Deutsch allein reicht uns nicht. Falls Sie den China.Table auch Personen zugänglich machen möchten, die Texte lieber auf Englisch lesen, dann haben wir jetzt etwas für Sie. Das Briefing erscheint künftig parallel in englischer Sprache. Für die internationale Version des China.Table, nehmen Sie bitte Kontakt zu meinem Kollegen Robert Hackenfort auf.
Chinas Behörden treiben eine Datenschutz-Offensive voran und bringen reihenweise Unternehmen mit Strafandrohungen in Bedrängnis. Sind personenbezogene Informationen dort nun endlich besser geschützt? Zum Teil ja, zum Teil aber leider auch nicht, schreibt Frank Sieren. Der Staat hat weiterhin durch die Vordertür Zugang zu allen Daten, die er sich in USA und EU durch die Hintertür beschaffen müsste. Die strenge Durchsetzung der neuen Regeln dient auch dazu, den Technikfirmen zu zeigen, wer das Sagen hat. Doch zugleich können die Konzerne mit den Informationen ihrer Kunden nicht mehr einfach machen, was sie wollen. Das ist auf jeden Fall ein Fortschritt.
Journalisten, die aus China berichten, kennen das Problem: Die Bürger äußern sich nur sehr, sehr vorsichtig gegenüber Fremden. Das ungute Gefühl bei öffentlichen Meinungsbekundungen übernehmen viele Menschen dort vermutlich schon als Kinder von ihren Eltern. Was das für Meinungsforschung in China bedeutet, analysiert Marcel Grzanna. Umfragen, die politische Trends in China erfassen wollen, sind daher schwer durchzuführen und noch schwerer zu interpretieren. Das gilt auch und gerade in Hinblick auf die hohen Zustimmungswerte für die KP.
Chinas Regierung will in Zukunft chinesische Unternehmen, die im Ausland einen Börsengang planen, strenger kontrollieren. Die neuen Regeln zielen besonders auf “Datensicherheit, grenzüberschreitenden Datenfluss und die Verwaltung vertraulicher Informationen”, wie am Mittwoch aus einem Dokument des Staatsrates in Peking hervorging. Die neuen Vorschriften sollen die Vertraulichkeit und die Verantwortung für die Sicherheit von Informationen für im Ausland gehandelte Unternehmen regeln, heißt es in der Ankündigung. Die Aufsicht über solche Aktienunternehmen werde verschärft, “um mit Risiken und Notfällen umzugehen”.
Die offizielle Sorge lautet, dass Daten von Privatpersonen ins Ausland fließen könnten. Die dortigen Behörden könnten die Firmen dann zwingen, ihre wachsenden Datenmengen zur Verfügung zu stellen.
Ferner sollen die Vorschriften für die Zulassung von Börsengängen chinesischer Firmen im Ausland überarbeitet werden. So will Chinas Wertpapieraufsicht Schlupflöcher schließen, die chinesische Tech-Riesen benutzt haben, um über Beteiligungsgesellschaften in Steuerparadiesen wie den Cayman Islands oder den British Virgin Islands auf das Börsenparkett in den USA oder in Hongkong zu gehen, wie die Finanzagentur Bloomberg berichtete. Künftig soll eine Erlaubnis nötig sein.
Die Ankündigung folgt, nachdem die App des chinesischen Mitfahrdienstes Didi Chuxing nur zwei Tage nach seinem milliardenschweren Börsengang in den USA am vergangenen Sonntag aus allen App-Stores entfernt wurde (China.Table berichtete). Die Anweisung kam von der staatlichen Cyberspace-Regulierungsbehörde. Didi mit Hauptsitz in Peking habe sich schwerer Verstöße bei der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten schuldig gemacht, heißt es dort.
Didi erklärte, dass es die Registrierung neuer Benutzer bereits zum 3. Juli gestoppt habe und seine Datenschutzregeln gemäß den Anforderungen des Staates korrigieren werde. Es seien keine Daten ins Ausland geflossen. Nutzer, die die App installiert haben, können sie bislang weiter nutzen. Das bedeutet: Der normale Geschäftsbetrieb läuft weiter.
Didi hat mit 493 Millionen aktiven Nutzern und einem Marktanteil von rund 80 Prozent in China quasi eine Monopolstellung als Fahrtdienstleister. Laut eigenen Angaben kommt das Unternehmen auf rund 40 Millionen Fahrten täglich.
Die Marktkapitalisierung von Didi liegt bei 67 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Der US-Konkurrent Uber, den Didi nach einer Rabattschlacht 2016 vom chinesischen Markt gedrängt hatte, kommt weltweit auf 95 Milliarden. Im vergangenen Jahr hatte Didi Corona-bedingt allerdings einen Umsatzrückgang auf 21,6 Milliarden Dollar einstecken müssen. Der Verlust lag bei 1,6 Milliarden US-Dollar.
Bei seinem Debüt an der New Yorker Börse Nasdaq hatte Didi 4,4 Milliarden Dollar an Kapital einsammeln können (China.Table berichtete). Der Börsenwert des Unternehmens erreichte zeitweise einen Wert von rund 80 Milliarden Dollar. Die Löschung der App aus den App-Stores hatte die Aktien jedoch zum Absturz gebracht und ließen die Bewertung um rund 25 Prozent einbrechen (China.Table berichtete).
Die Staatszeitung Global Times legt in einem Leitartikel die Position des Staates offen. China könne einem Unternehmen wie Didi, dessen größte Aktionäre im Ausland sitzen, nicht erlauben, “eine Superdatenbank zu betreiben, die mehr Zugriff auf persönliche Daten hat als der chinesische Staat”.
Zu den bekanntesten Großaktionären von Didi gehört neben dem Elektronikkonzern Apple, der seit 2016 einen Sitz im Verwaltungsrat hält, der japanische Technikinvestor Softbank mit einem Anteil von 21,5 Prozent, sowie der chinesische Tech-Gigant Tencent mit einem Anteil von 6,8 Prozent.
Der Sprecher des Pekinger Außenministeriums, Wang Wenbin, äußerte in diesem Zusammenhang vor allem die Sorge, die USA könnte versuchen, in Besitz chinesischer Daten zu gelangen. “Es sind die USA, die Unternehmen gezwungen haben, Hintertüren zu installieren, und sich Nutzerdaten beschafft haben“, kritisierte Wang und warf den Vereinigten Staaten Datendiebstahl und Verletzung der Privatsphäre vor. Die USA seien die “größte Gefahr für die globale Cybersicherheit”.
Trotz der politischen Spannungen zwischen Washington und Peking ist die Zahl der in den USA notierten chinesischen Unternehmen nach Angaben South China Morning Post allein in den vergangenen sieben Monaten um 14 Prozent gestiegen. China habe in der ersten Jahreshälfte einen Anteil von einem Drittel aller Erlöse von Börsengängen weltweit – mehr als jedes andere Land. Rund 250 Unternehmen sind in den USA gelistet.
Didi ist denn auch nicht das einzige Unternehmen, das in den Fokus der Behörden geraten ist. Auch gegen die Online-Job-Plattform Boss Zhipin wird ermittelt. Das gleiche Schicksal traf die Lkw-Buchungs-Apps von Yunmanman und Houchebang, die zusammen unter dem Namen Full Truck Alliance beziehungsweise Manbang Group operieren.
Full Truck Alliance wird unter anderem dafür kritisiert, die Interessen seiner Fahrer zu verletzen und ein Monopol auf Frachtdaten aufrechtzuerhalten. In einer Erklärung vom Montag sagte Full Truck Alliance, dass es bei der Überprüfung durch die Behörden “uneingeschränkt kooperieren” werde und auch eine interne Untersuchung durchgeführt werde. “Abgesehen von einer Aussetzung der Registrierung neuer User werden unsere Anwendungen den normalen Betrieb aufrecht erhalten”, erklärte das Unternehmen. Dennoch sind die Aktien um zehn Prozent eingebrochen.
Boss Zhipin ist eine Personalsuche-App für kleine und mittelständische Unternehmen. Kanzhun Ltd., der Eigentümer der App, wurde am 11. Juni an der Nasdaq gelistet und hat seitdem dort Kurserfolge gefiert – obwohl Boss Zhipin bisher keinen Gewinn macht.
Die Überprüfungen dieser Unternehmen werden nach chinesischem Recht mindestens 45 Werktage in Anspruch nehmen. Bereits im April waren neben Didi 29 weitere Tech-Unternehmen von der chinesischen Wettbewerbsbehörde SAMR, der Cyberregulierungsbehörde und der Steuerbehörde zu einem Treffen zitiert worden. Alle Firmen wurden aufgefordert, innerhalb eines Monats eine Selbstinspektion durchzuführen (China.Table berichtete). Im Mai befahl Chinas Kartellaufsicht Didi Chuxing, Meituan und acht weiteren führenden Unternehmen im Bereich des On-Demand-Liefer-und Transportbereichs zudem, Praktiken wie etwa willkürliche Preiserhöhungen oder unfaire Behandlung der Fahrer einzustellen. Die Fahrer bekommen nur 79 Prozent dessen, was die Kunden bezahlen.
