Chinas Lebensmittelversorgung ist eine der größten Herausforderungen für die politische Elite. In der Vergangenheit litten Millionen Menschen Hunger. Die Menschen zu ernähren, gehört zu den Grundaufgaben der Kommunistischen Partei. Doch nicht nur der Klimawandel gefährdet die Ernten (China.Table berichtete). Auch die Verseuchung der Böden mit Schwermetallen, Plastik oder Phosphor ist ein großes Problem. Es ist vor allem von Menschen verursacht. Ning Wang zeigt, dass Chinas Behörden das Problem durchaus erkannt haben – ihre Gegenmaßnahmen lassen allerdings zu Wünschen übrig.
“Green Finance” wird weltweit als Lösung gesehen, um mehr Privatinvestitionen in grüne Technologien und Maßnahmen zur Überwindung der Klimakrise zu lenken. Auch China ist auf diesen Zug aufgesprungen. Seit der Verkündung der mittel- bis langfristigen Klimaziele (2030/2060-Ziele) durch Xi Jinping wachsen Klima-fokussierte Fonds rasant. Es sind vor allem Kleinanleger, die ihre Ersparnisse in die grünen Geldanlagen stecken. Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt. Es mangelt an Transparenz, wie die Gelder in der Realwirtschaft investiert werden und inwiefern sie wirklich zum Klimaschutz beitragen. Die staatlichen Vorgaben zu Green Finance sind schlicht zu lax
Es war nur eine Randnotiz in den unzähligen Nachrichten über die chaotische Lebensmittelversorgung der Menschen in Shanghai. In mehreren Stadtteilen klagten Bewohner über Bauchschmerzen und Durchfall, nachdem sie Lebensmittel verzehrt hatten, die ihnen von den Behörden zugeteilt worden waren. Schnell kamen bei den Großstädtern in China Erinnerungen an verunreinigte Lebensmittel wie Milch, Öl und Gemüse auf. In den sozialen Medien ist immer wieder von der Gier der Lebensmittel-Unternehmen zu lesen, die das Leben der Menschen aufs Spiel setzten, damit die Bilanzen stimmen. Die Zensur lässt das so stehen, weil es auch Peking nutzt und von tieferen Problemen ablenkt.
Laut einer von der Chinese Academy of Engineering im Jahr 2020 durchgeführten Studie sollen schätzungsweise zwölf Millionen Tonnen des jährlich angebauten Gemüses durch Schwermetalle im Boden belastet sein. Hauptfaktoren sind dabei Rückstände aus industriellen Abwässern und Tierfutter.
Oft wird außer Acht gelassen, dass die Hauptvoraussetzung für sichere Lebensmittel gesunde Böden sind. Damit die landwirtschaftliche Produktion “saubere” Lebensmittel wie Gemüse, Mais oder Reis zur weiteren Verarbeitung ernten kann, benötigt sie schlicht Agrarflächen, deren Böden nicht kontaminiert sind. Und hierzu gibt es klare Vorgaben der Behörden.
“Für China ist die effiziente Nutzung natürlicher Ressourcen ein dringendes Anliegen, da seine landwirtschaftliche Nutzfläche vergleichsweise klein ist, um die größte Bevölkerung der Welt zu ernähren”, schreibt Lea Siebert in einer aktuellen Analyse zur Bodenkontaminierung in China vom Deutsch-Chinesischen Agrarzentrum (DCZ), die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unterstützt wurde.
Etwa 135 Millionen Hektar (Wald- und Grasflächen nicht einberechnet) der rund 645 Millionen Hektar Land werden in der Volksrepublik landwirtschaftlich genutzt. Das sind 0,09 Hektar pro Einwohner. Im Vergleich dazu sind es 0,14 in Deutschland und sogar 0,22 in der Europäischen Union. Laut einem Bericht der Weltbank seien von Chinas Nutzflächen inzwischen rund 20 Prozent belastet. In den Achtziger Jahren betrug der Anteil verseuchter Böden gerade mal fünf Prozent.
Entsprechend dringender entwickelt sich das Problem der Lebensmittelknappheit im eigenen Land. Um die Lücken zu stopfen, muss die Volksrepublik zunehmend große Mengen aus anderen Teilen der Welt importieren. Das schafft Abhängigkeit, die Peking eigentlich verhindern will (China.Table berichtete), weil die Regierung eine geostrategische Gefahr in dieser Konstellation erkennt.
Doch es fehlt an der notwendigen Transparenz, um überhaupt den Zustand der Böden in China richtig einschätzen zu können. Zwar gab es in der Vergangenheit eine Reihe von entsprechenden Studien, allerdings waren diese häufig auf bestimmte Regionen oder Schadstoffe reduzierte Meta-Analysen.
Der bisher umfassendste Ansatz ist die Nationale Erhebung zur Bodenbelastung, die zwischen 2005 und 2013 durchgeführt wurde. Der veröffentlichte Bericht enthält jedoch nur Statistiken über die prozentualen Verschmutzungsgrade. Detaillierte oder standortspezifische Daten sind hingegen nicht öffentlich gemacht worden, kritisiert das Deutsch-Chinesische Agrarzentrum (DCZ).
