Europa hat ein Problem mit chinesischem Stahl. Zuerst wird er mit staatlicher Förderung und zudem klimaschädlich produziert, um anschließend zu Spottpreisen auf dem europäischen Markt zu landen. Von fairem Wettbewerb kann keine Rede sein; von Klimaschutz schon gar nicht. Doch die EU will etwas dagegen tun. Der sogenannte CO2-Grenzausgleich sollte eigentlich am Mittwoch im Europaparlament zur Abstimmung kommen. Da sich das EU-Parlament aber nicht auf eine vorgeschlagene Reform des EU-Emissionshandels (ETS) einigen konnte, wurden kurzerhand auch damit verbundene Entscheidungen vertagt. Der Grenzausgleich liegt auf Wiedervorlage.
Der Mechanismus, unter Fachleuten CBAM genannt, soll unter anderem das Dumping klimaschädlich hergestellten Stahls aus China unterbinden. Das klingt wie ein Strafmechanismus und wird in Peking auch so aufgefasst. Im Gespräch mit Amelie Richter erklärt Grünen-Europapolitiker Michael Bloss, warum diese gezielte Verteuerung von Importen aus China klimapolitisch Sinn hat.
Eine Technologie, die Chinas Stahl grüner machen könnte, steckt noch in den Kinderschuhen: Das Abscheiden und Auffangen von CO₂, im Fachjargon Carbon Capture and Storage (CCS). Rein theoretisch könnte damit eine große Menge Klimagas aufgefangen werden, bevor es in die Atmosphäre gelangt. Doch CCS ist bisher noch sehr teuer und technisch aufwändig. Dabei schreibt selbst der Weltklimarat (IPCC), dass die Technologie einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten muss. China will die CCS-Technologie jetzt stärker fördern und zur Marktreife bringen. Der Haken: Bisher ist es vor allem die Öl- und Gasindustrie, die das Verfahren nutzt – allerdings, um die Fördermengen zu erhöhen und somit letztendlich mehr CO₂ in die Atmosphäre zu pumpen.
Herr Bloss, wofür braucht es einen CO2-Grenzausgleich für die EU?
Wir haben im EU-Inland ein CO2-Preis-Regime: den Emissionshandel ETS. Von seinen Auswirkungen wird auch die Industrie mehr und mehr betroffen sein. Wir fürchten nun, dass Anbieter von außerhalb der EU mit Dumpingpreisen auf unseren Markt drängen, mit günstigem, aber nicht klimafreundlich hergestelltem Stahl. Der Preisvorteil dieser weniger klimabewusst arbeitenden Konkurrenz muss ausgeglichen werden.
China hat einen eigenen Emissionshandel. Können die Systeme Ihrer Ansicht nach irgendwann kompatibel werden? Das wäre ja auch eine Erleichterung für den Außenhandel.
China müsste ein mindestens genauso effektives CO2-Bepreisungsmodell oder eine so effektive Klimapolitik machen wie wir in Europa. Davon sehe ich die chinesische Volksrepublik allerdings noch weit entfernt. Die Standards unterscheiden sich noch erheblich. Die Anforderungen und die vom ETS abgedeckten Industrien liegen weit hinter denen der EU zurück.
Der CO2-Grenzausgleich, im Fachjargon CBAM, soll schrittweise ab 2026 eingeführt werden. Hegen Sie die Hoffnung, dass die EU mit dem Grenzausgleich ein Vorbild ist und es schnell zu Anpassungen im Ausland kommt?
Ich finde, der CBAM ist auf jeden Fall vorbildlich. Es ist das erste Mal, dass wir in der Handelspolitik nicht nur auf das Produkt schauen, wie es an der Grenze ankommt, sondern auch auf die Herstellungsprozesse. Dass wir uns ansehen: Wie sieht der CO2-Fußabdruck aus. Das ist etwas Fortschrittliches und meiner Meinung nach eine positive Weiterentwicklung für das Welthandelssystem.
In der Industrie gibt es derweil auch Bedenken bezüglich der Wettbewerbsfähigkeit auf anderen Märkten. Im Ausland gilt kein CBAM. Hier hätten Produkte aus Fernost also auf jeden Fall einen Vorteil gegenüber den klimafreundlicheren EU-Waren.
Wir stehen generell vor einer gewaltigen Umwälzung der Industrie, die klimaneutral werden muss. Das wurde so in Paris unterzeichnet. Wenn die deutsche und europäische Industrie schnell klimaneutral wird, ist das dann doch eher ein Wettbewerbsvorteil für die Zukunft, auch gegenüber China. Natürlich ist der Übergang immer ein bisschen teurer, wenn man von einer Produktionsweise auf die andere umstellt. Aber dafür gibt es auch sehr viel Unterstützung, auch finanzielle. Klar gibt es großes Getöse, gerade bei der Industrie, weil sie Angst hat, dass sie ihre freien Zuteilungen im ETS verlieren, weil diese extrem lukrativ sind. Aber das ist eben kein Zustand, der so bleiben kann. Es muss ein System sein, das Anreize für die Dekarbonisierung schafft. Und der Transformationsprozess wird stark unterstützt. Das ist ein guter Deal für die Industrie.
Nochmal: Ein großer Knack- und Streitpunkt ist, wie mit Exporten nach Einführung des CBAM umgegangen werden soll, damit die europäischen Produkte keine Nachteile auf dem Weltmarkt haben.
Wir müssen ein System finden, das WTO-konform ist. Export-Unterstützung ist nicht von der Welthandelsorganisation zugelassen. Außerdem müssen wir ein System finden, das nicht zu Verzerrungen führt. Wir als Europaparlament haben jetzt eine Position verfasst, die ich gut finde: Gemeinsam mit der EU-Kommission beobachten wir genau, ob es nach der Einführung eines CBAM wirklich zu solchen Verschiebungen und Nachteilen auf dem Weltmarkt kommt. Und falls das so ist, werden wir etwas unternehmen.
