die Autoindustrie steht weiterhin vor Schwierigkeiten. Gerade, als sich Entspannung entlang der Lieferkette abzeichnete, schufen der Krieg und Omikron in China neue Unsicherheiten. Der Anstieg der Benzinpreise, der sich noch ins Astronomische steigern kann, erhöht zudem den Druck für die Umstellung der Antriebsarten. E-Autos sind jedoch von ihrer Art her noch digitaler – und in Deutschland fehlen weiter Fachkräfte für Softwareentwicklung.
Obwohl sie bei Elektromobilität und Digitalisierung eigentlich sehr stark ist, baut die chinesische Autoindustrie ihren Vorsprung hier nun noch weiter aus. Geely, der Besitzer von Volvo, hat seine Techologie-Aktivitäten in der Tochtergesellschaft EcarX gebündelt, die wir heute vorstellen. EcarX entwickelt Software und lässt auch gleich die passenden Chips anfertigen. Mit dieser Strategie festigt Geely seine Position als Vorreiter des smarten Fahrens, analysiert Frank Sieren.
Huawei, immerhin inzwischen ein profilierter Autozulieferer, hat im vergangenen Jahr so viel Gewinn gemacht wie noch nie. Das überrascht erst einmal. Schließlich hatten US-Sanktionen die Handy-Sparte des Unternehmens in die Knie gezwungen. Doch Huawei ist eben nicht in erster Linie ein Anbieter von Elektronik für Endkunden, sondern ist vor allem im Bereich B2B unterwegs. Alle Hintergründe zu dem überraschenden Gewinnsprung finden Sie in unserer Analyse.
Die zwei großen Herausforderungen für die deutsche Fahrzeugbranche waren zuletzt Chip-Mangel, der rasche Übergang zu neuen Antriebsformen und die schnelle Digitalisierung, für die oft Softwareentwickler fehlen. Diese drei Themen überlagern und verstärken sich: Das Auto der Zukunft enthält besonders viele Computerfunktionen und braucht nicht nur besonders viele, sondern auch besonders fortschrittliche Halbleiter.
Der Autohersteller Geely aus Hangzhou nimmt daher nun die Entwicklung von Software und das Design von Chips selbst in die Hand – und kümmert sich sogar um deren Produktion. Besonders bemerkenswert sind hier seine Pläne mit dem Konzernunternehmen EcarX. Es wurde 2016 von Geely-Eigentümer Li Shufu und dem CEO Shen Ziyu gegründet. Jetzt ist es die Plattform, auf der die Gruppe eine Vielzahl vernetzter Digitaldienste im Auto anbieten will. Die Software von EcarX soll beispielsweise einmal die Kontrolle beim autonomen Fahren übernehmen. Sie soll auch an vielen Stellen Programme ersetzen, die derzeit von Google eingekauft werden.
Die Entwicklung solcher Dienste kostet viel Geld. EcarX will daher in den USA an die Börse gehen. Es bedient sich dazu der etwas zweifelhaften Konstruktion einer börsennotierten Mantelgesellschaft, mit der EcarX fusioniert, um ohne formale Erstnotiz handelbar zu werden. Die Transaktion käme auf einen Wert von etwa vier Milliarden US-Dollar, berichtet Bloomberg. Das Unternehmen muss aber noch Regulatoren auf beiden Seiten des Pazifiks davon überzeugen, dass hier alles mit rechten Dingen zugeht.
Ein wichtiger Teil der Systeme von EcarX stammt von einem Hidden Champion aus dem bayerischen Landshut: Das 2012 dort gegründete Startup HiveMQ bietet Programme an, die dafür sorgen, dass die verschiedenen Computer und Systeme im Auto schnell und fehlerfrei miteinander reden. Konkret handelt es sich bei HiveMQ um einen Spezialisten für das Kommunikationsprotokoll MQTT. Dieses dient dazu, die Geräte unserer zunehmend vernetzten Welt miteinander zu verbinden. Anders gesagt: Es ermöglicht das “Internet der Dinge”. Die Abkürzung steht für “Message Queuing Telemetry Transport”.
Bei EcarX dienen die Fähigkeiten von HiveMQ beispielsweise dazu, den Datenverkehr zwischen einem Auto und der Cloud abzuwickeln. Mit der Technik des Startups können aus der Ferne Befehle an ein Auto gesendet werden – zum Beispiel, indem man einen digitalen Schlüssel für das Carsharing teilt, die Klimaanlage vor dem Start einstellt oder das Auto entriegelt. Darunter fallen aber auch Daten über die Umgebung, von anderen Autos oder den Verkehrsrechnern der Stadt für das autonome Fahren.
Nach Angaben des Landshuter Unternehmens nutzen weltweit bereits über 130 Unternehmen die Technologie, darunter BMW und Audi. Mit seinen 19 Mitarbeitern macht die Firma mittlerweile einen Jahresumsatz von zwei Millionen Euro.
Der große Auftraggeber EcarX betreibt Niederlassungen und Entwicklungszentren in den Städten Hangzhou, Peking, Shanghai, Wuhan, Dalian – und seit 2020 auch im schwedischen Göteborg, Schweden, also bei der Konzernschwester Volvo. Im März 2021 hatten Volvo und EcarX sich darauf verständigt, gemeinsam eine Infotainment-Plattform zu entwickeln. EcarX ist wiederum mit 15 Prozent an Zenseact beteiligt, einer Volvo-Tochter, die sich auf Software fürs autonome Fahren spezialisiert hat.
Volvo war 2010 von Geely übernommen worden. Geely-Gründer Li Shufu möchte mit mehreren Marken den E-Automarkt dominieren. EcarX ist Teil dieser Vision. Das System vernetzt bereits jetzt zwei Millionen Autos der Geely-Markenfamilie. Li ist zudem der größte Einzelaktionär bei Daimler.
Aufbauend auf der globalen Software-Plattform von Zenseact planen die Unternehmen nun eine Zusammenarbeit beim autonomen Fahren in China. Im nächsten Schritt sollen vor allem die kommenden Modelle von Polestar und Volvo mit der Technik für autonome Fahrmanöver auf Autobahnen fit gemacht werden. “Zenseact ist ein Pionier auf dem Gebiet der selbstfahrenden Technik. Diese strategische Investition von EcarX ermöglicht uns eine schnellere Skalierung in China”, sagte Håkan Samuelsson, Chef von Volvo sowie Aufsichtsratsvorsitzender von Zenseact.
Die Nachfrage nach autonomer Fahrtechnik in China stiegt kontinuierlich an. Den vielleicht wichtigsten Meilenstein hat Geely dafür ebenfalls mit EcarX in Angriff genommen: die Entwicklung eigener, hochwertiger 7-Nanometer-Chipsätze. Es handelt sich um Chinas ersten 7-Nanometer-Chip für den Einsatz im Auto. Das ist keine geringe Leistung. Der amerikanische Prozessorhersteller Intel war lange daran gescheitert, die Produktion von Bausteinen mit so geringer Strukturbreite ins Laufen zu bringen.
Der Geely-Chip, der bereits im dritten Quartal oder spätestens Anfang 2023 in die Massenproduktion gehen soll, heißt SE1000. Er wurde von Siengine entwickelt, einem Joint Venture von EcarX und dem in der Provinz Hubei ansässigen Chip-Fabrikanten Arm China. Der Chip nutze eine fortschrittliche Architektur, um die Leistung für Künstliche Intelligenz zu verbessern. Er unterstützt “verschiedene KI-Berechnungen und bietet verbesserte Sicherheit”, erklärt das Unternehmen. Drei Hauptproduktlinien sollen entwickelt werden, darunter Chips für autonomes Fahren und Chips für die zentrale Verarbeitung von Daten im Auto. Bis 2025 will Geely Autos auf der Fahrstufe 5, der höchsten Fahrstufe des autonomen Fahrens, auf die Straße bringen. Die hauseigenen Chips sollen dann mit hoher Rechenleistung verfügbar sein, erklärt das Unternehmen.
Die Chip-Knappheit und die US-Sanktionen haben viele Autobauer veranlasst, auf eigene Kapazitäten zu setzen, um die Entwicklungszeit zu verkürzen und die Chips auf die eigenen Bedürfnisse zuzuschneiden. Aber auch Apple und die chinesische Huawei-Tochter Hisilicon sind bei der Entwicklung laut eigenen Angaben schon weit fortgeschritten. Auch mit dem Apple-Zulieferer Foxconn arbeitet Geely auf dem Gebiet eng zusammen. Ihr Gemeinschaftsunternehmen Shandong Fujikang Intelligent Manufacturing beschäftigt sich unter anderem mit intelligenten Steuerungssystemen.