Beim jüngsten Vorgehen beziehen sich die Behörden auf das National Security Law und das Cybersecurity Law, durch die unbefugte Zugriffe und exzessive Datensammlungen unterbunden werden sollen. Es lässt sich derzeit kaum unterscheiden, ob es sich hierbei um einen Machkampf um die Lufthoheit zwischen dem Staat und Privatunternehmen handelt, die so mächtig werden konnten, weil der Staat ihre Märkte geschützt hat. Oder ob der Staat unter Druck steht, tatsächlich dem wachsenden Bewusstsein für Datenschutz in der Bevölkerung Rechnung zu tragen.
In einer Studie des Pekinger Nandu Personal Information Protection Research Centre, die 2019 zu dem Thema in China durchgeführt wurde, gaben 30 Prozent der Befragten an, bereits Opfer von Datenmissbrauch geworden zu sein, zum Beispiel indem ihre Telefonnummern, Adressen und Bankverbindungen ohne ihr Wissen weitergegeben beziehungsweise verkauft wurden. Mit dem wachsenden Online-Handel während der Corona-Epidemie sind die Bedenken noch einmal gestiegen. Insofern dürften die politischen Maßnahmen bei den Nichtaktionären in der Bevölkerung auf Zustimmung stoßen.
Bedenklich ist allerdings der Zeitpunkt des Eingreifens. Das Geschäftsmodell der Unternehmen war ja auch schon vor dem Börsengang bekannt. Auffällig ist, dass beim Datenschutz nicht gleiches Recht für alle gilt. Der chinesische Staat behält sich weiterhin vor, selbst Daten zu erheben, die ihm für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit wichtig erscheinen. Und öffentliche Sicherheit ist in China ein potentiell weites Feld, das je nach Situation unterschiedlich ausgelegt werden kann.
Es gibt viele Daten und Zahlen, die klare Konturen von der Volksrepublik China zeichnen, eindeutig und unzweifelhaft: zweitgrößte Volkswirtschaft, größter EU-Handelspartner, größter CO2-Emittent. Es gibt aber auch solche Zahlen, die mit Vorsicht zu genießen sind. Die Resultate politischer Umfragen in China gehören dazu. Im Gegensatz zu den wirtschaftlichen Parametern basieren sie auf Meinungsäußerungen und Wahrnehmungen, statt auf Fakten.
Im China.Table hatte der Autor Stefan Baron vor einigen Tagen auf Basis der Zahlen des Edelmann Trust Barometers von 2020 sowie der Ergebnisse einer Langzeitstudie des Ash Centers an der Kennedy School der Universität Harvard argumentiert, dass sich die Kommunistische Partei Chinas als allein und autoritär regierende Organisation ein hohes Maß an Legitimation in der Bevölkerung des Landes erarbeitet habe.
Diese Darstellung rief Widerspruch hervor. Der Politikwissenschaftler und China-Kritiker Andreas Fulda erinnerte via Twitter an die Probleme, die sozialwissenschaftliche Datensätze aus einem autoritären Regierungsumfeld enthalten, und warnte deshalb davor, sie überzubewerten. “In Chinas hochgradig politisiertem Staat und politisierter Gesellschaft wissen die Bürger um die Risiken, wahrheitsgetreu zu sprechen”, schrieb der Politologe von der Universität in Nottingham.
Geisteswissenschaften haben generell das Problem, dass ihre Datensätze im Vergleich zu anderen Wissenschaften weniger Fakten schaffen, weil sie mehr Spielraum für Interpretationen hinterlassen als beispielsweise eine Zollstatistik zu den Exporten eines Landes. In China kommen die Implikationen eines autoritären Regierungssystems noch erschwerend hinzu. Einerseits ist es die Strategie des Regimes, Korruption und Machtmissbrauch auf die unteren Regierungsebenen abzuwälzen, um als Leuchtturm im Kampf für das Wohl der Bürger wahrgenommen zu werden. Dabei zählen die Familien der mächtigsten Männer des Landes auch zu den reichsten Familien des Landes.
Andererseits müssen die Teilnehmer an Umfragen in liberalen Gesellschaften keine Konsequenzen für politische Aussagen fürchten, weil sie von der Meinungsfreiheit gedeckt sind. Bürgerinnen und Bürger in Diktaturen dagegen äußern sich instinktiv sehr viel vorsichtiger. Wenn jemand Fremdes vor ihnen steht und unmittelbar sensible politische Fragen stellt, mahnt die Erfahrung die Menschen in Diktaturen dazu, sich möglichst unauffällig und vor allem nicht konfrontativ zu äußern. Weshalb auch sollten sie einem fremden Gesicht trauen, das Fragen stellt, bei denen man sich mit falschen Antworten in die Nesseln setzen kann?
Das Phänomen ist auch Korrespondenten bekannt, die im journalistischen Auftrag viel in China reisen und mit vielen Menschen aus allen Gesellschaftsschichten sprechen. Um das Vertrauen der Leute gewinnen zu können, vergehen oftmals Stunden intensiver Gespräche. Wer hartnäckig am Ball bleibt, stellt fest, dass unterhalb der Oberfläche viel differenzierte Meinung zum Vorschein kommt. Denn entgegen der geläufigen Vermutung, dass Chinesinnen und Chinesen keine eigene politische Meinung hätten, weil die staatliche Propaganda ihnen das Denken abnimmt, sind die Bürger des Landes sehr wohl in der Lage, die Umstände, unter denen sie regiert werden, kritisch zu beurteilen. Sie tun das allerdings keineswegs blauäugig, sondern mit der gebotenen Vorsicht, die sie in 75 Jahren Diktatur mit der Muttermilch eingesogen haben.
“Einheimische neigen oft dazu, die gesellschaftspolitische Realität zu verzerren und zu verschweigen, was sie für negative und unerwünschte Informationen halten, die ein negatives Bild ihres Landes zeichnen würden”, schlussfolgerten Ariel Ahram und Paul Goode im Jahr 2016 in ihrer einflussreichen Studie “Researching Authoritarianism in the Discipline of Democracy”. Wer zudem ein offizielles Amt bekleidet, orientiert sich offenbar bei der Formulierung seiner Antworten verstärkt an der vorgegebenen Linie. In ihrem Beitrag “Die Grenzen der Forschung in einem autoritären Staat” im International Journal of Qualitative Methods schreibt die Sozialwissenschaftlerin Saltanat Janenova: “Im nichtdemokratischen Kontext zögern Regierungsbeamte, ihre Ansichten offen zu äußern und neigen dazu, gemäß der ‘Skripte’ der staatlichen Propaganda zu sprechen.“
Im konkreten Fall der Harvard-Studie, auf die sich Autor Baron in seinem Meinungsstück bezieht, bescheinigen 93 Prozent der Befragten ihre Zufriedenheit mit der chinesischen Zentralregierung. Das ist ein bombastisch guter Wert, von dem jede demokratische Regierung dieser Welt nicht einmal zu träumen wagt. Die Frage ist nur, ob man ihm unter den gegebenen Bedingungen trauen kann. Politologe Fulda wirft Baron vor, Kritik an der Studie zuvorkommen zu wollen, indem er darauf hinweist, dass 31.000 persönliche Interviews für die Forschung durchgeführt worden sind. Die Universität beauftragte dazu eine chinesische Firma, die sie selbst als seriös bezeichnet. Doch auch hier gilt es zu berücksichtigen, dass Firmen, zumal chinesische, die die politische Stimmung im Land messen wollen, sich auf dünnem Eis bewegen.
Wer 31.000 Menschen in der Volksrepublik interviewen möchte, kann dies nicht tun, ohne dass Behörden auf den lokalen Ebenen Wind davon bekämen. Also muss die Untersuchung angekündigt und genehmigt werden. Die Kontrollsucht eines autoritären Staats hat zur Folge, dass er Einfluss nehmen möchte auf die wissenschaftliche Freiheit. Fragen, die ihm nicht gefallen, werden kurzerhand gestrichen oder verändert. Pressekonferenzen mit Funktionären der Kommunistischen Partei funktionieren seit Jahren nach genau diesem Prinzip. Und wer garantiert den Befragten der Umfrage in dieser Konstellation, dass ihre Antworten anonym bleiben? Das kann weder die beauftragte chinesische Firma, und schon gar nicht können das die Verantwortlichen an der Universität Harvard. Wenn die chinesischen Behörden wissen wollen, welcher Bürger welche Antworten gegeben hat, dann werden sie es erfahren. Das wissen auch die Befragten, denen sehr wohl klar ist, dass nichts geheim bleibt, was den Staat interessiert. In dieser Gemengelage relativiert sich eine Zufriedenheitsquote von 93 Prozent.
