Table.Briefing: Europe

Berichtspflicht bei Nachhaltigkeit + Dark Patterns + Gaslieferungen aus Norwegen + Zusatzzölle auf Stahl

  • Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD): Bürokratiemonster oder Transparenzgarant?
  • Anhörung zu Dark Patterns: Ist ein Paradigmenwechsel notwendig?
  • China-Importe: Es stockt auf der Schiene
  • Norwegen zieht Gaslieferungen vor
  • Taxonomie und Krieg in der Ukraine: MEPs schicken Brief an die Kommission
  • Kommission genehmigt Energiebeihilfen für Spanien und Tschechien
  • Vestager will im März Einigung beim DMA
  • AI Act: Deutschland will Extra-Kapitel für Sicherheitsbehörden
  • Russische Entwickler wollen Instagram-Klon auf den Markt bringen
  • EU führt Zusatzzölle auf Stahlimporte aus Indonesien und Indien ein
  • Litauen fordert Verschiebung des EU-China-Gipfels
  • Russland aus Europarat ausgeschlossen
  • Presseschau
  • Standpunkt: Was ist mit den Klimavertriebenen?
Liebe Leserin, lieber Leser,

volle Gasspeicher sind seit dem Angriffskrieg Russlands zu einem strategischen Ziel geworden. Norwegen verschiebt nun eigens die Revision einer Förderanlage, um die Höhe der Erdgasexporte auch im Sommer aufrechtzuerhalten. Beim Gas der Zukunft prescht Deutschland vor und will nun mit Norwegen den Bau einer Wasserstoff-Pipeline prüfen. Befüllt werden soll die aber vorerst mit blauem Wasserstoff aus: Erdgas. Einher geht damit die Speicherung von CO2 mittels CCS. Mehr über die am Abend vermeldete Kehrtwende des Wirtschaftsministers lesen Sie in den News.

Ganz alltägliche Güter transportieren dagegen die Züge auf ihrem Weg von China durch Russland oder Belarus bis in die EU. Die Pandemie hatte den Waggons einen regelrechten Boom beschert, durch den Krieg steht die Verlässlichkeit aber in Frage. Julia Fiedler analysiert, welche Rolle die Ukraine für die Transportwege spielen sollte.

In trockenen Tüchern ist derweil der Parlamentsbericht zur Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Öffentlichkeit und Investoren sollen dadurch leichter Informationen darüber bekommen, wie sich die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens auf Mensch und Planeten auswirkt. Der Rechtsausschuss hat den Bericht angenommen. Worauf sich die Fraktionen verständigt haben, zeigt Lukas Scheid, der auch ein Aperopa zu den ersten 100 Tagen der Bundesregierung geschrieben hat.

Einen Riegel vorschieben will das Parlament den Dark Patterns. Dahinter verbirgt sich eine Unzahl unethischer kleiner Tricks beim Design von Webseiten. Nutzerinnen und Nutzer schließen so Geschäfte ab oder geben Informationen preis, wonach ihnen gar nicht der Sinn stand. Welche Lösungen bei einer Anhörung diskutiert wurden, hat Torsten Kleinz aufgeschrieben.

Im Standpunkt geht es heute um Klimamigration. Bereits jetzt sei geplante Migration zu erwägen, um Menschen aus gefährdeten Gebieten umzusiedeln, bevor die schlimmsten Auswirkungen eintreten, schreiben Aktivistinnen von drei Klima- und Menschenrechtsorganisationen.

Ihr
Manuel Berkel
Bild von Manuel  Berkel

Analyse

Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD): Bürokratiemonster oder Transparenzgarant?

Bei der CSRD geht es um Risikominimierung und ökologische sowie soziale Verantwortung. Bislang fehlt es den Berichtspflichten zu nicht-finanziellen Aspekten von Unternehmen an Struktur und Vergleichbarkeit. Das macht es für Investoren, politische Entscheidungsträger und Verbraucher schwer, die Umwelt- und Sozialauswirkungen von Unternehmen zu bewerten.

Mit der CSRD (früher Non-Financial Reporting Directive – NFRD) sollen Unternehmen verpflichtet werden, ab 2024 stringenter und detaillierter über Risiken ihrer Geschäftspraktiken für Mensch und Umwelt zu informieren. Durch die öffentliche Exposition sollen sie zudem angehalten werden, einen verantwortungsvollen Geschäftsansatz zu entwickeln, schrieb die Kommission in ihrer Begründung für eine Überarbeitung. Auf diese Weise sollen Investitionen zudem verstärkt in nachhaltige Geschäftsfelder gelenkt werden – alles im Sinne des Green Deal.

Nachdem sich der Rat Ende Februar auf eine allgemeine Ausrichtung zur CSRD geeinigt hatte, wurde am Dienstag der Parlamentsbericht im federführenden JURI-Ausschuss mit 22 Stimmen dafür und einer dagegen angenommen. Berichterstatter Pascal Durand (Renew) bezeichnete das Ergebnis als “ausgewogenen Kompromiss, der von einer großen Mehrheit der Fraktionen unterstützt wird”.

CSRD-Standards nicht für KMU

Die Abgeordneten verständigten sich darauf, dass offengelegte Informationen leichter zugänglich, besser vergleichbar und von unabhängiger Seite überprüfbar und somit zuverlässiger gemacht werden sollen. Die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) soll beauftragt werden, verbindliche EU-Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu entwickeln.

Dabei soll das Beratergremium der Kommission Umweltfragen, soziale Aspekte, wie Gleichstellung und Diversität, sowie Governance, einschließlich Korruptions- und Bestechungsbekämpfung, berücksichtigen. Der Parlamentsbericht sieht vor, dass das EFRAG-Budget entsprechend aufgestockt wird. Die von dem Gremium erarbeiteten Standards für die Berichtspflichten sollen anschließend von der Kommission durch delegierte Rechtsakte verabschiedet werden.

Betroffen von der CSRD wären alle Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten, die auf EU-Märkten aktiv sind. Die Kommission hatte vorgeschlagen, auch kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) einzubeziehen, sofern sie börsennotiert sind (Europe.Table berichtete). Der Parlamentsbericht sieht die Einbeziehung von KMU vorerst nicht vor, will dies jedoch zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal überprüfen lassen und ihnen bis dahin ermöglichen, sich auf freiwilliger Basis an die Standards zu halten. Außerdem sollen Unternehmen ein Jahr mehr Zeit bekommen, um sich an die neuen Berichtspflichten vorzubereiten, sodass der erste Bericht 2025 für das Geschäftsjahr 2024 fällig wäre.

Weitere Überprüfung in risikoreichen Sektoren

Schattenberichterstatterin der Grünen Marie Toussaint bedauert, dass KMU nicht unter die CSRD fallen sollen: “Insbesondere dann, wenn sie in risikoreichen Sektoren wie dem Rohstoffsektor, der Landwirtschaft, der Textilindustrie oder dem Finanzsektor tätig sind.” Immerhin, so Toussaint, wurde eine Überprüfungsklausel eingeführt, mit der das Parlament die Kommission auffordert, zusätzliche Kriterien für die Berichterstattung in solchen Hochrisikosektoren festzulegen.

Für das konservative Lager im EU-Parlament ist die Aussparung der KMU dagegen ein Erfolg: Es dürfe nicht vergessen werden, “dass Nachhaltigkeitsinformationen nicht so einfach messbar und zu erfassen sind”, sagt Axel Voss, rechtspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion. Damit stelle man Unternehmen vor eine riesige Herausforderung. Voss fürchtet dennoch, “ein neues Bürokratiemonster in Europa loszulassen”, sollten einige Punkte in den Trilogverhandlungen nicht geändert werden. So fordert er, dass die Nachhaltigkeitsberichte nicht gesondert von der herkömmlichen Wirtschaftsprüfung überprüft werden sollen und dass Tochterunternehmen eine Ausnahme der Berichtspflichten erhalten.

Zahlreiche NGOs und öffentliche Institutionen – darunter auch Eurosif – hatten schon vorher vor einer möglichen Verschiebung der Berichtspflichten gewarnt. Dies sei problematisch für den Green Deal und die dringende Notwendigkeit, die Abhängigkeit Europas von fossilen Brennstoffen aus Russland zu verringern, schreibt die Alliance for Corporate Sustainability. Dass KMU nicht unter die CSRD fallen sollen, trifft ebenfalls auf Unverständnis. So würden 99,8 Prozent der Wirtschaft ausgelassen, kritisiert Julia Linares Sabater, Referentin für nachhaltige Finanzpolitik im European Policy Office des WWF.

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Anhörung zu Dark Patterns: Ist ein Paradigmenwechsel notwendig?

Bei der Anhörung hatten ausschließlich Kritiker das Wort. Wie die Ausschussvorsitzende Anna Cavazzini betonte, hatten die Parlamentarier auch Industrievertreter eingeladen, doch keine der angefragten Firmen wollte sich an den Beratungen beteiligen. Entsprechend grundsätzlich wurde die Kritik an den derzeitigen Industriepraktiken.

Ari Waldman, Professor an der Northeastern University, bezeichnete die Design-Tricks, die insbesondere durch Cookie-Banner Verbreitung fanden, als konstituierend für den “informationellen Kapitalismus”. Dieser sei auf ständigen Nachschub neuer Daten angewiesen, weshalb es lebenswichtig für viele Unternehmen sei, die Nutzer zur Zustimmung der Datenverarbeitung zu drängen und schließlich zu manipulieren. Der Sinn der Datensammlung sei dabei zweifelhaft. Waldmann stellte die These in den Raum, dass die mit hohem Aufwand personalisierten Vorhersagen über das Nutzerverhalten in der Praxis kaum besser funktionierten als wesentlich weniger invasive Techniken.

Unter dem Begriff “Dark Patterns” wird eine breite Auswahl von manipulativen Designs bezeichnet. Die Liste reicht von simplen Tricks wie die Platzierung und die Farbgebung eines Buttons bis zu ausgefeilten Dialogen, bei denen geschickt wichtige Informationen so platziert werden, dass sie von den meisten Nutzern nicht wahrgenommen werden. Verbreitet ist auch die Methode, Vertragsabschlüsse mit einem Mausklick möglich zu machen, für die Kündigung aber einen Anruf bei einer nur zeitweise besetzen Hotline vorzuschreiben.

Verbraucher handeln nicht nur rational

Die heutige Häufung solcher Techniken sei auch durch die europäische Gesetzgebung bedingt. Diese gehe von einem rationalen Verbraucher aus und bürde diesem die Last der Entscheidung auf. “Aber Menschen sind sehr schlecht darin, künftige Risiken gegen unmittelbare Vorteile abzuwägen”, erklärte Waldman. Statt Datenschutzerklärungen zu lesen, ließen sich Verbraucher von dem Webdesign oder emotionaler Ansprache zu einer Entscheidung beeinflussen. Die als “Dark Patterns” bekannten Design-Tricks schafften es, die Irrationalität der Nutzer auszubeuten. Auch gut informierte Bürger seien davor nicht gefeit. Deshalb sei ein Paradigmenwechsel notwendig.

Neben den unmittelbaren Folgen solcher Manipulationen, die in ungewollten Abos oder Käufen mündeten, verwiesen die Experten auch auf die sonstigen Schäden: Die Design-Tricks verursachten Stress, sorgten für Zeitverschwendung und gefährdeten letztlich die Autonomie der Bürger. Selbst aus bislang harmlosen Daten würden heute personalisierte Konsumentenprofile generiert, die dann zu erneuter Manipulation verwandt würden.

Harry Brignull, der den Begriff “Dark Patterns” mit seiner Website zum Thema erst populär gemacht hatte, verwies aber auch darauf, dass die Techniken zur Nutzerbeeinflussung nicht per se als negativ gesehen werden können. Über eine auffällige Farbgebung können Anbieter dafür sorgen, dass Nutzer besonders gut informiert werden – oder sie dazu verleiten, wichtige Informationen zu überlesen. Als Dark Patterns werden sie erst bezeichnet, wenn sie dazu dienen, den Verbraucher zu Entscheidungen zu bringen, die gegen dessen eigene Interessen verstoßen, aber im Interesse des Diensteanbieters sind.

Datenschutzgesetze endlich durchsetzen

Die Experten sehen zunächst ein Vollzugsdefizit. So enthält die Datenschutzgrundverordnung zwar eine allgemeine Vorschrift, die hohe Anforderungen daran anlegt, wie Nutzer wirkungsvoll einer Datenverarbeitung zustimmen können. Doch bisher mündet diese Vorschrift eher in allgemeinen Empfehlungen der zuständigen Aufsichtsbehörden, aber nur selten in Bußgelder.

Da die Dark Patterns verschiedene Politikbereiche von Verbraucherschutz über Datenschutz bis hin zu Wettbewerbspolitik betreffen, ist nicht nur eine Gesetzesänderung ausreichend. Nach Überzeugung der Experten sind sowohl im Digital Services Act, dem Digital Markets Act als auch im Data Act Vorschriften gegen Dark Patterns nötig, um nicht neue Schlupflöcher zu öffnen. David Martin von der europäischen Verbraucherschutzorganisation BEUC plädierte dafür, die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken strenger auszulegen und auf bekannte Manipulationstechniken anzuwenden. Auch die Verbraucherrechte-Richtlinie von 2011 solle überarbeitet werden, um zum Beispiel einen Kündigungs-Button vorzuschreiben, sodass Verbraucher Verträge genauso leicht beenden können, wie sie sie abschließen können. In Deutschland ist ein solcher Button bereits 2021 beschlossen worden.

