Table.Briefing: Europe

Luft- und Schifffahrt + Personalisierte Werbung + William Todts

  • Luft- und Schifffahrt als Problemfelder bei der COP26
  • Personalisierte Werbung beherrscht DSA-Debatte im IMCO
  • Termine
  • VZBV: Lückenhafte Umsetzung der DEK-Empfehlungen
  • Lobbycontrol kritisiert Facebook-Imagekampagne
  • Deutschland verpasst EU-Klimavorgaben und muss zahlen
  • Klimaziel über CO2-Abgabe bedeutet laut Studie Benzinpreis von 2,50 Euro
  • EuGH verurteilt Polen zu Zwangsgeld
  • Kommission prüft Pläne von Nvidia genau
  • Von der Leyen: Mehr Klimaschutz von Wirtschaftsmächten
  • William Todts (T&E): Gegenspieler der Autoindustrie
Liebe Leserin, lieber Leser,

in den vergangenen 20 Jahren sind die Emissionen in der Luftfahrt um fast 130 Prozent gestiegen, in der Schifffahrt um 32 Prozent. Doch noch sind die Ambitionen der Länder zur Reduzierung der Emissionen in diesen Bereichen bemerkenswert gering. Woran das liegt und was das für die Verhandlungen der Weltklimakonferenz in Glasgow bedeutet, hat Lukas Scheid recherchiert.

Deutlich klarer in seinen Zielen ist William Todts: Er will bis 2050 einen CO2-freien europäischen Verkehrssektor. Mit Tech-Optimismus allein werde das jedoch nicht gelingen, sagt der Executive Director von Transport & Environment. Mehr zu Todts lesen Sie im Portrait. 

“Sprechzettel von Facebook”: Die Verhandlungen zum DSA kommen im IMCO nur langsam voran. Es gibt zwar Annäherungen in der Frage eines Verbots personalisierter Werbung. Doch nun heizte die Kommission die Diskussion neu an – und stieß mit ihrer Position teils auf deftige Kritik, wie Jasmin Kohl berichtet.

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Sarah Schaefer
Bild von Sarah  Schaefer

Analyse

COP26: Luft- und Schifffahrt als Problemfelder

Dem Generalsekretär der Vereinten Nationen geht die Dekarbonisierung der Luft- und Schifffahrt zu langsam. António Guterres sagte vor kurzem, dass die von den Ländern zugesagten Reduktionsziele in beiden Sektoren nicht im Einklang mit dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens seien. Sie stünden vielmehr im Einklang mit einer Erwärmung von weit über 3 Grad, so Guterres.

Der Verkehrssektor ist der einzige, in dem Emissionen seit 1990 gestiegen sind. In den vergangenen 20 Jahren sind die Emissionen in der Luftfahrt um fast 130 Prozent gestiegen, in der Schifffahrt um 32 Prozent. Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) hat zudem prognostiziert, dass sich die Emissionen des internationalen Luftverkehrs bis 2050 gegenüber 2015 verdreifachen könnten. Auch wenn die Prognose von vor der Corona-Pandemie stammt, ist die Tendenz dennoch eindeutig. Entsprechend weit oben auf der Agenda wird dieses Thema in den kommenden zwei Wochen in Glasgow stehen, wenn Staats- und Regierungschefs und deren Unterhändler über die konkrete Umsetzung der Pariser Ziele diskutieren.

Dass die Ambitionen der Länder für Emissionsreduzierung in der Schiff- und Luftfahrt so gering ausfallen, liegt daran, dass die meisten Länder keine Reduktionsziele festgelegt haben. Das geht so weit, dass häufig die Rede davon ist, Schiff- und Luftfahrt seien nicht Teil des Pariser Abkommens. Diese Lesart des Übereinkommens von Paris ist darauf zurückzuführen, dass beide Sektoren nicht explizit darin genannt werden.

Die Verkehrs-NGO Transport & Environment (T&E) argumentiert dagegen. Das Pariser Abkommen spreche von einer “absoluten Emissionsreduzierung für die gesamte Wirtschaft”. Dies schließe Schiff- und Luftfahrt mit ein und verpflichte Länder gar, auch dort Reduktionsziele vorzulegen. T&E fordert deshalb, dass Länder die beiden Sektoren künftig in ihren Klimaschutzzielen berücksichtigen.

Luft- und Schifffahrt in NDCs häufig ignoriert

2015 in Paris haben sich die teilnehmenden Staaten darauf geeinigt, nationale Klimaschutzziele – sogenannte Nationally Determined Contributions (NDCs) – zu definieren und diese regelmäßig zu aktualisieren. Die gemeinsame NDC der EU-Staaten ist die Verringerung der Treibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 1990. Welche Sektoren in diese NDCs mit einfließen, ist Sache der Staaten – eine festgelegte Formel gibt es nicht. Und so kommt es, dass viele Staaten bestimmte Sektoren teilweise oder ganz außer Acht lassen, wenn sie Reduktionsziele und die Pfade dorthin festlegen.

Auch in den NDC der EU wird der Maritim-Sektor nicht erwähnt. Die Luftfahrt wird zwar genannt, jedoch nicht im Zusammenhang mit einem Reduktionsziel. Sondern lediglich mit dem Hinweis, dass es mit dem Emissionshandelssystem (ETS) bereits gesetzliche Regelungen gebe. Der ETS wird allerdings derzeit nur auf Flüge innerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes (EEA) angewendet. Im Zuge des Fit-for-55-Pakets soll allerdings auch der ETS für den Flugverkehr überarbeitet werden (Europe.Table berichtete). Durch die wegfallenden Freizuteilungen von Emissionsrechten erhofft man sich auch eine Auswirkung auf den CO2-Fußabdruck der Luftfahrt – allerdings nur in Europa.

Mit dem Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation (CORSIA) gibt es immerhin auch einen globalen Mechanismus, der langfristig Emissionen vermindern soll. CORSIA funktioniert ähnlich wie ein ETS. Fluggesellschaften kaufen Zertifikate, die von Klimaschutzprojekten angeboten werden, die in anderen Sektoren Emissionen vermeiden. 2021 hat eine freiwillige Pilotphase begonnen, an der unter anderem alle EU-Mitgliedstaaten sowie die USA, Australien und Kanada teilnehmen. Erst ab 2027 gibt es eine Verpflichtung, an CORSIA teilzunehmen – ausgenommen sind Länder mit besonders geringem Flugaufkommen.

Maritimes Problemkind

Anders sieht es bei der Schifffahrt aus. Zwar gilt die EU auch hier als Vorreiter: Mit der Ausweitung des ETS auf den Maritimsektor sollen alle an europäischen Häfen an- oder ablegenden Schiffe Emissionsrechte kaufen müssen. Doch global betrachtet streiten Industrie und Länder noch immer über die richtigen Strategien zur Reduktion der Treibhausgasemissionen. Eine Folgenabschätzung für die Einführung einer CO2-Bepreisung wird gerade erst angestoßen. Ein globaler Mechanismus, vergleichbar mit CORSIA, dürfte noch Jahre brauchen. Und auch die Wirkung eines ETS für die Schifffahrt ist umstritten. Eine Studie im Auftrag des TRAN-Ausschusses des EU-Parlaments legt nahe, dass Transportkosten steigen würden und die Wettbewerbsfähigkeit einiger Güter sinken könnte.

Ein erster Schritt, um mehr Druck auf alle Akteure zu machen, bei der Klärung solcher Fragen schneller voranzukommen, wäre, dass die Länder sich künftig zu verstärkten Reduktionszielen verpflichten. Dass sich die COP26-Teilnehmer:innen in Glasgow dieses Problems annehmen, fordern auch die EU-Parlamentarier:innen in ihrer COP-Resolution. Vertragsparteien sollen ermutigt werden, die Emissionen aus dem internationalen Schiffs- und Luftverkehr in ihre NDCs einzubeziehen, heißt es in dem Entschluss. Denn damit Staaten überhaupt anfangen, sich Lösungen zu überlegen, müssen diesmal Luft- und Schifffahrt in Glasgow in einer wie auch immer geformten Abschlusserklärung erwähnt werden.

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    Personalisierte Werbung beherrscht DSA-Debatte im IMCO

    “Ich heiße die Einmischung der Kommission – Entschuldigung, den Austausch mit der Kommission – immer willkommen, aber die Kommission sollte in ihrer Kommentierung nicht zu spezifisch sein.” Der Freud’sche Versprecher der Berichterstatterin für den “Digital Services Act” (DSA) Christel Schaldemose (DK, S&D) beschreibt die Stimmung, die bei den Verhandlungen des Gesetzesvorhabens aktuell bestehen, äußerst treffend: Man kommt nicht so schnell voran wie gewollt und liegt bei mehreren wichtigen Punkten noch weit auseinander. Dass die Kommission den Finger ausgerechnet in die größte Wunde legte – die Diskussion über ein Verbot von personalisierter Werbung, die eigentlich gar nicht auf der Tagesordnung stand (Europe.Table berichtete) – wurde im Binnenmarktausschuss (IMCO) am Mittwochnachmittag als höchst ungeschickt aufgenommen. 