Irena Schneider von der Universität in Cambridge gibt noch etwas anderes zu Bedenken. In ihrem Papier “Can we trust Measures of Political Trust?” thematisiert sie die unterschiedliche Konzeptionalisierung der Begriffe, wenn es beispielsweise um Fragen zum “politischen Vertrauen” geht. “Gerade wegen des normativen und subjektiven Gehalts des Begriffs ‘politisches Vertrauen’ ist es unwahrscheinlich, dass Bürger aus unterschiedlichen Kultur- und Regimekontexten eine vertrauenswürdige Institution ausmachen.” Das bedeutet im Klartext: Bürgerinnen und Bürger aus Demokratien definieren politisches Vertrauen ganz anders als Menschen aus Diktaturen.
Zwar ist es legitim, die Frage in beiden Staaten zu stellen, doch die Zahlen miteinander zu vergleichen, sagt demnach nicht zwingend etwas darüber aus, ob eine Regierung Legitimation in der Bevölkerung genießt oder nicht. Zumal schwache Zufriedensheitsraten in Demokratien einer Regierung die Legitimation keineswegs entziehen.
Deutschlands Maschinenbauer haben nach eigener Berechnung ihren Titel als Exportweltmeister an China verloren. Einer ersten Schätzung des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) für das vergangene Jahr zufolge betrug der chinesische Anteil an den internationalen Verkäufen 15,8 Prozent, während deutsche Maschinenbau-Exporte 15,5 Prozent des Handelsvolumens ausmachten.
Vor der Pandemie hatten die deutschen Maschinenbauer noch einen Vorsprung von rund 1,4 Prozentpunkten gegenüber der Konkurrenz aus Fernost, 2010 waren es sogar noch sieben Prozentpunkte. “Gerade die Corona-Pandemie hat Chinas Aufstieg einen kräftigen Schub verliehen, weil das Land sehr früh und nur sehr kurz betroffen war, während der europäische Absatzmarkt durch die Pandemie einen kräftigen Dämpfer erlitt”, erklärte der Leiter VDMA Außenwirtschaft, Ulrich Ackermann, in einer Mitteilung. “Eine starke wirtschaftliche Erholung in der EU könnte dafür sorgen, dass die Maschinenexporte aus Deutschland und anderen europäischen Ländern 2021 wieder stärker wachsen. Der langfristige Trend spreche aber klar für China.
Der größte Produzent von Maschinen und Anlagen ist China schon seit einer ganzen Weile – und zwar “mit weitem Abstand”, betont Ackermann. Die Volksrepublik produziert sogar so viel wie die USA, Deutschland, Japan und Italien zusammen. “Es war also nur eine Frage der Zeit, bis China auch Spitzenreiter beim Maschinenaußenhandel wird”, sagte Ackermann.
Dennoch sieht der Verbandschef weiter Chancen für deutsche Hersteller – auch in der Volksrepublik. Zum Beispiel gebe es auf dem Gebiet von Industrierobotern “spürbaren Nachholbedarf” in China, was gute Exportchancen verspreche. Einer der Studie zugrunde liegenden Umfrage unter 222 Mitgliedsfirmen zufolge schätzen rund 36 Prozent der Maschinen- und Anlagenbauer aus Deutschland und der Schweiz die chinesische Strategie “Made in China 2025” als positiv für das eigene Geschäft ein. flee
Huawei will mit Patentlizenzen für vernetzte Autos von Volkswagen Geld verdienen. Der chinesische Telekommunikationsausrüster und Hardwarehersteller gab am Mittwoch einen Lizenzvertrag mit einem Zulieferer des Volkswagen-Konzerns bekannt. Dabei geht es um Patente, die für die LTE-Datenfunktechnik (4G) benötigt werden. Der Deal stellt den bislang größten Lizenzvertrag von Huawei in der Automobilbranche dar, teilte ein Huawei-Sprecher mit.
Für Huawei ist das Geschäft mit Lizenzierung zu einem wichtigen Geschäftsmodell geworden, seitdem das Unternehmen aus Shenzhen aufgrund von US-Sanktionen im internationalen Smartphone-Markt immer mehr an Bedeutung verloren hat. Auch beim Ausbau von 5G musste Huawei Rückschläge aufgrund von geopolitischen Vorbehalte verbuchen (China.Table berichtete). Bereits im April sagte Eric Xu, der turnusgemäß die Rolle des CEO bei Huawei hat: “Wir sehen unsere Rolle darin, Business-Partnern in der Autoindustrie den Vorstoß ins autonome Fahren zu ermöglichen” (China.Table berichtete). Huawei plant mit seinen Lizenzvereinbarungen mehr als 30 Millionen Fahrzeuge mit seiner Technik auszustatten. niw
Das Europaparlament befürwortet einen diplomatischen Boykott der Olympischen Winterspiele in Peking. Die EU-Kommission, der EU-Rat und die Mitgliedstaaten müssten Einladungen von Regierungsvertretern und Diplomaten zur Teilnahme an den Winterspielen 2022 ablehnen, heißt es in dem fraktionsübergreifend formulierten Resolutionsentwurf, über den die Abgeordneten am Donnerstag abstimmen. “Es sei denn, die chinesische Regierung weist eine nachweisbare Verbesserung der Menschenrechtslage in Hongkong, der Uigurischen Region Xinjiang, Tibet, der Inneren Mongolei und anderswo in China nach”, heißt es in dem Entwurf.
Ein solcher Beschluss des Europaparlaments wäre jedoch nicht bindend. Ob sie Gehör bei den Mitgliedsstaaten finden wird, ist offen. Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis hat am Mittwoch Medienberichten zufolge eine Einladung zu den Winterspielen während eines Telefonats mit Chinas Präsidenten Xi Jinping bereits angenommen.
Die Europaabgeordneten werden dem Entwurf zufolge die Schließung der Hongkonger Tageszeitung Apple Daily verurteilen und den Handlungsdruck auf die EU-Kommission in Sachen Hongkong erhöhen (China.Table berichtete). Das Ende von Apple Daily und die Festnahmen von Journalist:innen bedeuteten das endgültige Ende der Presse- und Meinungsfreiheit in Hongkong, heißt es in der Resolution. Darin fordern die EU-Politiker zudem die EU-Kommission und Mitgliedsstaaten auf, das Nationale Sicherheitsgesetz auf jede Agenda von EU-China-Treffen zu setzen, auch bei diplomatischen Vorbereitungstreffen. Die EU müsse zudem “den Menschen in Hongkong die verlorene Stimme zurückzugeben”, indem sie bei der Archivierung, Veröffentlichung und Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen helfe und in Hongkong verbotene Bücher online verfügbar mache.
Die EU-Politiker:innen betonen dem Resolutionsentwurf zufolge erneut auch ihren Standpunkt zum Investitionsabkommen zwischen EU und China (CAI): Das Abkommen bleibt weiter auf Eis. Das Parlament geht sogar einen Schritt weiter und fordert zusätzliche Sanktionen wegen Menschenrechtsverletzungen in Hongkong und Xinjiang gegen China. Das Ergebnis der Abstimmung wird im Laufe des Donnerstags erwartet. ari
Die Europäische Union fordert von China Informationen über mehrere Gerichtsentscheidungen und damit neue rechtliche Regelungen zu geistigem Eigentum (IP) in der Telekommunikationsbranche. Die in China neu eingeführte Praxis verbiete es ausländischen Unternehmen, EU-Gerichte anzurufen, um Streitigkeiten über Rechte an IP durchzusetzen, teilte eine Sprecherin der Generaldirektion für Handel der EU-Kommission China.Table mit. Die EU fordert nun die Welthandelsorganisation auf, insgesamt vier chinesische Gerichtsentscheidungen zu überprüfen. “Mit diesen Verboten, an Gerichte außerhalb Chinas zu gehen, drohen Geldstrafen von bis zu 130.000 Euro pro Tag“, beklagte die EU-Handelsdirektion. Die EU prüfe nun die neue Maßnahme im Detail, um sicherzustellen, dass China die Rechte der EU-Patentinhaber und seine WTO-Verpflichtungen respektiere.
