gestern hat das Europaparlament seine Verhandlungsgrundlage zum Digital Services Act mit großer Mehrheit angenommen. Damit ist erneut eine Reihe an Spezialregelungen neben das Grundgerüst des DSA getreten. Manche Änderungen seien mutig, schreibt Falk Steiner in seiner Analyse. Er bittet Verbraucherschützer und Branchenvertreterinnen um Einschätzung und gibt einen Ausblick auf Punkte, die noch zu klären sein werden – etwa die Frage, wie sich der DSA zu nationalem Recht verhalten wird.
Italien steht eine Wahl bevor, der nicht wenige mit Sorge entgegenblicken: Sollte Mario Draghi für das Amt des Präsidenten kandidieren, müsste er seinen Posten als Ministerpräsident räumen – und das inmitten der Umsetzung eines großen, EU-finanzierten Reformprogramms. Die ohnehin fragile Regierungskoalition droht zu zerbrechen, ein würdiger Nachfolger ist nicht in Sicht. Isabel Cuesta berichtet über die angespannte Stimmung vor der Wahl, die am Montag beginnt.
Die Grundidee des Digital Services Act ist einfach: Der Digital Services Act soll europaweit einheitliche Rechte und Pflichten zwischen Nutzern und unterschiedlichen Formen von Anbietern im Netz schaffen. Und Anbietern dabei stärkere Lasten zumuten. Das Europaparlament stimmte am Donnerstagnachmittag mit 530 zu 78 Stimmen bei 80 Enthaltungen für die nach letzten Änderungsanträgen vorliegende Version. “Dieses Abstimmungsergebnis gibt dem Parlament Rückendeckung, seine Position gegenüber dem Rat zu verteidigen”, erwartet Andreas Schwab (CDU/EVP).
Ein wesentlicher Aspekt des DSA ist die Regulierung der Pflichten von Social-Media-Betreibern. “Künftig wird es europaweite Regeln zur Meldung und Löschung von illegalen Inhalten online geben, aber auch neue Rechte für Nutzer:innen bei unfairem Verhalten der Plattformen“, beschreibt Tiemo Wölken (SPD/S&D) die Regelung, so wie sie die MdEPs beschlossen haben.
Alexandra Geese (Grüne/EFA) sieht darin eine gelungene Mischung. “Plattformen werden für ihr eigenes Verhalten haftbar, nicht für die Meinungsäußerungen ihrer Nutzerinnen und Nutzer”, sagte Geese. Systemische Risiken zu bekämpfen und das Recht auf freie Meinungsäußerung zu schützen sei die Gratwanderung, die man hier schaffe.
Aus Sicht von Verbraucherschützern ist es wichtig, dass im Trilog nun die Rechte der Nutzer:innen abgesichert werden. “Im Vergleich zur Position der Mitgliedsstaaten ist die nun vorliegende Parlamentsposition ein bemerkenswerter Fortschritt“, sagt Martin Madej, Referent im Team Digitales und Handel beim Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV).
Gerade bei der Inhalteregulierung dürften noch einige Debatten anstehen. Denn wie sich der DSA etwa zu nationalem Recht verhalten wird, ist noch nicht entschieden. Werden Anbieter alle Inhalte, die laut nationalen Gesetzen illegal sind, von ihren Plattformen entfernen müssen?
Schon beim deutschen Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) entschied man sich für eine systematische Mogelpackung bei der Frage, welche Meldungen Plattformen verpflichtend bearbeiten müssen: Nicht alle, sondern nur ein Katalog vordefinierter Straftatbestände fällt unter das NetzDG. Und da es kein EU-Strafrecht gibt, ist der Bezugsrahmen im Digital Services Act immer nationalstaatlich. Was für Deutschland mit dem Volksverhetzungsparagrafen zur Holocaustleugnung viel Zustimmung erfährt, könnte problematisch werden, wenn etwa das polnische Strafgesetzbuch durchgreift. Der Digital Services Act ist hier auch in der EU-Parlamentsposition unscharf geblieben.
Auch die Frage, ob Inhalte professioneller Medien mit denen einfacher Nutzer gleichbehandelt werden sollen, bewegte die Gemüter erneut. Ein Antrag von Kultur- und Medienpolitikern, diese auszunehmen, fand im Europaparlament keine Mehrheit. Eine pauschale Ausnahme für professionelle Medienunternehmen würde Desinformationskampagnen durch Staatsmedien wie Russia Today (RT) oder aggressive Privatunternehmen wie Breitbart Tür und Tor öffnen, fürchteten viele Abgeordnete.
Oliver Süme vom Internetwirtschaftsverband Eco sieht systematische Gründe, warum es im DSA keine Medienausnahme geben sollte. Es müsse “darum gehen, eine klare Linie beizubehalten und das horizontale Instrument nicht durch Spezialregelungen zu überfrachten.” Daher bewerte er die Ablehnung positiv und als “gutes Signal für den Schutz demokratischer Werte und gegen Desinformation im Netz.”
Andreas Schwab (CDU/EVP) sieht die Arbeit mit dem DSA denn auch nicht als abgeschlossen an: “Als horizontale Gesetzgebung für Plattformen aller Art wird es weiterer Maßnahmen wie des Vorschlags zu Regelungen politischer Werbung und des Gesetzes über Medienfreiheit bedürfen.” Tatsächlich dürfte es Jahre dauern, bis nach einer Verabschiedung des Digital Services Act die Wechselwirkungen mit anderen EU-Regularien von den Gerichten abschließend geklärt sind.
Denn die Position des EU-Parlaments zum Digital Services Act enthält auch in weiteren Bereichen mutige Vorhaben, die Überschneidungen mit anderen Regelwerken beinhalten. So haben sich die Abgeordneten zwar gegen ein allgemeines Verbot von Werbung ausgesprochen, die auf Datenauswertung basiert. Sie wollen aber zumindest die Nutzung sensibler Datenkategorien ausschließen und zudem die Verarbeitung personenbezogener Daten für Werbung verbieten, die sich an Minderjährige richtet.
Das sei, kritisiert Alien Mulyk Referentin Public Affairs EU und International beim E-Commerce-Verband BEVH, “insofern absurd, als dass Unternehmen, um ein Ausspielen solcher Werbung an Minderjährige zu verhindern, erst einmal tracken müssen, dass es sich um Minderjährige handelt.” Dies könnte von den Antragstellern aber durchaus intendiert gewesen sein – denn damit wäre ein Gesamtverbot durch die Hintertür erreicht.
Große Auswirkungen dürfte in diesem Zusammenhang auch eine andere Parlamentsposition haben: Die Abgeordneten haben sich mit deutlicher Mehrheit für ein Verbot sogenannter Dark Patterns ausgesprochen. Damit sind Nutzer-Irreführungstechniken gemeint, die zu Einwilligungen, etwa in Werbetracking, führen sollen. Beispiele sind Pop-up-Fenster, bei denen bestimmte Optionen kaum erkennbar sind, oder farbliche Kodierungen wie eine grüne Hintergrundfarbe. Derartige Techniken beschäftigen schon heute die Gerichte (Europe.Table berichtete). Mit einem Digital Services Act nach EU-Parlamentsgeschmack wären sie klar untersagt.
“Überwachungswerbung insgesamt zu verbieten, wäre eine effektivere Strategie gewesen, aber die Verarbeitung sensibler Daten und Dark Patterns auszuschließen, ist sicherlich die zweitbeste Option”, sagt Jan Penfrat, Senior Policy Advisor vom Verband für Europäische digitale Bürgerrechte EDRi. Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband begrüßt die Änderungen und hofft, dass das Parlament die Mitgliedstaaten im Trilog davon überzeugen kann.
Mit den Parlamentsvorhaben weniger einverstanden ist Thomas Duhr, Vizepräsident des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW). Zur Online-Werbung seien einige “sehr restriktive Regelungen angenommen worden, die der gesamten digitalen Wirtschaft schaden können, da sie massive Rechtsunsicherheit schaffen.” Bereits existierende Gesetzgebung zu Daten- und Privatsphärenschutz werde mit den Regelungen umgangen, erweitert und letztendlich ignoriert. Die Europaabgeordneten hätten den Digital Services Act in einigen Punkten als Auffangbecken für jegliche Regulierungsthemen genutzt, kritisiert Duhr.
Der Versuch des Eins-für-Alles-Gesetz betrifft dabei ganz unterschiedliche Branchen. Die Ablehnung von sogenannten Stay-Down-Verpflichtungen richtete sich primär gegen ein automatisiertes Herausfiltern bereits erkannter Verstöße. Also etwa bei Film- oder Musikverwendungen auf Social-Media-Plattformen oder bei Onlinespeichern. Dieses gilt als anfällig für das sogenannte Overblocking.
Aus Sicht des Markenverbandes trifft dies aber auch Onlinemarktplätze. Die sollen neuen Verpflichtungen zur Überprüfung der Identifikation von Anbietern unterliegen (“Know Your Business Customer”). Der Verbraucherschutz bleibe aber löchrig, “so lange online identifizierte Fälschungen immer wieder hochgeladen werden können”, sagt Christian Köhler, Hauptgeschäftsführer des Markenverbandes. Der werde sich während des Trilogs für das Stay-Down-Prinzip und die Verankerung des KYBC-Prinzips in den Artikeln des DSA einsetzen. Wie bei vielen anderen nun vom EP vorgesehenen Punkten ist vieles nur in den Begründungen genannt, den sogenannten Erwägungsgründen. Doch im eigentlichen Rechtstext, den Artikeln, spiegeln sich einige der Erwägungen kaum wider.
Die Verbraucherschützer wollen im Trilog insbesondere bei der Haftung durch Online-Marktplätze noch Verschärfungen erreichen, die auch Entschädigungen einschließen. Kritik übt Ursula Pachl vom europäischen Verbraucherdachverband BEUC, dass – auf Wunsch des Industrieausschusses – Ausnahmen für kleine und mittelständische Anbieter bei den Marktplatzpflichten in die Parlamentsposition aufgenommen wurden. “Dies könnte bedeuten, dass Verbraucher immer noch unsichere Produkte kaufen könnten, wenn sie sich kleineren Online-Marktplätzen zuwenden”, so Pachl.
Es brauche “einen differenzierten Ansatz, der die Vielfalt an Inhalten und Diensten berücksichtigt”, sagt Bitkom-Geschäftsführer Bernhard Rohleder. Der DSA müsse “so ausgestaltet werden, dass er im globalen Maßstab Standards setzt.”
Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten
24.01.-25.01.2022
Akteure: AFET
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen unter anderem ein Berichtsentwurf zu Korruption und Menschenrechten, ein Änderungsantrag zu einer Verordnung hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen sowie eine Aussprache mit Josep Borrell (Hoher Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik) über den Strategischen Kompass für Sicherheit und Verteidigung.
Vorläufige Tagesordnung
Sitzung des Ausschusses für Internationalen Handel
24.01.-25.01.2022
Akteure: INTA
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung steht unter anderem eine Anhörung zu den Handels- und Investitionsbeziehungen zwischen Afrika und der EU, Änderungsanträge zur Schaffung eines CO2-Grenzausgleichssystems (CBAM) sowie eine Aussprache mit der Kommission zu handelsbezogenen Aspekten der anstehenden Gesetzgebung zur nachhaltigen Unternehmensführung und dem Verbot von Produkten, die aus Zwangsarbeit stammen.
Vorläufige Tagesordnung
Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung
24.01.-25.01.2022
Akteure: ECON
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen unter anderem eine Abstimmung über einen europäischen Rahmen für die Quellenbesteuerung, der Jahresbericht Wettbewerbspolitik 2021 sowie eine Stellungnahme zu drittstaatliche Subventionen mit binnenmarktverzerrender Wirkung.
Vorläufige Tagesordnung
Sitzung des Ausschusses für Verkehr und Tourismus
24.01.-25.01.2022
Akteure: TRAN
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen unter anderem eine Aussprache mit Adina Vălean (Kommissarin für Verkehr) über das “Winter-Paket” sowie Verordnungsänderungen zur Erreichung der EU-Klimaziele.
Vorläufige Tagesordnung
Sitzung des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung
24.01.-25.01.2022
Akteure: AGRI, ENVI
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen unter anderem eine Aussprache mit Julien Denormand (französischer Minister für Landwirtschaft und Ernährung) über die Prioritäten der französischen EU-Ratspräsidentschaft sowie eine gemeinsame öffentliche Anhörung des AGRI und des ENVI zu den Auswirkungen der Farm-to-Fork-Strategie auf die Landwirtschaft und das Lebensmittelsystem.
Vorläufige Tagesordnung Programm Öffentliche Anhörung
Rat der EU: Auswärtige Angelegenheiten
24.01.2022 09:30 Uhr
Akteure: Außenminister:innen
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung steht Gedankenaustausche zur Situation in Syrien und Libyen.
Vorläufige Tagesordnung
Sitzung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz
25.01.2022 09:30-18:45 Uhr
Akteure: IMCO
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen unter anderem eine Stellungnahme zu drittstaatliche Subventionen mit binnenmarktverzerrender Wirkung, eine Berichterstattung über die Verhandlungen zum Digital Markets Act sowie eine Aussprache mit Vertretern der Kommission zum Gesetz über künstliche
Intelligenz.
Vorläufige Tagesordnung
Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
25.01.2022 16:45-18:45 Uhr
Akteure: ENVI, AGRI
Agenda: Auf der vorläufigen Agenda stehen unter anderem eine gemeinsame öffentliche Anhörung des ENVI und des AGRI zu den Auswirkungen der Farm-to-Fork-Strategie auf die Landwirtschaft und das Lebensmittelsystem.
Vorläufige Tagesordnung Programm Öffentliche Anhörung
Rat der EU: Allgemeine Angelegenheiten
25.01.2022 10:00 Uhr
Akteure: Europaminister:innen
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen unter anderem die Vorstellung der Prioritäten des französischen Ratsvorsitzes, der Sachstand der Koordinierung der COVID-19-Pandemie auf EU-Ebene sowie der Sachstand der Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich.
Vorläufige Tagesordnung
Sitzung des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie
26.01.-27.01.2022
Akteure: ITRE
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen unter anderem Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur, der Entwurf einer Stellungnahme zum Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe sowie verschiedene Stellungnahmen zum System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten.
Vorläufige Tagesordnung
Wöchentliche Kommissionssitzung
26.01.2022
Akteure: EU-Kommission
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung steht ein Vorschlag für die Grundsätze der digitalen Dekade. Im Anschluss an die Sitzung der Kommission findet voraussichtlich gegen 12:00 Uhr eine Pressekonferenz statt.
Vorläufige Tagesordnung Pressekonferenz Live
EuGH-Urteil zum Missbrauch beherrschender Stellung auf dem Markt für x86 Prozessoren
26.01.2022
Akteure: EuGH, Intel, EU-Kommission
Agenda: Die Kommission verhängte im Jahr 2009 eine Geldbuße in Höhe von 1,06 Mrd. gegen den Mikroprozessorhersteller Intel, weil dieser seine beherrschende Stellung auf dem Markt für x86-Prozessoren missbräuchlich ausgenutzt habe. Gegen diese Entscheidung legte Intel erfolgreich Rechtsmittel ein. Das Gericht entscheidet darüber, ob die durch Intel gewährten und von der EU-Kommission beanstandeten Rabatte geeignet waren, den Wettbewerb zu beschränken.
Infos
Ein Jahr ist es her, dass Mario Draghi mit der Aufgabe betraut wurde, die italienische Politik inmitten einer Pandemie und einer erdrückenden Wirtschaftskrise zu stabilisieren. Die Wahl eines Technokraten an die Spitze des Landes war Präsident Sergio Matarellas letztes Mittel, um vorgezogene Parlamentswahlen zu vermeiden.
Sollte Mario Draghi nun selbst für das Präsidentenamt kandidieren, stünde Italien womöglich erneut vor politischen Turbulenzen. Der 74-Jährige würde das Amt des Premierministers räumen, inmitten der Umsetzung des großen, EU-finanzierten Reformprogramms, ein würdiger Nachfolger ist nicht zu erkennen. Die am Montag beginnende Präsidentschaftswahl wird daher auch in Brüssel und anderen Mitgliedstaaten aufmerksam beobachtet.
“Ich bin ein Mann, wenn Sie so wollen, ein Großvater im Dienste der Institutionen”, sagte Draghi im Dezember und deutete damit an, dass er bereit wäre, für das Präsidentenamt zu kandidieren. Sergio Mattarella (Partido Democratico) tritt nicht für eine zweite Amtszeit an. Draghi bringt alle Voraussetzungen für die Nachfolge mit. Sollte der frühere EZB-Chef jedoch Präsident werden, müsste er einen Nachfolger für das Amt des Ministerpräsidenten ernennen oder vorgezogene Neuwahlen ausrufen.
Für viele stellt dies eine Bedrohung für die fragile Regierung der nationalen Einheit dar. Andere glauben, dass Mario Draghi als Präsident in den kommenden sieben Jahren einen stabilisierenden Einfluss auf die turbulente Politik Italiens ausüben könnte.
Die derzeitige Regierung von Mario Draghi wird von der 5-Sterne-Bewegung (M5S), Forza Italia, der Lega Nord, der PD, Italia Viva und Article One unterstützt wird. Draghi formte sie auf dem Höhepunkt der Coronavirus-Pandemie, nachdem der amtierende Ministerpräsident Giuseppe Conte aus dem Amt gedrängt worden war. Der frühere EZB-Chef führte das bunte Bündnis mit fester Hand.
Die Wahl des neuen Staatspräsidenten könnte das Bündnis aber sprengen. Der 85-jährige Silvio Berlusconi hat sein Interesse an einer Kandidatur bekundet. Er droht damit, seine Partei Forza Italia werde die gegenwärtige Koalition verlassen und vorgezogene Parlamentswahlen erzwingen, sollte Draghi ins Amt des Staatspräsidenten wechseln.
Ob Berlusconis Vorstoß Erfolg hat, ist aber fraglich. Der vorbestrafte Medienunternehmer sucht seit Wochen telefonisch nach Verbündeten, offenbar vergebens. Der Abgeordnete Vittorio Sgarbi kontaktiert Abgeordnete und Senatoren im Namen des Cavaliere, wie Berlusconi auch genannt wird. “La Repubblica” zitierte diesen mit der Aussage, Berlusconi sei traurig und erwäge einen ehrenvollen Abgang. Doch einen anderen klaren Kandidaten hat die Rechte aus Lega, Forza Italia und Fratelli d’Italia) im Moment nicht.
Bislang riskiert niemand, seine Karten offenzulegen, weder die potenziellen Kandidaten noch die Fraktionen. Am Montag aber beginnt die Abstimmung. Der italienische Staatspräsident wird von den Mitgliedern des Senats, des Parlaments und den regionalen Delegierten gewählt. Gemeinsam ergeben sie 1009 Wähler- “grandi elettori” genannt. Am kommenden Montag treffen sich die Abgeordneten zu einer gemeinsamen Sitzung in Montecitorio und stimmen zum ersten Mal geheim ab, indem sie den Namen des Kandidaten auf einen Zettel schreiben.
Die Kandidaten müssen von zwei Dritteln unterstützt werden, um die Wahl zu gewinnen. Die Hürde sinkt auf eine einfache Mehrheit, wenn die Wahl die vierte Runde erreicht. Es wird täglich abgestimmt, bis das erforderliche Quorum erreicht ist. Die Wahl wird in ihrer Endphase immer schwerer durchschaubar, wenn sich die Loyalitäten bisweilen schnell ändern und einzelne Parlamentarier die geheime Stimmabgabe ausnutzen, um die Abstimmungsdisziplin ihrer Fraktion zu verletzen.
Die politische Position von Draghi wird dadurch geschwächt, dass die Spannungen in der von ihm geführten Koalition zunehmen. Zwei der wichtigsten Parteien, die 5-Sterne-Bewegung und die Demokratische Partei, sind sich uneins.
In beiden Formationen mit mehreren Ministern in der Regierung gibt es einige, die darauf setzen, dass Draghi bleibt, wo er ist, um die Reformen zu vollenden und die Stabilität der Exekutive zu gewährleisten. Andere, wie der Sekretär der PD, Enrico Letta, sind geneigt, dem ehemaligen Banker die Türen des Quirinalspalastes zu öffnen, um nationale Stabilität und internationale Anerkennung zu gewährleisten. Draghi argumentiert, dass die Legislaturperiode weitergehen wird, ob er nun am Ruder ist oder nicht. Isabel Cuesta
In Amiens hat am Donnerstag das erste informelle Treffen der EU-Umweltminister unter französischem Ratsvorsitz begonnen. Sie sei froh, dass es unter den Mitgliedsstaaten beim geplanten CO2-Grenzausgleich (CBAM) ein prinzipielles Einverständnis gebe, sagte Barbara Pompili, Frankreichs Ministerin für ökologische und inklusive Transition. Jetzt gehe es darum zu diskutieren, wie das Instrument genau ausgestaltet werde. Die französische Regierung hatte angekündigt, den CBAM während der Präsidentschaft zur Priorität im Klimabereich machen zu wollen. Bei dem insgesamt dreitägigen Treffen werden auch die Energieminister anwesend sein.