Es war der erste große Auftritt der Tochter des Huawei-Gründers Ren Zhengfei seit September 2021. Damals war Meng Wangzhou nach drei Jahren Hausarrest in Kanada freigelassen worden und unter großem Medienwirbel in ihre Heimat zurückgekehrt. Am Montagnachmittag nun präsentierte sie als CFO die Jahresbilanz des Netzwerkausrüsters aus dem südchinesischen Shenzhen.
Ihr Auftritt wirkte wie eine plakative und trotzige Botschaft in Richtung Kanada und USA. Die US-amerikanische Staatsanwaltschaft hatte ihr vorgeworfen, Sanktionen gegen Iran unterlaufen zu haben. China hatte dafür im Gegenzug drei Jahre lang zwei kanadische Staatsbürger in Haft gesteckt und sie unter fadenscheinigen Vorwürfen der Spionage angeklagt. Kurz nach Mengs Freilassung aus Mangel an Beweisen durften auch die Kanadier die Haft verlassen.
Nun ist Meng wieder im Geschäft und präsentierte überraschend gute Zahlen. Huawei erreichte bei einem Umsatz von rund 100 Milliarden US-Dollar eine beachtliche Gewinnmarge von über 17 Prozent: 17,8 Milliarden US-Dollar. Und das, obwohl der Umsatz in politisch schwierigen Zeiten für das Unternehmen deutlich gesunken ist – um satte 29 Prozent.
Meng nannte für den Umsatzeinbruch mehrere Gründe. Amerikanische Restriktionen gegen das Unternehmen behinderten das Wachstum, weil Zulieferteile fehlten. Hinzu kam der Druck durch die Pandemie. Aber es gab auch firmenspezifische Gründe. Am wichtigsten: Der Einbruch des Smartphone-Geschäfts – weil in China die Umrüstung auf 5G abgeschlossen sei, “ging in diesem Bereich die Nachfrage vorübergehend zurück.”
Die Gewinnmarge ist umso überraschender, weil auch der Anteil für Forschung und Entwicklung um über 22 Prozent auf gut 22 Milliarden US-Dollar geklettert ist. Diese Investitionen lassen sich frühestens in einigen Jahren zu Geld machen – wenn überhaupt. Huaweis Vorstandsvorsitzender Guo Ping betonte, dass das Unternehmen seine Investitionen in Forschung und Entwicklung auch weiter ausbauen wolle: “Es ergibt wirtschaftlich viel Sinn, neue Technologiebereiche zu erschließen, statt die alten auszubauen, auch wenn der Aufwand groß ist.”
Finanzchefin Meng stellte deshalb fest, “dass uns der Umgang mit Unwägbarkeiten zunehmend besser gelingt.” Das zeige sich auch in den Finanzverbindlichkeiten. Die Gewinne seien nicht auf der Basis übermäßiger Verschuldung entstanden, wie das in China oft der Fall ist. Im Gegenteil konnte das Verhältnis der Schulden zum Eigenkapital auf 57,8 Prozent vermindert werden.
Zwei Faktoren dürften die Bilanz begünstigt haben. Huawei ist kein Staatsunternehmen, auch wenn ihm wegen seiner strategisch wichtigen Bedeutung enge Verbindungen zu Staat und Partei nachgesagt werden. Zudem ist es nicht an der Börse gelistet. Deswegen steht das Unternehmen nicht unter dem Druck von Quartalszahlen oder unmittelbarer politischer Einflussnahme. Das Management kann sich bei Forschung und Entwicklung einen längeren Atem leisten.
Als wichtigste Entwicklungsziele ruft Vorstandschef Guo die Talentsuche, die wissenschaftliche Forschung und den Geist des Zusammenhalts aus. Huawei will lieber neue technologische Wege gehen, als mit kleinen Verbesserungen bereits vorhandener Technologie schnelles Geld zu machen. So ist es dem Anbieter vor einem Jahr zum Beispiel gelungen, die Welt mit einem kompletten System für autonomes Fahren zu überraschen. Zu einem Zeitpunkt, als die Smartphone Sparte wegen US-amerikanischer Sanktionen zusammengebrochen war und Huawei seine Position als Weltmarktführer einbüßte.
Diese Strategie ist insofern riskant, als Forschung und Entwicklung nicht automatisch auch einen Durchbruch erzielen. Um die Risiken zu verringern, setzt Huawei nicht alles auf eine Karte, sondern forscht in vielen verschiedenen Bereichen gleichzeitig. So sicherte sich das Unternehmen auch lukrative Zuwächse in den Bereichen Smart Wearables und intelligente Bildschirme, die um jeweils mehr als 30 Prozent im Vorjahresvergleich gewachsen sind.
Andererseits war es nicht vorhersehbar, dass das Huawei-Betriebssystem für Smartphones wegen der US-Sanktionen international keine Rolle spielt. Aus Schaden klug gibt sich die Ren Tochter Meng denn auch vage, was die Zukunftsrichtung des Unternehmens betrifft, und belässt es bei drei Stichworten: Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und Technologie zur Senkung des CO2-Verbrauchs. Frank Sieren
Der Lockdown in Shanghai wirkt sich mehr und mehr auf die internationale Wirtschaft aus. Volkswagen war am Mittwoch gezwungen, die Produktion in seinem Gemeinschaftsunternehmen mit SAIC Motor zurückzufahren, weil Teile fehlen. Bei Tesla standen ebenfalls Bänder still. Auch Thyssenkrupp und der Autozulieferer Aptiv aus Irland berichteten von Ausfällen.
Zugleich haben chinesische Unternehmen Börsengänge gestoppt, bei denen diese mehr als neun Milliarden Dollar einnehmen wollten. Die Zentralregierung erkannte derweil an, wie gefährlich ein Lockdown in einem so wichtigen Wirtschaftszentrum wie Shanghai für die Konjunktur sein kann. Der Staatsrat kündigte im Fernsehsender CCTV neue Maßnahmen an, um die Wirtschaft zu stützen. Da Shanghai ein Industrie- und Handelszentrum ist, verdichtet sich auch die Sorge um globale Lieferketten. Die dänische Reederei Maersk warnt bereits vor steigenden Frachtkosten.
Der konsequente Lockdown soll einen beginnenden Ausbruch der Omikron-Variante von Sars-CoV-2 im Keim ersticken. Ein neues Hoch von 5982 Neuinfektionen hatte die Regierung in Aufregung versetzt. Die Zahl klingt zwar beherrschbar. Doch Omikron verbreitet sich selbst in weitgehend geimpften Bevölkerungen exponentiell, wie sich in Europa und den USA beobachten lässt. Unter Senioren, die mit den in China gebräuchlichen Totimpfstoffen – oder gar nicht – geimpft sind, wäre dann eine hohe Sterberate zu erwarten. Die Hoffnung lautet nun, dass die Zahlen durch den Lockdown schnell wieder zurückgehen.
Die Bürger horten derweil Vorräte, weil sie nicht wissen, wie lange der Lockdown wirklich dauern wird. Schließlich hieß es zunächst, es sei gar kein Lockdown geplant. Einwohner berichten daher von großem Misstrauen gegen weitere Verlautbarungen der Stadtregierung. In Supermärkten brach Streit um die letzten Waren aus. Die Leute standen lange an, um in die letzten gut versorgte Läden (hier ein Aldi) zu gelangen.
Die gespenstische Stille auf der Straße wird derzeit nur von den Durchsagen aus Lautsprecher-Robotern unterbrochen. Einige Shanghaier sind in ihre Büros gezogen. Um die bei den Massentests als positiv identifizierten Bürger absondern zu können, hat die Stadt derweil große Quarantänezentren errichtet. Diese stehen bisher zwar weitgehend leer. Doch offenbar stellen sich die Behörden auch auf Szenarien ein, in denen sich die Lage weiter verschlechtert. fin
China will bis zum Jahr 2025 zwischen 100.000 und 200.000 Tonnen grünen Wasserstoff jährlich herstellen. Langfristig soll eine starke Wasserstoff-Industrie aufgebaut werden. Das geht aus einem neuen Plan der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) hervor, der am Mittwoch vorgestellt wurde. Zudem sollen 50.000 Wasserstoff-Fahrzeuge bis 2025 auf die Straße gebracht werden, wie Reuters berichtet. Dazu zählen auch Lkw.