Konkret geht es um Urteile, die chinesische Gerichte in Verfahren der Unternehmen Conversant gegen Huawei, OPPO gegen Sharp, Xiaomi gegen InterDigital sowie Samsung gegen Ericsson gefällt haben. Im ersten Fall habe ein Gericht in der Volksrepublik 2020 eine einstweilige Verfügung gegen Klagen erlassen, heißt es im EU-Papier an die WTO. Die Entscheidung verbiete dem europäischen Patent-Inhaber, sich auf europäische Gerichtsentscheidungen zu berufen, wenn es um ein strittiges IP geht. Zudem werde dann eine Geldstrafe angedroht, erklärte die EU-Seite. “Diese Entscheidungen scheinen bestehende Gesetze und Vorschriften neu zu interpretieren und haben auch dazu geführt, dass neue Vorschriften verkündet wurden.” Die Anfrage der EU erfolgte im Rahmen des TRIPS-Abkommens der WTO, das handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums regelt. Bis wann China auf die Anfrage antworten muss, war zunächst noch offen. ari
Das Europaparlament hat den EU-Rat aufgefordert, das Prinzip der Einstimmigkeit bei Entscheidungen über Sanktionen gegen Menschenrechtsverletzungen fallen zu lassen. Einzelne EU-Mitgliedsländer könnten Beschlüsse über Strafmaßnahmen dann nicht einfach blocken. Stattdessen sollen Entscheidungen mit einer qualifizierten Mehrheit getroffen werden, wie es in einer am Mittwochabend verabschiedeten Resolution des Auswärtigen Ausschusses zum internationalen EU-Sanktionsmechanismus im Bereich der Menschenrechte (EU-Magnitski-Rechtsakt) hieß.
Im Rahmen dieser seit Dezember 2020 geltenden Regelung wurden auch die Sanktionen der EU gegen vier Beamte und eine Organisation in Xinjiang Ende März beschlossen. Das EU-Parlament forderte zudem, Korruption in den Anwendungsbereich der Sanktionsregelung mitaufzunehmen. Denn der EU-Magnitski-Rechtsakt listet diese im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen derzeit nicht als strafbare Handlung. ari
Die Betreiber der in China am weitesten verbreiteten Socialmedia-App Wechat haben mehrere Online-Konten von LGBTQ-Aktivismusgruppen blockiert. Sämtliche Einträge von Gruppen wie “Gay Pride” der Technischen Universität von Huazong oder “ColorsWorld” der Peking Universität waren nicht mehr abrufbar. Stattdessen stand dort der Hinweis: “Alle Inhalte wurden blockiert und die Nutzung des Kontos wurde gestoppt”. In einer kurzen Mitteilung hieß es weiter, Wechat habe “relevante Beschwerden” über die Seiten erhalten. Die Konto-Namen der Gruppen wurden in “Unbenannter Account” umgeändert. Auch die feministische Studentengruppe “Zhihe Society” der Fudan-Universität in Shanghai erklärte, ihr offizielles WeChat-Konto sei gelöscht worden. “Es ist sehr klar, dass es keine Möglichkeit gibt, dass Zhihes ursprüngliches Konto kurzfristig wiederbelebt werden kann”, teilte die Organisation mit.
Chinesische Online-Netzwerke haben immer wieder LGBTQ-bezogene Inhalte auf Socialmedia-Plattformen und Video-Streaming-Apps zensiert. Dabei hat Chinas Führung Homosexualität bereits im Jahr 1997 entkriminalisiert. Doch die Behörden betrachten Beiträge mit gleichgeschlechtlichen Inhalten offenbar auch weiter als anrüchig.
Die jüngsten Sperren sorgten im Netz für Empörung, einige Nutzerinnen und Nutzer riefen zu Online-Protesten auf und nannten sich in Solidarität mit den LGBTQ-Gruppen auf ihren Profilen in “Unbenannter Account” um. Doch auch diese Protestaufrufe wurden wenig später gelöscht. flee
Es war der Vater, der Xia Xu-Fees’ Interesse an Deutschland weckte. Er hatte Maschinenbau studiert und immer wieder davon erzählt, dass Deutschland auf diesem Gebiet die Nummer Eins sei. Außerdem fand er: Die Mentalität seiner Tochter sei doch eher deutsch – so geradlinig und direkt. Damit habe er wohl recht gehabt, sagt Xu-Fees lachend: “Ich sage einfach, was ich denke.”
Der Umgang mit unterschiedlichen Mentalitäten ist heute ein wesentlicher Bereich in Xu-Fees Arbeit. Vor vier Jahren hat sie China Business Upgrade gegründet, ein Beratungsunternehmen, mit dem sie deutsche Firmen fit macht für China – und umgekehrt. Sie berät bei der Suche nach Geschäftspartnern und dem Aufbau von Standorten in China und Deutschland, bei Firmengründungen und der Optimierung des Geschäfts. Dabei legt sie den Schwerpunkt auf betriebswirtschaftliche Entwicklung und Strategie. Manchmal müsse sie Überzeugungsarbeit leisten: Wer in Deutschland erfolgreich ein Unternehmen aufgebaut hat, sei nicht automatisch auch ein guter Chef in China – dazu seien die Arbeitskulturen beider Länder zu verschieden.
Xu-Fees stammt aus Dalian, einer Hafenstadt im Nordosten Chinas. Dem Rat ihres mittlerweile verstorbenen Vaters folgend studierte sie zunächst Germanistik und später berufsbegleitend International Economics and Trade. Nachdem sie einige Jahre für ein Import-Export-Unternehmen gearbeitet hatte, kam sie 2001 nach Deutschland und machte den MBA an der TH Nürnberg. Im Anschluss arbeitete sie bei dem fränkischen Werkzeugbau-Unternehmen Emuge – nach zwei Jahren verantwortete sie dort den Aufbau einer Tochtergesellschaft in Suzhou. Es folgten weitere Stationen in Deutschland und China, unter anderem als Business Development Manager bei der Zhongde Metal Group, die deutsche und chinesische Unternehmen beim Markteintritt im jeweils anderen Land begleitet.
2017 machte sich Xu-Fees mit China Business Upgrade selbstständig. “Beratung war immer mein Traumjob”, sagt sie. Sie berät als Ein-Frau-Unternehmen vor allem kleine und mittelständische Unternehmen im Bereich Maschinen-, Werkzeug- und Anlagenbau sowie Automatisierung. Zusätzlich zu ihrer Beratungstätigkeit hält sie Gastvorlesungen und Vorträge an der TH Nürnberg und bietet Coachings und Trainings für Unternehmen an.
Coronavirus hat ihrer Selbstständigkeit eine “Delle” zugefügt, doch sie spüre, dass es bei ihren Kunden nun wieder deutlich aufwärts geht. Die weltpolitischen Spannungen in Bezug auf China spielten für die mittelständischen Unternehmen, die sie berät, eine geringe Rolle. “Viele Unternehmen machen etwa 35 Prozent des Gesamtumsatzes in China. In diesen Unternehmen darf China nicht fehlen.”
Xu-Fees lebt mit ihrer Tochter und ihrem Mann in einer Kleinstadt bei Nürnberg. Bis zum Ausbruch der Pandemie reiste sie regelmäßig nach China, beruflich und privat. Für sie ist ganz klar, was sie zuerst macht, wenn sie wieder dort sein kann: “Ich möchte meine Mutter besuchen und ihre Gerichte essen.” Ihr Lieblingsessen: Diguawan – frittierte Süßkartoffelbällchen. Sarah Schaefer
Andreas Gorbach übernimmt bei der Daimler Truck AG neue Aufgaben als Vorstandsmitglied und Leiter Entwicklung, Einkauf sowie Daimler Trucks China, dazu die neu geschaffene Truck Technology Group als zentrale Einheit für Antriebsstrang, Fahrzeugsoftware, Elektrik/Elektronik und globalen Einkauf. Er war vorher CEO von Cellcentric, einem Gemeinschaftsunternehmen von Daimler Truck und der Volvo Group.
Sein Vorgänger Sven Ennerst wird bis Ende 2021 noch den Start der Produktion von Mercedes-Benz Lkws in China betreuen. Dann geht er nach mehr als 30 Jahren bei Daimler in den Ruhestand.
Martin Kollmann feiert 25-jähriges Betriebsjubiläum bei der Bremer Spedition Karl Gross. Er leitet seit dem Jahr 2000 unter anderem das China-Geschäft des Unternehmens und siedelte dafür Ende 2003 dauerhaft nach Shanghai über. Seit 2010 gehört er der Gesamt-Geschäftsführung der Karl Gross Gruppe an.
Jahrtausendelang war der Kaiserkanal die wichtigste Verkehrsader Chinas. Für den Gütertransport wird er nun heute kaum mehr gebraucht. Deshalb gehen immer mehr Kommunen dazu über, die Ufer entlang des Kanals zu Erholungs- und Vergnügungsparks umzugestalten. Hier: Die Uferpromenade der Stadt Cangzhou in der Provinz Hebei.