Die aufgeheizte Debatte um die Taxonomie macht auch vor diesem Treffen nicht halt. Am Donnerstagabend veröffentlichten Spanien, Österreich, Dänemark und Luxemburg einen Brief an die Kommission, in dem sie sich gegen die Einstufung von Erdgas und Atomkraft in der EU-Taxonomie als nachhaltig aussprechen. Man werde beim Treffen des Umweltrats eine gemeinsame Position in dieser Sache vertreten, hieß es. Die Länder hatten bereits zuvor angekündigt, den Taxonomie-Entwurf abzulehnen.
Deutschland ist beim Umweltdossier durch Stefan Tidow vertreten, Staatssekretär im BMUV. Für den Energieteil kommt heute Sven Giegold hinzu, Staatssekretär im BMWK. Auch Tidow äußerte sich zur Taxonomie. Auf die Frage von Journalisten, ob er eine Chance sehe, die Aufnahme der Atomkraft in die EU-Taxonomie zu verhindern, antwortete er: “Wir sind noch nicht so weit.” Die Bundesregierung werde zuerst einmal Stellung nehmen und sehr deutlich machen, dass sie die Aufnahme der Atomkraft in die EU-Taxonomie schwierig finde. Die Kommission müsse dann ihren Vorschlag vorlegen und dann stelle sich die Frage, wie es weitergehe.
Belastet die Auseinandersetzung um die Taxonomie das deutsch-französische Verhältnis? “Nein, wir haben unterschiedliche Interessen, aber das ist doch ganz normal”, entgegnete Tidow. Atomkraft sei natürlich keine grüne Energie. Sie sei nicht nachhaltig, weil die Endlagerfrage ungelöst sei und im Grunde auch nicht wirtschaftlich, wenn man das Haftungsrisiko in Rechnung stelle. Die deutsche Regierung habe da eine klare Haltung.
Die Umwelt- und Energieminister sollen nach den Worten von Gastgeberin Pompili die Gesetzestexte des Klimapakets Fit for 55 voranbringen. Inzwischen liegen die meisten Entwürfe der Berichterstatter des EU-Parlaments für das Maßnahmenbündel im Kampf gegen den Klimawandel vor. Doch die einzelnen Instrumente sind weiterhin teils sehr umstritten. Bei informellen Treffen werden zwar keine Entscheidungen getroffen, dafür aber Spielräume für mögliche Kompromisse ausgelotet.
Am Donnerstag stand jedoch zunächst die Problematik der Pflanzenschutzmittel auf der Agenda und wie die negativen Auswirkungen auf die Biodiversität reduziert werden können. Hier gibt es Kritik aus den Reihen der Mitgliedsstaaten, dass die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA bisher noch keine Standards veröffentlicht hat, an denen die nationalen Behörden sich orientieren könnten. Auf der Agenda stand außerdem der Verordnungsentwurf der EU-Kommission für entwaldungsfreie Produkte, also gegen die aus Brasilien oder Asien “importierte Entwaldung”.
Für die Energieminister wird es heute und morgen darum gehen, die Diskussion über eine Antwort auf die hohen Energiepreise zu vertiefen. Bisher gibt es zwischen den Nordeuropäern, die dem Markt vertrauen, und den Südeuropäern, die gemeinsame Initiativen fordern, noch keinen Konsens. Bei der gemeinsamen Sitzung von Umwelt- und Energieministern soll es außerdem um die soziale Abfederung der Klimawende sowie um Holz als nachhaltigen Rohstoff und Wald als CO2-Speicher gehen. sti
Die EU-Kommission will ihren Gesetzentwurf zur Förderung der Chipbranche in Europa Anfang Februar vorstellen. Das kündigte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beim Weltwirtschaftsforum an. Europe.Table hatte zuvor berichtet, dass der zuständige Binnenmarktkommissar Thierry Breton den Vorschlag für den European Chips Act schon bald vorlegen wolle.
Von der Leyen sagte, man könne sich die aktuelle Abhängigkeit von wenigen Produzenten außerhalb Europas nicht mehr erlauben. Dafür müsse die EU ihre Herangehensweise “radikal” ändern. Erklärtes Ziel der Initiative ist es, den EU-Anteil an der weltweiten Mikrochip-Produktion bis 2030 auf 20 Prozent zu steigern. Dafür müsste die EU ihren Anteil binnen weniger Jahre mehr als verdoppeln. Sollte der Halbleiter-Markt wie prognostiziert wachsen, müssten sich die Produktionskapazitäten in Europa bis 2030 dafür mehr als vervierfachen.
Ziel sei es, die Position Europas entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu stärken. Der European Chips Act wolle daher die Forschungskapazitäten ebenso wie Chipdesign und Produktion fördern. Um Investitionen nach Europa zu leiten, werde die Behörde die Beihilferegeln wie angekündigt lockern (Europe.Table berichtete) und erstmalig Staatshilfen für innovative “First of a Kind”-Fabriken erlauben, so von der Leyen. Zudem wolle man die Lieferketten genauer überwachen, um akuten Engpässen wie derzeit künftig vorbeugen zu können. Überdies wolle man den Zugang mittelständischer Unternehmen aus dem Sektor zu Fachkräften und Finanzierung verbessern.
Mit Partnern wie den USA will von der Leyen zudem über eine gezielte Arbeitsteilung sprechen. Ziel sei, die gegenseitigen Abhängigkeiten “besser auszubalancieren”. tho
Alex Agius Saliba, der Berichterstatter des EU-Parlaments, will einen einheitlichen Ladekabel-Anschluss für zusätzliche Gerätetypen vorschreiben. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen (Europe.Table berichtete), die Hersteller unter anderem von Mobiltelefonen, Tablets, Digitalkameras und tragbaren Lautsprechern zum Einbau eines einheitlichen Ladekabel-Anschlusses im Format USB-C zu verpflichten. Agius Saliba (S&D) schlägt in seinem Berichtsentwurf nun vor, etwa auch E-Reader, Smart Watches oder In-Ohr-Kopfhörer in die Richtlinie aufzunehmen.
Ziel der Initiative ist es, das Kabel-Durcheinander bei den Verbrauchern zu beenden und Elektronikabfall zu reduzieren. Die Kommission schätzt, dass in der EU jährlich etwa 11.000 Tonnen Müll durch entsorgte und nicht benutzte Ladegeräte anfallen. Die einheitlichen Ladekabel-Anschlüsse in der EU sollen diese Menge um knapp 1.000 Tonnen verringern. Zudem sollen elektronische Geräte nicht mehr standardmäßig mit Ladegerät verkauft werden.
Agius Saliba will die Übergangszeit für die Hersteller dabei im Vergleich zur Kommission verkürzen: Nur sechs statt 12 Monate sollen sie Zeit haben, wenn die ergänzende Richtlinie zur Radio Equipment Directive in Kraft getreten ist. Das kabellose Laden soll zu einem späteren Zeitpunkt in die Regulierung aufgenommen werden. Agius Saliba schlägt hier vor, dass die Kommission bis Ende 2025 diejenige technische Lösung aufnimmt, die sich bis dahin durchgesetzt hat. tho
Die Erweiterung des europäischen Emissionshandelssystems für Gebäude und Straßenverkehr dürfe nicht der einzige Motor für die Dekarbonisierung der beiden Sektoren sein. Vielmehr müsse das ETS 2 in einen breiten Policy-Mix und verbindliche nationale Reduktionsziele eingebettet sein, fordern die Autoren einer Studie des Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) und der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST).
Bewertet wurde der Vorschlag der EU-Kommission, den bestehenden ETS zu reformieren und zu erweitern. Diese Reform sei grundsätzlich sinnvoll, da die CO2-Bepreisung im Gebäude- und Straßenverkehrssektor die Kosten für die Klimaschäden an die Verursacher weitergebe und Investitionskanäle für klimafreundliche Alternativen für Mobilität und Gebäudewärme öffne, heißt es in der Studie. Allerdings sollte der ETS 2 als Ergänzung zu “Standards, öffentlichen Investitionen und anderen marktbasierten Instrumenten” und als Warnindikator für die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit weiterer klimapolitischer Maßnahmen gesehen werden.
Der ETS 2 dürfe kein Ersatz für die sogenannte “Effort Sharing Regulation” (ESR) sein, welche Treibhausgas-Reduktionsziele für jedes Land in jenen Sektoren festlegt, die nicht in den bestehenden ETS fallen. Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass der ETS 2 ein Instrument sei, um die Ziele der ESR zu erfüllen.
Die Preiskontrollmechanismen, deren Ziel es ist, stark schwankende Preise zu verhindern, werden zudem als unzureichend bewertet. Daher schlagen die Autoren sowohl eine Preisuntergrenze vor, um die Wirksamkeit des Systems für den Klimaschutz zu gewährleisten, sowie eine Preisobergrenze, um die Sozialverträglichkeit der CO2-Bepreisung zu garantieren. Letztere könnte über die Marktstabilitätsreserve (MSR) umgesetzt werden. Bedeutet: Würde der CO2-Preis im ETS 2 die Obergrenze übersteigen, könnten überschüssige und ungenutzte Emissionsrechte aus den Vorjahren, welche in die MSR überführt wurden, eingelöst werden, um den Preis zu drücken.