Mehrere aktuelle Studien zeigen, dass die bisherigen Schritte zur Bekämpfung der Bodenverseuchung kaum vorzeigbare Verbesserungen oder gar Lösungen hervorgebracht haben. Bereits 2013 kündigte der damalige Minister für Land und Ressourcen, Wang Shiyuan, einen langfristigen Plan zur Sanierung der Flächen an und sicherte zudem Ausgaben in Milliardenhöhe zu. Doch getan hat sich wenig, und wohin die Gelder geflossen sind, bleibt für Außenstehende unklar.
Auch rund zehn Jahre später scheint die Dringlichkeit des Themas noch immer nicht bei den Beteiligten angekommen zu sein. So riskieren zwei Drittel der befragten Unternehmen laut einer aktuellen Studie des Finanznachrichtendienstleisters Caixin, dass die von ihnen bewirtschafteten Böden durch chemische oder giftige Substanzen kontaminiert werden. Wissenschaftler eines englisch-chinesischen Projekts haben zudem herausgefunden, dass viele Bauern zur Maximierung ihrer Ernte viel zu viel Dünger und Pestizide einsetzen. Diese gelangen dann meist direkt ins Grundwasser, weil die große Menge von den Pflanzen schlicht nicht mehr aufgenommen werden kann.
Da 66 Millionen Hektar Ackerland in China – fast 50 Prozent der Gesamtfläche – bewässert werden, trägt auch die schlechte Wasserqualität entscheidend zur Bodenbelastung bei. Zudem lassen chemische und organische Schadstoffe die Böden versauern, wodurch der ph-Wert in den Böden sinkt. In einem derartigen ph-Milieu nehmen Pflanzen jedoch verstärkt Schadstoffe auf, was wiederum dazu führt, dass die Ernten mit Schwermetallen belastet sind – die dann in der weiteren Nahrungskette den Konsumenten schädigen.
Dabei sind sich Chinas Wissenschaftler dessen durchaus bewusst – und äußern ihre Sorgen: “Erhöhte Stickstoff-, Phosphor- und Treibhausgasemissionen überschreiten Sicherheitsgrenzen. Gegenwärtig ist China das Land mit den größten eingesetzten Mengen an chemischen Düngemitteln und Pestiziden weltweit“, sagt Kong Xiangbin, Professor am Institut für Bodenwissenschaften und -technologie an der China Agricultural University. Der Einsatz von Stickstoffdünger in China mache 33 Prozent der globalen Gesamtmenge aus, beim Phosphatdünger seien es 36 Prozent. “Im Jahr 2018 betrug der Verbrauch von Stickstoff und Phosphor 8,214 Millionen Tonnen beziehungsweise 2,138 Millionen Tonnen und übertraf damit die Sicherheitsgrenzen bei weitem”, heißt es in Kongs Studie.
Dabei ist die Kontaminierung von Böden im Agrarbereich keineswegs nur ein chinesisches Problem, wie die DCZ-Studie zeigt. Zum Vergleich: In Europa sind Schwermetalle für etwa 35 Prozent der Bodenverschmutzungen verantwortlich, gefolgt von Mineralölen mit 24 Prozent.
Böden im Agrarbereich sind zwar auch durch natürliche Erosionen belastet. Die meisten direkten Verschmutzungen werden allerdings durch menschliche Eingriffe in der Landwirtschaft verursacht. Übermäßiger Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden spielt dabei eine große Rolle, aber auch die Rückstände von Kunststofffolien, die davor schützen sollen, dass Wind und Wetter oder Tiere die Saat beschädigen.
1994 nutzten Chinas Bauern rund 426.300 Tonnen dieser Folien. 2020 waren es schon 2,389 Millionen Tonnen. Das Problem: Die Folien werden oft an den Feldrändern entsorgt, sodass Plastikreste in den Böden gefunden werden, was dann wieder die Bodenfeuchtigkeit und somit auch das Wachstum der dort gepflanzten Saat negativ verändert.
Hinzu kommen indirekte Verschmutzungen, beispielsweise resultierend aus Überschwemmungen oder hervorgerufen durch sogenannte atmosphärische Ablagerung, die der Kohleverbrauch in der Volksrepublik fördert: 2018 betrug der Kohleverbrauch insgesamt 3,97 Milliarden Tonnen. Diese Menge enthält ca. 51.600 Tonnen Blei, 38.300 Tonnen Arsen, 1.100 Tonnen Cadmium und 750 Tonnen Quecksilber. Diese gewaltigen Mengen lagern sich in der Atmosphäre ab und gelangen durch die Schwerkraft oder – schneller – durch Regenfälle auf und in die Böden.
Das Umweltministerium hat vergangenes Jahr ein umfassendes Handbuch herausgegeben, um die Bodenkontaminierung einzudämmen. Die drei Schwerpunkte der Empfehlungen an die Unternehmen lauten “kein Leck, keine Vermehrung und Früherkennung“. Doch die Vorschläge kommen nicht nur reichlich spät. In ihrer Schlichtheit zeigen sie auch, wie weit die Behörden von der Praxis entfernt sind. Mitarbeit: Renxiu Zhao.
Chinas Klima-fokussierte Investments-Fonds haben ihr Volumen im Jahr 2021 verdoppelt. Das geht aus Zahlen des Analyse-Unternehmens Morningstar hervor. Die Fonds haben zum Jahresende ein Volumen von 47 Milliarden US-Dollar erreicht, wie Bloomberg berichtet. Ein Anstieg von fast 150 Prozent. In den USA lag das Volumen von Klima-Fonds bei 31 Milliarden US-Dollar. In Europa bei 325 Milliarden. Allerdings sind die Zahlen schwer zu vergleichen: Die Vorgaben für grüne Investments in China sind nicht so streng wie in Europa (China.Table berichtete).