    Die Kommissionsvertreterin Inge Bernaerts hatte in der vorausgegangenen Debatte über die Kompromissänderungsanträge zum “Digital Markets Act” (DMA) dafür plädiert, personalisierte Werbung in dem Gesetz, das Pflichten und Verantwortlichkeiten von Online-Plattformen und anderen Anbietern von Vermittlungsdiensten neu regeln soll, nicht zu verbieten. Ein Verbot fordern S&D, Grüne/EFA und GUE/NGL. Das Argument der Kommission: Diese Werbepraxis sei wichtig für kleine und mittlere Unternehmen (KMUs), um Verbraucher:innen zu erreichen und Marktanteile zu gewinnen. Auch Verbraucher:innen würden diese Form von Werbung bevorzugen, weil sie ihnen Werbung passend zu ihren Interessen anzeigen würde.  

    Personalisierte Werbung polarisiert Europaparlament

    Während der nahtlos anschließenden Debatte über die Kompromissänderungsanträge zum DSA kritisierten mehrere Europaabgeordnete die Position der Kommission: “Ich finde es äußert problematisch, dass Sie hier im Ausschuss den Sprechzettel von Facebook wiederholen“, sagte die Schattenberichterstatterin Alexandra Geese (Grüne/EFA), die sich stark für ein Verbot von personalisierter Werbung ausspricht (Europe.Table berichtete). Sie verwies auf eine vom IMCO beauftragte Studie, die etwa herausgefunden hatte, dass personalisierte Werbung zahlreiche Risiken für KMUs darstellt, vor allem durch Anzeigenbetrug. Es gebe dagegen keinerlei Beweise, dass personalisierte Werbung vorteilhaft für KMUs sei, betonte sie.

    Die Schattenberichterstatter der Fraktionen EVP (Arba Kokalari) und EKR (Adam Bielan) pflichteten der Kommission bei und sprachen sich gegen ein absolutes Verbot der umstrittenen Werbeform aus, deuteten aber an, eine Opt-out-Lösung in Betracht ziehen zu können.

    In ihren neuesten Kompromissänderungsanträgen setzt sich die Berichterstatterin Schaldemose für eine verbindliche Interoperabilität für sehr große Online-Plattformen ein, fordert mehr Transparenzpflichten für Empfehlungssysteme sowie mehr Rechenschaftspflichten für Algorithmen. Besonders bei den Empfehlungssystemen und Algorithmen gestalte sich die Kompromissfindung noch schwer, sagte die Dänin, man sei aber auf einem guten Weg.

    Schutz für Whistleblower könnte in den Gesetzestext fließen

    Einig waren sich die Europaabgeordneten dagegen darüber, dass die Verschiebung der finalen Abstimmung, die ursprünglich für den 8. November angesetzt war (Europe.Table berichtete), eine gute Entscheidung ist. Das Credo: “Qualität geht über Geschwindigkeit.” Offiziell wurde die Abstimmung nur verschoben, um die Anhörung der Whistleblowerin Frances Haugen, die während der gleichen Sitzung stattfindet, berücksichtigen zu können. “Der DSA sollte einen expliziten Bezug zum Schutz von Whistleblowern in sich tragen”, forderte der Schattenberichterstatter der GUE/NGL Martin Schirdewan als logische Konsequenz der Facebook-Enthüllungen.

    Der Kommissionsvertreter Prabhat Agarwal, der an der Formulierung des DSA beteiligt war, versicherte, dass der Rahmen des Gesetzesvorschlags prinzipiell die Probleme, die Haugen offengelegt hatte, adressieren könne. Die Enthüllungen hätten jedoch gezeigt, dass die Rolle von Empfehlungssystemen wichtiger als gedacht sei. Daher sei es sinnvoll, “einen frischen Blick auf die Verbindung zwischen Risikobewertung und Empfehlungssystemen zu werfen”.

    Im Rat diskutiert die Arbeitsgruppe Binnenmarkt heute den jüngsten Kompromissvorschlag der slowenischen Ratspräsidentschaft. Diese verfolgt weiterhin das Ziel, die allgemeine Ausrichtung im Rat für Wettbewerbsfähigkeit (COMPET) am 25. oder 26. November zu verabschieden. “Die Verhandlungen sind in der finalen Phase und wir thematisieren offene Punkte wie den Durchsetzungsmechanismus des Gesetzes”, erläutert die Coreper-I-Pressesprecherin der slowenischen Ratspräsidentschaft Špela Horjak auf Anfrage von Europe.Table. Im Ausschuss der Ständigen Vertreter werde der DSA Mitte November besprochen.

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      • Digital Markets Act
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      Termine

      28.10.-29.10.2021, online
      Conference Windpower Data and Digital Innovation Forum (U.S. Edition)
      The Windpower Data and Digital Innovation Forum explores how digitalization and innovation impact the wind industry. Industry experts share their knowledge and engage in conversations about technical requirements, the latest wind turbine designs and technologies, data analytics, and cybersecurity. INFOS & REGISTRATION

      29.10.2021 – 12:00-13:30 Uhr, online
      Rosalux, Vortrag Schienenverkehr in der EU und weltweit attraktiv machen
      Die Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung (Rosalux) beschäftigt sich unter anderem mit der Stärkung des Schienenverkehrs auf globaler Ebene, mit klimafreundlichen Logistikkonzepten, der Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Schienenverkehr auf globaler Ebene, dem Stand der Umsetzung des Mobilitätspakets und den Herausforderungen durch technologische Veränderungen. INFOS & ANMELDUNG

      29.10.-30.10.2021, online
      FES, Seminar Social Smart City – Einblicke in eine sozial-digitale Kommunalpolitik
      Das Seminar der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) will Grundlagen der kommunalen Digitalisierung vermitteln und beschäftigt sich dabei mit Fragen wie: Welche Rolle spielt die Digitalisierung in zukünftigen Städten? Wie kann die Soziale Demokratie eine digitale Kommune prägen? INFOS & ANMELDUNG

      01.11.-04.11.2021, Lissabon
      Conference Web Summit
      The Web Summit technology conference addresses topics related to Internet technology, new technologies and venture capital. Founders, CEOs of large tech corporations and start-ups, as well as politicians will discuss future challenges. TICKETS

      01.11.-12.11.2021, Glasgow/Brüssel/online
      Presentation COP26 European Union Side Events
      In addition to COP26, the European Union offers the opportunity to encourage debates, to find dialogue with party delegates and other participants, to establish new initiatives and partnerships, and to present successful projects. REGISTRATION

      02.11.2021 – 09:00-17:00 Uhr, online
      Building Smart, Vortrag BIM & Lean Management
      Beim Thementag BIM & Lean Management geben Expert:innen Einblicke darin, wie BIM und Lean zusammenspielen und sprechen über Erfahrungen aus der Praxis. Im Anschluss werden die Teilnehmenden zu Diskussionen eingeladen. ANMELDUNG BIS 01.11.2021, 17:00 Uhr

      02.11.2021 – 17:30-19:00 Uhr, online
      OECD, Vortrag Der weltweite Klimawandel – lokale Antworten auf eine globale Herausforderung
      Der Vortrag von Andrés Fuentes Hutfilter für die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) beschäftigt sich mit der Frage, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Zudem werden Chancen und Herausforderungen für eine erfolgreiche Klima- und Sozialpolitik angesprochen. ANMELDUNG

      02.11.-05.11.2021, Rotterdam (Niederlande)
      Trade Fair Europort 2021
      Maritime change is the focus of Europort 2021. The four main topics of the shipping trade fair are digitalization, energy transition, its financing and the future generation of shipping. INFOS & TICKETS

      News

      VZBV bemängelt lückenhafte Umsetzung der DEK-Empfehlungen

      Sie galt als Paradebeispiel für ein erfolgreich arbeitendes Gremium: die Datenethikkommission der Bundesregierung, deren 16 Mitglieder bis zum Herbst 2019 umfangreiche Vorschläge für eine angemessene politische Behandlung aktueller Fragen rund um Daten- und Künstliche Intelligenz erarbeitet hatten. Nun hat der Verbraucherzentrale Bundesverband die tatsächliche Umsetzung dieser Empfehlungen nach zwei Jahren geprüft – mit einem gemischten Bild.

      “In der Gesamtschau bleiben Bundesregierung und EU-Kommission mit ihren aktuellen Vorhaben weiter hinter den Empfehlungen der DEK zurück. Vieles ist zu unkonkret und unverbindlich”, sagt Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV). Der Verbraucherschützer-Verband kritisiert unter anderem, dass die Bundesregierung in ihren eigenen Strategien wie der Datenstrategie und der KI-Strategie hinter den DEK-Empfehlungen zurückbleibe. Lob erhalten Bundesregierung und EU-Kommission etwa für ihre Bemühungen, Daten-Intermediäre als Konzept regulatorisch im Telekommunikation-Telemedien-Datenschutzgesetz (TTDSG) auf Bundesebene und im Data Governance Act auf EU-Ebene anzugehen.

      Empfehlungen der Datenethikkommission europäisch umsetzen

      Viele der von der deutschen Datenethikkommission gegebenen Empfehlungen richten sich nicht primär an den deutschen Gesetzgeber – doch mit der High Level Expert Group on Artificial Intelligence hatte die EU-Kommission ein eigenes Gremium für Empfehlungen berufen, bevor sie mit einem Whitepaper und dann einem Regulierungsvorschlag für eine KI-Verordnung (AI Act) ihre eigenen Vorstellungen zu Papier brachte. Die KI-Verordnung wiederum wird derzeit von Rat und Parlament beraten – und dieser Prozess wird absehbar noch einige Zeit dauern.

