die neue Corona-Variante Omicron hat am Wochenende nicht nur wegen ihrer Ausbreitung, sondern auch wegen des Namens Kopfzerbrechen bereitet. Denn die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte bei der Benennung einige Buchstaben des griechischen Alphabets übergangen. Vor Omicron wären noch Ny und Xi an der Reihe gewesen. Ny fiel raus, da es auf Englisch zu sehr nach “new” klang. Und Xi? Erinnere laut WHO zu sehr an den chinesischen Nachnamen, der zwar nicht sehr verbreitet ist, aber mit dem Staatschef doch einen gewichtigen Träger hat. Kritiker warfen der WHO daraufhin falsche politische Rücksichtname vor. Ob das auch für eine Variante namens “Scholz” gegolten hätte, sei dahingestellt.
Dominic Lyncker war fünf Jahre lang für den Volkswagen-Konzern als Motorsport-Direktor tätig. Auch um dort einen China-Schumi aufzubauen, was nicht gelang. Vor wenigen Tagen nahm nun Mitbewerber Alfa Romeo den ersten chinesischen Formel-1-Fahrer, Zhou Guanyu, unter Vertrag. “Wenn es gelingt, den Motorsport in China über die Person Zhou zu personalisieren und damit zu emotionalisieren, öffnet sich ein großer Markt”, erklärt Lyncker im Interview mit Marcel Grzanna. Der 49-Jährige berichtet außerdem über die Herkules-Aufgabe, in der Volksrepublik eine Motorsportkultur aufzubauen – und seine Erfahrungen mit ahnungslosen Streckenposten.
Mehrere große Staaten haben zuletzt entschieden, wegen der aktuellen Energiekrise ihre strategischen Ölreserven anzuzapfen. China zeigt sich dafür offen – eine feste Zusage steht aber noch aus, wie unsere Autorin Christiane Kühl analysiert. Das Thema ist geopolitischer Sprengstoff. Denn die USA lehnen eine Rohstoff-Kooperation ab, während Peking sich in seiner Handlungsfreiheit nicht einschränken lassen will. Unklar ist auch, ob das Öl aus der Volksrepublik überhaupt Abnehmer finden wird.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre.
Herr Lyncker, mit Zhou Guanyu wird der erste Chinese im kommenden Jahr für Alfa Romeo in der Formel 1 fahren, der prestigeträchtigsten und lukrativsten Motorsport-Rennserie der Welt. Hat sie die Nachricht überrascht?
Nur bedingt. Zhou bringt das größtmögliche Talent mit. Er hat sich vom Kartsport kommend in den vergangenen sieben Jahren beständig über die verschiedenen Formel-Serien entwickelt und hat in der aktuellen Saison der Formel 2 auch noch Chancen auf den Titel. Als Testfahrer für Renault saß er schon über 6.500 Kilometer in einem Formel-1-Fahrzeug. Es war nur eine Frage der Zeit, bis ihn ein Team verpflichtet.
Was erwarten Sie von dem jungen Mann?
Der Druck auf einen chinesischen Fahrer ist unvorstellbar groß, weil eine ganze Nation mit 1,4 Milliarden Landsleuten auf ihn schauen wird. Das muss er erst einmal verdauen können und den Erwartungshaltungen gerecht werden.
Was bedeutet sein Aufstieg in die Königsklasse für den Motorsport in China?
Das kann einen regelrechten Boom auslösen. Wenn es gelingt, den Motorsport in China über die Person Zhou zu personalisieren und damit zu emotionalisieren, öffnet sich ein großer Markt. Yao Ming hat es vorgemacht. Im Sog seiner Popularität wurden in ganz China Basketballplätze gebaut. Eine Herausforderung für Zhou wird es aber sein, das Momentum in China voll auszunutzen, obwohl in der kommenden Saison kein Rennen in China gefahren wird und die Reisemöglichkeiten aufgrund von Corona eingeschränkt sind. Das heißt, auch alle Marketingmaßnahmen mit Ausrichtung auf den chinesischen Markt können nur eingeschränkt durchgeführt werden.
Sie waren im Auftrag des Volkswagen-Konzerns selbst knapp fünf Jahre lang auf der Suche nach einem potenziellen Motorsporthelden aus China. Schauen sie mit Neid auf Alfa Romeo?
Nein. Zhou lebt seit zehn Jahren in Großbritannien. Er ist kein Produkt des chinesischen Scoutings, sondern ist schon als Junior Rennen in Europa gefahren. Für uns in China waren fünf Jahre schlicht zu wenig Zeit, um eine Motorsport-Kultur im Land aufzubauen, die früher oder später einen solchen China-Schumi ausgespuckt hätte.
Wie viel Zeit hätten Sie denn benötigt?
Schwer zu sagen. Das Autofahren ist in China in den vergangenen drei Jahrzehnten überhaupt erst populär geworden. Das Verständnis für den Motorsport, die Liebe fürs Autofahren, aber auch die Infrastruktur für einen niederschwelligen Einstieg in den Sport entwickeln sich entsprechend zeitverzögert. Unser Plan war es, über eine konzerneigene Initiative samt Star Racing Academy und eigens aufgebauter Formel Junior Rennserie aus China heraus eine breite Magnetwirkung zu entwickeln. Das Programm wurde 2016 allerdings eingestellt, da sich der Konzern aufgrund der Diesel-Affäre anderweitig ausrichten musste.
Sonst hätte VW den ersten chinesischen Rennfahrer mit Starpotenzial hervorgebracht?
Die Chancen wären bestimmt größer gewesen. Unsere Akademie hat jedes Jahr drei bis vier Fahrer ausgebildet. Dort haben sie nicht nur den Rennsport besser kennengelernt, sondern auch die Technologie und die physikalischen Kräfte, die auf die Fahrzeuge wirken. Die Akademie war eine grundsolide Ausbildung, die von allen sechs Sportwagen-Herstellern des Konzerns gestützt wurde.
Ausbildung klingt gut. Aber gehört zum Aufbau einer Motorsport-Kultur nicht mehr dazu als eine Akademie für drei, vier Fahrer?
Natürlich. Unsere Strategie bestand darin, viel mehr Motorsport in China stattfinden zu lassen und chinesische Fahrer zu finden, die um Siege hätten mitfahren können. Flankiert haben wir den Rennsport mit Initiativen zur Sicherheit im Straßenverkehr, aber auch mit Sportwagen- oder Oldtimer-Veranstaltungen. Es war ein Gesamtpaket, mit dem wir den Bezug zur Sportwagen- und Motorsportkultur im Land aufbauen wollten. Und bestenfalls wäre aus unserer Rennserie ein Fahrer hervorgegangen wie Zhou Guanyu.
Warum hat das in den fünf Jahren nicht geklappt?
Das hat sehr viele Gründe. Zum Beispiel die Ebene, von der wir den Motorsport anschieben mussten. Ich kann mich anfänglich an einen Pressetext erinnern. Da stand: ‘The players are getting ready for the game.’ Da können Sie sich ausrechnen, wie viel Basisarbeit Sie leisten müssen, ehe Motorsport in China ein Massenphänomen wird.
Aber es wird ja nicht nur an schlechter Pressearbeit gelegen haben.
Nein, aber wo sich wenig Menschen für Motorsport interessieren, findet man zwangsläufig weniger Talente. In China kommt dazu, dass viele Eltern ihr Kind bei einem Risikosport nicht unterstützen aus Sorge, es könnte etwas passieren. Andere verbieten es, weil sie die akademische Ausbildung in Gefahr sehen. Diese Haltung ist in China durch die Ein-Kind-Politik der vergangenen Jahrzehnte gefördert worden. In der heutigen chinesischen Leistungsgesellschaft geht kaum jemand ein Risiko ein. Stattdessen sind Lebenswege häufig nach den Vorstellungen der Eltern und Großeltern ausgerichtet. Insbesondere als Sohn muss man die Altersversorgung der Eltern absichern. Das war schon eine hohe Hürde für uns. Deswegen haben wir auch junge Leute angeschaut, die sich bei nationalen Online-Race-Championships profiliert haben.
Sie meinen, die Besten bei Super Mario Kart durften bei Ihnen einen 300-PS-Wagen mit Vollgas fahren?
Nicht unbedingt Super Mario Kart, aber sehr realitätsnahe Rennsimulatoren haben uns schon Hinweise gegeben, ob jemand ein echtes Auto bei hohen Geschwindigkeiten beherrschen kann. Es gibt in China eben zu wenige Angebote für Kinder und Jugendliche, um herauszufinden, ob Rennsport für sie infrage kommt. Da mussten wir halt andere Mittel und Wege finden.
Wer hat denn die chinesischen Fahrer finanziert, die bei Ihnen in der Rennserie gefahren sind?