Grüner Wasserstoff soll dazu beitragen, die nationalen Klimaziele zu erreichen, sagte Wang Xiang, der stellvertretende Direktor der Abteilung für Hochtechnologie bei der NDRC. Wasserstoff ist “ein wichtiger Bestandteil” von Chinas zukünftigem Energiesystem, so der Plan. Kurzfristig wird grüner Wasserstoff allerdings kaum positive Klimaeffekte haben. China produziert derzeit pro Jahr 33 Millionen Tonnen Wasserstoff. Nach Angaben der Regierung werden etwa 80 Prozent davon mit Kohle und Erdgas erzeugt, der Rest ist hauptsächlich ein Nebenprodukt der Industrie. 200.000 Tonnen grüner Wasserstoff wären dementsprechend lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein.
Wang sagte, dass der größte Teil des chinesischen Wasserstoffs zwar aus fossilen Brennstoffen hergestellt wird, das Potenzial von grünem Wasserstoff jedoch enorm ist, da das Land über die weltweit größte Kapazität an erneuerbaren Energien verfügt. Fast alle Provinzen und Regionen in China haben Wasserstoff in ihre Entwicklungspläne aufgenommen. Mehr als 120 grüne Wasserstoffprojekte sind in der Entwicklung.
Laut NDRC befindet sich Chinas Wasserstoff-Industrie noch in einer frühen Phase der Entwicklung. Die industrielle Innovationsfähigkeit ist noch nicht allzu stark. Bei wichtigen Komponenten und Grundstoffen sei die Industrie noch auf Importe angewiesen. Die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie soll gestärkt werden. nib
Der US-Senat hat am Montag für ein Gesetz gestimmt, das die US-amerikanischen Schlüsselindustrien im Wettbewerb mit China stärken soll. Vor allem Sektoren wie die Halbleiterindustrie sollen mit mehreren Milliarden US-Dollar unterstützt werden. Der Mehrheitsführer der Demokraten im US-Senat, Chuck Schumer, sprach von einem der wichtigsten Projekte der aktuellen Legislatur.
Anfang Februar hatte das US-Repräsentantenhaus bereits für ein ähnliches Gesetz mit dem Namen “America Competes” gestimmt. Im April sollen die Verhandlungen über einen einheitlichen Gesetzestext beginnen, eine finale Abstimmung könnte im Mai oder Juni folgen.
Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, lobte das Votum. Es zeige, dass sich die Parteien einig über die Notwendigkeit dieser Investitionen seien. Beide Gesetzesentwürfe sehen Investitionen in Höhe von 52 Milliarden US-Dollar vor, die in Forschung, Entwicklung und Industrie fließen sollen. fpe
Chinas größtes börsennotiertes Kohleunternehmen, Shenhua Energy Co., will in Zukunft mehr auf saubere Energie setzen. Dafür will Shenhua bis 2030 mindestens 40 Prozent seiner jährlichen Investitionen in den Bereich Erneuerbare Energien lenken.
Im vergangenen Jahr hatte Shenhua gerade einmal 0,08 Prozent seiner Ausgaben in Erneuerbare Energien investiert. Das Unternehmen ist Teil der staatlichen China Energy Investment Corp., die im Jahr 2021 als größtes Kohlebergbauunternehmen 570 Millionen Tonnen Kohle produzierte. Nach eigenen Angaben erzeugte Shenhua im gleichen Zeitraum 177 Millionen Tonnen Emissionen von Treibhausgasen durch die Verbrennung von Kohle.
Die chinesische Regierung baut die Kapazitäten von Erneuerbaren Energien aus, um spätestens 2030 den Höhepunkt der CO2-Emissionen erreichen zu können. Trotz des schnellen Wachstums erneuerbarer Energien ist China für seine Stromerzeugung aber nach wie vor stark von fossilen Brennstoffen abhängig, wobei mehr als die Hälfte des Stroms aus Kohlekraftwerken stammt.
Zuletzt hatte Peking angekündigt, fünf neue Kohlekraftwerke bauen zu wollen (China.Table berichtete) und das Kohleangebot zu erhöhen. Zu der Entscheidung beigetragen hatte ein Emergieengpass im Land im Herbst vergangenen Jahres, als zahlreiche Unternehmen, aber auch private Haushalte ihren Verbrauch massiv einschränken mussten.
Gleichzeitig ist der Staatskonzern China Energy Investment, laut Daten von BloombergNEF, auch der weltweit zweitgrößte Entwickler erneuerbarer Energien mit mehr als 41 Gigawatt Stromerzeugungsprojekten. Die meisten seiner erneuerbaren Projekte laufen bisher über Longyuan Power Group Corp, einer weiteren börsennotierten Tochtergesellschaft. niw
Das internationale Welthandelssystem ab Ende des Zweiten Weltkriegs bis in die 2000er Jahre hinein war nicht nur von der Idee der Liberalisierung, sondern auch der Zurückdrängung von (macht-)politischen gegenüber ökonomischen Aspekten geprägt. Als Sinnbild dafür standen u.a. die Meistbegünstigungsklausel und der institutionalisierte Streitbeilegungsmechanismus der WTO, bzw. des GATT, die eine systematische Benachteiligung kleinerer gegenüber größeren Nationen zumindest einzugrenzen versuchten. Spätestens seit dem Amtsantritt der Trump-Administration werden außen- und handelspolitische Aspekte jedoch weltweit wieder stärker verknüpft, und gewinnen damit Macht- und Größenunterschiede zwischen Staaten auch für die Handelspolitik wieder an Bedeutung. Ein Beispiel dafür ist die chinesische Erlassung eines de facto-Handelsboykotts gegen Litauen als Folge der Eröffnung eines taiwanesischen Konsulats in der Hauptstadt Wilna unter dem Namen Taiwan (nicht, wie sonst praktiziert, Taipeh).
Die Tatsache, dass der Sanktionscharakter der Maßnahmen von chinesischer Seite nicht offiziell eingeräumt wurde, kann als Versuch gedeutet werden, diese von multilateralen Standards, insbesondere jenen der WTO, fernzuhalten und sich in erster Linie auf eine bilaterale Machtdemonstration gegenüber Litauen zu verlegen. Allerdings solidarisierte sich die Europäische Union rasch mit Litauen und stellte damit eine im Wesentlichen wieder symmetrische Konstellation her, auch wenn keine Gegensanktionen erlassen wurden.
Die EU initiierte im Weiteren ein Verfahren vor der WTO, dessen Potenziale aber begrenzt sind: erstens kann eine WTO-basierte Berechtigung zu unilateralen handelspolitischen Schutzmaßnahmen der EU (zum Beispiel höhere Zölle gegen unrechtmäßig subventionierte Importprodukte) aus dem Profil der chinesischen Sanktionen nicht abgeleitet werden. Zweitens kann eine Urteilsfindung erhebliche Zeit in Anspruch nehmen. Drittens wäre auch im Falle eines Urteils im Sinne der EU dessen Durchsetzung in letzter Konsequenz nur in Form von autorisierten Vergeltungsmaßnahmen möglich.
Solche Maßnahmen waren bei WTO-Verfahren bis jetzt zwar nur in einer kleinen Minderheit der Fälle notwendig; sie sind im Fall der Nichtumsetzung eines Urteils durch den Beklagten, was im vorliegenden Fall für China durchaus nicht unrealistisch erschiene, für die Gegenpartei aber die einzige Möglichkeit, zu ihrem Recht zu kommen. Gleichzeitig bergen sie erhebliches neues Konflikt- und Verzögerungspotenzial und rücken wiederum Größenunterschiede zwischen den Konfliktparteien in den Vordergrund; der Wert der WTO als institutionalisierte Streitbeilegungsinstanz wird dadurch erheblich vermindert.
Die Europäische Union selbst wurde durch die litauischen Maßnahmen vor ein Dilemma gestellt, das für den europäischen Integrationsprozess typisch ist. Einerseits war eine Reaktion auf europäischer Ebene aufgrund der Integrität des Binnenmarkts und der handels- und investitionspolitischen Außenkompetenz der Union folgerichtig. Andererseits beschloss die Regierung Litauens ihre Linie im Rahmen der weiterhin bestehenden außenpolitischen Souveränität der Mitgliedstaaten und stimmte sich nicht mit anderen Mitgliedstaaten ab. Diese tragen damit die potenziellen negativen Folgewirkungen einer Politik, über die sie nicht entschieden haben.