Der Klima-Sozialfonds (Social Climate Fonds/SCF) wird ebenfalls als grundsätzlich positiv angesehen (Europe.Table berichtete), da er ein substanzielles Volumen aus den Einnahmen des ETS 2 an ärmere Mitgliedstaaten umverteile. Jedoch seien Kriterien, unter denen Mitgliedstaaten Gelder aus dem Fonds erhalten, unklar, heißt es in der Studie, die von Germanwatch, CAN Europe und dem WWF in Auftrag gegeben wurde. Sie fordern daher verbesserte Governance-Strukturen, die eine faire Verteilung der Gelder an besonders betroffene Haushalte ermöglichen. Zudem sollten alle Einnahmen des neuen ETS in Klimaschutzinvestitionen oder Ausgleichszahlungen für EU-Bürger:innen fließen. luk
Airlines sollen schon ab 2026 für alle ihre CO2-Emissionen in Europa zahlen. Das wäre ein Jahr früher als von der EU-Kommission ursprünglich geplant. So schlägt es Sunčana Glavak (EVP) vor, die Berichterstatterin des ENVI-Ausschusses im EU-Parlament für die Erweiterung des europäischen Emissionshandels auf den Flugverkehr.
Derzeit erhalten Fluggesellschaften noch in einer Art Pilotphase kostenlose CO2-Zertfikate für mehr als 80 Prozent ihrer Emissionen. Ab 2024 würden sie ein Drittel dieser freien Zertifikate verlieren, so der Entwurf für den Parlamentsbericht, anstatt der von der Kommission vorgeschlagenen 25 Prozent. Ab 2025 würden sie zwei Drittel statt 50 Prozent verlieren. 2026 gäbe es schließlich keine kostenlosen Zuteilungen mehr. Dies würde laut Glavak bedeuten, dass insgesamt zusätzliche 12 Millionen Emissionsrechte im ETS verfügbar wären.
Die kroatische EU-Parlamentsabgeordnete sagte, dass es den Fluggesellschaften an Lösungen fehle, um ihre Emissionen schnell zu senken. Sie schlägt deshalb vor, dass ein EU-Innovationsfonds die Entwicklung von Technologien zur Senkung der Emissionen des Flugverkehrs unterstützen sollte, darunter nachhaltige Kraftstoffe und saubere Motoren.
Aktuell sind nur Emissionen von Flügen innerhalb Europas im Emissionshandel (ETS) abgedeckt, Flugverkehr in die EU und aus der EU heraus jedoch nicht. Diese werden durch ein CO2-Ausgleichssystem der UN-Luftfahrtbehörde ICAO abgedeckt, das ab 2027 für alle Länder verbindlich wird – das sogenannte Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation (CORSIA).
EP-Berichterstatterin Glavak fordert, dass die EU versuchen sollte, dieses System zu stärken. CORSIA wird von einigen Ländern und Umweltschutzorganisationen als unwirksam für die CO2-Reduzierung kritisiert. Sollte CORSIA nicht ausreichen, um die Klimaziele der EU zu erreichen, “sollten andere Optionen zur Emissionsminderung eingesetzt werden”, heißt es in dem Berichtsentwurf.
Vergangene Woche hatte Peter Liese, Berichterstatter der ETS-Reform, angekündigt, auch die Emissionen des Schiffsverkehrs früher in den ETS zu integrieren (Europe.Table berichtete), als von der Kommission vorgesehen. luk/rtr
Unmittelbar vor der nächsten Spitzenrunde zu einer diplomatischen Lösung der Ukraine-Krise haben die USA klargestellt, dass jeglicher Grenzübertritt der Truppen Russlands eine Aggression darstellen würde. Ein solcher Vorfall würde eine “schnelle, ernsthafte und gemeinsame Antwort” der westlichen Alliierten provozieren, sagte US-Außenminister Antony Blinken am Donnerstag in Berlin nach einem Treffen mit der deutschen Ressortchefin Annalena Baerbock. Dies betreffe auch Versuche einer Destabilisierung etwa durch hybride Angriffe oder paramilitärische Aktionen.
Blinken stellte damit Äußerungen von US-Präsident Joe Biden klar. Biden hatte am Mittwoch angedeutet, dass eine kleinere Aggression Russlands eine mildere Reaktion des Westens nach sich ziehen könnte. Am Freitag kommt Blinken in Genf mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow zusammen.
Baerbock betonte: “In der Sache geht es um nichts weniger als den Erhalt der europäischen Friedensordnung.” Diese “ist für uns existenziell, deshalb haben wir keine andere Wahl, konsequent für sie einzutreten und sie mit einem Schutzschild zu beschützen”. Dies gelte auch dann, “wenn diese Maßnahmen für uns wirtschaftliche Konsequenzen haben sollten”.
Sie sei sich aber mit Blinken einig, “der einzige Weg aus der Krise ist ein politischer Weg, und dieser Weg führt nur über den Dialog”, sagte Baerbock. “Leider spricht das russische Verhalten weiterhin eine andere Sprache.” Es müsse jetzt jeder Gesprächskanal genutzt werden. Baerbock begrüßte in diesem Zusammenhang, dass Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zu einer weiteren Sitzung des Nato-Russland-Rats eingeladen habe. Dies sei ein “gutes und wichtiges Signal”. Wichtig sei auch die Wiederbelebung des sogenannten Normandie-Formats, dem Deutschland, Frankreich, Russland und die Ukraine angehören.
Beim virtuellen Davoser Weltwirtschaftsforum äußerte sich auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu der Situation an der Grenze zur Ukraine: “Wenn die Lage außer Kontrolle gerät, wenn es weitere Angriffe auf die territoriale Integrität der Ukraine gibt, werden wir antworten mit massiven wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen”, sagte von der Leyen. “Die transatlantische Gemeinschaft ist standhaft diesbezüglich.” Der Versuch Russlands, Europa in Einflusssphären zu spalten, sei inakzeptabel. “Wenn es Angriffe gibt, sind wir bereit.” rtr
Der US-Kurznachrichtendienst Twitter muss seine Aktivitäten zur Bekämpfung von Hassrede im Netz in Frankreich offenlegen. Das entschied ein Pariser Berufungsgericht am Donnerstag, das damit das Urteil einer Vorinstanz bestätigte.
Demnach muss Twitter nun Auskunft darüber geben, wie viele Menschen welcher Nationalität an welchem Ort und in welcher Sprache Inhalte auf der französischsprachigen Plattform überprüfen. Zudem muss der US-Konzern den sechs Klägern eine Geldbuße von jeweils 1500 Euro zahlen, die Twitter vorwerfen, nicht ausreichend gegen Hassrede vorzugehen.
Twitter erklärte: “Unsere oberste Priorität ist die Sicherheit der Menschen, die unsere Plattform nutzen.” Die Vorinstanz in Frankreich hatte auch verlangt, dass das Unternehmen seine Aktivitäten gegen Hassrede mit Dokumenten, Verträgen und finanziellen Details belegt.
Weltweit wird sozialen Netzwerken wie Twitter, Facebook und Google vorgeworfen, zu wenig gegen Hassrede und Falschinformationen im Netz zu tun. In Deutschland gibt es bereits seit 2018 das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), unter das Plattformen mit einer großen Reichweite fallen und nach dem strafbare Inhalte von sozialen Medien schnell und konsequent gelöscht werden müssen. rtr
Security scanners across Europe tied to China govt, military | AP News
“Wir müssen Energie effizienter nutzen”, sagt Gunther Kegel leidenschaftlich. Sein Ziel: “Als Volkswirtschaft mehr erwirtschaften können bei weniger Energieverbrauch.” Gunther Kegel ist kein Umweltaktivist, sondern vertritt als Präsident des Branchenverbands ZVEI die Elektroindustrie. Gemessen an der Zahl der Beschäftigten handelt es sich dabei um Deutschlands zweitgrößten Industriezweig. Kegel selbst ist promovierter Elektroingenieur. Der Startschuss seiner Karriere war ein Weihnachtsgeschenk: “Als ich neun Jahre alt war, bekam ich von meiner Großmutter einen Elektro-Baukasten. Der enthielt Experimente, die ich absolut faszinierend fand.”
Nach seinem Studium landete Gunther Kegel 1990 bei Pepperl+Fuchs, das Unternehmen stellt Elektronik für die Fabrik- und Prozessautomation her. Inzwischen leitet er den Global Player als Vorstandsvorsitzender. Seine ehrenamtliche Rolle als Verbandspräsident bereite ihm viel Freude, sagt Kegel. Im ZVEI könne man sich mit wichtigen gesellschaftlichen Themen beschäftigen: erneuerbare Energiequellen, E-Motoren, Automatisierung. Kegel sieht in alledem eine Chance, durch Technologie Veränderungen anzustoßen.
“Da ist die Glühlampe ein tolles Beispiel”, sagt der 61-Jährige. Auf EU-Ebene hatte sich sein Verband damals für einen schnelleren Wandel, weg von der Glühbirne, hin zu energiesparenden Leuchtmitteln starkgemacht. Aus Kegels Sicht ein doppelter Erfolg: “Wenn man solche Herausforderungen mit Innovationen angeht, hat man für die Kunden das bessere Produkt, das gleichzeitig auch noch energieeffizienter ist.” Klimaschutz nicht durch Verzicht, sondern durch Innovation und Marktwirtschaft, dieser Mechanismus sei wegweisend. Die Devise des ZVEI laute: “Energieeffizienz durch Elektrifizierung und Digitalisierung.”
Das EU-Gesetzgebungspaket Fit for 55 findet er gleichzeitig richtungsweisend und kritikwürdig – es sei in manchen Punkten nicht ambitioniert genug. Der Elektroindustrie-Verband fordert zum Beispiel: Energieträger sollten künftig ausschließlich gemäß ihrer Treibhausgasemissionen besteuert werden. Für Erneuerbare würde dann keine Stromsteuer mehr fällig.
Warum? “Es muss sich lohnen, in klimafreundliche Technologien zu investieren – für den Unternehmer und die Einzelperson”. Wenn der CO2-Preis wirken solle, müsse er deutlich höher liegen, bei 100 bis 150 Euro pro Tonne. “Dann wäre beispielsweise eine Tankfüllung um 20 Euro teurer, das macht sich im Portemonnaie bemerkbar.”
Mit solchen marktwirtschaftlichen Anreizen könne man Menschen zum Umdenken bewegen. Bei allen Ambitionen zur Transformation betont Kegel aber auch: Planbarkeit und Kontinuität sind ihm wichtig. “Es darf nicht zu abrupt gehen.” Die Europäer:innen müssten nun die Ärmel hochkrempeln und konkret planen, wie sich die gesteckten Ziele erreichen lassen. “Das ist politisch bei Weitem nicht so spektakulär, wie einen Green Deal vollmundig ankündigen zu können.” Aber: Die tatsächliche Arbeit, die Umsetzung, müsse erst noch gemacht werden. “Und zwar schnell.” Paul Meerkamp
gestern hat das Europaparlament seine Verhandlungsgrundlage zum Digital Services Act mit großer Mehrheit angenommen. Damit ist erneut eine Reihe an Spezialregelungen neben das Grundgerüst des DSA getreten. Manche Änderungen seien mutig, schreibt Falk Steiner in seiner Analyse. Er bittet Verbraucherschützer und Branchenvertreterinnen um Einschätzung und gibt einen Ausblick auf Punkte, die noch zu klären sein werden – etwa die Frage, wie sich der DSA zu nationalem Recht verhalten wird.