Welche Reibungspunkte gibt es denn sonst noch bei der Verhandlung in den EU-Institutionen zum CBAM?
Offene Punkte sind noch: Wie schnell wird der Grenzausgleich eingeführt und wie genau? Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, von 2025 bis 2035 in jeweils Zehn-Prozent-Schritten. Wir haben jetzt vorgeschlagen von 2025 bis 2030 zuerst in 10-Prozent-Schritten und dann in 20-Prozent-Schritten. Andere schlagen vor, dass der CBAM erst ab 2028 eingeführt wird. Die Industrie spricht gerne davon, die Übergangsfrist noch länger zu machen. Also noch länger als zehn Jahre. Ich denke, wenn wir den CO2-Grenzausgleich einführen und nach zehn Jahre noch nicht wissen, ob er denn funktioniert oder nicht, dann haben wir es nicht richtig gemacht.
Es gibt die Idee der sogenannten Klimaclubs. Für den Handel zwischen den Clubmitgliedern müsste kein Kohlenstoff-Grenzausgleich angewendet werden, da sich alle teilnehmenden Volkswirtschaften zu ähnlich starken Maßnahmen zur Emissionssenkung verpflichten würden. Könnte China Mitglied werden?
Klimaclubs sind generell nichts Schlechtes. Allerdings besteht die Frage, inwieweit die Clubs dazu führen, dass man vom CBAM ausgenommen wird. CBAM ist ein relativ genaues System, mit dem geschaut wird, wie viel CO2-Emissionen in einem Produkt stecken. Und diese Klimaclubs sind eher lose Zusammenschlüsse, wo es keine Äquivalenz der einzelnen Klima-Regime in den Ländern gibt. Man kann einen Klimaclub als eine Art Vorstufe sehen zu einem globalen Klimaschutz-System. Aber das muss mehr sein als nur so ein nettes beisammen Hocken.
Gibt es Bedenken, dass China oder andere Länder Schlupflöcher nutzen, um den CBAM zu umgehen?
Bestimmt wird das probiert werden. Aber wir können darauf dann auch reagieren. Wenn es Schlupflöcher gibt, dann müssen wir die schließen. Ein neues Instrument wird nicht von Anfang an perfekt funktionieren. Aber wenn man nur ein von Anfang an perfekt laufendes Instrument akzeptiert, dann sagt man eigentlich, dass man es sowieso nicht haben will. Das braucht alles Zeit. Ich wünsche den europäischen Politiker:innen für die Abstimmung einfach Zuversicht, auch mal mit etwas anzufangen und es dann gegebenenfalls zu verbessern, anstatt Angst vor den eigenen Initiativen zu haben und dann gar nichts zu machen.
Michael Bloss wurde 2019 in das Europäische Parlament gewählt. Er ist Vollmitglied des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie und stellvertretendes Mitglied des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit.
Es ist ein Traum vieler Manager, die an einer besseren Umweltbilanz arbeiten: Das CO2 am Ende des Produktionsprozesses einfach von den anderen Abgasen zu trennen und zu entsorgen. Die Klimaziele ließen sich so viel einfacher erreichen. Dafür wäre eine Technik nötig, die CO2 von anderen Gasen effektiv abtrennt. Nicht nur Unternehmen würde diese Möglichkeit gut ins Konzept passen. Laut Weltklimarat (IPCC) muss ein Teil der Emissionen wieder aus der Atmosphäre herausgefiltert werden, um die Erderwärmung auf 1,5 bis 2 Grad zu begrenzen.
Das ist heute zwar bereits möglich, aber es ist derzeit noch sehr kostspielig und damit kaum praxistauglich. In den vergangenen Jahren wurden dutzende Projekte zur Abscheidung von CO2 (Carbon Capture Utilization and Storage, CCUS) wegen hoher Kosten auf Eis gelegt. Weltweit gibt es nur gut zwei Dutzend großer Industrieanlagen, die CCUS nutzen.
China will die CCUS-Technologien nun stärker vorantreiben. Das geht aus der Leitstrategie zur Erreichung der nationalen Klimaziele hervor. Die Volksrepublik will CCUS erforschen, aber auch die “industrielle Anwendung in großem Maßstab” realisieren.
Bisher gibt es erst wenige CCUS-Projekte in China. Die Technologie dient dabei nicht nur dem Klimaschutz. Ein Großteil der bisherigen Anwendungen in großem Maßstab sind in der Öl- und Gasförderung zu finden. Sinopec hat Anfang des Jahres eine neue Anlage fertiggestellt (China.Table berichtete). Das Projekt soll jährlich eine Million Tonnen CO2 auffangen, das durch Raffinerien und in Chemiefabriken verursacht wird. Im Anschluss wird das Klimagas in nahegelegene Öl- und Gasfelder gepumpt. Dadurch wird die Förderung der klimaschädlichen Rohstoffe nach Unternehmensangaben um fast drei Millionen Tonnen erhöht. Auch andere Öl- und Gas-Unternehmen wollen die CCUS-Technologie zur Ausweitung der Förderung nutzen.
Zwar gibt es in China auch andere Anwendungsbereiche der CCUS-Technik. Doch “in Bezug auf die Projektfinanzierung ist die Nutzung zur Steigerung der Ölproduktion derzeit der größte Teil der Geschichte“, schreiben die Analysten der Beratungsfirma Trivium China. Sie warnen davor, dass die Technologie anderen Zielen als dem Klimaschutz dienen könnte. Beispielsweise zur Erreichung der Energiesicherheit.