Neue Transparenzpflichten?

Das Parlament hatte in seiner Fassung des Digital Services Act zwar irreführende Designs zu Lasten der Verbraucher verboten, konnte aber keine klare Trennlinie ziehen, wo die normale Kundenansprache in missbräuchliche Designentscheidungen mündet. Die Europäische Kommission soll nach dem Willen der Parlamentarier einen Katalog besonders verbreiteter unzulässiger Praktiken erstellen und diese spezifisch verbieten. Im dritten Trilog zum DSA am Dienstag hatte es bei den Dark Patterns keine nennenswerten Fortschritte gegeben.

Mehrere Experten verwiesen in der Anhörung auf die Notwendigkeit, diesen Anforderungen eine starke Aufsicht zur Seite zu stellen. So solle den Digital Services Coordinators entsprechende Kompetenzen und Prüfpflichten übertragen werden. Um die Durchsetzung eines Verbots zu unterstützen plädierte Fabiana Di Porto, Jura-Professorin an der Universität Salento für die Einrichtung einer Beschwerdestelle und für neue Transparenzpflichten, mit denen die Aufsichtsbehörden Einblick in den Design-Prozess von Digital-Angeboten erhalten könnten. Diese Forderungen sind auch im Policy Brief der Stiftung Neue Verantwortung enthalten, der sich ausführlich mit den unterschiedlichen Verhandlungspositionen von Rat und Parlament zum Digital Services Act befasst. Von Torsten Kleinz

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Termine

21.03.2022 – 19:00 Uhr, Hamburg
Körber-Stiftung, Diskussion Im Alter: digital dabei oder offline abgehängt?
Auf der Veranstaltung der Körber-Stiftung werden die Auswirkungen der Digitalisierung auf ältere Menschen diskutiert. INFOS & LIVESTREAM

22.03.2022 – 14:00-15:00 Uhr, online
Klima-Wirtschaft, Seminar Unternehmenskommunikation in Zeiten des Klimawandels
Das Seminar der Klima-Wirtschaft geht der Frage nach, wie Klimaschutz erfolgreich in die Kommunikation eines Unternehmens einbezogen werden kann. INFOS & ANMELDUNG

22.03.2022 – 19:00-21:00 Uhr, Kassel
RLS, Vortrag 100 Tag “Ampel”-Koalition
Die Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) thematisiert die Außenpolitik der “Ampel”-Regierung im Kontext des Russland-Ukraine-Krieges. INFOS & ANMELDUNG

22.03.2022 – 13:00-14:30 Uhr, online
DBU, Discussion Working together for a Just Energy Transition in the Global South: Inspiration for legislators, implementers and civil society
This event organized by The German Federal Environmental Foundation (Deutsche Bundesstiftung Umwelt, DBU) aims at providing an overview of conditions necessary for energy policymaking to realise a successful and effective transformation of the energy system. INFOS & ANMELDUNG

22.03.2022 -19:00-21:30 Uhr, Berlin
Die Zeit, Diskussion Zukunftsfrage Artenvielfalt – Wieso der Schutz der Biodiversität nicht warten kann
Die Veranstaltung der Zeit beschäftigt sich mit der Notwendigkeit des Artenschutzes zur Erreichung von globalen Nachhaltigkeitszielen. INFOS & ANMELDUNG

22.03.2022 – 10:00-12:00 Uhr, online
ASEW, Seminar Erfahrungsaustausch Wasserstoff
Der Erfahrungsaustausch der Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) widmet sich Aktivitäten und Leistungen der Unternehmen im Bereich Wasserstoff. INFOS & ANMELDUNG

24.03.2022 – 09:30-17:30 Uhr, online
BVMed, Konferenz Krankenhaus-Zukunfts-Konferenz
Die Konferenz des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed) blickt auf ein Jahr Krankenhauszukunftsfonds und beleuchtet die Herausforderungen der Zukunft mit Blick auf Lösungen mit nutzenstiftendem Potenzial. INFOS & ANMELDUNG BIS ZUM 21.03.

China-Importe: Es stockt auf der Schiene

Man sieht einen Zug: Warenimport aus China durch Schienentransport

Wenn ein Güterzug in der chinesischen Mega-City Chongqing losrollt, um Container nach Duisburg zu bringen, liegen 10.800 Kilometer Strecke und zwei Wochen Fahrt vor ihm. Die Durchschnittsgeschwindigkeit beträgt zwar nur 32 Kilometer pro Stunde. Doch das ist noch immer deutlich schneller als der Seeweg und viel günstiger als das Flugzeug.

In der Corona-Pandemie haben Verzögerungen bei Containerschiffen und weniger Kapazitäten auf der Flugroute für erhebliche Störungen der Lieferketten gesorgt. Mehr als 90 Prozent der Waren, die von China nach Europa kommen, werden per Schiff transportiert. Die Schiene spielt insgesamt nur eine kleine Rolle für den Warenverkehr zwischen China und Europa. Vom Volumen her betrachtet ist es nur ein Prozent. Wenn man auf den Warenwert blickt, sind es immerhin drei Prozent. Viele der Güter, die über die Schiene transportiert werden, sind hochpreisig.

Die Pandemie hat dem Transport per Güterzug einen regelrechten Boom beschert. Im Jahr 2021 wurden auf diesem Wege Waren im Wert von knapp 70 Milliarden Euro nach Europa transportiert – 50 Prozent mehr als 2020. Und zehnmal so viel wie noch 2016. 

Vor allem Maschinenteile, Elektronik, aber auch andere Waren wie Metallerzeugnisse, Chemieerzeugnisse oder Kleidung stecken in den Containern. Doch der Krieg in der Ukraine stellt die Verlässlichkeit infrage. Auf dem Weg von China nach Deutschland verläuft ein Großteil der am meisten befahrenen nördlichen Strecke quer durch Russland und von dort über Belarus nach Polen. Zu Ausfällen kommt es bislang nicht. DHL berichtet zwar, dass Zugtransporte mit dem Ziel Russland oder Belarus bis auf Weiteres ausgesetzt sind. Sendungen für den Bahntransport in Richtung Asien oder von dort nach Europa werden aber weiterhin angenommen.

Es gibt erste Stornierungen

Obwohl die Züge bislang zuverlässig rollten, hätten Unternehmen Schienentransporte storniert, berichtet ein Sprecher der Duisburger Hafen AG. Der Hafen ist nach Hamburg das zweitwichtigste Terminal für die Güterzugverbindung Deutschland-China. Eine häufige Befürchtung der Unternehmen sei, dass internationale Versicherer den Versicherungsschutz durch Belarus und Russland kündigen könnten. Auch Sanktionen seien eine Sorge, obwohl der Transport auf der Schiene durch die Sanktionen gegen Russland aktuell noch nicht wesentlich erschwert werde. Bei den Unternehmen entstünden diesbezüglich aber zunehmend Unsicherheiten.

Der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik merkt an, dass mehr und mehr Unternehmen Alternativen zur Nordroute suchten. Sie interessierten sich insbesondere für die Südroute der Seidenstraße in die Türkei, die nicht durch russisches Gebiet führt. Allerdings dauert diese Strecke nach Deutschland viel länger, da Schiffspassagen darauf liegen. Der Logistik-Verband rechnet mit einem stetigen Rückgang der Transporte. Die Lage sei aber weiterhin sehr dynamisch und könne sich jederzeit ändern.

Probleme gibt es viele

Ohne Probleme war der Transport auf der Schiene nie: Einerseits drosseln die unterschiedlichen Spurweiten das Tempo. An Grenzübergängen kann es zudem stocken, Rückstaus entstehen. So gab es an der Grenze China-Kasachstan wegen Corona-Maßnahmen Verspätungen von sechs Tagen. An der Grenze zur Mongolei bremst dagegen die schwache Infrastruktur und an der Grenze zu Russland behindern Wagen- und Ressourcenmangel der russischen Bahn die ungehinderte Fahrt. Dazu kommen politische Probleme in den Ländern entlang der Route. Zuletzt waren im Januar Unruhen in Kasachstan, für die Unternehmen, die diesen Transportweg nutzen, ein Unsicherheitsfaktor. Aus Unternehmenskreisen wird zudem berichtet, dass auch Korruption eine Rolle spiele. Hochpreisige Waren seien auf dem Weg nach China verloren gegangen, was zu einer Entscheidung gegen die Schiene beigetragen habe

Manche Unternehmen setzen auch jetzt noch weiter auf den Transport mit dem Zug, beobachten die Situation aber ganz genau. Der Automobilzulieferer Conti hat verschiedene Krisenteams eingerichtet, um mit geeigneten Maßnahmen zielgerichtet und schnell auf mögliche Auswirkungen auf die Lieferketten reagieren zu können. Es gebe entsprechende Notfallpläne, die Sicherheitsvorräte und alternative Lieferanten umfassten. So solle dazu beigetragen werden, die Rohstoffversorgung abzusichern.

Jacob Gunter, Senior Analyst im Programm Wirtschaft bei dem Forschungsinstitut Merics, sieht die Unsicherheit durch das sich schnell ändernde geopolitische Umfeld als erhebliches Risiko für den Güterverkehr auf der Schiene. “Es wäre keine Überraschung, wenn Unternehmen, die ihre Waren vor der Invasion auf der Schiene versenden wollten, nun auf den langsameren, aber zuverlässigeren Seeweg umsteigen. Das würde wahrscheinlich die Probleme der Lieferkette verschärfen, da die Nachfrage nach Schienentransporten während der Pandemie explodiert ist. Die Schiene ist auch deswegen die schnellste Option für die Logistik geworden, weil ein Großteil der Luftfracht, die normalerweise zu Passagierflügen zwischen China und Europa hinzugefügt wird, zum Erliegen kam, als China seine Grenzen Anfang 2020 effektiv geschlossen hat.”

Die Schiene ist politisch

Die Schiene ist für China auch politisch relevant. Das weitverzweigte Bahnnetz der “Neuen Seidenstraße”, das China und Europa verbindet, ist nur ein kleiner Teil der Seidenstraßen-Initiative – aber ein wichtiger, in den Jahr für Jahr hohe Subventionen fließen. Das Prestigeprojekt von Xi Jinping kann durchaus beeindrucken: Alle 30 Minuten fährt inzwischen ein Güterzug von China nach Europa. Bisher wurden mehr als 50.000 Fahrten abgewickelt. Es gibt 78 Verbindungen in 180 Städte, die in 23 europäischen Ländern liegen. Dabei spielt neben dem Warentransport vor allem der Aufbau von Beziehungen und wirtschaftlicher Einfluss in den Partnerländern eine Rolle. Die Probleme, die nun auf und entlang dieser Strecke entstehen, trüben nicht nur das positive Image der zuverlässigen Schiene, sondern auch die Zukunftsperspektiven der Partnerschaften in Osteuropa.

“Peking hat im Jahr 2021 die Beziehungen zu Kiew etwas aufgewärmt und die Präsident Selenskyj und Xi haben die Möglichkeit diskutiert, die Ukraine zu einem “Tor nach Europa” zu machen”, erklärt Merics-Experte Jacob Gunter. “China wollte durch die Ukraine einen alternativen Bahn-Eintrittspunkt in die EU schaffen. Unter anderem, um das Risiko einer übermäßigen Abhängigkeit von Weißrussland zu verringern, sowie von Litauen, das sich den Zorn Pekings zugezogen hatte, indem es sich letztes Jahr für Taiwan erwärmte. Mit der russischen Invasion sind solche Pläne natürlich auf Eis gelegt. Xis gemeinsame Erklärung mit Putin im Februar 2022, in der er eine Freundschaft “ohne Grenzen” zwischen den beiden erklärt hat, wird den Brunnen zwischen Kiew und Peking vermutlich vergiften. Sollte China Russland zur Hilfe eilen, würde dies nur noch schlimmer werden.” Julia Fiedler

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Norwegen zieht Gaslieferungen vor

Norwegen unterstützt den Kontinent beim schnellen Wiederauffüllen seiner Gasspeicher und zieht Gaslieferungen auf die Sommermonate vor. Deutschland und Norwegen vereinbarten am Mittwoch außerdem eine Zusammenarbeit für Wasserstoff-Importe, teilte das Bundeswirtschaftsministerium zum Abschluss einer Reise von Ressortchef Robert Habeck (Grüne) in das Land mit. Dabei will das Ministerium auch den Weg für den umstrittenen blauen Wasserstoff frei machen, der aus fossilem Erdgas gewonnen wird.

Bis Ende September können durch den Aufschub von Wartungsarbeiten und angepasste Genehmigungen der Regierung für das Oseberg-Feld etwa eine Milliarde Kubikmeter (bcm) Erdgas nach Europa geliefert werden, wie der Betreiber Equinor am Mittwoch mitteilte. Bis Ende des Jahres könnte zudem der Ausstoß im Heidrun-Feld um 0,4 bcm hochgefahren werden. Die geltenden Genehmigungen machten es aber erforderlich, die vorgezogenen Lieferungen aus dem Oseberg-Feld in den Folgejahren entsprechend nach unten anzupassen, hieß es von Equinor weiter.