Italien steht eine Wahl bevor, der nicht wenige mit Sorge entgegenblicken: Sollte Mario Draghi für das Amt des Präsidenten kandidieren, müsste er seinen Posten als Ministerpräsident räumen – und das inmitten der Umsetzung eines großen, EU-finanzierten Reformprogramms. Die ohnehin fragile Regierungskoalition droht zu zerbrechen, ein würdiger Nachfolger ist nicht in Sicht. Isabel Cuesta berichtet über die angespannte Stimmung vor der Wahl, die am Montag beginnt.
Die Grundidee des Digital Services Act ist einfach: Der Digital Services Act soll europaweit einheitliche Rechte und Pflichten zwischen Nutzern und unterschiedlichen Formen von Anbietern im Netz schaffen. Und Anbietern dabei stärkere Lasten zumuten. Das Europaparlament stimmte am Donnerstagnachmittag mit 530 zu 78 Stimmen bei 80 Enthaltungen für die nach letzten Änderungsanträgen vorliegende Version. “Dieses Abstimmungsergebnis gibt dem Parlament Rückendeckung, seine Position gegenüber dem Rat zu verteidigen”, erwartet Andreas Schwab (CDU/EVP).
Ein wesentlicher Aspekt des DSA ist die Regulierung der Pflichten von Social-Media-Betreibern. “Künftig wird es europaweite Regeln zur Meldung und Löschung von illegalen Inhalten online geben, aber auch neue Rechte für Nutzer:innen bei unfairem Verhalten der Plattformen“, beschreibt Tiemo Wölken (SPD/S&D) die Regelung, so wie sie die MdEPs beschlossen haben.
Alexandra Geese (Grüne/EFA) sieht darin eine gelungene Mischung. “Plattformen werden für ihr eigenes Verhalten haftbar, nicht für die Meinungsäußerungen ihrer Nutzerinnen und Nutzer”, sagte Geese. Systemische Risiken zu bekämpfen und das Recht auf freie Meinungsäußerung zu schützen sei die Gratwanderung, die man hier schaffe.
Aus Sicht von Verbraucherschützern ist es wichtig, dass im Trilog nun die Rechte der Nutzer:innen abgesichert werden. “Im Vergleich zur Position der Mitgliedsstaaten ist die nun vorliegende Parlamentsposition ein bemerkenswerter Fortschritt“, sagt Martin Madej, Referent im Team Digitales und Handel beim Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV).
Gerade bei der Inhalteregulierung dürften noch einige Debatten anstehen. Denn wie sich der DSA etwa zu nationalem Recht verhalten wird, ist noch nicht entschieden. Werden Anbieter alle Inhalte, die laut nationalen Gesetzen illegal sind, von ihren Plattformen entfernen müssen?
Schon beim deutschen Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) entschied man sich für eine systematische Mogelpackung bei der Frage, welche Meldungen Plattformen verpflichtend bearbeiten müssen: Nicht alle, sondern nur ein Katalog vordefinierter Straftatbestände fällt unter das NetzDG. Und da es kein EU-Strafrecht gibt, ist der Bezugsrahmen im Digital Services Act immer nationalstaatlich. Was für Deutschland mit dem Volksverhetzungsparagrafen zur Holocaustleugnung viel Zustimmung erfährt, könnte problematisch werden, wenn etwa das polnische Strafgesetzbuch durchgreift. Der Digital Services Act ist hier auch in der EU-Parlamentsposition unscharf geblieben.
Auch die Frage, ob Inhalte professioneller Medien mit denen einfacher Nutzer gleichbehandelt werden sollen, bewegte die Gemüter erneut. Ein Antrag von Kultur- und Medienpolitikern, diese auszunehmen, fand im Europaparlament keine Mehrheit. Eine pauschale Ausnahme für professionelle Medienunternehmen würde Desinformationskampagnen durch Staatsmedien wie Russia Today (RT) oder aggressive Privatunternehmen wie Breitbart Tür und Tor öffnen, fürchteten viele Abgeordnete.
Oliver Süme vom Internetwirtschaftsverband Eco sieht systematische Gründe, warum es im DSA keine Medienausnahme geben sollte. Es müsse “darum gehen, eine klare Linie beizubehalten und das horizontale Instrument nicht durch Spezialregelungen zu überfrachten.” Daher bewerte er die Ablehnung positiv und als “gutes Signal für den Schutz demokratischer Werte und gegen Desinformation im Netz.”
Andreas Schwab (CDU/EVP) sieht die Arbeit mit dem DSA denn auch nicht als abgeschlossen an: “Als horizontale Gesetzgebung für Plattformen aller Art wird es weiterer Maßnahmen wie des Vorschlags zu Regelungen politischer Werbung und des Gesetzes über Medienfreiheit bedürfen.” Tatsächlich dürfte es Jahre dauern, bis nach einer Verabschiedung des Digital Services Act die Wechselwirkungen mit anderen EU-Regularien von den Gerichten abschließend geklärt sind.
Denn die Position des EU-Parlaments zum Digital Services Act enthält auch in weiteren Bereichen mutige Vorhaben, die Überschneidungen mit anderen Regelwerken beinhalten. So haben sich die Abgeordneten zwar gegen ein allgemeines Verbot von Werbung ausgesprochen, die auf Datenauswertung basiert. Sie wollen aber zumindest die Nutzung sensibler Datenkategorien ausschließen und zudem die Verarbeitung personenbezogener Daten für Werbung verbieten, die sich an Minderjährige richtet.
Das sei, kritisiert Alien Mulyk Referentin Public Affairs EU und International beim E-Commerce-Verband BEVH, “insofern absurd, als dass Unternehmen, um ein Ausspielen solcher Werbung an Minderjährige zu verhindern, erst einmal tracken müssen, dass es sich um Minderjährige handelt.” Dies könnte von den Antragstellern aber durchaus intendiert gewesen sein – denn damit wäre ein Gesamtverbot durch die Hintertür erreicht.
Große Auswirkungen dürfte in diesem Zusammenhang auch eine andere Parlamentsposition haben: Die Abgeordneten haben sich mit deutlicher Mehrheit für ein Verbot sogenannter Dark Patterns ausgesprochen. Damit sind Nutzer-Irreführungstechniken gemeint, die zu Einwilligungen, etwa in Werbetracking, führen sollen. Beispiele sind Pop-up-Fenster, bei denen bestimmte Optionen kaum erkennbar sind, oder farbliche Kodierungen wie eine grüne Hintergrundfarbe. Derartige Techniken beschäftigen schon heute die Gerichte (Europe.Table berichtete). Mit einem Digital Services Act nach EU-Parlamentsgeschmack wären sie klar untersagt.
“Überwachungswerbung insgesamt zu verbieten, wäre eine effektivere Strategie gewesen, aber die Verarbeitung sensibler Daten und Dark Patterns auszuschließen, ist sicherlich die zweitbeste Option”, sagt Jan Penfrat, Senior Policy Advisor vom Verband für Europäische digitale Bürgerrechte EDRi. Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband begrüßt die Änderungen und hofft, dass das Parlament die Mitgliedstaaten im Trilog davon überzeugen kann.
Mit den Parlamentsvorhaben weniger einverstanden ist Thomas Duhr, Vizepräsident des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW). Zur Online-Werbung seien einige “sehr restriktive Regelungen angenommen worden, die der gesamten digitalen Wirtschaft schaden können, da sie massive Rechtsunsicherheit schaffen.” Bereits existierende Gesetzgebung zu Daten- und Privatsphärenschutz werde mit den Regelungen umgangen, erweitert und letztendlich ignoriert. Die Europaabgeordneten hätten den Digital Services Act in einigen Punkten als Auffangbecken für jegliche Regulierungsthemen genutzt, kritisiert Duhr.
Der Versuch des Eins-für-Alles-Gesetz betrifft dabei ganz unterschiedliche Branchen. Die Ablehnung von sogenannten Stay-Down-Verpflichtungen richtete sich primär gegen ein automatisiertes Herausfiltern bereits erkannter Verstöße. Also etwa bei Film- oder Musikverwendungen auf Social-Media-Plattformen oder bei Onlinespeichern. Dieses gilt als anfällig für das sogenannte Overblocking.
Aus Sicht des Markenverbandes trifft dies aber auch Onlinemarktplätze. Die sollen neuen Verpflichtungen zur Überprüfung der Identifikation von Anbietern unterliegen (“Know Your Business Customer”). Der Verbraucherschutz bleibe aber löchrig, “so lange online identifizierte Fälschungen immer wieder hochgeladen werden können”, sagt Christian Köhler, Hauptgeschäftsführer des Markenverbandes. Der werde sich während des Trilogs für das Stay-Down-Prinzip und die Verankerung des KYBC-Prinzips in den Artikeln des DSA einsetzen. Wie bei vielen anderen nun vom EP vorgesehenen Punkten ist vieles nur in den Begründungen genannt, den sogenannten Erwägungsgründen. Doch im eigentlichen Rechtstext, den Artikeln, spiegeln sich einige der Erwägungen kaum wider.
Die Verbraucherschützer wollen im Trilog insbesondere bei der Haftung durch Online-Marktplätze noch Verschärfungen erreichen, die auch Entschädigungen einschließen. Kritik übt Ursula Pachl vom europäischen Verbraucherdachverband BEUC, dass – auf Wunsch des Industrieausschusses – Ausnahmen für kleine und mittelständische Anbieter bei den Marktplatzpflichten in die Parlamentsposition aufgenommen wurden. “Dies könnte bedeuten, dass Verbraucher immer noch unsichere Produkte kaufen könnten, wenn sie sich kleineren Online-Marktplätzen zuwenden”, so Pachl.
Es brauche “einen differenzierten Ansatz, der die Vielfalt an Inhalten und Diensten berücksichtigt”, sagt Bitkom-Geschäftsführer Bernhard Rohleder. Der DSA müsse “so ausgestaltet werden, dass er im globalen Maßstab Standards setzt.”