Die politische Führung hat in den vergangenen Monaten häufig betont, dass sich die Stromausfälle aus dem letzten Jahr nicht wiederholen dürfen. Zudem will das Land keine zu große Abhängigkeit von Energie-Importen riskieren. Die CCUS-Technologie könnte dazu dienen, die Öl- und Gasförderung landesweit zu erhöhen. Die Förderer geben damit also ihren fossilen Aktivitäten einen grünen Anstrich.
Dabei wäre eine Anwendung in der Industrie und bei fossilen Kraftwerken umso wichtiger. Damit China seine Klimaziele erreichen kann, muss die Volksrepublik Klimagase auffangen, bevor sie in die Atmosphäre gelangen. Für die Chemie- und Zementindustrie wird es besonders schwer, die Emissionen zu reduzieren. Der Weltklimarat bezeichnet das Auffangen der Emissionen in diesen Sektoren daher als “wichtige Option” zur Minderung der Emissionen.
Laut Analysten sind Chinas Klimaziele “nicht ohne technologische Durchbrüche zu erreichen”. Dazu gehört auch die Technologie zum Auffangen von CO2. Das Problem dabei: Bisher sind diese Technologien nicht wirtschaftlich. Die Kosten übersteigen den Nutzen noch bei weitem. Das hält auch ein Bericht des chinesischen Umweltministeriums fest. Bisher werde die CCUS-Technologie lediglich in recht kleinen Projekten angewandt. In ganz China sind demnach erst 40 CCUS-Demonstrations-Projekte in Betrieb oder erst im Bau.
Doch das Ministerium zeigt sich optimistisch: “Mit der Weiterentwicklung der Technologie besteht Spielraum, dass die Kosten in Zukunft sinken”. Laut den Trivium-Analysten muss der Staat aktiv werden: “Staatliche Unterstützung und technologische Innovation sind entscheidend für die Verwirklichung einer CCUS-Industrie”, schreiben die Analysten.
Chinas Emissionshandel könnte den wirtschaftlichen Nutzen von CCUS aufzeigen. Sobald der Preis für ein CO2-Zertifikat höher ist als die Kosten, um das CO2 am Ende des Produktionsprozesses aufzufangen, lohnt sich CCUS. Doch derzeit sind die CO2-Verschmutzungsrechte in China noch viel zu billig und die CCUS-Technik noch viel zu teuer. Kurzfristig wird der Emissionshandel also keinen Anreiz für die Installation von CCUS-Anlagen liefern.
Auch eine weitere Methode zur Speicherung von CO2 hat ihre Tücken. Bei dem Konzept namens “Bioenergy with Carbon Capture and Storage” (BECCS) sollen biologische Prozesse genutzt werden. Dabei werden Pflanzen angebaut, um CO2 aus der Atmosphäre zu ziehen. Sie werden in Biogasanlagen genutzt oder verbrannt, um Strom zu gewinnen. Das CO2 wird aufgefangen und in Gesteinsschichten gespeichert. In China wird BECCS eine große Rolle zugeschrieben. Das geht aus zwei Szenarien hochrangiger chinesischer Forschungseinrichtungen zur Erreichung der Klimaziele hervor.
Doch was so einfach klingt, hat zwei große Haken: Zum Anbau der Pflanzen würde BECCS große Flächen hochwertigen Landes erfordern. In China drohen hier Konflikte mit der Landwirtschaft. Denn die Volksrepublik verfügt nur über zehn Prozent der globalen landwirtschaftlich genutzten Fläche, muss aber 20 Prozent der Weltbevölkerung davon ernähren (China.Table berichtete). Auch der Weltklimarat zweifelt an der Sinnhaftigkeit von BECCS. “Die Geschwindigkeit und die Größenordnung von BECCS, die für die Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grad erforderlich sind, stellen eine erhebliche Herausforderung für die Umsetzung dar”, so der IPCC.
Bisher spielt die Abscheidung und Speicherung von CO2 also keine große Rolle im Kampf gegen die Klimakrise. Laut Bloomberg-Daten lagen die weltweiten Investitionen in CCUS-Projekte in den letzten beiden Jahren bei lediglich drei (2020) beziehungsweise 2,3 Milliarden US-Dollar (2021). Das kann sich in Zukunft jedoch ändern. “In China entwickelt sich langsam, aber sicher eine CCUS-Industrie. Wir sehen eine konsequente Vorwärtsbewegung auf allen Ebenen – einschließlich der Politik, Wissenschaft und bei Unternehmensinvestitionen”, schreiben die Analysten von Trivium China.
Doch derzeit werden zu wenig Projekte zur Abscheidung und Speicherung von CO2 umgesetzt. Die Anzahl der neuen Projekte liegt weit unter den Zahlen, die Forscher in ihren Klimamodellen zur Erreichung des 1,5 Grad-Ziels angenommen haben, schreibt der Weltklimarat. Um einen Nutzen zu haben, müssten die Investitionen in CCUS-Projekte massiv steigen. Chinas Bemühungen um eine nationale CCUS-Industrie könnten dem Klima aber mittelfristig nutzen. Der Staat schreckt nicht vor großen Investitionen zurück und hat einen langen Planungshorizont. Wenn CCUS auch als Industriepolitik verstanden wird, könnte China sich frühzeitig eine gute Position auf dem Weltmarkt sichern. Mitarbeit: Renxiu Zhao
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
US-Präsident Joe Biden hat Zölle auf Solarzellen aus vier südostasiatischen Ländern für zwei Jahre ausgesetzt, behält die Einfuhrbeschränkungen für China jedoch bei. Die vorübergehende Zollbefreiung gelte für Paneele aus Kambodscha, Malaysia, Thailand und Vietnam, wie das Weiße Haus am Montag mitteilte.
Biden vollzieht damit eine Kehrtwende, nachdem seine Regierung noch im März eine Untersuchung gegen genau diese Länder eingeleitet hat. Der Vorwurf: Sie hätten China-Produkte, die eigentlich mit hohen Zöllen belegt sein müssten, umdeklariert und zu niedrigeren Zöllen in die USA verkauft.