Die EU-Kommission hat sich zum Ziel gesetzt, die Erdgasspeicher in der Staatengemeinschaft bis zum 1. Oktober zu 90 Prozent zu befüllen, um für den nächsten Winter weniger abhängig von russischen Lieferungen zu werden. Die Versorgungssituation werde aber noch für die nächsten drei Winter angespannt bleiben, warnte der Energieexperte Felix Christan Matthes vom Öko-Institut bei einer Veranstaltung zu den Berliner Energietagen.

Weg frei für blauen Wasserstoff und LNG

Habeck und Norwegens Ministerpräsident Jonas Gahr Støre unterzeichneten am Mittwoch eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit in Energiefragen. Eine Machbarkeitsstudie solle klären, wie schnell große Mengen an Wasserstoff von Norwegen nach Deutschland transportiert werden können. Dabei solle auch eine Wasserstoffpipeline untersucht werden. Außerdem sollen für eine Übergangsperiode Pläne für den Import von blauem Wasserstoff erarbeitet werden.

Vor Ausbruch des Krieges hatte das Wirtschaftsministerium noch erklärt, den Import von blauem Wasserstoff nicht aktiv fördern zu wollen. Blauer Wasserstoff ist unter Klimaschützern umstritten, weil er aus fossilem Erdgas gewonnen wird. Die entstehenden Emissionen sollen weitestgehend mit der CCS-Technologie unterirdisch gespeichert werden. Norwegen will dazu verstärkt Gasfelder unter der Nordsee nutzen. Die Abscheidung ist aber energieintensiv und es kann weiterhin klimaschädliches Methan durch Leckagen in Leitungen entweichen.

Weitere Zusammenarbeit soll es laut der Vereinbarung auch bei erneuerbaren Energien und insbesondere Offshore-Windenergie geben. Die Regierung in Oslo zeigte sich auch erfreut über Bestrebungen der EU, Gasimporte mit Tankschiffen zu erhöhen. Mitte Mai soll laut Equinor die Erdgas-Verflüssigung in Hammerfest wieder in Betrieb gehen. Pro Jahr könnten dann mehr als 6 bcm LNG verschifft werden. Die Anlage liegt in der Barentssee zwischen Spitzbergen und dem Nordwesten Russlands. Nach einem Feuer war sie seit 2020 außer Betrieb. ber

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Taxonomie und Krieg in der Ukraine: MEPs schicken Brief an die Kommission

Angesichts des Krieges in der Ukraine und der Kommissionspläne zur Ergänzung der Taxonomieverordnung haben Europaabgeordnete fast aller Fraktionen einen Brief an die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Finanzkommissarin Mairead McGuinness geschickt. Darin fordern sie, den delegierten Rechtsakt zur Taxonomie, der Investitionen in Gas und Kernenergie als nachhaltig deklariert, zurückzuziehen.

Dies würde den Schwerpunkt der Investitionen auf wirklich nachhaltige Energiequellen verlagern und damit die Energieunabhängigkeit Europas erhöhen, heißt es. Die Repower-EU-Pläne der Kommission, mit der die EU die Abhängigkeit von russischem Gas reduzieren will, stünden im Widerspruch mit dem Vorschlag, Anreize für Investitionen in fossiles Gas durch die Taxonomie-Verordnung setzen zu wollen. Halte man dennoch daran fest, würde die Abhängigkeit von russischem Gas weiter erhöht werden, wodurch die Effektivität des Repower-EU-Plans untergraben werden würde, schreiben die Parlamentarier.

Unterschrieben wurde der Brief von insgesamt 102 Abgeordneten der Grünen, S&D, EVP, Renew, Linken sowie einiger fraktionsloser Parlamentarier. luk

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Kommission genehmigt Energiebeihilfen für Spanien und Tschechien

EU-Wettbewerbshüter haben am Mittwoch Energiebeihilfen für Spanien (2,9 Milliarden Euro) und Tschechien (1,4 Milliarden Euro) genehmigt. Die EU-Kommission will damit energieintensive Unternehmen für höhere Stromkosten entschädigen, die durch steigende CO2-Preise im EU-Emissionshandelssystem (ETS) entstanden sind.

Beide Regelungen ermöglichen, dass bis 2031 die im Vorjahr entstandenen indirekten Emissionskosten teilweise an die Unternehmen rückerstattet werden können. Der Höchstbetrag der Beihilfe für ein Unternehmen beläuft sich auf 75 Prozent der entstandenen indirekten Emissionskosten. Der exakte Beihilfebetrag wird auf der Grundlage von Benchmarks für die Stromverbrauchseffizienz berechnet, die sicherstellen sollen, dass die Beihilfeempfänger dennoch zum Energiesparen angehalten werden.

Die Unterstützungsmaßnahmen zielten darauf ab, Carbon Leakage zu verhindern, da dies zu einer geringeren Wirtschaftstätigkeit in der EU und keiner Reduzierung der Treibhausgasemissionen führen würde, so die Kommission in einer Erklärung. rtr/luk

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Vestager will im März Einigung beim DMA

Die Europäische Kommission strebt eine Einigung mit den EU-Gesetzgebern und -Ländern bis Ende März über neue Regeln an, um die Macht von Alphabets Google, Amazon, Apple, Facebook und Microsoft zu beschränken, sagte Europas Kartellamtschefin Margrethe Vestager am Mittwoch. Vestager, die vor mehr als einem Jahr den Digital Markets Act (DMA) mit einer Liste von Regeln und Verboten für US-Tech-Giganten vorgeschlagen hatte, sagte, es gebe gute Fortschritte bei den Verhandlungen.

“Wir streben nun eine politische Einigung im vierten Trilog bis Ende März an. Wenn wir das schaffen, wird die Gesetzgebung fast blitzschnell sein”, sagte sie bei einer Anhörung im Europäischen Parlament. Die Gespräche sollen am 24. März wieder aufgenommen werden.

Zu den Fragen, die noch geklärt werden müssen, gehören die Liste der Verpflichtungen für Online-Gatekeeper – Unternehmen, die Daten und den Zugang zu ihren Plattformen kontrollieren – und die Höhe des Umsatzes, der definiert, welche Unternehmen von der DMA erfasst werden, sagten Personen, die mit der Angelegenheit vertraut sind. Eine weitere Frage ist, ob die EU-Exekutive allein für die Durchsetzung des vorgeschlagenen Gesetzes auf Kosten der nationalen Aufsichtsbehörden verantwortlich sein soll. rtr

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AI Act: Deutschland will Extra-Kapitel für Sicherheitsbehörden

Deutschland wird auf den Einsatz von KI-Anwendungen zur biometrischen Fernidentifizierung verzichten. Das bekräftigte Christian Meyer-Seitz, Leiter der Abteilung III im Bundesjustizministerium, bei der gestrigen Sitzung des Digitalausschusses im Bundestag. Zwar sei der Einsatz im Rahmen der geplanten KI-Verordnung für bestimmte Zwecke, wie die Suche nach vermissten Kindern oder die Bekämpfung von Terroranschlägen, erlaubt. Der Einsatz müsse allerdings durch innerstaatliches Recht zugelassen werden.

Dies sei in Deutschland gemäß dem Koalitionsvertrag allerdings nicht möglich. Dieser sieht sogar vor, dass die biometrische Erkennung im öffentlichen Raum sowie automatisierte staatliche Scoring-Systeme durch KI europarechtlich ausgeschlossen werden sollen. Doch das werde man nicht mehr erreichen, räumte Meyer-Seitz ein.

Ex-Ante-Regulierung möglichst vermeiden

KI-Anwendungen durch Sicherheitsbehörden will die Bundesregierung laut Meyer-Seitz am liebsten in einem separaten Kapitel regeln. Da die Anwendungsbreite der KI-Verordnung enorm sei, seien gewisse Abstufungen aus der Sicht der Bundesregierung sinnvoll und dienten der Rechtssicherheit. Ein entsprechender Vorschlag sei bereits der französischen Ratspräsidentschaft übermittelt worden.

Die Beauftragte für die Digitale Wirtschaft und Start-ups Anna Christmann betonte die Bedeutung der KI-Verordnung für den KI-Standort Europa. Die Bundesregierung wolle die Entwicklungsprozesse weiter stärken und dabei eine Ex-Ante-Regulierung, dort vermeiden, wo sie nicht nötig ist. Dadurch soll eine Überregulierung verhindert werden.

An diesem Freitag will die Bundesregierung eine umfangreiche Teilstellungnahme zu den bisher im Rat behandelten Artikeln der KI-Verordnung nach Brüssel übermitteln. ank

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Russische Entwickler wollen Instagram-Klon auf den Markt bringen

Nach der Blockade von Instagram in Russland arbeiten russische Entwickler an einer eigenen Foto- und Videoplattform. Ziel sei es, das Rossgram genannte Angebot am 28. März auf den Markt zu bringen, schrieb einer der verantwortlichen Entwickler auf dem sozialen Netzwerk VKontakte. Es werde zusätzliche Möglichkeiten wie Crowdfunding und Bezahldienste für einige Inhalte bieten. Es gehe um ein “russisches Gegenstück zu einem beliebten sozialen Netzwerk”. Erst im November hat Gazprom Media die TikTok-Kopie Yappy gestartet. Das staatliche Konglomerat Rostec entwickelt inzwischen Smartphones, um Abhängigkeiten von westlichen Angeboten zu reduzieren.

Instagram ist seit Montag nicht mehr in Russland verfügbar, Facebook bereits länger nicht. Zuvor hatte der Facebook-Eigner Meta Hassrede-Regeln angepasst, um Menschen wegen des Ukraine-Kriegs mehr Möglichkeiten zu geben, ihre Kritik öffentlich zu machen. Inzwischen wurde von Russland deshalb ein Strafverfahren auf den Weg gebracht. rtr

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EU führt Zusatzzölle auf Stahlimporte aus Indonesien und Indien ein

Die Europäische Union hat zusätzliche Zölle auf bestimmte Stahlprodukte aus Indonesien und Indien eingeführt. Die sogenannten Ausgleichszölle auf kaltgewalzte Flacherzeugnisse rostfreien Stahls sollen nach Angaben der EU-Kommission von Mittwoch einer Quersubventionierung durch China entgegentreten. So solle sichergestellt werden, dass diese Waren weiter in der EU wettbewerbsfähig erzeugt werden könnten. Hintergrund der Entscheidung sei ein komplexes Netzwerk an Subventionen und Handelsbeschränkungen.

Mit Hilfe von chinesischen Subventionen baut Indonesien nach Angaben der Kommission eine verarbeitende Industrie auf. Im Gegenzug beschafft das Land China Nickelerz zu günstigen Preisen, denn Indonesien ist einer der größten Nickelerz-Produzenten der Welt. Die EU-Industrie sei einerseits durch die Einfuhr von dem subventionierten rostfreien Stahl geschädigt, andererseits komplett vom indonesischen Markt für Nickelerz für die eigene Edelstahlproduktion abgeschottet worden, so die Kommission. Nickelerz ist ein Rohmaterial in der Stahlproduktion. dpa

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Litauen fordert Verschiebung des EU-China-Gipfels

Litauen verlangt, den für Anfang April geplanten europäisch-chinesischen Gipfel auszusetzen, bis die Regierung in Peking gezeigt habe, auf welcher Seite sie im Ukraine-Konflikt stehe. “Es ist an der Zeit, China zu zeigen, dass wir es ernst meinen”, sagt Vize-Außenminister Mantas Adomenas. Die Regierung in Peking dürfe nicht erwarten, dass sie “einerseits Russland unterstützen, andererseits Handelsgelegenheiten mit dem Westen – der Europäischen Union – nutzen kann” und keine Konsequenzen zu befürchten habe.

Die EU wollte ein wahrscheinlich virtuelles Treffen mit China abhalten, um die wachsenden Spannungen zwischen den beiden Seiten zu entschärfen. Litauens stellvertretender Außenminister Mantas Adomenas sagte, dies sei “nicht der richtige Zeitpunkt für eine Normalisierung.”

“Unserer Einschätzung nach ist der Zeitpunkt sehr schlecht gewählt. In Anbetracht der jüngsten Entwicklungen sollte der Gipfel abgesagt oder zumindest deutlich verschoben werden, bis wir sehen, auf welcher Seite China steht”, sagte Adomenas während einem Besuch in Washington. Weiter sagte Adomenas, dass Litauen, eine ehemalige Sowjetrepublik, besorgt sei über Moskaus weiterreichende Absichten und “viel Überzeugungsarbeit leisten muss”, um andere EU-Mitglieder davon zu überzeugen, dass der Gipfel nicht stattfinden sollte.

Partnerschaft zwischen China und Russland

Die EU betrachtet China in einigen Bereichen als strategischen Rivalen. Sie versucht aber, Peking zu einer Reform der Handelsregeln zu bewegen. US-Beamte teilten China mit, dass sie mit Konsequenzen, einschließlich Sekundärsanktionen, rechnen müssten, wenn Peking Russland im Ukraine-Krieg materielle, militärische oder wirtschaftliche Unterstützung gewährt.