Sitzung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten
24.01.-25.01.2022
Akteure: AFET
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen unter anderem ein Berichtsentwurf zu Korruption und Menschenrechten, ein Änderungsantrag zu einer Verordnung hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen sowie eine Aussprache mit Josep Borrell (Hoher Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik) über den Strategischen Kompass für Sicherheit und Verteidigung.
Vorläufige Tagesordnung
Sitzung des Ausschusses für Internationalen Handel
24.01.-25.01.2022
Akteure: INTA
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung steht unter anderem eine Anhörung zu den Handels- und Investitionsbeziehungen zwischen Afrika und der EU, Änderungsanträge zur Schaffung eines CO2-Grenzausgleichssystems (CBAM) sowie eine Aussprache mit der Kommission zu handelsbezogenen Aspekten der anstehenden Gesetzgebung zur nachhaltigen Unternehmensführung und dem Verbot von Produkten, die aus Zwangsarbeit stammen.
Vorläufige Tagesordnung
Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung
24.01.-25.01.2022
Akteure: ECON
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen unter anderem eine Abstimmung über einen europäischen Rahmen für die Quellenbesteuerung, der Jahresbericht Wettbewerbspolitik 2021 sowie eine Stellungnahme zu drittstaatliche Subventionen mit binnenmarktverzerrender Wirkung.
Vorläufige Tagesordnung
Sitzung des Ausschusses für Verkehr und Tourismus
24.01.-25.01.2022
Akteure: TRAN
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen unter anderem eine Aussprache mit Adina Vălean (Kommissarin für Verkehr) über das “Winter-Paket” sowie Verordnungsänderungen zur Erreichung der EU-Klimaziele.
Vorläufige Tagesordnung
Sitzung des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung
24.01.-25.01.2022
Akteure: AGRI, ENVI
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen unter anderem eine Aussprache mit Julien Denormand (französischer Minister für Landwirtschaft und Ernährung) über die Prioritäten der französischen EU-Ratspräsidentschaft sowie eine gemeinsame öffentliche Anhörung des AGRI und des ENVI zu den Auswirkungen der Farm-to-Fork-Strategie auf die Landwirtschaft und das Lebensmittelsystem.
Vorläufige Tagesordnung Programm Öffentliche Anhörung
Rat der EU: Auswärtige Angelegenheiten
24.01.2022 09:30 Uhr
Akteure: Außenminister:innen
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung steht Gedankenaustausche zur Situation in Syrien und Libyen.
Vorläufige Tagesordnung
Sitzung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz
25.01.2022 09:30-18:45 Uhr
Akteure: IMCO
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen unter anderem eine Stellungnahme zu drittstaatliche Subventionen mit binnenmarktverzerrender Wirkung, eine Berichterstattung über die Verhandlungen zum Digital Markets Act sowie eine Aussprache mit Vertretern der Kommission zum Gesetz über künstliche
Intelligenz.
Vorläufige Tagesordnung
Sitzung des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
25.01.2022 16:45-18:45 Uhr
Akteure: ENVI, AGRI
Agenda: Auf der vorläufigen Agenda stehen unter anderem eine gemeinsame öffentliche Anhörung des ENVI und des AGRI zu den Auswirkungen der Farm-to-Fork-Strategie auf die Landwirtschaft und das Lebensmittelsystem.
Vorläufige Tagesordnung Programm Öffentliche Anhörung
Rat der EU: Allgemeine Angelegenheiten
25.01.2022 10:00 Uhr
Akteure: Europaminister:innen
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen unter anderem die Vorstellung der Prioritäten des französischen Ratsvorsitzes, der Sachstand der Koordinierung der COVID-19-Pandemie auf EU-Ebene sowie der Sachstand der Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich.
Vorläufige Tagesordnung
Sitzung des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie
26.01.-27.01.2022
Akteure: ITRE
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung stehen unter anderem Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur, der Entwurf einer Stellungnahme zum Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe sowie verschiedene Stellungnahmen zum System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten.
Vorläufige Tagesordnung
Wöchentliche Kommissionssitzung
26.01.2022
Akteure: EU-Kommission
Agenda: Auf der vorläufigen Tagesordnung steht ein Vorschlag für die Grundsätze der digitalen Dekade. Im Anschluss an die Sitzung der Kommission findet voraussichtlich gegen 12:00 Uhr eine Pressekonferenz statt.
Vorläufige Tagesordnung Pressekonferenz Live
EuGH-Urteil zum Missbrauch beherrschender Stellung auf dem Markt für x86 Prozessoren
26.01.2022
Akteure: EuGH, Intel, EU-Kommission
Agenda: Die Kommission verhängte im Jahr 2009 eine Geldbuße in Höhe von 1,06 Mrd. gegen den Mikroprozessorhersteller Intel, weil dieser seine beherrschende Stellung auf dem Markt für x86-Prozessoren missbräuchlich ausgenutzt habe. Gegen diese Entscheidung legte Intel erfolgreich Rechtsmittel ein. Das Gericht entscheidet darüber, ob die durch Intel gewährten und von der EU-Kommission beanstandeten Rabatte geeignet waren, den Wettbewerb zu beschränken.
Infos
Ein Jahr ist es her, dass Mario Draghi mit der Aufgabe betraut wurde, die italienische Politik inmitten einer Pandemie und einer erdrückenden Wirtschaftskrise zu stabilisieren. Die Wahl eines Technokraten an die Spitze des Landes war Präsident Sergio Matarellas letztes Mittel, um vorgezogene Parlamentswahlen zu vermeiden.
Sollte Mario Draghi nun selbst für das Präsidentenamt kandidieren, stünde Italien womöglich erneut vor politischen Turbulenzen. Der 74-Jährige würde das Amt des Premierministers räumen, inmitten der Umsetzung des großen, EU-finanzierten Reformprogramms, ein würdiger Nachfolger ist nicht zu erkennen. Die am Montag beginnende Präsidentschaftswahl wird daher auch in Brüssel und anderen Mitgliedstaaten aufmerksam beobachtet.
“Ich bin ein Mann, wenn Sie so wollen, ein Großvater im Dienste der Institutionen”, sagte Draghi im Dezember und deutete damit an, dass er bereit wäre, für das Präsidentenamt zu kandidieren. Sergio Mattarella (Partido Democratico) tritt nicht für eine zweite Amtszeit an. Draghi bringt alle Voraussetzungen für die Nachfolge mit. Sollte der frühere EZB-Chef jedoch Präsident werden, müsste er einen Nachfolger für das Amt des Ministerpräsidenten ernennen oder vorgezogene Neuwahlen ausrufen.
Für viele stellt dies eine Bedrohung für die fragile Regierung der nationalen Einheit dar. Andere glauben, dass Mario Draghi als Präsident in den kommenden sieben Jahren einen stabilisierenden Einfluss auf die turbulente Politik Italiens ausüben könnte.
Die derzeitige Regierung von Mario Draghi wird von der 5-Sterne-Bewegung (M5S), Forza Italia, der Lega Nord, der PD, Italia Viva und Article One unterstützt wird. Draghi formte sie auf dem Höhepunkt der Coronavirus-Pandemie, nachdem der amtierende Ministerpräsident Giuseppe Conte aus dem Amt gedrängt worden war. Der frühere EZB-Chef führte das bunte Bündnis mit fester Hand.
Die Wahl des neuen Staatspräsidenten könnte das Bündnis aber sprengen. Der 85-jährige Silvio Berlusconi hat sein Interesse an einer Kandidatur bekundet. Er droht damit, seine Partei Forza Italia werde die gegenwärtige Koalition verlassen und vorgezogene Parlamentswahlen erzwingen, sollte Draghi ins Amt des Staatspräsidenten wechseln.
Ob Berlusconis Vorstoß Erfolg hat, ist aber fraglich. Der vorbestrafte Medienunternehmer sucht seit Wochen telefonisch nach Verbündeten, offenbar vergebens. Der Abgeordnete Vittorio Sgarbi kontaktiert Abgeordnete und Senatoren im Namen des Cavaliere, wie Berlusconi auch genannt wird. “La Repubblica” zitierte diesen mit der Aussage, Berlusconi sei traurig und erwäge einen ehrenvollen Abgang. Doch einen anderen klaren Kandidaten hat die Rechte aus Lega, Forza Italia und Fratelli d’Italia) im Moment nicht.
Bislang riskiert niemand, seine Karten offenzulegen, weder die potenziellen Kandidaten noch die Fraktionen. Am Montag aber beginnt die Abstimmung. Der italienische Staatspräsident wird von den Mitgliedern des Senats, des Parlaments und den regionalen Delegierten gewählt. Gemeinsam ergeben sie 1009 Wähler- “grandi elettori” genannt. Am kommenden Montag treffen sich die Abgeordneten zu einer gemeinsamen Sitzung in Montecitorio und stimmen zum ersten Mal geheim ab, indem sie den Namen des Kandidaten auf einen Zettel schreiben.
Die Kandidaten müssen von zwei Dritteln unterstützt werden, um die Wahl zu gewinnen. Die Hürde sinkt auf eine einfache Mehrheit, wenn die Wahl die vierte Runde erreicht. Es wird täglich abgestimmt, bis das erforderliche Quorum erreicht ist. Die Wahl wird in ihrer Endphase immer schwerer durchschaubar, wenn sich die Loyalitäten bisweilen schnell ändern und einzelne Parlamentarier die geheime Stimmabgabe ausnutzen, um die Abstimmungsdisziplin ihrer Fraktion zu verletzen.
Die politische Position von Draghi wird dadurch geschwächt, dass die Spannungen in der von ihm geführten Koalition zunehmen. Zwei der wichtigsten Parteien, die 5-Sterne-Bewegung und die Demokratische Partei, sind sich uneins.
In beiden Formationen mit mehreren Ministern in der Regierung gibt es einige, die darauf setzen, dass Draghi bleibt, wo er ist, um die Reformen zu vollenden und die Stabilität der Exekutive zu gewährleisten. Andere, wie der Sekretär der PD, Enrico Letta, sind geneigt, dem ehemaligen Banker die Türen des Quirinalspalastes zu öffnen, um nationale Stabilität und internationale Anerkennung zu gewährleisten. Draghi argumentiert, dass die Legislaturperiode weitergehen wird, ob er nun am Ruder ist oder nicht. Isabel Cuesta
In Amiens hat am Donnerstag das erste informelle Treffen der EU-Umweltminister unter französischem Ratsvorsitz begonnen. Sie sei froh, dass es unter den Mitgliedsstaaten beim geplanten CO2-Grenzausgleich (CBAM) ein prinzipielles Einverständnis gebe, sagte Barbara Pompili, Frankreichs Ministerin für ökologische und inklusive Transition. Jetzt gehe es darum zu diskutieren, wie das Instrument genau ausgestaltet werde. Die französische Regierung hatte angekündigt, den CBAM während der Präsidentschaft zur Priorität im Klimabereich machen zu wollen. Bei dem insgesamt dreitägigen Treffen werden auch die Energieminister anwesend sein.
