Table.Briefing: China

China-Müdigkeit bei EU-Firmen + Bilanz von Xis Kohle-Versprechen

  • EU-Kammer: “Ideologie übertrumpft Wirtschaft”
  • Peking baut weiter Kohlekraftwerke im Ausland
  • Aufruf zu Dialog an Russland und Ukraine
  • Deutsche Exporte legen zu
  • Zahl der chinesischen Millionäre verdoppelt sich
  • “Lippenstift-Bruder” zurück aus der Verbannung
  • Mondmission mit Vereinigten Arabischen Emiraten
  • Vorteile der bilateralen Klima-Kooperation
Liebe Leserin, lieber Leser,

an kritischen Worten hat es im alljährlichen Positionspapier der europäischen Handelskammer in Peking auch in den vergangenen Jahren nicht gefehlt. Doch so negativ wie dieses Mal klang das Papier noch nie: “Ideologie übertrumpft Wirtschaft”, lautet die zentrale Aussage in Anspielung auf Chinas Festhalten an den Zero-Covid-Maßnahmen, das auf keiner wissenschaftlichen Grundlage mehr fußt. Auch das allgemein schlechtere Klima zwischen China und Europa wird bemängelt.

Der Exodus an europäischen Firmen aus China ist bislang ausgeblieben. Und doch warnt die Handelskammer: Das Vertrauen hat nachgelassen und könnte nachhaltig beschädigt sein. Europäische Unternehmen würden sich bereits nach Alternativen in Südostasien und Indien umschauen, zitiert Christiane Kühl in ihrer Analyse aus dem Papier. Und: Eine Öffnung des Landes hält EU-Kammerpräsident Jörg Wuttke auch 2023 für keineswegs gesichert.

Ebenso ernüchternd: Weltweit werden weiterhin Kohlekraftwerke mithilfe von chinesischen Geldern errichtet. Dabei galt es als “Meilenstein im Klimaschutz” als Staatschef Xi Jinping vor genau einem Jahr bei der UN-Generalversammlung verkündete, als bis dahin letzter große staatlicher Geldgeber keine Kohleprojekte mehr zu finanzieren. Die gute Nachricht: Auch Chinas Wind- und Solarfirmen sind mit Auslandsdirektinvestitionen an zahlreichen Projekten involviert – Tendenz steigend, wie Nico Beckert in seiner Analyse schreibt. 

Viel Spaß beim Lesen!

Ihr
Felix Lee
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Analyse

EU-Firmen verlieren den Optimismus

Zwischen den beiden Handelsblöcken geht es zunehmend schwierig zu. In einem neuen Positionspapier der EU-Kammer ist von verlorenem Optimismus zu lesen.
Zwischen den beiden Handelsblöcken geht es zunehmend schwierig zu.

Schon die Einführungsworte sagen alles über die Stimmung: “Obwohl Europa und China schon jetzt an entgegengesetzten Enden eines gemeinsamen Kontinents liegen, scheinen sie sich immer weiter voneinander zu entfernen”, schreibt der EU-Kammerpräsident Jörg Wuttke im diesjährigen Positionspapier der EU-Handelskammer in China. Die zentrale Aussage des Papiers lautet: “Ideologie übertrumpft Wirtschaft.”

Im vergangenen Jahr habe sich der Schwerpunkt der Debatte in den europäischen Hauptquartieren vieler Firmen bei der Bewertung Chinas deutlich verschoben, heißt es in dem am Mittwoch in Peking präsentierten Papier. Während sich die Diskussionen früher in erster Linie um Investitionsmöglichkeiten in China drehten, konzentrierten sie sich jetzt auf Probleme: Risiko-Management, stabile Lieferketten auch außerhalb Chinas oder die Schwierigkeit, in der Volksrepublik globale Compliance zu gewährleisten. Und die Kammer fragt quasi entgeistert: “Wie konnte China, Autor der größten Wachstumsstory der Geschichte, so schnell seine Anziehungskraft als Investitionsziel verlieren?”

Das Papier beklagt die Lage auch anhand aktueller Zahlen. Chinas Nationales Statistikamt meldete für das zweite Quartal 2022 ein Wachstum von nur 0,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im Juli 2022 erreichte die Arbeitslosenquote bei den 16- bis 24-Jährigen 19,9 Prozent – im August ging sie leicht auf 18,7 Prozent zurück. “Zu den weiteren bedeutenden internen Herausforderungen gehören Chinas Schuldenkrise, die sich durch die COVID-19-Pandemie noch verschärft hat, die Auflösung des Immobiliensektors, der demografische Gegenwind und das stockende Konsumwachstum”, heißt es weiter.

Hinzu kämen die zunehmenden geopolitischen Spannungen, die sowohl auf den Handelskonflikt Chinas mit den USA als auch auf den Streit um chinesische Menschenrechtsverletzungen zurückzuführen seien. Gerade beim Thema Menschenrechte geraten die Firmen selbst zunehmend ins Fadenkreuz von Kritikern – vor allem, wenn sie, wie VW oder BASF, in Xinjiang investiert haben, wo China in großer Zahl Mitglieder der muslimischen Uiguren in Umerziehungslagern festhält.