Von den 106 von Morningstar analysierten Klima-Fonds in China hatten nur elf ein Nachhaltigkeits-Rating von “durchschnittlich” oder besser. Der Rest wurde schlechter oder gar nicht bewertet. Die schlechten Ratings können viele Ursachen haben. Auch ein Mangel an Transparenz kann zu einer schlechten Beurteilung führen. Das Problem gilt nicht nur für Klima-Fonds. Ein großer Teil der börsennotierten Unternehmen in China veröffentlichen noch keinen oder nur einzureichende Berichte über Umwelt, Governance und soziale Fragen (ESG).
Analysten bezweifeln die langfristige Wirkung der Fonds. “Ob sich dieses Kapital langfristig in einen Nutzen für den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft verwandelt, wage ich zu bezweifeln”, sagte Wang Boya von Morningstar gegenüber Bloomberg. Investitionen in grüne Technologien erfordern stabile, langfristige Kapitalzuflüsse. Die Zuflüsse des letzten Jahres gingen jedoch auf Kleininvestoren zurück, die ihre Investitionen bei kurzfristigen Schwankungen häufiger zurückziehen würden. nib
Jahrelang haben die Verantwortlichen in Chinas Hauptstadt den Fokus auf bessere Bedingungen für den Autoverkehr gelegt. Nach zwei Jahrzehnten der Staus und schlechter Luft setzt nun auch in Peking langsam ein Umdenken ein. Erstmals geht es dabei nicht nur um die Umstellung auf E-Mobilität, sondern um eine Verringerung der Zahl aller Autos auf den Straßen. Das geht aus dem 14. Fünfjahresplan der Stadt Peking für die Entwicklung und den Ausbau des städtischen Transportwesens hervor.
Der neue Fünfjahresplan hält in der Rückschau eine Reihe positiver Entwicklungen fest. Der Anteil von “grünen” Passagierbewegungen ohne Auto sei um 2,4 Prozentpunkte auf leicht 73,1 Prozent gestiegen. Das Verkehrsnetz wurde im vorigen Fünfjahreszeitraum erheblich ausgeweitet. Dazugekommen sind unter anderem neue Abschnitte der U-Bahnlinien 8 und die Erweiterung der Linie 6. Der ÖPNV bringt täglich 13,8 Millionen ans Ziel. Die Digitalisierung des Busverkehrs sei abgeschlossen.
Für den Zeitraum des 14. Fünfjahresplans von 2021 bis 2025 ist nun vor allem eine Entzerrung des Verkehrs vorgesehen. Statt dass sich alle Aktivität innerhalb der inneren drei Ringe ballt, sollen Subzentren und die gemeinsam erschlossenen Gebiete in der Provinz Hebei und der Nachbarstadt Tianjin eine größere Rolle spielen. Dafür erwartet die Stadt zwar eine erhebliche Steigerung der Mobilität der Bürger. Sie werden sich viel mehr zwischen den Teilzentren bewegen. Der Zuwachs soll jedoch ausschließlich im ÖPNV stattfinden. Das Schienennetz soll bis dahin auf 1.900 Kilometer wachsen von derzeit 1.351 Kilometern.
Bis 2035 soll so ein “grünes, sicheres und intelligentes” städtisches Verkehrssystem entstehen. Dazu will die Stadt konkret:
Das soll schnelles, bequemes Pendeln ohne Auto ermöglichen. Die Zahl der vorhandenen Kfz soll bei 5,8 Millionen gleich bleiben. Doch die Autos sollen im Alltag eine geringere Rolle spielen und mehr stehen, statt in der Innenstadt herumzufahren.
Zudem soll ein neuer “Lebensstil der langsamen Fortbewegung” entstehen. Sprich: Auch Fußgänger und Radfahrer sollen etwas von den Neuregelungen haben. Im Fünfjahresplan findet sich so beispielsweise die Idee eines “Kultur-Radwegs”, der bedeutende Orte verbindet. Eine Förderung des Fahrrads als ernstzunehmendes Verkehrsmittel für Erwachsene im Berufsalltag ist allerdings nicht zu erkennen. Stattdessen findet sich auch hier ein langer Abschnitt, indem es um Ausbau und Verbesserung des Straßennetzes geht. Inklusive der Autobahnringe. fin
Chinas Exportwachstum ist wie erwartet zurückgegangen. Im April betrug der Anstieg nur noch 3,9 Prozent, wie die Zollverwaltung in Peking am Montag mitteilte. Es handelte sich um den niedrigsten Wert seit dem ersten Corona-Jahr 2020. Im März lag das Plus noch bei 14,7 Prozent. Nach den Lockdowns in Shanghai und anderen wirtschaftsstarken Regionen hatten Ökonomen jedoch fest mit schwächeren Zahlen gerechnet (China.Table berichtete). Auch erhebliche Auswirkungen auf den Handel waren zu erwarten.