Die Fahrer von der Akademie haben wir finanziert. Ansonsten sollte man schon über 100.000 Euro pro Saison einrechnen, um dabei sein zu können. Dafür haben sie den Rundum-Service von uns erhalten. Das heißt, die Fahrer mussten nur mit ihrem Helm zum Rennwochenende kommen. Um den Rest haben wir uns gekümmert.
Also haben Sie Cockpits verkauft, statt die besten Fahrer reinzusetzen?
Zwangsläufig. Bei uns konnten sich alle, die sich das leisten wollten, in die Rennserie einkaufen. Anders wäre das für uns gar nicht zu finanzieren gewesen. Das hieß aber auch, dass schon eine soziale Vorauswahl getroffen wurde, bei der viele potenzielle Talente automatisch unentdeckt geblieben sind.
Wenn Sie einen Helden gefunden hätten, wie viel verkaufte Serienfahrzeuge hätte das mehr bedeutet?
Ein Motorsport-Held hätte als Sprachrohr für den gesamten Autosektor samt Themen wie Rücksichtnahme, Sicherheit oder Disziplin im Straßenverkehr aufgebaut werden können. Ein chinesischer Fahrer kann auch das Selbstwertgefühl eines großen Bevölkerungsanteils unterstützen, und Alfa Romeo kann sich als diejenige Marke platzieren, die genau das fördert. Aber eine Kaufentscheidung linear zurückzuführen auf die Begeisterung für Motorsport, ist in diesem Umfeld nur schwer möglich.
Trotzdem sind Millionen Euro pro Jahr in das Projekt geflossen. Wie genau haben Sie den Erfolg ihrer Arbeit messen können?
Wir haben die Medienkontakte ausgewertet und festgestellt, dass es ein wachsendes Interesse am Motorsport gibt. Click-Raten und Followerzahlen in Sozialmedien gaben ebenfalls Aufschluss. Und natürlich waren auch die Zuschauerzahlen bei sämtlichen Veranstaltungen und Rennen ein Indiz. In Shanghai hatten wir an manchem Wochenende über 50.000 Zuschauer.
Das klingt nach einer soliden Basis.
War es auch. Dennoch kamen China-spezifische Herausforderungen hinzu. Um die Leute zum Rennwochenende zu locken, mussten wir uns immer neue Ideen ausdenken. So haben wir zum Beispiel teilweise freie Mittagessen angeboten, das wir auf den Tribünen in Lunchboxen verteilt haben.
Gute Idee, Chinesen lieben das Essen.
Ja, und zwar so sehr, dass sie nach dem Erhalt des Essens oft einfach wieder nach Hause gegangen sind und sich die Rennen gar nicht bis zum Ende angeschaut haben.
Oh, dann war das wohl doch ein falscher Reizpunkt.
Naja, wir haben das Essen dann einfach später verteilt, um die Leute länger an der Strecke zu halten.
Jedes Rennwochenende haben sie also 50.000 Lunchboxen gesponsert?
Nein. Anderswo kamen viel weniger Zuschauer. In Ordos in der Inneren Mongolei zum Beispiel hatten wir uns darauf verlassen, dass diese Stadt, die auf dem Reißbrett entstanden ist, noch viel Zuzug erhält. Ordos ist aber immer eine Art Geisterstadt geblieben. Von den erhofften 1,5 Millionen Menschen lebten dort lediglich 70.000. Entsprechend wenig Resonanz hatten wir auf unser Angebot vor Ort.
Wären Sie nicht lieber in Shanghai geblieben?
Die Idee war ja eine landesweite Rennserie. Aber in der Tat brachte das andere Herausforderungen mit sich. Beispielsweise hatten die Streckenposten zum Teil keinerlei Erfahrung. Das war ein Problem, weil es um die Sicherheit der Fahrer ging. Wenn da jemand vergisst, die gelbe Flagge zu schwenken, wenn Gefahr auf dem Kurs droht, dann kann so etwas böse ausgehen.
In den fünf Jahren ihrer Arbeit ist allerdings nie ein tragisches Unglück passiert.
Zumindest nichts Ernsthaftes. Das hätte in Ordos aber durchaus sein können. An einem Renntag ist die Situation auf der Rennstrecke sogar eskaliert, weil wir die Sicherheit der Strecke moniert haben.
Waren die Kurven zu steil?
Nein, ein Abdeckgitter über einem Wasserablauf auf der Strecke war nicht fachgerecht angeschweißt. Wenn Rennfahrzeuge dort, mit deren erzeugtem Abrieb drüber rasen, kann so ein Eisengitter auch mal in die Luft geschleudert werden.
Das war den chinesischen Gastgebern egal?
Zumindest war das Problembewusstsein nicht vorhanden. Ihr Vorschlag war, dass sie ihre Rennserie einfach zuerst fahren. Aber das hätte das Problem ja nicht gelöst und zweitens den Zeitplan durcheinander gewirbelt. Das konnten wir nicht akzeptieren, weil unsere Organisation und Vermarktung auf diesen Zeitplan ausgerichtet war. Da geht es schließlich auch um Geld, das wir als Konzern investiert hatten.
Was haben Sie getan?
Wir haben die Boxenausfahrt mit unseren Fahrzeugen zugeparkt, damit niemand mehr auf die Strecke konnte. Da wurde es dann ziemlich emotional, mit viel Diskussionen und Unverständnis auf beiden Seiten. Plötzlich baute sich sogar ein Trupp von Bao’an (chinesischer Sicherheitsservice) im Militärstil vor uns auf. Aber ich hatte die Verantwortung für unsere Fahrer. Schließlich konnten wir die chinesischen Organisatoren überzeugen, dass erst geschweißt werden müsse. Freunde habe ich mir damals sicher nicht gemacht.
Es geht jetzt ziemlich schnell. Mehrere große Staaten haben entschieden, wegen der aktuellen Energiekrise ihre strategischen Erdölreserven anzuzapfen. Die USA sind dabei, die Ölhähne zu öffnen: Rund 50 Millionen Barrel sollen in den nächsten Monaten aus den Reserven fließen. Auch Indien, Japan und Großbritannien haben eine Öffnung ihrer Reserven angekündigt. Damit blickt die Welt nun auf China. Von Peking wird in diesen Tagen eine konkrete Ansage erwartet. Die US-Regierung hatte von einer international abgestimmten Freigabe-Aktion gesprochen.
Vor ein paar Wochen hatte sich die Hoffnung zerschlagen, dass der Ölförderclub der Opec-Staaten die Rohölförderung deutlich erhöhen werde, um den rasant steigenden Rohstoffpreisen entgegenzuwirken. Bislang weiten die 23 Förderländer des Ölverbunds Opec+ ihre Produktion nur in moderatem Tempo aus. Sie haben kein Interesse daran, den Markt zu fluten, denn dann sinken die Erlöse. Also richtet sich der Fokus vieler Staaten nun auf ihre Notreserven: Denn genau für diese Situationen sind sie da. US-Präsident Joe Biden kämpft zu Hause mit einer hohen Inflation, zu der die steigenden Ölpreise maßgeblich beitragen. Auf seinem Videogipfel mit Chinas Staatschef Xi Jinping hatte Biden die Volksrepublik angesichts steigender Ölpreise gebeten, ihre Ölreserven ebenfalls anzuzapfen.
China zeigte sich danach offen, aber gab zunächst keine eindeutige Zusage. Vor einer Woche gab das Büro für staatliche Reserven in Peking bekannt, dass es an einer Freigabe von Rohölreserven arbeite. Zu der Bitte der USA äußerte sich die Behörde allerdings nicht.
Denn wie beim Klimaschutz spielt auch bei dem Thema Erdölreserven die Geopolitik eine Rolle. Das Argument Pekings: Die USA haben kein Recht, von China Kooperation einzufordern, wenn sie zugleich versuchen, das Land einzudämmen. “China wird den USA vielleicht den Gefallen tun, seine Rohölreserven zu öffnen”, schreibt etwa die Staatszeitung Global Times. China werde jedoch angesichts der angespannten Beziehungen zu Washington “seine eigenen Interessen priorisieren”. Erst am Dienstag hatten die USA demonstrativ Taiwan zu Bidens virtuellem Gipfel der Demokratien eingeladen (China.Table berichtete). China ist qua seines Systems dabei natürlich außen vor. Doch die Einladung des von Peking als abtrünnige Provinz angesehenen Taiwan ist in den Augen der Regierung ein Affront.
Chinas Regierung ist derweil durchaus bewusst, dass Biden wegen der Inflation daheim unter großem innenpolitischen Druck steht – ein Druck, den Peking bisher nicht im gleichen Maße verspürt. Der aktuelle Rohölpreis von rund 80 US-Dollar pro Barrel erfordere nicht unbedingt eine sofortige Freigabe strategischer Reserven durch China, zitiert die South China Morning Post den Energieexperten Wang Yongzhong von der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften. Wang räumt aber ein, dass beide, die USA und China, als Großverbraucher ein Interesse an einer Senkung des Preises haben.