Die USA wehren sich seit 2011 mit Zöllen von bis zu 250 Prozent des Listenpreises gegen preiswerte Solar-Importe aus China. Zugleich steigt jedoch die Nachfrage nach Fotovoltaik-Anlagen rasant. Der Ausbau verzögert sich bereits wegen Knappheit an Paneelen. Indem die Regierung nun die Einfuhr aus den vier südostasiatischen Ländern freigibt, will sie für etwas Entspannung auf dem Markt sorgen.
Die Regierung Biden betont, dass die Aufhebung der Zölle nur eine Übergangslösung sei, bis die US-Hersteller ihre Produktion hochgefahren hätten und den Bedarf selbst decken könnten. Die Mitteilung des Weißen Hauses spricht von einer “Brückenlösung“. fin
Auf der Suche nach Abnehmern für sein Öl verkauft Russland den Rohstoff offenbar zum Schleuderpreis an China. Die Volksrepublik soll 35 Prozent Rabatt bekommen, berichtet EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis laut Bloomberg. China hat sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Abnehmer von russischem Öl entwickelt. Sein Anteil an Chinas Importen lag schon 2020 bei 15,4 Prozent.
Russland muss seine Energieexporte diversifizieren, da die EU als Reaktion auf Moskaus Angriffskrieg in der Ukraine ihre Importe um 90 Prozent reduzieren will. Das entspricht etwa einer Milliarde Barrel. Das sechste Sanktionspaket der EU gegen Russland beinhaltet ein Importverbot von russischem Rohöl in EU-Mitgliedsstaaten auf dem Seeweg innerhalb von sechs Monaten. Auf diesem Weg gelangen etwa zwei Drittel des Rohöls nach Europa. jul
BYD will sechs Lithium-Minen auf dem afrikanischen Kontinent erwerben. Das geht aus einem Bericht des chinesischen Magazins The Paper hervor. Die Minen sollen demnach Lithium für mehr als 20 Millionen E-Autos liefern. Das Metall ist der grundlegende Rohstoff für die Batterien von E-Autos. Eigene Minen machen Autobauer wie BYD unabhängiger vom Weltmarkt, auf dem die Preise für Batterie-Rohstoffe in jüngster Zeit stark gestiegen sind. Auch in Chile und China hat der Konzern schon in Minen investiert. Tesla-Chef Elon Musk hatte vor einigen Wochen getwittert, das Unternehmen könnte in Zukunft ebenfalls in das Minengeschäft eintreten. nib
Mit Tanja Gönner wird erstmals eine Frau die Geschäfte beim Bundesverband der deutschen Industrie führen. Die CDU-Politikerin und ehemalige baden-württembergische Ministerin soll ab Sommer die vakant gewordene Stelle im einflussreichsten deutschen Industrieverband übernehmen. Ihr Vorgänger Joachim Lang hatte den Posten zum 31. Mai aufgegeben.
Gönner will größeren Wert auf Nachhaltigkeit als Thema des Verbands legen. “Die Transformation zu Klimaneutralität, die Herausforderungen im internationalen Kontext und die Akzeptanz in der Gesellschaft” sieht die 52-Jährige als ihre Hauptaufgaben in ihrer neuen Funktion. Schon in ihrem derzeitigen Job als Vorstandssprecherin der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) hat Gönner für einen grünen Wiederaufbau der Weltwirtschaft nach der Coronapandemie plädiert. Sie betont häufig, dass Wirtschaftspolitik immer auch Klimapolitik sein müsse.
Seit 2012 führt Gönner die GIZ. Sie habe die Zeit dort als sehr bereichernd wahrgenommen, wolle nun jedoch nach zehn Jahren neue berufliche Wege gehen, ließ sie per Pressemitteilung wissen. Die GIZ war auch ihr erster intensiver Kontaktpunkt mit China: Die GIZ ist in Peking mit einem großen Büro vertreten und im ganzen Land aktiv.
In ihrem neuen Job wird sie es mehr denn je mit China zu tun haben. Der BDI ist ein wichtiger Taktgeber der deutschen Chinapolitik. Das zeigen Verbandsentscheidungen im Jahr 2019, die bis heute nachwirken. Damals veröffentlichte der BDI Forderungen zu China, die erstmals einen kritischen Ton gegenüber Peking anschlugen. Seitdem gilt das Land auch als “Systemwettbewerber”, nicht mehr nur als Partner. Dieser Kurswechsel hat einen Wandel in der deutschen Politik eingeleitet: Da “selbst der BDI”, wie es jetzt oft heißt, die Abhängigkeit seiner Mitglieder von einem Einzelmarkt beklage, könne auch die traditionell wirtschaftsfreundliche Bundesregierung mehr auf Distanz gehen.
Im Jahr 1969 in Sigmaringen geboren, startete Tanja Gönner ihre Karriere nach der Schule mit einer Ausbildung zur Rechtspflegerin. Es folgte ein Studium der Rechtswissenschaften an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und nach Abschluss des Staatsexamens und Referendariats die Beschäftigung in einer Anwaltskanzlei.
Parallel zu ihrer juristischen Karriere verfolgte sie auch früh ihre politische. 1986 trat sie in die Junge Union ein, seit 1987 ist sie Mitglied der CDU und gehörte unter anderem von 2000 bis 2012 dem Bundesvorstand an. Von 2002 bis 2004 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages.
Im Jahr 2004 folgte die Ernennung zur Sozialministerin in Baden-Württemberg. Vom Februar 2010 bis Mai 2011 war Tanja Gönner Ministerin für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Baden-Württemberg. Die Berufung Gönners an die BDI-Spitze soll in der Sitzung von Präsidium und Vorstand des BDI am 20. Juni erfolgen.