Die staatliche chinesische Zeitung Global Times reagierte sogleich auf gewohnt wütende Weise. Der Bericht sei “voller einseitiger Interpretationen gegenüber dem chinesischen Markt”, schreibt das Blatt unter Berufung auf nicht genannte “Experten”. Die Kammer verzerre darin Fakten und rede das chinesische Geschäftsumfeld schlecht, “um die internen Geschäftsprobleme der europäischen Unternehmen und ihr mangelndes Vertrauen in die Stabilität der Lieferketten zu rechtfertigen.”

China: Balance der Chancen und Schwierigkeiten

Wirtschaften in China war nie einfach; doch stets waren Geschäftschancen und Gewinne größer als die Hindernisse. Positionspapiere wie jene der EU-Kammer übten Kritik, aber hatten einen optimistischen Tonfall. Doch seit Jahren nimmt die Nachdenklichkeit zu; das Gefühl, dass China sich weiter öffne, schwindet zusehends. “China ist nicht mehr so attraktiv, wie es einmal war”, sagte Wuttke bei der Vorlage des Papiers. “Es gibt eine Menge Probleme im System, und uns gehen Vorhersehbarkeit, Verlässlichkeit und Effizienz verloren.”

Die Kammer rief China auf, auf den Pfad von Öffnung und Reformen zurückzukehren. “Die Unternehmen fordern außerdem Transparenz im Geschäftsumfeld, da sie ihre China-Aktivitäten nun sowohl mit den Unternehmensversprechen als auch mit den neuen Lieferkettengesetzen in der EU und den USA in Einklang bringen müssen”, so Wuttke. Insgesamt gibt das Papier fast 1.000 Empfehlungen quer durch die Branchen ab. Wie immer übergibt sie diese Forderungen jetzt auch an Regierungsstellen Chinas und der EU in Brüssel.

Gute Geschäfte machen viele Firmen trotz aller Kritik an China zwar weiterhin. Doch die letzte Umfrage unter EU-Firmen im Juni ergab wachsende Probleme und Vertrauensverluste (China.Table berichtete). Daher erwägen zwar immer mehr Firmen, künftige Investments in anderen Staaten zu tätigen. Ein Abzug bestehender Operationen aber kommt für die überwältigende Mehrheit nicht infrage. Es läuft aber in der Firmen-Community und unter Ökonomen eine Debatte, wie groß die Risiken des Geschäfts in China heute sind – und ob sich der Einsatz noch immer lohnt (China.Table berichtete).

Während große Konzerne – darunter deutsche Unternehmen wie Volkswagen, Daimler, BMW oder BASF – ungeachtet der Diskussion über zu große Abhängigkeiten von China weiter dort investieren, halten sich viele andere zurück. “Es kommen keine neuen europäischen Unternehmen mehr”, sagte Wuttke. Viele gingen direkt in andere Länder, die attraktiver und weniger schwierig erscheinen.

EU-Kammer beklagt Primat der Politik über die Wirtschaft

Aus dem Papier spricht daher auch eine tiefe Enttäuschung der Firmen. Die Wirtschaft habe in China lange eine vorrangige Rolle gespielt und sei vorhersehbar gewesen, sagte Wuttke. “Aber plötzlich haben wir eine Verkettung unglücklicher Umstände.” Staatschef Xi Jinping erscheint zunehmend wie jemand, dem Politik, Macht und Stabilität wichtiger sind als die wirtschaftlichen Erfolge seines Landes.

Das Positionspapier nennt in diesem Zusammenhang fünf zentrale Probleme für das wirtschaftliche Umfeld der EU-Firmen in China:

  • Das Aus der Reformen des Staatssektors und ein zunehmender Ad-hoc-Politikstil: Strategische Industrien seien weiterhin nur für bevorzugte Staatsfirmen vollständig zugänglich, während wirtschaftspolitische Maßnahmen pauschal und ohne Konsultationen oder Transparenz umgesetzt werden. Das Papier nennt als Beispiele unter anderem die plötzlichen Crackdowns im Technologie- und Bildungssektor.
  • Die unflexible und vielfach erratisch umgesetzte Null-Covid-Politik: Diese führe zu großer Unsicherheit bei den Unternehmen über die Zukunft.
  • Schwindende Vielfalt und weniger Chancen zum Austausch von Wissen: Für Talente aus dem Ausland sei China immer weniger attraktiv, und fehlende persönliche Begegnungen erhöhten das Risiko von Missverständnissen. Die Zahl der Expatriates aus Europa habe sich seit 2020 halbiert.
  • Verschiebung der Lieferketten-Strategien mancher Firmen: Chinas Position im Zentrum der globalen Lieferketten scheine infrage gestellt zu werden.
  • Zunehmende Politisierung des Geschäftslebens: Politische Risiken nehmen immer mehr zu; das negative China-Bild in Europa zwinge die dortigen Regierungen zu einem härteren China-Kurs. Firmen kämen unter Transparenz-Druck durch Kunden und Lieferkettengesetze. Zugleich lasse China die daheim geforderten unabhängigen Audits gar nicht zu.