China und Russland haben nur wenige Wochen vor Beginn des Konflikts eine erweiterte strategische Partnerschaft “ohne Grenzen” angekündigt. Peking hatte sich geweigert, Moskaus Vorgehen als Invasion zu bezeichnen, obwohl der chinesische Staatschef Xi Jinping zu “maximaler Zurückhaltung” aufgerufen hat. rtr

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Russland aus Europarat ausgeschlossen

Der Europarat hat Russland wegen des Ukraine-Kriegs nach 26 Jahren Mitgliedschaft mit sofortiger Wirkung ausgeschlossen. Das habe das Ministerkomitee in einer Sondersitzung beschlossen, teilte der Europarat am Mittwoch in Straßburg mit.

Am Vortag hatte Russland bereits selber dem Europarat seinen Austritt erklärt, nachdem dieser Schritte zu einem Ausschluss eingeleitet hatte. Am Dienstagabend stimmte die Parlamentarische Versammlung des Europarats einstimmig für einen Ausschluss Russlands.

Russland war dem Europarat am 28. Februar 1996 beigetreten. Zusammen mit der förmlichen Notifizierung des Rücktritts erhielt der Generalsekretär des Europarats von der Russischen Föderation am Dienstag auch die Information über die Absicht, die Europäische Menschenrechtskonvention zu kündigen. dpa

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Presseschau

Die Ukraine ist jetzt mit dem europäischen Stromnetz verbunden FAZ
So hilft die EU den Flüchtlingen aus der Ukraine TAGESSPIEGEL
Norwegen und Deutschland prüfen Bau von Wasserstoffpipeline ZEIT
Kabinett beschließt erste Steuerentlastungen wegen hoher Energiepreise – Ampel will Heizkostenzuschuss verdoppeln HANDELSBLATT
Habeck bittet Bundeskartellamt um Prüfung hoher Spritpreise TAGESSPIEGEL
Frankreich will in historischem Schritt Korsika die Autonomie geben STANDARD
Russischer Oligarch greift nach Hafen in Griechenland – USA sind besorgt HANDELSBLATT
“Von Diktator zu Diktator zu gehen, ist keine Energiestrategie” SPIEGEL

Standpunkt

Was ist mit den Klimavertriebenen?

Von May Boeve, Mitzi Jonelle Tan, Nisha Agarwal
May Boeve ist Geschäftsführerin von 350.org. Nisha Agarwal ist stellvertretende Geschäftsführerin des International Refugee Assistance Project. Mitzi Jonelle Tan ist Initiatorin und internationale Sprecherin der Youth Advocates for Climate Action Philippines.
May Boeve (von links) ist Geschäftsführerin von 350.org. Nisha Agarwal ist stellvertretende Geschäftsführerin des International Refugee Assistance Project. Mitzi Jonelle Tan ist Initiatorin und internationale Sprecherin der Youth Advocates for Climate Action Philippines.

Der jüngste Sachstandsbericht des Weltklimarats (IPCC) geht über die Schlagzeilen zu steigenden Temperaturen und Meeresspiegeln hinaus und zeigt das ganze Ausmaß der Bedrohung des menschlichen Lebens in einer sich erwärmenden Welt auf. Er erklärt, wie sich extreme Wetterbedingungen, Dürren, der Verlust von Lebensräumen und Arten, städtische Hitzeinseln und die Zerstörung von Nahrungsquellen und Lebensgrundlagen verschärfen. Und die Wissenschaft ist sich inzwischen sicherer, dass der Klimawandel einen direkten Einfluss auf Migration hat.

Von klimabedingter Verdrängung sind unverhältnismäßig viele Menschen betroffen, die am wenigsten zu diesem Problem beigetragen haben. Dank des wiederholten Versagens der Großmächte bei der Bekämpfung des Klimawandels zwingen Wetterextreme in Mittelamerika, Brände und Stürme in Nordamerika, Überschwemmungen in Europa und Asien sowie Dürre in Afrika die Menschen zur Migration. Im vergangenen Jahr bestätigte das Rote Kreuz, dass es bereits in allen 192 Ländern, in denen es tätig ist, mit den Folgen des Klimawandels konfrontiert ist.

Migration als Anpassung an den Klimawandel

Der IPCC-Bericht erkennt an, dass Migration eine Form der Klimaanpassung ist – und dass sie bereits stattfindet. Dies ist eine wichtige Korrektur der weit verbreiteten Ansicht, dass klimabedingte Verdrängung ein Problem ist, das irgendwann in der Zukunft bewältigt werden muss.

Diese Sichtweise wird in den wohlhabenden Ländern oft von Angstmacherei vor Schwärmen von Klimaflüchtlingen begleitet. Im gesamten globalen Norden fließen immer mehr öffentliche Gelder in eine wachsende Grenzsicherungs- und Überwachungsindustrie, die verspricht, die “Bedrohung” mit einer “globalen Klimamauer” zu bekämpfen. Die Lobbyisten und politischen Verbündeten der Industrie behaupten, dass fortschrittliche Netzwerke aus Waffen, Mauern, Drohnen und Überwachungstechnologie sowie Strafverfolgung benötigt werden, um die mächtigen Länder vor zukünftigen Wellen von Klimaflüchtlingen zu schützen.

Doch Klimamauern bieten keinen solchen Schutz. Sie bedrohen nicht nur bürgerliche Freiheiten – in wohlhabenderen Ländern ebenso wie anderswo – und leiten Ressourcen von sinnvollen Klimaschutzmaßnahmen in die Hände von Krisenprofiteuren um. Schlimmer noch, ihre Akteure sind eng mit dem Sektor der fossilen Brennstoffe, der globalen Finanzwelt und der Waffenindustrie verbunden, die von den Konflikten profitiert, die Flüchtlingsströme verursachen und die durch den Klimawandel noch wahrscheinlicher werden.

Verluste und Schäden als Themen für die Klimabewegung

Diese falschen Lösungen kosten bereits jetzt Menschenleben und zerstören Lebensgrundlagen. In den Jahren 2020/21 starben 2.000 Menschen im Mittelmeer aufgrund der illegalen “Pushback”-Politik der Europäischen Union. Menschen, die an der Grenze zwischen den USA und Mexiko abgewiesen werden, fliehen ebenfalls vor extremen Wetterbedingungen, ebenso wie viele, die derzeit in Ländern von Großbritannien bis Australien in unbefristeter Haft sitzen.

Der IPCC-Bericht betont zu Recht die Dringlichkeit der Dekarbonisierung, um weitere Vertreibungen und Verdrängungen zu verhindern. Aber wir dürfen nicht dabei stehen bleiben. Die Regierungen der größten Verursacher von Treibhausgasemissionen müssen unter Druck gesetzt werden, um die Länder zu unterstützen, denen durch den Klimawandel unumkehrbare Verluste und Schäden drohen. Die globale Klimabewegung wird scheitern, wenn sie sich nur auf erneuerbare Energien konzentriert und sich nicht auch um die Linderung des Leids kümmert, das durch den bereits eingetretenen Klimanotstand verursacht wird.

Klimafinanzierung für Umsiedlungen

Was sollte noch getan werden? Erstens müssen wir sowohl das Recht zu gehen als auch das Recht zu bleiben schützen. Die Klimafinanzierung zur Unterstützung gefährdeter Gemeinschaften für das Stärken ihrer Resilienz und bei der Begrenzung der Migration ist von entscheidender Bedeutung, ebenso wie die Verbesserung der Katastrophenwarn- und -hilfssysteme. Aber wir brauchen auch Finanzmittel, um die sichere Umsiedlung von Menschen zu erleichtern, wenn sie notwendig ist. Verdrängung findet meist innerhalb eines Landes und nicht über Grenzen hinweg statt, daher müssen wir sicherstellen, dass ärmere Länder über die Mittel verfügen, um sowohl kurz- als auch langfristige Umsiedlungen zu bewältigen.

Zweitens sollten wir in den Fällen, in denen klimabedingte Verdrängung über Grenzen hinausreicht, mit Flexibilität und Mitgefühl reagieren, nicht mit Paranoia und Profitgier. Das Geld, das für dystopische Militär- und Überwachungsinfrastrukturen ausgegeben wird, sollte stattdessen in die Unterstützung sicherer und legaler Routen und Verfahren für Menschen fließen, die umsiedeln müssen. Der vorherrschende politische Impuls ist heute der Versuch, Menschen nach den Umständen ihrer Geburt getrennt zu halten. Mit mehr Ressourcen und einer anderen politischen Vision könnten wir jedoch dafür sorgen, dass sowohl Neuankömmlinge als auch Aufnahmegemeinschaften von der Einwanderung profitieren.

Migration in Würde – vor den schlimmsten Klimafolgen

Drittens müssen wir unser Verständnis dessen, was als klimabedingte Vertreibung oder Verdrängung gilt, erweitern. Diejenigen, die direkt vor Stürmen, Bränden und Überschwemmungen fliehen, brauchen natürlich politische Unterstützung. Aber der Klimawandel ist auch ein wachsender Faktor für Ressourcenknappheit, Einkommensverluste, politische Instabilität und gewaltsame Konflikte. Wir müssen uns gegen Bestrebungen wehren, die Definition, wer als Klimaflüchtling gilt, einzuschränken. Wir können nicht warten, bis eine Katastrophe eintritt, bevor wir handeln. Wir sollten bereits jetzt Prozesse für eine geplante Migration in Würde in Erwägung ziehen, die es Menschen in gefährdeten Gebieten ermöglichen, umzusiedeln, bevor die schlimmsten Auswirkungen eintreten.

Trotz seiner Unzulänglichkeiten erkennt der IPCC-Bericht an, dass die menschliche Migration ein wichtiger Teil der Lösung für die umfassendere Krise des Klimawandels ist. Das Leben von Vertriebenen, indigenen und gefährdeten Gemeinschaften sowohl im globalen Norden als auch im Süden hat sich durch Umweltverschmutzung, den Abbau fossiler Brennstoffe und den Klimawandel bereits zum Schlechten verändert. Sie können uns viel darüber beibringen, wie wir Leben in einer sich aufheizenden Welt schützen können, wenn wir Menschen zusammenbringen, grenzüberschreitende Problemlösungen fördern und gegen den kleinlichen Nationalismus vorgehen, der die Reaktion der Welt auf die Pandemie gelähmt hat.

Antworten auf die Verdrängung sind bereits vorhanden, ebenso wie die rechtlichen und ethischen Grundlagen für effektive Übereinkommen zwischen den Regierungen. Was wir brauchen, sind internationale Maßnahmen, um Systeme zu schaffen, die eine sichere und menschenwürdige Zukunft für alle gewährleisten können. Eine Klimabewegung, die gelernt hat, menschliches Leben in vollem Umfang zu schützen, muss bei diesen Bemühungen an vorderster Front stehen.

Aus dem Englischen von Manuel Berkel. In Kooperation mit Project Syndicate, 2022.

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Apéropa

Seit einhundert Tagen ist die Bundesregierung im Amt. Von Aufbruch und Fortschritt war seinerzeit gefühlt in jedem zweiten Satz der Ampel-Minister die Rede. Doch statt auf dem Weg in eine grüne Zukunft, befindet sie sich nun unfreiwilligerweise in einer Situation, von der wir dachten, dass wir sie seit Jahrzehnten hinter uns gelassen haben: Krieg in Europa.

Die vergangenen Wochen haben so manchen Satz im Koalitionsvertrag hinfällig gemacht. Von stärkerer Zusammenarbeit mit Russland und tiefen und vielfältigen deutsch-russischen Beziehungen liest man da beispielsweise noch. Selbstverständlich sind diese Worte unter anderen Voraussetzungen und mit guten Absichten niedergeschrieben worden. Doch es ist schon bemerkenswert, wie kurzlebig so ein Koalitionsvertrag sein kann.

Allem voran: der Zubau von Gaskraftwerken. Ursprünglich hieß es hierzu, Erdgas sei für die Übergangszeit unverzichtbar. Inzwischen wissen wir nur zu gut, was die Nutzung von Erdgas mit sich bringt. Also stattdessen Kohle? Die soll bekanntlich und “idealerweise” bis 2030 Geschichte sein. Zwar hält die Ampel bislang noch an diesem Ausstiegspfad fest, doch richtige Alternativen gibt es nicht, wenn Gas wegfällt und Kernenergie kein Thema mehr sein soll.

Moment, gibt es doch: LNG! Verflüssigtes Erdgas findet im Koalitionsvertrag noch überhaupt keine Erwähnung. Inzwischen sind die beiden sich in Planung befindenden LNG-Terminals in Wilhelmshaven und Brunsbüttel unsere größte Hoffnung für die Energieunabhängigkeit von Russland.