Die USA verfügen mit 727 Millionen Barrel über die weltweit größten gemeldeten strategischen Erdölreserven. China dagegen begann überhaupt erst 2007 mit der Einlagerung von Ölreserven. Es publiziert die Menge der Reserven seither nicht regelmäßig: Die neuesten Daten des Nationalen Statistikamtes stammen von 2017. Damals hielt China insgesamt rund 280 Millionen Barrel an sieben Standorten vor, darunter in Dalian, Qingdao oder an der Küste der Provinz Zhejiang. Experten gehen allerdings davon aus, dass China vor allem im März und April 2020 eine große zusätzliche Menge eingelagert hat. Damals, zu Beginn der Corona-Pandemie, lagen die Ölpreise am Boden.
Ölsicherheit ist für China seit Jahrzehnten von großer strategischer Bedeutung. Die Volksrepublik ist der mit Abstand größte Ölimporteur der Welt, da sie nur geringe eigene Vorkommen besitzt. 2020 importierte China knapp drei Viertel seines verbrauchten Erdöls. Wang Yongzhong schätzt, dass Chinas Rohölreserven derzeit etwa der Importmenge von 40-50 Tagen entsprechen. Das ist nicht sehr viel. Die Internationale Energie-Agentur empfiehlt Reserven in Höhe der Nettoimporte von mindestens 90 Tagen. Doch China kann im Zweifelsfall auch auf die Lagerbestände seiner drei Ölkonzerne zurückgreifen, die sich alle mehrheitlich in Staatshand befinden.
Ob China überhaupt große Mengen freigegebener Erdölreserven im Land absetzen kann, ist indessen ungewiss. Im September hatte Peking bereits angekündigt, Teile seiner Reserven über Auktionen an Raffinerien zu verkaufen. Doch nur eine dieser Auktionen fand überhaupt statt. Sie traf auf nur mäßiges Interesse. Bei einer erneuten Auktion von Ölreserven würden Raffinerien möglicherweise kaum Interesse haben mitzubieten, unken die Analysten von S&P Global Platts unter Berufung auf Quellen in Chinas Ölsektor. “Denn die Inlandsnachfrage lässt angesichts der pandemiebedingten Beschränkungen vor den Olympischen Winterspielen nach.”
In der Tat wird erwartet, dass Peking die Raffinerieaktivitäten in Nordchina einschränken wird, um im Vorfeld der Olympischen Winterspiele von Peking im Februar 2022 deren Emissionen zu begrenzen. Durch die andauernde Null-Covid-Politik mit ihren zahlreichen Restriktionen ist zudem die Mobilität der Chinesen derzeit stark eingeschränkt. Und das senkt die Nachfrage nach Treibstoffen für den Verkehrssektor. Diesen Trend bestätigen die Importdaten von diesem Jahr: Zwischen Januar und Oktober lagen die Ölimporte Chinas um 7,2, Prozent niedriger als im Vorjahreszeitraum. Es ist also offen, inwieweit China im Kampf gegen den hohen Ölpreis mitwirken kann.
Chinas Militär hat erneut eine hohe Anzahl von Flugzeugen in Taiwans Identifikationszone zur Luftverteidigung (ADIZ) geschickt. Laut einer Erklärung des Verteidigungsministeriums in Taipeh waren 27 chinesische Flugzeuge, darunter acht J-16-Kampfjets, in Taiwans südwestliche Luftverteidigungs-Zone eingedrungen. Die Luftwaffe gab demnach Funkwarnungen heraus und setzte Flugabwehrraketensysteme ein. Die Entsendung war der größte Einsatz chinesischer Kampfflugzeuge in der Nähe von Taiwan seit Anfang Oktober. Damals hatte Chinas Militär eine Rekordzahl von 52 Flugzeugen in die ADIZ geschickt (China.Table berichtete).
China hatte zuletzt den militärischen, diplomatischen und wirtschaftlichen Druck auf Taiwan erhöht. Erbost zeigte sich Peking wegen der Einladung Taiwans zu einem Demokratie-Gipfel von US-Präsident Joe Biden. Die Botschafter Chinas und Russlands in den USA kritisierten das für Dezember geplante Treffen scharf: Das Gipfel-Vorhaben sei “offensichtlich das Produkt der Kalten-Kriegs-Mentalität” der USA, schrieben die Diplomaten Qin Gang und Anatoly Antonow in dem am Freitag auf der konservativen Website “The National Interest” veröffentlichten Beitrag.
Die Veranstaltung werde neue “Trennlinien” zwischen den Ländern der Welt schaffen, so Qin und Antonow. Demokratie könne “auf unterschiedliche Weise realisiert” werden, schrieben die Botschafter. Es gebe “kein Modell”, das für alle Länder passend sei. Der von Biden geplante Demokratie-Gipfel soll vom 9. bis 10. Dezember als virtuelle Veranstaltung stattfinden. ari
Nach einem Vorfall an einem Atomkraftwerk in Südchina im Sommer ist die Ursache nun wohl geklärt. Der Gasaustritt soll auf einen Konstruktionsfehler des Reaktordruckbehälters zurückzuführen sein, wie die französische Kommission für unabhängige Forschung und Information über Radioaktivität (CRIIRAD) am Samstag Medienberichten zufolge bekannt gab. Der französische Energiekonzern Electricité de France (EDF) war an dem Bau des Meilers in Taishan in Südchina beteiligt.
CRIIRAD berief sich auf Angaben eines Whistleblowers, wie sie der französischen Behörde für nukleare Sicherheit (ASN) mitteilte. “Es handelt sich um einen Franzosen, der in der Atomindustrie arbeitet und Zugang zu sehr genauen technischen Elementen über den Zustand des Reaktorkerns von Taishan 1 hat”, erklärte Bruno Chareyron, Leiter des Labors der CRIIRAD der Nachrichtenagentur AFP.
Der chinesische Hauptbetreiber CGN hatte am 1. Juli angekündigt, den Reaktor 1 des EPR-Kernkraftwerks Taishan in der Nähe von Hongkong “für Wartungsarbeiten abzuschalten” (China.Table berichtete). Zuvor war gemeldet worden, dass Gas aus dem Reaktor ausgetreten war. In dem Akw sind zwei Druckwasserreaktoren neuen Typs (European Pressurized Water Reactor, EPR) im Dienst.
An den Brennelementen festgestellte Beschädigungen seien auf “abnormale Vibrationen” zurückzuführen, die “mit einem Konstruktionsfehler des EPR-Druckbehälters in Verbindung stehen”, schrieb die CRIIRAD. Modellversuche beim Atomausrüster Framatome in Le Creusot in Frankreich hätten bereits 2007 und 2008 diese Mängel an der Hydraulik des Tanks aufgedeckt.
Die beiden EPR-Reaktoren in Taishan sind bisher die einzigen weltweit, die bereits Strom liefern. Die beiden Blöcke westlich der chinesischen Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macau waren 2018 und 2019 ans Netz gegangen. ari
Der chinesische Regierungsbeamte Hu Binchen ist trotz des Widerstands von Menschenrechtsgruppen aus mehreren Ländern in eine wichtige Aufsichtsfunktion bei der internationalen Polizei-Organisation Interpol gewählt worden. Hu gewann einen von zwei Sitzen als Vertreter Asiens im mächtigen Exekutivkomitee von Interpol. Die Wahl von Hu hatte Menschenrechtsorganisationen auf den Plan gerufen. Die Gruppen hatten wegen mutmaßlicher Menschenrechtsverletzungen gegen die Kandidatur gekämpft. Hu ist stellvertretender Generaldirektor der “Abteilung für Internationale Kooperation” im Ministerium für Öffentliche Sicherheit und damit mutmaßlich auch für die Entführung von Dissidenten im Ausland zuständig.
Peter Dahlin, Mitbegründer und Direktor der Menschenrechtsorganisation Safeguard Defenders, sah in der Wahl Hus kein gutes Zeichnen für Interpol. Hu repräsentiere ein chinesisches Ministerium, das Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch den systematischen Einsatz von Verschwindenlassen begehe, so Dahlin gegenüber South China Morning Post. Die Abteilung, in der Hu arbeite, sei speziell für die Verfolgung und Rückführung von mutmaßlichen Dissidenten nach China zuständig. “Er hat keinen Platz am Tisch und Chinas Kandidatenauswahl wird seine Fähigkeit stärken, Interpol zu missbrauchen und das Vertrauen in die Organisation selbst zu untergraben”, sagte Dahlin.
