Table.Briefing: Europe

Klage gegen Taxonomie + TTDSG-Gutachten + Roberta Metsola

  • Taxonomie: Hat eine Rechtsklage Chancen?
  • TTDSG-Gutachten: Einwilligungsverwaltung möglich – mit vielen Hürden
  • Hoffnung auf klimaneutrale Energie aus Kernfusion
  • Habeck stellt Übernahme von Transformationskosten in Aussicht
  • Berichtsentwurf zum Social Climate Fund: Weniger Klima, mehr Soziales
  • GAP: Lemke für Ausstieg aus Flächenförderung
  • Agora: Klimaclubs nur als Ergänzung
  • Studie empfiehlt, Klimapartnerschaften mit Afrika voranzutreiben
  • Scholz: Nord Stream 2 könnte Teil der Sanktionen sein
  • Roberta Metsola: Abtreibungsgegnerin vom liberalen Flügel
Liebe Leserin, lieber Leser,

Roberta Metsola ist die neue Präsidentin des Europäischen Parlaments. Die Kandidatin der konservativen Fraktion der Europäischen Volkspartei ist gestern mit deutlicher Mehrheit in das Spitzenamt gewählt worden. Die Malteserin präsentierte sich in Wahlkampfclips unter anderem als Vorkämpferin für LGBT-Rechte, gleichgeschlechtliche Ehe und Toleranz für unterschiedliche Lebensmodelle in der EU, gilt aber zugleich als Abtreibungsgegnerin. Der Frage, wie das zusammenpasst, geht Stephan Israel im Portrait nach.

Der ergänzende Rechtsakt zur Taxonomie-Verordnung sorgt weiter für mächtig Wirbel. Obwohl Deutschland gegen Atomkraft ist, kann die neue Bundesregierung den Akt nicht ablehnen, denn sie ist auf die Förderung von Gas angewiesen. Die Kommission muss sich dennoch auf Ärger einstellen. Sobald sie ihren delegierten Rechtsakt, nach dem die Atomkraft als nachhaltig gilt, formell annimmt, wollen Österreich und Luxemburg klagen. Ob eine solche Klage Aussichten auf Erfolg hätte, analysiert Charlotte Wirth.

Die meisten von uns haben sich schon einmal über die nervigen Cookie-Banner geärgert. Der deutsche Gesetzgeber hat im Telekommunikation-Telemedien-Datenschutzgesetz (TTDSG) mit dem Paragrafen 26 eine Norm vorgesehen, die diese ablösen oder zumindest sehr viel seltener machen soll. Ein Forschungsgutachten im Auftrag der Bundesregierung sollte die Grundlage für detaillierte Vorgaben für die Ausgestaltung dieses Paragrafen bereiten. Zu welchem Ergebnis die Autoren kommen und was das für das TTDSG bedeutet, analysiert Torsten Kleinz.

Seit mehr als 60 Jahren forschen Menschen an der Kernfusion. Sie verspricht Energie im Überfluss, ohne fossile Energieträger, ohne Klimaschäden, ohne langlebigen Atommüll. Europäische Wissenschaftler:innen sind führend in der Fusions-Forschung. Noch. Denn China investiert große Summen in die Erforschung der neuen Technologie und holt nach Meinung der Experten stark auf, wie Nico Beckert berichtet.

Ihre
Eugenie Ankowitsch
Bild von Eugenie  Ankowitsch

Analyse

Taxonomie: Hat eine Rechtsklage Chancen?

Ende des Monats will die Europäische Kommission den delegierten Rechtsakt zur Taxonomie formell annehmen. Der Vorstoß der Kommission ist umstritten. Demnach sollen Investitionen in Gas und Atomkraft zukünftig in der EU als nachhaltig gelten, sofern sie bestimmte Bedingungen erfüllen. Damit kommt Präsidentin Ursula von der Leyen insbesondere der französischen Ratspräsidentschaft entgegen, die sich Finanzspritzen für die Kernkraft verspricht. Deutschland hingegen gerät durch die Bündelung der beiden Energiequellen in einem Akt in die Bredouille. Obwohl Deutschland gegen Atomkraft ist, kann die neue Bundesregierung den Akt nicht ablehnen. Denn sie ist auf die Förderung von Gas angewiesen.

Anders sehen das insbesondere Luxemburg und Österreich. Die beiden Staaten haben bereits klargestellt: Kommt der delegierte Rechtsakt, werden sie vor dem EU-Gerichtshof (EuGH) gegen die Einstufung der Atomkraft als nachhaltig klagen. “Diese Taxonomie ist ein No-Go”, sagte etwa Luxemburgs Umweltministerin Carole Dieschbourg im Gespräch mit Europe.Table. Sie sprach von einer “plumpen Vorgehensweise” der Europäischen Kommission.

Doch wie könnte eine solche Klage aussehen? Einen guten Eindruck liefert ein Rechtsgutachten, das die österreichische Regierung bereits vor einigen Monaten in Auftrag gegeben hat. Die konsultierten Anwält:innen sehen darin gute Chancen für eine Nichtigkeitsklage vor dem EuGH. Eine solche Klage basiert auf dem Artikel 263 AEUV. Er erlaubt es Mitgliedsstaaten, Klage wegen “Unzuständigkeit, Verletzung wesentlicher Formvorschriften, Verletzung der Verträge oder einer bei seiner Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder wegen Ermessensmissbrauchs” zu erheben.

Einstufung der EU von Atomkraft als nachhaltig nicht vorgesehen

Die Rechtsanwält:innen der Kanzlei Redeker-Sellner-Dahs argumentieren in ihrem Gutachten, dass die Europäische Kommission ihre Kompetenzen überschreite. Indem sie die Atomkraft als nachhaltig einstufe, gehe die EU-Kommission im delegierten Rechtsakt über die Bestimmungen hinaus, die im Basisakt festgelegt seien. Tatsächlich setzt die Taxonomie-Verordnung einen ganz klaren Rahmen, welche Energiequellen als grün gelten dürfen (insb. Artikel 10, 16 und 19). Es lassen sich drei Kategorien unterscheiden:

  • Grüne Energiequellen, welche einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Hierunter fallen insbesondere erneuerbare Energien, Technologien zur Steigerung der Energieeffizienz oder noch die saubere Mobilität.
  • Ermöglichende Aktivitäten, die jene Tätigkeiten direkt zulassen, die einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Dies gelte, sofern sie positive Auswirkungen auf die Umwelt haben und nicht zu einem Lock-in-Effekt führen.
  • Übergangstechnologien, also Wirtschaftstätigkeiten, für die es keine technologisch und wirtschaftlich durchführbaren CO2-armen Alternativen gibt. Diese dürfen allerdings, so sieht es die Verordnung vor, den Weg zum 1,5-Grad-Ziel nicht beeinträchtigen.

In ihrem Entwurf des delegierten Rechtsaktes stuft die Kommission die Kernkraft in die dritte Kategorie ein. Sie gilt demnach als Übergangstechnologie nach Artikel 10(2). “Atom und Gas passen nicht in die anderen Kategorien”, sagt dazu ein Kommissionssprecher, der den Rechtsakt als “pragmatischen und realistischen” Vorschlag beschreibt.

Laut den österreichischen Anwält:innen hingegen passe die Atomkraft in keine der Kategorien und könne insbesondere nicht als Übergangstechnologie eingestuft werden: “Indem der Basisakt vorgibt, dass es keine CO2-armen Alternativen gibt, impliziert Artikel 10(2), dass CO2-arme Tätigkeiten vom Anwendungsbereich der Bestimmung ausgeschlossen sind. In anderen Worten: Artikel 10(2) umfasst lediglich kohlenstoffintensive Tätigkeiten.” Die Kernkraft passe also schlicht und einfach in keine der in der Taxonomie-Verordnung definierten Kategorien. Integriere die Kommission dennoch die Atomkraft, überschreite sie demnach ihre Kompetenzen.

Wesentliche Grundsatzfragen oder Implementierung?

Das Potenzial für eine solche Klage sieht auch der österreichische Rechtsanwalt für Klima- und Energierecht Florian Stangl. Grundlage der Klage müsste demnach die Frage sein, ob sich die Kommission an die Vorgaben gehalten hat, die in der Taxonomie-Verordnung stehen. “Die Kommission hat sich da ein Stück weit hinausgelehnt”, sagt der Experte im Gespräch mit dem Portal “Brutkasten”. Sie könne schließlich in ihrem delegierten Rechtsakt nur auf Basis der Energietechnologien und Energiequellen spezifizieren, die im Basisakt ausgelegt seien. “Hat die Kommission den Bogen überspannt? Es ist dann am EuGH, das zu entscheiden.”

Der Rechtsanwalt gibt allerdings zu bedenken, dass es sei in der Regel schwer sei, gegen Unionsakte zu klagen. Ähnlich sieht das Lena Hornkohl, Senior Fellow für Verfahrensrecht und Europarecht am Max-Planck-Institut. Klagen gegen delegierte Rechtsakte hält sie für ungewöhnlich. Hornkohl sieht die Chancen einer Klage eher auf übergeordneter Ebene. So seien delegierte Rechtsakte eigentlich dazu da, die Vorgaben der Basisakte umzusetzen. Laut 290 AEUV dienen sie der “Ergänzung oder Änderung bestimmter nicht wesentlicher Vorschriften des betreffenden Gesetzgebungsaktes.”

In Hornkohls Augen dürfte alleine die Frage der Wesentlichkeit Grund zur Klage geben: “Man kann argumentieren, dass es sich bei der Umweltfreundlichkeit von Atom und Gas um wesentliche politische Grundentscheidungen handelt.” Diese könnten demnach nicht von der Kommission in einem delegierten Rechtsakt entschieden werden.

Alleine die Polemik um diesen Rechtsakt deute darauf hin, dass es hier um mehr als die einfache Implementierung einer Verordnung ginge. “Die Kommission erlässt ständig delegierte Rechtsakte. Eine Diskussion wie in diesem Fall ist einzigartig”, kommentiert Hornkohl.

Anders sieht es der Energie- und Europarechtler Christian Schneider. “Die Franzosen hätten dem Basisrechtsakt zur Taxonomie nie zugestimmt, wenn sich Atom darunter nicht subsumieren lässt”, sagt er und deutet damit auch auf den großen Einfluss Macrons auf die Kommission hin. Eine Klage basiere auf einer ideologischen Einschätzung, während sich die Kommission mit physikalischen Gesichtspunkten befasse. Für Schneider ist klar: Solange es keine anderen tragfähigen technischen Lösungen gibt, um die Grundlast bei der Stromversorgung sicherzustellen, brauchen manche Mitgliedstaaten die Atomkraft – und solange könne sie als Übergangslösung gelten. “Österreich wird mit einer Klage wohl scheitern”, prophezeit Schneider.

Zu enge Aufgabenstellung an den JRC

Die Frage, ob die Kommission ihre Kompetenzen überschreitet, ist allerdings nicht die einzige mögliche Grundlage für eine Klage. Das jedenfalls befindet das österreichische Rechtsgutachten. Auch die Tatsache, dass die Atomkraft die Kriterien für Nachhaltigkeit im Sinne des Do No Significant Harm nicht erfüllt, halten die Rechtsanwält:innen für problematisch. Demnach habe die Kernkraft starke negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Insbesondere das “nicht ausschließbare Risiko schwerer Nuklearunfälle und die weit in die Zukunft reichenden Unsicherheiten aufgrund der notwendigen Endlagerung hochradioaktiven Atommülls” würden gegen die “Kernenergie als nachhaltig, auch als Übergangstechnologie” sprechen.

In ihrem delegierten Rechtsakt beruft sich die Kommission in diesem Zusammenhang auf die Einschätzung von Expert:innen, insbesondere den Bericht des Joint Research Council sowie zwei Folgeeinschätzungen durch die Artikel-31-Gruppe und die Scheer-Gruppe (Europe.Table berichtete). Das Rechtsgutachten, auf das sich Österreich und Luxemburg unter anderem stützen wollen, argumentiert hingegen, dass die Erfüllung der Do-No-Significant-Harm-Kriterien auf Basis stichhaltiger wissenschaftlicher Beweise (“Conclusive Scientific Evidence”) geprüft werden müsse. So heißt es dazu etwa in Artikel 24 des Basisaktes: “Die Kommission holt vor der Annahme und während der Ausarbeitung delegierter Rechtsakte das gesamte erforderliche Fachwissen ein.” Das allerdings habe die Kommission nicht getan.

So habe die Kommission bereits die Bestimmungen (Terms of Reference) an die Expert:innen zu eng gefasst. Die Widerstandsfähigkeit von AKWs gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels, die Folgen des Uranabbaus oder das Risiko schwerer Atomunfälle seien nicht untersucht worden. Auch die Scheer-Gruppe hat das in ihrer Abhandlung kritisiert. Im Entwurf des delegierten Rechtsaktes aber die Kommission, der Uranabbau werde aus diesem Grund auch nicht in den delegierten Rechtsakt aufgenommen und merkt in einer Fußnote zudem selbst an, dass der JRC nicht mit der Risikobewertung von Atomunfällen und nuklearer Proliferation betraut wurde (S. 3-4).

EUGH womöglich schwer zu überzeugen

Das österreichische Rechtsgutachten wirft der Kommission vor, dass der JRC die Beweisanforderungen nicht erfülle, die von der Taxonomie-Verordnung und dem europäischen Primärrecht verlangt würden. Atomkraft in die EU-Taxonomie aufzunehmen, sei demnach ein Beurteilungsfehler: “Atomkraft ist keine nachhaltige Tätigkeit im Sinne der Taxonomie-Verordnung”, schreiben die Jurist:innen.

Übrigens hat auch das deutsche Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung den JRC-Bericht in einem eigenen Gutachten kritisiert. Es bezeichnete den Bericht als “unvollständige[n] Beitrag, um die DNSH-Kriterien zu bewerten” (Europe.Table berichtete).

Diese Bedenken rechtlich geltend zu machen, sei allerdings schwierig, sagt Lena Hornkohl. Hier ginge es um die Frage, ob die Kommission ihr Ermessen respektiert habe. “Die Argumente sind zwar nicht unplausibel, aber es ist fragwürdig, ob der EuGH einen Rechtsakt auf dieser Basis als nichtig erklärt.” Auch Forian Stangl sagt, die Frage der Nachhaltigkeit sei juristisch womöglich schwierig zu klären. Man könne zwar argumentieren, die Kommission habe es unterlassen, das DNSH stichhaltig zu untermauern. Doch: “Da wird der EuGH wohl nur reagieren, wenn der Kommission sehr große Schnitzer unterlaufen sind.”

Die Kommission scheint sich momentan wenig Sorgen über eine Klage zu machen. Das liegt wohl auch daran, dass diese sich hinziehen wird. Mit rund einem Jahr sei zu rechnen, meint Hornkohl und warnt: “Klagen haben keine aufschiebende Wirkung.”

Österreich und Luxemburg sind allerdings nicht die einzigen Akteure, die eine Klage in Erwägung ziehen. Auch Umweltorganisationen wie Greenpeace denken über rechtliche Schritte nach. Dies, weil die Kommission – zumindest bisher – keine öffentliche Konsultation abgehalten hat. Tatsächlich sieht die Kommission in ihren internen Verfahrensrichtlinien vor, dass delegierte Rechtsakte eine solche Konsultierung durchlaufen. Von Ausnahmen abgesehen, werden delegierte Rechtsakte für vier Wochen online gestellt, damit Interessensvertreter Feedback geben können – so steht es in den Arbeitsunterlagen der Kommission zur besseren Regulierung. Der Taxonomie-Akt fällt nicht unter die Ausnahmen, die im Dokument aufgeführt werden.