Goldrichtig lagen die Koalitionäre jedoch bei der Notwendigkeit zum beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren – entgegen all der Skepsis aus Industrie und Wirtschaft. Hieß es vor wenigen Wochen noch, dass die Ampel-Pläne (80 Prozent bis 2030) zu ambitioniert und kaum machbar sind, bezweifelt mittlerweile kaum noch jemand, dass wir eine andere Wahl haben. Sogar Christian Lindner nennt sie “Freiheitsenergien”. Wie viel sich in 100 Tagen doch ändern kann. Lukas Scheid

Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD): Bürokratiemonster oder Transparenzgarant?
    • Anhörung zu Dark Patterns: Ist ein Paradigmenwechsel notwendig?
    • China-Importe: Es stockt auf der Schiene
    • Norwegen zieht Gaslieferungen vor
    • Taxonomie und Krieg in der Ukraine: MEPs schicken Brief an die Kommission
    • Kommission genehmigt Energiebeihilfen für Spanien und Tschechien
    • Vestager will im März Einigung beim DMA
    • AI Act: Deutschland will Extra-Kapitel für Sicherheitsbehörden
    • Russische Entwickler wollen Instagram-Klon auf den Markt bringen
    • EU führt Zusatzzölle auf Stahlimporte aus Indonesien und Indien ein
    • Litauen fordert Verschiebung des EU-China-Gipfels
    • Russland aus Europarat ausgeschlossen
    • Presseschau
    • Standpunkt: Was ist mit den Klimavertriebenen?
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    volle Gasspeicher sind seit dem Angriffskrieg Russlands zu einem strategischen Ziel geworden. Norwegen verschiebt nun eigens die Revision einer Förderanlage, um die Höhe der Erdgasexporte auch im Sommer aufrechtzuerhalten. Beim Gas der Zukunft prescht Deutschland vor und will nun mit Norwegen den Bau einer Wasserstoff-Pipeline prüfen. Befüllt werden soll die aber vorerst mit blauem Wasserstoff aus: Erdgas. Einher geht damit die Speicherung von CO2 mittels CCS. Mehr über die am Abend vermeldete Kehrtwende des Wirtschaftsministers lesen Sie in den News.

    Ganz alltägliche Güter transportieren dagegen die Züge auf ihrem Weg von China durch Russland oder Belarus bis in die EU. Die Pandemie hatte den Waggons einen regelrechten Boom beschert, durch den Krieg steht die Verlässlichkeit aber in Frage. Julia Fiedler analysiert, welche Rolle die Ukraine für die Transportwege spielen sollte.

    In trockenen Tüchern ist derweil der Parlamentsbericht zur Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Öffentlichkeit und Investoren sollen dadurch leichter Informationen darüber bekommen, wie sich die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens auf Mensch und Planeten auswirkt. Der Rechtsausschuss hat den Bericht angenommen. Worauf sich die Fraktionen verständigt haben, zeigt Lukas Scheid, der auch ein Aperopa zu den ersten 100 Tagen der Bundesregierung geschrieben hat.

    Einen Riegel vorschieben will das Parlament den Dark Patterns. Dahinter verbirgt sich eine Unzahl unethischer kleiner Tricks beim Design von Webseiten. Nutzerinnen und Nutzer schließen so Geschäfte ab oder geben Informationen preis, wonach ihnen gar nicht der Sinn stand. Welche Lösungen bei einer Anhörung diskutiert wurden, hat Torsten Kleinz aufgeschrieben.

    Im Standpunkt geht es heute um Klimamigration. Bereits jetzt sei geplante Migration zu erwägen, um Menschen aus gefährdeten Gebieten umzusiedeln, bevor die schlimmsten Auswirkungen eintreten, schreiben Aktivistinnen von drei Klima- und Menschenrechtsorganisationen.

    Ihr
    Manuel Berkel
    Bild von Manuel  Berkel

    Analyse

    Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD): Bürokratiemonster oder Transparenzgarant?

    Bei der CSRD geht es um Risikominimierung und ökologische sowie soziale Verantwortung. Bislang fehlt es den Berichtspflichten zu nicht-finanziellen Aspekten von Unternehmen an Struktur und Vergleichbarkeit. Das macht es für Investoren, politische Entscheidungsträger und Verbraucher schwer, die Umwelt- und Sozialauswirkungen von Unternehmen zu bewerten.

    Mit der CSRD (früher Non-Financial Reporting Directive – NFRD) sollen Unternehmen verpflichtet werden, ab 2024 stringenter und detaillierter über Risiken ihrer Geschäftspraktiken für Mensch und Umwelt zu informieren. Durch die öffentliche Exposition sollen sie zudem angehalten werden, einen verantwortungsvollen Geschäftsansatz zu entwickeln, schrieb die Kommission in ihrer Begründung für eine Überarbeitung. Auf diese Weise sollen Investitionen zudem verstärkt in nachhaltige Geschäftsfelder gelenkt werden – alles im Sinne des Green Deal.

    Nachdem sich der Rat Ende Februar auf eine allgemeine Ausrichtung zur CSRD geeinigt hatte, wurde am Dienstag der Parlamentsbericht im federführenden JURI-Ausschuss mit 22 Stimmen dafür und einer dagegen angenommen. Berichterstatter Pascal Durand (Renew) bezeichnete das Ergebnis als “ausgewogenen Kompromiss, der von einer großen Mehrheit der Fraktionen unterstützt wird”.

    CSRD-Standards nicht für KMU

    Die Abgeordneten verständigten sich darauf, dass offengelegte Informationen leichter zugänglich, besser vergleichbar und von unabhängiger Seite überprüfbar und somit zuverlässiger gemacht werden sollen. Die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) soll beauftragt werden, verbindliche EU-Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung zu entwickeln.

    Dabei soll das Beratergremium der Kommission Umweltfragen, soziale Aspekte, wie Gleichstellung und Diversität, sowie Governance, einschließlich Korruptions- und Bestechungsbekämpfung, berücksichtigen. Der Parlamentsbericht sieht vor, dass das EFRAG-Budget entsprechend aufgestockt wird. Die von dem Gremium erarbeiteten Standards für die Berichtspflichten sollen anschließend von der Kommission durch delegierte Rechtsakte verabschiedet werden.

    Betroffen von der CSRD wären alle Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten, die auf EU-Märkten aktiv sind. Die Kommission hatte vorgeschlagen, auch kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) einzubeziehen, sofern sie börsennotiert sind (Europe.Table berichtete). Der Parlamentsbericht sieht die Einbeziehung von KMU vorerst nicht vor, will dies jedoch zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal überprüfen lassen und ihnen bis dahin ermöglichen, sich auf freiwilliger Basis an die Standards zu halten. Außerdem sollen Unternehmen ein Jahr mehr Zeit bekommen, um sich an die neuen Berichtspflichten vorzubereiten, sodass der erste Bericht 2025 für das Geschäftsjahr 2024 fällig wäre.

    Weitere Überprüfung in risikoreichen Sektoren

    Schattenberichterstatterin der Grünen Marie Toussaint bedauert, dass KMU nicht unter die CSRD fallen sollen: “Insbesondere dann, wenn sie in risikoreichen Sektoren wie dem Rohstoffsektor, der Landwirtschaft, der Textilindustrie oder dem Finanzsektor tätig sind.” Immerhin, so Toussaint, wurde eine Überprüfungsklausel eingeführt, mit der das Parlament die Kommission auffordert, zusätzliche Kriterien für die Berichterstattung in solchen Hochrisikosektoren festzulegen.

    Für das konservative Lager im EU-Parlament ist die Aussparung der KMU dagegen ein Erfolg: Es dürfe nicht vergessen werden, “dass Nachhaltigkeitsinformationen nicht so einfach messbar und zu erfassen sind”, sagt Axel Voss, rechtspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion. Damit stelle man Unternehmen vor eine riesige Herausforderung. Voss fürchtet dennoch, “ein neues Bürokratiemonster in Europa loszulassen”, sollten einige Punkte in den Trilogverhandlungen nicht geändert werden. So fordert er, dass die Nachhaltigkeitsberichte nicht gesondert von der herkömmlichen Wirtschaftsprüfung überprüft werden sollen und dass Tochterunternehmen eine Ausnahme der Berichtspflichten erhalten.

    Zahlreiche NGOs und öffentliche Institutionen – darunter auch Eurosif – hatten schon vorher vor einer möglichen Verschiebung der Berichtspflichten gewarnt. Dies sei problematisch für den Green Deal und die dringende Notwendigkeit, die Abhängigkeit Europas von fossilen Brennstoffen aus Russland zu verringern, schreibt die Alliance for Corporate Sustainability. Dass KMU nicht unter die CSRD fallen sollen, trifft ebenfalls auf Unverständnis. So würden 99,8 Prozent der Wirtschaft ausgelassen, kritisiert Julia Linares Sabater, Referentin für nachhaltige Finanzpolitik im European Policy Office des WWF.

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    Anhörung zu Dark Patterns: Ist ein Paradigmenwechsel notwendig?

    Bei der Anhörung hatten ausschließlich Kritiker das Wort. Wie die Ausschussvorsitzende Anna Cavazzini betonte, hatten die Parlamentarier auch Industrievertreter eingeladen, doch keine der angefragten Firmen wollte sich an den Beratungen beteiligen. Entsprechend grundsätzlich wurde die Kritik an den derzeitigen Industriepraktiken.

    Ari Waldman, Professor an der Northeastern University, bezeichnete die Design-Tricks, die insbesondere durch Cookie-Banner Verbreitung fanden, als konstituierend für den “informationellen Kapitalismus”. Dieser sei auf ständigen Nachschub neuer Daten angewiesen, weshalb es lebenswichtig für viele Unternehmen sei, die Nutzer zur Zustimmung der Datenverarbeitung zu drängen und schließlich zu manipulieren. Der Sinn der Datensammlung sei dabei zweifelhaft. Waldmann stellte die These in den Raum, dass die mit hohem Aufwand personalisierten Vorhersagen über das Nutzerverhalten in der Praxis kaum besser funktionierten als wesentlich weniger invasive Techniken.

    Unter dem Begriff “Dark Patterns” wird eine breite Auswahl von manipulativen Designs bezeichnet. Die Liste reicht von simplen Tricks wie die Platzierung und die Farbgebung eines Buttons bis zu ausgefeilten Dialogen, bei denen geschickt wichtige Informationen so platziert werden, dass sie von den meisten Nutzern nicht wahrgenommen werden. Verbreitet ist auch die Methode, Vertragsabschlüsse mit einem Mausklick möglich zu machen, für die Kündigung aber einen Anruf bei einer nur zeitweise besetzen Hotline vorzuschreiben.

    Verbraucher handeln nicht nur rational

    Die heutige Häufung solcher Techniken sei auch durch die europäische Gesetzgebung bedingt. Diese gehe von einem rationalen Verbraucher aus und bürde diesem die Last der Entscheidung auf. “Aber Menschen sind sehr schlecht darin, künftige Risiken gegen unmittelbare Vorteile abzuwägen”, erklärte Waldman. Statt Datenschutzerklärungen zu lesen, ließen sich Verbraucher von dem Webdesign oder emotionaler Ansprache zu einer Entscheidung beeinflussen. Die als “Dark Patterns” bekannten Design-Tricks schafften es, die Irrationalität der Nutzer auszubeuten. Auch gut informierte Bürger seien davor nicht gefeit. Deshalb sei ein Paradigmenwechsel notwendig.

    Neben den unmittelbaren Folgen solcher Manipulationen, die in ungewollten Abos oder Käufen mündeten, verwiesen die Experten auch auf die sonstigen Schäden: Die Design-Tricks verursachten Stress, sorgten für Zeitverschwendung und gefährdeten letztlich die Autonomie der Bürger. Selbst aus bislang harmlosen Daten würden heute personalisierte Konsumentenprofile generiert, die dann zu erneuter Manipulation verwandt würden.

    Harry Brignull, der den Begriff “Dark Patterns” mit seiner Website zum Thema erst populär gemacht hatte, verwies aber auch darauf, dass die Techniken zur Nutzerbeeinflussung nicht per se als negativ gesehen werden können. Über eine auffällige Farbgebung können Anbieter dafür sorgen, dass Nutzer besonders gut informiert werden – oder sie dazu verleiten, wichtige Informationen zu überlesen. Als Dark Patterns werden sie erst bezeichnet, wenn sie dazu dienen, den Verbraucher zu Entscheidungen zu bringen, die gegen dessen eigene Interessen verstoßen, aber im Interesse des Diensteanbieters sind.

    Datenschutzgesetze endlich durchsetzen

    Die Experten sehen zunächst ein Vollzugsdefizit. So enthält die Datenschutzgrundverordnung zwar eine allgemeine Vorschrift, die hohe Anforderungen daran anlegt, wie Nutzer wirkungsvoll einer Datenverarbeitung zustimmen können. Doch bisher mündet diese Vorschrift eher in allgemeinen Empfehlungen der zuständigen Aufsichtsbehörden, aber nur selten in Bußgelder.

    Da die Dark Patterns verschiedene Politikbereiche von Verbraucherschutz über Datenschutz bis hin zu Wettbewerbspolitik betreffen, ist nicht nur eine Gesetzesänderung ausreichend. Nach Überzeugung der Experten sind sowohl im Digital Services Act, dem Digital Markets Act als auch im Data Act Vorschriften gegen Dark Patterns nötig, um nicht neue Schlupflöcher zu öffnen. David Martin von der europäischen Verbraucherschutzorganisation BEUC plädierte dafür, die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken strenger auszulegen und auf bekannte Manipulationstechniken anzuwenden. Auch die Verbraucherrechte-Richtlinie von 2011 solle überarbeitet werden, um zum Beispiel einen Kündigungs-Button vorzuschreiben, sodass Verbraucher Verträge genauso leicht beenden können, wie sie sie abschließen können. In Deutschland ist ein solcher Button bereits 2021 beschlossen worden.