Hu war dem Bericht zufolge ein Kollege des ehemaligen Interpol-Chefs Meng Hongwei. Dieser war 2018 bei einem Besuch in China verschwunden. Mengs Ehefrau hatte zuletzt schwere Vorwürfe gegen die Polizei-Organisation erhoben (China.Table berichtete). ari
Die Pläne von Xiaomi, ins Fahrzeuggeschäft einzusteigen, kommen voran: Der chinesische Elektronikkonzern plant eine Fabrik für E-Autos in Peking mit einer jährlichen Produktionskapazität von 300.000 Fahrzeugen. Wie die Pekinger Behörden einem Bericht der Deutschen Presse-Agentur zufolge am Samstagabend mitteilten, soll das Werk in zwei Phasen gebaut werden und auch ein Forschungszentrum beinhalten. Das erste Auto soll laut Plan im Jahr 2024 vom Band rollen (China.Table berichtete).
Erst im März hatte Xiaomi-Gründer Lei Jun angekündigt, mit seinem Unternehmen im Bereich Elektroautos tätig zu werden. Rund zehn Milliarden Dollar werde man innerhalb der nächsten Dekade in die firmeneigene Auto-Sparte investieren, hieß es. Eine entsprechende Gewerbeanmeldung schloss der Konzern mit Sitz in Peking im August ab. Für das chinesische Unternehmen sind Autos eine Ergänzung der langen Produktpalette vom Fitness-Tracker über Staubsauger und Reiskocher bis zur Kameradrohne. ari
Uganda strebt einem Bericht zufolge die Änderung eines Kreditvertrags mit China an, um die Kontrolle über den einzigen internationalen Flughafen des Landes zu behalten. Das ostafrikanische Land hatte sich einem Bericht von Bloomberg zufolge 2015 rund 200 Millionen Dollar von China Exim-Bank geliehen, um den Flughafen in Entebbe zu erweitern.
Zu den Klauseln, die die ugandische Regierung nun ändern möchte, gehört beispielsweise die Vorgabe, dass die ugandische Zivilluftfahrtbehörde eine Genehmigung des chinesischen Kreditgebers für ihr Budget und ihre strategischen Pläne einholen muss, wie Bloomberg unter Berufung auf lokale Medien berichtete. Eine weitere Regel schreibt vor, dass alle Streitigkeiten zwischen den Parteien von der China International Economic and Trade Arbitration Commission beigelegt werden müssen.
Die Auslandshilfen der Volksrepublik stehen immer wieder in der Kritik. China gehört den Zahlen nach international zu den großzügigsten Gebern von Entwicklungshilfe. Die Kredite haben aber oft keine besonders günstigen Konditionen und sind wenig transparent (China.Table berichtete). ari
Der Wahlkreis Hamburg-Bergedorf-Harburg von Metin Hakverdis hat eine sehr direkte Verbindung nach China: den Container Terminal Altenwerder. Mehrere Millionen Container werden dort jedes Jahr umgeschlagen – viele aus dem Reich der Mitte. “Es ist beeindruckend, wenn man sich mal eine halbe Stunde dort oben auf die Brücke stellt und guckt, was alles ankommt”, berichtet der Bundestagsabgeordnete. Die Hansestadt hat enge Kontakte in die Volksrepublik – so wie Hakverdi. In der vergangenen Legislaturperiode kümmerte er sich als China-Beauftragter der SPD-Fraktion um die deutsch-chinesischen Beziehungen.
Den Hamburger Süden, wo er selbst aufgewachsen ist, vertritt er nun schon seit 2013 im Deutschen Bundestag. Es war jedoch alles andere als absehbar, dass Hakverdi eines Tages Politiker werden würde. Sein Vater arbeitete als Taxifahrer, seine Mutter war Sekretärin. Politik sei kein großes Thema gewesen in seiner Familie. “Meine Eltern hat vor allem der Aufstiegsgedanke verbunden”, erinnert sich Hakverdi. “Sie wollten das Beste für ihre Kinder erreichen.” Das gelang: Metin Hakverdi studierte Jura, wurde Anwalt. 2002 trat er in die SPD ein, einige Jahre später gewann er sein erstes Direktmandat für die Hamburgische Bürgerschaft.
Im Bundestag beschäftigten ihn bisher vor allem internationale Beziehungen, in den vergangenen Jahren war er unter anderem Mitglied im Europaausschuss. Dort erhielt er auch seine Funktion als China-Berichterstatter der Sozialdemokraten. “Am Anfang der Legislatur gab es die Position gar nicht, da hat sich im Ausschuss keiner für China verantwortlich gefühlt”, erzählt er. Hakverdi wollte das ändern, die Bewährungsprobe folgte prompt: 5G. Sollte man beim Aufbau der Netze auch auf Technik des chinesischen Konzerns Huawei setzen?
“Solche Großthemen sind parlamentarisch sehr schwer unterzubringen, weil sie so viele Bereiche betreffen”, sagt Hakverdi. Er habe versucht, die Mitglieder aller beteiligten Ausschüsse an einen Tisch zu bekommen, am Ende sei das auch gelungen. Die deutsche Politik einigte sich auf ein Update des IT-Sicherheitsgesetzes. Der Streit um 5G habe eine Debatte nach Deutschland gebracht, findet der 52-Jährige, die in den USA schon länger geführt werde: Welches Verhältnis pflegt man zu China?
Diese Frage lasse sich nicht einfach mit einem Schlagwort wie Konkurrent oder Partner beantworten. “Gefordert ist eine differenzierte Analyse.” Dabei sei es wichtig, einen klaren Kopf zu behalten und das große Ganze nicht aus dem Blick zu verlieren. “Das ist wirklich eine schwierige Disziplin.” Metin Hakverdi, dem auch das transatlantische Verhältnis am Herzen liegt, sieht eine Lösung: “Unser Ziel muss immer sein, eine europäische Position zu entwickeln. Im Spiel der Big Powers sind wir sonst der Rasen unter den tanzenden Elefanten.”
Bei der Bundestagswahl in diesem Jahr erhielt Hakverdi erneut ein Direktmandat. Ob er weiterhin als China-Beauftragter der SPD-Fraktion im Einsatz sein wird, ist derzeit noch offen. Paul Meerkamp
Markus Fischer ist neuer CEO des Schienentransportexperten Far East Land Brigde (FELB) Shanghai. Fischer war zuvor bei DB Schenker in Shanghai tätig.
Schon Geschenkideen für Weihnachten? Die knapp vier Wochen vor Heiligabend vergehen ja bekanntlich wie im Flug. Vielleicht nehmen wir uns in diesem Jahr einfach ein entspanntes Beispiel an den Geschenkgewohnheiten der Chinesen. Hier lautet das Zauberwort nämlich: 礼盒 lǐhé “Geschenkbox” (von盒 hé “Kiste, Schachtel, Box” und 礼 lǐ “Etikette, Geschenk, Höflichkeit”).
Vor Fest- und Feiertagen, insbesondere dem chinesischen Frühlingsfest, findet man die ansehnlichen Pappboxen mit ihrem praktischen Plastikgriff in allen größeren Supermärkten. Die (meist roten) Geschenkkartons chinesischer Prägung machen aus handelsüblichen Alltagsgütern im Handumdrehen griffbereite Gastgeschenke. Denn verpackt als schmucke lǐhé streifen sich selbst gewöhnliche Lebensmittel wie Milch und Eier, Mangos und Meeresfrüchte, Trockenfleisch und Nussmischungen in China flugs das Geschenkmäntelchen über. Staubfängern und unnützen Verlegenheitsgeschenken wird so gekonnt der Garaus gemacht. Stattdessen kommt direkt Verwertbares ins Haus, und das in der Familienpackung, sodass man das Mitgebrachte gleich über die Feiertage gemeinsam verzehren kann (bzw. muss).
Gekonnt sprachlich einbetten lässt sich die Geschenkübergabe in China übrigens etwa mit folgendem Sätzchen: 就一点心意 jiù yìdiǎn xīnyì – “Nur eine Kleinigkeit!”.
Hier noch einige weitere Kisten und Schachteln, auf die man in China stoßen kann: Das weniger Erfreuliche, aber dafür recht Poetische gleich vorweg – nämlich die “Seelenbox” (灵盒 línghé), das ist die chinesische Bezeichnung für “Urne”. Dann wären da noch die gute alte “Reisbox” (饭盒 fànhé), bei uns auch bekannt als “Henkelmann”, sowie ihre hippe Neuauflage – die “Convenient-Box” (便当盒 biàndānghé), besser bekannt als Lunchpaket oder Bentobox. Und neuerdings nicht zu übersehen: die “Blindbox” (盲盒 mánghé). Diese Sammlerschachteln mit Spielzeug und anderen Überraschungen haben in China in den letzten Jahren einen regelrechten Hype ausgelöst. Blindbox-Junkies bekommen ihren Nachschub in Ladengeschäften, Onlineshops oder direkt an Automaten in Malls und U-Bahnstationen.