      Insbesondere die deutsche Positionierung könnte im Rahmen der erwarteten Ampelkoalition etwas anders ausfallen als unter der bisherigen Großen Koalition. Der Chef des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen Klaus Müller fordert daher: “Die künftige Bundesregierung muss sich zum Schutz der Nutzerinnen und Nutzer vor Diskriminierung durch KI-Systeme bekennen. Sie muss sich für Nachvollziehbarkeit und unabhängige Kontrollen von KI-Systemen einsetzen und dies mit Nachdruck auch auf europäischer Ebene vertreten.” Die Verbraucherschützer fordern eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der KI-Verordnung auf mehr Systeme mit automatisierten Entscheidungen. fst

        • Data Act
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        Lobbycontrol kritisiert Facebook-Imagekampagne

        Im Europaparlament wird intensiv über ein Verbot personalisierter Werbung diskutiert – das aber zielt auf den Kern des Geschäftsmodells von Facebook. Der US-Konzern habe gezielt eine Werbekampagne geschaltet, um diese Debatte zu beeinflussen, kritisiert nun die NGO Lobbycontrol.

        Im Rahmen der Kampagne “Mit Facebook geht das” seien zwischen Juli und September in überregionalen Tageszeitungen Anzeigen im Wert von 2,5 Millionen Euro geschaltet worden. Die Anzeigen zeigen Kleinunternehmer, die die Bedeutung personalisierter Werbung für ihr Geschäft betonen. Eine weitere Kampagne, die die Bedeutung von Facebook für kleinere Unternehmen bewirbt, soll über Twitter gezielt die Follower von Accounts von Bundesministerien angesprochen haben.

        Lobbycontrol: Facebook investiert viel in Imagewerbung in Europa

        Insgesamt habe Facebook seit Dezember 2020 allein in Deutschland Imagewerbung im Wert von etwa 6,8 Millionen Euro in Zeitungen und Zeitschriften geschaltet. Mitte Dezember hatte die EU-Kommission zwei zentrale Regulierungsvorhaben vorgestellt, den Digital Services Act und den Digital Markets Act.

        Bei der berechneten Summe handele es sich um die Bruttowerbeausgaben, die etwa Rabatte unberücksichtigt lassen, und nicht um den von Facebook tatsächlich aufgewendeten Betrag, so Lobbycontrol. Die Kosten für Onlinewerbung seien darin ebenso wenig erfasst worden wie die Ausgaben für Kampagnen in anderen europäischen Ländern. Insgesamt dürfte Facebook daher in Europa deutlich mehr für Imagewerbung ausgeben als die berechnete Summe, so die NGO. tho

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          Deutschland muss wegen verpasster EU-Klimaziele zahlen

          Deutschland muss als einziges größeres EU-Land wegen verpasster Klimaziele im vergangenen Jahr Ausgleichs-Zahlungen leisten. Man werde 22 Millionen sogenannter Emissionseinheiten zukaufen müssen, um die Verpflichtungen für 2020 zu erfüllen, bestätigte das Umweltministerium am Mittwoch. Zuvor hatte die EU-Kommission kurz vor dem Weltklimagipfel festgestellt, dass Deutschland seine Zusagen verfehlt habe. 21 Staaten hätten die Vorgaben erfüllt. Neben Deutschland müssten auch Malta, Irland, Finnland, Bulgarien und Zypern nun Ausgleichsrechte für den zu hohen Treibhausgas-Ausstoß erwerben.

          Hintergrund ist das bisherige EU-Ziel für die Sektoren Verkehr, Gebäude oder Landwirtschaft. Sie stehen für etwa 60 Prozent der Gesamtemissionen der Gemeinschaft. Die übrigen Sektoren, vor allem Energie und Industrie, werden über den Handel mit Emissionsrechten gesteuert. Deutschland war verpflichtet worden, den CO2-Ausstoß bis 2020 gegenüber 2005 um 14 Prozent in diesen Sektoren außerhalb des Emissionshandels zu mindern. Obwohl in der Corona-Krise 2020 die meisten Sektoren die Ziele noch erreichen konnten, verfehlte etwa der Bau-Bereich sie in Deutschland.

          Einhaltung der Klimaziele nach der Corona-Krise unwahrscheinlicher

          Deutschland muss jetzt sogenannte Emissionseinheiten bei anderen Staaten kaufen, die ihre Ziele übererfüllt haben. “Wir sind dazu mit unterschiedlichen Ländern im Gespräch, aber das sind vertrauliche Verhandlungen”, teilte das Umweltministerium mit. Vor allem osteuropäische Länder haben viele überschüssige Zertifikate. Die Kosten für Deutschland werden gering sein, auch weil die Zertifikate ab 2021 verfallen und nicht übertragen werden dürfen. Grund sind die neuen, verschärften Klimaziele.

          Damit dürften sich für 2021 die Belastungen für Deutschland erheblich erhöhen. Da die Emissionen beispielsweise im Verkehrssektor nach dem Abflauen der Corona-Krise deutlich steigen werden, gilt es als unwahrscheinlich, dass die Vorgaben hier erreicht werden können. rtr

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            Studie: Klimaziel über CO2-Abgabe bedeutet Benzinpreis von 2,50 Euro

            Das Erreichen der Klimaziele allein über den CO2 Preis käme die Autofahrer einer Studie zufolge an der Tankstelle teurer zu stehen als ein Maßnahmen-Bündel. Der Preis pro Tonne Kohlendioxid müsste bei einer reinen Marktlösung für den Verkehrssektor bis 2030 auf 450 Euro steigen, wie eine Prognos-Untersuchung im Auftrag der Umweltorganisation Transport & Environment (T&E) zeigt.

            Das bedeute einen Anstieg des Benzinpreises auf 2,50 Euro und des Dieselpreises auf 2,64 Euro. Der alternative Weg über einen Instrumentenmix einschließlich eines Aufschlags beim Kauf eines Verbrenners führt demnach zu einem weniger starken Anstieg auf 1,90 Euro je Liter Benzin und 1,96 Euro je Liter Diesel. In den jetzt beginnenden Koalitionsverhandlungen favorisiert die FDP eine Lösung in erster Linie über den CO2 Preis, Grüne und SPD wollen weitere Instrumente.

            Hoher Benzinpreis würde vor allem ärmere Familien belasten

            Der Verkehrssektor gilt als besonders problematisch. Bis 2030 muss er dem Klimagesetz zufolge seine Emissionen praktisch halbieren. Der Umstieg auf eine Elektro-Flotte bei den PKW ist dabei das zentrale Element. “Wenn die richtigen Maßnahmen jetzt nicht umgesetzt werden, muss sich die Regierung auf einen hohen CO2 Preis verlassen, der einkommensschwache Familien sehr belasten würde”, warnte T&E-Bereichsleiterin Jekaterina Boening.

            Die Organisation plädiert stattdessen dafür, die günstige Dienstwagenbesteuerung für Verbrennerautos abzuschaffen und ein Bonus-Malus-System beim Kauf von Autos einzuführen (Europe.Table berichtete). Käufer von Autos mit hohem CO2-Ausstoß finanzieren mit einem Aufschlag so die Kaufprämien für E-Autos. Die neue Bundesregierung müsse sich außerdem dafür einsetzen, der Autoindustrie noch schärfere CO2-Reduktionsziele für die Neuwagen vorzuschreiben, fordert Transport & Environment. Denn die jetzt von der EU vorgeschlagene Verringerung um 55 Prozent bis 2030 erreichten BMW, Daimler oder Volkswagen nach ihren Planungen ohnehin schon früher. rtr

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              EuGH verurteilt Polen zu Zwangsgeld

              Im Justiz-Streit zwischen der Regierung in Warschau und der EU (Europe.Table berichtete) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) Polen zu einem Zwangsgeld von täglich einer Million Euro verurteilt. Grund sei die Weigerung des EU-Mitgliedslandes, die Disziplinarkammer des Obersten Gerichts aufzulösen, hieß es am Mittwoch.

              Der EuGH hatte Polen Anfang des Monats wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Unabhängigkeit der Justiz verurteilt. Der Streit mit Polen berührt das Fundament der EU. Dabei geht es neben umstrittenen Justiz- und Medienreformen auch um ein Urteil des polnischen Verfassungsgerichts (Europe.Table berichtete), das nationales Recht über EU-Recht stellt.

              Die Grünen-Europapolitikerin Franziska Brantner begrüßte das Urteil: “Dies zeigt, dass es Konsequenzen gibt, wenn jemand die Rechtsstaatlichkeit untergräbt.” Sie forderte die EU-Kommission auf, Polen erst dann Geld aus dem Corona-Wiederaufbau-Fonds zu zahlen, wenn das EU-Land die Unabhängigkeit der Justiz und den Vorrang des europäischen Rechts zusichere. rtr

                • Europapolitik
                • Polen

                Kommission prüft Übernahmepläne von Nvidia genau

                Die EU-Kommission nimmt die vom US-Grafikkartenspezialisten Nvidia geplante 54 Milliarden Dollar schwere Übernahme des britischen Chip-Entwicklers Arm genauer unter die Lupe. “Während Arm und Nvidia nicht direkt miteinander in Konkurrenz stehen, ist das geistige Eigentum von Arm ein wichtiger Bestandteil von Produkten, die mit denen von Nvidia konkurrieren”, erklärte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager am Mittwoch.