Hohe Anforderungen an juristische Personen

Doch während eine Nichtigkeitsklage für Mitgliedsstaaten einfach vorzubringen ist, müssen juristische Personen beweisen, dass sie unmittelbar von den Bestimmungen des Rechtsaktes betroffen sind. “Das sind sehr hohe Anforderungen. So hoch, dass es bereits Rechtsgutachten gibt, ob die Kommission hier nicht gegen die Aarhus-Kriterien zum Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten verstößt”, sagt Lena Hornkohl. Auch handele es sich bei den Arbeitsunterlagen um eine Selbstbindung der Verwaltung, die nicht zwingend im Europarecht verankert sei. “Es wird zwar immer wieder argumentiert, die Kommission muss ihre eigenen Guidelines respektieren, aber das ist nicht juristisch untermauert.”

Eine weitere Klagemöglichkeit sieht die Deutsche Umwelthilfe in einem eigenen Gutachten. Sie argumentiert unter anderem, dass die Inklusion von Atom (und Gas) unvereinbar mit dem rezenten Urteil des Bundesverfassungsgerichtes sei, den Übergang zur Klimaneutralität rechtzeitig einzuleiten. Tatsächlich könnte man in Deutschland eine Verfassungsbeschwerde einreichen, sagt Lena Hornkohl. Man könne vorbringen, das Zukunftsrecht auf gesunde Umwelt sei verwehrt. In diesem Sinne ginge es dann um die sogenannte Ultra-vires-Frage, sprich: Hat EU-Recht Vorrang vor dem deutschen Recht? Nach dem polemischen Karlsruher Urteil von 2020 sei es jedoch sehr unwahrscheinlich, dass das Verfassungsgericht hier im Sinne der Umweltschützer entscheide.

Letztlich sieht der EU-Klimarechtsexperte Florian Stangl das Problem der Einbeziehung der Atomkraft auch auf Ebene des Wettbewerbsrechts. Dank Euratom darf die Atomkraft staatlich bezuschusst werden. Wenn Investoren nachhaltige Investitionen tätigen wollen, sei es für sie womöglich interessanter, in die öffentlich subventionierte Technologie zu investieren. Die Kernkraft habe also einen Wettbewerbsvorteil. Klagen könnte man dagegen aber nicht. “Da Atomkraft durch Euratom geregelt wird, ist das kein Wettbewerbsfall.”

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    TTDSG-Gutachten: Einwilligungsverwaltung möglich – mit vielen Hürden

    Der deutsche Gesetzgeber hat im TTDSG mit dem Paragrafen 26 eine Norm vorgesehen, die ungeliebte Cookie-Banner ablösen oder zumindest sehr viel seltener machen soll. Ein mit Spannung erwartetes Forschungsgutachten im Auftrag der Bundesregierung sollte die Grundlage bereiten, damit auf dem Verordnungsweg dann detaillierte Vorgaben für die Ausgestaltung dieses Paragrafen gemacht werden können (Europe.Table berichtete). Das Gutachten wurde zuerst kurz vor Weihnachten in einer ersten ministerialen Fachrunde besprochen, nun haben die Autoren um die Wiener Zivilrechts-Professorin Christiane Wendehorst es veröffentlicht.

    Das 88-seitige Dokument enthält für Werbebranche, Anzeigenkunden und Verlage gute und schlechte Nachrichten zugleich: Die Autoren kommen zwar zu dem Ergebnis, dass es prinzipiell möglich sei, Cookie-Banner durch ein generelles Einwilligungsmanagement im TTDSG zu ersetzen oder zumindest zu ergänzen. Die Anforderungen dafür sind jedoch hoch, die Rechtslage ist unübersichtlich.

    “Anerkannte Dienste” sollen Verantwortung für Daten tragen

    Eine von den Autoren skizzierte Möglichkeit besteht darin, dass ein “anerkannter Dienst” im Auftrag der Endnutzer die Einwilligungserklärungen verwaltet. Achim Schlosser, CTO der NetID Foundation, ist optimistisch, einen solchen Dienst bereitstellen zu können. Doch hier gibt es noch hohe juristische und organisatorische Hürden.

    Die Autoren des Gutachtens schlagen zum Beispiel vor, dass ein solcher Dienst als “erster Verantwortlicher” auftritt und die erhobenen Daten weitergibt, damit sowohl die Vorgaben der E-Privacy-Richtlinie als auch der Datenschutz-Grundverordnung gleichzeitig erfüllt werden können. Unter den heutigen Umständen scheint es nahezu aussichtslos, einen Kandidaten zu finden (Europe.Table berichtete), der substanzielle Verantwortung für personalisierte Werbeausspielung Hunderter Firmen übernehmen will.

    Die belgische Datenschutzbehörde will die Onlinewerbungs-Organisation IAB für die Datenweitergabe im Zuge des Transparency and Consent Frameworks (TCF 2.0) zum Teil verantwortlich erklären. Dies dürfte die Organisation jedoch hoffnungslos überfordern (Europe.Table berichtete) und könnte dem bisherigen Modell ein Ende bereiten. Der Ausgang dieses Verfahrens ist offen, dürfte in jedem Fall aber Auswirkungen auf die TTDSG-Verordnung des Bundes haben. Denn um serverseitige Einwilligungsdienste ohne eigene Verantwortlichkeit zu ermöglichen, müssten Aufsichtsbehörden und wohl auch der Europäische Gerichtshof erst den Weg frei machen.

    BVDW hält wenig von deutschen Sonderwegen

    Ein anderer und rechtlich weniger umstrittener Ansatz wäre, die Zustimmungen alleine auf dem Endgerät zu verwalten, wie es beispielsweise die Datenschutzorganisation NOYB vorschlägt (Europe.Table berichtete). Die Einwilligungsverwaltung, auch als Personal Information Management System (PIMS) bezeichnet, wäre also von den Daten und der Werbemonetarisierung komplett getrennt.

    Die Werbebranche befürchtet ein Ungleichgewicht durch eine solche Konstruktion. “Die Frage ist: Inwieweit wird der Maßstab der Unabhängigkeit der PIMS zu rein verbraucherorientierten Lösungen führen, welche die Bedürfnisse der Telemedien nicht berücksichtigen?”, fragt BVDW-Vizepräsident Thomas Duhr. Sprich: Wenn der deutsche Sonderweg dazu führt, dass ein Großteil der Verbraucherinnen und Verbraucher die Datenverarbeitungen pauschal verweigern, werden sich wenige Firmen finden, die das Verfahren unterstützen wollen. Das 2009 entworfene “Do not Track”-Signal war aus diesem Grund gescheitert.

    Die im Gesetz vorgesehen Anforderungen an Browser-Hersteller wie Google, Microsoft und Mozilla halten sich laut Gutachten in Grenzen: So sehen die Autoren das Vorhandensein einer Erweiterungs-Schnittstelle als ausreichend an. Allerdings steckt die Tücke im Detail: So bietet Google Chrome auf Desktop-Rechnern eine breite Auswahl von Erweiterungen an, sogar Werbeblocker. Die Mobilversion des Browsers auf Android erlaubt solche Erweiterungen jedoch nicht. Apps kommen in dem Gutachten gar nicht vor.

    TTDSG-Verordnung droht rechtlichen Entwicklungen hinterherzulaufen

    Problematisch ist auch die sich wandelnde europäische Rechtslage. Das TTDSG ist Deutschlands verspätete Umsetzung der eigentlich veralteten E-Privacy-Richtlinie. Diese soll durch die E-Privacy-Verordnung ersetzt werden. Welche Änderungen dies aber für das Einwilligungsmanagement haben wird, ist unklar. Das Gutachten verweist auf ein Verhandlungsdokument des Rates, das einerseits einige Probleme löst, aber auch neue aufwirft. So sieht der referenzierte Stand vor, dass die Zustimmung zur Datenverarbeitung nach spätestens 12 Monaten erneuert werden soll. Ein Unsicherheitsfaktor ist auch eine anstehende Entscheidung des EuGH zur Frage, ob Bürger konkret erfahren müssen, wer ihre Daten erhält, oder ob Kategorien von Empfängern ausreichen.

    Hinzu kommen weitere europäische Gesetzesvorhaben wie der Ende 2021 verabschiedete Data Governance Act und der anstehende Data Act, die ebenfalls die TTDSG-Verordnung beeinflussen. Das TTDSG war dabei von der Hoffnung getrieben, dass ein funktionierendes Einwilligungsmanagement in Deutschland auf diese europäische Gesetzgebung Eindruck macht, sodass der deutsche Sonderweg reibungslos in ein europäisches Modell überführt werden könnte.

    Im vergangenen Jahr hatte sich Rolf Bender vom zuständigen Referat im Bundeswirtschaftsministerium noch optimistisch gezeigt, dass im ersten Quartal 2022 ein Referentenentwurf für die Verordnung vorliegen werde, der ab Sommer sowohl durch Bundestag, den Bundesrat als auch das EU-Notifizierungsverfahren gehen könnte. Ob die neu aufgestellte Bundesregierung diesen Zeitplan halten kann, ist offen. Das nun federführende Bundesministerium für Digitales und Verkehr plant weitere Fachrunden zu den nächsten Schritten. Torsten Kleinz

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      Hoffnung auf klimaneutrale Energie aus Kernfusion

      Temperaturen, heißer als im Inneren der Sonne. Für Laien kaum vorstellbar. Für Fusions-Forscher gehören sie zum Alltag. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in China ist es kürzlich gelungen, das Plasma in ihrem Fusionsreaktor auf 70 Millionen Grad Celsius aufzuheizen – und diesen Zustand für mehr als 17 Minuten aufrechtzuerhalten. Im Mai vergangenen Jahres wurde sogar eine Temperatur von 120 Millionen Grad erreicht, die für 101 Sekunden erhalten werden konnte. Das klingt kurz, markiert aber einen Durchbruch. Denn es zeigt die Machbarkeit der neuen Technik.

      Seit mehr als 60 Jahren forschen Menschen an dieser neuen Energieform. Sie verspricht Energie im Überfluss, ohne fossile Energieträger, ohne Klimaschäden, ohne langlebigen Atommüll. Das sind verlockende Perspektiven für ein Land wie China mit seiner hohen Abhängigkeit von Kohlestrom und einem weiter wachsenden Energiebedarf. Die Volksrepublik betreibt daher selbst gleich mehrere experimentelle Fusionsreaktoren.

      Doch bisher ist es weltweit noch keinem Wissenschaftsteam gelungen, mehr Energie aus einem Fusionsreaktor zu gewinnen, als vorher zugeschossen wurde, um die Fusionsprozesse in Gang zu setzen. Das könnte sich mit den jüngsten Erfolgen der chinesischen Wissenschaftler jedoch bald ändern.

      Kernfusion: China mit “beeindruckenden” Ergebnissen

      Europäische Forscher sehen China auf einem guten Weg in der Fusionsforschung. Das Fusionsplasma für 1.000 Sekunden aufrechtzuerhalten, sei ein “beeindruckender technologischer Erfolg”, sagt Dr. Hartmut Zohm, Leiter des Bereichs Tokamak-Szenario-Entwicklung am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching.

      Auch Volker Naulin, Leiter der Abteilung Fusionswissenschaft bei Eurofusion, sagt: “Ein Plasma für lange Zeit und bei hohen Temperaturen stabil zu halten, ist beeindruckend.” Eurofusion ist ein Zusammenschluss europäischer Forschungsgremien zur Festigung der europäischen Zusammenarbeit in der Fusionsforschung.

      Doch so bemerkenswert die Ergebnisse der chinesischen Experimente klingen, sollten sie nicht überbewertet werden. Denn damit ein Plasma innerhalb eines Fusionsreaktors für die Energieerzeugung nutzbar ist, müssen drei Bedingungen erfüllt sein. Die drei Parameter Temperatur, Plasma-Dichte und Energieeinschlusszeit müssen eine bestimmte Größe erreichen, damit das Fusionsfeuer dauerhaft brennt. Die notwendige Temperatur wurde von den Chinesen schon erreicht. “Bei der Plasmadichte und der Energieeinschlusszeit sind die chinesischen Kollegen noch deutlich von den notwendigen Werten entfernt”, sagt Dr. Zohm vom Max-Planck-Institut. Europäische Forscher seien bei den drei Bedingungen schon deutlich weiter.

      Europa ist führend in der Fusionsenergie

      Insgesamt ist Europa noch führend in der Fusions-Forschung, so die einhellige Meinung europäischer Wissenschaftler. Die chinesischen Kollegen seien noch “nicht ganz auf dem Stand der besten Institute weltweit”, sagt Hartmut Zohm. Die hohen Temperaturen und die Stabilität des Plasmas, die Chinas Wissenschaftler jüngst erreicht haben, seien auch schon in europäischen Experimenten erreicht worden, sagt Tony Donné, Programm-Manager (CEO) von Eurofusion.

      Europa hat zudem einen Forschungs-Vorsprung beim besten “Treibstoff” von Fusionsreaktoren. Laut Wissenschaftlern ist ein Gemisch aus Deuterium und Tritium sehr vielversprechend, um zukünftige Energie-liefernde Fusionsreaktoren zu betreiben. Es liefert “die meiste Energie zu den am einfachsten zu erreichenden Bedingungen”, sagt ein Pressesprecher von Eurofusion. Bisher ist das sogenannte JET-Experiment in Großbritannien das einzige Fusionsexperiment weltweit, das mit einem Deuterium-Tritium-Gemisch betrieben wird, so Donné.

      Das JET-Experiment, bei dem mehr als 30 europäische Forschungsinstitute zusammenarbeiten, hat weltweit auch die größte Energieeffizienz erzielt. “Die in diesen Geräten erreichte Fusionsleistung und -energie wurde bisher nirgendwo anders erreicht”, sagt der Programm-Manager von Eurofusion. Doch auch die JET-Forscher haben noch nicht den Punkt erreicht, an dem mehr Energie gewonnen als investiert wird. Das soll durch ITER erstmals gelingen. Dabei handelt es sich um einen internationalen Versuchsreaktor in Frankreich, an dem auch China, Russland und die USA beteiligt sind. Nach jahrelanger Bauzeit sollen im Jahr 2025 die ersten ITER-Experimente starten.

      China gibt Kernfusion hohe Priorität

      Auch laut Volker Naulin hat Europa damit “ganz eindeutig die Führungsrolle in der Fusionsforschung”. Doch “China holt stark auf”, so seine Einschätzung. Die Volksrepublik investiert große Summen in die Erforschung der neuen Technik. Anders als der Rest der Welt räumt China der Fusionsenergie “eine sehr hohe Priorität für die zukünftige Energieversorgung” ein, sagt Zohm vom Max-Planck-Institut. In Hefei wurde beispielsweise ein eigener Forschungs-Campus eröffnet. Dort werden die Technologien entwickelt, um “Fusionsmaschinen ökonomisch und dauerhaft zu betreiben”, sagt Naulin.

      Auch plant China einen Demonstrationsreaktor, der die technologische Machbarkeit der Energiegewinnung aus Kernfusion zeigen soll. Auf internationaler Ebene sei das erst im Anschluss an das Großexperiment ITER geplant, sagt Zohm. Die endgültige Entscheidung zur Finanzierung des chinesischen Demonstrationsreaktors wurde jedoch kürzlich erst verschoben, wie Naulin registriert hat.