Die Haltung Litauens ist aus interner Perspektive durchaus konsistent. Bereits im Herbst 2020 erfolgten erste Signale in Richtung eines Ausbaus der Beziehungen zu Taiwan; im Frühjahr 2021 verließ Litauen das “17+1”-Format osteuropäischer Staaten mit China, einem Instrument regionaler Einflussnahme Chinas unter anderem im Rahmen der Seidenstraßen-Initiative. Politische Spielräume waren für Litauen auch insofern gegeben, als seine wirtschaftlichen Beziehungen mit China von vergleichsweise geringer Bedeutung für die litauische Gesamtwirtschaft sind. Dies unterscheidet die litauische Position deutlich von der gesamteuropäischen – beispielsweise ist China inzwischen der wichtigste Import- und drittwichtigste Exportpartner der EU – und jener größerer Mitgliedstaaten, zum Beispiel Deutschlands und Frankreichs. Zumal die chinesische Reaktion auf die Vorgänge in Litauen im Rahmen der jahrzehntelang gepflegten “Ein-China-Politik” keineswegs überraschend kam, hätte diesbezüglich auf gesamteuropäischer Ebene durchaus Diskussions- und wohl auch Entscheidungsbedarf bestanden.
Damit zeigt sich, dass gerade in der Situation einer stärkeren machtpolitischen Prägung der internationalen Handelspolitik der (bereits erfolgte) Integrationsschritt einer Vereinheitlichung der Handels- und Investitionspolitik die Notwendigkeit einer (künftigen) Vereinheitlichung weiterer Bereiche der Außenpolitik nach sich zieht.
Im Ergebnis ist ein einheitliches europäisches Auftreten im Zuge der internationalen Politisierung der Handels- und Investitionsströme notwendiger denn je, nicht zuletzt, um auch den Schutz kleinerer Mitgliedstaaten vor externen Repressionen sicherzustellen. Soll dieses Auftreten effektiv sein, ist aber eine europäische Integration breiterer außenpolitischer Kompetenzen unabdingbar. Die jüngsten Schritte in Richtung eines neuen handelspolitischen EU-Instruments gegen wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen von Drittländern können hierfür nur ein Anfang sein.
Dieser Gastbeitrag erscheint im Kontext der Veranstaltungsreihe Global China Conversations des Kiel Instituts für Weltwirtschaft. Am Donnerstag (24.03.) geht es mit Christian Hederer von der Technischen Hochschule Wildau und Jürgen Matthes vom IW Köln um das Thema: “EU-China-Handelskonflikte und der Fall Litauen: Welche Rolle spielt die WTO?”. Moderatorin ist unsere Redakteurin Amelie Richter. China.Table ist Medienpartner der Veranstaltungsreihe.
Patricia Flors bisherige Karriere hat sie schon in alle Himmelsrichtungen verschlagen. Nun ist klar, was ihre nächste Station wird: Die Spitzendiplomatin wird deutsche Botschafterin in Peking. Flor bringt jahrelange Erfahrung in der deutschen und europäischen Diplomatie mit. Ihre Stationen in Japan und die Zuständigkeit für den Indo-Pazifik führten sie in wichtige Nachbarregionen Chinas.
Schon vor gut zehn Jahren, als eine gemeinsame EU-Außenpolitik noch weit weniger präsent war als heute, wechselte Flor in den Dienst des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EEAS): “Ich war überzeugte deutsche Diplomatin. Ich glaube aber, dass wir im globalen Maßstab nur dann Einfluss haben werden, wenn wir als EU auftreten. Wo es darum geht, wer sitzt mit am Tisch mit den anderen Großen, da wird zunehmend die EU gefragt sein”, sagte Flor dem Deutschlandfunk damals.
Flor blieb der EU-Außenpolitik – mit einigen Zwischenstopps in der deutschen Diplomatie – treu. Als derzeitige EU-Botschafterin in Japan gilt die 60-Jährige innerhalb des EEAS als zuverlässig und beliebt beim EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. Berlin hatte offenbar bereits nach dem Regierungswechsel erhöhtes Interesse an einem Einsatz Flors für die Bundesrepublik. Die als Grünen-nah geltenden Flor wurde zeitweise auch als neue Staatsministerin im Außenministerium gehandelt. Arbeitserfahrung unter dem grünen Außenminister Joschka Fischer hat sie bereits.
Statt Diplomatie in Berlin heißt es jetzt aber weiterhin Ausland für die gebürtige Bayerin, die ihre ersten beruflichen Schritte in einem ganz anderen Metier machte: Nach dem Abitur und Volontariat bei den Nürnberger Nachrichten arbeitete sie als Redakteurin und freie Journalistin in den USA. Sie studierte Geschichte, Philosophie, Slawistik und osteuropäische Geschichte in Bamberg und Erlangen.
1992 trat sie in den Auswärtigen Dienst ein und wurde in der deutschen Botschaft in Kasachstan eingesetzt. 1995 promovierte Flor nach Forschungsaufenthalten in Großbritannien und Russland in osteuropäischer Geschichte und Volkswirtschaftslehre. 1996 wechselte sie zur Deutschen Ständigen Vertretung bei den Vereinten Nationen in New York, wo sie von 1998 bis 2000 Vorsitzende der Kommission für Frauenrechte der UN war. Ihren Einsatz für Frauen und eine feministische Diplomatie behält sie auch auf weiteren Karriere-Stationen bei: “Während all meiner Posten habe ich mich immer für die Sache der Frauen eingesetzt“, sagte Flor bei einer Veranstaltung.
Die bisherige Liste von Flors Posten ist lang. Ihre Einsätze brachten sie immer wieder zurück in die deutsche Hauptstadt. Unter Joschka Fischer war Flor von 2002 bis 2006 Leiterin des Parlaments- und Kabinettsreferats im Auswärtigen Amt, bevor sie deutsche Botschafterin in Georgien wurde. Ab März 2010 kehrt sie als Beauftragte für Osteuropa, den Kaukasus und Zentralasien ins Auswärtige Amt zurück. Den Fokus auf der wichtigen Nachbarregion Chinas behielt sie auch bei als sie 2012 erstmals den Wechsel auf die EU-Ebene vollzog und Sonderbeauftragte der Europäischen Union für Zentralasien wurde.
Gut ein Jahr später stellte China erstmals die “Belt and Road”-Initiative vor, in der Zentralasien eine wichtige Rolle für Peking spielt. Flor setzte sich damals bereits für eine engere Zusammenarbeit der EU und den dortigen Staaten ein. An Interesse an einer Kooperation mangele es nicht in Zentralasien, trotz enger Verbindungen zu China und vor allem Russland, sagte Flor in einem Interview.
Im Jahr 2014 kehrte Flor von Brüssel erneut zurück nach Berlin. Unter dem SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier wurde sie Leiterin der Abteilung für die Vereinten Nationen im Auswärtigen Amt. Anschließend leitete sie die erweiterte Abteilung für Internationale Ordnung, Vereinte Nationen und Rüstungskontrolle und war Beauftragte der Bundesregierung für Fragen der Abrüstung und Rüstungskontrolle.
Nach gut vier Jahren in der deutschen Hauptstadt zog es sie erneut ins Ausland: Seit Mitte 2018 ist Flor Botschafterin der Europäischen Union in Japan. In der Position setzt sie sich unter anderem für eine engere Zusammenarbeit der EU und der Indo-Pazifik-Region ein – vor allem die dabei von Brüssel auch vorgesehene erhöhte militärische Präsenz im Indo-Pazifik mit Schiffen stößt der Volksrepublik regelmäßig sauer auf. Als neue deutsche Botschafterin wird Flor diese Pläne aus Europa nun in Peking verteidigen müssen. Amelie Richter
Lance Zhou ist neuer CEO des US-Elektroautoherstellers Phoenix Motorcars. Zhou war zuvor CEO von Karma Automotive, einem US-Hersteller von Luxus-Elektrofahrzeugen. Von 2015 bis 2018 war er Präsident von Beijing Foton Daimler Automotive.
die Autoindustrie steht weiterhin vor Schwierigkeiten. Gerade, als sich Entspannung entlang der Lieferkette abzeichnete, schufen der Krieg und Omikron in China neue Unsicherheiten. Der Anstieg der Benzinpreise, der sich noch ins Astronomische steigern kann, erhöht zudem den Druck für die Umstellung der Antriebsarten. E-Autos sind jedoch von ihrer Art her noch digitaler – und in Deutschland fehlen weiter Fachkräfte für Softwareentwicklung.