Verena Menzel leitet in Peking die Sprachschule New Chinese. Sind Sie neugierig geworden auf weitere chinesische Gimmicks? 24 ausgefallene chinesische Dinge, die einen besonderen Blick auf China geben, hat New Chinese hinter den 24 Türchen des New Chinese Online-Adventskalenders versteckt und wünscht Ihnen damit eine schöne Vorweihnachtszeit!
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Dominic Lyncker war fünf Jahre lang für den Volkswagen-Konzern als Motorsport-Direktor tätig. Auch um dort einen China-Schumi aufzubauen, was nicht gelang. Vor wenigen Tagen nahm nun Mitbewerber Alfa Romeo den ersten chinesischen Formel-1-Fahrer, Zhou Guanyu, unter Vertrag. “Wenn es gelingt, den Motorsport in China über die Person Zhou zu personalisieren und damit zu emotionalisieren, öffnet sich ein großer Markt”, erklärt Lyncker im Interview mit Marcel Grzanna. Der 49-Jährige berichtet außerdem über die Herkules-Aufgabe, in der Volksrepublik eine Motorsportkultur aufzubauen – und seine Erfahrungen mit ahnungslosen Streckenposten.
Mehrere große Staaten haben zuletzt entschieden, wegen der aktuellen Energiekrise ihre strategischen Ölreserven anzuzapfen. China zeigt sich dafür offen – eine feste Zusage steht aber noch aus, wie unsere Autorin Christiane Kühl analysiert. Das Thema ist geopolitischer Sprengstoff. Denn die USA lehnen eine Rohstoff-Kooperation ab, während Peking sich in seiner Handlungsfreiheit nicht einschränken lassen will. Unklar ist auch, ob das Öl aus der Volksrepublik überhaupt Abnehmer finden wird.
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Herr Lyncker, mit Zhou Guanyu wird der erste Chinese im kommenden Jahr für Alfa Romeo in der Formel 1 fahren, der prestigeträchtigsten und lukrativsten Motorsport-Rennserie der Welt. Hat sie die Nachricht überrascht?
Nur bedingt. Zhou bringt das größtmögliche Talent mit. Er hat sich vom Kartsport kommend in den vergangenen sieben Jahren beständig über die verschiedenen Formel-Serien entwickelt und hat in der aktuellen Saison der Formel 2 auch noch Chancen auf den Titel. Als Testfahrer für Renault saß er schon über 6.500 Kilometer in einem Formel-1-Fahrzeug. Es war nur eine Frage der Zeit, bis ihn ein Team verpflichtet.
Was erwarten Sie von dem jungen Mann?
Der Druck auf einen chinesischen Fahrer ist unvorstellbar groß, weil eine ganze Nation mit 1,4 Milliarden Landsleuten auf ihn schauen wird. Das muss er erst einmal verdauen können und den Erwartungshaltungen gerecht werden.
Was bedeutet sein Aufstieg in die Königsklasse für den Motorsport in China?
Das kann einen regelrechten Boom auslösen. Wenn es gelingt, den Motorsport in China über die Person Zhou zu personalisieren und damit zu emotionalisieren, öffnet sich ein großer Markt. Yao Ming hat es vorgemacht. Im Sog seiner Popularität wurden in ganz China Basketballplätze gebaut. Eine Herausforderung für Zhou wird es aber sein, das Momentum in China voll auszunutzen, obwohl in der kommenden Saison kein Rennen in China gefahren wird und die Reisemöglichkeiten aufgrund von Corona eingeschränkt sind. Das heißt, auch alle Marketingmaßnahmen mit Ausrichtung auf den chinesischen Markt können nur eingeschränkt durchgeführt werden.
Sie waren im Auftrag des Volkswagen-Konzerns selbst knapp fünf Jahre lang auf der Suche nach einem potenziellen Motorsporthelden aus China. Schauen sie mit Neid auf Alfa Romeo?
Nein. Zhou lebt seit zehn Jahren in Großbritannien. Er ist kein Produkt des chinesischen Scoutings, sondern ist schon als Junior Rennen in Europa gefahren. Für uns in China waren fünf Jahre schlicht zu wenig Zeit, um eine Motorsport-Kultur im Land aufzubauen, die früher oder später einen solchen China-Schumi ausgespuckt hätte.
Wie viel Zeit hätten Sie denn benötigt?
Schwer zu sagen. Das Autofahren ist in China in den vergangenen drei Jahrzehnten überhaupt erst populär geworden. Das Verständnis für den Motorsport, die Liebe fürs Autofahren, aber auch die Infrastruktur für einen niederschwelligen Einstieg in den Sport entwickeln sich entsprechend zeitverzögert. Unser Plan war es, über eine konzerneigene Initiative samt Star Racing Academy und eigens aufgebauter Formel Junior Rennserie aus China heraus eine breite Magnetwirkung zu entwickeln. Das Programm wurde 2016 allerdings eingestellt, da sich der Konzern aufgrund der Diesel-Affäre anderweitig ausrichten musste.
Sonst hätte VW den ersten chinesischen Rennfahrer mit Starpotenzial hervorgebracht?
Die Chancen wären bestimmt größer gewesen. Unsere Akademie hat jedes Jahr drei bis vier Fahrer ausgebildet. Dort haben sie nicht nur den Rennsport besser kennengelernt, sondern auch die Technologie und die physikalischen Kräfte, die auf die Fahrzeuge wirken. Die Akademie war eine grundsolide Ausbildung, die von allen sechs Sportwagen-Herstellern des Konzerns gestützt wurde.
Ausbildung klingt gut. Aber gehört zum Aufbau einer Motorsport-Kultur nicht mehr dazu als eine Akademie für drei, vier Fahrer?
Natürlich. Unsere Strategie bestand darin, viel mehr Motorsport in China stattfinden zu lassen und chinesische Fahrer zu finden, die um Siege hätten mitfahren können. Flankiert haben wir den Rennsport mit Initiativen zur Sicherheit im Straßenverkehr, aber auch mit Sportwagen- oder Oldtimer-Veranstaltungen. Es war ein Gesamtpaket, mit dem wir den Bezug zur Sportwagen- und Motorsportkultur im Land aufbauen wollten. Und bestenfalls wäre aus unserer Rennserie ein Fahrer hervorgegangen wie Zhou Guanyu.
Warum hat das in den fünf Jahren nicht geklappt?
Das hat sehr viele Gründe. Zum Beispiel die Ebene, von der wir den Motorsport anschieben mussten. Ich kann mich anfänglich an einen Pressetext erinnern. Da stand: ‘The players are getting ready for the game.’ Da können Sie sich ausrechnen, wie viel Basisarbeit Sie leisten müssen, ehe Motorsport in China ein Massenphänomen wird.
Aber es wird ja nicht nur an schlechter Pressearbeit gelegen haben.
Nein, aber wo sich wenig Menschen für Motorsport interessieren, findet man zwangsläufig weniger Talente. In China kommt dazu, dass viele Eltern ihr Kind bei einem Risikosport nicht unterstützen aus Sorge, es könnte etwas passieren. Andere verbieten es, weil sie die akademische Ausbildung in Gefahr sehen. Diese Haltung ist in China durch die Ein-Kind-Politik der vergangenen Jahrzehnte gefördert worden. In der heutigen chinesischen Leistungsgesellschaft geht kaum jemand ein Risiko ein. Stattdessen sind Lebenswege häufig nach den Vorstellungen der Eltern und Großeltern ausgerichtet. Insbesondere als Sohn muss man die Altersversorgung der Eltern absichern. Das war schon eine hohe Hürde für uns. Deswegen haben wir auch junge Leute angeschaut, die sich bei nationalen Online-Race-Championships profiliert haben.
Sie meinen, die Besten bei Super Mario Kart durften bei Ihnen einen 300-PS-Wagen mit Vollgas fahren?
Nicht unbedingt Super Mario Kart, aber sehr realitätsnahe Rennsimulatoren haben uns schon Hinweise gegeben, ob jemand ein echtes Auto bei hohen Geschwindigkeiten beherrschen kann. Es gibt in China eben zu wenige Angebote für Kinder und Jugendliche, um herauszufinden, ob Rennsport für sie infrage kommt. Da mussten wir halt andere Mittel und Wege finden.
Wer hat denn die chinesischen Fahrer finanziert, die bei Ihnen in der Rennserie gefahren sind?
Die Fahrer von der Akademie haben wir finanziert. Ansonsten sollte man schon über 100.000 Euro pro Saison einrechnen, um dabei sein zu können. Dafür haben sie den Rundum-Service von uns erhalten. Das heißt, die Fahrer mussten nur mit ihrem Helm zum Rennwochenende kommen. Um den Rest haben wir uns gekümmert.
Also haben Sie Cockpits verkauft, statt die besten Fahrer reinzusetzen?