In den Zoll-Daten verbergen sich andererseits überraschend gute Nachrichten. China Einfuhren blieben trotz der zahlreichen Krisen ungefähr gleich. Die Lockdowns und die anderen Unsicherheiten haben noch nicht zu einem Absturz der Gesamtkonjunktur geführt. Für Mai erwarten Ökonomen allerdings eine erhebliche Eintrübung, weil sich die negativen Effekte mit der Zeit gegenseitig verstärken. Wenn Omikron sich also weiter verbreitet und zudem Shanghai noch lange im Griff hält, kann sich die Lage rasch verschlechtern. Das merken dann auch die Handelspartner deutlich. Die Importe aus Deutschland gaben um zehn Prozent nach.
Besondere Aufmerksamkeit galt am Montag auch Chinas Handel mit Russland. Dort zeigte sich im April ein gemischtes Bild. Ins Auge sticht zunächst ein Rückgang der chinesischen Exporte nach Russland. Im Vorjahresvergleich fiel die Nachfrage aus dem sanktionierten Nachbarland um 26 Prozent. Mit Beginn der Strafen ist der starke Exporttrend von China nach Russland zusammengebrochen. Diese Entwicklung spiegelt die generelle Wirtschafts- und Zahlungsschwäche im Land Wladimir Putins wider.
Zugleich aber hat Russland in China durchaus einen aufnahmebereiten Markt für die eigenen Waren gefunden: Chinas Import stieg um 57 Prozent. Es handelt sich vor allem um Rohstoffe. Mangels zusätzlicher Pipelines stieg die Einfuhr von russischem Öl jedoch nur um vier Prozent. Es muss per Schiff angeliefert werden. Da zugleich die Nachfrage nach Kraftstoff in China um ein Fünftel gesunken ist, stiegen auf der anderen Seite Chinas Energie-Exporte in andere Weltgegenden. Das bedeutet: China leitet indirekt russisches Öl auf den Weltmarkt weiter. fin
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping haben sich am Montag über den russischen Angriff auf die Ukraine und seine Auswirkungen unter anderem auf die globale Nahrungsmittelversorgung und Energiesicherheit ausgetauscht. Außerdem sei es in der Videokonferenz um “die Entwicklung und die Konsequenzen der Covid-19-Pandemie, eine vertiefte Kooperation beim Klimaschutz, die Energietransformation sowie die EU-China-Beziehungen” gegangen. Zudem sei über eine weitere Vertiefung der bilateralen Beziehungen und über die Zusammenarbeit im Wirtschaftsbereich gesprochen worden, so die Bundesregierung in einer sehr kurzen Mitteilung.
Wesentlich ausführlicher ging die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua auf das Gespräch ein. Der chinesischen Version zufolge versicherten sich die beiden Spitzenpolitiker, wie wichtig die deutsch-chinesischen Beziehungen seien. Xi betonte demzufolge die Wichtigkeit von Stabilität in unsicheren Zeiten. Deutschland sei ein Land mit erheblichem Einfluss. China und Deutschland unterhielten Beziehungen von hoher Qualität. Das sei das Ergebnis von “gegenseitigen Verpflichtungen zur Win-Win-Kooperation”. China halte an seinem Wunsch nach engerer Zusammenarbeit fest.
Xi sagte zu Scholz, dass beide Seiten für Multilateralismus, die Rolle der Vereinten Nationen und die Aufrechterhaltung von Normen in internationalen Beziehungen stehen. Er ermahnte Europa, sich seiner historischen Verantwortung für Stabilität bewusst zu sein und selbst für seine Sicherheit zu sorgen. Der Austausch zum Thema Ukraine mit Scholz sei “freimütig” gewesen. China stehe “auf der Seite des Friedens” und arbeite “auf seine Weise” auf Entspannung hin.
Eine wichtige Botschaft ergibt sich bereits aus Länge und Wortwahl der beiden konkurrierenden Mitteilungen. Das Kanzleramt zeigte sich schmallippig und wollte Hinweise auf einen freundlichen Umgang vermeiden – schließlich hängen dicke Differenzen bezüglich der Haltung zur Invasion zwischen EU und China. Die lange Agenturmeldung von chinesische Seite erweckte dagegen den Eindruck eines langen, freundlichen Austauschs im diplomatischen Normalbetrieb.
Xis Mahnung an Europa, für Stabilität zu sorgen und selbst für die eigene Sicherheit zu sorgen, enthielt weitere Botschaften. “Verantwortung” und “Stabilität” sind als Aufforderung zu verstehen, die Ukraine nicht mit Waffen zu versorgen und Russland gewähren zu lassen. Mit dem Aufruf zu europäischer Eigenständigkeit wiederum meint Xi Jinping eine Abkehr von den USA und eine Lockerung demokratischer Bündnisstrukturen. Ein solcher Kurs würde potenziell Chinas Einfluss erhöhen.