Obwohl sie bei Elektromobilität und Digitalisierung eigentlich sehr stark ist, baut die chinesische Autoindustrie ihren Vorsprung hier nun noch weiter aus. Geely, der Besitzer von Volvo, hat seine Techologie-Aktivitäten in der Tochtergesellschaft EcarX gebündelt, die wir heute vorstellen. EcarX entwickelt Software und lässt auch gleich die passenden Chips anfertigen. Mit dieser Strategie festigt Geely seine Position als Vorreiter des smarten Fahrens, analysiert Frank Sieren.
Huawei, immerhin inzwischen ein profilierter Autozulieferer, hat im vergangenen Jahr so viel Gewinn gemacht wie noch nie. Das überrascht erst einmal. Schließlich hatten US-Sanktionen die Handy-Sparte des Unternehmens in die Knie gezwungen. Doch Huawei ist eben nicht in erster Linie ein Anbieter von Elektronik für Endkunden, sondern ist vor allem im Bereich B2B unterwegs. Alle Hintergründe zu dem überraschenden Gewinnsprung finden Sie in unserer Analyse.
Die zwei großen Herausforderungen für die deutsche Fahrzeugbranche waren zuletzt Chip-Mangel, der rasche Übergang zu neuen Antriebsformen und die schnelle Digitalisierung, für die oft Softwareentwickler fehlen. Diese drei Themen überlagern und verstärken sich: Das Auto der Zukunft enthält besonders viele Computerfunktionen und braucht nicht nur besonders viele, sondern auch besonders fortschrittliche Halbleiter.
Der Autohersteller Geely aus Hangzhou nimmt daher nun die Entwicklung von Software und das Design von Chips selbst in die Hand – und kümmert sich sogar um deren Produktion. Besonders bemerkenswert sind hier seine Pläne mit dem Konzernunternehmen EcarX. Es wurde 2016 von Geely-Eigentümer Li Shufu und dem CEO Shen Ziyu gegründet. Jetzt ist es die Plattform, auf der die Gruppe eine Vielzahl vernetzter Digitaldienste im Auto anbieten will. Die Software von EcarX soll beispielsweise einmal die Kontrolle beim autonomen Fahren übernehmen. Sie soll auch an vielen Stellen Programme ersetzen, die derzeit von Google eingekauft werden.
Die Entwicklung solcher Dienste kostet viel Geld. EcarX will daher in den USA an die Börse gehen. Es bedient sich dazu der etwas zweifelhaften Konstruktion einer börsennotierten Mantelgesellschaft, mit der EcarX fusioniert, um ohne formale Erstnotiz handelbar zu werden. Die Transaktion käme auf einen Wert von etwa vier Milliarden US-Dollar, berichtet Bloomberg. Das Unternehmen muss aber noch Regulatoren auf beiden Seiten des Pazifiks davon überzeugen, dass hier alles mit rechten Dingen zugeht.
Ein wichtiger Teil der Systeme von EcarX stammt von einem Hidden Champion aus dem bayerischen Landshut: Das 2012 dort gegründete Startup HiveMQ bietet Programme an, die dafür sorgen, dass die verschiedenen Computer und Systeme im Auto schnell und fehlerfrei miteinander reden. Konkret handelt es sich bei HiveMQ um einen Spezialisten für das Kommunikationsprotokoll MQTT. Dieses dient dazu, die Geräte unserer zunehmend vernetzten Welt miteinander zu verbinden. Anders gesagt: Es ermöglicht das “Internet der Dinge”. Die Abkürzung steht für “Message Queuing Telemetry Transport”.
Bei EcarX dienen die Fähigkeiten von HiveMQ beispielsweise dazu, den Datenverkehr zwischen einem Auto und der Cloud abzuwickeln. Mit der Technik des Startups können aus der Ferne Befehle an ein Auto gesendet werden – zum Beispiel, indem man einen digitalen Schlüssel für das Carsharing teilt, die Klimaanlage vor dem Start einstellt oder das Auto entriegelt. Darunter fallen aber auch Daten über die Umgebung, von anderen Autos oder den Verkehrsrechnern der Stadt für das autonome Fahren.
Nach Angaben des Landshuter Unternehmens nutzen weltweit bereits über 130 Unternehmen die Technologie, darunter BMW und Audi. Mit seinen 19 Mitarbeitern macht die Firma mittlerweile einen Jahresumsatz von zwei Millionen Euro.
Der große Auftraggeber EcarX betreibt Niederlassungen und Entwicklungszentren in den Städten Hangzhou, Peking, Shanghai, Wuhan, Dalian – und seit 2020 auch im schwedischen Göteborg, Schweden, also bei der Konzernschwester Volvo. Im März 2021 hatten Volvo und EcarX sich darauf verständigt, gemeinsam eine Infotainment-Plattform zu entwickeln. EcarX ist wiederum mit 15 Prozent an Zenseact beteiligt, einer Volvo-Tochter, die sich auf Software fürs autonome Fahren spezialisiert hat.
Volvo war 2010 von Geely übernommen worden. Geely-Gründer Li Shufu möchte mit mehreren Marken den E-Automarkt dominieren. EcarX ist Teil dieser Vision. Das System vernetzt bereits jetzt zwei Millionen Autos der Geely-Markenfamilie. Li ist zudem der größte Einzelaktionär bei Daimler.
Aufbauend auf der globalen Software-Plattform von Zenseact planen die Unternehmen nun eine Zusammenarbeit beim autonomen Fahren in China. Im nächsten Schritt sollen vor allem die kommenden Modelle von Polestar und Volvo mit der Technik für autonome Fahrmanöver auf Autobahnen fit gemacht werden. “Zenseact ist ein Pionier auf dem Gebiet der selbstfahrenden Technik. Diese strategische Investition von EcarX ermöglicht uns eine schnellere Skalierung in China”, sagte Håkan Samuelsson, Chef von Volvo sowie Aufsichtsratsvorsitzender von Zenseact.
Die Nachfrage nach autonomer Fahrtechnik in China stiegt kontinuierlich an. Den vielleicht wichtigsten Meilenstein hat Geely dafür ebenfalls mit EcarX in Angriff genommen: die Entwicklung eigener, hochwertiger 7-Nanometer-Chipsätze. Es handelt sich um Chinas ersten 7-Nanometer-Chip für den Einsatz im Auto. Das ist keine geringe Leistung. Der amerikanische Prozessorhersteller Intel war lange daran gescheitert, die Produktion von Bausteinen mit so geringer Strukturbreite ins Laufen zu bringen.
Der Geely-Chip, der bereits im dritten Quartal oder spätestens Anfang 2023 in die Massenproduktion gehen soll, heißt SE1000. Er wurde von Siengine entwickelt, einem Joint Venture von EcarX und dem in der Provinz Hubei ansässigen Chip-Fabrikanten Arm China. Der Chip nutze eine fortschrittliche Architektur, um die Leistung für Künstliche Intelligenz zu verbessern. Er unterstützt “verschiedene KI-Berechnungen und bietet verbesserte Sicherheit”, erklärt das Unternehmen. Drei Hauptproduktlinien sollen entwickelt werden, darunter Chips für autonomes Fahren und Chips für die zentrale Verarbeitung von Daten im Auto. Bis 2025 will Geely Autos auf der Fahrstufe 5, der höchsten Fahrstufe des autonomen Fahrens, auf die Straße bringen. Die hauseigenen Chips sollen dann mit hoher Rechenleistung verfügbar sein, erklärt das Unternehmen.
Die Chip-Knappheit und die US-Sanktionen haben viele Autobauer veranlasst, auf eigene Kapazitäten zu setzen, um die Entwicklungszeit zu verkürzen und die Chips auf die eigenen Bedürfnisse zuzuschneiden. Aber auch Apple und die chinesische Huawei-Tochter Hisilicon sind bei der Entwicklung laut eigenen Angaben schon weit fortgeschritten. Auch mit dem Apple-Zulieferer Foxconn arbeitet Geely auf dem Gebiet eng zusammen. Ihr Gemeinschaftsunternehmen Shandong Fujikang Intelligent Manufacturing beschäftigt sich unter anderem mit intelligenten Steuerungssystemen.