      China selbst möchte schon um das Jahr 2040 Energie aus Kernfusion gewinnen, sagt der chinesische Plasma-Wissenschaftler Song Yuntao. Die Erreichung dieses ambitionierten Ziels sei “nicht ausgeschlossen”, so Zohm. Denn China “investiert viel Geld in diese Technologie und macht rasante Fortschritte”. Exakte Prognosen sind indessen schwierig. Besonders im Bereich der Kernfusion. Schon mehrmals dachten Wissenschaftler, sie stünden kurz vor dem großen Durchbruch. Tony Donné von Eurofusion schätzt das chinesische 2040-Ziel als “etwas optimistisch” ein.

      Keine Green-Deal-Gelder für Fusionsforschung

      China investiert jedoch insgesamt so massiv in die Fusionsforschung, dass die Volksrepublik europäischer Forscher bald überholen könnte. “In drei bis vier Jahren könnte die Krone der Forschung woanders liegen, nämlich in China”, sagt Naulin. In Europa fehle die notwendige politische Unterstützung. Der Wissenschaftler von Eurofusion beklagt: “Wenn man jetzt nachlässt und keinen Demonstrationsreaktor baut, dann verliert Europa das notwendige Know-how wieder.” Denn während China investiert, werden die Mittel in Europa gekürzt. Das Budget für Eurofusion habe in den letzten Jahren abgenommen, sagt Donné.

      Zudem wird die Fusionsforschung auf politischer Ebene als Nuklear-Technologie aufgefasst. Somit könne sie nicht von Geldern aus dem Bereich des Green Deal der EU profitieren. Auch bürokratische Hürden erschweren die Forschung in Europa. Naulin weist darauf hin, dass das Groß-Experiment ITER “nach Sicherheitsmaßstäben gebaut wurde, die an ein Atomkraftwerk angelegt werden”. Das sei jedoch nicht notwendig. “Es macht die Sache komplizierter und kostspieliger, als sie sein müsste.” Die Energiegewinnung durch Fusion ist vergleichsweise sicher: Eine Kernschmelze wie bei einem herkömmlichen Atomkraftwerk ist ausgeschlossen.

      Doch Chinas Aufstieg in der Fusionsforschung ist nicht nur den massiven Finanzmitteln zu verdanken. In der Forschung gibt es einen intensiven Austausch. Die guten Fähigkeiten, die China in der Kernfusion entwickelt hat, gehen auch auf die “offene wissenschaftliche Zusammenarbeit” zurück, sagt Naulin.

      “Europa und China haben ein sehr aktives Kooperationsprogramm”, bestätigt Tony Donné. So haben viele der Fusionsexperimente internationale Beratungskomitees, in denen Teilnehmer aus China und westlichen Staaten sitzen. Bei den Treffen präsentieren auch die chinesischen Wissenschaftler ihre Daten offen, sagt Donné. “Die chinesischen Kollegen veröffentlichen alle Ergebnisse und laden uns ein, an ihren Experimenten teilzunehmen”, bestätigt auch Zohm vom Max-Planck-Institut.

      “Freundliche Konkurrenz” in der Forschung

      Doch China scheint derzeit mehr von der Partnerschaft zu profitieren. Naulin und Zohm erklären, dass derzeit mehr Wissen Richtung China fließe als umgekehrt. Das sei aber kein Grund zur Sorge und dem Vorsprung Europas beim Forschungsstand geschuldet. Von politischer Ebene würde aber schon weniger Geld für den Austausch bereitgestellt. “Die Verantwortlichen haben das Gefühl, dass der Austausch einseitig in Richtung China geht”, sagt Volker Naulin.

      Ein gewisses Maß an Konkurrenz und Vorsicht ist in der westlich-chinesischen Zusammenarbeit jedoch durchaus zu erkennen. “Ich würde das Verhältnis als freundliche Konkurrenz beschreiben”, sagt Zohm. Und Donné von Eurofusion ergänzt, wenn “wir an Technologien und Komponenten arbeiten, die von strategischer Bedeutung sind, sind wir vorsichtiger”. Wenn Fragen des geistigen Eigentums tangiert werden, sei Eurofusion inzwischen zurückhaltender beim Teilen von Details. Donné geht “davon aus, dass die chinesische Seite das Gleiche tut”, wenn es um geistiges Eigentum geht.

      Derzeit ist noch nicht absehbar, ob China oder Europa das erste kommerziell anwendbare Fusionskraftwerk gelingt, das auch Energie liefert. Die Europäer wollen am 9. Februar neue Ergebnisse eines JET-Experiments präsentieren.

      Einig sind sich jedoch fast alle Experten: Kurzfristig wird die Fusionsenergie keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten können. Aber ab Mitte des Jahrtausends könnte sie zur Deckung des Strombedarfs beitragen – wenn bei der Erforschung alles nach Plan läuft.

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        Habeck stellt Übernahme von Transformationskosten in Aussicht

        Bei der Transformation zur Klimaneutralität hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) der Industrie weitreichendes Entgegenkommen zugesagt. Die Koalition habe sich darauf geeinigt, dass finanziert werde, was gebraucht werde, sagte Habeck am Dienstag beim Energie-Gipfel des “Handelsblatt” in Berlin. “Das Volumen soll nicht die Grenze sein”, sagte Habeck auf die Frage nach sogenannten Klimaschutzdifferenzverträgen.

        Ein Pilotprogramm für Carbon Contracts for Difference hatte das Bundeswirtschaftsministerium bereits in seiner Eröffnungsbilanz Klimaschutz zum Beginn der Legislaturperiode zugesagt (Europe.Table berichtete). Über CCFD könnte der Staat nicht nur die Investition in klimaneutrale Produktionsstätten wie Direktreduktionsanlagen der Stahlindustrie bezuschussen, sondern auch die Mehrkosten während des Betriebs. Zusätzliche Kosten fallen zum Beispiel an, weil grüner Wasserstoff auf absehbare Zeit teurer bleiben wird als Erdgas. Der Bundesverband der Deutschen Industrie hatte in seiner Studie Klimapfade 2.0 die jährlichen Mehrkosten für die Industrie inklusive der Kapitalkosten für 2030 auf 11 Milliarden Euro beziffert.

        Klimaneutralität zukünftig günstiger – Industrie muss zurückzahlen

        Langfristig wird die Industrie laut Habeck allerdings einen Teil der staatlichen Zuschüsse wieder zurückzahlen müssen. Mit der Zeit werde es einen Kipppunkt geben, an dem klimaneutrale Produktionstechniken günstiger seien als in der heutigen fossilen Wirtschaft, sagte der Minister. Die Unternehmen sollten dann einen Teil dessen, was sie als Vorschuss bekommen hätten, zurückzahlen. Die Laufzeit der Klimaschutzdifferenzverträge solle je nach Einzelfall ausgehandelt werden.

        Angesichts der aktuell hohen Energiekosten rief Habecks Staatssekretär Patrick Graichen Unternehmen zu Investitionen in erneuerbare Energien auf (Europe.Table berichtete). “Wann, wenn nicht jetzt?”, fragte Graichen. Strom aus Wind- und Solarparks koste aktuell 50 bis 60 Euro pro Megawattstunde. So könnten sich Unternehmen gegen Preisspitzen an fossilen Märkten schützen. An der Energiebörse EEX kostete die Megawattstunde Strom für das Kalenderjahr 2023 am Dienstag zeitweise über 115 Euro und für 2026 über 84 Euro. Manuel Berkel

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          Berichtsentwurf zum Social Climate Fund: Weniger Klima, mehr Soziales

          Der Vorschlag der EU-Kommission für einen Klima-Sozialfonds enthalte “viel Klima”, aber “zu wenig Fokus auf Soziales”, urteilt Esther de Lange (EVP/CDA) auf Twitter. Die Niederländerin ist Berichterstatterin des Dossiers aus dem Fit-for-55-Paket für den ENVI-Ausschuss. Gemeinsam mit dem maltesischen Berichterstatter für den EMPL-Ausschuss, David Casa (EVP/PN), hat sie nun den ersten Entwurf für den Parlamentsbericht vorgelegt, der Europe.Table vorliegt.

          Die Idee für einen Social Climate Fund entstand als Reaktion auf die teils heftige Kritik an dem Vorhaben, ein zweites Emissionshandelsystem (ETS) für Gebäude und Straßenverkehr einzuführen (Europe.Table berichtete). Um Mehrbelastung für die Bevölkerung und soziale Auswirkungen durch Preissteigerungen an der Zapfsäule oder beim Heizen abzufedern, schlug die Kommission den Social Climate Fund vor. Ein Viertel der Einnahmen aus dem ETS 2 sollten laut der Kommission in den Fonds fließen. Der Rest ginge an die Mitgliedstaaten, die in einem “Social Climate Plan” darlegen müssten, wofür sie die Einnahmen verwenden wollen. Das Geld könnte sowohl für befristete Direktzahlungen an Bürger:innen aufgewendet werden als auch in Projekte für mehr Energieeffizienz in Gebäuden und den Ausbau der Erneuerbaren Energien investiert werden.

          Social Climate Fund: Förderung für Gebrauchtwagenmarkt für E-Autos

          Berichterstatterin De Lange erklärte, ihr Entwurf biete die Möglichkeit, Energiesteuern für sozial benachteiligte Gruppen zu senken und somit besseren Schutz vor Energiearmut zu liefern als der Vorschlag der Kommission. De Lange und Casa schlagen vor, Gutscheine für bessere Wärmedämmung oder andere klimaförderliche Renovierungen für Mieter:innen aus dem Fonds zu finanzieren.

          Der Social Climate Fund soll zudem finanzielle Unterstützung oder steuerliche Anreize bieten, um die Entwicklung eines Gebrauchtwagenmarktes für emissionsfreie und emissionsarme Fahrzeuge zu fördern. Dadurch sollen auch weniger wohlhabende Haushalte sich klimafreundlicher bewegen können, ohne in der Mobilität eingeschränkt zu sein. Auch kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sollen die Möglichkeit haben, Gelder aus dem Fonds zu beantragen, um beispielsweise Unterstützung für steigende Transportkosten zu erhalten.

          Allerdings sollen die Gelder zur Finanzierung der Klima-Sozialpläne der Mitgliedstaaten nicht allein aus dem Social Climate Fund kommen. Schon die Kommission hatte vorgeschlagen, dass die EU-Länder mindestens die Hälfte der Kosten für die Umsetzung der Pläne selbst aufbringen sollten. Die Berichterstatter:innen des Parlaments wollen diesen Anteil für Direktzahlungen an Haushalte oder Unternehmen auf 60 Prozent erhöhen. Bei Investitionen in Energieeffizienzprojekte und den Erneuerbaren-Ausbau, die langfristige Lösungen bieten sollen, würde der Eigenanteil der Länder weiterhin bei 50 Prozent bleiben.

          Energie- und Verkehrsarmut sollen klar definiert werden

          Ein Monitoring von Energie- und Verkehrsarmut soll verpflichtend in allen Mitgliedstaaten eingeführt werden. Dafür fordern die Berichterstatter:innen, dass beide Begriffe eine allgemeingültige Definition erhalten, sodass man die Entwicklungen überprüfen und Daten vergleichen kann. Energiearmut sei eine Situation, in der fehlende Energie für Wärme, Kühlung, Beleuchtung und den Betrieb von Geräten zu gesundheitlichen Einschränkungen und keinem angemessenen Lebensstandard führen, schreiben de Lange und Casa. Verkehrsarmut ergebe sich aus den hohen Kraftstoffpreisen, die vor allem die Mobilität in abgelegenen und unzugänglichen Regionen einschränke. Vor allem in Süd- und Osteuropa sind Teile der Bevölkerung von Energiearmut betroffen.

          Abschließend fordern de Lange und Casa zudem eine Bindung der Gelder aus dem Fonds an die Rechtsstaatlichkeit. Es sollten keine Gelder an Regierungen fließen, die sich nicht an Grundwerte halten, wie die Freiheit der Medien und eine unabhängige Justiz, so de Lange. luk

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            GAP: Lemke für Ausstieg aus Flächenförderung

            Neuausrichtung der Agrarpolitik, Aufbruch und Schulterschluss zwischen den Ministerien: Das kündigten Bundesumweltministerin Steffi Lemke und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (beide Grüne) beim Auftakt des sechsten BMUV-Agrarkongresses am Dienstag an. Das Ziel sei, Natur-, Umwelt- und Klimaschutz besser mit der Landwirtschaft in Einklang zu bringen.

            Neuausrichtung durch die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP)

            Einer der wesentlichen Hebel sei dabei die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP), sagte Lemke bei der Veranstaltung. “Wir brauchen einen anderen Einsatz der Fördergelder. Natur, Umwelt und Klimaschutz sollen gezielt honoriert werden. Das bedeutet, dass es sich für Landwirte lohnen muss, wenn sie natur- und umweltfreundlich wirtschaften. Dafür müssen wir aus dem bisherigen System der pauschalen Flächenprämie aussteigen.”

            Das Umweltministerium will sich bei Anpassungen des nationalen Strategieplans schon in diesem Jahr ebenso einbringen wie bei der Evaluierung der Gemeinsame Agrarpolitik der EU im Jahr 2024 und der Diskussion um deren weitere Reform. Darüber hinaus werde man sich dafür einsetzen, die Mittel für den Vertragsnaturschutz in der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz deutlich anzuheben. Außerdem müsse die Förderung für den Tierhaltungsumbau zum Nutzen der Umwelt an eine Verringerung der Gesamttierbestände und ein “verträgliches Verhältnis” von Tieren zu Betriebsfläche geknüpft werden.

            Verbot von Glyphosat auf EU-Ebene

            Daneben kündigte Lemke an, dass sich die Bundesregierung für ein Verbot von Glyphosat auf Europaebene einsetzen werde. “Deshalb wollen wir Alternativen zu chemisch synthetischen Mitteln fördern, bis Ende 2023 Glyphosat vom Markt nehmen und den Einsatz von Pestiziden generell Umwelt und Natur verträglicher gestalten”, sagte die Grünen-Politikerin.

            Im November hatte das EU-Parlament die Reform der gemeinsamen Agrarpolitik mit deutlicher Mehrheit angenommen (Europe.Table berichtete). Doch die Neufassung des Regelwerks war umstritten. Umweltschützern gingen die vorgesehenen Änderungen nicht weit genug, Grüne und SPD im Parlament stimmten gegen die Reform.

            Nun setzen die Kritiker auf die Umsetzung in den Mitgliedsstaaten. Diese hatten bis zum 31. Dezember Zeit, die sogenannten nationalen Strategiepläne in Brüssel einzureichen. Neun EU-Staaten ließen die Frist jedoch verstreichen, darunter Deutschland. Das BMEL kündigte inzwischen an, die Pläne im Februar nachreichen zu wollen. til

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              Agora: Klimaclubs nur als Ergänzung

              Die neue französische EU-Ratspräsidentschaft hat die Umsetzung des geplanten CO2-Grenzausgleichs (CBAM) für Importe zu ihrer Hauptpriorität erklärt. Der CBAM zählt jedoch weiterhin zu den umstrittensten Maßnahmen im Rahmen des Fit-for-55-Klimapakets.

              Klimaclub könnte helfen CBAM-Politiken international festlegen

              Dabei sei die Einführung praktisch alternativlos. Zu diesem Ergebnis kommen die Autoren einer Studie des Thinktanks Agora Energiewende, die heute und damit kurz vor dem ersten informellen Treffen der EU-Energie- und Umweltminister unter französischer Führung vorgestellt werden soll. Angesichts der ehrgeizigeren Klimaziele der EU sei das derzeitige System der Zuteilung kostenloser CO2-Zertifikate an die Industrie nicht mehr tragfähig, um Carbon Leakage zu verhindern, heißt es in dem Papier. Die einzige glaubwürdige Alternative aus Sicht der Autoren: Die Einführung eines Grenzausgleichs.