Die aufgeheizte Debatte um die Taxonomie macht auch vor diesem Treffen nicht halt. Am Donnerstagabend veröffentlichten Spanien, Österreich, Dänemark und Luxemburg einen Brief an die Kommission, in dem sie sich gegen die Einstufung von Erdgas und Atomkraft in der EU-Taxonomie als nachhaltig aussprechen. Man werde beim Treffen des Umweltrats eine gemeinsame Position in dieser Sache vertreten, hieß es. Die Länder hatten bereits zuvor angekündigt, den Taxonomie-Entwurf abzulehnen.
Deutschland ist beim Umweltdossier durch Stefan Tidow vertreten, Staatssekretär im BMUV. Für den Energieteil kommt heute Sven Giegold hinzu, Staatssekretär im BMWK. Auch Tidow äußerte sich zur Taxonomie. Auf die Frage von Journalisten, ob er eine Chance sehe, die Aufnahme der Atomkraft in die EU-Taxonomie zu verhindern, antwortete er: “Wir sind noch nicht so weit.” Die Bundesregierung werde zuerst einmal Stellung nehmen und sehr deutlich machen, dass sie die Aufnahme der Atomkraft in die EU-Taxonomie schwierig finde. Die Kommission müsse dann ihren Vorschlag vorlegen und dann stelle sich die Frage, wie es weitergehe.
Belastet die Auseinandersetzung um die Taxonomie das deutsch-französische Verhältnis? “Nein, wir haben unterschiedliche Interessen, aber das ist doch ganz normal”, entgegnete Tidow. Atomkraft sei natürlich keine grüne Energie. Sie sei nicht nachhaltig, weil die Endlagerfrage ungelöst sei und im Grunde auch nicht wirtschaftlich, wenn man das Haftungsrisiko in Rechnung stelle. Die deutsche Regierung habe da eine klare Haltung.
Die Umwelt- und Energieminister sollen nach den Worten von Gastgeberin Pompili die Gesetzestexte des Klimapakets Fit for 55 voranbringen. Inzwischen liegen die meisten Entwürfe der Berichterstatter des EU-Parlaments für das Maßnahmenbündel im Kampf gegen den Klimawandel vor. Doch die einzelnen Instrumente sind weiterhin teils sehr umstritten. Bei informellen Treffen werden zwar keine Entscheidungen getroffen, dafür aber Spielräume für mögliche Kompromisse ausgelotet.
Am Donnerstag stand jedoch zunächst die Problematik der Pflanzenschutzmittel auf der Agenda und wie die negativen Auswirkungen auf die Biodiversität reduziert werden können. Hier gibt es Kritik aus den Reihen der Mitgliedsstaaten, dass die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA bisher noch keine Standards veröffentlicht hat, an denen die nationalen Behörden sich orientieren könnten. Auf der Agenda stand außerdem der Verordnungsentwurf der EU-Kommission für entwaldungsfreie Produkte, also gegen die aus Brasilien oder Asien “importierte Entwaldung”.
Für die Energieminister wird es heute und morgen darum gehen, die Diskussion über eine Antwort auf die hohen Energiepreise zu vertiefen. Bisher gibt es zwischen den Nordeuropäern, die dem Markt vertrauen, und den Südeuropäern, die gemeinsame Initiativen fordern, noch keinen Konsens. Bei der gemeinsamen Sitzung von Umwelt- und Energieministern soll es außerdem um die soziale Abfederung der Klimawende sowie um Holz als nachhaltigen Rohstoff und Wald als CO2-Speicher gehen. sti
Die EU-Kommission will ihren Gesetzentwurf zur Förderung der Chipbranche in Europa Anfang Februar vorstellen. Das kündigte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beim Weltwirtschaftsforum an. Europe.Table hatte zuvor berichtet, dass der zuständige Binnenmarktkommissar Thierry Breton den Vorschlag für den European Chips Act schon bald vorlegen wolle.
Von der Leyen sagte, man könne sich die aktuelle Abhängigkeit von wenigen Produzenten außerhalb Europas nicht mehr erlauben. Dafür müsse die EU ihre Herangehensweise “radikal” ändern. Erklärtes Ziel der Initiative ist es, den EU-Anteil an der weltweiten Mikrochip-Produktion bis 2030 auf 20 Prozent zu steigern. Dafür müsste die EU ihren Anteil binnen weniger Jahre mehr als verdoppeln. Sollte der Halbleiter-Markt wie prognostiziert wachsen, müssten sich die Produktionskapazitäten in Europa bis 2030 dafür mehr als vervierfachen.
Ziel sei es, die Position Europas entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu stärken. Der European Chips Act wolle daher die Forschungskapazitäten ebenso wie Chipdesign und Produktion fördern. Um Investitionen nach Europa zu leiten, werde die Behörde die Beihilferegeln wie angekündigt lockern (Europe.Table berichtete) und erstmalig Staatshilfen für innovative “First of a Kind”-Fabriken erlauben, so von der Leyen. Zudem wolle man die Lieferketten genauer überwachen, um akuten Engpässen wie derzeit künftig vorbeugen zu können. Überdies wolle man den Zugang mittelständischer Unternehmen aus dem Sektor zu Fachkräften und Finanzierung verbessern.
Mit Partnern wie den USA will von der Leyen zudem über eine gezielte Arbeitsteilung sprechen. Ziel sei, die gegenseitigen Abhängigkeiten “besser auszubalancieren”. tho
Alex Agius Saliba, der Berichterstatter des EU-Parlaments, will einen einheitlichen Ladekabel-Anschluss für zusätzliche Gerätetypen vorschreiben. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen (Europe.Table berichtete), die Hersteller unter anderem von Mobiltelefonen, Tablets, Digitalkameras und tragbaren Lautsprechern zum Einbau eines einheitlichen Ladekabel-Anschlusses im Format USB-C zu verpflichten. Agius Saliba (S&D) schlägt in seinem Berichtsentwurf nun vor, etwa auch E-Reader, Smart Watches oder In-Ohr-Kopfhörer in die Richtlinie aufzunehmen.
Ziel der Initiative ist es, das Kabel-Durcheinander bei den Verbrauchern zu beenden und Elektronikabfall zu reduzieren. Die Kommission schätzt, dass in der EU jährlich etwa 11.000 Tonnen Müll durch entsorgte und nicht benutzte Ladegeräte anfallen. Die einheitlichen Ladekabel-Anschlüsse in der EU sollen diese Menge um knapp 1.000 Tonnen verringern. Zudem sollen elektronische Geräte nicht mehr standardmäßig mit Ladegerät verkauft werden.
Agius Saliba will die Übergangszeit für die Hersteller dabei im Vergleich zur Kommission verkürzen: Nur sechs statt 12 Monate sollen sie Zeit haben, wenn die ergänzende Richtlinie zur Radio Equipment Directive in Kraft getreten ist. Das kabellose Laden soll zu einem späteren Zeitpunkt in die Regulierung aufgenommen werden. Agius Saliba schlägt hier vor, dass die Kommission bis Ende 2025 diejenige technische Lösung aufnimmt, die sich bis dahin durchgesetzt hat. tho
Die Erweiterung des europäischen Emissionshandelssystems für Gebäude und Straßenverkehr dürfe nicht der einzige Motor für die Dekarbonisierung der beiden Sektoren sein. Vielmehr müsse das ETS 2 in einen breiten Policy-Mix und verbindliche nationale Reduktionsziele eingebettet sein, fordern die Autoren einer Studie des Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) und der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST).
Bewertet wurde der Vorschlag der EU-Kommission, den bestehenden ETS zu reformieren und zu erweitern. Diese Reform sei grundsätzlich sinnvoll, da die CO2-Bepreisung im Gebäude- und Straßenverkehrssektor die Kosten für die Klimaschäden an die Verursacher weitergebe und Investitionskanäle für klimafreundliche Alternativen für Mobilität und Gebäudewärme öffne, heißt es in der Studie. Allerdings sollte der ETS 2 als Ergänzung zu “Standards, öffentlichen Investitionen und anderen marktbasierten Instrumenten” und als Warnindikator für die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit weiterer klimapolitischer Maßnahmen gesehen werden.
Der ETS 2 dürfe kein Ersatz für die sogenannte “Effort Sharing Regulation” (ESR) sein, welche Treibhausgas-Reduktionsziele für jedes Land in jenen Sektoren festlegt, die nicht in den bestehenden ETS fallen. Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass der ETS 2 ein Instrument sei, um die Ziele der ESR zu erfüllen.
Die Preiskontrollmechanismen, deren Ziel es ist, stark schwankende Preise zu verhindern, werden zudem als unzureichend bewertet. Daher schlagen die Autoren sowohl eine Preisuntergrenze vor, um die Wirksamkeit des Systems für den Klimaschutz zu gewährleisten, sowie eine Preisobergrenze, um die Sozialverträglichkeit der CO2-Bepreisung zu garantieren. Letztere könnte über die Marktstabilitätsreserve (MSR) umgesetzt werden. Bedeutet: Würde der CO2-Preis im ETS 2 die Obergrenze übersteigen, könnten überschüssige und ungenutzte Emissionsrechte aus den Vorjahren, welche in die MSR überführt wurden, eingelöst werden, um den Preis zu drücken.