Am Sonntag erst hatte SPD-Chef Lars Klingbeil in einem Interview mit dem Fernsehsender Phoenix zu einem anderen Auftreten im Umgang mit der Volksrepublik aufgerufen. Politik und Wirtschaft hätten im Falle Russland stets auf einen politischen Konsens mit Moskau gedrungen. Das sei ein Fehler gewesen, gestand Klingbeil ein und zog daraus den Schluss, dass man China gegenüber “heute anders auftreten und kritischer sein” müsse. China hat die russische Invasion der Ukraine nicht verurteilt, sondern schiebt die Schuld für den Krieg auf die USA und die Nato. grz/fin
Chinas Lebensmittelversorgung ist eine der größten Herausforderungen für die politische Elite. In der Vergangenheit litten Millionen Menschen Hunger. Die Menschen zu ernähren, gehört zu den Grundaufgaben der Kommunistischen Partei. Doch nicht nur der Klimawandel gefährdet die Ernten (China.Table berichtete). Auch die Verseuchung der Böden mit Schwermetallen, Plastik oder Phosphor ist ein großes Problem. Es ist vor allem von Menschen verursacht. Ning Wang zeigt, dass Chinas Behörden das Problem durchaus erkannt haben – ihre Gegenmaßnahmen lassen allerdings zu Wünschen übrig.
“Green Finance” wird weltweit als Lösung gesehen, um mehr Privatinvestitionen in grüne Technologien und Maßnahmen zur Überwindung der Klimakrise zu lenken. Auch China ist auf diesen Zug aufgesprungen. Seit der Verkündung der mittel- bis langfristigen Klimaziele (2030/2060-Ziele) durch Xi Jinping wachsen Klima-fokussierte Fonds rasant. Es sind vor allem Kleinanleger, die ihre Ersparnisse in die grünen Geldanlagen stecken. Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt. Es mangelt an Transparenz, wie die Gelder in der Realwirtschaft investiert werden und inwiefern sie wirklich zum Klimaschutz beitragen. Die staatlichen Vorgaben zu Green Finance sind schlicht zu lax
Es war nur eine Randnotiz in den unzähligen Nachrichten über die chaotische Lebensmittelversorgung der Menschen in Shanghai. In mehreren Stadtteilen klagten Bewohner über Bauchschmerzen und Durchfall, nachdem sie Lebensmittel verzehrt hatten, die ihnen von den Behörden zugeteilt worden waren. Schnell kamen bei den Großstädtern in China Erinnerungen an verunreinigte Lebensmittel wie Milch, Öl und Gemüse auf. In den sozialen Medien ist immer wieder von der Gier der Lebensmittel-Unternehmen zu lesen, die das Leben der Menschen aufs Spiel setzten, damit die Bilanzen stimmen. Die Zensur lässt das so stehen, weil es auch Peking nutzt und von tieferen Problemen ablenkt.
Laut einer von der Chinese Academy of Engineering im Jahr 2020 durchgeführten Studie sollen schätzungsweise zwölf Millionen Tonnen des jährlich angebauten Gemüses durch Schwermetalle im Boden belastet sein. Hauptfaktoren sind dabei Rückstände aus industriellen Abwässern und Tierfutter.
Oft wird außer Acht gelassen, dass die Hauptvoraussetzung für sichere Lebensmittel gesunde Böden sind. Damit die landwirtschaftliche Produktion “saubere” Lebensmittel wie Gemüse, Mais oder Reis zur weiteren Verarbeitung ernten kann, benötigt sie schlicht Agrarflächen, deren Böden nicht kontaminiert sind. Und hierzu gibt es klare Vorgaben der Behörden.
“Für China ist die effiziente Nutzung natürlicher Ressourcen ein dringendes Anliegen, da seine landwirtschaftliche Nutzfläche vergleichsweise klein ist, um die größte Bevölkerung der Welt zu ernähren”, schreibt Lea Siebert in einer aktuellen Analyse zur Bodenkontaminierung in China vom Deutsch-Chinesischen Agrarzentrum (DCZ), die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unterstützt wurde.
Etwa 135 Millionen Hektar (Wald- und Grasflächen nicht einberechnet) der rund 645 Millionen Hektar Land werden in der Volksrepublik landwirtschaftlich genutzt. Das sind 0,09 Hektar pro Einwohner. Im Vergleich dazu sind es 0,14 in Deutschland und sogar 0,22 in der Europäischen Union. Laut einem Bericht der Weltbank seien von Chinas Nutzflächen inzwischen rund 20 Prozent belastet. In den Achtziger Jahren betrug der Anteil verseuchter Böden gerade mal fünf Prozent.
Entsprechend dringender entwickelt sich das Problem der Lebensmittelknappheit im eigenen Land. Um die Lücken zu stopfen, muss die Volksrepublik zunehmend große Mengen aus anderen Teilen der Welt importieren. Das schafft Abhängigkeit, die Peking eigentlich verhindern will (China.Table berichtete), weil die Regierung eine geostrategische Gefahr in dieser Konstellation erkennt.
Doch es fehlt an der notwendigen Transparenz, um überhaupt den Zustand der Böden in China richtig einschätzen zu können. Zwar gab es in der Vergangenheit eine Reihe von entsprechenden Studien, allerdings waren diese häufig auf bestimmte Regionen oder Schadstoffe reduzierte Meta-Analysen.
Der bisher umfassendste Ansatz ist die Nationale Erhebung zur Bodenbelastung, die zwischen 2005 und 2013 durchgeführt wurde. Der veröffentlichte Bericht enthält jedoch nur Statistiken über die prozentualen Verschmutzungsgrade. Detaillierte oder standortspezifische Daten sind hingegen nicht öffentlich gemacht worden, kritisiert das Deutsch-Chinesische Agrarzentrum (DCZ).