Deutsch allein reicht uns nicht. Falls Sie den China.Table auch Personen zugänglich machen möchten, die Texte lieber auf Englisch lesen, dann haben wir jetzt etwas für Sie. Das Briefing erscheint künftig parallel in englischer Sprache. Für die internationale Version des China.Table, nehmen Sie bitte Kontakt zu meinem Kollegen Robert Hackenfort auf.
Chinas Behörden treiben eine Datenschutz-Offensive voran und bringen reihenweise Unternehmen mit Strafandrohungen in Bedrängnis. Sind personenbezogene Informationen dort nun endlich besser geschützt? Zum Teil ja, zum Teil aber leider auch nicht, schreibt Frank Sieren. Der Staat hat weiterhin durch die Vordertür Zugang zu allen Daten, die er sich in USA und EU durch die Hintertür beschaffen müsste. Die strenge Durchsetzung der neuen Regeln dient auch dazu, den Technikfirmen zu zeigen, wer das Sagen hat. Doch zugleich können die Konzerne mit den Informationen ihrer Kunden nicht mehr einfach machen, was sie wollen. Das ist auf jeden Fall ein Fortschritt.
Journalisten, die aus China berichten, kennen das Problem: Die Bürger äußern sich nur sehr, sehr vorsichtig gegenüber Fremden. Das ungute Gefühl bei öffentlichen Meinungsbekundungen übernehmen viele Menschen dort vermutlich schon als Kinder von ihren Eltern. Was das für Meinungsforschung in China bedeutet, analysiert Marcel Grzanna. Umfragen, die politische Trends in China erfassen wollen, sind daher schwer durchzuführen und noch schwerer zu interpretieren. Das gilt auch und gerade in Hinblick auf die hohen Zustimmungswerte für die KP.
Chinas Regierung will in Zukunft chinesische Unternehmen, die im Ausland einen Börsengang planen, strenger kontrollieren. Die neuen Regeln zielen besonders auf “Datensicherheit, grenzüberschreitenden Datenfluss und die Verwaltung vertraulicher Informationen”, wie am Mittwoch aus einem Dokument des Staatsrates in Peking hervorging. Die neuen Vorschriften sollen die Vertraulichkeit und die Verantwortung für die Sicherheit von Informationen für im Ausland gehandelte Unternehmen regeln, heißt es in der Ankündigung. Die Aufsicht über solche Aktienunternehmen werde verschärft, “um mit Risiken und Notfällen umzugehen”.
Die offizielle Sorge lautet, dass Daten von Privatpersonen ins Ausland fließen könnten. Die dortigen Behörden könnten die Firmen dann zwingen, ihre wachsenden Datenmengen zur Verfügung zu stellen.
Ferner sollen die Vorschriften für die Zulassung von Börsengängen chinesischer Firmen im Ausland überarbeitet werden. So will Chinas Wertpapieraufsicht Schlupflöcher schließen, die chinesische Tech-Riesen benutzt haben, um über Beteiligungsgesellschaften in Steuerparadiesen wie den Cayman Islands oder den British Virgin Islands auf das Börsenparkett in den USA oder in Hongkong zu gehen, wie die Finanzagentur Bloomberg berichtete. Künftig soll eine Erlaubnis nötig sein.
Die Ankündigung folgt, nachdem die App des chinesischen Mitfahrdienstes Didi Chuxing nur zwei Tage nach seinem milliardenschweren Börsengang in den USA am vergangenen Sonntag aus allen App-Stores entfernt wurde (China.Table berichtete). Die Anweisung kam von der staatlichen Cyberspace-Regulierungsbehörde. Didi mit Hauptsitz in Peking habe sich schwerer Verstöße bei der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten schuldig gemacht, heißt es dort.
Didi erklärte, dass es die Registrierung neuer Benutzer bereits zum 3. Juli gestoppt habe und seine Datenschutzregeln gemäß den Anforderungen des Staates korrigieren werde. Es seien keine Daten ins Ausland geflossen. Nutzer, die die App installiert haben, können sie bislang weiter nutzen. Das bedeutet: Der normale Geschäftsbetrieb läuft weiter.
Didi hat mit 493 Millionen aktiven Nutzern und einem Marktanteil von rund 80 Prozent in China quasi eine Monopolstellung als Fahrtdienstleister. Laut eigenen Angaben kommt das Unternehmen auf rund 40 Millionen Fahrten täglich.
Die Marktkapitalisierung von Didi liegt bei 67 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Der US-Konkurrent Uber, den Didi nach einer Rabattschlacht 2016 vom chinesischen Markt gedrängt hatte, kommt weltweit auf 95 Milliarden. Im vergangenen Jahr hatte Didi Corona-bedingt allerdings einen Umsatzrückgang auf 21,6 Milliarden Dollar einstecken müssen. Der Verlust lag bei 1,6 Milliarden US-Dollar.
Bei seinem Debüt an der New Yorker Börse Nasdaq hatte Didi 4,4 Milliarden Dollar an Kapital einsammeln können (China.Table berichtete). Der Börsenwert des Unternehmens erreichte zeitweise einen Wert von rund 80 Milliarden Dollar. Die Löschung der App aus den App-Stores hatte die Aktien jedoch zum Absturz gebracht und ließen die Bewertung um rund 25 Prozent einbrechen (China.Table berichtete).
Die Staatszeitung Global Times legt in einem Leitartikel die Position des Staates offen. China könne einem Unternehmen wie Didi, dessen größte Aktionäre im Ausland sitzen, nicht erlauben, “eine Superdatenbank zu betreiben, die mehr Zugriff auf persönliche Daten hat als der chinesische Staat”.
Zu den bekanntesten Großaktionären von Didi gehört neben dem Elektronikkonzern Apple, der seit 2016 einen Sitz im Verwaltungsrat hält, der japanische Technikinvestor Softbank mit einem Anteil von 21,5 Prozent, sowie der chinesische Tech-Gigant Tencent mit einem Anteil von 6,8 Prozent.
Der Sprecher des Pekinger Außenministeriums, Wang Wenbin, äußerte in diesem Zusammenhang vor allem die Sorge, die USA könnte versuchen, in Besitz chinesischer Daten zu gelangen. “Es sind die USA, die Unternehmen gezwungen haben, Hintertüren zu installieren, und sich Nutzerdaten beschafft haben“, kritisierte Wang und warf den Vereinigten Staaten Datendiebstahl und Verletzung der Privatsphäre vor. Die USA seien die “größte Gefahr für die globale Cybersicherheit”.
Trotz der politischen Spannungen zwischen Washington und Peking ist die Zahl der in den USA notierten chinesischen Unternehmen nach Angaben South China Morning Post allein in den vergangenen sieben Monaten um 14 Prozent gestiegen. China habe in der ersten Jahreshälfte einen Anteil von einem Drittel aller Erlöse von Börsengängen weltweit – mehr als jedes andere Land. Rund 250 Unternehmen sind in den USA gelistet.
Didi ist denn auch nicht das einzige Unternehmen, das in den Fokus der Behörden geraten ist. Auch gegen die Online-Job-Plattform Boss Zhipin wird ermittelt. Das gleiche Schicksal traf die Lkw-Buchungs-Apps von Yunmanman und Houchebang, die zusammen unter dem Namen Full Truck Alliance beziehungsweise Manbang Group operieren.
Full Truck Alliance wird unter anderem dafür kritisiert, die Interessen seiner Fahrer zu verletzen und ein Monopol auf Frachtdaten aufrechtzuerhalten. In einer Erklärung vom Montag sagte Full Truck Alliance, dass es bei der Überprüfung durch die Behörden “uneingeschränkt kooperieren” werde und auch eine interne Untersuchung durchgeführt werde. “Abgesehen von einer Aussetzung der Registrierung neuer User werden unsere Anwendungen den normalen Betrieb aufrecht erhalten”, erklärte das Unternehmen. Dennoch sind die Aktien um zehn Prozent eingebrochen.
Boss Zhipin ist eine Personalsuche-App für kleine und mittelständische Unternehmen. Kanzhun Ltd., der Eigentümer der App, wurde am 11. Juni an der Nasdaq gelistet und hat seitdem dort Kurserfolge gefiert – obwohl Boss Zhipin bisher keinen Gewinn macht.
Die Überprüfungen dieser Unternehmen werden nach chinesischem Recht mindestens 45 Werktage in Anspruch nehmen. Bereits im April waren neben Didi 29 weitere Tech-Unternehmen von der chinesischen Wettbewerbsbehörde SAMR, der Cyberregulierungsbehörde und der Steuerbehörde zu einem Treffen zitiert worden. Alle Firmen wurden aufgefordert, innerhalb eines Monats eine Selbstinspektion durchzuführen (China.Table berichtete). Im Mai befahl Chinas Kartellaufsicht Didi Chuxing, Meituan und acht weiteren führenden Unternehmen im Bereich des On-Demand-Liefer-und Transportbereichs zudem, Praktiken wie etwa willkürliche Preiserhöhungen oder unfaire Behandlung der Fahrer einzustellen. Die Fahrer bekommen nur 79 Prozent dessen, was die Kunden bezahlen.