              Die von Deutschland ins Spiel gebrachte Gründung eines “Klimaclubs” könne zwar als Ergänzung zum CBAM sinnvoll sein, aber nicht als eigenständige Option. Zwischen den potenziellen Clubmitgliedern seien zu große Unterschiede in Bezug auf Klimaziele und -politik zu erwarten. Dennoch könne ein inklusiver Klimaclub einen wertvollen Beitrag dazu leisten, weltweit vereinbarte Grundsätze für CBAM-ähnliche Politiken auf internationaler Ebene festzulegen.

              Gratis-Zertifikate langsamer auslaufen lassen

              Daneben würde die schrittweise Einführung des CBAM bei gleichzeitigem Auslaufen der Gratis-Zertifikate die Dekarbonisierung der Industrie beschleunigen, schreiben die Autoren. “Vorausgesetzt, sie wird von einer Unterstützung für kohlenstoffarme Schlüsseltechnologien begleitet.” So werde die zu erwartende Weitergabe der CO2-Kosten entlang der Wertschöpfungskette auch Anreize für Recycling und die Umstellung auf kohlenstoffärmere Materialien schaffen. Mit den CBAM-Einnahmen könne die EU unter anderem Mittel für die Finanzierung von Kohlenstoff-Differenzverträgen aufbringen.

              Allerdings müsse der Grenzausgleich auch einen angemessenen Schutz für Exporteure bieten. Agora Energiewende schlägt deshalb vor, die Gratis-Zertifikate bis 2030 langsamer auslaufen zu lassen als von der Kommission vorgesehen, gekoppelt mit der gezielten Unterstützung für Emissionsminderungen. Dem steht der Entwurf des CBAM-Berichterstatters des EU-Parlaments, Mohammed Chahim (S&D), entgegen (Europe.Table berichtete). Darin fordert der niederländische Abgeordnete die Zuteilung der kostenfreien Emissionsrechte erheblich früher zu beenden, was insbesondere unter Industrievertretern für einen Aufschrei sorgte. til

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                Studie: Klimapartnerschaften mit Afrika vorantreiben

                Die Europäische Union sollte ihre Außen- und Handelspolitik stärker mit den Zielen des Green Deal in Einklang bringen und insbesondere afrikanische Staaten mit ins Boot holen. Andernfalls laufe man Gefahr, nicht nur in Afrika, sondern auch auf dem Weltmarkt an Einfluss zu verlieren. Das ist das Ergebnis einer Studie des European Council on Foreign Relations (ECFR), die heute vorgestellt werden soll und Europe.Table vorab vorliegt.

                Demzufolge werden die wirtschaftlichen Beziehungen zu Afrika eine immer größere Rolle in der globalen Wirtschaftsordnung spielen. Laut Studie wird es bis 2025 in Afrika über 100 Städte mit mehr als einer Million Einwohner geben – mehr als dreimal so viele wie in der EU. Auf der Suche nach günstigen Produktionsstandorten und Arbeitskräften zieht es bereits jetzt zahlreiche internationale Unternehmen auf den Kontinent. Außerdem sei Afrika der am schnellsten wachsende Verbrauchermarkt für eine immer breitere Palette von Produkten.

                Ein großer Teil des Wachstums werde von “Ökosystemen für grüne Energie angetrieben”, heißt es in der Studie. Durch die Kombination von digitalen Spitzentechnologien und Telekommunikation mit Technologien für erneuerbare Energien würden neue Branchen und Dienstleistungen geschaffen. Die EU könne ein Hauptpartner bei der Einführung von 5G-Netzen, der netzunabhängigen Solarstromerzeugung und der Herstellung von Elektrofahrzeugen sein. Sie könne ferner dabei helfen, Maßnahmen für die Datenregulierung auf Weltniveau zu etablieren, und den Bau von Datenzentren unterstützen.

                Es sei jedoch keineswegs sicher, dass Europa in der neuen Handelsstruktur, die in Afrika entsteht, auch tatsächlich eine solche Hauptrolle spielen wird. Vielmehr habe China in den vergangenen Jahren die EU überholt und sei zum wichtigsten Handelspartner Afrikas aufgestiegen.

                Global Gateway und Green Deal kombinieren

                Nicht zuletzt, da chinesische Unternehmen von einem großen staatlichen Rückhalt profitieren, müsse Europa seine Ressourcen auf koordinierte, strategische Weise einsetzen. “Die EU muss dringend den außenpolitischen Aspekt ihres Green Deal mit ihrem im Entstehen begriffenen Global-Gateway-Programm kombinieren, das ihre Antwort auf Chinas Belt and Road Initiative (BRI) ist”, so der Autor der Studie, Michaël Tanchum.

                Mit einem einheitlichen Vorgehen habe die EU die Möglichkeit, zur Förderung des Wirtschaftswachstums beizutragen und gleichzeitig die geopolitischen Beziehungen zu den Regierungen und Unternehmen des Kontinents zu stärken. Um dies zu erreichen, müsse die EU jedoch Investitionen und andere Hilfen bereitstellen, die den Wachstumskurs Afrikas wirklich beeinflussen.

                Image der EU-Klimaschutzmaßnahmen in Afrika überdenken

                Auch müsse das Image der EU-Klimaschutzmaßnahmen in Afrika überdacht werden. So wirke die geplante Einführung eines CO2-Grenzausgleichs für Importe (CBAM) “wie eine unfaire Steuer auf Afrikas wirtschaftlichen Entwicklungskurs”. Dabei vermische die EU potenziell strafende Maßnahmen wie den CBAM mit Finanzmitteln für die Anpassung an den Klimawandel und die Eindämmung von Treibhausgasemissionen. Diesen Ansätzen fehle es an strategischer Kohärenz.

                “Um das Problem zu lösen, sollten die europäischen Politiker das Potenzial der afrikanischen Ökosysteme für grüne Energie ausdrücklich anerkennen”, so Tanchum. Gleichzeitig müsse die europäische Klimaaußen- und Handelspolitik als kooperatives und weniger als protektionistisches Instrument positioniert, Partnerschaften und Joint Ventures sollten vorangetrieben und der Global Gateway in den Green Deal integriert werden. Dies werde den Einfluss der EU auf die Infrastruktur maximieren und dazu beitragen, die Bedenken der afrikanischen Regierungen gegenüber der europäischen Klimapolitik zu zerstreuen. til

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                  Scholz: Nord Stream 2 könnte Teil der Sanktionen sein

                  Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock haben Russland eindringlich vor einem Angriff auf die Ukraine gewarnt. “Wir haben keine andere Wahl, als unsere gemeinsamen Regeln zu verteidigen, auch wenn dies einen hohen wirtschaftlichen Preis hat“, sagte Baerbock am Dienstag in Moskau nach einem Treffen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow.

                  Kanzler Olaf Scholz schloss nicht aus, dass zu den angedrohten wirtschaftlichen, finanziellen und politischen Konsequenzen im Falle einer Aggression auch die Ostseepipeline Nord Stream 2 gehören könnte. Deutschland stehe zu der mit den USA geschlossenen Vereinbarung zu der Pipeline. “Dazu gehört eben auch, dass klar ist, dass es hohe Kosten haben wird, dass alles zu diskutieren ist, wenn es zu einer militärischen Intervention gegen die Ukraine kommt”, fügte er auf die Frage hinzu, ob von Sanktionen auch Nord Stream 2 betroffen sein könnte.

                  Der Kanzler sagte, dass er auf ein Deeskalationszeichen Russlands etwas durch eine Truppenreduzierung warte. Auch die Außenministerin hatte in Moskau kritisiert, dass Russland 100.000 Soldaten an der ukrainischen Grenze zusammengezogen habe, was nur als Drohung gegen das Nachbarland aufgefasst werden könne. Baerbock und Lawrow hatten in Moskau mehrere Stunden miteinander verhandelt. Danach warf der russische Außenminister der Nato unter anderem vor, sich nicht an Vereinbarungen bei der Osterweiterung zu halten. Zudem kritisiert er, dass die Gaspipeline “politisiert” werde.

                  Bereitschaft zu weiteren Gesprächen mit Moskau

                  Baerbock wiederum betonte, dass es in vielen Themen große, fundamentale Meinungsverschiedenheiten mit der russischen Regierung gebe. Sie verwies aber auch auf die Chancen einer Zusammenarbeit, sowohl bei der Umsetzung des Atomabkommen mit dem Iran als auch beim Kampf gegen den Klimawandel. Deutschland werde zudem noch einige Jahre Gas aus Russland brauchen.

                  Scholz, Baerbock und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg betonten die Bereitschaft zu einem Dialog mit Moskau. Auch Lawrow schloss weitere Gespräche nicht aus. Stoltenberg sagte in Berlin, dass er die Mitglieder des Nato-Russland-Rates zu weiteren Gesprächen eingeladen habe. Wie der Kanzler hob er die Bedeutung der verschiedenen Gesprächskanäle mit Moskau wie das Normandie-Format, die OZSE und die amerikanisch-russischen Gespräche hervor. 

                  Gespräche Deutschlands, Frankreichs, der Ukraine und Russlands

                  Scholz und Baerbock warben zudem für erneute Gespräche Deutschlands, Frankreichs, der Ukraine und Russlands zur Lage in der Ostukraine und die Umsetzung des Minsker Friedensabkommens. Lawrow betonte, dass vor allem Gespräche zwischen der ukrainischen Seite und den prorussischen Separatisten in der Ostukraine wichtig seien.

                  Bereits am Montag hatte Baerbock bei ihrem Besuch in Kiew mit ihrem ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba einen Vorstoß zur Wiederbelebung von Verhandlungen im sogenannten Normandie-Format vereinbart. “Diplomatie ist der einzige gangbare Weg, um die derzeitige hochgefährliche Situation zu entschärfen”, hatte Baerbock in der Ukraine gesagt.

                  Blinken trifft auf Lawrow

                  Die Pendeldiplomatie wird in den nächsten Tagen fortgesetzt. US-Außenminister Antony Blinken wird bei seiner Europa-Reise auch seinen russischen Kollegen Sergej Lawrow treffen. Bei dem am Freitag in Genf geplanten Gespräch werde Blinken darauf dringen, dass die russische Regierung umgehend Schritte zu Entspannung der Lage an der russisch-ukrainischen Grenze unternimmt, sagte ein hochrangiger Mitarbeiter der US-Regierung am Dienstag.

                  Am Donnerstag wird Blinken in Berlin mit Kanzler Scholz und Außenministerin Baerbock zusammenkommen. Am Mittwoch will er in Kiew mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sprechen. Außerdem soll es zu einem Treffen mit den Amtskollegen aus Frankreich und Großbritannien kommen

                  Scholz lehnte erneut deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine ab. Die britische Regierung hatte dagegen Militärausrüstung in die Ukraine geschickt. Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace betonte nach der Verwirrung über die ungewöhnliche Flugroute des britischen Militärflugzeuges um Deutschland herum, dass Deutschland dem Flugzeug keinesfalls die Überflugerlaubnis verwehrt habe. Auch ein Sprecher des deutschen Verteidigungsministeriums hatte am Vormittag betont, dass die britische Regierung gar keinen Antrag auf Überflug gestellt habe. rtr

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                    Roberta Metsola: Abtreibungsgegnerin vom liberalen Flügel

                    Roberta Metsola wurde am Dienstag zur EU-Parlamentspräsidentin gewählt.
                    Roberta Metsola wurde am Dienstag zur EU-Parlamentspräsidentin gewählt.

                    Kann eine Politikerin ein modernes Frauenbild darstellen und gleichzeitig gegen Abtreibung sein? Die neue EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola würde diese Frage klar bejahen, verkörpert sie doch diesen Widerspruch. Die 43-jährige Malteserin ist am Dienstag als Kandidatin der konservativen Fraktion der Europäischen Volkspartei im ersten Wahlgang mit deutlicher Mehrheit in das Spitzenamt gewählt worden.

                     “Ich bin eine Frau und komme von einer kleinen Insel im südlichen Meer Europas”, sagte Roberta Metsola am Dienstag: “Ich weiß, was es heißt, bei den Kleinen zu sein und immer in eine Schublade gesteckt zu werden.” Roberta Metsola sieht sich als Vorbild für Mädchen und junge Frauen in der EU.

                    Vor allem im linken und grünen Lager tat man sich mit der Entscheidung für Metsola lange schwer. Schließlich war die erste Frau an der Spitze des EU-Parlaments 1979 die Französin Simone Veil, legendäre Vorkämpferin des legalen Schwangerschaftsabbruchs.

                    Weber: “Moderne und progressive Frau”

                    Nun also eine Abtreibungsgegnerin. Roberta Metsola verteidigt sich damit, dass in ihrer Heimat die Position parteiübergreifend Konsens ist. Tatsächlich hat das erzkatholische Land das strengste Abtreibungsverbot in der EU. Als Parlamentspräsidentin werde sie das Wahlrecht der Frau unabhängig von ihrer persönlichen Überzeugung verteidigen, sagt Roberta Metsola. Zudem sei die Abtreibungsfrage keine EU-Kompetenz. Auch gehört sie sonst eher zum liberaleren Flügel der Konservativen und legt Wert darauf, sich vom rechten Rand abzugrenzen, was nicht für alle Mitglieder der konservativen Fraktion gilt.

                    Metsola sei eine “moderne und progressive Frau”, warb Fraktionschef Manfred Weber für seine Kandidatin. Roberta Metsola präsentierte sich in Wahlkampfclips unter anderem als Vorkämpferin für LGBT-Rechte, gleichgeschlechtliche Ehe und überhaupt Toleranz für unterschiedliche Lebensmodelle in der EU, einem “Raum der Freiheit”.

                    Im Konflikt um die Rechtsstaatlichkeit mit Ungarn und Polen hat sie im Ausschuss für Bürgerrechte, Inneres und Justiz eher auf einen harten Kurs gedrungen. Als sich in ihrer Heimat die sozialdemokratische Regierung von Joseph Muscat in Korruption verstrickte, rief sie zum Rücktritt des Premierministers auf. Nach der Ermordung der maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia beteiligte sie sich aktiv an der Aufklärung.

                    Roberta Metsola ist die dritte Frau an der Spitze des EU-Parlaments

                    Sozialdemokraten und Grüne taten sich allerdings nicht nur wegen der Abtreibungsfrage schwer, Roberta Metsola die Stimme zu geben. Mit der Wahl der Malteserin sind nun nämlich die wichtigen Spitzenposten in der EU alle in konservativer oder liberaler Hand. Die Sozialdemokraten sind hingegen nach dem Tod des bisherigen EU-Parlamentspräsidenten David Sassoli kurz vor Amtsende ohne Topjob. Die Linken finden das ungerecht, weil dies nach dem Comeback der Sozialdemokraten in Berlin und in anderen Hauptstädten nicht mehr die Realität in den Mitgliedstaaten widerspiegelt.