Mehrere aktuelle Studien zeigen, dass die bisherigen Schritte zur Bekämpfung der Bodenverseuchung kaum vorzeigbare Verbesserungen oder gar Lösungen hervorgebracht haben. Bereits 2013 kündigte der damalige Minister für Land und Ressourcen, Wang Shiyuan, einen langfristigen Plan zur Sanierung der Flächen an und sicherte zudem Ausgaben in Milliardenhöhe zu. Doch getan hat sich wenig, und wohin die Gelder geflossen sind, bleibt für Außenstehende unklar.
Auch rund zehn Jahre später scheint die Dringlichkeit des Themas noch immer nicht bei den Beteiligten angekommen zu sein. So riskieren zwei Drittel der befragten Unternehmen laut einer aktuellen Studie des Finanznachrichtendienstleisters Caixin, dass die von ihnen bewirtschafteten Böden durch chemische oder giftige Substanzen kontaminiert werden. Wissenschaftler eines englisch-chinesischen Projekts haben zudem herausgefunden, dass viele Bauern zur Maximierung ihrer Ernte viel zu viel Dünger und Pestizide einsetzen. Diese gelangen dann meist direkt ins Grundwasser, weil die große Menge von den Pflanzen schlicht nicht mehr aufgenommen werden kann.
Da 66 Millionen Hektar Ackerland in China – fast 50 Prozent der Gesamtfläche – bewässert werden, trägt auch die schlechte Wasserqualität entscheidend zur Bodenbelastung bei. Zudem lassen chemische und organische Schadstoffe die Böden versauern, wodurch der ph-Wert in den Böden sinkt. In einem derartigen ph-Milieu nehmen Pflanzen jedoch verstärkt Schadstoffe auf, was wiederum dazu führt, dass die Ernten mit Schwermetallen belastet sind – die dann in der weiteren Nahrungskette den Konsumenten schädigen.
Dabei sind sich Chinas Wissenschaftler dessen durchaus bewusst – und äußern ihre Sorgen: “Erhöhte Stickstoff-, Phosphor- und Treibhausgasemissionen überschreiten Sicherheitsgrenzen. Gegenwärtig ist China das Land mit den größten eingesetzten Mengen an chemischen Düngemitteln und Pestiziden weltweit“, sagt Kong Xiangbin, Professor am Institut für Bodenwissenschaften und -technologie an der China Agricultural University. Der Einsatz von Stickstoffdünger in China mache 33 Prozent der globalen Gesamtmenge aus, beim Phosphatdünger seien es 36 Prozent. “Im Jahr 2018 betrug der Verbrauch von Stickstoff und Phosphor 8,214 Millionen Tonnen beziehungsweise 2,138 Millionen Tonnen und übertraf damit die Sicherheitsgrenzen bei weitem”, heißt es in Kongs Studie.
Dabei ist die Kontaminierung von Böden im Agrarbereich keineswegs nur ein chinesisches Problem, wie die DCZ-Studie zeigt. Zum Vergleich: In Europa sind Schwermetalle für etwa 35 Prozent der Bodenverschmutzungen verantwortlich, gefolgt von Mineralölen mit 24 Prozent.
Böden im Agrarbereich sind zwar auch durch natürliche Erosionen belastet. Die meisten direkten Verschmutzungen werden allerdings durch menschliche Eingriffe in der Landwirtschaft verursacht. Übermäßiger Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden spielt dabei eine große Rolle, aber auch die Rückstände von Kunststofffolien, die davor schützen sollen, dass Wind und Wetter oder Tiere die Saat beschädigen.
1994 nutzten Chinas Bauern rund 426.300 Tonnen dieser Folien. 2020 waren es schon 2,389 Millionen Tonnen. Das Problem: Die Folien werden oft an den Feldrändern entsorgt, sodass Plastikreste in den Böden gefunden werden, was dann wieder die Bodenfeuchtigkeit und somit auch das Wachstum der dort gepflanzten Saat negativ verändert.
Hinzu kommen indirekte Verschmutzungen, beispielsweise resultierend aus Überschwemmungen oder hervorgerufen durch sogenannte atmosphärische Ablagerung, die der Kohleverbrauch in der Volksrepublik fördert: 2018 betrug der Kohleverbrauch insgesamt 3,97 Milliarden Tonnen. Diese Menge enthält ca. 51.600 Tonnen Blei, 38.300 Tonnen Arsen, 1.100 Tonnen Cadmium und 750 Tonnen Quecksilber. Diese gewaltigen Mengen lagern sich in der Atmosphäre ab und gelangen durch die Schwerkraft oder – schneller – durch Regenfälle auf und in die Böden.
Das Umweltministerium hat vergangenes Jahr ein umfassendes Handbuch herausgegeben, um die Bodenkontaminierung einzudämmen. Die drei Schwerpunkte der Empfehlungen an die Unternehmen lauten “kein Leck, keine Vermehrung und Früherkennung“. Doch die Vorschläge kommen nicht nur reichlich spät. In ihrer Schlichtheit zeigen sie auch, wie weit die Behörden von der Praxis entfernt sind. Mitarbeit: Renxiu Zhao.
Chinas Klima-fokussierte Investments-Fonds haben ihr Volumen im Jahr 2021 verdoppelt. Das geht aus Zahlen des Analyse-Unternehmens Morningstar hervor. Die Fonds haben zum Jahresende ein Volumen von 47 Milliarden US-Dollar erreicht, wie Bloomberg berichtet. Ein Anstieg von fast 150 Prozent. In den USA lag das Volumen von Klima-Fonds bei 31 Milliarden US-Dollar. In Europa bei 325 Milliarden. Allerdings sind die Zahlen schwer zu vergleichen: Die Vorgaben für grüne Investments in China sind nicht so streng wie in Europa (China.Table berichtete).