Europa hat ein Problem mit chinesischem Stahl. Zuerst wird er mit staatlicher Förderung und zudem klimaschädlich produziert, um anschließend zu Spottpreisen auf dem europäischen Markt zu landen. Von fairem Wettbewerb kann keine Rede sein; von Klimaschutz schon gar nicht. Doch die EU will etwas dagegen tun. Der sogenannte CO2-Grenzausgleich sollte eigentlich am Mittwoch im Europaparlament zur Abstimmung kommen. Da sich das EU-Parlament aber nicht auf eine vorgeschlagene Reform des EU-Emissionshandels (ETS) einigen konnte, wurden kurzerhand auch damit verbundene Entscheidungen vertagt. Der Grenzausgleich liegt auf Wiedervorlage.
Der Mechanismus, unter Fachleuten CBAM genannt, soll unter anderem das Dumping klimaschädlich hergestellten Stahls aus China unterbinden. Das klingt wie ein Strafmechanismus und wird in Peking auch so aufgefasst. Im Gespräch mit Amelie Richter erklärt Grünen-Europapolitiker Michael Bloss, warum diese gezielte Verteuerung von Importen aus China klimapolitisch Sinn hat.
Eine Technologie, die Chinas Stahl grüner machen könnte, steckt noch in den Kinderschuhen: Das Abscheiden und Auffangen von CO₂, im Fachjargon Carbon Capture and Storage (CCS). Rein theoretisch könnte damit eine große Menge Klimagas aufgefangen werden, bevor es in die Atmosphäre gelangt. Doch CCS ist bisher noch sehr teuer und technisch aufwändig. Dabei schreibt selbst der Weltklimarat (IPCC), dass die Technologie einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten muss. China will die CCS-Technologie jetzt stärker fördern und zur Marktreife bringen. Der Haken: Bisher ist es vor allem die Öl- und Gasindustrie, die das Verfahren nutzt – allerdings, um die Fördermengen zu erhöhen und somit letztendlich mehr CO₂ in die Atmosphäre zu pumpen.
Herr Bloss, wofür braucht es einen CO2-Grenzausgleich für die EU?
Wir haben im EU-Inland ein CO2-Preis-Regime: den Emissionshandel ETS. Von seinen Auswirkungen wird auch die Industrie mehr und mehr betroffen sein. Wir fürchten nun, dass Anbieter von außerhalb der EU mit Dumpingpreisen auf unseren Markt drängen, mit günstigem, aber nicht klimafreundlich hergestelltem Stahl. Der Preisvorteil dieser weniger klimabewusst arbeitenden Konkurrenz muss ausgeglichen werden.
China hat einen eigenen Emissionshandel. Können die Systeme Ihrer Ansicht nach irgendwann kompatibel werden? Das wäre ja auch eine Erleichterung für den Außenhandel.
China müsste ein mindestens genauso effektives CO2-Bepreisungsmodell oder eine so effektive Klimapolitik machen wie wir in Europa. Davon sehe ich die chinesische Volksrepublik allerdings noch weit entfernt. Die Standards unterscheiden sich noch erheblich. Die Anforderungen und die vom ETS abgedeckten Industrien liegen weit hinter denen der EU zurück.
Der CO2-Grenzausgleich, im Fachjargon CBAM, soll schrittweise ab 2026 eingeführt werden. Hegen Sie die Hoffnung, dass die EU mit dem Grenzausgleich ein Vorbild ist und es schnell zu Anpassungen im Ausland kommt?
Ich finde, der CBAM ist auf jeden Fall vorbildlich. Es ist das erste Mal, dass wir in der Handelspolitik nicht nur auf das Produkt schauen, wie es an der Grenze ankommt, sondern auch auf die Herstellungsprozesse. Dass wir uns ansehen: Wie sieht der CO2-Fußabdruck aus. Das ist etwas Fortschrittliches und meiner Meinung nach eine positive Weiterentwicklung für das Welthandelssystem.
In der Industrie gibt es derweil auch Bedenken bezüglich der Wettbewerbsfähigkeit auf anderen Märkten. Im Ausland gilt kein CBAM. Hier hätten Produkte aus Fernost also auf jeden Fall einen Vorteil gegenüber den klimafreundlicheren EU-Waren.
Wir stehen generell vor einer gewaltigen Umwälzung der Industrie, die klimaneutral werden muss. Das wurde so in Paris unterzeichnet. Wenn die deutsche und europäische Industrie schnell klimaneutral wird, ist das dann doch eher ein Wettbewerbsvorteil für die Zukunft, auch gegenüber China. Natürlich ist der Übergang immer ein bisschen teurer, wenn man von einer Produktionsweise auf die andere umstellt. Aber dafür gibt es auch sehr viel Unterstützung, auch finanzielle. Klar gibt es großes Getöse, gerade bei der Industrie, weil sie Angst hat, dass sie ihre freien Zuteilungen im ETS verlieren, weil diese extrem lukrativ sind. Aber das ist eben kein Zustand, der so bleiben kann. Es muss ein System sein, das Anreize für die Dekarbonisierung schafft. Und der Transformationsprozess wird stark unterstützt. Das ist ein guter Deal für die Industrie.
Nochmal: Ein großer Knack- und Streitpunkt ist, wie mit Exporten nach Einführung des CBAM umgegangen werden soll, damit die europäischen Produkte keine Nachteile auf dem Weltmarkt haben.
Wir müssen ein System finden, das WTO-konform ist. Export-Unterstützung ist nicht von der Welthandelsorganisation zugelassen. Außerdem müssen wir ein System finden, das nicht zu Verzerrungen führt. Wir als Europaparlament haben jetzt eine Position verfasst, die ich gut finde: Gemeinsam mit der EU-Kommission beobachten wir genau, ob es nach der Einführung eines CBAM wirklich zu solchen Verschiebungen und Nachteilen auf dem Weltmarkt kommt. Und falls das so ist, werden wir etwas unternehmen.
