Die Landwirtschaft verursachte 2023 laut Umweltbundesamt (UBA) 8,9 Prozent der gesamten deutschen Treibhausgasemissionen. Rund 5,3 Prozent der Gesamtemissionen entfallen dabei auf die Tierhaltung. Die jeweils zehn größten Fleisch- und Milchkonzerne steuern einen erheblichen Anteil dazu bei: Zusammengenommen haben sie 2022 so viele Emissionen verursacht wie 61 Prozent des Pkw-Verkehrs. Rechnet man zusätzlich mit ein, wie viel Treibhausgase aufgrund der Tierhaltung nicht in der Landschaft gespeichert werden, steigen die Emissionen der Unternehmen auf das Anderthalbfache des Pkw-Verkehrs: Das sind zwei Kernergebnisse einer neuen Germanwatch-Studie.
Der Verband der Fleischwirtschaft weist die Kritik zurück. Laut UBA habe der Sektor Landwirtschaft inklusive der Tierhaltung im vergangenen Jahr sein Klimaziel übererfüllt, sagte Hauptgeschäftsführer Steffen Reiter der Nachrichtenagentur dpa. Im internationalen Vergleich sei die deutsche Nutztierhaltung „einer der Klimaweltmeister“. Dass die Landwirtschaft ihr Klimaziel so klar einhält, liegt allerdings neben tatsächlichen auch an rein rechnerischen Verbesserungen. Unter anderem wurde die Berechnung der Lachgasemissionen aus Stickstoffeinträgen im Jahr 2021 so verändert, dass sich niedrigere Werte ergeben. Die Klimaziele des Landwirtschaftssektors wurden dagegen nicht angepasst.
Germanwatch fordert darum weitere Fortschritte. Die Organisation erwartet gerade von den Marktführern der Branche „klare Pläne zur deutlichen Reduktion ihrer Emissionen – auch in ihren Lieferketten“. Sie bemängelt auch die aus ihrer Sicht ungenügenden Auskünfte der Unternehmen zu ihren Klimaschutzbemühungen.
Laut Germanwatch sind die beiden umsatzstärksten Unternehmen der jeweiligen Branche, Tönnies (Fleisch) und das DMK Deutsche Milchkontor (Milch), auch die größten Emittenten. Bildlich gesprochen komme zu fast jedem zehnten Pkw Tönnies-Emissionen in Höhe eines weiteren Pkw hinzu und zu gut jedem zwölften ein DMK-Pkw, heißt es in der Studie. Daraus ergibt sich: Wenn die Emissionen sinken sollen, um die deutschen und europäischen Klimaziele zu erreichen, müssen die Zahl der Tiere und der Konsum tierischer Produkte erheblich reduziert werden. Zwar gebe es technische Minderungspotenziale, aber die seien „nicht immens“, sagt Studienautor Konstantinos Tsilimekis. „Das Potenzial durch Effizienzsteigerungen ist relativ gering“, sagt auch Friederike Schmitz vom Verein Faba Konzepte, der die Emissionen für die Studie mit berechnet hat.
Germanwatch sieht gerade die großen Konzerne in einer besonderen Verantwortung, neue Geschäftsmodelle mit weniger Tieren zu entwickeln. Zusätzlich müsse die Politik eine Ernährungswende gezielt fördern.
In den Niederlanden hat derweil ein Gericht die Regierung verurteilt, mehr gegen die Stickstoffemissionen aus der Landwirtschaft zu tun. Das betrifft vor allem die intensive Viehwirtschaft. Das Zivilgericht in Den Haag gab mit seinem Urteil einer Klage von Greenpeace statt. Jetzt muss die Regierung dafür sorgen, dass die schädlichen Emissionen von Stickstoffverbindungen in Naturschutzgebieten bis Ende 2030 um mindestens 50 Prozent reduziert werden. Bisher scheiterten Eingriffe am heftigen Widerstand der Landwirte. ae/dpa