Von den 106 von Morningstar analysierten Klima-Fonds in China hatten nur elf ein Nachhaltigkeits-Rating von “durchschnittlich” oder besser. Der Rest wurde schlechter oder gar nicht bewertet. Die schlechten Ratings können viele Ursachen haben. Auch ein Mangel an Transparenz kann zu einer schlechten Beurteilung führen. Das Problem gilt nicht nur für Klima-Fonds. Ein großer Teil der börsennotierten Unternehmen in China veröffentlichen noch keinen oder nur einzureichende Berichte über Umwelt, Governance und soziale Fragen (ESG).
Analysten bezweifeln die langfristige Wirkung der Fonds. “Ob sich dieses Kapital langfristig in einen Nutzen für den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft verwandelt, wage ich zu bezweifeln”, sagte Wang Boya von Morningstar gegenüber Bloomberg. Investitionen in grüne Technologien erfordern stabile, langfristige Kapitalzuflüsse. Die Zuflüsse des letzten Jahres gingen jedoch auf Kleininvestoren zurück, die ihre Investitionen bei kurzfristigen Schwankungen häufiger zurückziehen würden. nib
Jahrelang haben die Verantwortlichen in Chinas Hauptstadt den Fokus auf bessere Bedingungen für den Autoverkehr gelegt. Nach zwei Jahrzehnten der Staus und schlechter Luft setzt nun auch in Peking langsam ein Umdenken ein. Erstmals geht es dabei nicht nur um die Umstellung auf E-Mobilität, sondern um eine Verringerung der Zahl aller Autos auf den Straßen. Das geht aus dem 14. Fünfjahresplan der Stadt Peking für die Entwicklung und den Ausbau des städtischen Transportwesens hervor.
Der neue Fünfjahresplan hält in der Rückschau eine Reihe positiver Entwicklungen fest. Der Anteil von “grünen” Passagierbewegungen ohne Auto sei um 2,4 Prozentpunkte auf leicht 73,1 Prozent gestiegen. Das Verkehrsnetz wurde im vorigen Fünfjahreszeitraum erheblich ausgeweitet. Dazugekommen sind unter anderem neue Abschnitte der U-Bahnlinien 8 und die Erweiterung der Linie 6. Der ÖPNV bringt täglich 13,8 Millionen ans Ziel. Die Digitalisierung des Busverkehrs sei abgeschlossen.
Für den Zeitraum des 14. Fünfjahresplans von 2021 bis 2025 ist nun vor allem eine Entzerrung des Verkehrs vorgesehen. Statt dass sich alle Aktivität innerhalb der inneren drei Ringe ballt, sollen Subzentren und die gemeinsam erschlossenen Gebiete in der Provinz Hebei und der Nachbarstadt Tianjin eine größere Rolle spielen. Dafür erwartet die Stadt zwar eine erhebliche Steigerung der Mobilität der Bürger. Sie werden sich viel mehr zwischen den Teilzentren bewegen. Der Zuwachs soll jedoch ausschließlich im ÖPNV stattfinden. Das Schienennetz soll bis dahin auf 1.900 Kilometer wachsen von derzeit 1.351 Kilometern.
Bis 2035 soll so ein “grünes, sicheres und intelligentes” städtisches Verkehrssystem entstehen. Dazu will die Stadt konkret:
Das soll schnelles, bequemes Pendeln ohne Auto ermöglichen. Die Zahl der vorhandenen Kfz soll bei 5,8 Millionen gleich bleiben. Doch die Autos sollen im Alltag eine geringere Rolle spielen und mehr stehen, statt in der Innenstadt herumzufahren.
Zudem soll ein neuer “Lebensstil der langsamen Fortbewegung” entstehen. Sprich: Auch Fußgänger und Radfahrer sollen etwas von den Neuregelungen haben. Im Fünfjahresplan findet sich so beispielsweise die Idee eines “Kultur-Radwegs”, der bedeutende Orte verbindet. Eine Förderung des Fahrrads als ernstzunehmendes Verkehrsmittel für Erwachsene im Berufsalltag ist allerdings nicht zu erkennen. Stattdessen findet sich auch hier ein langer Abschnitt, indem es um Ausbau und Verbesserung des Straßennetzes geht. Inklusive der Autobahnringe. fin
Chinas Exportwachstum ist wie erwartet zurückgegangen. Im April betrug der Anstieg nur noch 3,9 Prozent, wie die Zollverwaltung in Peking am Montag mitteilte. Es handelte sich um den niedrigsten Wert seit dem ersten Corona-Jahr 2020. Im März lag das Plus noch bei 14,7 Prozent. Nach den Lockdowns in Shanghai und anderen wirtschaftsstarken Regionen hatten Ökonomen jedoch fest mit schwächeren Zahlen gerechnet (China.Table berichtete). Auch erhebliche Auswirkungen auf den Handel waren zu erwarten.