                    Roberta Metsola ist erst die dritte Frau an der Spitze des EU-Parlaments, eloquent und bisweilen scharfzüngig. Sie gehört zur Generation Erasmus, vertritt eine neue Politikerinnengeneration. Sie hat sich früh für den Beitritt ihres Landes in die EU engagiert, in Rechtswissenschaften promoviert und unter anderem am Europakolleg in Brügge studiert, einer EU-Kaderschmiede. Roberta Metsola ist seit 2013 Abgeordnete im EU-Parlament, Mutter von vier Söhnen und mit dem Finnen Ukko Metsola verheiratet, einem Lobbyisten für die Kreuzfahrtindustrie. Stephan Israel

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                        Liebe Leserin, lieber Leser,

                        Roberta Metsola ist die neue Präsidentin des Europäischen Parlaments. Die Kandidatin der konservativen Fraktion der Europäischen Volkspartei ist gestern mit deutlicher Mehrheit in das Spitzenamt gewählt worden. Die Malteserin präsentierte sich in Wahlkampfclips unter anderem als Vorkämpferin für LGBT-Rechte, gleichgeschlechtliche Ehe und Toleranz für unterschiedliche Lebensmodelle in der EU, gilt aber zugleich als Abtreibungsgegnerin. Der Frage, wie das zusammenpasst, geht Stephan Israel im Portrait nach.

                        Der ergänzende Rechtsakt zur Taxonomie-Verordnung sorgt weiter für mächtig Wirbel. Obwohl Deutschland gegen Atomkraft ist, kann die neue Bundesregierung den Akt nicht ablehnen, denn sie ist auf die Förderung von Gas angewiesen. Die Kommission muss sich dennoch auf Ärger einstellen. Sobald sie ihren delegierten Rechtsakt, nach dem die Atomkraft als nachhaltig gilt, formell annimmt, wollen Österreich und Luxemburg klagen. Ob eine solche Klage Aussichten auf Erfolg hätte, analysiert Charlotte Wirth.

                        Die meisten von uns haben sich schon einmal über die nervigen Cookie-Banner geärgert. Der deutsche Gesetzgeber hat im Telekommunikation-Telemedien-Datenschutzgesetz (TTDSG) mit dem Paragrafen 26 eine Norm vorgesehen, die diese ablösen oder zumindest sehr viel seltener machen soll. Ein Forschungsgutachten im Auftrag der Bundesregierung sollte die Grundlage für detaillierte Vorgaben für die Ausgestaltung dieses Paragrafen bereiten. Zu welchem Ergebnis die Autoren kommen und was das für das TTDSG bedeutet, analysiert Torsten Kleinz.

                        Seit mehr als 60 Jahren forschen Menschen an der Kernfusion. Sie verspricht Energie im Überfluss, ohne fossile Energieträger, ohne Klimaschäden, ohne langlebigen Atommüll. Europäische Wissenschaftler:innen sind führend in der Fusions-Forschung. Noch. Denn China investiert große Summen in die Erforschung der neuen Technologie und holt nach Meinung der Experten stark auf, wie Nico Beckert berichtet.

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                        Analyse

                        Taxonomie: Hat eine Rechtsklage Chancen?

                        Ende des Monats will die Europäische Kommission den delegierten Rechtsakt zur Taxonomie formell annehmen. Der Vorstoß der Kommission ist umstritten. Demnach sollen Investitionen in Gas und Atomkraft zukünftig in der EU als nachhaltig gelten, sofern sie bestimmte Bedingungen erfüllen. Damit kommt Präsidentin Ursula von der Leyen insbesondere der französischen Ratspräsidentschaft entgegen, die sich Finanzspritzen für die Kernkraft verspricht. Deutschland hingegen gerät durch die Bündelung der beiden Energiequellen in einem Akt in die Bredouille. Obwohl Deutschland gegen Atomkraft ist, kann die neue Bundesregierung den Akt nicht ablehnen. Denn sie ist auf die Förderung von Gas angewiesen.

                        Anders sehen das insbesondere Luxemburg und Österreich. Die beiden Staaten haben bereits klargestellt: Kommt der delegierte Rechtsakt, werden sie vor dem EU-Gerichtshof (EuGH) gegen die Einstufung der Atomkraft als nachhaltig klagen. “Diese Taxonomie ist ein No-Go”, sagte etwa Luxemburgs Umweltministerin Carole Dieschbourg im Gespräch mit Europe.Table. Sie sprach von einer “plumpen Vorgehensweise” der Europäischen Kommission.

                        Doch wie könnte eine solche Klage aussehen? Einen guten Eindruck liefert ein Rechtsgutachten, das die österreichische Regierung bereits vor einigen Monaten in Auftrag gegeben hat. Die konsultierten Anwält:innen sehen darin gute Chancen für eine Nichtigkeitsklage vor dem EuGH. Eine solche Klage basiert auf dem Artikel 263 AEUV. Er erlaubt es Mitgliedsstaaten, Klage wegen “Unzuständigkeit, Verletzung wesentlicher Formvorschriften, Verletzung der Verträge oder einer bei seiner Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder wegen Ermessensmissbrauchs” zu erheben.

                        Einstufung der EU von Atomkraft als nachhaltig nicht vorgesehen

                        Die Rechtsanwält:innen der Kanzlei Redeker-Sellner-Dahs argumentieren in ihrem Gutachten, dass die Europäische Kommission ihre Kompetenzen überschreite. Indem sie die Atomkraft als nachhaltig einstufe, gehe die EU-Kommission im delegierten Rechtsakt über die Bestimmungen hinaus, die im Basisakt festgelegt seien. Tatsächlich setzt die Taxonomie-Verordnung einen ganz klaren Rahmen, welche Energiequellen als grün gelten dürfen (insb. Artikel 10, 16 und 19). Es lassen sich drei Kategorien unterscheiden:

                        • Grüne Energiequellen, welche einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Hierunter fallen insbesondere erneuerbare Energien, Technologien zur Steigerung der Energieeffizienz oder noch die saubere Mobilität.
                        • Ermöglichende Aktivitäten, die jene Tätigkeiten direkt zulassen, die einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Dies gelte, sofern sie positive Auswirkungen auf die Umwelt haben und nicht zu einem Lock-in-Effekt führen.
                        • Übergangstechnologien, also Wirtschaftstätigkeiten, für die es keine technologisch und wirtschaftlich durchführbaren CO2-armen Alternativen gibt. Diese dürfen allerdings, so sieht es die Verordnung vor, den Weg zum 1,5-Grad-Ziel nicht beeinträchtigen.

                        In ihrem Entwurf des delegierten Rechtsaktes stuft die Kommission die Kernkraft in die dritte Kategorie ein. Sie gilt demnach als Übergangstechnologie nach Artikel 10(2). “Atom und Gas passen nicht in die anderen Kategorien”, sagt dazu ein Kommissionssprecher, der den Rechtsakt als “pragmatischen und realistischen” Vorschlag beschreibt.

                        Laut den österreichischen Anwält:innen hingegen passe die Atomkraft in keine der Kategorien und könne insbesondere nicht als Übergangstechnologie eingestuft werden: “Indem der Basisakt vorgibt, dass es keine CO2-armen Alternativen gibt, impliziert Artikel 10(2), dass CO2-arme Tätigkeiten vom Anwendungsbereich der Bestimmung ausgeschlossen sind. In anderen Worten: Artikel 10(2) umfasst lediglich kohlenstoffintensive Tätigkeiten.” Die Kernkraft passe also schlicht und einfach in keine der in der Taxonomie-Verordnung definierten Kategorien. Integriere die Kommission dennoch die Atomkraft, überschreite sie demnach ihre Kompetenzen.

                        Wesentliche Grundsatzfragen oder Implementierung?

                        Das Potenzial für eine solche Klage sieht auch der österreichische Rechtsanwalt für Klima- und Energierecht Florian Stangl. Grundlage der Klage müsste demnach die Frage sein, ob sich die Kommission an die Vorgaben gehalten hat, die in der Taxonomie-Verordnung stehen. “Die Kommission hat sich da ein Stück weit hinausgelehnt”, sagt der Experte im Gespräch mit dem Portal “Brutkasten”. Sie könne schließlich in ihrem delegierten Rechtsakt nur auf Basis der Energietechnologien und Energiequellen spezifizieren, die im Basisakt ausgelegt seien. “Hat die Kommission den Bogen überspannt? Es ist dann am EuGH, das zu entscheiden.”

                        Der Rechtsanwalt gibt allerdings zu bedenken, dass es sei in der Regel schwer sei, gegen Unionsakte zu klagen. Ähnlich sieht das Lena Hornkohl, Senior Fellow für Verfahrensrecht und Europarecht am Max-Planck-Institut. Klagen gegen delegierte Rechtsakte hält sie für ungewöhnlich. Hornkohl sieht die Chancen einer Klage eher auf übergeordneter Ebene. So seien delegierte Rechtsakte eigentlich dazu da, die Vorgaben der Basisakte umzusetzen. Laut 290 AEUV dienen sie der “Ergänzung oder Änderung bestimmter nicht wesentlicher Vorschriften des betreffenden Gesetzgebungsaktes.”

                        In Hornkohls Augen dürfte alleine die Frage der Wesentlichkeit Grund zur Klage geben: “Man kann argumentieren, dass es sich bei der Umweltfreundlichkeit von Atom und Gas um wesentliche politische Grundentscheidungen handelt.” Diese könnten demnach nicht von der Kommission in einem delegierten Rechtsakt entschieden werden.

                        Alleine die Polemik um diesen Rechtsakt deute darauf hin, dass es hier um mehr als die einfache Implementierung einer Verordnung ginge. “Die Kommission erlässt ständig delegierte Rechtsakte. Eine Diskussion wie in diesem Fall ist einzigartig”, kommentiert Hornkohl.

                        Anders sieht es der Energie- und Europarechtler Christian Schneider. “Die Franzosen hätten dem Basisrechtsakt zur Taxonomie nie zugestimmt, wenn sich Atom darunter nicht subsumieren lässt”, sagt er und deutet damit auch auf den großen Einfluss Macrons auf die Kommission hin. Eine Klage basiere auf einer ideologischen Einschätzung, während sich die Kommission mit physikalischen Gesichtspunkten befasse. Für Schneider ist klar: Solange es keine anderen tragfähigen technischen Lösungen gibt, um die Grundlast bei der Stromversorgung sicherzustellen, brauchen manche Mitgliedstaaten die Atomkraft – und solange könne sie als Übergangslösung gelten. “Österreich wird mit einer Klage wohl scheitern”, prophezeit Schneider.

                        Zu enge Aufgabenstellung an den JRC

                        Die Frage, ob die Kommission ihre Kompetenzen überschreitet, ist allerdings nicht die einzige mögliche Grundlage für eine Klage. Das jedenfalls befindet das österreichische Rechtsgutachten. Auch die Tatsache, dass die Atomkraft die Kriterien für Nachhaltigkeit im Sinne des Do No Significant Harm nicht erfüllt, halten die Rechtsanwält:innen für problematisch. Demnach habe die Kernkraft starke negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Insbesondere das “nicht ausschließbare Risiko schwerer Nuklearunfälle und die weit in die Zukunft reichenden Unsicherheiten aufgrund der notwendigen Endlagerung hochradioaktiven Atommülls” würden gegen die “Kernenergie als nachhaltig, auch als Übergangstechnologie” sprechen.

                        In ihrem delegierten Rechtsakt beruft sich die Kommission in diesem Zusammenhang auf die Einschätzung von Expert:innen, insbesondere den Bericht des Joint Research Council sowie zwei Folgeeinschätzungen durch die Artikel-31-Gruppe und die Scheer-Gruppe (Europe.Table berichtete). Das Rechtsgutachten, auf das sich Österreich und Luxemburg unter anderem stützen wollen, argumentiert hingegen, dass die Erfüllung der Do-No-Significant-Harm-Kriterien auf Basis stichhaltiger wissenschaftlicher Beweise (“Conclusive Scientific Evidence”) geprüft werden müsse. So heißt es dazu etwa in Artikel 24 des Basisaktes: “Die Kommission holt vor der Annahme und während der Ausarbeitung delegierter Rechtsakte das gesamte erforderliche Fachwissen ein.” Das allerdings habe die Kommission nicht getan.

                        So habe die Kommission bereits die Bestimmungen (Terms of Reference) an die Expert:innen zu eng gefasst. Die Widerstandsfähigkeit von AKWs gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels, die Folgen des Uranabbaus oder das Risiko schwerer Atomunfälle seien nicht untersucht worden. Auch die Scheer-Gruppe hat das in ihrer Abhandlung kritisiert. Im Entwurf des delegierten Rechtsaktes aber die Kommission, der Uranabbau werde aus diesem Grund auch nicht in den delegierten Rechtsakt aufgenommen und merkt in einer Fußnote zudem selbst an, dass der JRC nicht mit der Risikobewertung von Atomunfällen und nuklearer Proliferation betraut wurde (S. 3-4).

                        EUGH womöglich schwer zu überzeugen

                        Das österreichische Rechtsgutachten wirft der Kommission vor, dass der JRC die Beweisanforderungen nicht erfülle, die von der Taxonomie-Verordnung und dem europäischen Primärrecht verlangt würden. Atomkraft in die EU-Taxonomie aufzunehmen, sei demnach ein Beurteilungsfehler: “Atomkraft ist keine nachhaltige Tätigkeit im Sinne der Taxonomie-Verordnung”, schreiben die Jurist:innen.

                        Übrigens hat auch das deutsche Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung den JRC-Bericht in einem eigenen Gutachten kritisiert. Es bezeichnete den Bericht als “unvollständige[n] Beitrag, um die DNSH-Kriterien zu bewerten” (Europe.Table berichtete).

                        Diese Bedenken rechtlich geltend zu machen, sei allerdings schwierig, sagt Lena Hornkohl. Hier ginge es um die Frage, ob die Kommission ihr Ermessen respektiert habe. “Die Argumente sind zwar nicht unplausibel, aber es ist fragwürdig, ob der EuGH einen Rechtsakt auf dieser Basis als nichtig erklärt.” Auch Forian Stangl sagt, die Frage der Nachhaltigkeit sei juristisch womöglich schwierig zu klären. Man könne zwar argumentieren, die Kommission habe es unterlassen, das DNSH stichhaltig zu untermauern. Doch: “Da wird der EuGH wohl nur reagieren, wenn der Kommission sehr große Schnitzer unterlaufen sind.”

                        Die Kommission scheint sich momentan wenig Sorgen über eine Klage zu machen. Das liegt wohl auch daran, dass diese sich hinziehen wird. Mit rund einem Jahr sei zu rechnen, meint Hornkohl und warnt: “Klagen haben keine aufschiebende Wirkung.”

                        Österreich und Luxemburg sind allerdings nicht die einzigen Akteure, die eine Klage in Erwägung ziehen. Auch Umweltorganisationen wie Greenpeace denken über rechtliche Schritte nach. Dies, weil die Kommission – zumindest bisher – keine öffentliche Konsultation abgehalten hat. Tatsächlich sieht die Kommission in ihren internen Verfahrensrichtlinien vor, dass delegierte Rechtsakte eine solche Konsultierung durchlaufen. Von Ausnahmen abgesehen, werden delegierte Rechtsakte für vier Wochen online gestellt, damit Interessensvertreter Feedback geben können – so steht es in den Arbeitsunterlagen der Kommission zur besseren Regulierung. Der Taxonomie-Akt fällt nicht unter die Ausnahmen, die im Dokument aufgeführt werden.

                        Hohe Anforderungen an juristische Personen

                        Doch während eine Nichtigkeitsklage für Mitgliedsstaaten einfach vorzubringen ist, müssen juristische Personen beweisen, dass sie unmittelbar von den Bestimmungen des Rechtsaktes betroffen sind. “Das sind sehr hohe Anforderungen. So hoch, dass es bereits Rechtsgutachten gibt, ob die Kommission hier nicht gegen die Aarhus-Kriterien zum Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten verstößt”, sagt Lena Hornkohl. Auch handele es sich bei den Arbeitsunterlagen um eine Selbstbindung der Verwaltung, die nicht zwingend im Europarecht verankert sei. “Es wird zwar immer wieder argumentiert, die Kommission muss ihre eigenen Guidelines respektieren, aber das ist nicht juristisch untermauert.”