    Neue Transparenzpflichten?

    Das Parlament hatte in seiner Fassung des Digital Services Act zwar irreführende Designs zu Lasten der Verbraucher verboten, konnte aber keine klare Trennlinie ziehen, wo die normale Kundenansprache in missbräuchliche Designentscheidungen mündet. Die Europäische Kommission soll nach dem Willen der Parlamentarier einen Katalog besonders verbreiteter unzulässiger Praktiken erstellen und diese spezifisch verbieten. Im dritten Trilog zum DSA am Dienstag hatte es bei den Dark Patterns keine nennenswerten Fortschritte gegeben.

    Mehrere Experten verwiesen in der Anhörung auf die Notwendigkeit, diesen Anforderungen eine starke Aufsicht zur Seite zu stellen. So solle den Digital Services Coordinators entsprechende Kompetenzen und Prüfpflichten übertragen werden. Um die Durchsetzung eines Verbots zu unterstützen plädierte Fabiana Di Porto, Jura-Professorin an der Universität Salento für die Einrichtung einer Beschwerdestelle und für neue Transparenzpflichten, mit denen die Aufsichtsbehörden Einblick in den Design-Prozess von Digital-Angeboten erhalten könnten. Diese Forderungen sind auch im Policy Brief der Stiftung Neue Verantwortung enthalten, der sich ausführlich mit den unterschiedlichen Verhandlungspositionen von Rat und Parlament zum Digital Services Act befasst. Von Torsten Kleinz

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    Termine

    21.03.2022 – 19:00 Uhr, Hamburg
    Körber-Stiftung, Diskussion Im Alter: digital dabei oder offline abgehängt?
    Auf der Veranstaltung der Körber-Stiftung werden die Auswirkungen der Digitalisierung auf ältere Menschen diskutiert. INFOS & LIVESTREAM

    22.03.2022 – 14:00-15:00 Uhr, online
    Klima-Wirtschaft, Seminar Unternehmenskommunikation in Zeiten des Klimawandels
    Das Seminar der Klima-Wirtschaft geht der Frage nach, wie Klimaschutz erfolgreich in die Kommunikation eines Unternehmens einbezogen werden kann. INFOS & ANMELDUNG

    22.03.2022 – 19:00-21:00 Uhr, Kassel
    RLS, Vortrag 100 Tag “Ampel”-Koalition
    Die Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) thematisiert die Außenpolitik der “Ampel”-Regierung im Kontext des Russland-Ukraine-Krieges. INFOS & ANMELDUNG

    22.03.2022 – 13:00-14:30 Uhr, online
    DBU, Discussion Working together for a Just Energy Transition in the Global South: Inspiration for legislators, implementers and civil society
    This event organized by The German Federal Environmental Foundation (Deutsche Bundesstiftung Umwelt, DBU) aims at providing an overview of conditions necessary for energy policymaking to realise a successful and effective transformation of the energy system. INFOS & ANMELDUNG

    22.03.2022 -19:00-21:30 Uhr, Berlin
    Die Zeit, Diskussion Zukunftsfrage Artenvielfalt – Wieso der Schutz der Biodiversität nicht warten kann
    Die Veranstaltung der Zeit beschäftigt sich mit der Notwendigkeit des Artenschutzes zur Erreichung von globalen Nachhaltigkeitszielen. INFOS & ANMELDUNG

    22.03.2022 – 10:00-12:00 Uhr, online
    ASEW, Seminar Erfahrungsaustausch Wasserstoff
    Der Erfahrungsaustausch der Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung (ASEW) widmet sich Aktivitäten und Leistungen der Unternehmen im Bereich Wasserstoff. INFOS & ANMELDUNG

    24.03.2022 – 09:30-17:30 Uhr, online
    BVMed, Konferenz Krankenhaus-Zukunfts-Konferenz
    Die Konferenz des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed) blickt auf ein Jahr Krankenhauszukunftsfonds und beleuchtet die Herausforderungen der Zukunft mit Blick auf Lösungen mit nutzenstiftendem Potenzial. INFOS & ANMELDUNG BIS ZUM 21.03.

    China-Importe: Es stockt auf der Schiene

    Man sieht einen Zug: Warenimport aus China durch Schienentransport

    Wenn ein Güterzug in der chinesischen Mega-City Chongqing losrollt, um Container nach Duisburg zu bringen, liegen 10.800 Kilometer Strecke und zwei Wochen Fahrt vor ihm. Die Durchschnittsgeschwindigkeit beträgt zwar nur 32 Kilometer pro Stunde. Doch das ist noch immer deutlich schneller als der Seeweg und viel günstiger als das Flugzeug.

    In der Corona-Pandemie haben Verzögerungen bei Containerschiffen und weniger Kapazitäten auf der Flugroute für erhebliche Störungen der Lieferketten gesorgt. Mehr als 90 Prozent der Waren, die von China nach Europa kommen, werden per Schiff transportiert. Die Schiene spielt insgesamt nur eine kleine Rolle für den Warenverkehr zwischen China und Europa. Vom Volumen her betrachtet ist es nur ein Prozent. Wenn man auf den Warenwert blickt, sind es immerhin drei Prozent. Viele der Güter, die über die Schiene transportiert werden, sind hochpreisig.

    Die Pandemie hat dem Transport per Güterzug einen regelrechten Boom beschert. Im Jahr 2021 wurden auf diesem Wege Waren im Wert von knapp 70 Milliarden Euro nach Europa transportiert – 50 Prozent mehr als 2020. Und zehnmal so viel wie noch 2016. 

    Vor allem Maschinenteile, Elektronik, aber auch andere Waren wie Metallerzeugnisse, Chemieerzeugnisse oder Kleidung stecken in den Containern. Doch der Krieg in der Ukraine stellt die Verlässlichkeit infrage. Auf dem Weg von China nach Deutschland verläuft ein Großteil der am meisten befahrenen nördlichen Strecke quer durch Russland und von dort über Belarus nach Polen. Zu Ausfällen kommt es bislang nicht. DHL berichtet zwar, dass Zugtransporte mit dem Ziel Russland oder Belarus bis auf Weiteres ausgesetzt sind. Sendungen für den Bahntransport in Richtung Asien oder von dort nach Europa werden aber weiterhin angenommen.

    Es gibt erste Stornierungen

    Obwohl die Züge bislang zuverlässig rollten, hätten Unternehmen Schienentransporte storniert, berichtet ein Sprecher der Duisburger Hafen AG. Der Hafen ist nach Hamburg das zweitwichtigste Terminal für die Güterzugverbindung Deutschland-China. Eine häufige Befürchtung der Unternehmen sei, dass internationale Versicherer den Versicherungsschutz durch Belarus und Russland kündigen könnten. Auch Sanktionen seien eine Sorge, obwohl der Transport auf der Schiene durch die Sanktionen gegen Russland aktuell noch nicht wesentlich erschwert werde. Bei den Unternehmen entstünden diesbezüglich aber zunehmend Unsicherheiten.

    Der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik merkt an, dass mehr und mehr Unternehmen Alternativen zur Nordroute suchten. Sie interessierten sich insbesondere für die Südroute der Seidenstraße in die Türkei, die nicht durch russisches Gebiet führt. Allerdings dauert diese Strecke nach Deutschland viel länger, da Schiffspassagen darauf liegen. Der Logistik-Verband rechnet mit einem stetigen Rückgang der Transporte. Die Lage sei aber weiterhin sehr dynamisch und könne sich jederzeit ändern.

    Probleme gibt es viele

    Ohne Probleme war der Transport auf der Schiene nie: Einerseits drosseln die unterschiedlichen Spurweiten das Tempo. An Grenzübergängen kann es zudem stocken, Rückstaus entstehen. So gab es an der Grenze China-Kasachstan wegen Corona-Maßnahmen Verspätungen von sechs Tagen. An der Grenze zur Mongolei bremst dagegen die schwache Infrastruktur und an der Grenze zu Russland behindern Wagen- und Ressourcenmangel der russischen Bahn die ungehinderte Fahrt. Dazu kommen politische Probleme in den Ländern entlang der Route. Zuletzt waren im Januar Unruhen in Kasachstan, für die Unternehmen, die diesen Transportweg nutzen, ein Unsicherheitsfaktor. Aus Unternehmenskreisen wird zudem berichtet, dass auch Korruption eine Rolle spiele. Hochpreisige Waren seien auf dem Weg nach China verloren gegangen, was zu einer Entscheidung gegen die Schiene beigetragen habe

    Manche Unternehmen setzen auch jetzt noch weiter auf den Transport mit dem Zug, beobachten die Situation aber ganz genau. Der Automobilzulieferer Conti hat verschiedene Krisenteams eingerichtet, um mit geeigneten Maßnahmen zielgerichtet und schnell auf mögliche Auswirkungen auf die Lieferketten reagieren zu können. Es gebe entsprechende Notfallpläne, die Sicherheitsvorräte und alternative Lieferanten umfassten. So solle dazu beigetragen werden, die Rohstoffversorgung abzusichern.

    Jacob Gunter, Senior Analyst im Programm Wirtschaft bei dem Forschungsinstitut Merics, sieht die Unsicherheit durch das sich schnell ändernde geopolitische Umfeld als erhebliches Risiko für den Güterverkehr auf der Schiene. “Es wäre keine Überraschung, wenn Unternehmen, die ihre Waren vor der Invasion auf der Schiene versenden wollten, nun auf den langsameren, aber zuverlässigeren Seeweg umsteigen. Das würde wahrscheinlich die Probleme der Lieferkette verschärfen, da die Nachfrage nach Schienentransporten während der Pandemie explodiert ist. Die Schiene ist auch deswegen die schnellste Option für die Logistik geworden, weil ein Großteil der Luftfracht, die normalerweise zu Passagierflügen zwischen China und Europa hinzugefügt wird, zum Erliegen kam, als China seine Grenzen Anfang 2020 effektiv geschlossen hat.”

    Die Schiene ist politisch

    Die Schiene ist für China auch politisch relevant. Das weitverzweigte Bahnnetz der “Neuen Seidenstraße”, das China und Europa verbindet, ist nur ein kleiner Teil der Seidenstraßen-Initiative – aber ein wichtiger, in den Jahr für Jahr hohe Subventionen fließen. Das Prestigeprojekt von Xi Jinping kann durchaus beeindrucken: Alle 30 Minuten fährt inzwischen ein Güterzug von China nach Europa. Bisher wurden mehr als 50.000 Fahrten abgewickelt. Es gibt 78 Verbindungen in 180 Städte, die in 23 europäischen Ländern liegen. Dabei spielt neben dem Warentransport vor allem der Aufbau von Beziehungen und wirtschaftlicher Einfluss in den Partnerländern eine Rolle. Die Probleme, die nun auf und entlang dieser Strecke entstehen, trüben nicht nur das positive Image der zuverlässigen Schiene, sondern auch die Zukunftsperspektiven der Partnerschaften in Osteuropa.

    “Peking hat im Jahr 2021 die Beziehungen zu Kiew etwas aufgewärmt und die Präsident Selenskyj und Xi haben die Möglichkeit diskutiert, die Ukraine zu einem “Tor nach Europa” zu machen”, erklärt Merics-Experte Jacob Gunter. “China wollte durch die Ukraine einen alternativen Bahn-Eintrittspunkt in die EU schaffen. Unter anderem, um das Risiko einer übermäßigen Abhängigkeit von Weißrussland zu verringern, sowie von Litauen, das sich den Zorn Pekings zugezogen hatte, indem es sich letztes Jahr für Taiwan erwärmte. Mit der russischen Invasion sind solche Pläne natürlich auf Eis gelegt. Xis gemeinsame Erklärung mit Putin im Februar 2022, in der er eine Freundschaft “ohne Grenzen” zwischen den beiden erklärt hat, wird den Brunnen zwischen Kiew und Peking vermutlich vergiften. Sollte China Russland zur Hilfe eilen, würde dies nur noch schlimmer werden.” Julia Fiedler

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    Norwegen zieht Gaslieferungen vor

    Norwegen unterstützt den Kontinent beim schnellen Wiederauffüllen seiner Gasspeicher und zieht Gaslieferungen auf die Sommermonate vor. Deutschland und Norwegen vereinbarten am Mittwoch außerdem eine Zusammenarbeit für Wasserstoff-Importe, teilte das Bundeswirtschaftsministerium zum Abschluss einer Reise von Ressortchef Robert Habeck (Grüne) in das Land mit. Dabei will das Ministerium auch den Weg für den umstrittenen blauen Wasserstoff frei machen, der aus fossilem Erdgas gewonnen wird.

    Bis Ende September können durch den Aufschub von Wartungsarbeiten und angepasste Genehmigungen der Regierung für das Oseberg-Feld etwa eine Milliarde Kubikmeter (bcm) Erdgas nach Europa geliefert werden, wie der Betreiber Equinor am Mittwoch mitteilte. Bis Ende des Jahres könnte zudem der Ausstoß im Heidrun-Feld um 0,4 bcm hochgefahren werden. Die geltenden Genehmigungen machten es aber erforderlich, die vorgezogenen Lieferungen aus dem Oseberg-Feld in den Folgejahren entsprechend nach unten anzupassen, hieß es von Equinor weiter.