Zwangsläufig. Bei uns konnten sich alle, die sich das leisten wollten, in die Rennserie einkaufen. Anders wäre das für uns gar nicht zu finanzieren gewesen. Das hieß aber auch, dass schon eine soziale Vorauswahl getroffen wurde, bei der viele potenzielle Talente automatisch unentdeckt geblieben sind.
Wenn Sie einen Helden gefunden hätten, wie viel verkaufte Serienfahrzeuge hätte das mehr bedeutet?
Ein Motorsport-Held hätte als Sprachrohr für den gesamten Autosektor samt Themen wie Rücksichtnahme, Sicherheit oder Disziplin im Straßenverkehr aufgebaut werden können. Ein chinesischer Fahrer kann auch das Selbstwertgefühl eines großen Bevölkerungsanteils unterstützen, und Alfa Romeo kann sich als diejenige Marke platzieren, die genau das fördert. Aber eine Kaufentscheidung linear zurückzuführen auf die Begeisterung für Motorsport, ist in diesem Umfeld nur schwer möglich.
Trotzdem sind Millionen Euro pro Jahr in das Projekt geflossen. Wie genau haben Sie den Erfolg ihrer Arbeit messen können?
Wir haben die Medienkontakte ausgewertet und festgestellt, dass es ein wachsendes Interesse am Motorsport gibt. Click-Raten und Followerzahlen in Sozialmedien gaben ebenfalls Aufschluss. Und natürlich waren auch die Zuschauerzahlen bei sämtlichen Veranstaltungen und Rennen ein Indiz. In Shanghai hatten wir an manchem Wochenende über 50.000 Zuschauer.
Das klingt nach einer soliden Basis.
War es auch. Dennoch kamen China-spezifische Herausforderungen hinzu. Um die Leute zum Rennwochenende zu locken, mussten wir uns immer neue Ideen ausdenken. So haben wir zum Beispiel teilweise freie Mittagessen angeboten, das wir auf den Tribünen in Lunchboxen verteilt haben.
Gute Idee, Chinesen lieben das Essen.
Ja, und zwar so sehr, dass sie nach dem Erhalt des Essens oft einfach wieder nach Hause gegangen sind und sich die Rennen gar nicht bis zum Ende angeschaut haben.
Oh, dann war das wohl doch ein falscher Reizpunkt.
Naja, wir haben das Essen dann einfach später verteilt, um die Leute länger an der Strecke zu halten.
Jedes Rennwochenende haben sie also 50.000 Lunchboxen gesponsert?
Nein. Anderswo kamen viel weniger Zuschauer. In Ordos in der Inneren Mongolei zum Beispiel hatten wir uns darauf verlassen, dass diese Stadt, die auf dem Reißbrett entstanden ist, noch viel Zuzug erhält. Ordos ist aber immer eine Art Geisterstadt geblieben. Von den erhofften 1,5 Millionen Menschen lebten dort lediglich 70.000. Entsprechend wenig Resonanz hatten wir auf unser Angebot vor Ort.
Wären Sie nicht lieber in Shanghai geblieben?
Die Idee war ja eine landesweite Rennserie. Aber in der Tat brachte das andere Herausforderungen mit sich. Beispielsweise hatten die Streckenposten zum Teil keinerlei Erfahrung. Das war ein Problem, weil es um die Sicherheit der Fahrer ging. Wenn da jemand vergisst, die gelbe Flagge zu schwenken, wenn Gefahr auf dem Kurs droht, dann kann so etwas böse ausgehen.
In den fünf Jahren ihrer Arbeit ist allerdings nie ein tragisches Unglück passiert.
Zumindest nichts Ernsthaftes. Das hätte in Ordos aber durchaus sein können. An einem Renntag ist die Situation auf der Rennstrecke sogar eskaliert, weil wir die Sicherheit der Strecke moniert haben.
Waren die Kurven zu steil?
Nein, ein Abdeckgitter über einem Wasserablauf auf der Strecke war nicht fachgerecht angeschweißt. Wenn Rennfahrzeuge dort, mit deren erzeugtem Abrieb drüber rasen, kann so ein Eisengitter auch mal in die Luft geschleudert werden.
Das war den chinesischen Gastgebern egal?
Zumindest war das Problembewusstsein nicht vorhanden. Ihr Vorschlag war, dass sie ihre Rennserie einfach zuerst fahren. Aber das hätte das Problem ja nicht gelöst und zweitens den Zeitplan durcheinander gewirbelt. Das konnten wir nicht akzeptieren, weil unsere Organisation und Vermarktung auf diesen Zeitplan ausgerichtet war. Da geht es schließlich auch um Geld, das wir als Konzern investiert hatten.
Was haben Sie getan?
Wir haben die Boxenausfahrt mit unseren Fahrzeugen zugeparkt, damit niemand mehr auf die Strecke konnte. Da wurde es dann ziemlich emotional, mit viel Diskussionen und Unverständnis auf beiden Seiten. Plötzlich baute sich sogar ein Trupp von Bao’an (chinesischer Sicherheitsservice) im Militärstil vor uns auf. Aber ich hatte die Verantwortung für unsere Fahrer. Schließlich konnten wir die chinesischen Organisatoren überzeugen, dass erst geschweißt werden müsse. Freunde habe ich mir damals sicher nicht gemacht.
Es geht jetzt ziemlich schnell. Mehrere große Staaten haben entschieden, wegen der aktuellen Energiekrise ihre strategischen Erdölreserven anzuzapfen. Die USA sind dabei, die Ölhähne zu öffnen: Rund 50 Millionen Barrel sollen in den nächsten Monaten aus den Reserven fließen. Auch Indien, Japan und Großbritannien haben eine Öffnung ihrer Reserven angekündigt. Damit blickt die Welt nun auf China. Von Peking wird in diesen Tagen eine konkrete Ansage erwartet. Die US-Regierung hatte von einer international abgestimmten Freigabe-Aktion gesprochen.
Vor ein paar Wochen hatte sich die Hoffnung zerschlagen, dass der Ölförderclub der Opec-Staaten die Rohölförderung deutlich erhöhen werde, um den rasant steigenden Rohstoffpreisen entgegenzuwirken. Bislang weiten die 23 Förderländer des Ölverbunds Opec+ ihre Produktion nur in moderatem Tempo aus. Sie haben kein Interesse daran, den Markt zu fluten, denn dann sinken die Erlöse. Also richtet sich der Fokus vieler Staaten nun auf ihre Notreserven: Denn genau für diese Situationen sind sie da. US-Präsident Joe Biden kämpft zu Hause mit einer hohen Inflation, zu der die steigenden Ölpreise maßgeblich beitragen. Auf seinem Videogipfel mit Chinas Staatschef Xi Jinping hatte Biden die Volksrepublik angesichts steigender Ölpreise gebeten, ihre Ölreserven ebenfalls anzuzapfen.
China zeigte sich danach offen, aber gab zunächst keine eindeutige Zusage. Vor einer Woche gab das Büro für staatliche Reserven in Peking bekannt, dass es an einer Freigabe von Rohölreserven arbeite. Zu der Bitte der USA äußerte sich die Behörde allerdings nicht.
Denn wie beim Klimaschutz spielt auch bei dem Thema Erdölreserven die Geopolitik eine Rolle. Das Argument Pekings: Die USA haben kein Recht, von China Kooperation einzufordern, wenn sie zugleich versuchen, das Land einzudämmen. “China wird den USA vielleicht den Gefallen tun, seine Rohölreserven zu öffnen”, schreibt etwa die Staatszeitung Global Times. China werde jedoch angesichts der angespannten Beziehungen zu Washington “seine eigenen Interessen priorisieren”. Erst am Dienstag hatten die USA demonstrativ Taiwan zu Bidens virtuellem Gipfel der Demokratien eingeladen (China.Table berichtete). China ist qua seines Systems dabei natürlich außen vor. Doch die Einladung des von Peking als abtrünnige Provinz angesehenen Taiwan ist in den Augen der Regierung ein Affront.
Chinas Regierung ist derweil durchaus bewusst, dass Biden wegen der Inflation daheim unter großem innenpolitischen Druck steht – ein Druck, den Peking bisher nicht im gleichen Maße verspürt. Der aktuelle Rohölpreis von rund 80 US-Dollar pro Barrel erfordere nicht unbedingt eine sofortige Freigabe strategischer Reserven durch China, zitiert die South China Morning Post den Energieexperten Wang Yongzhong von der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften. Wang räumt aber ein, dass beide, die USA und China, als Großverbraucher ein Interesse an einer Senkung des Preises haben.