                        Eine weitere Klagemöglichkeit sieht die Deutsche Umwelthilfe in einem eigenen Gutachten. Sie argumentiert unter anderem, dass die Inklusion von Atom (und Gas) unvereinbar mit dem rezenten Urteil des Bundesverfassungsgerichtes sei, den Übergang zur Klimaneutralität rechtzeitig einzuleiten. Tatsächlich könnte man in Deutschland eine Verfassungsbeschwerde einreichen, sagt Lena Hornkohl. Man könne vorbringen, das Zukunftsrecht auf gesunde Umwelt sei verwehrt. In diesem Sinne ginge es dann um die sogenannte Ultra-vires-Frage, sprich: Hat EU-Recht Vorrang vor dem deutschen Recht? Nach dem polemischen Karlsruher Urteil von 2020 sei es jedoch sehr unwahrscheinlich, dass das Verfassungsgericht hier im Sinne der Umweltschützer entscheide.

                        Letztlich sieht der EU-Klimarechtsexperte Florian Stangl das Problem der Einbeziehung der Atomkraft auch auf Ebene des Wettbewerbsrechts. Dank Euratom darf die Atomkraft staatlich bezuschusst werden. Wenn Investoren nachhaltige Investitionen tätigen wollen, sei es für sie womöglich interessanter, in die öffentlich subventionierte Technologie zu investieren. Die Kernkraft habe also einen Wettbewerbsvorteil. Klagen könnte man dagegen aber nicht. “Da Atomkraft durch Euratom geregelt wird, ist das kein Wettbewerbsfall.”

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                          TTDSG-Gutachten: Einwilligungsverwaltung möglich – mit vielen Hürden

                          Der deutsche Gesetzgeber hat im TTDSG mit dem Paragrafen 26 eine Norm vorgesehen, die ungeliebte Cookie-Banner ablösen oder zumindest sehr viel seltener machen soll. Ein mit Spannung erwartetes Forschungsgutachten im Auftrag der Bundesregierung sollte die Grundlage bereiten, damit auf dem Verordnungsweg dann detaillierte Vorgaben für die Ausgestaltung dieses Paragrafen gemacht werden können (Europe.Table berichtete). Das Gutachten wurde zuerst kurz vor Weihnachten in einer ersten ministerialen Fachrunde besprochen, nun haben die Autoren um die Wiener Zivilrechts-Professorin Christiane Wendehorst es veröffentlicht.

                          Das 88-seitige Dokument enthält für Werbebranche, Anzeigenkunden und Verlage gute und schlechte Nachrichten zugleich: Die Autoren kommen zwar zu dem Ergebnis, dass es prinzipiell möglich sei, Cookie-Banner durch ein generelles Einwilligungsmanagement im TTDSG zu ersetzen oder zumindest zu ergänzen. Die Anforderungen dafür sind jedoch hoch, die Rechtslage ist unübersichtlich.

                          “Anerkannte Dienste” sollen Verantwortung für Daten tragen

                          Eine von den Autoren skizzierte Möglichkeit besteht darin, dass ein “anerkannter Dienst” im Auftrag der Endnutzer die Einwilligungserklärungen verwaltet. Achim Schlosser, CTO der NetID Foundation, ist optimistisch, einen solchen Dienst bereitstellen zu können. Doch hier gibt es noch hohe juristische und organisatorische Hürden.

                          Die Autoren des Gutachtens schlagen zum Beispiel vor, dass ein solcher Dienst als “erster Verantwortlicher” auftritt und die erhobenen Daten weitergibt, damit sowohl die Vorgaben der E-Privacy-Richtlinie als auch der Datenschutz-Grundverordnung gleichzeitig erfüllt werden können. Unter den heutigen Umständen scheint es nahezu aussichtslos, einen Kandidaten zu finden (Europe.Table berichtete), der substanzielle Verantwortung für personalisierte Werbeausspielung Hunderter Firmen übernehmen will.

                          Die belgische Datenschutzbehörde will die Onlinewerbungs-Organisation IAB für die Datenweitergabe im Zuge des Transparency and Consent Frameworks (TCF 2.0) zum Teil verantwortlich erklären. Dies dürfte die Organisation jedoch hoffnungslos überfordern (Europe.Table berichtete) und könnte dem bisherigen Modell ein Ende bereiten. Der Ausgang dieses Verfahrens ist offen, dürfte in jedem Fall aber Auswirkungen auf die TTDSG-Verordnung des Bundes haben. Denn um serverseitige Einwilligungsdienste ohne eigene Verantwortlichkeit zu ermöglichen, müssten Aufsichtsbehörden und wohl auch der Europäische Gerichtshof erst den Weg frei machen.

                          BVDW hält wenig von deutschen Sonderwegen

                          Ein anderer und rechtlich weniger umstrittener Ansatz wäre, die Zustimmungen alleine auf dem Endgerät zu verwalten, wie es beispielsweise die Datenschutzorganisation NOYB vorschlägt (Europe.Table berichtete). Die Einwilligungsverwaltung, auch als Personal Information Management System (PIMS) bezeichnet, wäre also von den Daten und der Werbemonetarisierung komplett getrennt.

                          Die Werbebranche befürchtet ein Ungleichgewicht durch eine solche Konstruktion. “Die Frage ist: Inwieweit wird der Maßstab der Unabhängigkeit der PIMS zu rein verbraucherorientierten Lösungen führen, welche die Bedürfnisse der Telemedien nicht berücksichtigen?”, fragt BVDW-Vizepräsident Thomas Duhr. Sprich: Wenn der deutsche Sonderweg dazu führt, dass ein Großteil der Verbraucherinnen und Verbraucher die Datenverarbeitungen pauschal verweigern, werden sich wenige Firmen finden, die das Verfahren unterstützen wollen. Das 2009 entworfene “Do not Track”-Signal war aus diesem Grund gescheitert.

                          Die im Gesetz vorgesehen Anforderungen an Browser-Hersteller wie Google, Microsoft und Mozilla halten sich laut Gutachten in Grenzen: So sehen die Autoren das Vorhandensein einer Erweiterungs-Schnittstelle als ausreichend an. Allerdings steckt die Tücke im Detail: So bietet Google Chrome auf Desktop-Rechnern eine breite Auswahl von Erweiterungen an, sogar Werbeblocker. Die Mobilversion des Browsers auf Android erlaubt solche Erweiterungen jedoch nicht. Apps kommen in dem Gutachten gar nicht vor.

                          TTDSG-Verordnung droht rechtlichen Entwicklungen hinterherzulaufen

                          Problematisch ist auch die sich wandelnde europäische Rechtslage. Das TTDSG ist Deutschlands verspätete Umsetzung der eigentlich veralteten E-Privacy-Richtlinie. Diese soll durch die E-Privacy-Verordnung ersetzt werden. Welche Änderungen dies aber für das Einwilligungsmanagement haben wird, ist unklar. Das Gutachten verweist auf ein Verhandlungsdokument des Rates, das einerseits einige Probleme löst, aber auch neue aufwirft. So sieht der referenzierte Stand vor, dass die Zustimmung zur Datenverarbeitung nach spätestens 12 Monaten erneuert werden soll. Ein Unsicherheitsfaktor ist auch eine anstehende Entscheidung des EuGH zur Frage, ob Bürger konkret erfahren müssen, wer ihre Daten erhält, oder ob Kategorien von Empfängern ausreichen.

                          Hinzu kommen weitere europäische Gesetzesvorhaben wie der Ende 2021 verabschiedete Data Governance Act und der anstehende Data Act, die ebenfalls die TTDSG-Verordnung beeinflussen. Das TTDSG war dabei von der Hoffnung getrieben, dass ein funktionierendes Einwilligungsmanagement in Deutschland auf diese europäische Gesetzgebung Eindruck macht, sodass der deutsche Sonderweg reibungslos in ein europäisches Modell überführt werden könnte.

                          Im vergangenen Jahr hatte sich Rolf Bender vom zuständigen Referat im Bundeswirtschaftsministerium noch optimistisch gezeigt, dass im ersten Quartal 2022 ein Referentenentwurf für die Verordnung vorliegen werde, der ab Sommer sowohl durch Bundestag, den Bundesrat als auch das EU-Notifizierungsverfahren gehen könnte. Ob die neu aufgestellte Bundesregierung diesen Zeitplan halten kann, ist offen. Das nun federführende Bundesministerium für Digitales und Verkehr plant weitere Fachrunden zu den nächsten Schritten. Torsten Kleinz

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                            Hoffnung auf klimaneutrale Energie aus Kernfusion

                            Temperaturen, heißer als im Inneren der Sonne. Für Laien kaum vorstellbar. Für Fusions-Forscher gehören sie zum Alltag. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in China ist es kürzlich gelungen, das Plasma in ihrem Fusionsreaktor auf 70 Millionen Grad Celsius aufzuheizen – und diesen Zustand für mehr als 17 Minuten aufrechtzuerhalten. Im Mai vergangenen Jahres wurde sogar eine Temperatur von 120 Millionen Grad erreicht, die für 101 Sekunden erhalten werden konnte. Das klingt kurz, markiert aber einen Durchbruch. Denn es zeigt die Machbarkeit der neuen Technik.

                            Seit mehr als 60 Jahren forschen Menschen an dieser neuen Energieform. Sie verspricht Energie im Überfluss, ohne fossile Energieträger, ohne Klimaschäden, ohne langlebigen Atommüll. Das sind verlockende Perspektiven für ein Land wie China mit seiner hohen Abhängigkeit von Kohlestrom und einem weiter wachsenden Energiebedarf. Die Volksrepublik betreibt daher selbst gleich mehrere experimentelle Fusionsreaktoren.

                            Doch bisher ist es weltweit noch keinem Wissenschaftsteam gelungen, mehr Energie aus einem Fusionsreaktor zu gewinnen, als vorher zugeschossen wurde, um die Fusionsprozesse in Gang zu setzen. Das könnte sich mit den jüngsten Erfolgen der chinesischen Wissenschaftler jedoch bald ändern.

                            Kernfusion: China mit “beeindruckenden” Ergebnissen

                            Europäische Forscher sehen China auf einem guten Weg in der Fusionsforschung. Das Fusionsplasma für 1.000 Sekunden aufrechtzuerhalten, sei ein “beeindruckender technologischer Erfolg”, sagt Dr. Hartmut Zohm, Leiter des Bereichs Tokamak-Szenario-Entwicklung am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching.

                            Auch Volker Naulin, Leiter der Abteilung Fusionswissenschaft bei Eurofusion, sagt: “Ein Plasma für lange Zeit und bei hohen Temperaturen stabil zu halten, ist beeindruckend.” Eurofusion ist ein Zusammenschluss europäischer Forschungsgremien zur Festigung der europäischen Zusammenarbeit in der Fusionsforschung.

                            Doch so bemerkenswert die Ergebnisse der chinesischen Experimente klingen, sollten sie nicht überbewertet werden. Denn damit ein Plasma innerhalb eines Fusionsreaktors für die Energieerzeugung nutzbar ist, müssen drei Bedingungen erfüllt sein. Die drei Parameter Temperatur, Plasma-Dichte und Energieeinschlusszeit müssen eine bestimmte Größe erreichen, damit das Fusionsfeuer dauerhaft brennt. Die notwendige Temperatur wurde von den Chinesen schon erreicht. “Bei der Plasmadichte und der Energieeinschlusszeit sind die chinesischen Kollegen noch deutlich von den notwendigen Werten entfernt”, sagt Dr. Zohm vom Max-Planck-Institut. Europäische Forscher seien bei den drei Bedingungen schon deutlich weiter.

                            Europa ist führend in der Fusionsenergie

                            Insgesamt ist Europa noch führend in der Fusions-Forschung, so die einhellige Meinung europäischer Wissenschaftler. Die chinesischen Kollegen seien noch “nicht ganz auf dem Stand der besten Institute weltweit”, sagt Hartmut Zohm. Die hohen Temperaturen und die Stabilität des Plasmas, die Chinas Wissenschaftler jüngst erreicht haben, seien auch schon in europäischen Experimenten erreicht worden, sagt Tony Donné, Programm-Manager (CEO) von Eurofusion.

                            Europa hat zudem einen Forschungs-Vorsprung beim besten “Treibstoff” von Fusionsreaktoren. Laut Wissenschaftlern ist ein Gemisch aus Deuterium und Tritium sehr vielversprechend, um zukünftige Energie-liefernde Fusionsreaktoren zu betreiben. Es liefert “die meiste Energie zu den am einfachsten zu erreichenden Bedingungen”, sagt ein Pressesprecher von Eurofusion. Bisher ist das sogenannte JET-Experiment in Großbritannien das einzige Fusionsexperiment weltweit, das mit einem Deuterium-Tritium-Gemisch betrieben wird, so Donné.

                            Das JET-Experiment, bei dem mehr als 30 europäische Forschungsinstitute zusammenarbeiten, hat weltweit auch die größte Energieeffizienz erzielt. “Die in diesen Geräten erreichte Fusionsleistung und -energie wurde bisher nirgendwo anders erreicht”, sagt der Programm-Manager von Eurofusion. Doch auch die JET-Forscher haben noch nicht den Punkt erreicht, an dem mehr Energie gewonnen als investiert wird. Das soll durch ITER erstmals gelingen. Dabei handelt es sich um einen internationalen Versuchsreaktor in Frankreich, an dem auch China, Russland und die USA beteiligt sind. Nach jahrelanger Bauzeit sollen im Jahr 2025 die ersten ITER-Experimente starten.

                            China gibt Kernfusion hohe Priorität

                            Auch laut Volker Naulin hat Europa damit “ganz eindeutig die Führungsrolle in der Fusionsforschung”. Doch “China holt stark auf”, so seine Einschätzung. Die Volksrepublik investiert große Summen in die Erforschung der neuen Technik. Anders als der Rest der Welt räumt China der Fusionsenergie “eine sehr hohe Priorität für die zukünftige Energieversorgung” ein, sagt Zohm vom Max-Planck-Institut. In Hefei wurde beispielsweise ein eigener Forschungs-Campus eröffnet. Dort werden die Technologien entwickelt, um “Fusionsmaschinen ökonomisch und dauerhaft zu betreiben”, sagt Naulin.

                            Auch plant China einen Demonstrationsreaktor, der die technologische Machbarkeit der Energiegewinnung aus Kernfusion zeigen soll. Auf internationaler Ebene sei das erst im Anschluss an das Großexperiment ITER geplant, sagt Zohm. Die endgültige Entscheidung zur Finanzierung des chinesischen Demonstrationsreaktors wurde jedoch kürzlich erst verschoben, wie Naulin registriert hat.

                            China selbst möchte schon um das Jahr 2040 Energie aus Kernfusion gewinnen, sagt der chinesische Plasma-Wissenschaftler Song Yuntao. Die Erreichung dieses ambitionierten Ziels sei “nicht ausgeschlossen”, so Zohm. Denn China “investiert viel Geld in diese Technologie und macht rasante Fortschritte”. Exakte Prognosen sind indessen schwierig. Besonders im Bereich der Kernfusion. Schon mehrmals dachten Wissenschaftler, sie stünden kurz vor dem großen Durchbruch. Tony Donné von Eurofusion schätzt das chinesische 2040-Ziel als “etwas optimistisch” ein.