Es war der erste große Auftritt der Tochter des Huawei-Gründers Ren Zhengfei seit September 2021. Damals war Meng Wangzhou nach drei Jahren Hausarrest in Kanada freigelassen worden und unter großem Medienwirbel in ihre Heimat zurückgekehrt. Am Montagnachmittag nun präsentierte sie als CFO die Jahresbilanz des Netzwerkausrüsters aus dem südchinesischen Shenzhen.
Ihr Auftritt wirkte wie eine plakative und trotzige Botschaft in Richtung Kanada und USA. Die US-amerikanische Staatsanwaltschaft hatte ihr vorgeworfen, Sanktionen gegen Iran unterlaufen zu haben. China hatte dafür im Gegenzug drei Jahre lang zwei kanadische Staatsbürger in Haft gesteckt und sie unter fadenscheinigen Vorwürfen der Spionage angeklagt. Kurz nach Mengs Freilassung aus Mangel an Beweisen durften auch die Kanadier die Haft verlassen.
Nun ist Meng wieder im Geschäft und präsentierte überraschend gute Zahlen. Huawei erreichte bei einem Umsatz von rund 100 Milliarden US-Dollar eine beachtliche Gewinnmarge von über 17 Prozent: 17,8 Milliarden US-Dollar. Und das, obwohl der Umsatz in politisch schwierigen Zeiten für das Unternehmen deutlich gesunken ist – um satte 29 Prozent.
Meng nannte für den Umsatzeinbruch mehrere Gründe. Amerikanische Restriktionen gegen das Unternehmen behinderten das Wachstum, weil Zulieferteile fehlten. Hinzu kam der Druck durch die Pandemie. Aber es gab auch firmenspezifische Gründe. Am wichtigsten: Der Einbruch des Smartphone-Geschäfts – weil in China die Umrüstung auf 5G abgeschlossen sei, “ging in diesem Bereich die Nachfrage vorübergehend zurück.”
Die Gewinnmarge ist umso überraschender, weil auch der Anteil für Forschung und Entwicklung um über 22 Prozent auf gut 22 Milliarden US-Dollar geklettert ist. Diese Investitionen lassen sich frühestens in einigen Jahren zu Geld machen – wenn überhaupt. Huaweis Vorstandsvorsitzender Guo Ping betonte, dass das Unternehmen seine Investitionen in Forschung und Entwicklung auch weiter ausbauen wolle: “Es ergibt wirtschaftlich viel Sinn, neue Technologiebereiche zu erschließen, statt die alten auszubauen, auch wenn der Aufwand groß ist.”
Finanzchefin Meng stellte deshalb fest, “dass uns der Umgang mit Unwägbarkeiten zunehmend besser gelingt.” Das zeige sich auch in den Finanzverbindlichkeiten. Die Gewinne seien nicht auf der Basis übermäßiger Verschuldung entstanden, wie das in China oft der Fall ist. Im Gegenteil konnte das Verhältnis der Schulden zum Eigenkapital auf 57,8 Prozent vermindert werden.
Zwei Faktoren dürften die Bilanz begünstigt haben. Huawei ist kein Staatsunternehmen, auch wenn ihm wegen seiner strategisch wichtigen Bedeutung enge Verbindungen zu Staat und Partei nachgesagt werden. Zudem ist es nicht an der Börse gelistet. Deswegen steht das Unternehmen nicht unter dem Druck von Quartalszahlen oder unmittelbarer politischer Einflussnahme. Das Management kann sich bei Forschung und Entwicklung einen längeren Atem leisten.
Als wichtigste Entwicklungsziele ruft Vorstandschef Guo die Talentsuche, die wissenschaftliche Forschung und den Geist des Zusammenhalts aus. Huawei will lieber neue technologische Wege gehen, als mit kleinen Verbesserungen bereits vorhandener Technologie schnelles Geld zu machen. So ist es dem Anbieter vor einem Jahr zum Beispiel gelungen, die Welt mit einem kompletten System für autonomes Fahren zu überraschen. Zu einem Zeitpunkt, als die Smartphone Sparte wegen US-amerikanischer Sanktionen zusammengebrochen war und Huawei seine Position als Weltmarktführer einbüßte.
Diese Strategie ist insofern riskant, als Forschung und Entwicklung nicht automatisch auch einen Durchbruch erzielen. Um die Risiken zu verringern, setzt Huawei nicht alles auf eine Karte, sondern forscht in vielen verschiedenen Bereichen gleichzeitig. So sicherte sich das Unternehmen auch lukrative Zuwächse in den Bereichen Smart Wearables und intelligente Bildschirme, die um jeweils mehr als 30 Prozent im Vorjahresvergleich gewachsen sind.
Andererseits war es nicht vorhersehbar, dass das Huawei-Betriebssystem für Smartphones wegen der US-Sanktionen international keine Rolle spielt. Aus Schaden klug gibt sich die Ren Tochter Meng denn auch vage, was die Zukunftsrichtung des Unternehmens betrifft, und belässt es bei drei Stichworten: Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und Technologie zur Senkung des CO2-Verbrauchs. Frank Sieren
Der Lockdown in Shanghai wirkt sich mehr und mehr auf die internationale Wirtschaft aus. Volkswagen war am Mittwoch gezwungen, die Produktion in seinem Gemeinschaftsunternehmen mit SAIC Motor zurückzufahren, weil Teile fehlen. Bei Tesla standen ebenfalls Bänder still. Auch Thyssenkrupp und der Autozulieferer Aptiv aus Irland berichteten von Ausfällen.
Zugleich haben chinesische Unternehmen Börsengänge gestoppt, bei denen diese mehr als neun Milliarden Dollar einnehmen wollten. Die Zentralregierung erkannte derweil an, wie gefährlich ein Lockdown in einem so wichtigen Wirtschaftszentrum wie Shanghai für die Konjunktur sein kann. Der Staatsrat kündigte im Fernsehsender CCTV neue Maßnahmen an, um die Wirtschaft zu stützen. Da Shanghai ein Industrie- und Handelszentrum ist, verdichtet sich auch die Sorge um globale Lieferketten. Die dänische Reederei Maersk warnt bereits vor steigenden Frachtkosten.
Der konsequente Lockdown soll einen beginnenden Ausbruch der Omikron-Variante von Sars-CoV-2 im Keim ersticken. Ein neues Hoch von 5982 Neuinfektionen hatte die Regierung in Aufregung versetzt. Die Zahl klingt zwar beherrschbar. Doch Omikron verbreitet sich selbst in weitgehend geimpften Bevölkerungen exponentiell, wie sich in Europa und den USA beobachten lässt. Unter Senioren, die mit den in China gebräuchlichen Totimpfstoffen – oder gar nicht – geimpft sind, wäre dann eine hohe Sterberate zu erwarten. Die Hoffnung lautet nun, dass die Zahlen durch den Lockdown schnell wieder zurückgehen.
Die Bürger horten derweil Vorräte, weil sie nicht wissen, wie lange der Lockdown wirklich dauern wird. Schließlich hieß es zunächst, es sei gar kein Lockdown geplant. Einwohner berichten daher von großem Misstrauen gegen weitere Verlautbarungen der Stadtregierung. In Supermärkten brach Streit um die letzten Waren aus. Die Leute standen lange an, um in die letzten gut versorgte Läden (hier ein Aldi) zu gelangen.
Die gespenstische Stille auf der Straße wird derzeit nur von den Durchsagen aus Lautsprecher-Robotern unterbrochen. Einige Shanghaier sind in ihre Büros gezogen. Um die bei den Massentests als positiv identifizierten Bürger absondern zu können, hat die Stadt derweil große Quarantänezentren errichtet. Diese stehen bisher zwar weitgehend leer. Doch offenbar stellen sich die Behörden auch auf Szenarien ein, in denen sich die Lage weiter verschlechtert. fin
China will bis zum Jahr 2025 zwischen 100.000 und 200.000 Tonnen grünen Wasserstoff jährlich herstellen. Langfristig soll eine starke Wasserstoff-Industrie aufgebaut werden. Das geht aus einem neuen Plan der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) hervor, der am Mittwoch vorgestellt wurde. Zudem sollen 50.000 Wasserstoff-Fahrzeuge bis 2025 auf die Straße gebracht werden, wie Reuters berichtet. Dazu zählen auch Lkw.