Welche Reibungspunkte gibt es denn sonst noch bei der Verhandlung in den EU-Institutionen zum CBAM?
Offene Punkte sind noch: Wie schnell wird der Grenzausgleich eingeführt und wie genau? Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, von 2025 bis 2035 in jeweils Zehn-Prozent-Schritten. Wir haben jetzt vorgeschlagen von 2025 bis 2030 zuerst in 10-Prozent-Schritten und dann in 20-Prozent-Schritten. Andere schlagen vor, dass der CBAM erst ab 2028 eingeführt wird. Die Industrie spricht gerne davon, die Übergangsfrist noch länger zu machen. Also noch länger als zehn Jahre. Ich denke, wenn wir den CO2-Grenzausgleich einführen und nach zehn Jahre noch nicht wissen, ob er denn funktioniert oder nicht, dann haben wir es nicht richtig gemacht.
Es gibt die Idee der sogenannten Klimaclubs. Für den Handel zwischen den Clubmitgliedern müsste kein Kohlenstoff-Grenzausgleich angewendet werden, da sich alle teilnehmenden Volkswirtschaften zu ähnlich starken Maßnahmen zur Emissionssenkung verpflichten würden. Könnte China Mitglied werden?
Klimaclubs sind generell nichts Schlechtes. Allerdings besteht die Frage, inwieweit die Clubs dazu führen, dass man vom CBAM ausgenommen wird. CBAM ist ein relativ genaues System, mit dem geschaut wird, wie viel CO2-Emissionen in einem Produkt stecken. Und diese Klimaclubs sind eher lose Zusammenschlüsse, wo es keine Äquivalenz der einzelnen Klima-Regime in den Ländern gibt. Man kann einen Klimaclub als eine Art Vorstufe sehen zu einem globalen Klimaschutz-System. Aber das muss mehr sein als nur so ein nettes beisammen Hocken.
Gibt es Bedenken, dass China oder andere Länder Schlupflöcher nutzen, um den CBAM zu umgehen?
Bestimmt wird das probiert werden. Aber wir können darauf dann auch reagieren. Wenn es Schlupflöcher gibt, dann müssen wir die schließen. Ein neues Instrument wird nicht von Anfang an perfekt funktionieren. Aber wenn man nur ein von Anfang an perfekt laufendes Instrument akzeptiert, dann sagt man eigentlich, dass man es sowieso nicht haben will. Das braucht alles Zeit. Ich wünsche den europäischen Politiker:innen für die Abstimmung einfach Zuversicht, auch mal mit etwas anzufangen und es dann gegebenenfalls zu verbessern, anstatt Angst vor den eigenen Initiativen zu haben und dann gar nichts zu machen.
Michael Bloss wurde 2019 in das Europäische Parlament gewählt. Er ist Vollmitglied des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie und stellvertretendes Mitglied des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit.
Es ist ein Traum vieler Manager, die an einer besseren Umweltbilanz arbeiten: Das CO2 am Ende des Produktionsprozesses einfach von den anderen Abgasen zu trennen und zu entsorgen. Die Klimaziele ließen sich so viel einfacher erreichen. Dafür wäre eine Technik nötig, die CO2 von anderen Gasen effektiv abtrennt. Nicht nur Unternehmen würde diese Möglichkeit gut ins Konzept passen. Laut Weltklimarat (IPCC) muss ein Teil der Emissionen wieder aus der Atmosphäre herausgefiltert werden, um die Erderwärmung auf 1,5 bis 2 Grad zu begrenzen.
Das ist heute zwar bereits möglich, aber es ist derzeit noch sehr kostspielig und damit kaum praxistauglich. In den vergangenen Jahren wurden dutzende Projekte zur Abscheidung von CO2 (Carbon Capture Utilization and Storage, CCUS) wegen hoher Kosten auf Eis gelegt. Weltweit gibt es nur gut zwei Dutzend großer Industrieanlagen, die CCUS nutzen.
China will die CCUS-Technologien nun stärker vorantreiben. Das geht aus der Leitstrategie zur Erreichung der nationalen Klimaziele hervor. Die Volksrepublik will CCUS erforschen, aber auch die “industrielle Anwendung in großem Maßstab” realisieren.
Bisher gibt es erst wenige CCUS-Projekte in China. Die Technologie dient dabei nicht nur dem Klimaschutz. Ein Großteil der bisherigen Anwendungen in großem Maßstab sind in der Öl- und Gasförderung zu finden. Sinopec hat Anfang des Jahres eine neue Anlage fertiggestellt (China.Table berichtete). Das Projekt soll jährlich eine Million Tonnen CO2 auffangen, das durch Raffinerien und in Chemiefabriken verursacht wird. Im Anschluss wird das Klimagas in nahegelegene Öl- und Gasfelder gepumpt. Dadurch wird die Förderung der klimaschädlichen Rohstoffe nach Unternehmensangaben um fast drei Millionen Tonnen erhöht. Auch andere Öl- und Gas-Unternehmen wollen die CCUS-Technologie zur Ausweitung der Förderung nutzen.
Zwar gibt es in China auch andere Anwendungsbereiche der CCUS-Technik. Doch “in Bezug auf die Projektfinanzierung ist die Nutzung zur Steigerung der Ölproduktion derzeit der größte Teil der Geschichte“, schreiben die Analysten der Beratungsfirma Trivium China. Sie warnen davor, dass die Technologie anderen Zielen als dem Klimaschutz dienen könnte. Beispielsweise zur Erreichung der Energiesicherheit.