In den Zoll-Daten verbergen sich andererseits überraschend gute Nachrichten. China Einfuhren blieben trotz der zahlreichen Krisen ungefähr gleich. Die Lockdowns und die anderen Unsicherheiten haben noch nicht zu einem Absturz der Gesamtkonjunktur geführt. Für Mai erwarten Ökonomen allerdings eine erhebliche Eintrübung, weil sich die negativen Effekte mit der Zeit gegenseitig verstärken. Wenn Omikron sich also weiter verbreitet und zudem Shanghai noch lange im Griff hält, kann sich die Lage rasch verschlechtern. Das merken dann auch die Handelspartner deutlich. Die Importe aus Deutschland gaben um zehn Prozent nach.
Besondere Aufmerksamkeit galt am Montag auch Chinas Handel mit Russland. Dort zeigte sich im April ein gemischtes Bild. Ins Auge sticht zunächst ein Rückgang der chinesischen Exporte nach Russland. Im Vorjahresvergleich fiel die Nachfrage aus dem sanktionierten Nachbarland um 26 Prozent. Mit Beginn der Strafen ist der starke Exporttrend von China nach Russland zusammengebrochen. Diese Entwicklung spiegelt die generelle Wirtschafts- und Zahlungsschwäche im Land Wladimir Putins wider.
Zugleich aber hat Russland in China durchaus einen aufnahmebereiten Markt für die eigenen Waren gefunden: Chinas Import stieg um 57 Prozent. Es handelt sich vor allem um Rohstoffe. Mangels zusätzlicher Pipelines stieg die Einfuhr von russischem Öl jedoch nur um vier Prozent. Es muss per Schiff angeliefert werden. Da zugleich die Nachfrage nach Kraftstoff in China um ein Fünftel gesunken ist, stiegen auf der anderen Seite Chinas Energie-Exporte in andere Weltgegenden. Das bedeutet: China leitet indirekt russisches Öl auf den Weltmarkt weiter. fin
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping haben sich am Montag über den russischen Angriff auf die Ukraine und seine Auswirkungen unter anderem auf die globale Nahrungsmittelversorgung und Energiesicherheit ausgetauscht. Außerdem sei es in der Videokonferenz um “die Entwicklung und die Konsequenzen der Covid-19-Pandemie, eine vertiefte Kooperation beim Klimaschutz, die Energietransformation sowie die EU-China-Beziehungen” gegangen. Zudem sei über eine weitere Vertiefung der bilateralen Beziehungen und über die Zusammenarbeit im Wirtschaftsbereich gesprochen worden, so die Bundesregierung in einer sehr kurzen Mitteilung.
Wesentlich ausführlicher ging die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua auf das Gespräch ein. Der chinesischen Version zufolge versicherten sich die beiden Spitzenpolitiker, wie wichtig die deutsch-chinesischen Beziehungen seien. Xi betonte demzufolge die Wichtigkeit von Stabilität in unsicheren Zeiten. Deutschland sei ein Land mit erheblichem Einfluss. China und Deutschland unterhielten Beziehungen von hoher Qualität. Das sei das Ergebnis von “gegenseitigen Verpflichtungen zur Win-Win-Kooperation”. China halte an seinem Wunsch nach engerer Zusammenarbeit fest.
Xi sagte zu Scholz, dass beide Seiten für Multilateralismus, die Rolle der Vereinten Nationen und die Aufrechterhaltung von Normen in internationalen Beziehungen stehen. Er ermahnte Europa, sich seiner historischen Verantwortung für Stabilität bewusst zu sein und selbst für seine Sicherheit zu sorgen. Der Austausch zum Thema Ukraine mit Scholz sei “freimütig” gewesen. China stehe “auf der Seite des Friedens” und arbeite “auf seine Weise” auf Entspannung hin.
Eine wichtige Botschaft ergibt sich bereits aus Länge und Wortwahl der beiden konkurrierenden Mitteilungen. Das Kanzleramt zeigte sich schmallippig und wollte Hinweise auf einen freundlichen Umgang vermeiden – schließlich hängen dicke Differenzen bezüglich der Haltung zur Invasion zwischen EU und China. Die lange Agenturmeldung von chinesische Seite erweckte dagegen den Eindruck eines langen, freundlichen Austauschs im diplomatischen Normalbetrieb.
Xis Mahnung an Europa, für Stabilität zu sorgen und selbst für die eigene Sicherheit zu sorgen, enthielt weitere Botschaften. “Verantwortung” und “Stabilität” sind als Aufforderung zu verstehen, die Ukraine nicht mit Waffen zu versorgen und Russland gewähren zu lassen. Mit dem Aufruf zu europäischer Eigenständigkeit wiederum meint Xi Jinping eine Abkehr von den USA und eine Lockerung demokratischer Bündnisstrukturen. Ein solcher Kurs würde potenziell Chinas Einfluss erhöhen.
Am Sonntag erst hatte SPD-Chef Lars Klingbeil in einem Interview mit dem Fernsehsender Phoenix zu einem anderen Auftreten im Umgang mit der Volksrepublik aufgerufen. Politik und Wirtschaft hätten im Falle Russland stets auf einen politischen Konsens mit Moskau gedrungen. Das sei ein Fehler gewesen, gestand Klingbeil ein und zog daraus den Schluss, dass man China gegenüber “heute anders auftreten und kritischer sein” müsse. China hat die russische Invasion der Ukraine nicht verurteilt, sondern schiebt die Schuld für den Krieg auf die USA und die Nato. grz/fin