage eingereicht, dass Grindr detaillierte Nutzerdaten an Dritte weitergegeben hat, die an Werbung und Profiling beteiligt sind. Zu den Daten gehörten laut Forbrukerrådet personenbezogene Details wie IP-Adressen, GPS-Standorte, Alter und Geschlecht der Nutzer der Dating-App. Grindr richtet sich mit seinem Angebot insbesondere an gleichgeschlechtlich- und transgeschlechtlich interessierte Nutzern.

                                          Die Europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) legt Richtlinien für die Erhebung, Verarbeitung und Weitergabe personenbezogener Daten innnerhalb der EU und im Europäischen Wirtschaftsraum EWR fest. Damit gilt sie auch in Norwegen, das zum EWR aber nicht zur EU gehört. rtr/sas

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                                            Unternehmen wollen CO₂-Speicher vor Norwegen entwickeln

                                            Fünf Unternehmen haben sich um den Bau von CO2-Speichern auf dem norwegischen Festlandsockel beworben, wie das Öl- und Energieministerium Norwegens am Mittwoch mitteilte.

                                            Das Ministerium in Norwegen hatte im September zwei Offshore-Gebiete, eines in der Nordsee und eines in der arktischen Barentssee, für Unternehmen vorgeschlagen, die an der Entwicklung von CO2-Speichern unter dem Meeresboden interessiert sind. Dabei handelt es sich um eine Technologie, die es ermöglicht, das Treibhausgas abzuscheiden und es unterirdisch zu speichern.

                                            Die fünf Unternehmen, die sich bis zum 9. Dezember beworben hatten, waren Shell, Equinor, Horizon Energy, Northern Lights und Vaar Energi, so das Ministerium in einer Erklärung. Geplant sei, die Offshore-Flächen für die CO2-Speicherung in der ersten Hälfte des Jahres 2022 zu vergeben. rtr

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                                              Standpunkt

                                              Kann der digitalpolitische Aufbruch gelingen?

                                              Von Stefan Heumann
                                              Man sieht Stefan Heumann von der Stiftung Neue Verantwortung: Digitalministerium Ampelkoalition
                                              Stefan Heumann, Stiftung Neue Verantwortung

                                              Die digitalpolitische Debatte in Deutschland war in den vergangenen Jahren vor allem von Schlagzeilen über gescheiterte IT-Projekte und dem immer größer werdenden Rückstand zu europäischen Vorreitern wie Dänemark, Finnland oder Estland geprägt. Die neue Bundesregierung will nun endlich eine lang ersehnte Wende einleiten und verspricht im Koalitionsvertrag einen umfassenden digitalen Aufbruch. Aber wer soll diesen Aufbruch verantworten?

                                              Im Vorfeld der Bundestagswahl wurden in Berlin zwei Modelle diskutiert. Befürworter eines Digitalministeriums erhofften sich eine Bündelung zentraler digitaler Themen in einem Haus und eine starke Stimme für Digitales am Kabinettstisch der Ampelkoalition. Als Gegenvorschlag wurde eine stärkere Rolle des Kanzleramts bei der Koordinierung der digitalpolitischen Regierungsvorhaben diskutiert. Hierzu sollten Kompetenzen und Ressourcen im Kanzleramt weiter ausgebaut werden.

                                              Ampelkoalition überrascht: BMDV wird kein echtes Digitalministerium

                                              Vergangene Woche überraschte die Ampelkoalition mit einem ganz anderen Ansatz – weder Digitalministerium noch Stärkung des Kanzleramts. Das Bundesverkehrsministerium erfährt mit der neuen Verantwortung für nationale, EU-weite und internationale Digitalpolitik, für Telekommunikationsregulierung und die operativen Vorhaben der Digitalpolitik eine deutliche Aufwertung, sodass es zukünftig das Digitale vor dem Verkehr im Namen führt (BMDV).

                                              Selbst mit den neuen Kompetenzen ist das BMDV allerdings weit davon entfernt, als “echtes” Digitalministerium durchzugehen. Hierzu fehlt vor allem die Verantwortung für die Digitalisierung der Verwaltung, die neben der Zuständigkeit für Cybersicherheitsthemen im Innenministerium verbleibt.

                                              Mit der im KI-Stab verankerten Zuständigkeit für das wichtigste industriepolitische Digitalvorhaben der vergangenen Legislaturperiode, dem Cloudprojekt GAIA-X, und für Startups verbleiben zentrale wirtschaftspolitische Digitalthemen im Bundesministerium für Wirtschaft und Klima. Umweltministerium (digitaler Verbraucherschutz), Arbeitsministerium (digitale Arbeitswelt), Forschungs- und Bildungsministerium (Forschungsförderung für digitale Technologien, Digitalpakt) und Auswärtiges Amt (digitale Außenpolitik) haben bei der Entwicklung und Umsetzung der digitalpolitischen Agenda ebenso ein gewichtiges Wörtchen mitzureden.

                                              Vor allem die Anhänger eines Digitalministeriums sehen diese breite Verteilung von Kompetenzen kritisch. Allerdings ist Digitalisierung nun mal Querschnittsthema. Eine Zentralisierung der digitalen Themen in einem Haus, also eine Art Superministerium, war nie realistisch. Denn keiner der Koalitionäre ist bereit, dieses wichtige Thema vollkommen aus der Hand zu geben. Hinzu kommt, dass eine solche Reorganisation nicht nur viel Zeit gekostet hätte, sondern auch mit dem Abzug wertvoller Digitalkompetenzen aus den anderen Ministerien verbunden gewesen wäre.