Beim jüngsten Vorgehen beziehen sich die Behörden auf das National Security Law und das Cybersecurity Law, durch die unbefugte Zugriffe und exzessive Datensammlungen unterbunden werden sollen. Es lässt sich derzeit kaum unterscheiden, ob es sich hierbei um einen Machkampf um die Lufthoheit zwischen dem Staat und Privatunternehmen handelt, die so mächtig werden konnten, weil der Staat ihre Märkte geschützt hat. Oder ob der Staat unter Druck steht, tatsächlich dem wachsenden Bewusstsein für Datenschutz in der Bevölkerung Rechnung zu tragen.
In einer Studie des Pekinger Nandu Personal Information Protection Research Centre, die 2019 zu dem Thema in China durchgeführt wurde, gaben 30 Prozent der Befragten an, bereits Opfer von Datenmissbrauch geworden zu sein, zum Beispiel indem ihre Telefonnummern, Adressen und Bankverbindungen ohne ihr Wissen weitergegeben beziehungsweise verkauft wurden. Mit dem wachsenden Online-Handel während der Corona-Epidemie sind die Bedenken noch einmal gestiegen. Insofern dürften die politischen Maßnahmen bei den Nichtaktionären in der Bevölkerung auf Zustimmung stoßen.
Bedenklich ist allerdings der Zeitpunkt des Eingreifens. Das Geschäftsmodell der Unternehmen war ja auch schon vor dem Börsengang bekannt. Auffällig ist, dass beim Datenschutz nicht gleiches Recht für alle gilt. Der chinesische Staat behält sich weiterhin vor, selbst Daten zu erheben, die ihm für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit wichtig erscheinen. Und öffentliche Sicherheit ist in China ein potentiell weites Feld, das je nach Situation unterschiedlich ausgelegt werden kann.
Es gibt viele Daten und Zahlen, die klare Konturen von der Volksrepublik China zeichnen, eindeutig und unzweifelhaft: zweitgrößte Volkswirtschaft, größter EU-Handelspartner, größter CO2-Emittent. Es gibt aber auch solche Zahlen, die mit Vorsicht zu genießen sind. Die Resultate politischer Umfragen in China gehören dazu. Im Gegensatz zu den wirtschaftlichen Parametern basieren sie auf Meinungsäußerungen und Wahrnehmungen, statt auf Fakten.
Im China.Table hatte der Autor Stefan Baron vor einigen Tagen auf Basis der Zahlen des Edelmann Trust Barometers von 2020 sowie der Ergebnisse einer Langzeitstudie des Ash Centers an der Kennedy School der Universität Harvard argumentiert, dass sich die Kommunistische Partei Chinas als allein und autoritär regierende Organisation ein hohes Maß an Legitimation in der Bevölkerung des Landes erarbeitet habe.
Diese Darstellung rief Widerspruch hervor. Der Politikwissenschaftler und China-Kritiker Andreas Fulda erinnerte via Twitter an die Probleme, die sozialwissenschaftliche Datensätze aus einem autoritären Regierungsumfeld enthalten, und warnte deshalb davor, sie überzubewerten. “In Chinas hochgradig politisiertem Staat und politisierter Gesellschaft wissen die Bürger um die Risiken, wahrheitsgetreu zu sprechen”, schrieb der Politologe von der Universität in Nottingham.
Geisteswissenschaften haben generell das Problem, dass ihre Datensätze im Vergleich zu anderen Wissenschaften weniger Fakten schaffen, weil sie mehr Spielraum für Interpretationen hinterlassen als beispielsweise eine Zollstatistik zu den Exporten eines Landes. In China kommen die Implikationen eines autoritären Regierungssystems noch erschwerend hinzu. Einerseits ist es die Strategie des Regimes, Korruption und Machtmissbrauch auf die unteren Regierungsebenen abzuwälzen, um als Leuchtturm im Kampf für das Wohl der Bürger wahrgenommen zu werden. Dabei zählen die Familien der mächtigsten Männer des Landes auch zu den reichsten Familien des Landes.
Andererseits müssen die Teilnehmer an Umfragen in liberalen Gesellschaften keine Konsequenzen für politische Aussagen fürchten, weil sie von der Meinungsfreiheit gedeckt sind. Bürgerinnen und Bürger in Diktaturen dagegen äußern sich instinktiv sehr viel vorsichtiger. Wenn jemand Fremdes vor ihnen steht und unmittelbar sensible politische Fragen stellt, mahnt die Erfahrung die Menschen in Diktaturen dazu, sich möglichst unauffällig und vor allem nicht konfrontativ zu äußern. Weshalb auch sollten sie einem fremden Gesicht trauen, das Fragen stellt, bei denen man sich mit falschen Antworten in die Nesseln setzen kann?
Das Phänomen ist auch Korrespondenten bekannt, die im journalistischen Auftrag viel in China reisen und mit vielen Menschen aus allen Gesellschaftsschichten sprechen. Um das Vertrauen der Leute gewinnen zu können, vergehen oftmals Stunden intensiver Gespräche. Wer hartnäckig am Ball bleibt, stellt fest, dass unterhalb der Oberfläche viel differenzierte Meinung zum Vorschein kommt. Denn entgegen der geläufigen Vermutung, dass Chinesinnen und Chinesen keine eigene politische Meinung hätten, weil die staatliche Propaganda ihnen das Denken abnimmt, sind die Bürger des Landes sehr wohl in der Lage, die Umstände, unter denen sie regiert werden, kritisch zu beurteilen. Sie tun das allerdings keineswegs blauäugig, sondern mit der gebotenen Vorsicht, die sie in 75 Jahren Diktatur mit der Muttermilch eingesogen haben.
“Einheimische neigen oft dazu, die gesellschaftspolitische Realität zu verzerren und zu verschweigen, was sie für negative und unerwünschte Informationen halten, die ein negatives Bild ihres Landes zeichnen würden”, schlussfolgerten Ariel Ahram und Paul Goode im Jahr 2016 in ihrer einflussreichen Studie “Researching Authoritarianism in the Discipline of Democracy”. Wer zudem ein offizielles Amt bekleidet, orientiert sich offenbar bei der Formulierung seiner Antworten verstärkt an der vorgegebenen Linie. In ihrem Beitrag “Die Grenzen der Forschung in einem autoritären Staat” im International Journal of Qualitative Methods schreibt die Sozialwissenschaftlerin Saltanat Janenova: “Im nichtdemokratischen Kontext zögern Regierungsbeamte, ihre Ansichten offen zu äußern und neigen dazu, gemäß der ‘Skripte’ der staatlichen Propaganda zu sprechen.“
Im konkreten Fall der Harvard-Studie, auf die sich Autor Baron in seinem Meinungsstück bezieht, bescheinigen 93 Prozent der Befragten ihre Zufriedenheit mit der chinesischen Zentralregierung. Das ist ein bombastisch guter Wert, von dem jede demokratische Regierung dieser Welt nicht einmal zu träumen wagt. Die Frage ist nur, ob man ihm unter den gegebenen Bedingungen trauen kann. Politologe Fulda wirft Baron vor, Kritik an der Studie zuvorkommen zu wollen, indem er darauf hinweist, dass 31.000 persönliche Interviews für die Forschung durchgeführt worden sind. Die Universität beauftragte dazu eine chinesische Firma, die sie selbst als seriös bezeichnet. Doch auch hier gilt es zu berücksichtigen, dass Firmen, zumal chinesische, die die politische Stimmung im Land messen wollen, sich auf dünnem Eis bewegen.
Wer 31.000 Menschen in der Volksrepublik interviewen möchte, kann dies nicht tun, ohne dass Behörden auf den lokalen Ebenen Wind davon bekämen. Also muss die Untersuchung angekündigt und genehmigt werden. Die Kontrollsucht eines autoritären Staats hat zur Folge, dass er Einfluss nehmen möchte auf die wissenschaftliche Freiheit. Fragen, die ihm nicht gefallen, werden kurzerhand gestrichen oder verändert. Pressekonferenzen mit Funktionären der Kommunistischen Partei funktionieren seit Jahren nach genau diesem Prinzip. Und wer garantiert den Befragten der Umfrage in dieser Konstellation, dass ihre Antworten anonym bleiben? Das kann weder die beauftragte chinesische Firma, und schon gar nicht können das die Verantwortlichen an der Universität Harvard. Wenn die chinesischen Behörden wissen wollen, welcher Bürger welche Antworten gegeben hat, dann werden sie es erfahren. Das wissen auch die Befragten, denen sehr wohl klar ist, dass nichts geheim bleibt, was den Staat interessiert. In dieser Gemengelage relativiert sich eine Zufriedenheitsquote von 93 Prozent.