                Als Beispiele nannte sie Datenzentren und Anwendungen in der Automobilindustrie. Die Übernahme könnte den Zugang zu geistigem Eigentum von Arm beeinträchtigen. Die Kommission will nun bis zum 15. März entscheiden, ob sie grünes Licht gibt.

                Nvidia will Arm als neutralen Technologiezulieferer erhalten

                Nvidia hatte der EU für die kartellrechtliche Genehmigung unlängst Zugeständnisse angeboten (Europe.Table berichtete). Bereits im Vorfeld hatte der US-Konzern allerdings erklärt, er wolle Arm als einen neutralen Technologiezulieferer erhalten, um Bedenken von Kunden auszuräumen. Insidern zufolge reichen die Zugeständnisse der Kommission aber nicht aus, die in Folge des Zusammenschlusses nicht nur weniger Konkurrenz und Innovation, sondern auch höhere Preise befürchtet. Auch die britische Wettbewerbsbehörde prüft die geplante Übernahme.

                Vor rund einem Jahr hatte Nvidia angekündigt, Arm vom japanischen Technologieinvestor Softbank übernehmen zu wollen. In der Branche sorgte das für einen Aufschrei. Arm gilt bislang als neutraler Akteur, der an verschiedene Unternehmen wie Qualcomm, Samsung Electronics und Apple Patente verkauft. Fast jedes Smartphone und Millionen anderer Geräte verfügen über lizenzierte Arm-Prozessoren. rtr

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                  Von der Leyen verlangt von Wirtschaftsmächten mehr Klimaschutz

                  Kurz vor dem Weltklimagipfel in Glasgow hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die konkurrierenden Wirtschaftsmächte zu mehr Klimaschutz aufgefordert. “Ähnlich wie Europa müssen auch die anderen großen Volkswirtschaften konkret darlegen, wie sie ihre Ziele erreichen wollen”, schreibt sie in einem Gastbeitrag für das “Handelsblatt”.

                  “Die Konferenz wird für die Weltgemeinschaft eine Stunde der Wahrheit sein.” Die EU habe mit dem “Green Deal” einen belastbaren Fahrplan vorgelegt. Von der Leyen lobte, dass die USA, Japan, Südkorea oder Südafrika der EU folgen wollten: “Sie alle verpflichten sich auf verbindliche Klimaziele. Das ist gut.”

                  Indien und China: Konkrete Ziele für den Klimaschutz fehlen bislang

                  Unter den großen Volkswirtschaften wird aber noch auf konkrete Ziele von Indien oder dem größten Treibhausgas-Produzenten China gewartet. Gerade mit China steht Europa auch in wirtschaftlicher Konkurrenz. Die Hoffnung ist, dass bei weltweit vergleichbaren Ambitionen der Wettbewerb nicht behindert wird. Da dies nicht als gesichert gilt, will die EU-Kommission über einen Klima-Zoll die heimische Wirtschaft vor Importen aus Ländern mit lascheren Standards schützen. rtr

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                    Man sieht William Todts: Gegenspieler der AutoindustrieWilliam Todts ist Executive Director bei Transport & Environment (T&E) zum Thema Autoindustrie und Klimaschutz
                    William Todts

                    William Todts ist Optimist. Er glaubt an die Europäische Union, und er glaubt an einen klimaneutralen europäischen Kontinent bis 2050. Und das, obwohl er sich mit dem Sorgenkind der europäischen Klimaanstrengungen rumschlagen muss. Als Executive Director von Transport & Environment (T&E) hat er sich das Ziel gesetzt, bis 2050 einen CO2-freien europäischen Verkehrssektor zu erreichen.

                    CO2-frei ist nicht zu verwechseln mit klimaneutral. CO2-frei bedeutet, dass tatsächlich kein CO2 mehr ausgestoßen wird – und nicht, dass das ausgestoßene CO2 irgendwo anders wieder ausgeglichen wird.

                    Der Dachverband T&E vereint 53 NGOs, deren gemeinsame Mission nachhaltige Mobilität ist. Keine leichte Aufgabe. Während die Gesamtemissionen der EU zwischen 1990 und 2018 um 21,6 Prozent gesunken sind, haben die Verkehrsemissionen im selben Zeitraum um 21 Prozent zugenommen.

                    Die Autoindustrie kann unglaublich schnell sein

                    Was Todts Hoffnung gibt, sind die jüngsten Entwicklungen, etwa die in den letzten drei Jahren stark gestiegenen Neukäufe von elektrischen Fahrzeugen im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren. “Wir können unglaublich schnell sein. Die Industrie kann unglaublich schnell sein. Bloß Firmen wie Bosch oder VW werden sich nicht verändern, wenn ihnen nicht gesagt wird, dass sie sich verändern müssen. Warum sollten sie?”

                    Heute ist William Todts in Brüssel einer der wichtigsten Gegenspieler der großen Automobilkonzerne. Lange hatte er selbst keinen Bezug zu Klimaschutz oder Nachhaltigkeit. Aufgewachsen in Antwerpen, einer “ziemlich konservativen Stadt”, wie Todts betont, waren die wichtigsten Gesprächsthemen seiner Jugend Autos und Motorräder. Nach Schulabschluss studierte er Geschichte und später European Studies, mit dem Ziel, Diplomat zu werden.

                    “Fortschritt ist möglich, aber nicht zwangsläufig”

                    Als Todts bei einem Praktikum in der Ständigen Vertretung Belgiens in Brüssel der Umweltabteilung zugeteilt wurde, war er alles andere als begeistert. Er erinnert sich, wie er einen unheimlich langen Gang hinunterlaufen musste, um zur Abteilung zu gelangen, wo sich dann ein paar Menschen über Biodiversität unterhalten haben, und er dachte: “Oh Gott! Wo bin ich hier gelandet.”

                    Und doch, wenige Monate nach Ende des Praktikums entschließt sich der damals 25-jährige Todts, bei T&E anzufangen. Für ihn beginnt dadurch eine Zeit des Lernens, durch die sich viele seiner Anschauungen verändern, wie Todts erzählt.

                    Mittlerweile ist William Todts seit bald fünf Jahren Executive Director von T&E. Er weiß, warum die Verkehrsemissionen nach wie vor steigen, aber auch, was die Lösungen des Problems sind. Grüne Technologien müssten schnell und in großem Maßstab angewendet werden; wo nur irgend möglich müsse der Verkehr von der Straße auf die Schiene gelegt werden, und vor allem brauche es klare politische Regeln. Nur so kriege man die Industrie dazu, Klimaschutz auch wirklich umzusetzen. Und eben dieser letzte Punkt unterscheide T&E von den Tech-Optimisten, die überzeugt sind, dass Klimaschutz automatisch passiere. “Wir glauben, dass Fortschritt möglich, aber nicht zwangsläufig ist.”

                    Als eines der größten Probleme des Klimaschutzes kritisiert Todts die Anschauung, Politik sei langsam und ineffizient – Unternehmen seien schnell und lösten die Krise. Das seien Geschichten, für die Unternehmen viel zahlen, damit sie erzählt würden. “Wir müssen wirklich unterscheiden zwischen dem, was Unternehmen sagen, und dem, was Unternehmen tun.”

                    Man merkt William Todts an, wie klar er den Weg zum Erreichen seiner Mission vor sich sieht. Vielleicht hört man auch deswegen ein wenig Unverständnis heraus, wenn er über die Diskrepanzen zwischen den Möglichkeiten und dem Status quo spricht: “Wir haben die perfekten Lösungen. Wir sind schlicht nicht ambitioniert genug.” David Zauner

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                      Apéropa

                      Luxemburgs Premier Xavier Bettel hat das Potenzial des Internets früh erkannt. Als er 1999 seine Abschlussarbeit in öffentlichem Recht und Politikwissenschaft schrieb, war das Internet für viele ein fremder Ort und Google drei Jahre alt. Doch der Premier in spe war auf Zack. Dank Copy- & Paste-Technik war die Arbeit schnell geschrieben.

                      Bettel kletterte die Politleiter bis ganz nach oben. Gewissensbisse hatte er wohl keine, sagte er doch dem Zeit Magazin vor rund sechs Jahren: “Wenn ich das Gefühl habe, jemand versucht, durch Tricksereien etwas zu erreichen, das verzeihe ich nicht.” Doch sicherlich zählen die Tricksereien nur, wenn sie auffliegen.

                      Nun aber haben sich die Kollegen des Online-Magazins Reporter sich auf die Reise nach Nanzig gemacht und Bettels Arbeit herausgekramt. Und siehe da: 96 (!) Prozent der Seiten hat der Premier von anderen Quellen abgeschrieben. Fußnoten oder Quellenangaben hat Xavier Bettel dazu keine angegeben.

                      Tatsächlich könnte man eher das Europaparlament als Autor der Arbeit bezeichnen. Denn 20 Seiten der 56-seitigen Arbeit hat der Luxemburger Premierminister von dessen Internetseite übernommen. Der Rest stammt aus einem Bericht des damaligen Europaabgeordneten Georgios Anastassopoulos, sowie einer Studie des “Mouvement Européen”, wie Reporter-Journalist Pol Reuter nachweisen konnte.