Die USA verfügen mit 727 Millionen Barrel über die weltweit größten gemeldeten strategischen Erdölreserven. China dagegen begann überhaupt erst 2007 mit der Einlagerung von Ölreserven. Es publiziert die Menge der Reserven seither nicht regelmäßig: Die neuesten Daten des Nationalen Statistikamtes stammen von 2017. Damals hielt China insgesamt rund 280 Millionen Barrel an sieben Standorten vor, darunter in Dalian, Qingdao oder an der Küste der Provinz Zhejiang. Experten gehen allerdings davon aus, dass China vor allem im März und April 2020 eine große zusätzliche Menge eingelagert hat. Damals, zu Beginn der Corona-Pandemie, lagen die Ölpreise am Boden.
Ölsicherheit ist für China seit Jahrzehnten von großer strategischer Bedeutung. Die Volksrepublik ist der mit Abstand größte Ölimporteur der Welt, da sie nur geringe eigene Vorkommen besitzt. 2020 importierte China knapp drei Viertel seines verbrauchten Erdöls. Wang Yongzhong schätzt, dass Chinas Rohölreserven derzeit etwa der Importmenge von 40-50 Tagen entsprechen. Das ist nicht sehr viel. Die Internationale Energie-Agentur empfiehlt Reserven in Höhe der Nettoimporte von mindestens 90 Tagen. Doch China kann im Zweifelsfall auch auf die Lagerbestände seiner drei Ölkonzerne zurückgreifen, die sich alle mehrheitlich in Staatshand befinden.
Ob China überhaupt große Mengen freigegebener Erdölreserven im Land absetzen kann, ist indessen ungewiss. Im September hatte Peking bereits angekündigt, Teile seiner Reserven über Auktionen an Raffinerien zu verkaufen. Doch nur eine dieser Auktionen fand überhaupt statt. Sie traf auf nur mäßiges Interesse. Bei einer erneuten Auktion von Ölreserven würden Raffinerien möglicherweise kaum Interesse haben mitzubieten, unken die Analysten von S&P Global Platts unter Berufung auf Quellen in Chinas Ölsektor. “Denn die Inlandsnachfrage lässt angesichts der pandemiebedingten Beschränkungen vor den Olympischen Winterspielen nach.”
In der Tat wird erwartet, dass Peking die Raffinerieaktivitäten in Nordchina einschränken wird, um im Vorfeld der Olympischen Winterspiele von Peking im Februar 2022 deren Emissionen zu begrenzen. Durch die andauernde Null-Covid-Politik mit ihren zahlreichen Restriktionen ist zudem die Mobilität der Chinesen derzeit stark eingeschränkt. Und das senkt die Nachfrage nach Treibstoffen für den Verkehrssektor. Diesen Trend bestätigen die Importdaten von diesem Jahr: Zwischen Januar und Oktober lagen die Ölimporte Chinas um 7,2, Prozent niedriger als im Vorjahreszeitraum. Es ist also offen, inwieweit China im Kampf gegen den hohen Ölpreis mitwirken kann.
Chinas Militär hat erneut eine hohe Anzahl von Flugzeugen in Taiwans Identifikationszone zur Luftverteidigung (ADIZ) geschickt. Laut einer Erklärung des Verteidigungsministeriums in Taipeh waren 27 chinesische Flugzeuge, darunter acht J-16-Kampfjets, in Taiwans südwestliche Luftverteidigungs-Zone eingedrungen. Die Luftwaffe gab demnach Funkwarnungen heraus und setzte Flugabwehrraketensysteme ein. Die Entsendung war der größte Einsatz chinesischer Kampfflugzeuge in der Nähe von Taiwan seit Anfang Oktober. Damals hatte Chinas Militär eine Rekordzahl von 52 Flugzeugen in die ADIZ geschickt (China.Table berichtete).
China hatte zuletzt den militärischen, diplomatischen und wirtschaftlichen Druck auf Taiwan erhöht. Erbost zeigte sich Peking wegen der Einladung Taiwans zu einem Demokratie-Gipfel von US-Präsident Joe Biden. Die Botschafter Chinas und Russlands in den USA kritisierten das für Dezember geplante Treffen scharf: Das Gipfel-Vorhaben sei “offensichtlich das Produkt der Kalten-Kriegs-Mentalität” der USA, schrieben die Diplomaten Qin Gang und Anatoly Antonow in dem am Freitag auf der konservativen Website “The National Interest” veröffentlichten Beitrag.
Die Veranstaltung werde neue “Trennlinien” zwischen den Ländern der Welt schaffen, so Qin und Antonow. Demokratie könne “auf unterschiedliche Weise realisiert” werden, schrieben die Botschafter. Es gebe “kein Modell”, das für alle Länder passend sei. Der von Biden geplante Demokratie-Gipfel soll vom 9. bis 10. Dezember als virtuelle Veranstaltung stattfinden. ari
Nach einem Vorfall an einem Atomkraftwerk in Südchina im Sommer ist die Ursache nun wohl geklärt. Der Gasaustritt soll auf einen Konstruktionsfehler des Reaktordruckbehälters zurückzuführen sein, wie die französische Kommission für unabhängige Forschung und Information über Radioaktivität (CRIIRAD) am Samstag Medienberichten zufolge bekannt gab. Der französische Energiekonzern Electricité de France (EDF) war an dem Bau des Meilers in Taishan in Südchina beteiligt.
CRIIRAD berief sich auf Angaben eines Whistleblowers, wie sie der französischen Behörde für nukleare Sicherheit (ASN) mitteilte. “Es handelt sich um einen Franzosen, der in der Atomindustrie arbeitet und Zugang zu sehr genauen technischen Elementen über den Zustand des Reaktorkerns von Taishan 1 hat”, erklärte Bruno Chareyron, Leiter des Labors der CRIIRAD der Nachrichtenagentur AFP.
Der chinesische Hauptbetreiber CGN hatte am 1. Juli angekündigt, den Reaktor 1 des EPR-Kernkraftwerks Taishan in der Nähe von Hongkong “für Wartungsarbeiten abzuschalten” (China.Table berichtete). Zuvor war gemeldet worden, dass Gas aus dem Reaktor ausgetreten war. In dem Akw sind zwei Druckwasserreaktoren neuen Typs (European Pressurized Water Reactor, EPR) im Dienst.
An den Brennelementen festgestellte Beschädigungen seien auf “abnormale Vibrationen” zurückzuführen, die “mit einem Konstruktionsfehler des EPR-Druckbehälters in Verbindung stehen”, schrieb die CRIIRAD. Modellversuche beim Atomausrüster Framatome in Le Creusot in Frankreich hätten bereits 2007 und 2008 diese Mängel an der Hydraulik des Tanks aufgedeckt.
Die beiden EPR-Reaktoren in Taishan sind bisher die einzigen weltweit, die bereits Strom liefern. Die beiden Blöcke westlich der chinesischen Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macau waren 2018 und 2019 ans Netz gegangen. ari
Der chinesische Regierungsbeamte Hu Binchen ist trotz des Widerstands von Menschenrechtsgruppen aus mehreren Ländern in eine wichtige Aufsichtsfunktion bei der internationalen Polizei-Organisation Interpol gewählt worden. Hu gewann einen von zwei Sitzen als Vertreter Asiens im mächtigen Exekutivkomitee von Interpol. Die Wahl von Hu hatte Menschenrechtsorganisationen auf den Plan gerufen. Die Gruppen hatten wegen mutmaßlicher Menschenrechtsverletzungen gegen die Kandidatur gekämpft. Hu ist stellvertretender Generaldirektor der “Abteilung für Internationale Kooperation” im Ministerium für Öffentliche Sicherheit und damit mutmaßlich auch für die Entführung von Dissidenten im Ausland zuständig.
Peter Dahlin, Mitbegründer und Direktor der Menschenrechtsorganisation Safeguard Defenders, sah in der Wahl Hus kein gutes Zeichnen für Interpol. Hu repräsentiere ein chinesisches Ministerium, das Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch den systematischen Einsatz von Verschwindenlassen begehe, so Dahlin gegenüber South China Morning Post. Die Abteilung, in der Hu arbeite, sei speziell für die Verfolgung und Rückführung von mutmaßlichen Dissidenten nach China zuständig. “Er hat keinen Platz am Tisch und Chinas Kandidatenauswahl wird seine Fähigkeit stärken, Interpol zu missbrauchen und das Vertrauen in die Organisation selbst zu untergraben”, sagte Dahlin.
Hu war dem Bericht zufolge ein Kollege des ehemaligen Interpol-Chefs Meng Hongwei. Dieser war 2018 bei einem Besuch in China verschwunden. Mengs Ehefrau hatte zuletzt schwere Vorwürfe gegen die Polizei-Organisation erhoben (China.Table berichtete). ari
Die Pläne von Xiaomi, ins Fahrzeuggeschäft einzusteigen, kommen voran: Der chinesische Elektronikkonzern plant eine Fabrik für E-Autos in Peking mit einer jährlichen Produktionskapazität von 300.000 Fahrzeugen. Wie die Pekinger Behörden einem Bericht der Deutschen Presse-Agentur zufolge am Samstagabend mitteilten, soll das Werk in zwei Phasen gebaut werden und auch ein Forschungszentrum beinhalten. Das erste Auto soll laut Plan im Jahr 2024 vom Band rollen (China.Table berichtete).