                                              Sinnvolle Umgestaltungen – aber Schlüsselthemen bleiben verteilt

                                              Die im Organisationserlass festgelegte Kompetenzverteilung zwischen den Ministerien spiegelt daher vor allem zwei nicht immer miteinander zu vereinbarende Bestrebungen wider: die Kompetenzzuschnitte klarer und besser zu regeln und die Interessen der Verhandlungsparteien zu befriedigen. Ersteres ist zum Beispiel bei der Bündelung von Breitbandausbau und Telekommunikationsregulierung im BMDV gelungen. Auch die Zuordnung des Verbraucherschutzes zum Umweltministerium ergibt vor allem inhaltlich und organisatorisch Sinn.

                                              Mit parteipolitischer Brille sehen viele die FDP als eigentliche Gewinnerin der Verhandlungen. Mit ihrem Fokus auf Klima- und Außenpolitik war allerdings schon vor Verhandlungsbeginn klar, dass die Grünen beim Digitalen SPD und FDP eine starke Rolle würden zubilligen müssen. Die SPD hat zwar Kompetenzen des Kanzleramts bei der Koordinierung aufgegeben. Zugleich besetzt sie mit dem Innenministerium und den dort verankerten Zuständigkeiten für Verwaltungsdigitalisierung und Cybersicherheit ein Schlüsselministerium der Digitalpolitik.

                                              Angesichts der Absage an ein Digitalministerium wirft die geschmälerte Rolle des Kanzleramts für viele die größten Fragen auf. Dabei ist diese Entscheidung in sich konsequent und birgt Vorteile. Wenn Olaf Scholz sich nicht als Treiber digitaler Themen sieht, wäre es fatal, wenn er sie aus reinem Machtkalkül zu sich ins Kanzleramt geholt hätte. Die Ressort-Hoheit begrenzt zudem die Einflussmöglichkeiten des Kanzleramts bei Koordinierung und Umsetzung.

                                              Grüne und FDP haben verständlicherweise wenig Interesse, die Macht der Ministerien zugunsten des Kanzleramts zu schwächen. Zudem haben die vergangenen Jahre gezeigt, dass im Kanzleramt eher aktuelle Krisen als große Transformationsthemen die Agenda bestimmen. Angesichts andauernder Corona-Pandemie und einer Vielzahl internationaler Konflikte ist es wenig realistisch, dass sich hieran etwas ändert.

                                              Gemeinsames Projekt Digitalpolitik

                                              In der Ampel liegt die Verantwortung für eine erfolgreiche Digitalpolitik nun bei den Fachministerien und damit bei der Frage, ob es der Koalition wirklich gelingt, Regierungsverantwortung als gemeinsames Projekt und nicht als Wettbewerb zwischen den Koalitionären zu definieren. Die Verhandlungen haben gezeigt, dass die Ampel einen neuen Regierungsstil etablieren könnte. Sie muss diesen kooperativen Stil aus den Verhandlungen aber nun in die Praxis der Regierungsarbeit überführen.

                                              Hierzu finden sich im Koalitionsvertrag wichtige Punkte. Dazu zählen die Öffnung des Gesetzgebungsprozesses für besseren ressortübergreifenden Austausch und Einbindung externer Expertise, die Evaluation und Evidenzbasierung politischer Maßnahmen und die längst überfällige Verwaltungsmodernisierung. Hier, in den Niederungen von Prozessen, Strukturen und Kultur von Regierungs- und Verwaltungshandeln, wird sich entscheiden, ob der Ampel der erhoffte digitale Aufbruch gelingt.

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                                                Europapolitik, so Olaf Scholz, sei schon lange keine Außenpolitik mehr. “Europapolitik ist zu einem großen Teil unserer Innenpolitik geworden.” Es ist ein bemerkenswerter Satz, den der neue Bundeskanzler da in seiner ersten Regierungserklärung im Bundestag gesagt hat. Schließlich liegt für die meisten Berliner Politiker Brüssel doch recht weit weg.

                                                Allerdings: Scholz hatte zu diesem Zeitpunkt bereits deutlich mehr als eine Stunde gesprochen, die Konzentration ließ allmählich etwas nach. Ausführlich hatte er die Pläne seiner “Fortschrittsregierung” für den Umbau von Land und Wirtschaft erläutert, ohne Bezug zu den entsprechenden EU-Vorhaben zu nehmen. Einzig das Fit-for-55-Klimapaket fand in einem Satz Erwähnung, als Scholz versprach, die Europäische Kommission bei der Verwirklichung “aktiv zu unterstützen”.

                                                Die Verhaltensmuster ändern sich eben nicht von heute auf morgen. Der bemerkenswert proeuropäischen Haltung der Ampel-Koalition tut dies aber keinen Abbruch. “Das Gelingen Europas ist unser wichtigstes nationales Anliegen”, sagte Scholz. Dafür werde er beharrlich Brücken bauen, wie dies seine Vorgängerin und deren Vorgänger getan hätten.

                                                Viele dieser großen Brückenbauer waren CDU-Kanzler. Nicht nur Scholz aber macht sich Sorgen, dass die Union in der Opposition und unter einem CDU-Parteichef Friedrich Merz einen Kurs einschlagen könnte, der stärker an die AfD erinnert als an Angela Merkel oder Helmut Kohl. Die europafreundliche Ausrichtung aller demokratischen Parteien im Bundestag sei “ein Schatz”, den es zu bewahren gelte, mahnte Scholz. Auch das ein bemerkenswerter Satz. Till Hoppe

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