                            Keine Green-Deal-Gelder für Fusionsforschung

                            China investiert jedoch insgesamt so massiv in die Fusionsforschung, dass die Volksrepublik europäischer Forscher bald überholen könnte. “In drei bis vier Jahren könnte die Krone der Forschung woanders liegen, nämlich in China”, sagt Naulin. In Europa fehle die notwendige politische Unterstützung. Der Wissenschaftler von Eurofusion beklagt: “Wenn man jetzt nachlässt und keinen Demonstrationsreaktor baut, dann verliert Europa das notwendige Know-how wieder.” Denn während China investiert, werden die Mittel in Europa gekürzt. Das Budget für Eurofusion habe in den letzten Jahren abgenommen, sagt Donné.

                            Zudem wird die Fusionsforschung auf politischer Ebene als Nuklear-Technologie aufgefasst. Somit könne sie nicht von Geldern aus dem Bereich des Green Deal der EU profitieren. Auch bürokratische Hürden erschweren die Forschung in Europa. Naulin weist darauf hin, dass das Groß-Experiment ITER “nach Sicherheitsmaßstäben gebaut wurde, die an ein Atomkraftwerk angelegt werden”. Das sei jedoch nicht notwendig. “Es macht die Sache komplizierter und kostspieliger, als sie sein müsste.” Die Energiegewinnung durch Fusion ist vergleichsweise sicher: Eine Kernschmelze wie bei einem herkömmlichen Atomkraftwerk ist ausgeschlossen.

                            Doch Chinas Aufstieg in der Fusionsforschung ist nicht nur den massiven Finanzmitteln zu verdanken. In der Forschung gibt es einen intensiven Austausch. Die guten Fähigkeiten, die China in der Kernfusion entwickelt hat, gehen auch auf die “offene wissenschaftliche Zusammenarbeit” zurück, sagt Naulin.

                            “Europa und China haben ein sehr aktives Kooperationsprogramm”, bestätigt Tony Donné. So haben viele der Fusionsexperimente internationale Beratungskomitees, in denen Teilnehmer aus China und westlichen Staaten sitzen. Bei den Treffen präsentieren auch die chinesischen Wissenschaftler ihre Daten offen, sagt Donné. “Die chinesischen Kollegen veröffentlichen alle Ergebnisse und laden uns ein, an ihren Experimenten teilzunehmen”, bestätigt auch Zohm vom Max-Planck-Institut.

                            “Freundliche Konkurrenz” in der Forschung

                            Doch China scheint derzeit mehr von der Partnerschaft zu profitieren. Naulin und Zohm erklären, dass derzeit mehr Wissen Richtung China fließe als umgekehrt. Das sei aber kein Grund zur Sorge und dem Vorsprung Europas beim Forschungsstand geschuldet. Von politischer Ebene würde aber schon weniger Geld für den Austausch bereitgestellt. “Die Verantwortlichen haben das Gefühl, dass der Austausch einseitig in Richtung China geht”, sagt Volker Naulin.

                            Ein gewisses Maß an Konkurrenz und Vorsicht ist in der westlich-chinesischen Zusammenarbeit jedoch durchaus zu erkennen. “Ich würde das Verhältnis als freundliche Konkurrenz beschreiben”, sagt Zohm. Und Donné von Eurofusion ergänzt, wenn “wir an Technologien und Komponenten arbeiten, die von strategischer Bedeutung sind, sind wir vorsichtiger”. Wenn Fragen des geistigen Eigentums tangiert werden, sei Eurofusion inzwischen zurückhaltender beim Teilen von Details. Donné geht “davon aus, dass die chinesische Seite das Gleiche tut”, wenn es um geistiges Eigentum geht.

                            Derzeit ist noch nicht absehbar, ob China oder Europa das erste kommerziell anwendbare Fusionskraftwerk gelingt, das auch Energie liefert. Die Europäer wollen am 9. Februar neue Ergebnisse eines JET-Experiments präsentieren.

                            Einig sind sich jedoch fast alle Experten: Kurzfristig wird die Fusionsenergie keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten können. Aber ab Mitte des Jahrtausends könnte sie zur Deckung des Strombedarfs beitragen – wenn bei der Erforschung alles nach Plan läuft.

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                              Habeck stellt Übernahme von Transformationskosten in Aussicht

                              Bei der Transformation zur Klimaneutralität hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) der Industrie weitreichendes Entgegenkommen zugesagt. Die Koalition habe sich darauf geeinigt, dass finanziert werde, was gebraucht werde, sagte Habeck am Dienstag beim Energie-Gipfel des “Handelsblatt” in Berlin. “Das Volumen soll nicht die Grenze sein”, sagte Habeck auf die Frage nach sogenannten Klimaschutzdifferenzverträgen.

                              Ein Pilotprogramm für Carbon Contracts for Difference hatte das Bundeswirtschaftsministerium bereits in seiner Eröffnungsbilanz Klimaschutz zum Beginn der Legislaturperiode zugesagt (Europe.Table berichtete). Über CCFD könnte der Staat nicht nur die Investition in klimaneutrale Produktionsstätten wie Direktreduktionsanlagen der Stahlindustrie bezuschussen, sondern auch die Mehrkosten während des Betriebs. Zusätzliche Kosten fallen zum Beispiel an, weil grüner Wasserstoff auf absehbare Zeit teurer bleiben wird als Erdgas. Der Bundesverband der Deutschen Industrie hatte in seiner Studie Klimapfade 2.0 die jährlichen Mehrkosten für die Industrie inklusive der Kapitalkosten für 2030 auf 11 Milliarden Euro beziffert.

                              Klimaneutralität zukünftig günstiger – Industrie muss zurückzahlen

                              Langfristig wird die Industrie laut Habeck allerdings einen Teil der staatlichen Zuschüsse wieder zurückzahlen müssen. Mit der Zeit werde es einen Kipppunkt geben, an dem klimaneutrale Produktionstechniken günstiger seien als in der heutigen fossilen Wirtschaft, sagte der Minister. Die Unternehmen sollten dann einen Teil dessen, was sie als Vorschuss bekommen hätten, zurückzahlen. Die Laufzeit der Klimaschutzdifferenzverträge solle je nach Einzelfall ausgehandelt werden.

                              Angesichts der aktuell hohen Energiekosten rief Habecks Staatssekretär Patrick Graichen Unternehmen zu Investitionen in erneuerbare Energien auf (Europe.Table berichtete). “Wann, wenn nicht jetzt?”, fragte Graichen. Strom aus Wind- und Solarparks koste aktuell 50 bis 60 Euro pro Megawattstunde. So könnten sich Unternehmen gegen Preisspitzen an fossilen Märkten schützen. An der Energiebörse EEX kostete die Megawattstunde Strom für das Kalenderjahr 2023 am Dienstag zeitweise über 115 Euro und für 2026 über 84 Euro. Manuel Berkel

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                                Berichtsentwurf zum Social Climate Fund: Weniger Klima, mehr Soziales

                                Der Vorschlag der EU-Kommission für einen Klima-Sozialfonds enthalte “viel Klima”, aber “zu wenig Fokus auf Soziales”, urteilt Esther de Lange (EVP/CDA) auf Twitter. Die Niederländerin ist Berichterstatterin des Dossiers aus dem Fit-for-55-Paket für den ENVI-Ausschuss. Gemeinsam mit dem maltesischen Berichterstatter für den EMPL-Ausschuss, David Casa (EVP/PN), hat sie nun den ersten Entwurf für den Parlamentsbericht vorgelegt, der Europe.Table vorliegt.

                                Die Idee für einen Social Climate Fund entstand als Reaktion auf die teils heftige Kritik an dem Vorhaben, ein zweites Emissionshandelsystem (ETS) für Gebäude und Straßenverkehr einzuführen (Europe.Table berichtete). Um Mehrbelastung für die Bevölkerung und soziale Auswirkungen durch Preissteigerungen an der Zapfsäule oder beim Heizen abzufedern, schlug die Kommission den Social Climate Fund vor. Ein Viertel der Einnahmen aus dem ETS 2 sollten laut der Kommission in den Fonds fließen. Der Rest ginge an die Mitgliedstaaten, die in einem “Social Climate Plan” darlegen müssten, wofür sie die Einnahmen verwenden wollen. Das Geld könnte sowohl für befristete Direktzahlungen an Bürger:innen aufgewendet werden als auch in Projekte für mehr Energieeffizienz in Gebäuden und den Ausbau der Erneuerbaren Energien investiert werden.

                                Social Climate Fund: Förderung für Gebrauchtwagenmarkt für E-Autos

                                Berichterstatterin De Lange erklärte, ihr Entwurf biete die Möglichkeit, Energiesteuern für sozial benachteiligte Gruppen zu senken und somit besseren Schutz vor Energiearmut zu liefern als der Vorschlag der Kommission. De Lange und Casa schlagen vor, Gutscheine für bessere Wärmedämmung oder andere klimaförderliche Renovierungen für Mieter:innen aus dem Fonds zu finanzieren.

                                Der Social Climate Fund soll zudem finanzielle Unterstützung oder steuerliche Anreize bieten, um die Entwicklung eines Gebrauchtwagenmarktes für emissionsfreie und emissionsarme Fahrzeuge zu fördern. Dadurch sollen auch weniger wohlhabende Haushalte sich klimafreundlicher bewegen können, ohne in der Mobilität eingeschränkt zu sein. Auch kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sollen die Möglichkeit haben, Gelder aus dem Fonds zu beantragen, um beispielsweise Unterstützung für steigende Transportkosten zu erhalten.

                                Allerdings sollen die Gelder zur Finanzierung der Klima-Sozialpläne der Mitgliedstaaten nicht allein aus dem Social Climate Fund kommen. Schon die Kommission hatte vorgeschlagen, dass die EU-Länder mindestens die Hälfte der Kosten für die Umsetzung der Pläne selbst aufbringen sollten. Die Berichterstatter:innen des Parlaments wollen diesen Anteil für Direktzahlungen an Haushalte oder Unternehmen auf 60 Prozent erhöhen. Bei Investitionen in Energieeffizienzprojekte und den Erneuerbaren-Ausbau, die langfristige Lösungen bieten sollen, würde der Eigenanteil der Länder weiterhin bei 50 Prozent bleiben.

                                Energie- und Verkehrsarmut sollen klar definiert werden

                                Ein Monitoring von Energie- und Verkehrsarmut soll verpflichtend in allen Mitgliedstaaten eingeführt werden. Dafür fordern die Berichterstatter:innen, dass beide Begriffe eine allgemeingültige Definition erhalten, sodass man die Entwicklungen überprüfen und Daten vergleichen kann. Energiearmut sei eine Situation, in der fehlende Energie für Wärme, Kühlung, Beleuchtung und den Betrieb von Geräten zu gesundheitlichen Einschränkungen und keinem angemessenen Lebensstandard führen, schreiben de Lange und Casa. Verkehrsarmut ergebe sich aus den hohen Kraftstoffpreisen, die vor allem die Mobilität in abgelegenen und unzugänglichen Regionen einschränke. Vor allem in Süd- und Osteuropa sind Teile der Bevölkerung von Energiearmut betroffen.

                                Abschließend fordern de Lange und Casa zudem eine Bindung der Gelder aus dem Fonds an die Rechtsstaatlichkeit. Es sollten keine Gelder an Regierungen fließen, die sich nicht an Grundwerte halten, wie die Freiheit der Medien und eine unabhängige Justiz, so de Lange. luk

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                                  GAP: Lemke für Ausstieg aus Flächenförderung

                                  Neuausrichtung der Agrarpolitik, Aufbruch und Schulterschluss zwischen den Ministerien: Das kündigten Bundesumweltministerin Steffi Lemke und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (beide Grüne) beim Auftakt des sechsten BMUV-Agrarkongresses am Dienstag an. Das Ziel sei, Natur-, Umwelt- und Klimaschutz besser mit der Landwirtschaft in Einklang zu bringen.

                                  Neuausrichtung durch die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP)

                                  Einer der wesentlichen Hebel sei dabei die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP), sagte Lemke bei der Veranstaltung. “Wir brauchen einen anderen Einsatz der Fördergelder. Natur, Umwelt und Klimaschutz sollen gezielt honoriert werden. Das bedeutet, dass es sich für Landwirte lohnen muss, wenn sie natur- und umweltfreundlich wirtschaften. Dafür müssen wir aus dem bisherigen System der pauschalen Flächenprämie aussteigen.”

                                  Das Umweltministerium will sich bei Anpassungen des nationalen Strategieplans schon in diesem Jahr ebenso einbringen wie bei der Evaluierung der Gemeinsame Agrarpolitik der EU im Jahr 2024 und der Diskussion um deren weitere Reform. Darüber hinaus werde man sich dafür einsetzen, die Mittel für den Vertragsnaturschutz in der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz deutlich anzuheben. Außerdem müsse die Förderung für den Tierhaltungsumbau zum Nutzen der Umwelt an eine Verringerung der Gesamttierbestände und ein “verträgliches Verhältnis” von Tieren zu Betriebsfläche geknüpft werden.

                                  Verbot von Glyphosat auf EU-Ebene

                                  Daneben kündigte Lemke an, dass sich die Bundesregierung für ein Verbot von Glyphosat auf Europaebene einsetzen werde. “Deshalb wollen wir Alternativen zu chemisch synthetischen Mitteln fördern, bis Ende 2023 Glyphosat vom Markt nehmen und den Einsatz von Pestiziden generell Umwelt und Natur verträglicher gestalten”, sagte die Grünen-Politikerin.

                                  Im November hatte das EU-Parlament die Reform der gemeinsamen Agrarpolitik mit deutlicher Mehrheit angenommen (Europe.Table berichtete). Doch die Neufassung des Regelwerks war umstritten. Umweltschützern gingen die vorgesehenen Änderungen nicht weit genug, Grüne und SPD im Parlament stimmten gegen die Reform.

                                  Nun setzen die Kritiker auf die Umsetzung in den Mitgliedsstaaten. Diese hatten bis zum 31. Dezember Zeit, die sogenannten nationalen Strategiepläne in Brüssel einzureichen. Neun EU-Staaten ließen die Frist jedoch verstreichen, darunter Deutschland. Das BMEL kündigte inzwischen an, die Pläne im Februar nachreichen zu wollen. til

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                                    Agora: Klimaclubs nur als Ergänzung

                                    Die neue französische EU-Ratspräsidentschaft hat die Umsetzung des geplanten CO2-Grenzausgleichs (CBAM) für Importe zu ihrer Hauptpriorität erklärt. Der CBAM zählt jedoch weiterhin zu den umstrittensten Maßnahmen im Rahmen des Fit-for-55-Klimapakets.

                                    Klimaclub könnte helfen CBAM-Politiken international festlegen

                                    Dabei sei die Einführung praktisch alternativlos. Zu diesem Ergebnis kommen die Autoren einer Studie des Thinktanks Agora Energiewende, die heute und damit kurz vor dem ersten informellen Treffen der EU-Energie- und Umweltminister unter französischer Führung vorgestellt werden soll. Angesichts der ehrgeizigeren Klimaziele der EU sei das derzeitige System der Zuteilung kostenloser CO2-Zertifikate an die Industrie nicht mehr tragfähig, um Carbon Leakage zu verhindern, heißt es in dem Papier. Die einzige glaubwürdige Alternative aus Sicht der Autoren: Die Einführung eines Grenzausgleichs.