                      Hätte Bettels Abschlussarbeitsbetreuer damals schon das Googeln beherrscht, hätte er das wohl auch herausgefunden. Aber rigoroses wissenschaftliches Arbeiten hatte in den 90ern vielleicht auch einfach noch keine große Bedeutung, wie dieser dem Reporter-Kollegen sagte. Schließlich habe es damals noch nicht die gleichen Mittel gegeben wie heute, um ein Plagiat zu entdecken. Und so verdiente Bettel für das mühsame Kopierwerk “une note toute à fait honorable”.

                      Ein großer Politskandal oder gar ein Rücktritt Bettels? Das ist in Luxemburg allerdings nicht zu erwarten. Dort sitzt nämlich gerade die größte Oppositionspartei auf der Anklagebank. Sie muss sich für Finanzbetrug und die Scheinbeschäftigung ihres ehemaligen Parteichefs – und ex-MEPs – Frank Engel verantworten.

                      Doch wie sagt Xavier Bettel so schön, mit den Worten zu Guttenbergs: “Ich habe die Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt.” Sogar seine Rechtfertigung ist somit ein Plagiat. Charlotte Wirth

                      Europe.Table Redaktion

                      EUROPE.TABLE REDAKTION

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                        • Luft- und Schifffahrt als Problemfelder bei der COP26
                        • Personalisierte Werbung beherrscht DSA-Debatte im IMCO
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                        Liebe Leserin, lieber Leser,

                        in den vergangenen 20 Jahren sind die Emissionen in der Luftfahrt um fast 130 Prozent gestiegen, in der Schifffahrt um 32 Prozent. Doch noch sind die Ambitionen der Länder zur Reduzierung der Emissionen in diesen Bereichen bemerkenswert gering. Woran das liegt und was das für die Verhandlungen der Weltklimakonferenz in Glasgow bedeutet, hat Lukas Scheid recherchiert.

                        Deutlich klarer in seinen Zielen ist William Todts: Er will bis 2050 einen CO2-freien europäischen Verkehrssektor. Mit Tech-Optimismus allein werde das jedoch nicht gelingen, sagt der Executive Director von Transport & Environment. Mehr zu Todts lesen Sie im Portrait. 

                        “Sprechzettel von Facebook”: Die Verhandlungen zum DSA kommen im IMCO nur langsam voran. Es gibt zwar Annäherungen in der Frage eines Verbots personalisierter Werbung. Doch nun heizte die Kommission die Diskussion neu an – und stieß mit ihrer Position teils auf deftige Kritik, wie Jasmin Kohl berichtet.

                        Ihre
                        Sarah Schaefer
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                        Analyse

                        COP26: Luft- und Schifffahrt als Problemfelder

                        Dem Generalsekretär der Vereinten Nationen geht die Dekarbonisierung der Luft- und Schifffahrt zu langsam. António Guterres sagte vor kurzem, dass die von den Ländern zugesagten Reduktionsziele in beiden Sektoren nicht im Einklang mit dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens seien. Sie stünden vielmehr im Einklang mit einer Erwärmung von weit über 3 Grad, so Guterres.

                        Der Verkehrssektor ist der einzige, in dem Emissionen seit 1990 gestiegen sind. In den vergangenen 20 Jahren sind die Emissionen in der Luftfahrt um fast 130 Prozent gestiegen, in der Schifffahrt um 32 Prozent. Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) hat zudem prognostiziert, dass sich die Emissionen des internationalen Luftverkehrs bis 2050 gegenüber 2015 verdreifachen könnten. Auch wenn die Prognose von vor der Corona-Pandemie stammt, ist die Tendenz dennoch eindeutig. Entsprechend weit oben auf der Agenda wird dieses Thema in den kommenden zwei Wochen in Glasgow stehen, wenn Staats- und Regierungschefs und deren Unterhändler über die konkrete Umsetzung der Pariser Ziele diskutieren.

                        Dass die Ambitionen der Länder für Emissionsreduzierung in der Schiff- und Luftfahrt so gering ausfallen, liegt daran, dass die meisten Länder keine Reduktionsziele festgelegt haben. Das geht so weit, dass häufig die Rede davon ist, Schiff- und Luftfahrt seien nicht Teil des Pariser Abkommens. Diese Lesart des Übereinkommens von Paris ist darauf zurückzuführen, dass beide Sektoren nicht explizit darin genannt werden.

                        Die Verkehrs-NGO Transport & Environment (T&E) argumentiert dagegen. Das Pariser Abkommen spreche von einer “absoluten Emissionsreduzierung für die gesamte Wirtschaft”. Dies schließe Schiff- und Luftfahrt mit ein und verpflichte Länder gar, auch dort Reduktionsziele vorzulegen. T&E fordert deshalb, dass Länder die beiden Sektoren künftig in ihren Klimaschutzzielen berücksichtigen.

                        Luft- und Schifffahrt in NDCs häufig ignoriert

                        2015 in Paris haben sich die teilnehmenden Staaten darauf geeinigt, nationale Klimaschutzziele – sogenannte Nationally Determined Contributions (NDCs) – zu definieren und diese regelmäßig zu aktualisieren. Die gemeinsame NDC der EU-Staaten ist die Verringerung der Treibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 1990. Welche Sektoren in diese NDCs mit einfließen, ist Sache der Staaten – eine festgelegte Formel gibt es nicht. Und so kommt es, dass viele Staaten bestimmte Sektoren teilweise oder ganz außer Acht lassen, wenn sie Reduktionsziele und die Pfade dorthin festlegen.

                        Auch in den NDC der EU wird der Maritim-Sektor nicht erwähnt. Die Luftfahrt wird zwar genannt, jedoch nicht im Zusammenhang mit einem Reduktionsziel. Sondern lediglich mit dem Hinweis, dass es mit dem Emissionshandelssystem (ETS) bereits gesetzliche Regelungen gebe. Der ETS wird allerdings derzeit nur auf Flüge innerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes (EEA) angewendet. Im Zuge des Fit-for-55-Pakets soll allerdings auch der ETS für den Flugverkehr überarbeitet werden (Europe.Table berichtete). Durch die wegfallenden Freizuteilungen von Emissionsrechten erhofft man sich auch eine Auswirkung auf den CO2-Fußabdruck der Luftfahrt – allerdings nur in Europa.

                        Mit dem Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation (CORSIA) gibt es immerhin auch einen globalen Mechanismus, der langfristig Emissionen vermindern soll. CORSIA funktioniert ähnlich wie ein ETS. Fluggesellschaften kaufen Zertifikate, die von Klimaschutzprojekten angeboten werden, die in anderen Sektoren Emissionen vermeiden. 2021 hat eine freiwillige Pilotphase begonnen, an der unter anderem alle EU-Mitgliedstaaten sowie die USA, Australien und Kanada teilnehmen. Erst ab 2027 gibt es eine Verpflichtung, an CORSIA teilzunehmen – ausgenommen sind Länder mit besonders geringem Flugaufkommen.

                        Maritimes Problemkind

                        Anders sieht es bei der Schifffahrt aus. Zwar gilt die EU auch hier als Vorreiter: Mit der Ausweitung des ETS auf den Maritimsektor sollen alle an europäischen Häfen an- oder ablegenden Schiffe Emissionsrechte kaufen müssen. Doch global betrachtet streiten Industrie und Länder noch immer über die richtigen Strategien zur Reduktion der Treibhausgasemissionen. Eine Folgenabschätzung für die Einführung einer CO2-Bepreisung wird gerade erst angestoßen. Ein globaler Mechanismus, vergleichbar mit CORSIA, dürfte noch Jahre brauchen. Und auch die Wirkung eines ETS für die Schifffahrt ist umstritten. Eine Studie im Auftrag des TRAN-Ausschusses des EU-Parlaments legt nahe, dass Transportkosten steigen würden und die Wettbewerbsfähigkeit einiger Güter sinken könnte.

                        Ein erster Schritt, um mehr Druck auf alle Akteure zu machen, bei der Klärung solcher Fragen schneller voranzukommen, wäre, dass die Länder sich künftig zu verstärkten Reduktionszielen verpflichten. Dass sich die COP26-Teilnehmer:innen in Glasgow dieses Problems annehmen, fordern auch die EU-Parlamentarier:innen in ihrer COP-Resolution. Vertragsparteien sollen ermutigt werden, die Emissionen aus dem internationalen Schiffs- und Luftverkehr in ihre NDCs einzubeziehen, heißt es in dem Entschluss. Denn damit Staaten überhaupt anfangen, sich Lösungen zu überlegen, müssen diesmal Luft- und Schifffahrt in Glasgow in einer wie auch immer geformten Abschlusserklärung erwähnt werden.

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                          Personalisierte Werbung beherrscht DSA-Debatte im IMCO

                          “Ich heiße die Einmischung der Kommission – Entschuldigung, den Austausch mit der Kommission – immer willkommen, aber die Kommission sollte in ihrer Kommentierung nicht zu spezifisch sein.” Der Freud’sche Versprecher der Berichterstatterin für den “Digital Services Act” (DSA) Christel Schaldemose (DK, S&D) beschreibt die Stimmung, die bei den Verhandlungen des Gesetzesvorhabens aktuell bestehen, äußerst treffend: Man kommt nicht so schnell voran wie gewollt und liegt bei mehreren wichtigen Punkten noch weit auseinander. Dass die Kommission den Finger ausgerechnet in die größte Wunde legte – die Diskussion über ein Verbot von personalisierter Werbung, die eigentlich gar nicht auf der Tagesordnung stand (Europe.Table berichtete) – wurde im Binnenmarktausschuss (IMCO) am Mittwochnachmittag als höchst ungeschickt aufgenommen. 