    Die EU-Kommission hat sich zum Ziel gesetzt, die Erdgasspeicher in der Staatengemeinschaft bis zum 1. Oktober zu 90 Prozent zu befüllen, um für den nächsten Winter weniger abhängig von russischen Lieferungen zu werden. Die Versorgungssituation werde aber noch für die nächsten drei Winter angespannt bleiben, warnte der Energieexperte Felix Christan Matthes vom Öko-Institut bei einer Veranstaltung zu den Berliner Energietagen.

    Weg frei für blauen Wasserstoff und LNG

    Habeck und Norwegens Ministerpräsident Jonas Gahr Støre unterzeichneten am Mittwoch eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit in Energiefragen. Eine Machbarkeitsstudie solle klären, wie schnell große Mengen an Wasserstoff von Norwegen nach Deutschland transportiert werden können. Dabei solle auch eine Wasserstoffpipeline untersucht werden. Außerdem sollen für eine Übergangsperiode Pläne für den Import von blauem Wasserstoff erarbeitet werden.

    Vor Ausbruch des Krieges hatte das Wirtschaftsministerium noch erklärt, den Import von blauem Wasserstoff nicht aktiv fördern zu wollen. Blauer Wasserstoff ist unter Klimaschützern umstritten, weil er aus fossilem Erdgas gewonnen wird. Die entstehenden Emissionen sollen weitestgehend mit der CCS-Technologie unterirdisch gespeichert werden. Norwegen will dazu verstärkt Gasfelder unter der Nordsee nutzen. Die Abscheidung ist aber energieintensiv und es kann weiterhin klimaschädliches Methan durch Leckagen in Leitungen entweichen.

    Weitere Zusammenarbeit soll es laut der Vereinbarung auch bei erneuerbaren Energien und insbesondere Offshore-Windenergie geben. Die Regierung in Oslo zeigte sich auch erfreut über Bestrebungen der EU, Gasimporte mit Tankschiffen zu erhöhen. Mitte Mai soll laut Equinor die Erdgas-Verflüssigung in Hammerfest wieder in Betrieb gehen. Pro Jahr könnten dann mehr als 6 bcm LNG verschifft werden. Die Anlage liegt in der Barentssee zwischen Spitzbergen und dem Nordwesten Russlands. Nach einem Feuer war sie seit 2020 außer Betrieb. ber

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    Taxonomie und Krieg in der Ukraine: MEPs schicken Brief an die Kommission

    Angesichts des Krieges in der Ukraine und der Kommissionspläne zur Ergänzung der Taxonomieverordnung haben Europaabgeordnete fast aller Fraktionen einen Brief an die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Finanzkommissarin Mairead McGuinness geschickt. Darin fordern sie, den delegierten Rechtsakt zur Taxonomie, der Investitionen in Gas und Kernenergie als nachhaltig deklariert, zurückzuziehen.

    Dies würde den Schwerpunkt der Investitionen auf wirklich nachhaltige Energiequellen verlagern und damit die Energieunabhängigkeit Europas erhöhen, heißt es. Die Repower-EU-Pläne der Kommission, mit der die EU die Abhängigkeit von russischem Gas reduzieren will, stünden im Widerspruch mit dem Vorschlag, Anreize für Investitionen in fossiles Gas durch die Taxonomie-Verordnung setzen zu wollen. Halte man dennoch daran fest, würde die Abhängigkeit von russischem Gas weiter erhöht werden, wodurch die Effektivität des Repower-EU-Plans untergraben werden würde, schreiben die Parlamentarier.

    Unterschrieben wurde der Brief von insgesamt 102 Abgeordneten der Grünen, S&D, EVP, Renew, Linken sowie einiger fraktionsloser Parlamentarier. luk

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    Kommission genehmigt Energiebeihilfen für Spanien und Tschechien

    EU-Wettbewerbshüter haben am Mittwoch Energiebeihilfen für Spanien (2,9 Milliarden Euro) und Tschechien (1,4 Milliarden Euro) genehmigt. Die EU-Kommission will damit energieintensive Unternehmen für höhere Stromkosten entschädigen, die durch steigende CO2-Preise im EU-Emissionshandelssystem (ETS) entstanden sind.

    Beide Regelungen ermöglichen, dass bis 2031 die im Vorjahr entstandenen indirekten Emissionskosten teilweise an die Unternehmen rückerstattet werden können. Der Höchstbetrag der Beihilfe für ein Unternehmen beläuft sich auf 75 Prozent der entstandenen indirekten Emissionskosten. Der exakte Beihilfebetrag wird auf der Grundlage von Benchmarks für die Stromverbrauchseffizienz berechnet, die sicherstellen sollen, dass die Beihilfeempfänger dennoch zum Energiesparen angehalten werden.

    Die Unterstützungsmaßnahmen zielten darauf ab, Carbon Leakage zu verhindern, da dies zu einer geringeren Wirtschaftstätigkeit in der EU und keiner Reduzierung der Treibhausgasemissionen führen würde, so die Kommission in einer Erklärung. rtr/luk

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    Vestager will im März Einigung beim DMA

    Die Europäische Kommission strebt eine Einigung mit den EU-Gesetzgebern und -Ländern bis Ende März über neue Regeln an, um die Macht von Alphabets Google, Amazon, Apple, Facebook und Microsoft zu beschränken, sagte Europas Kartellamtschefin Margrethe Vestager am Mittwoch. Vestager, die vor mehr als einem Jahr den Digital Markets Act (DMA) mit einer Liste von Regeln und Verboten für US-Tech-Giganten vorgeschlagen hatte, sagte, es gebe gute Fortschritte bei den Verhandlungen.

    “Wir streben nun eine politische Einigung im vierten Trilog bis Ende März an. Wenn wir das schaffen, wird die Gesetzgebung fast blitzschnell sein”, sagte sie bei einer Anhörung im Europäischen Parlament. Die Gespräche sollen am 24. März wieder aufgenommen werden.

    Zu den Fragen, die noch geklärt werden müssen, gehören die Liste der Verpflichtungen für Online-Gatekeeper – Unternehmen, die Daten und den Zugang zu ihren Plattformen kontrollieren – und die Höhe des Umsatzes, der definiert, welche Unternehmen von der DMA erfasst werden, sagten Personen, die mit der Angelegenheit vertraut sind. Eine weitere Frage ist, ob die EU-Exekutive allein für die Durchsetzung des vorgeschlagenen Gesetzes auf Kosten der nationalen Aufsichtsbehörden verantwortlich sein soll. rtr

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    AI Act: Deutschland will Extra-Kapitel für Sicherheitsbehörden

    Deutschland wird auf den Einsatz von KI-Anwendungen zur biometrischen Fernidentifizierung verzichten. Das bekräftigte Christian Meyer-Seitz, Leiter der Abteilung III im Bundesjustizministerium, bei der gestrigen Sitzung des Digitalausschusses im Bundestag. Zwar sei der Einsatz im Rahmen der geplanten KI-Verordnung für bestimmte Zwecke, wie die Suche nach vermissten Kindern oder die Bekämpfung von Terroranschlägen, erlaubt. Der Einsatz müsse allerdings durch innerstaatliches Recht zugelassen werden.

    Dies sei in Deutschland gemäß dem Koalitionsvertrag allerdings nicht möglich. Dieser sieht sogar vor, dass die biometrische Erkennung im öffentlichen Raum sowie automatisierte staatliche Scoring-Systeme durch KI europarechtlich ausgeschlossen werden sollen. Doch das werde man nicht mehr erreichen, räumte Meyer-Seitz ein.

    Ex-Ante-Regulierung möglichst vermeiden

    KI-Anwendungen durch Sicherheitsbehörden will die Bundesregierung laut Meyer-Seitz am liebsten in einem separaten Kapitel regeln. Da die Anwendungsbreite der KI-Verordnung enorm sei, seien gewisse Abstufungen aus der Sicht der Bundesregierung sinnvoll und dienten der Rechtssicherheit. Ein entsprechender Vorschlag sei bereits der französischen Ratspräsidentschaft übermittelt worden.

    Die Beauftragte für die Digitale Wirtschaft und Start-ups Anna Christmann betonte die Bedeutung der KI-Verordnung für den KI-Standort Europa. Die Bundesregierung wolle die Entwicklungsprozesse weiter stärken und dabei eine Ex-Ante-Regulierung, dort vermeiden, wo sie nicht nötig ist. Dadurch soll eine Überregulierung verhindert werden.

    An diesem Freitag will die Bundesregierung eine umfangreiche Teilstellungnahme zu den bisher im Rat behandelten Artikeln der KI-Verordnung nach Brüssel übermitteln. ank

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    Russische Entwickler wollen Instagram-Klon auf den Markt bringen

    Nach der Blockade von Instagram in Russland arbeiten russische Entwickler an einer eigenen Foto- und Videoplattform. Ziel sei es, das Rossgram genannte Angebot am 28. März auf den Markt zu bringen, schrieb einer der verantwortlichen Entwickler auf dem sozialen Netzwerk VKontakte. Es werde zusätzliche Möglichkeiten wie Crowdfunding und Bezahldienste für einige Inhalte bieten. Es gehe um ein “russisches Gegenstück zu einem beliebten sozialen Netzwerk”. Erst im November hat Gazprom Media die TikTok-Kopie Yappy gestartet. Das staatliche Konglomerat Rostec entwickelt inzwischen Smartphones, um Abhängigkeiten von westlichen Angeboten zu reduzieren.

    Instagram ist seit Montag nicht mehr in Russland verfügbar, Facebook bereits länger nicht. Zuvor hatte der Facebook-Eigner Meta Hassrede-Regeln angepasst, um Menschen wegen des Ukraine-Kriegs mehr Möglichkeiten zu geben, ihre Kritik öffentlich zu machen. Inzwischen wurde von Russland deshalb ein Strafverfahren auf den Weg gebracht. rtr

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    EU führt Zusatzzölle auf Stahlimporte aus Indonesien und Indien ein

    Die Europäische Union hat zusätzliche Zölle auf bestimmte Stahlprodukte aus Indonesien und Indien eingeführt. Die sogenannten Ausgleichszölle auf kaltgewalzte Flacherzeugnisse rostfreien Stahls sollen nach Angaben der EU-Kommission von Mittwoch einer Quersubventionierung durch China entgegentreten. So solle sichergestellt werden, dass diese Waren weiter in der EU wettbewerbsfähig erzeugt werden könnten. Hintergrund der Entscheidung sei ein komplexes Netzwerk an Subventionen und Handelsbeschränkungen.

    Mit Hilfe von chinesischen Subventionen baut Indonesien nach Angaben der Kommission eine verarbeitende Industrie auf. Im Gegenzug beschafft das Land China Nickelerz zu günstigen Preisen, denn Indonesien ist einer der größten Nickelerz-Produzenten der Welt. Die EU-Industrie sei einerseits durch die Einfuhr von dem subventionierten rostfreien Stahl geschädigt, andererseits komplett vom indonesischen Markt für Nickelerz für die eigene Edelstahlproduktion abgeschottet worden, so die Kommission. Nickelerz ist ein Rohmaterial in der Stahlproduktion. dpa

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    Litauen fordert Verschiebung des EU-China-Gipfels

    Litauen verlangt, den für Anfang April geplanten europäisch-chinesischen Gipfel auszusetzen, bis die Regierung in Peking gezeigt habe, auf welcher Seite sie im Ukraine-Konflikt stehe. “Es ist an der Zeit, China zu zeigen, dass wir es ernst meinen”, sagt Vize-Außenminister Mantas Adomenas. Die Regierung in Peking dürfe nicht erwarten, dass sie “einerseits Russland unterstützen, andererseits Handelsgelegenheiten mit dem Westen – der Europäischen Union – nutzen kann” und keine Konsequenzen zu befürchten habe.

    Die EU wollte ein wahrscheinlich virtuelles Treffen mit China abhalten, um die wachsenden Spannungen zwischen den beiden Seiten zu entschärfen. Litauens stellvertretender Außenminister Mantas Adomenas sagte, dies sei “nicht der richtige Zeitpunkt für eine Normalisierung.”

    “Unserer Einschätzung nach ist der Zeitpunkt sehr schlecht gewählt. In Anbetracht der jüngsten Entwicklungen sollte der Gipfel abgesagt oder zumindest deutlich verschoben werden, bis wir sehen, auf welcher Seite China steht”, sagte Adomenas während einem Besuch in Washington. Weiter sagte Adomenas, dass Litauen, eine ehemalige Sowjetrepublik, besorgt sei über Moskaus weiterreichende Absichten und “viel Überzeugungsarbeit leisten muss”, um andere EU-Mitglieder davon zu überzeugen, dass der Gipfel nicht stattfinden sollte.

    Partnerschaft zwischen China und Russland

    Die EU betrachtet China in einigen Bereichen als strategischen Rivalen. Sie versucht aber, Peking zu einer Reform der Handelsregeln zu bewegen. US-Beamte teilten China mit, dass sie mit Konsequenzen, einschließlich Sekundärsanktionen, rechnen müssten, wenn Peking Russland im Ukraine-Krieg materielle, militärische oder wirtschaftliche Unterstützung gewährt.