Die politische Führung hat in den vergangenen Monaten häufig betont, dass sich die Stromausfälle aus dem letzten Jahr nicht wiederholen dürfen. Zudem will das Land keine zu große Abhängigkeit von Energie-Importen riskieren. Die CCUS-Technologie könnte dazu dienen, die Öl- und Gasförderung landesweit zu erhöhen. Die Förderer geben damit also ihren fossilen Aktivitäten einen grünen Anstrich.
Dabei wäre eine Anwendung in der Industrie und bei fossilen Kraftwerken umso wichtiger. Damit China seine Klimaziele erreichen kann, muss die Volksrepublik Klimagase auffangen, bevor sie in die Atmosphäre gelangen. Für die Chemie- und Zementindustrie wird es besonders schwer, die Emissionen zu reduzieren. Der Weltklimarat bezeichnet das Auffangen der Emissionen in diesen Sektoren daher als “wichtige Option” zur Minderung der Emissionen.
Laut Analysten sind Chinas Klimaziele “nicht ohne technologische Durchbrüche zu erreichen”. Dazu gehört auch die Technologie zum Auffangen von CO2. Das Problem dabei: Bisher sind diese Technologien nicht wirtschaftlich. Die Kosten übersteigen den Nutzen noch bei weitem. Das hält auch ein Bericht des chinesischen Umweltministeriums fest. Bisher werde die CCUS-Technologie lediglich in recht kleinen Projekten angewandt. In ganz China sind demnach erst 40 CCUS-Demonstrations-Projekte in Betrieb oder erst im Bau.
Doch das Ministerium zeigt sich optimistisch: “Mit der Weiterentwicklung der Technologie besteht Spielraum, dass die Kosten in Zukunft sinken”. Laut den Trivium-Analysten muss der Staat aktiv werden: “Staatliche Unterstützung und technologische Innovation sind entscheidend für die Verwirklichung einer CCUS-Industrie”, schreiben die Analysten.
Chinas Emissionshandel könnte den wirtschaftlichen Nutzen von CCUS aufzeigen. Sobald der Preis für ein CO2-Zertifikat höher ist als die Kosten, um das CO2 am Ende des Produktionsprozesses aufzufangen, lohnt sich CCUS. Doch derzeit sind die CO2-Verschmutzungsrechte in China noch viel zu billig und die CCUS-Technik noch viel zu teuer. Kurzfristig wird der Emissionshandel also keinen Anreiz für die Installation von CCUS-Anlagen liefern.
Auch eine weitere Methode zur Speicherung von CO2 hat ihre Tücken. Bei dem Konzept namens “Bioenergy with Carbon Capture and Storage” (BECCS) sollen biologische Prozesse genutzt werden. Dabei werden Pflanzen angebaut, um CO2 aus der Atmosphäre zu ziehen. Sie werden in Biogasanlagen genutzt oder verbrannt, um Strom zu gewinnen. Das CO2 wird aufgefangen und in Gesteinsschichten gespeichert. In China wird BECCS eine große Rolle zugeschrieben. Das geht aus zwei Szenarien hochrangiger chinesischer Forschungseinrichtungen zur Erreichung der Klimaziele hervor.
Doch was so einfach klingt, hat zwei große Haken: Zum Anbau der Pflanzen würde BECCS große Flächen hochwertigen Landes erfordern. In China drohen hier Konflikte mit der Landwirtschaft. Denn die Volksrepublik verfügt nur über zehn Prozent der globalen landwirtschaftlich genutzten Fläche, muss aber 20 Prozent der Weltbevölkerung davon ernähren (China.Table berichtete). Auch der Weltklimarat zweifelt an der Sinnhaftigkeit von BECCS. “Die Geschwindigkeit und die Größenordnung von BECCS, die für die Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grad erforderlich sind, stellen eine erhebliche Herausforderung für die Umsetzung dar”, so der IPCC.
Bisher spielt die Abscheidung und Speicherung von CO2 also keine große Rolle im Kampf gegen die Klimakrise. Laut Bloomberg-Daten lagen die weltweiten Investitionen in CCUS-Projekte in den letzten beiden Jahren bei lediglich drei (2020) beziehungsweise 2,3 Milliarden US-Dollar (2021). Das kann sich in Zukunft jedoch ändern. “In China entwickelt sich langsam, aber sicher eine CCUS-Industrie. Wir sehen eine konsequente Vorwärtsbewegung auf allen Ebenen – einschließlich der Politik, Wissenschaft und bei Unternehmensinvestitionen”, schreiben die Analysten von Trivium China.
Doch derzeit werden zu wenig Projekte zur Abscheidung und Speicherung von CO2 umgesetzt. Die Anzahl der neuen Projekte liegt weit unter den Zahlen, die Forscher in ihren Klimamodellen zur Erreichung des 1,5 Grad-Ziels angenommen haben, schreibt der Weltklimarat. Um einen Nutzen zu haben, müssten die Investitionen in CCUS-Projekte massiv steigen. Chinas Bemühungen um eine nationale CCUS-Industrie könnten dem Klima aber mittelfristig nutzen. Der Staat schreckt nicht vor großen Investitionen zurück und hat einen langen Planungshorizont. Wenn CCUS auch als Industriepolitik verstanden wird, könnte China sich frühzeitig eine gute Position auf dem Weltmarkt sichern. Mitarbeit: Renxiu Zhao
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
US-Präsident Joe Biden hat Zölle auf Solarzellen aus vier südostasiatischen Ländern für zwei Jahre ausgesetzt, behält die Einfuhrbeschränkungen für China jedoch bei. Die vorübergehende Zollbefreiung gelte für Paneele aus Kambodscha, Malaysia, Thailand und Vietnam, wie das Weiße Haus am Montag mitteilte.
Biden vollzieht damit eine Kehrtwende, nachdem seine Regierung noch im März eine Untersuchung gegen genau diese Länder eingeleitet hat. Der Vorwurf: Sie hätten China-Produkte, die eigentlich mit hohen Zöllen belegt sein müssten, umdeklariert und zu niedrigeren Zöllen in die USA verkauft.