                          Die Kommissionsvertreterin Inge Bernaerts hatte in der vorausgegangenen Debatte über die Kompromissänderungsanträge zum “Digital Markets Act” (DMA) dafür plädiert, personalisierte Werbung in dem Gesetz, das Pflichten und Verantwortlichkeiten von Online-Plattformen und anderen Anbietern von Vermittlungsdiensten neu regeln soll, nicht zu verbieten. Ein Verbot fordern S&D, Grüne/EFA und GUE/NGL. Das Argument der Kommission: Diese Werbepraxis sei wichtig für kleine und mittlere Unternehmen (KMUs), um Verbraucher:innen zu erreichen und Marktanteile zu gewinnen. Auch Verbraucher:innen würden diese Form von Werbung bevorzugen, weil sie ihnen Werbung passend zu ihren Interessen anzeigen würde.  

                          Personalisierte Werbung polarisiert Europaparlament

                          Während der nahtlos anschließenden Debatte über die Kompromissänderungsanträge zum DSA kritisierten mehrere Europaabgeordnete die Position der Kommission: “Ich finde es äußert problematisch, dass Sie hier im Ausschuss den Sprechzettel von Facebook wiederholen“, sagte die Schattenberichterstatterin Alexandra Geese (Grüne/EFA), die sich stark für ein Verbot von personalisierter Werbung ausspricht (Europe.Table berichtete). Sie verwies auf eine vom IMCO beauftragte Studie, die etwa herausgefunden hatte, dass personalisierte Werbung zahlreiche Risiken für KMUs darstellt, vor allem durch Anzeigenbetrug. Es gebe dagegen keinerlei Beweise, dass personalisierte Werbung vorteilhaft für KMUs sei, betonte sie.

                          Die Schattenberichterstatter der Fraktionen EVP (Arba Kokalari) und EKR (Adam Bielan) pflichteten der Kommission bei und sprachen sich gegen ein absolutes Verbot der umstrittenen Werbeform aus, deuteten aber an, eine Opt-out-Lösung in Betracht ziehen zu können.

                          In ihren neuesten Kompromissänderungsanträgen setzt sich die Berichterstatterin Schaldemose für eine verbindliche Interoperabilität für sehr große Online-Plattformen ein, fordert mehr Transparenzpflichten für Empfehlungssysteme sowie mehr Rechenschaftspflichten für Algorithmen. Besonders bei den Empfehlungssystemen und Algorithmen gestalte sich die Kompromissfindung noch schwer, sagte die Dänin, man sei aber auf einem guten Weg.

                          Schutz für Whistleblower könnte in den Gesetzestext fließen

                          Einig waren sich die Europaabgeordneten dagegen darüber, dass die Verschiebung der finalen Abstimmung, die ursprünglich für den 8. November angesetzt war (Europe.Table berichtete), eine gute Entscheidung ist. Das Credo: “Qualität geht über Geschwindigkeit.” Offiziell wurde die Abstimmung nur verschoben, um die Anhörung der Whistleblowerin Frances Haugen, die während der gleichen Sitzung stattfindet, berücksichtigen zu können. “Der DSA sollte einen expliziten Bezug zum Schutz von Whistleblowern in sich tragen”, forderte der Schattenberichterstatter der GUE/NGL Martin Schirdewan als logische Konsequenz der Facebook-Enthüllungen.

                          Der Kommissionsvertreter Prabhat Agarwal, der an der Formulierung des DSA beteiligt war, versicherte, dass der Rahmen des Gesetzesvorschlags prinzipiell die Probleme, die Haugen offengelegt hatte, adressieren könne. Die Enthüllungen hätten jedoch gezeigt, dass die Rolle von Empfehlungssystemen wichtiger als gedacht sei. Daher sei es sinnvoll, “einen frischen Blick auf die Verbindung zwischen Risikobewertung und Empfehlungssystemen zu werfen”.

                          Im Rat diskutiert die Arbeitsgruppe Binnenmarkt heute den jüngsten Kompromissvorschlag der slowenischen Ratspräsidentschaft. Diese verfolgt weiterhin das Ziel, die allgemeine Ausrichtung im Rat für Wettbewerbsfähigkeit (COMPET) am 25. oder 26. November zu verabschieden. “Die Verhandlungen sind in der finalen Phase und wir thematisieren offene Punkte wie den Durchsetzungsmechanismus des Gesetzes”, erläutert die Coreper-I-Pressesprecherin der slowenischen Ratspräsidentschaft Špela Horjak auf Anfrage von Europe.Table. Im Ausschuss der Ständigen Vertreter werde der DSA Mitte November besprochen.

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                            VZBV bemängelt lückenhafte Umsetzung der DEK-Empfehlungen

                            Sie galt als Paradebeispiel für ein erfolgreich arbeitendes Gremium: die Datenethikkommission der Bundesregierung, deren 16 Mitglieder bis zum Herbst 2019 umfangreiche Vorschläge für eine angemessene politische Behandlung aktueller Fragen rund um Daten- und Künstliche Intelligenz erarbeitet hatten. Nun hat der Verbraucherzentrale Bundesverband die tatsächliche Umsetzung dieser Empfehlungen nach zwei Jahren geprüft – mit einem gemischten Bild.

                            “In der Gesamtschau bleiben Bundesregierung und EU-Kommission mit ihren aktuellen Vorhaben weiter hinter den Empfehlungen der DEK zurück. Vieles ist zu unkonkret und unverbindlich”, sagt Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV). Der Verbraucherschützer-Verband kritisiert unter anderem, dass die Bundesregierung in ihren eigenen Strategien wie der Datenstrategie und der KI-Strategie hinter den DEK-Empfehlungen zurückbleibe. Lob erhalten Bundesregierung und EU-Kommission etwa für ihre Bemühungen, Daten-Intermediäre als Konzept regulatorisch im Telekommunikation-Telemedien-Datenschutzgesetz (TTDSG) auf Bundesebene und im Data Governance Act auf EU-Ebene anzugehen.

                            Empfehlungen der Datenethikkommission europäisch umsetzen

                            Viele der von der deutschen Datenethikkommission gegebenen Empfehlungen richten sich nicht primär an den deutschen Gesetzgeber – doch mit der High Level Expert Group on Artificial Intelligence hatte die EU-Kommission ein eigenes Gremium für Empfehlungen berufen, bevor sie mit einem Whitepaper und dann einem Regulierungsvorschlag für eine KI-Verordnung (AI Act) ihre eigenen Vorstellungen zu Papier brachte. Die KI-Verordnung wiederum wird derzeit von Rat und Parlament beraten – und dieser Prozess wird absehbar noch einige Zeit dauern.

                            Insbesondere die deutsche Positionierung könnte im Rahmen der erwarteten Ampelkoalition etwas anders ausfallen als unter der bisherigen Großen Koalition. Der Chef des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen Klaus Müller fordert daher: “Die künftige Bundesregierung muss sich zum Schutz der Nutzerinnen und Nutzer vor Diskriminierung durch KI-Systeme bekennen. Sie muss sich für Nachvollziehbarkeit und unabhängige Kontrollen von KI-Systemen einsetzen und dies mit Nachdruck auch auf europäischer Ebene vertreten.” Die Verbraucherschützer fordern eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der KI-Verordnung auf mehr Systeme mit automatisierten Entscheidungen. fst

                              • Data Act
                              • Data Governance Act
                              • Digitalisierung
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                              Lobbycontrol kritisiert Facebook-Imagekampagne

                              Im Europaparlament wird intensiv über ein Verbot personalisierter Werbung diskutiert – das aber zielt auf den Kern des Geschäftsmodells von Facebook. Der US-Konzern habe gezielt eine Werbekampagne geschaltet, um diese Debatte zu beeinflussen, kritisiert nun die NGO Lobbycontrol.

                              Im Rahmen der Kampagne “Mit Facebook geht das” seien zwischen Juli und September in überregionalen Tageszeitungen Anzeigen im Wert von 2,5 Millionen Euro geschaltet worden. Die Anzeigen zeigen Kleinunternehmer, die die Bedeutung personalisierter Werbung für ihr Geschäft betonen. Eine weitere Kampagne, die die Bedeutung von Facebook für kleinere Unternehmen bewirbt, soll über Twitter gezielt die Follower von Accounts von Bundesministerien angesprochen haben.

                              Lobbycontrol: Facebook investiert viel in Imagewerbung in Europa

                              Insgesamt habe Facebook seit Dezember 2020 allein in Deutschland Imagewerbung im Wert von etwa 6,8 Millionen Euro in Zeitungen und Zeitschriften geschaltet. Mitte Dezember hatte die EU-Kommission zwei zentrale Regulierungsvorhaben vorgestellt, den Digital Services Act und den Digital Markets Act.