Grüner Wasserstoff soll dazu beitragen, die nationalen Klimaziele zu erreichen, sagte Wang Xiang, der stellvertretende Direktor der Abteilung für Hochtechnologie bei der NDRC. Wasserstoff ist “ein wichtiger Bestandteil” von Chinas zukünftigem Energiesystem, so der Plan. Kurzfristig wird grüner Wasserstoff allerdings kaum positive Klimaeffekte haben. China produziert derzeit pro Jahr 33 Millionen Tonnen Wasserstoff. Nach Angaben der Regierung werden etwa 80 Prozent davon mit Kohle und Erdgas erzeugt, der Rest ist hauptsächlich ein Nebenprodukt der Industrie. 200.000 Tonnen grüner Wasserstoff wären dementsprechend lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein.
Wang sagte, dass der größte Teil des chinesischen Wasserstoffs zwar aus fossilen Brennstoffen hergestellt wird, das Potenzial von grünem Wasserstoff jedoch enorm ist, da das Land über die weltweit größte Kapazität an erneuerbaren Energien verfügt. Fast alle Provinzen und Regionen in China haben Wasserstoff in ihre Entwicklungspläne aufgenommen. Mehr als 120 grüne Wasserstoffprojekte sind in der Entwicklung.
Laut NDRC befindet sich Chinas Wasserstoff-Industrie noch in einer frühen Phase der Entwicklung. Die industrielle Innovationsfähigkeit ist noch nicht allzu stark. Bei wichtigen Komponenten und Grundstoffen sei die Industrie noch auf Importe angewiesen. Die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie soll gestärkt werden. nib
Der US-Senat hat am Montag für ein Gesetz gestimmt, das die US-amerikanischen Schlüsselindustrien im Wettbewerb mit China stärken soll. Vor allem Sektoren wie die Halbleiterindustrie sollen mit mehreren Milliarden US-Dollar unterstützt werden. Der Mehrheitsführer der Demokraten im US-Senat, Chuck Schumer, sprach von einem der wichtigsten Projekte der aktuellen Legislatur.
Anfang Februar hatte das US-Repräsentantenhaus bereits für ein ähnliches Gesetz mit dem Namen “America Competes” gestimmt. Im April sollen die Verhandlungen über einen einheitlichen Gesetzestext beginnen, eine finale Abstimmung könnte im Mai oder Juni folgen.
Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, lobte das Votum. Es zeige, dass sich die Parteien einig über die Notwendigkeit dieser Investitionen seien. Beide Gesetzesentwürfe sehen Investitionen in Höhe von 52 Milliarden US-Dollar vor, die in Forschung, Entwicklung und Industrie fließen sollen. fpe
Chinas größtes börsennotiertes Kohleunternehmen, Shenhua Energy Co., will in Zukunft mehr auf saubere Energie setzen. Dafür will Shenhua bis 2030 mindestens 40 Prozent seiner jährlichen Investitionen in den Bereich Erneuerbare Energien lenken.
Im vergangenen Jahr hatte Shenhua gerade einmal 0,08 Prozent seiner Ausgaben in Erneuerbare Energien investiert. Das Unternehmen ist Teil der staatlichen China Energy Investment Corp., die im Jahr 2021 als größtes Kohlebergbauunternehmen 570 Millionen Tonnen Kohle produzierte. Nach eigenen Angaben erzeugte Shenhua im gleichen Zeitraum 177 Millionen Tonnen Emissionen von Treibhausgasen durch die Verbrennung von Kohle.
Die chinesische Regierung baut die Kapazitäten von Erneuerbaren Energien aus, um spätestens 2030 den Höhepunkt der CO2-Emissionen erreichen zu können. Trotz des schnellen Wachstums erneuerbarer Energien ist China für seine Stromerzeugung aber nach wie vor stark von fossilen Brennstoffen abhängig, wobei mehr als die Hälfte des Stroms aus Kohlekraftwerken stammt.
Zuletzt hatte Peking angekündigt, fünf neue Kohlekraftwerke bauen zu wollen (China.Table berichtete) und das Kohleangebot zu erhöhen. Zu der Entscheidung beigetragen hatte ein Emergieengpass im Land im Herbst vergangenen Jahres, als zahlreiche Unternehmen, aber auch private Haushalte ihren Verbrauch massiv einschränken mussten.
Gleichzeitig ist der Staatskonzern China Energy Investment, laut Daten von BloombergNEF, auch der weltweit zweitgrößte Entwickler erneuerbarer Energien mit mehr als 41 Gigawatt Stromerzeugungsprojekten. Die meisten seiner erneuerbaren Projekte laufen bisher über Longyuan Power Group Corp, einer weiteren börsennotierten Tochtergesellschaft. niw
Das internationale Welthandelssystem ab Ende des Zweiten Weltkriegs bis in die 2000er Jahre hinein war nicht nur von der Idee der Liberalisierung, sondern auch der Zurückdrängung von (macht-)politischen gegenüber ökonomischen Aspekten geprägt. Als Sinnbild dafür standen u.a. die Meistbegünstigungsklausel und der institutionalisierte Streitbeilegungsmechanismus der WTO, bzw. des GATT, die eine systematische Benachteiligung kleinerer gegenüber größeren Nationen zumindest einzugrenzen versuchten. Spätestens seit dem Amtsantritt der Trump-Administration werden außen- und handelspolitische Aspekte jedoch weltweit wieder stärker verknüpft, und gewinnen damit Macht- und Größenunterschiede zwischen Staaten auch für die Handelspolitik wieder an Bedeutung. Ein Beispiel dafür ist die chinesische Erlassung eines de facto-Handelsboykotts gegen Litauen als Folge der Eröffnung eines taiwanesischen Konsulats in der Hauptstadt Wilna unter dem Namen Taiwan (nicht, wie sonst praktiziert, Taipeh).
Die Tatsache, dass der Sanktionscharakter der Maßnahmen von chinesischer Seite nicht offiziell eingeräumt wurde, kann als Versuch gedeutet werden, diese von multilateralen Standards, insbesondere jenen der WTO, fernzuhalten und sich in erster Linie auf eine bilaterale Machtdemonstration gegenüber Litauen zu verlegen. Allerdings solidarisierte sich die Europäische Union rasch mit Litauen und stellte damit eine im Wesentlichen wieder symmetrische Konstellation her, auch wenn keine Gegensanktionen erlassen wurden.
Die EU initiierte im Weiteren ein Verfahren vor der WTO, dessen Potenziale aber begrenzt sind: erstens kann eine WTO-basierte Berechtigung zu unilateralen handelspolitischen Schutzmaßnahmen der EU (zum Beispiel höhere Zölle gegen unrechtmäßig subventionierte Importprodukte) aus dem Profil der chinesischen Sanktionen nicht abgeleitet werden. Zweitens kann eine Urteilsfindung erhebliche Zeit in Anspruch nehmen. Drittens wäre auch im Falle eines Urteils im Sinne der EU dessen Durchsetzung in letzter Konsequenz nur in Form von autorisierten Vergeltungsmaßnahmen möglich.
Solche Maßnahmen waren bei WTO-Verfahren bis jetzt zwar nur in einer kleinen Minderheit der Fälle notwendig; sie sind im Fall der Nichtumsetzung eines Urteils durch den Beklagten, was im vorliegenden Fall für China durchaus nicht unrealistisch erschiene, für die Gegenpartei aber die einzige Möglichkeit, zu ihrem Recht zu kommen. Gleichzeitig bergen sie erhebliches neues Konflikt- und Verzögerungspotenzial und rücken wiederum Größenunterschiede zwischen den Konfliktparteien in den Vordergrund; der Wert der WTO als institutionalisierte Streitbeilegungsinstanz wird dadurch erheblich vermindert.
Die Europäische Union selbst wurde durch die litauischen Maßnahmen vor ein Dilemma gestellt, das für den europäischen Integrationsprozess typisch ist. Einerseits war eine Reaktion auf europäischer Ebene aufgrund der Integrität des Binnenmarkts und der handels- und investitionspolitischen Außenkompetenz der Union folgerichtig. Andererseits beschloss die Regierung Litauens ihre Linie im Rahmen der weiterhin bestehenden außenpolitischen Souveränität der Mitgliedstaaten und stimmte sich nicht mit anderen Mitgliedstaaten ab. Diese tragen damit die potenziellen negativen Folgewirkungen einer Politik, über die sie nicht entschieden haben.