Erst im März hatte Xiaomi-Gründer Lei Jun angekündigt, mit seinem Unternehmen im Bereich Elektroautos tätig zu werden. Rund zehn Milliarden Dollar werde man innerhalb der nächsten Dekade in die firmeneigene Auto-Sparte investieren, hieß es. Eine entsprechende Gewerbeanmeldung schloss der Konzern mit Sitz in Peking im August ab. Für das chinesische Unternehmen sind Autos eine Ergänzung der langen Produktpalette vom Fitness-Tracker über Staubsauger und Reiskocher bis zur Kameradrohne. ari
Uganda strebt einem Bericht zufolge die Änderung eines Kreditvertrags mit China an, um die Kontrolle über den einzigen internationalen Flughafen des Landes zu behalten. Das ostafrikanische Land hatte sich einem Bericht von Bloomberg zufolge 2015 rund 200 Millionen Dollar von China Exim-Bank geliehen, um den Flughafen in Entebbe zu erweitern.
Zu den Klauseln, die die ugandische Regierung nun ändern möchte, gehört beispielsweise die Vorgabe, dass die ugandische Zivilluftfahrtbehörde eine Genehmigung des chinesischen Kreditgebers für ihr Budget und ihre strategischen Pläne einholen muss, wie Bloomberg unter Berufung auf lokale Medien berichtete. Eine weitere Regel schreibt vor, dass alle Streitigkeiten zwischen den Parteien von der China International Economic and Trade Arbitration Commission beigelegt werden müssen.
Die Auslandshilfen der Volksrepublik stehen immer wieder in der Kritik. China gehört den Zahlen nach international zu den großzügigsten Gebern von Entwicklungshilfe. Die Kredite haben aber oft keine besonders günstigen Konditionen und sind wenig transparent (China.Table berichtete). ari
Der Wahlkreis Hamburg-Bergedorf-Harburg von Metin Hakverdis hat eine sehr direkte Verbindung nach China: den Container Terminal Altenwerder. Mehrere Millionen Container werden dort jedes Jahr umgeschlagen – viele aus dem Reich der Mitte. “Es ist beeindruckend, wenn man sich mal eine halbe Stunde dort oben auf die Brücke stellt und guckt, was alles ankommt”, berichtet der Bundestagsabgeordnete. Die Hansestadt hat enge Kontakte in die Volksrepublik – so wie Hakverdi. In der vergangenen Legislaturperiode kümmerte er sich als China-Beauftragter der SPD-Fraktion um die deutsch-chinesischen Beziehungen.
Den Hamburger Süden, wo er selbst aufgewachsen ist, vertritt er nun schon seit 2013 im Deutschen Bundestag. Es war jedoch alles andere als absehbar, dass Hakverdi eines Tages Politiker werden würde. Sein Vater arbeitete als Taxifahrer, seine Mutter war Sekretärin. Politik sei kein großes Thema gewesen in seiner Familie. “Meine Eltern hat vor allem der Aufstiegsgedanke verbunden”, erinnert sich Hakverdi. “Sie wollten das Beste für ihre Kinder erreichen.” Das gelang: Metin Hakverdi studierte Jura, wurde Anwalt. 2002 trat er in die SPD ein, einige Jahre später gewann er sein erstes Direktmandat für die Hamburgische Bürgerschaft.
Im Bundestag beschäftigten ihn bisher vor allem internationale Beziehungen, in den vergangenen Jahren war er unter anderem Mitglied im Europaausschuss. Dort erhielt er auch seine Funktion als China-Berichterstatter der Sozialdemokraten. “Am Anfang der Legislatur gab es die Position gar nicht, da hat sich im Ausschuss keiner für China verantwortlich gefühlt”, erzählt er. Hakverdi wollte das ändern, die Bewährungsprobe folgte prompt: 5G. Sollte man beim Aufbau der Netze auch auf Technik des chinesischen Konzerns Huawei setzen?
“Solche Großthemen sind parlamentarisch sehr schwer unterzubringen, weil sie so viele Bereiche betreffen”, sagt Hakverdi. Er habe versucht, die Mitglieder aller beteiligten Ausschüsse an einen Tisch zu bekommen, am Ende sei das auch gelungen. Die deutsche Politik einigte sich auf ein Update des IT-Sicherheitsgesetzes. Der Streit um 5G habe eine Debatte nach Deutschland gebracht, findet der 52-Jährige, die in den USA schon länger geführt werde: Welches Verhältnis pflegt man zu China?
Diese Frage lasse sich nicht einfach mit einem Schlagwort wie Konkurrent oder Partner beantworten. “Gefordert ist eine differenzierte Analyse.” Dabei sei es wichtig, einen klaren Kopf zu behalten und das große Ganze nicht aus dem Blick zu verlieren. “Das ist wirklich eine schwierige Disziplin.” Metin Hakverdi, dem auch das transatlantische Verhältnis am Herzen liegt, sieht eine Lösung: “Unser Ziel muss immer sein, eine europäische Position zu entwickeln. Im Spiel der Big Powers sind wir sonst der Rasen unter den tanzenden Elefanten.”
Bei der Bundestagswahl in diesem Jahr erhielt Hakverdi erneut ein Direktmandat. Ob er weiterhin als China-Beauftragter der SPD-Fraktion im Einsatz sein wird, ist derzeit noch offen. Paul Meerkamp
Markus Fischer ist neuer CEO des Schienentransportexperten Far East Land Brigde (FELB) Shanghai. Fischer war zuvor bei DB Schenker in Shanghai tätig.
Schon Geschenkideen für Weihnachten? Die knapp vier Wochen vor Heiligabend vergehen ja bekanntlich wie im Flug. Vielleicht nehmen wir uns in diesem Jahr einfach ein entspanntes Beispiel an den Geschenkgewohnheiten der Chinesen. Hier lautet das Zauberwort nämlich: 礼盒 lǐhé “Geschenkbox” (von盒 hé “Kiste, Schachtel, Box” und 礼 lǐ “Etikette, Geschenk, Höflichkeit”).
Vor Fest- und Feiertagen, insbesondere dem chinesischen Frühlingsfest, findet man die ansehnlichen Pappboxen mit ihrem praktischen Plastikgriff in allen größeren Supermärkten. Die (meist roten) Geschenkkartons chinesischer Prägung machen aus handelsüblichen Alltagsgütern im Handumdrehen griffbereite Gastgeschenke. Denn verpackt als schmucke lǐhé streifen sich selbst gewöhnliche Lebensmittel wie Milch und Eier, Mangos und Meeresfrüchte, Trockenfleisch und Nussmischungen in China flugs das Geschenkmäntelchen über. Staubfängern und unnützen Verlegenheitsgeschenken wird so gekonnt der Garaus gemacht. Stattdessen kommt direkt Verwertbares ins Haus, und das in der Familienpackung, sodass man das Mitgebrachte gleich über die Feiertage gemeinsam verzehren kann (bzw. muss).
Gekonnt sprachlich einbetten lässt sich die Geschenkübergabe in China übrigens etwa mit folgendem Sätzchen: 就一点心意 jiù yìdiǎn xīnyì – “Nur eine Kleinigkeit!”.
Hier noch einige weitere Kisten und Schachteln, auf die man in China stoßen kann: Das weniger Erfreuliche, aber dafür recht Poetische gleich vorweg – nämlich die “Seelenbox” (灵盒 línghé), das ist die chinesische Bezeichnung für “Urne”. Dann wären da noch die gute alte “Reisbox” (饭盒 fànhé), bei uns auch bekannt als “Henkelmann”, sowie ihre hippe Neuauflage – die “Convenient-Box” (便当盒 biàndānghé), besser bekannt als Lunchpaket oder Bentobox. Und neuerdings nicht zu übersehen: die “Blindbox” (盲盒 mánghé). Diese Sammlerschachteln mit Spielzeug und anderen Überraschungen haben in China in den letzten Jahren einen regelrechten Hype ausgelöst. Blindbox-Junkies bekommen ihren Nachschub in Ladengeschäften, Onlineshops oder direkt an Automaten in Malls und U-Bahnstationen.
Verena Menzel leitet in Peking die Sprachschule New Chinese. Sind Sie neugierig geworden auf weitere chinesische Gimmicks? 24 ausgefallene chinesische Dinge, die einen besonderen Blick auf China geben, hat New Chinese hinter den 24 Türchen des New Chinese Online-Adventskalenders versteckt und wünscht Ihnen damit eine schöne Vorweihnachtszeit!