                              Bei der berechneten Summe handele es sich um die Bruttowerbeausgaben, die etwa Rabatte unberücksichtigt lassen, und nicht um den von Facebook tatsächlich aufgewendeten Betrag, so Lobbycontrol. Die Kosten für Onlinewerbung seien darin ebenso wenig erfasst worden wie die Ausgaben für Kampagnen in anderen europäischen Ländern. Insgesamt dürfte Facebook daher in Europa deutlich mehr für Imagewerbung ausgeben als die berechnete Summe, so die NGO. tho

                                • Digitalisierung
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                                Deutschland muss wegen verpasster EU-Klimaziele zahlen

                                Deutschland muss als einziges größeres EU-Land wegen verpasster Klimaziele im vergangenen Jahr Ausgleichs-Zahlungen leisten. Man werde 22 Millionen sogenannter Emissionseinheiten zukaufen müssen, um die Verpflichtungen für 2020 zu erfüllen, bestätigte das Umweltministerium am Mittwoch. Zuvor hatte die EU-Kommission kurz vor dem Weltklimagipfel festgestellt, dass Deutschland seine Zusagen verfehlt habe. 21 Staaten hätten die Vorgaben erfüllt. Neben Deutschland müssten auch Malta, Irland, Finnland, Bulgarien und Zypern nun Ausgleichsrechte für den zu hohen Treibhausgas-Ausstoß erwerben.

                                Hintergrund ist das bisherige EU-Ziel für die Sektoren Verkehr, Gebäude oder Landwirtschaft. Sie stehen für etwa 60 Prozent der Gesamtemissionen der Gemeinschaft. Die übrigen Sektoren, vor allem Energie und Industrie, werden über den Handel mit Emissionsrechten gesteuert. Deutschland war verpflichtet worden, den CO2-Ausstoß bis 2020 gegenüber 2005 um 14 Prozent in diesen Sektoren außerhalb des Emissionshandels zu mindern. Obwohl in der Corona-Krise 2020 die meisten Sektoren die Ziele noch erreichen konnten, verfehlte etwa der Bau-Bereich sie in Deutschland.

                                Einhaltung der Klimaziele nach der Corona-Krise unwahrscheinlicher

                                Deutschland muss jetzt sogenannte Emissionseinheiten bei anderen Staaten kaufen, die ihre Ziele übererfüllt haben. “Wir sind dazu mit unterschiedlichen Ländern im Gespräch, aber das sind vertrauliche Verhandlungen”, teilte das Umweltministerium mit. Vor allem osteuropäische Länder haben viele überschüssige Zertifikate. Die Kosten für Deutschland werden gering sein, auch weil die Zertifikate ab 2021 verfallen und nicht übertragen werden dürfen. Grund sind die neuen, verschärften Klimaziele.

                                Damit dürften sich für 2021 die Belastungen für Deutschland erheblich erhöhen. Da die Emissionen beispielsweise im Verkehrssektor nach dem Abflauen der Corona-Krise deutlich steigen werden, gilt es als unwahrscheinlich, dass die Vorgaben hier erreicht werden können. rtr

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                                  Studie: Klimaziel über CO2-Abgabe bedeutet Benzinpreis von 2,50 Euro

                                  Das Erreichen der Klimaziele allein über den CO2 Preis käme die Autofahrer einer Studie zufolge an der Tankstelle teurer zu stehen als ein Maßnahmen-Bündel. Der Preis pro Tonne Kohlendioxid müsste bei einer reinen Marktlösung für den Verkehrssektor bis 2030 auf 450 Euro steigen, wie eine Prognos-Untersuchung im Auftrag der Umweltorganisation Transport & Environment (T&E) zeigt.

                                  Das bedeute einen Anstieg des Benzinpreises auf 2,50 Euro und des Dieselpreises auf 2,64 Euro. Der alternative Weg über einen Instrumentenmix einschließlich eines Aufschlags beim Kauf eines Verbrenners führt demnach zu einem weniger starken Anstieg auf 1,90 Euro je Liter Benzin und 1,96 Euro je Liter Diesel. In den jetzt beginnenden Koalitionsverhandlungen favorisiert die FDP eine Lösung in erster Linie über den CO2 Preis, Grüne und SPD wollen weitere Instrumente.

                                  Hoher Benzinpreis würde vor allem ärmere Familien belasten

                                  Der Verkehrssektor gilt als besonders problematisch. Bis 2030 muss er dem Klimagesetz zufolge seine Emissionen praktisch halbieren. Der Umstieg auf eine Elektro-Flotte bei den PKW ist dabei das zentrale Element. “Wenn die richtigen Maßnahmen jetzt nicht umgesetzt werden, muss sich die Regierung auf einen hohen CO2 Preis verlassen, der einkommensschwache Familien sehr belasten würde”, warnte T&E-Bereichsleiterin Jekaterina Boening.

                                  Die Organisation plädiert stattdessen dafür, die günstige Dienstwagenbesteuerung für Verbrennerautos abzuschaffen und ein Bonus-Malus-System beim Kauf von Autos einzuführen (Europe.Table berichtete). Käufer von Autos mit hohem CO2-Ausstoß finanzieren mit einem Aufschlag so die Kaufprämien für E-Autos. Die neue Bundesregierung müsse sich außerdem dafür einsetzen, der Autoindustrie noch schärfere CO2-Reduktionsziele für die Neuwagen vorzuschreiben, fordert Transport & Environment. Denn die jetzt von der EU vorgeschlagene Verringerung um 55 Prozent bis 2030 erreichten BMW, Daimler oder Volkswagen nach ihren Planungen ohnehin schon früher. rtr

                                    • Klima & Umwelt
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                                    EuGH verurteilt Polen zu Zwangsgeld

                                    Im Justiz-Streit zwischen der Regierung in Warschau und der EU (Europe.Table berichtete) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) Polen zu einem Zwangsgeld von täglich einer Million Euro verurteilt. Grund sei die Weigerung des EU-Mitgliedslandes, die Disziplinarkammer des Obersten Gerichts aufzulösen, hieß es am Mittwoch.

                                    Der EuGH hatte Polen Anfang des Monats wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Unabhängigkeit der Justiz verurteilt. Der Streit mit Polen berührt das Fundament der EU. Dabei geht es neben umstrittenen Justiz- und Medienreformen auch um ein Urteil des polnischen Verfassungsgerichts (Europe.Table berichtete), das nationales Recht über EU-Recht stellt.

                                    Die Grünen-Europapolitikerin Franziska Brantner begrüßte das Urteil: “Dies zeigt, dass es Konsequenzen gibt, wenn jemand die Rechtsstaatlichkeit untergräbt.” Sie forderte die EU-Kommission auf, Polen erst dann Geld aus dem Corona-Wiederaufbau-Fonds zu zahlen, wenn das EU-Land die Unabhängigkeit der Justiz und den Vorrang des europäischen Rechts zusichere. rtr

                                      • Europapolitik
                                      • Polen

                                      Kommission prüft Übernahmepläne von Nvidia genau

                                      Die EU-Kommission nimmt die vom US-Grafikkartenspezialisten Nvidia geplante 54 Milliarden Dollar schwere Übernahme des britischen Chip-Entwicklers Arm genauer unter die Lupe. “Während Arm und Nvidia nicht direkt miteinander in Konkurrenz stehen, ist das geistige Eigentum von Arm ein wichtiger Bestandteil von Produkten, die mit denen von Nvidia konkurrieren”, erklärte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager am Mittwoch.

                                      Als Beispiele nannte sie Datenzentren und Anwendungen in der Automobilindustrie. Die Übernahme könnte den Zugang zu geistigem Eigentum von Arm beeinträchtigen. Die Kommission will nun bis zum 15. März entscheiden, ob sie grünes Licht gibt.

                                      Nvidia will Arm als neutralen Technologiezulieferer erhalten

                                      Nvidia hatte der EU für die kartellrechtliche Genehmigung unlängst Zugeständnisse angeboten (Europe.Table berichtete). Bereits im Vorfeld hatte der US-Konzern allerdings erklärt, er wolle Arm als einen neutralen Technologiezulieferer erhalten, um Bedenken von Kunden auszuräumen. Insidern zufolge reichen die Zugeständnisse der Kommission aber nicht aus, die in Folge des Zusammenschlusses nicht nur weniger Konkurrenz und Innovation, sondern auch höhere Preise befürchtet. Auch die britische Wettbewerbsbehörde prüft die geplante Übernahme.

                                      Vor rund einem Jahr hatte Nvidia angekündigt, Arm vom japanischen Technologieinvestor Softbank übernehmen zu wollen. In der Branche sorgte das für einen Aufschrei. Arm gilt bislang als neutraler Akteur, der an verschiedene Unternehmen wie Qualcomm, Samsung Electronics und Apple Patente verkauft. Fast jedes Smartphone und Millionen anderer Geräte verfügen über lizenzierte Arm-Prozessoren. rtr

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                                        • Künstliche Intelligenz
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                                        • Technologie

                                        Von der Leyen verlangt von Wirtschaftsmächten mehr Klimaschutz

                                        Kurz vor dem Weltklimagipfel in Glasgow hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die konkurrierenden Wirtschaftsmächte zu mehr Klimaschutz aufgefordert. “Ähnlich wie Europa müssen auch die anderen großen Volkswirtschaften konkret darlegen, wie sie ihre Ziele erreichen wollen”, schreibt sie in einem Gastbeitrag für das “Handelsblatt”.

                                        “Die Konferenz wird für die Weltgemeinschaft eine Stunde der Wahrheit sein.” Die EU habe mit dem “Green Deal” einen belastbaren Fahrplan vorgelegt. Von der Leyen lobte, dass die USA, Japan, Südkorea oder Südafrika der EU folgen wollten: “Sie alle verpflichten sich auf verbindliche Klimaziele. Das ist gut.”