                                    Die von Deutschland ins Spiel gebrachte Gründung eines “Klimaclubs” könne zwar als Ergänzung zum CBAM sinnvoll sein, aber nicht als eigenständige Option. Zwischen den potenziellen Clubmitgliedern seien zu große Unterschiede in Bezug auf Klimaziele und -politik zu erwarten. Dennoch könne ein inklusiver Klimaclub einen wertvollen Beitrag dazu leisten, weltweit vereinbarte Grundsätze für CBAM-ähnliche Politiken auf internationaler Ebene festzulegen.

                                    Gratis-Zertifikate langsamer auslaufen lassen

                                    Daneben würde die schrittweise Einführung des CBAM bei gleichzeitigem Auslaufen der Gratis-Zertifikate die Dekarbonisierung der Industrie beschleunigen, schreiben die Autoren. “Vorausgesetzt, sie wird von einer Unterstützung für kohlenstoffarme Schlüsseltechnologien begleitet.” So werde die zu erwartende Weitergabe der CO2-Kosten entlang der Wertschöpfungskette auch Anreize für Recycling und die Umstellung auf kohlenstoffärmere Materialien schaffen. Mit den CBAM-Einnahmen könne die EU unter anderem Mittel für die Finanzierung von Kohlenstoff-Differenzverträgen aufbringen.

                                    Allerdings müsse der Grenzausgleich auch einen angemessenen Schutz für Exporteure bieten. Agora Energiewende schlägt deshalb vor, die Gratis-Zertifikate bis 2030 langsamer auslaufen zu lassen als von der Kommission vorgesehen, gekoppelt mit der gezielten Unterstützung für Emissionsminderungen. Dem steht der Entwurf des CBAM-Berichterstatters des EU-Parlaments, Mohammed Chahim (S&D), entgegen (Europe.Table berichtete). Darin fordert der niederländische Abgeordnete die Zuteilung der kostenfreien Emissionsrechte erheblich früher zu beenden, was insbesondere unter Industrievertretern für einen Aufschrei sorgte. til

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                                      Studie: Klimapartnerschaften mit Afrika vorantreiben

                                      Die Europäische Union sollte ihre Außen- und Handelspolitik stärker mit den Zielen des Green Deal in Einklang bringen und insbesondere afrikanische Staaten mit ins Boot holen. Andernfalls laufe man Gefahr, nicht nur in Afrika, sondern auch auf dem Weltmarkt an Einfluss zu verlieren. Das ist das Ergebnis einer Studie des European Council on Foreign Relations (ECFR), die heute vorgestellt werden soll und Europe.Table vorab vorliegt.

                                      Demzufolge werden die wirtschaftlichen Beziehungen zu Afrika eine immer größere Rolle in der globalen Wirtschaftsordnung spielen. Laut Studie wird es bis 2025 in Afrika über 100 Städte mit mehr als einer Million Einwohner geben – mehr als dreimal so viele wie in der EU. Auf der Suche nach günstigen Produktionsstandorten und Arbeitskräften zieht es bereits jetzt zahlreiche internationale Unternehmen auf den Kontinent. Außerdem sei Afrika der am schnellsten wachsende Verbrauchermarkt für eine immer breitere Palette von Produkten.

                                      Ein großer Teil des Wachstums werde von “Ökosystemen für grüne Energie angetrieben”, heißt es in der Studie. Durch die Kombination von digitalen Spitzentechnologien und Telekommunikation mit Technologien für erneuerbare Energien würden neue Branchen und Dienstleistungen geschaffen. Die EU könne ein Hauptpartner bei der Einführung von 5G-Netzen, der netzunabhängigen Solarstromerzeugung und der Herstellung von Elektrofahrzeugen sein. Sie könne ferner dabei helfen, Maßnahmen für die Datenregulierung auf Weltniveau zu etablieren, und den Bau von Datenzentren unterstützen.

                                      Es sei jedoch keineswegs sicher, dass Europa in der neuen Handelsstruktur, die in Afrika entsteht, auch tatsächlich eine solche Hauptrolle spielen wird. Vielmehr habe China in den vergangenen Jahren die EU überholt und sei zum wichtigsten Handelspartner Afrikas aufgestiegen.

                                      Global Gateway und Green Deal kombinieren

                                      Nicht zuletzt, da chinesische Unternehmen von einem großen staatlichen Rückhalt profitieren, müsse Europa seine Ressourcen auf koordinierte, strategische Weise einsetzen. “Die EU muss dringend den außenpolitischen Aspekt ihres Green Deal mit ihrem im Entstehen begriffenen Global-Gateway-Programm kombinieren, das ihre Antwort auf Chinas Belt and Road Initiative (BRI) ist”, so der Autor der Studie, Michaël Tanchum.

                                      Mit einem einheitlichen Vorgehen habe die EU die Möglichkeit, zur Förderung des Wirtschaftswachstums beizutragen und gleichzeitig die geopolitischen Beziehungen zu den Regierungen und Unternehmen des Kontinents zu stärken. Um dies zu erreichen, müsse die EU jedoch Investitionen und andere Hilfen bereitstellen, die den Wachstumskurs Afrikas wirklich beeinflussen.

                                      Image der EU-Klimaschutzmaßnahmen in Afrika überdenken

                                      Auch müsse das Image der EU-Klimaschutzmaßnahmen in Afrika überdacht werden. So wirke die geplante Einführung eines CO2-Grenzausgleichs für Importe (CBAM) “wie eine unfaire Steuer auf Afrikas wirtschaftlichen Entwicklungskurs”. Dabei vermische die EU potenziell strafende Maßnahmen wie den CBAM mit Finanzmitteln für die Anpassung an den Klimawandel und die Eindämmung von Treibhausgasemissionen. Diesen Ansätzen fehle es an strategischer Kohärenz.

                                      “Um das Problem zu lösen, sollten die europäischen Politiker das Potenzial der afrikanischen Ökosysteme für grüne Energie ausdrücklich anerkennen”, so Tanchum. Gleichzeitig müsse die europäische Klimaaußen- und Handelspolitik als kooperatives und weniger als protektionistisches Instrument positioniert, Partnerschaften und Joint Ventures sollten vorangetrieben und der Global Gateway in den Green Deal integriert werden. Dies werde den Einfluss der EU auf die Infrastruktur maximieren und dazu beitragen, die Bedenken der afrikanischen Regierungen gegenüber der europäischen Klimapolitik zu zerstreuen. til

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                                        Scholz: Nord Stream 2 könnte Teil der Sanktionen sein

                                        Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock haben Russland eindringlich vor einem Angriff auf die Ukraine gewarnt. “Wir haben keine andere Wahl, als unsere gemeinsamen Regeln zu verteidigen, auch wenn dies einen hohen wirtschaftlichen Preis hat“, sagte Baerbock am Dienstag in Moskau nach einem Treffen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow.

                                        Kanzler Olaf Scholz schloss nicht aus, dass zu den angedrohten wirtschaftlichen, finanziellen und politischen Konsequenzen im Falle einer Aggression auch die Ostseepipeline Nord Stream 2 gehören könnte. Deutschland stehe zu der mit den USA geschlossenen Vereinbarung zu der Pipeline. “Dazu gehört eben auch, dass klar ist, dass es hohe Kosten haben wird, dass alles zu diskutieren ist, wenn es zu einer militärischen Intervention gegen die Ukraine kommt”, fügte er auf die Frage hinzu, ob von Sanktionen auch Nord Stream 2 betroffen sein könnte.

                                        Der Kanzler sagte, dass er auf ein Deeskalationszeichen Russlands etwas durch eine Truppenreduzierung warte. Auch die Außenministerin hatte in Moskau kritisiert, dass Russland 100.000 Soldaten an der ukrainischen Grenze zusammengezogen habe, was nur als Drohung gegen das Nachbarland aufgefasst werden könne. Baerbock und Lawrow hatten in Moskau mehrere Stunden miteinander verhandelt. Danach warf der russische Außenminister der Nato unter anderem vor, sich nicht an Vereinbarungen bei der Osterweiterung zu halten. Zudem kritisiert er, dass die Gaspipeline “politisiert” werde.

                                        Bereitschaft zu weiteren Gesprächen mit Moskau

                                        Baerbock wiederum betonte, dass es in vielen Themen große, fundamentale Meinungsverschiedenheiten mit der russischen Regierung gebe. Sie verwies aber auch auf die Chancen einer Zusammenarbeit, sowohl bei der Umsetzung des Atomabkommen mit dem Iran als auch beim Kampf gegen den Klimawandel. Deutschland werde zudem noch einige Jahre Gas aus Russland brauchen.

                                        Scholz, Baerbock und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg betonten die Bereitschaft zu einem Dialog mit Moskau. Auch Lawrow schloss weitere Gespräche nicht aus. Stoltenberg sagte in Berlin, dass er die Mitglieder des Nato-Russland-Rates zu weiteren Gesprächen eingeladen habe. Wie der Kanzler hob er die Bedeutung der verschiedenen Gesprächskanäle mit Moskau wie das Normandie-Format, die OZSE und die amerikanisch-russischen Gespräche hervor. 

                                        Gespräche Deutschlands, Frankreichs, der Ukraine und Russlands

                                        Scholz und Baerbock warben zudem für erneute Gespräche Deutschlands, Frankreichs, der Ukraine und Russlands zur Lage in der Ostukraine und die Umsetzung des Minsker Friedensabkommens. Lawrow betonte, dass vor allem Gespräche zwischen der ukrainischen Seite und den prorussischen Separatisten in der Ostukraine wichtig seien.

                                        Bereits am Montag hatte Baerbock bei ihrem Besuch in Kiew mit ihrem ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba einen Vorstoß zur Wiederbelebung von Verhandlungen im sogenannten Normandie-Format vereinbart. “Diplomatie ist der einzige gangbare Weg, um die derzeitige hochgefährliche Situation zu entschärfen”, hatte Baerbock in der Ukraine gesagt.

                                        Blinken trifft auf Lawrow

                                        Die Pendeldiplomatie wird in den nächsten Tagen fortgesetzt. US-Außenminister Antony Blinken wird bei seiner Europa-Reise auch seinen russischen Kollegen Sergej Lawrow treffen. Bei dem am Freitag in Genf geplanten Gespräch werde Blinken darauf dringen, dass die russische Regierung umgehend Schritte zu Entspannung der Lage an der russisch-ukrainischen Grenze unternimmt, sagte ein hochrangiger Mitarbeiter der US-Regierung am Dienstag.

                                        Am Donnerstag wird Blinken in Berlin mit Kanzler Scholz und Außenministerin Baerbock zusammenkommen. Am Mittwoch will er in Kiew mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sprechen. Außerdem soll es zu einem Treffen mit den Amtskollegen aus Frankreich und Großbritannien kommen

                                        Scholz lehnte erneut deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine ab. Die britische Regierung hatte dagegen Militärausrüstung in die Ukraine geschickt. Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace betonte nach der Verwirrung über die ungewöhnliche Flugroute des britischen Militärflugzeuges um Deutschland herum, dass Deutschland dem Flugzeug keinesfalls die Überflugerlaubnis verwehrt habe. Auch ein Sprecher des deutschen Verteidigungsministeriums hatte am Vormittag betont, dass die britische Regierung gar keinen Antrag auf Überflug gestellt habe. rtr

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                                          Roberta Metsola: Abtreibungsgegnerin vom liberalen Flügel

                                          Roberta Metsola wurde am Dienstag zur EU-Parlamentspräsidentin gewählt.
                                          Roberta Metsola wurde am Dienstag zur EU-Parlamentspräsidentin gewählt.

                                          Kann eine Politikerin ein modernes Frauenbild darstellen und gleichzeitig gegen Abtreibung sein? Die neue EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola würde diese Frage klar bejahen, verkörpert sie doch diesen Widerspruch. Die 43-jährige Malteserin ist am Dienstag als Kandidatin der konservativen Fraktion der Europäischen Volkspartei im ersten Wahlgang mit deutlicher Mehrheit in das Spitzenamt gewählt worden.

                                           “Ich bin eine Frau und komme von einer kleinen Insel im südlichen Meer Europas”, sagte Roberta Metsola am Dienstag: “Ich weiß, was es heißt, bei den Kleinen zu sein und immer in eine Schublade gesteckt zu werden.” Roberta Metsola sieht sich als Vorbild für Mädchen und junge Frauen in der EU.

                                          Vor allem im linken und grünen Lager tat man sich mit der Entscheidung für Metsola lange schwer. Schließlich war die erste Frau an der Spitze des EU-Parlaments 1979 die Französin Simone Veil, legendäre Vorkämpferin des legalen Schwangerschaftsabbruchs.

                                          Weber: “Moderne und progressive Frau”

                                          Nun also eine Abtreibungsgegnerin. Roberta Metsola verteidigt sich damit, dass in ihrer Heimat die Position parteiübergreifend Konsens ist. Tatsächlich hat das erzkatholische Land das strengste Abtreibungsverbot in der EU. Als Parlamentspräsidentin werde sie das Wahlrecht der Frau unabhängig von ihrer persönlichen Überzeugung verteidigen, sagt Roberta Metsola. Zudem sei die Abtreibungsfrage keine EU-Kompetenz. Auch gehört sie sonst eher zum liberaleren Flügel der Konservativen und legt Wert darauf, sich vom rechten Rand abzugrenzen, was nicht für alle Mitglieder der konservativen Fraktion gilt.

                                          Metsola sei eine “moderne und progressive Frau”, warb Fraktionschef Manfred Weber für seine Kandidatin. Roberta Metsola präsentierte sich in Wahlkampfclips unter anderem als Vorkämpferin für LGBT-Rechte, gleichgeschlechtliche Ehe und überhaupt Toleranz für unterschiedliche Lebensmodelle in der EU, einem “Raum der Freiheit”.

                                          Im Konflikt um die Rechtsstaatlichkeit mit Ungarn und Polen hat sie im Ausschuss für Bürgerrechte, Inneres und Justiz eher auf einen harten Kurs gedrungen. Als sich in ihrer Heimat die sozialdemokratische Regierung von Joseph Muscat in Korruption verstrickte, rief sie zum Rücktritt des Premierministers auf. Nach der Ermordung der maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia beteiligte sie sich aktiv an der Aufklärung.

                                          Roberta Metsola ist die dritte Frau an der Spitze des EU-Parlaments

                                          Sozialdemokraten und Grüne taten sich allerdings nicht nur wegen der Abtreibungsfrage schwer, Roberta Metsola die Stimme zu geben. Mit der Wahl der Malteserin sind nun nämlich die wichtigen Spitzenposten in der EU alle in konservativer oder liberaler Hand. Die Sozialdemokraten sind hingegen nach dem Tod des bisherigen EU-Parlamentspräsidenten David Sassoli kurz vor Amtsende ohne Topjob. Die Linken finden das ungerecht, weil dies nach dem Comeback der Sozialdemokraten in Berlin und in anderen Hauptstädten nicht mehr die Realität in den Mitgliedstaaten widerspiegelt.

                                          Roberta Metsola ist erst die dritte Frau an der Spitze des EU-Parlaments, eloquent und bisweilen scharfzüngig. Sie gehört zur Generation Erasmus, vertritt eine neue Politikerinnengeneration. Sie hat sich früh für den Beitritt ihres Landes in die EU engagiert, in Rechtswissenschaften promoviert und unter anderem am Europakolleg in Brügge studiert, einer EU-Kaderschmiede. Roberta Metsola ist seit 2013 Abgeordnete im EU-Parlament, Mutter von vier Söhnen und mit dem Finnen Ukko Metsola verheiratet, einem Lobbyisten für die Kreuzfahrtindustrie. Stephan Israel

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