    China und Russland haben nur wenige Wochen vor Beginn des Konflikts eine erweiterte strategische Partnerschaft “ohne Grenzen” angekündigt. Peking hatte sich geweigert, Moskaus Vorgehen als Invasion zu bezeichnen, obwohl der chinesische Staatschef Xi Jinping zu “maximaler Zurückhaltung” aufgerufen hat. rtr

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    Russland aus Europarat ausgeschlossen

    Der Europarat hat Russland wegen des Ukraine-Kriegs nach 26 Jahren Mitgliedschaft mit sofortiger Wirkung ausgeschlossen. Das habe das Ministerkomitee in einer Sondersitzung beschlossen, teilte der Europarat am Mittwoch in Straßburg mit.

    Am Vortag hatte Russland bereits selber dem Europarat seinen Austritt erklärt, nachdem dieser Schritte zu einem Ausschluss eingeleitet hatte. Am Dienstagabend stimmte die Parlamentarische Versammlung des Europarats einstimmig für einen Ausschluss Russlands.

    Russland war dem Europarat am 28. Februar 1996 beigetreten. Zusammen mit der förmlichen Notifizierung des Rücktritts erhielt der Generalsekretär des Europarats von der Russischen Föderation am Dienstag auch die Information über die Absicht, die Europäische Menschenrechtskonvention zu kündigen. dpa

    • Europapolitik

    Presseschau

    Die Ukraine ist jetzt mit dem europäischen Stromnetz verbunden FAZ
    So hilft die EU den Flüchtlingen aus der Ukraine TAGESSPIEGEL
    Norwegen und Deutschland prüfen Bau von Wasserstoffpipeline ZEIT
    Kabinett beschließt erste Steuerentlastungen wegen hoher Energiepreise – Ampel will Heizkostenzuschuss verdoppeln HANDELSBLATT
    Habeck bittet Bundeskartellamt um Prüfung hoher Spritpreise TAGESSPIEGEL
    Frankreich will in historischem Schritt Korsika die Autonomie geben STANDARD
    Russischer Oligarch greift nach Hafen in Griechenland – USA sind besorgt HANDELSBLATT
    “Von Diktator zu Diktator zu gehen, ist keine Energiestrategie” SPIEGEL

    Standpunkt

    Was ist mit den Klimavertriebenen?

    Von May Boeve, Mitzi Jonelle Tan, Nisha Agarwal
    May Boeve ist Geschäftsführerin von 350.org. Nisha Agarwal ist stellvertretende Geschäftsführerin des International Refugee Assistance Project. Mitzi Jonelle Tan ist Initiatorin und internationale Sprecherin der Youth Advocates for Climate Action Philippines.
    May Boeve (von links) ist Geschäftsführerin von 350.org. Nisha Agarwal ist stellvertretende Geschäftsführerin des International Refugee Assistance Project. Mitzi Jonelle Tan ist Initiatorin und internationale Sprecherin der Youth Advocates for Climate Action Philippines.

    Der jüngste Sachstandsbericht des Weltklimarats (IPCC) geht über die Schlagzeilen zu steigenden Temperaturen und Meeresspiegeln hinaus und zeigt das ganze Ausmaß der Bedrohung des menschlichen Lebens in einer sich erwärmenden Welt auf. Er erklärt, wie sich extreme Wetterbedingungen, Dürren, der Verlust von Lebensräumen und Arten, städtische Hitzeinseln und die Zerstörung von Nahrungsquellen und Lebensgrundlagen verschärfen. Und die Wissenschaft ist sich inzwischen sicherer, dass der Klimawandel einen direkten Einfluss auf Migration hat.

    Von klimabedingter Verdrängung sind unverhältnismäßig viele Menschen betroffen, die am wenigsten zu diesem Problem beigetragen haben. Dank des wiederholten Versagens der Großmächte bei der Bekämpfung des Klimawandels zwingen Wetterextreme in Mittelamerika, Brände und Stürme in Nordamerika, Überschwemmungen in Europa und Asien sowie Dürre in Afrika die Menschen zur Migration. Im vergangenen Jahr bestätigte das Rote Kreuz, dass es bereits in allen 192 Ländern, in denen es tätig ist, mit den Folgen des Klimawandels konfrontiert ist.

    Migration als Anpassung an den Klimawandel

    Der IPCC-Bericht erkennt an, dass Migration eine Form der Klimaanpassung ist – und dass sie bereits stattfindet. Dies ist eine wichtige Korrektur der weit verbreiteten Ansicht, dass klimabedingte Verdrängung ein Problem ist, das irgendwann in der Zukunft bewältigt werden muss.

    Diese Sichtweise wird in den wohlhabenden Ländern oft von Angstmacherei vor Schwärmen von Klimaflüchtlingen begleitet. Im gesamten globalen Norden fließen immer mehr öffentliche Gelder in eine wachsende Grenzsicherungs- und Überwachungsindustrie, die verspricht, die “Bedrohung” mit einer “globalen Klimamauer” zu bekämpfen. Die Lobbyisten und politischen Verbündeten der Industrie behaupten, dass fortschrittliche Netzwerke aus Waffen, Mauern, Drohnen und Überwachungstechnologie sowie Strafverfolgung benötigt werden, um die mächtigen Länder vor zukünftigen Wellen von Klimaflüchtlingen zu schützen.

    Doch Klimamauern bieten keinen solchen Schutz. Sie bedrohen nicht nur bürgerliche Freiheiten – in wohlhabenderen Ländern ebenso wie anderswo – und leiten Ressourcen von sinnvollen Klimaschutzmaßnahmen in die Hände von Krisenprofiteuren um. Schlimmer noch, ihre Akteure sind eng mit dem Sektor der fossilen Brennstoffe, der globalen Finanzwelt und der Waffenindustrie verbunden, die von den Konflikten profitiert, die Flüchtlingsströme verursachen und die durch den Klimawandel noch wahrscheinlicher werden.

    Verluste und Schäden als Themen für die Klimabewegung

    Diese falschen Lösungen kosten bereits jetzt Menschenleben und zerstören Lebensgrundlagen. In den Jahren 2020/21 starben 2.000 Menschen im Mittelmeer aufgrund der illegalen “Pushback”-Politik der Europäischen Union. Menschen, die an der Grenze zwischen den USA und Mexiko abgewiesen werden, fliehen ebenfalls vor extremen Wetterbedingungen, ebenso wie viele, die derzeit in Ländern von Großbritannien bis Australien in unbefristeter Haft sitzen.

    Der IPCC-Bericht betont zu Recht die Dringlichkeit der Dekarbonisierung, um weitere Vertreibungen und Verdrängungen zu verhindern. Aber wir dürfen nicht dabei stehen bleiben. Die Regierungen der größten Verursacher von Treibhausgasemissionen müssen unter Druck gesetzt werden, um die Länder zu unterstützen, denen durch den Klimawandel unumkehrbare Verluste und Schäden drohen. Die globale Klimabewegung wird scheitern, wenn sie sich nur auf erneuerbare Energien konzentriert und sich nicht auch um die Linderung des Leids kümmert, das durch den bereits eingetretenen Klimanotstand verursacht wird.

    Klimafinanzierung für Umsiedlungen

    Was sollte noch getan werden? Erstens müssen wir sowohl das Recht zu gehen als auch das Recht zu bleiben schützen. Die Klimafinanzierung zur Unterstützung gefährdeter Gemeinschaften für das Stärken ihrer Resilienz und bei der Begrenzung der Migration ist von entscheidender Bedeutung, ebenso wie die Verbesserung der Katastrophenwarn- und -hilfssysteme. Aber wir brauchen auch Finanzmittel, um die sichere Umsiedlung von Menschen zu erleichtern, wenn sie notwendig ist. Verdrängung findet meist innerhalb eines Landes und nicht über Grenzen hinweg statt, daher müssen wir sicherstellen, dass ärmere Länder über die Mittel verfügen, um sowohl kurz- als auch langfristige Umsiedlungen zu bewältigen.

    Zweitens sollten wir in den Fällen, in denen klimabedingte Verdrängung über Grenzen hinausreicht, mit Flexibilität und Mitgefühl reagieren, nicht mit Paranoia und Profitgier. Das Geld, das für dystopische Militär- und Überwachungsinfrastrukturen ausgegeben wird, sollte stattdessen in die Unterstützung sicherer und legaler Routen und Verfahren für Menschen fließen, die umsiedeln müssen. Der vorherrschende politische Impuls ist heute der Versuch, Menschen nach den Umständen ihrer Geburt getrennt zu halten. Mit mehr Ressourcen und einer anderen politischen Vision könnten wir jedoch dafür sorgen, dass sowohl Neuankömmlinge als auch Aufnahmegemeinschaften von der Einwanderung profitieren.

    Migration in Würde – vor den schlimmsten Klimafolgen

    Drittens müssen wir unser Verständnis dessen, was als klimabedingte Vertreibung oder Verdrängung gilt, erweitern. Diejenigen, die direkt vor Stürmen, Bränden und Überschwemmungen fliehen, brauchen natürlich politische Unterstützung. Aber der Klimawandel ist auch ein wachsender Faktor für Ressourcenknappheit, Einkommensverluste, politische Instabilität und gewaltsame Konflikte. Wir müssen uns gegen Bestrebungen wehren, die Definition, wer als Klimaflüchtling gilt, einzuschränken. Wir können nicht warten, bis eine Katastrophe eintritt, bevor wir handeln. Wir sollten bereits jetzt Prozesse für eine geplante Migration in Würde in Erwägung ziehen, die es Menschen in gefährdeten Gebieten ermöglichen, umzusiedeln, bevor die schlimmsten Auswirkungen eintreten.

    Trotz seiner Unzulänglichkeiten erkennt der IPCC-Bericht an, dass die menschliche Migration ein wichtiger Teil der Lösung für die umfassendere Krise des Klimawandels ist. Das Leben von Vertriebenen, indigenen und gefährdeten Gemeinschaften sowohl im globalen Norden als auch im Süden hat sich durch Umweltverschmutzung, den Abbau fossiler Brennstoffe und den Klimawandel bereits zum Schlechten verändert. Sie können uns viel darüber beibringen, wie wir Leben in einer sich aufheizenden Welt schützen können, wenn wir Menschen zusammenbringen, grenzüberschreitende Problemlösungen fördern und gegen den kleinlichen Nationalismus vorgehen, der die Reaktion der Welt auf die Pandemie gelähmt hat.

    Antworten auf die Verdrängung sind bereits vorhanden, ebenso wie die rechtlichen und ethischen Grundlagen für effektive Übereinkommen zwischen den Regierungen. Was wir brauchen, sind internationale Maßnahmen, um Systeme zu schaffen, die eine sichere und menschenwürdige Zukunft für alle gewährleisten können. Eine Klimabewegung, die gelernt hat, menschliches Leben in vollem Umfang zu schützen, muss bei diesen Bemühungen an vorderster Front stehen.

    Aus dem Englischen von Manuel Berkel. In Kooperation mit Project Syndicate, 2022.

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    Apéropa

    Seit einhundert Tagen ist die Bundesregierung im Amt. Von Aufbruch und Fortschritt war seinerzeit gefühlt in jedem zweiten Satz der Ampel-Minister die Rede. Doch statt auf dem Weg in eine grüne Zukunft, befindet sie sich nun unfreiwilligerweise in einer Situation, von der wir dachten, dass wir sie seit Jahrzehnten hinter uns gelassen haben: Krieg in Europa.

    Die vergangenen Wochen haben so manchen Satz im Koalitionsvertrag hinfällig gemacht. Von stärkerer Zusammenarbeit mit Russland und tiefen und vielfältigen deutsch-russischen Beziehungen liest man da beispielsweise noch. Selbstverständlich sind diese Worte unter anderen Voraussetzungen und mit guten Absichten niedergeschrieben worden. Doch es ist schon bemerkenswert, wie kurzlebig so ein Koalitionsvertrag sein kann.

    Allem voran: der Zubau von Gaskraftwerken. Ursprünglich hieß es hierzu, Erdgas sei für die Übergangszeit unverzichtbar. Inzwischen wissen wir nur zu gut, was die Nutzung von Erdgas mit sich bringt. Also stattdessen Kohle? Die soll bekanntlich und “idealerweise” bis 2030 Geschichte sein. Zwar hält die Ampel bislang noch an diesem Ausstiegspfad fest, doch richtige Alternativen gibt es nicht, wenn Gas wegfällt und Kernenergie kein Thema mehr sein soll.

    Moment, gibt es doch: LNG! Verflüssigtes Erdgas findet im Koalitionsvertrag noch überhaupt keine Erwähnung. Inzwischen sind die beiden sich in Planung befindenden LNG-Terminals in Wilhelmshaven und Brunsbüttel unsere größte Hoffnung für die Energieunabhängigkeit von Russland.

    Goldrichtig lagen die Koalitionäre jedoch bei der Notwendigkeit zum beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren – entgegen all der Skepsis aus Industrie und Wirtschaft. Hieß es vor wenigen Wochen noch, dass die Ampel-Pläne (80 Prozent bis 2030) zu ambitioniert und kaum machbar sind, bezweifelt mittlerweile kaum noch jemand, dass wir eine andere Wahl haben. Sogar Christian Lindner nennt sie “Freiheitsenergien”. Wie viel sich in 100 Tagen doch ändern kann. Lukas Scheid

    Europe.Table Redaktion

    EUROPE.TABLE REDAKTION

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