                                        Indien und China: Konkrete Ziele für den Klimaschutz fehlen bislang

                                        Unter den großen Volkswirtschaften wird aber noch auf konkrete Ziele von Indien oder dem größten Treibhausgas-Produzenten China gewartet. Gerade mit China steht Europa auch in wirtschaftlicher Konkurrenz. Die Hoffnung ist, dass bei weltweit vergleichbaren Ambitionen der Wettbewerb nicht behindert wird. Da dies nicht als gesichert gilt, will die EU-Kommission über einen Klima-Zoll die heimische Wirtschaft vor Importen aus Ländern mit lascheren Standards schützen. rtr

                                          • Green Deal
                                          • International
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                                          • Ursula von der Leyen

                                          Presseschau

                                          Polen soll jeden Tag eine Million Euro Zwangsgeld zahlen SPIEGEL
                                          Wladimir Putin erhöht Gaslieferungen nach Europa ZEIT
                                          Deutschland muss erstmals wegen verpasster EU-Klimaziele zahlen ZEIT
                                          Laschet kritisiert angepeilten Kohleausstieg 2030 SUEDDEUTSCHE
                                          EU-Taxonomie: EU-Kommission will Atomkraft und Erdgas als nachhaltig einstufen HEISE
                                          Italy hosts a climate-focused G20 as geopolitics shift APNEWS
                                          In Poland’s politics, a ‘social civil war’ brewed as Facebook rewarded online anger WASHINGTONPOST
                                          France sets deadline for UK in dispute over fishing rights FT
                                          UK’s Rishi Sunak cuts tax for domestic flights ahead of climate summit POLITICO

                                          Portrait

                                          William Todts: Gegenspieler der Autoindustrie

                                          Man sieht William Todts: Gegenspieler der AutoindustrieWilliam Todts ist Executive Director bei Transport & Environment (T&E) zum Thema Autoindustrie und Klimaschutz
                                          William Todts

                                          William Todts ist Optimist. Er glaubt an die Europäische Union, und er glaubt an einen klimaneutralen europäischen Kontinent bis 2050. Und das, obwohl er sich mit dem Sorgenkind der europäischen Klimaanstrengungen rumschlagen muss. Als Executive Director von Transport & Environment (T&E) hat er sich das Ziel gesetzt, bis 2050 einen CO2-freien europäischen Verkehrssektor zu erreichen.

                                          CO2-frei ist nicht zu verwechseln mit klimaneutral. CO2-frei bedeutet, dass tatsächlich kein CO2 mehr ausgestoßen wird – und nicht, dass das ausgestoßene CO2 irgendwo anders wieder ausgeglichen wird.

                                          Der Dachverband T&E vereint 53 NGOs, deren gemeinsame Mission nachhaltige Mobilität ist. Keine leichte Aufgabe. Während die Gesamtemissionen der EU zwischen 1990 und 2018 um 21,6 Prozent gesunken sind, haben die Verkehrsemissionen im selben Zeitraum um 21 Prozent zugenommen.

                                          Die Autoindustrie kann unglaublich schnell sein

                                          Was Todts Hoffnung gibt, sind die jüngsten Entwicklungen, etwa die in den letzten drei Jahren stark gestiegenen Neukäufe von elektrischen Fahrzeugen im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren. “Wir können unglaublich schnell sein. Die Industrie kann unglaublich schnell sein. Bloß Firmen wie Bosch oder VW werden sich nicht verändern, wenn ihnen nicht gesagt wird, dass sie sich verändern müssen. Warum sollten sie?”

                                          Heute ist William Todts in Brüssel einer der wichtigsten Gegenspieler der großen Automobilkonzerne. Lange hatte er selbst keinen Bezug zu Klimaschutz oder Nachhaltigkeit. Aufgewachsen in Antwerpen, einer “ziemlich konservativen Stadt”, wie Todts betont, waren die wichtigsten Gesprächsthemen seiner Jugend Autos und Motorräder. Nach Schulabschluss studierte er Geschichte und später European Studies, mit dem Ziel, Diplomat zu werden.

                                          “Fortschritt ist möglich, aber nicht zwangsläufig”

                                          Als Todts bei einem Praktikum in der Ständigen Vertretung Belgiens in Brüssel der Umweltabteilung zugeteilt wurde, war er alles andere als begeistert. Er erinnert sich, wie er einen unheimlich langen Gang hinunterlaufen musste, um zur Abteilung zu gelangen, wo sich dann ein paar Menschen über Biodiversität unterhalten haben, und er dachte: “Oh Gott! Wo bin ich hier gelandet.”

                                          Und doch, wenige Monate nach Ende des Praktikums entschließt sich der damals 25-jährige Todts, bei T&E anzufangen. Für ihn beginnt dadurch eine Zeit des Lernens, durch die sich viele seiner Anschauungen verändern, wie Todts erzählt.

                                          Mittlerweile ist William Todts seit bald fünf Jahren Executive Director von T&E. Er weiß, warum die Verkehrsemissionen nach wie vor steigen, aber auch, was die Lösungen des Problems sind. Grüne Technologien müssten schnell und in großem Maßstab angewendet werden; wo nur irgend möglich müsse der Verkehr von der Straße auf die Schiene gelegt werden, und vor allem brauche es klare politische Regeln. Nur so kriege man die Industrie dazu, Klimaschutz auch wirklich umzusetzen. Und eben dieser letzte Punkt unterscheide T&E von den Tech-Optimisten, die überzeugt sind, dass Klimaschutz automatisch passiere. “Wir glauben, dass Fortschritt möglich, aber nicht zwangsläufig ist.”

                                          Als eines der größten Probleme des Klimaschutzes kritisiert Todts die Anschauung, Politik sei langsam und ineffizient – Unternehmen seien schnell und lösten die Krise. Das seien Geschichten, für die Unternehmen viel zahlen, damit sie erzählt würden. “Wir müssen wirklich unterscheiden zwischen dem, was Unternehmen sagen, und dem, was Unternehmen tun.”

                                          Man merkt William Todts an, wie klar er den Weg zum Erreichen seiner Mission vor sich sieht. Vielleicht hört man auch deswegen ein wenig Unverständnis heraus, wenn er über die Diskrepanzen zwischen den Möglichkeiten und dem Status quo spricht: “Wir haben die perfekten Lösungen. Wir sind schlicht nicht ambitioniert genug.” David Zauner

                                            • Klima & Umwelt
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                                            Apéropa

                                            Luxemburgs Premier Xavier Bettel hat das Potenzial des Internets früh erkannt. Als er 1999 seine Abschlussarbeit in öffentlichem Recht und Politikwissenschaft schrieb, war das Internet für viele ein fremder Ort und Google drei Jahre alt. Doch der Premier in spe war auf Zack. Dank Copy- & Paste-Technik war die Arbeit schnell geschrieben.

                                            Bettel kletterte die Politleiter bis ganz nach oben. Gewissensbisse hatte er wohl keine, sagte er doch dem Zeit Magazin vor rund sechs Jahren: “Wenn ich das Gefühl habe, jemand versucht, durch Tricksereien etwas zu erreichen, das verzeihe ich nicht.” Doch sicherlich zählen die Tricksereien nur, wenn sie auffliegen.

                                            Nun aber haben sich die Kollegen des Online-Magazins Reporter sich auf die Reise nach Nanzig gemacht und Bettels Arbeit herausgekramt. Und siehe da: 96 (!) Prozent der Seiten hat der Premier von anderen Quellen abgeschrieben. Fußnoten oder Quellenangaben hat Xavier Bettel dazu keine angegeben.

                                            Tatsächlich könnte man eher das Europaparlament als Autor der Arbeit bezeichnen. Denn 20 Seiten der 56-seitigen Arbeit hat der Luxemburger Premierminister von dessen Internetseite übernommen. Der Rest stammt aus einem Bericht des damaligen Europaabgeordneten Georgios Anastassopoulos, sowie einer Studie des “Mouvement Européen”, wie Reporter-Journalist Pol Reuter nachweisen konnte.

                                            Hätte Bettels Abschlussarbeitsbetreuer damals schon das Googeln beherrscht, hätte er das wohl auch herausgefunden. Aber rigoroses wissenschaftliches Arbeiten hatte in den 90ern vielleicht auch einfach noch keine große Bedeutung, wie dieser dem Reporter-Kollegen sagte. Schließlich habe es damals noch nicht die gleichen Mittel gegeben wie heute, um ein Plagiat zu entdecken. Und so verdiente Bettel für das mühsame Kopierwerk “une note toute à fait honorable”.

                                            Ein großer Politskandal oder gar ein Rücktritt Bettels? Das ist in Luxemburg allerdings nicht zu erwarten. Dort sitzt nämlich gerade die größte Oppositionspartei auf der Anklagebank. Sie muss sich für Finanzbetrug und die Scheinbeschäftigung ihres ehemaligen Parteichefs – und ex-MEPs – Frank Engel verantworten.

                                            Doch wie sagt Xavier Bettel so schön, mit den Worten zu Guttenbergs: “Ich habe die Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen angefertigt.” Sogar seine Rechtfertigung ist somit ein Plagiat. Charlotte Wirth

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