Der Klima-Sozialfonds (Social Climate Fonds/SCF) wird ebenfalls als grundsätzlich positiv angesehen (Europe.Table berichtete), da er ein substanzielles Volumen aus den Einnahmen des ETS 2 an ärmere Mitgliedstaaten umverteile. Jedoch seien Kriterien, unter denen Mitgliedstaaten Gelder aus dem Fonds erhalten, unklar, heißt es in der Studie, die von Germanwatch, CAN Europe und dem WWF in Auftrag gegeben wurde. Sie fordern daher verbesserte Governance-Strukturen, die eine faire Verteilung der Gelder an besonders betroffene Haushalte ermöglichen. Zudem sollten alle Einnahmen des neuen ETS in Klimaschutzinvestitionen oder Ausgleichszahlungen für EU-Bürger:innen fließen. luk
Airlines sollen schon ab 2026 für alle ihre CO2-Emissionen in Europa zahlen. Das wäre ein Jahr früher als von der EU-Kommission ursprünglich geplant. So schlägt es Sunčana Glavak (EVP) vor, die Berichterstatterin des ENVI-Ausschusses im EU-Parlament für die Erweiterung des europäischen Emissionshandels auf den Flugverkehr.
Derzeit erhalten Fluggesellschaften noch in einer Art Pilotphase kostenlose CO2-Zertfikate für mehr als 80 Prozent ihrer Emissionen. Ab 2024 würden sie ein Drittel dieser freien Zertifikate verlieren, so der Entwurf für den Parlamentsbericht, anstatt der von der Kommission vorgeschlagenen 25 Prozent. Ab 2025 würden sie zwei Drittel statt 50 Prozent verlieren. 2026 gäbe es schließlich keine kostenlosen Zuteilungen mehr. Dies würde laut Glavak bedeuten, dass insgesamt zusätzliche 12 Millionen Emissionsrechte im ETS verfügbar wären.
Die kroatische EU-Parlamentsabgeordnete sagte, dass es den Fluggesellschaften an Lösungen fehle, um ihre Emissionen schnell zu senken. Sie schlägt deshalb vor, dass ein EU-Innovationsfonds die Entwicklung von Technologien zur Senkung der Emissionen des Flugverkehrs unterstützen sollte, darunter nachhaltige Kraftstoffe und saubere Motoren.
Aktuell sind nur Emissionen von Flügen innerhalb Europas im Emissionshandel (ETS) abgedeckt, Flugverkehr in die EU und aus der EU heraus jedoch nicht. Diese werden durch ein CO2-Ausgleichssystem der UN-Luftfahrtbehörde ICAO abgedeckt, das ab 2027 für alle Länder verbindlich wird – das sogenannte Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation (CORSIA).
EP-Berichterstatterin Glavak fordert, dass die EU versuchen sollte, dieses System zu stärken. CORSIA wird von einigen Ländern und Umweltschutzorganisationen als unwirksam für die CO2-Reduzierung kritisiert. Sollte CORSIA nicht ausreichen, um die Klimaziele der EU zu erreichen, “sollten andere Optionen zur Emissionsminderung eingesetzt werden”, heißt es in dem Berichtsentwurf.
Vergangene Woche hatte Peter Liese, Berichterstatter der ETS-Reform, angekündigt, auch die Emissionen des Schiffsverkehrs früher in den ETS zu integrieren (Europe.Table berichtete), als von der Kommission vorgesehen. luk/rtr
Unmittelbar vor der nächsten Spitzenrunde zu einer diplomatischen Lösung der Ukraine-Krise haben die USA klargestellt, dass jeglicher Grenzübertritt der Truppen Russlands eine Aggression darstellen würde. Ein solcher Vorfall würde eine “schnelle, ernsthafte und gemeinsame Antwort” der westlichen Alliierten provozieren, sagte US-Außenminister Antony Blinken am Donnerstag in Berlin nach einem Treffen mit der deutschen Ressortchefin Annalena Baerbock. Dies betreffe auch Versuche einer Destabilisierung etwa durch hybride Angriffe oder paramilitärische Aktionen.
Blinken stellte damit Äußerungen von US-Präsident Joe Biden klar. Biden hatte am Mittwoch angedeutet, dass eine kleinere Aggression Russlands eine mildere Reaktion des Westens nach sich ziehen könnte. Am Freitag kommt Blinken in Genf mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow zusammen.
Baerbock betonte: “In der Sache geht es um nichts weniger als den Erhalt der europäischen Friedensordnung.” Diese “ist für uns existenziell, deshalb haben wir keine andere Wahl, konsequent für sie einzutreten und sie mit einem Schutzschild zu beschützen”. Dies gelte auch dann, “wenn diese Maßnahmen für uns wirtschaftliche Konsequenzen haben sollten”.
Sie sei sich aber mit Blinken einig, “der einzige Weg aus der Krise ist ein politischer Weg, und dieser Weg führt nur über den Dialog”, sagte Baerbock. “Leider spricht das russische Verhalten weiterhin eine andere Sprache.” Es müsse jetzt jeder Gesprächskanal genutzt werden. Baerbock begrüßte in diesem Zusammenhang, dass Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zu einer weiteren Sitzung des Nato-Russland-Rats eingeladen habe. Dies sei ein “gutes und wichtiges Signal”. Wichtig sei auch die Wiederbelebung des sogenannten Normandie-Formats, dem Deutschland, Frankreich, Russland und die Ukraine angehören.
Beim virtuellen Davoser Weltwirtschaftsforum äußerte sich auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu der Situation an der Grenze zur Ukraine: “Wenn die Lage außer Kontrolle gerät, wenn es weitere Angriffe auf die territoriale Integrität der Ukraine gibt, werden wir antworten mit massiven wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen”, sagte von der Leyen. “Die transatlantische Gemeinschaft ist standhaft diesbezüglich.” Der Versuch Russlands, Europa in Einflusssphären zu spalten, sei inakzeptabel. “Wenn es Angriffe gibt, sind wir bereit.” rtr
Der US-Kurznachrichtendienst Twitter muss seine Aktivitäten zur Bekämpfung von Hassrede im Netz in Frankreich offenlegen. Das entschied ein Pariser Berufungsgericht am Donnerstag, das damit das Urteil einer Vorinstanz bestätigte.
Demnach muss Twitter nun Auskunft darüber geben, wie viele Menschen welcher Nationalität an welchem Ort und in welcher Sprache Inhalte auf der französischsprachigen Plattform überprüfen. Zudem muss der US-Konzern den sechs Klägern eine Geldbuße von jeweils 1500 Euro zahlen, die Twitter vorwerfen, nicht ausreichend gegen Hassrede vorzugehen.
Twitter erklärte: “Unsere oberste Priorität ist die Sicherheit der Menschen, die unsere Plattform nutzen.” Die Vorinstanz in Frankreich hatte auch verlangt, dass das Unternehmen seine Aktivitäten gegen Hassrede mit Dokumenten, Verträgen und finanziellen Details belegt.
Weltweit wird sozialen Netzwerken wie Twitter, Facebook und Google vorgeworfen, zu wenig gegen Hassrede und Falschinformationen im Netz zu tun. In Deutschland gibt es bereits seit 2018 das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), unter das Plattformen mit einer großen Reichweite fallen und nach dem strafbare Inhalte von sozialen Medien schnell und konsequent gelöscht werden müssen. rtr
Security scanners across Europe tied to China govt, military | AP News
“Wir müssen Energie effizienter nutzen”, sagt Gunther Kegel leidenschaftlich. Sein Ziel: “Als Volkswirtschaft mehr erwirtschaften können bei weniger Energieverbrauch.” Gunther Kegel ist kein Umweltaktivist, sondern vertritt als Präsident des Branchenverbands ZVEI die Elektroindustrie. Gemessen an der Zahl der Beschäftigten handelt es sich dabei um Deutschlands zweitgrößten Industriezweig. Kegel selbst ist promovierter Elektroingenieur. Der Startschuss seiner Karriere war ein Weihnachtsgeschenk: “Als ich neun Jahre alt war, bekam ich von meiner Großmutter einen Elektro-Baukasten. Der enthielt Experimente, die ich absolut faszinierend fand.”
Nach seinem Studium landete Gunther Kegel 1990 bei Pepperl+Fuchs, das Unternehmen stellt Elektronik für die Fabrik- und Prozessautomation her. Inzwischen leitet er den Global Player als Vorstandsvorsitzender. Seine ehrenamtliche Rolle als Verbandspräsident bereite ihm viel Freude, sagt Kegel. Im ZVEI könne man sich mit wichtigen gesellschaftlichen Themen beschäftigen: erneuerbare Energiequellen, E-Motoren, Automatisierung. Kegel sieht in alledem eine Chance, durch Technologie Veränderungen anzustoßen.
“Da ist die Glühlampe ein tolles Beispiel”, sagt der 61-Jährige. Auf EU-Ebene hatte sich sein Verband damals für einen schnelleren Wandel, weg von der Glühbirne, hin zu energiesparenden Leuchtmitteln starkgemacht. Aus Kegels Sicht ein doppelter Erfolg: “Wenn man solche Herausforderungen mit Innovationen angeht, hat man für die Kunden das bessere Produkt, das gleichzeitig auch noch energieeffizienter ist.” Klimaschutz nicht durch Verzicht, sondern durch Innovation und Marktwirtschaft, dieser Mechanismus sei wegweisend. Die Devise des ZVEI laute: “Energieeffizienz durch Elektrifizierung und Digitalisierung.”
Das EU-Gesetzgebungspaket Fit for 55 findet er gleichzeitig richtungsweisend und kritikwürdig – es sei in manchen Punkten nicht ambitioniert genug. Der Elektroindustrie-Verband fordert zum Beispiel: Energieträger sollten künftig ausschließlich gemäß ihrer Treibhausgasemissionen besteuert werden. Für Erneuerbare würde dann keine Stromsteuer mehr fällig.
Warum? “Es muss sich lohnen, in klimafreundliche Technologien zu investieren – für den Unternehmer und die Einzelperson”. Wenn der CO2-Preis wirken solle, müsse er deutlich höher liegen, bei 100 bis 150 Euro pro Tonne. “Dann wäre beispielsweise eine Tankfüllung um 20 Euro teurer, das macht sich im Portemonnaie bemerkbar.”
Mit solchen marktwirtschaftlichen Anreizen könne man Menschen zum Umdenken bewegen. Bei allen Ambitionen zur Transformation betont Kegel aber auch: Planbarkeit und Kontinuität sind ihm wichtig. “Es darf nicht zu abrupt gehen.” Die Europäer:innen müssten nun die Ärmel hochkrempeln und konkret planen, wie sich die gesteckten Ziele erreichen lassen. “Das ist politisch bei Weitem nicht so spektakulär, wie einen Green Deal vollmundig ankündigen zu können.” Aber: Die tatsächliche Arbeit, die Umsetzung, müsse erst noch gemacht werden. “Und zwar schnell.” Paul Meerkamp