Irena Schneider von der Universität in Cambridge gibt noch etwas anderes zu Bedenken. In ihrem Papier “Can we trust Measures of Political Trust?” thematisiert sie die unterschiedliche Konzeptionalisierung der Begriffe, wenn es beispielsweise um Fragen zum “politischen Vertrauen” geht. “Gerade wegen des normativen und subjektiven Gehalts des Begriffs ‘politisches Vertrauen’ ist es unwahrscheinlich, dass Bürger aus unterschiedlichen Kultur- und Regimekontexten eine vertrauenswürdige Institution ausmachen.” Das bedeutet im Klartext: Bürgerinnen und Bürger aus Demokratien definieren politisches Vertrauen ganz anders als Menschen aus Diktaturen.
Zwar ist es legitim, die Frage in beiden Staaten zu stellen, doch die Zahlen miteinander zu vergleichen, sagt demnach nicht zwingend etwas darüber aus, ob eine Regierung Legitimation in der Bevölkerung genießt oder nicht. Zumal schwache Zufriedensheitsraten in Demokratien einer Regierung die Legitimation keineswegs entziehen.
Deutschlands Maschinenbauer haben nach eigener Berechnung ihren Titel als Exportweltmeister an China verloren. Einer ersten Schätzung des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) für das vergangene Jahr zufolge betrug der chinesische Anteil an den internationalen Verkäufen 15,8 Prozent, während deutsche Maschinenbau-Exporte 15,5 Prozent des Handelsvolumens ausmachten.
Vor der Pandemie hatten die deutschen Maschinenbauer noch einen Vorsprung von rund 1,4 Prozentpunkten gegenüber der Konkurrenz aus Fernost, 2010 waren es sogar noch sieben Prozentpunkte. “Gerade die Corona-Pandemie hat Chinas Aufstieg einen kräftigen Schub verliehen, weil das Land sehr früh und nur sehr kurz betroffen war, während der europäische Absatzmarkt durch die Pandemie einen kräftigen Dämpfer erlitt”, erklärte der Leiter VDMA Außenwirtschaft, Ulrich Ackermann, in einer Mitteilung. “Eine starke wirtschaftliche Erholung in der EU könnte dafür sorgen, dass die Maschinenexporte aus Deutschland und anderen europäischen Ländern 2021 wieder stärker wachsen. Der langfristige Trend spreche aber klar für China.
Der größte Produzent von Maschinen und Anlagen ist China schon seit einer ganzen Weile – und zwar “mit weitem Abstand”, betont Ackermann. Die Volksrepublik produziert sogar so viel wie die USA, Deutschland, Japan und Italien zusammen. “Es war also nur eine Frage der Zeit, bis China auch Spitzenreiter beim Maschinenaußenhandel wird”, sagte Ackermann.
Dennoch sieht der Verbandschef weiter Chancen für deutsche Hersteller – auch in der Volksrepublik. Zum Beispiel gebe es auf dem Gebiet von Industrierobotern “spürbaren Nachholbedarf” in China, was gute Exportchancen verspreche. Einer der Studie zugrunde liegenden Umfrage unter 222 Mitgliedsfirmen zufolge schätzen rund 36 Prozent der Maschinen- und Anlagenbauer aus Deutschland und der Schweiz die chinesische Strategie “Made in China 2025” als positiv für das eigene Geschäft ein. flee
Huawei will mit Patentlizenzen für vernetzte Autos von Volkswagen Geld verdienen. Der chinesische Telekommunikationsausrüster und Hardwarehersteller gab am Mittwoch einen Lizenzvertrag mit einem Zulieferer des Volkswagen-Konzerns bekannt. Dabei geht es um Patente, die für die LTE-Datenfunktechnik (4G) benötigt werden. Der Deal stellt den bislang größten Lizenzvertrag von Huawei in der Automobilbranche dar, teilte ein Huawei-Sprecher mit.
Für Huawei ist das Geschäft mit Lizenzierung zu einem wichtigen Geschäftsmodell geworden, seitdem das Unternehmen aus Shenzhen aufgrund von US-Sanktionen im internationalen Smartphone-Markt immer mehr an Bedeutung verloren hat. Auch beim Ausbau von 5G musste Huawei Rückschläge aufgrund von geopolitischen Vorbehalte verbuchen (China.Table berichtete). Bereits im April sagte Eric Xu, der turnusgemäß die Rolle des CEO bei Huawei hat: “Wir sehen unsere Rolle darin, Business-Partnern in der Autoindustrie den Vorstoß ins autonome Fahren zu ermöglichen” (China.Table berichtete). Huawei plant mit seinen Lizenzvereinbarungen mehr als 30 Millionen Fahrzeuge mit seiner Technik auszustatten. niw
Das Europaparlament befürwortet einen diplomatischen Boykott der Olympischen Winterspiele in Peking. Die EU-Kommission, der EU-Rat und die Mitgliedstaaten müssten Einladungen von Regierungsvertretern und Diplomaten zur Teilnahme an den Winterspielen 2022 ablehnen, heißt es in dem fraktionsübergreifend formulierten Resolutionsentwurf, über den die Abgeordneten am Donnerstag abstimmen. “Es sei denn, die chinesische Regierung weist eine nachweisbare Verbesserung der Menschenrechtslage in Hongkong, der Uigurischen Region Xinjiang, Tibet, der Inneren Mongolei und anderswo in China nach”, heißt es in dem Entwurf.
Ein solcher Beschluss des Europaparlaments wäre jedoch nicht bindend. Ob sie Gehör bei den Mitgliedsstaaten finden wird, ist offen. Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis hat am Mittwoch Medienberichten zufolge eine Einladung zu den Winterspielen während eines Telefonats mit Chinas Präsidenten Xi Jinping bereits angenommen.
Die Europaabgeordneten werden dem Entwurf zufolge die Schließung der Hongkonger Tageszeitung Apple Daily verurteilen und den Handlungsdruck auf die EU-Kommission in Sachen Hongkong erhöhen (China.Table berichtete). Das Ende von Apple Daily und die Festnahmen von Journalist:innen bedeuteten das endgültige Ende der Presse- und Meinungsfreiheit in Hongkong, heißt es in der Resolution. Darin fordern die EU-Politiker zudem die EU-Kommission und Mitgliedsstaaten auf, das Nationale Sicherheitsgesetz auf jede Agenda von EU-China-Treffen zu setzen, auch bei diplomatischen Vorbereitungstreffen. Die EU müsse zudem “den Menschen in Hongkong die verlorene Stimme zurückzugeben”, indem sie bei der Archivierung, Veröffentlichung und Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen helfe und in Hongkong verbotene Bücher online verfügbar mache.
Die EU-Politiker:innen betonen dem Resolutionsentwurf zufolge erneut auch ihren Standpunkt zum Investitionsabkommen zwischen EU und China (CAI): Das Abkommen bleibt weiter auf Eis. Das Parlament geht sogar einen Schritt weiter und fordert zusätzliche Sanktionen wegen Menschenrechtsverletzungen in Hongkong und Xinjiang gegen China. Das Ergebnis der Abstimmung wird im Laufe des Donnerstags erwartet. ari
Die Europäische Union fordert von China Informationen über mehrere Gerichtsentscheidungen und damit neue rechtliche Regelungen zu geistigem Eigentum (IP) in der Telekommunikationsbranche. Die in China neu eingeführte Praxis verbiete es ausländischen Unternehmen, EU-Gerichte anzurufen, um Streitigkeiten über Rechte an IP durchzusetzen, teilte eine Sprecherin der Generaldirektion für Handel der EU-Kommission China.Table mit. Die EU fordert nun die Welthandelsorganisation auf, insgesamt vier chinesische Gerichtsentscheidungen zu überprüfen. “Mit diesen Verboten, an Gerichte außerhalb Chinas zu gehen, drohen Geldstrafen von bis zu 130.000 Euro pro Tag“, beklagte die EU-Handelsdirektion. Die EU prüfe nun die neue Maßnahme im Detail, um sicherzustellen, dass China die Rechte der EU-Patentinhaber und seine WTO-Verpflichtungen respektiere.