Die Haltung Litauens ist aus interner Perspektive durchaus konsistent. Bereits im Herbst 2020 erfolgten erste Signale in Richtung eines Ausbaus der Beziehungen zu Taiwan; im Frühjahr 2021 verließ Litauen das “17+1”-Format osteuropäischer Staaten mit China, einem Instrument regionaler Einflussnahme Chinas unter anderem im Rahmen der Seidenstraßen-Initiative. Politische Spielräume waren für Litauen auch insofern gegeben, als seine wirtschaftlichen Beziehungen mit China von vergleichsweise geringer Bedeutung für die litauische Gesamtwirtschaft sind. Dies unterscheidet die litauische Position deutlich von der gesamteuropäischen – beispielsweise ist China inzwischen der wichtigste Import- und drittwichtigste Exportpartner der EU – und jener größerer Mitgliedstaaten, zum Beispiel Deutschlands und Frankreichs. Zumal die chinesische Reaktion auf die Vorgänge in Litauen im Rahmen der jahrzehntelang gepflegten “Ein-China-Politik” keineswegs überraschend kam, hätte diesbezüglich auf gesamteuropäischer Ebene durchaus Diskussions- und wohl auch Entscheidungsbedarf bestanden.
Damit zeigt sich, dass gerade in der Situation einer stärkeren machtpolitischen Prägung der internationalen Handelspolitik der (bereits erfolgte) Integrationsschritt einer Vereinheitlichung der Handels- und Investitionspolitik die Notwendigkeit einer (künftigen) Vereinheitlichung weiterer Bereiche der Außenpolitik nach sich zieht.
Im Ergebnis ist ein einheitliches europäisches Auftreten im Zuge der internationalen Politisierung der Handels- und Investitionsströme notwendiger denn je, nicht zuletzt, um auch den Schutz kleinerer Mitgliedstaaten vor externen Repressionen sicherzustellen. Soll dieses Auftreten effektiv sein, ist aber eine europäische Integration breiterer außenpolitischer Kompetenzen unabdingbar. Die jüngsten Schritte in Richtung eines neuen handelspolitischen EU-Instruments gegen wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen von Drittländern können hierfür nur ein Anfang sein.
Dieser Gastbeitrag erscheint im Kontext der Veranstaltungsreihe Global China Conversations des Kiel Instituts für Weltwirtschaft. Am Donnerstag (24.03.) geht es mit Christian Hederer von der Technischen Hochschule Wildau und Jürgen Matthes vom IW Köln um das Thema: “EU-China-Handelskonflikte und der Fall Litauen: Welche Rolle spielt die WTO?”. Moderatorin ist unsere Redakteurin Amelie Richter. China.Table ist Medienpartner der Veranstaltungsreihe.
Patricia Flors bisherige Karriere hat sie schon in alle Himmelsrichtungen verschlagen. Nun ist klar, was ihre nächste Station wird: Die Spitzendiplomatin wird deutsche Botschafterin in Peking. Flor bringt jahrelange Erfahrung in der deutschen und europäischen Diplomatie mit. Ihre Stationen in Japan und die Zuständigkeit für den Indo-Pazifik führten sie in wichtige Nachbarregionen Chinas.
Schon vor gut zehn Jahren, als eine gemeinsame EU-Außenpolitik noch weit weniger präsent war als heute, wechselte Flor in den Dienst des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EEAS): “Ich war überzeugte deutsche Diplomatin. Ich glaube aber, dass wir im globalen Maßstab nur dann Einfluss haben werden, wenn wir als EU auftreten. Wo es darum geht, wer sitzt mit am Tisch mit den anderen Großen, da wird zunehmend die EU gefragt sein”, sagte Flor dem Deutschlandfunk damals.
Flor blieb der EU-Außenpolitik – mit einigen Zwischenstopps in der deutschen Diplomatie – treu. Als derzeitige EU-Botschafterin in Japan gilt die 60-Jährige innerhalb des EEAS als zuverlässig und beliebt beim EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. Berlin hatte offenbar bereits nach dem Regierungswechsel erhöhtes Interesse an einem Einsatz Flors für die Bundesrepublik. Die als Grünen-nah geltenden Flor wurde zeitweise auch als neue Staatsministerin im Außenministerium gehandelt. Arbeitserfahrung unter dem grünen Außenminister Joschka Fischer hat sie bereits.
Statt Diplomatie in Berlin heißt es jetzt aber weiterhin Ausland für die gebürtige Bayerin, die ihre ersten beruflichen Schritte in einem ganz anderen Metier machte: Nach dem Abitur und Volontariat bei den Nürnberger Nachrichten arbeitete sie als Redakteurin und freie Journalistin in den USA. Sie studierte Geschichte, Philosophie, Slawistik und osteuropäische Geschichte in Bamberg und Erlangen.
1992 trat sie in den Auswärtigen Dienst ein und wurde in der deutschen Botschaft in Kasachstan eingesetzt. 1995 promovierte Flor nach Forschungsaufenthalten in Großbritannien und Russland in osteuropäischer Geschichte und Volkswirtschaftslehre. 1996 wechselte sie zur Deutschen Ständigen Vertretung bei den Vereinten Nationen in New York, wo sie von 1998 bis 2000 Vorsitzende der Kommission für Frauenrechte der UN war. Ihren Einsatz für Frauen und eine feministische Diplomatie behält sie auch auf weiteren Karriere-Stationen bei: “Während all meiner Posten habe ich mich immer für die Sache der Frauen eingesetzt“, sagte Flor bei einer Veranstaltung.
Die bisherige Liste von Flors Posten ist lang. Ihre Einsätze brachten sie immer wieder zurück in die deutsche Hauptstadt. Unter Joschka Fischer war Flor von 2002 bis 2006 Leiterin des Parlaments- und Kabinettsreferats im Auswärtigen Amt, bevor sie deutsche Botschafterin in Georgien wurde. Ab März 2010 kehrt sie als Beauftragte für Osteuropa, den Kaukasus und Zentralasien ins Auswärtige Amt zurück. Den Fokus auf der wichtigen Nachbarregion Chinas behielt sie auch bei als sie 2012 erstmals den Wechsel auf die EU-Ebene vollzog und Sonderbeauftragte der Europäischen Union für Zentralasien wurde.
Gut ein Jahr später stellte China erstmals die “Belt and Road”-Initiative vor, in der Zentralasien eine wichtige Rolle für Peking spielt. Flor setzte sich damals bereits für eine engere Zusammenarbeit der EU und den dortigen Staaten ein. An Interesse an einer Kooperation mangele es nicht in Zentralasien, trotz enger Verbindungen zu China und vor allem Russland, sagte Flor in einem Interview.
Im Jahr 2014 kehrte Flor von Brüssel erneut zurück nach Berlin. Unter dem SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier wurde sie Leiterin der Abteilung für die Vereinten Nationen im Auswärtigen Amt. Anschließend leitete sie die erweiterte Abteilung für Internationale Ordnung, Vereinte Nationen und Rüstungskontrolle und war Beauftragte der Bundesregierung für Fragen der Abrüstung und Rüstungskontrolle.
Nach gut vier Jahren in der deutschen Hauptstadt zog es sie erneut ins Ausland: Seit Mitte 2018 ist Flor Botschafterin der Europäischen Union in Japan. In der Position setzt sie sich unter anderem für eine engere Zusammenarbeit der EU und der Indo-Pazifik-Region ein – vor allem die dabei von Brüssel auch vorgesehene erhöhte militärische Präsenz im Indo-Pazifik mit Schiffen stößt der Volksrepublik regelmäßig sauer auf. Als neue deutsche Botschafterin wird Flor diese Pläne aus Europa nun in Peking verteidigen müssen. Amelie Richter
Lance Zhou ist neuer CEO des US-Elektroautoherstellers Phoenix Motorcars. Zhou war zuvor CEO von Karma Automotive, einem US-Hersteller von Luxus-Elektrofahrzeugen. Von 2015 bis 2018 war er Präsident von Beijing Foton Daimler Automotive.