Die USA wehren sich seit 2011 mit Zöllen von bis zu 250 Prozent des Listenpreises gegen preiswerte Solar-Importe aus China. Zugleich steigt jedoch die Nachfrage nach Fotovoltaik-Anlagen rasant. Der Ausbau verzögert sich bereits wegen Knappheit an Paneelen. Indem die Regierung nun die Einfuhr aus den vier südostasiatischen Ländern freigibt, will sie für etwas Entspannung auf dem Markt sorgen.
Die Regierung Biden betont, dass die Aufhebung der Zölle nur eine Übergangslösung sei, bis die US-Hersteller ihre Produktion hochgefahren hätten und den Bedarf selbst decken könnten. Die Mitteilung des Weißen Hauses spricht von einer “Brückenlösung“. fin
Auf der Suche nach Abnehmern für sein Öl verkauft Russland den Rohstoff offenbar zum Schleuderpreis an China. Die Volksrepublik soll 35 Prozent Rabatt bekommen, berichtet EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis laut Bloomberg. China hat sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Abnehmer von russischem Öl entwickelt. Sein Anteil an Chinas Importen lag schon 2020 bei 15,4 Prozent.
Russland muss seine Energieexporte diversifizieren, da die EU als Reaktion auf Moskaus Angriffskrieg in der Ukraine ihre Importe um 90 Prozent reduzieren will. Das entspricht etwa einer Milliarde Barrel. Das sechste Sanktionspaket der EU gegen Russland beinhaltet ein Importverbot von russischem Rohöl in EU-Mitgliedsstaaten auf dem Seeweg innerhalb von sechs Monaten. Auf diesem Weg gelangen etwa zwei Drittel des Rohöls nach Europa. jul
BYD will sechs Lithium-Minen auf dem afrikanischen Kontinent erwerben. Das geht aus einem Bericht des chinesischen Magazins The Paper hervor. Die Minen sollen demnach Lithium für mehr als 20 Millionen E-Autos liefern. Das Metall ist der grundlegende Rohstoff für die Batterien von E-Autos. Eigene Minen machen Autobauer wie BYD unabhängiger vom Weltmarkt, auf dem die Preise für Batterie-Rohstoffe in jüngster Zeit stark gestiegen sind. Auch in Chile und China hat der Konzern schon in Minen investiert. Tesla-Chef Elon Musk hatte vor einigen Wochen getwittert, das Unternehmen könnte in Zukunft ebenfalls in das Minengeschäft eintreten. nib
Mit Tanja Gönner wird erstmals eine Frau die Geschäfte beim Bundesverband der deutschen Industrie führen. Die CDU-Politikerin und ehemalige baden-württembergische Ministerin soll ab Sommer die vakant gewordene Stelle im einflussreichsten deutschen Industrieverband übernehmen. Ihr Vorgänger Joachim Lang hatte den Posten zum 31. Mai aufgegeben.
Gönner will größeren Wert auf Nachhaltigkeit als Thema des Verbands legen. “Die Transformation zu Klimaneutralität, die Herausforderungen im internationalen Kontext und die Akzeptanz in der Gesellschaft” sieht die 52-Jährige als ihre Hauptaufgaben in ihrer neuen Funktion. Schon in ihrem derzeitigen Job als Vorstandssprecherin der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) hat Gönner für einen grünen Wiederaufbau der Weltwirtschaft nach der Coronapandemie plädiert. Sie betont häufig, dass Wirtschaftspolitik immer auch Klimapolitik sein müsse.
Seit 2012 führt Gönner die GIZ. Sie habe die Zeit dort als sehr bereichernd wahrgenommen, wolle nun jedoch nach zehn Jahren neue berufliche Wege gehen, ließ sie per Pressemitteilung wissen. Die GIZ war auch ihr erster intensiver Kontaktpunkt mit China: Die GIZ ist in Peking mit einem großen Büro vertreten und im ganzen Land aktiv.
In ihrem neuen Job wird sie es mehr denn je mit China zu tun haben. Der BDI ist ein wichtiger Taktgeber der deutschen Chinapolitik. Das zeigen Verbandsentscheidungen im Jahr 2019, die bis heute nachwirken. Damals veröffentlichte der BDI Forderungen zu China, die erstmals einen kritischen Ton gegenüber Peking anschlugen. Seitdem gilt das Land auch als “Systemwettbewerber”, nicht mehr nur als Partner. Dieser Kurswechsel hat einen Wandel in der deutschen Politik eingeleitet: Da “selbst der BDI”, wie es jetzt oft heißt, die Abhängigkeit seiner Mitglieder von einem Einzelmarkt beklage, könne auch die traditionell wirtschaftsfreundliche Bundesregierung mehr auf Distanz gehen.
Im Jahr 1969 in Sigmaringen geboren, startete Tanja Gönner ihre Karriere nach der Schule mit einer Ausbildung zur Rechtspflegerin. Es folgte ein Studium der Rechtswissenschaften an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und nach Abschluss des Staatsexamens und Referendariats die Beschäftigung in einer Anwaltskanzlei.
Parallel zu ihrer juristischen Karriere verfolgte sie auch früh ihre politische. 1986 trat sie in die Junge Union ein, seit 1987 ist sie Mitglied der CDU und gehörte unter anderem von 2000 bis 2012 dem Bundesvorstand an. Von 2002 bis 2004 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages.
Im Jahr 2004 folgte die Ernennung zur Sozialministerin in Baden-Württemberg. Vom Februar 2010 bis Mai 2011 war Tanja Gönner Ministerin für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Baden-Württemberg. Die Berufung Gönners an die BDI-Spitze soll in der Sitzung von Präsidium und Vorstand des BDI am 20. Juni erfolgen.