Konkret geht es um Urteile, die chinesische Gerichte in Verfahren der Unternehmen Conversant gegen Huawei, OPPO gegen Sharp, Xiaomi gegen InterDigital sowie Samsung gegen Ericsson gefällt haben. Im ersten Fall habe ein Gericht in der Volksrepublik 2020 eine einstweilige Verfügung gegen Klagen erlassen, heißt es im EU-Papier an die WTO. Die Entscheidung verbiete dem europäischen Patent-Inhaber, sich auf europäische Gerichtsentscheidungen zu berufen, wenn es um ein strittiges IP geht. Zudem werde dann eine Geldstrafe angedroht, erklärte die EU-Seite. “Diese Entscheidungen scheinen bestehende Gesetze und Vorschriften neu zu interpretieren und haben auch dazu geführt, dass neue Vorschriften verkündet wurden.” Die Anfrage der EU erfolgte im Rahmen des TRIPS-Abkommens der WTO, das handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums regelt. Bis wann China auf die Anfrage antworten muss, war zunächst noch offen. ari
Das Europaparlament hat den EU-Rat aufgefordert, das Prinzip der Einstimmigkeit bei Entscheidungen über Sanktionen gegen Menschenrechtsverletzungen fallen zu lassen. Einzelne EU-Mitgliedsländer könnten Beschlüsse über Strafmaßnahmen dann nicht einfach blocken. Stattdessen sollen Entscheidungen mit einer qualifizierten Mehrheit getroffen werden, wie es in einer am Mittwochabend verabschiedeten Resolution des Auswärtigen Ausschusses zum internationalen EU-Sanktionsmechanismus im Bereich der Menschenrechte (EU-Magnitski-Rechtsakt) hieß.
Im Rahmen dieser seit Dezember 2020 geltenden Regelung wurden auch die Sanktionen der EU gegen vier Beamte und eine Organisation in Xinjiang Ende März beschlossen. Das EU-Parlament forderte zudem, Korruption in den Anwendungsbereich der Sanktionsregelung mitaufzunehmen. Denn der EU-Magnitski-Rechtsakt listet diese im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen derzeit nicht als strafbare Handlung. ari
Die Betreiber der in China am weitesten verbreiteten Socialmedia-App Wechat haben mehrere Online-Konten von LGBTQ-Aktivismusgruppen blockiert. Sämtliche Einträge von Gruppen wie “Gay Pride” der Technischen Universität von Huazong oder “ColorsWorld” der Peking Universität waren nicht mehr abrufbar. Stattdessen stand dort der Hinweis: “Alle Inhalte wurden blockiert und die Nutzung des Kontos wurde gestoppt”. In einer kurzen Mitteilung hieß es weiter, Wechat habe “relevante Beschwerden” über die Seiten erhalten. Die Konto-Namen der Gruppen wurden in “Unbenannter Account” umgeändert. Auch die feministische Studentengruppe “Zhihe Society” der Fudan-Universität in Shanghai erklärte, ihr offizielles WeChat-Konto sei gelöscht worden. “Es ist sehr klar, dass es keine Möglichkeit gibt, dass Zhihes ursprüngliches Konto kurzfristig wiederbelebt werden kann”, teilte die Organisation mit.
Chinesische Online-Netzwerke haben immer wieder LGBTQ-bezogene Inhalte auf Socialmedia-Plattformen und Video-Streaming-Apps zensiert. Dabei hat Chinas Führung Homosexualität bereits im Jahr 1997 entkriminalisiert. Doch die Behörden betrachten Beiträge mit gleichgeschlechtlichen Inhalten offenbar auch weiter als anrüchig.
Die jüngsten Sperren sorgten im Netz für Empörung, einige Nutzerinnen und Nutzer riefen zu Online-Protesten auf und nannten sich in Solidarität mit den LGBTQ-Gruppen auf ihren Profilen in “Unbenannter Account” um. Doch auch diese Protestaufrufe wurden wenig später gelöscht. flee
Es war der Vater, der Xia Xu-Fees’ Interesse an Deutschland weckte. Er hatte Maschinenbau studiert und immer wieder davon erzählt, dass Deutschland auf diesem Gebiet die Nummer Eins sei. Außerdem fand er: Die Mentalität seiner Tochter sei doch eher deutsch – so geradlinig und direkt. Damit habe er wohl recht gehabt, sagt Xu-Fees lachend: “Ich sage einfach, was ich denke.”
Der Umgang mit unterschiedlichen Mentalitäten ist heute ein wesentlicher Bereich in Xu-Fees Arbeit. Vor vier Jahren hat sie China Business Upgrade gegründet, ein Beratungsunternehmen, mit dem sie deutsche Firmen fit macht für China – und umgekehrt. Sie berät bei der Suche nach Geschäftspartnern und dem Aufbau von Standorten in China und Deutschland, bei Firmengründungen und der Optimierung des Geschäfts. Dabei legt sie den Schwerpunkt auf betriebswirtschaftliche Entwicklung und Strategie. Manchmal müsse sie Überzeugungsarbeit leisten: Wer in Deutschland erfolgreich ein Unternehmen aufgebaut hat, sei nicht automatisch auch ein guter Chef in China – dazu seien die Arbeitskulturen beider Länder zu verschieden.
Xu-Fees stammt aus Dalian, einer Hafenstadt im Nordosten Chinas. Dem Rat ihres mittlerweile verstorbenen Vaters folgend studierte sie zunächst Germanistik und später berufsbegleitend International Economics and Trade. Nachdem sie einige Jahre für ein Import-Export-Unternehmen gearbeitet hatte, kam sie 2001 nach Deutschland und machte den MBA an der TH Nürnberg. Im Anschluss arbeitete sie bei dem fränkischen Werkzeugbau-Unternehmen Emuge – nach zwei Jahren verantwortete sie dort den Aufbau einer Tochtergesellschaft in Suzhou. Es folgten weitere Stationen in Deutschland und China, unter anderem als Business Development Manager bei der Zhongde Metal Group, die deutsche und chinesische Unternehmen beim Markteintritt im jeweils anderen Land begleitet.
2017 machte sich Xu-Fees mit China Business Upgrade selbstständig. “Beratung war immer mein Traumjob”, sagt sie. Sie berät als Ein-Frau-Unternehmen vor allem kleine und mittelständische Unternehmen im Bereich Maschinen-, Werkzeug- und Anlagenbau sowie Automatisierung. Zusätzlich zu ihrer Beratungstätigkeit hält sie Gastvorlesungen und Vorträge an der TH Nürnberg und bietet Coachings und Trainings für Unternehmen an.
Coronavirus hat ihrer Selbstständigkeit eine “Delle” zugefügt, doch sie spüre, dass es bei ihren Kunden nun wieder deutlich aufwärts geht. Die weltpolitischen Spannungen in Bezug auf China spielten für die mittelständischen Unternehmen, die sie berät, eine geringe Rolle. “Viele Unternehmen machen etwa 35 Prozent des Gesamtumsatzes in China. In diesen Unternehmen darf China nicht fehlen.”
Xu-Fees lebt mit ihrer Tochter und ihrem Mann in einer Kleinstadt bei Nürnberg. Bis zum Ausbruch der Pandemie reiste sie regelmäßig nach China, beruflich und privat. Für sie ist ganz klar, was sie zuerst macht, wenn sie wieder dort sein kann: “Ich möchte meine Mutter besuchen und ihre Gerichte essen.” Ihr Lieblingsessen: Diguawan – frittierte Süßkartoffelbällchen. Sarah Schaefer
Andreas Gorbach übernimmt bei der Daimler Truck AG neue Aufgaben als Vorstandsmitglied und Leiter Entwicklung, Einkauf sowie Daimler Trucks China, dazu die neu geschaffene Truck Technology Group als zentrale Einheit für Antriebsstrang, Fahrzeugsoftware, Elektrik/Elektronik und globalen Einkauf. Er war vorher CEO von Cellcentric, einem Gemeinschaftsunternehmen von Daimler Truck und der Volvo Group.
Sein Vorgänger Sven Ennerst wird bis Ende 2021 noch den Start der Produktion von Mercedes-Benz Lkws in China betreuen. Dann geht er nach mehr als 30 Jahren bei Daimler in den Ruhestand.
Martin Kollmann feiert 25-jähriges Betriebsjubiläum bei der Bremer Spedition Karl Gross. Er leitet seit dem Jahr 2000 unter anderem das China-Geschäft des Unternehmens und siedelte dafür Ende 2003 dauerhaft nach Shanghai über. Seit 2010 gehört er der Gesamt-Geschäftsführung der Karl Gross Gruppe an.
Jahrtausendelang war der Kaiserkanal die wichtigste Verkehrsader Chinas. Für den Gütertransport wird er nun heute kaum mehr gebraucht. Deshalb gehen immer mehr Kommunen dazu über, die Ufer entlang des Kanals zu Erholungs- und Vergnügungsparks umzugestalten. Hier: Die Uferpromenade der Stadt Cangzhou in der Provinz Hebei.