Die Haltung zu China in der EU sei sehr negativ, sagte Wuttke schon im Vorfeld. “Sogar in Ungarn und Griechenland gibt es eine ziemlich schlechte Meinung zu China.” Beide Länder gelten als vergleichsweise China-freundlich. Das Problem bestehe auch umgekehrt, klagte Wuttke: “Auch die jungen Menschen in China haben eine negativere Einstellung zu Europa.”

Abkehr von Null-Covid nicht in Sicht

Wie aber kommt man aus dem Problemsumpf wieder heraus? “In der Vergangenheit wäre China diesen Herausforderungen mit der gleichen Art von Pragmatismus begegnet, der seine Entwicklung über Jahrzehnte hinweg so sehr beschleunigt hat”, schreibt die Kammer – die offenbar sehr skeptisch ist, dass Peking dazu auch heute noch in der Lage wäre.

Zudem es bei Covid reale Hindernisse gibt. Eine Öffnung für 2023 zu erwarten, gelte schon als optimistisch, sagte Wuttke. “In China gibt es keine Herdenimmunität; sie haben Gründe, das Land weiter geschlossen zu halten.” Daran werden EU-Firmen mit ihrer Kritik nichts ändern können. Es bleibt, auf eine langfristige Normalisierung der Lage zu hoffen – und damit auch auf eine Rückkehr guter Geschäftsmöglichkeiten. Mitarbeit: Amelie Richter

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China finanziert weiter Kohle im Ausland

Dieses von China mitfinanzierte Kohlekraftwerk in Patuakhali, Bangladesch, wurde im März in Betrieb genommen. Auch neue Bauprojekte werden noch gestartet - entgegen Xis Versprechen bei der UN, Kohle nicht weiter zu finanzieren.
Dieses von China mitfinanzierte Kohlekraftwerk in Patuakhali, Bangladesch, wurde im März in Betrieb genommen. Auch neue Bauprojekte werden noch gestartet – entgegen Xis Versprechen bei der UN.

Die Ankündigung in New York galt als Meilenstein im Klimaschutz: “China wird keine neuen Kohlekraftwerke mehr im Ausland bauen” – das sagte Xi Jinping bei der letzten UN-Vollversammlung zu. Die Volksrepublik war bis dahin der letzte große staatliche Geldgeber für Kohleprojekte. Die großen chinesischen Entwicklungsbanken hatten zwischen den Jahren 2000 und 2019 fast 52 Milliarden US-Dollar in 66 Kohlekraftwerke im Ausland gesteckt, nachdem westliche Entwicklungsbanken nach und nach aus dem Geschäft ausgestiegen waren (China.Table berichtete).

Doch ein Jahr später ist die Bilanz dieses Versprechens getrübt: Wegen Schlupflöchern und Graubereichen in der Regelung könnten offenbar 18 neue Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von 19,2 Gigawatt weiterhin gebaut werden, obwohl sie Xis Worten widersprechen, wie eine Analyse des Think-Tanks Centre for Research on Energy and Clean Air zeigt. Die Kohlemeiler würden demnach circa 94 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr verursachen. Einige dieser Kraftwerke sollen in Industrieparks gebaut werden, die im Zuge der Neuen Seidenstraße gefördert werden. Zudem werden Kraftwerke mit chinesischer Unterstützung erweitert und Projekte, die schon vor Xis Ankündigung beschlossen wurden, können auch noch realisiert werden.

Kraftwerke für Industrieparks werden weiterhin gebaut

Die Analyse zeigt Beispiele, wo China weiter Kohle finanziert: In Indonesien soll ein Kraftwerk in einem Industriepark gebaut werden und die Nickel- und Stahlindustrie versorgen. Erst am 14. Februar dieses Jahres wurde der Vertrag unterschrieben – gut fünf Monate nach Xis Ankündigung. Ein weiteres Industrie-Kohlekraftwerk in Indonesien soll mit chinesischer Ausrüstung erweitert werden, wie die CREA-Analyse zeigt.

In Laos hingegen wird ein schon vor Jahren beschlossenes Kohlekraftwerk gebaut, dessen Planung zwischenzeitlich unterbrochen war. Ein weiterer neuer Vertrag für ein Bauvorhaben wurde am 24. Mai 2022 unterschrieben. Auch dabei soll eine chinesische Firma Teile für den Bau liefern. Das 660 MW-Projekt wird offiziell als “Projekt zur Erzeugung von sauberer Energie” bezeichnet. Die veröffentlichten Informationen deuten laut CREA jedoch sehr stark auf ein Kohlekraftwerk hin.

Daneben ist China weiterhin bereit, bestehende Kohlekraftwerke im Ausland auf neue Emissionsstandards hin aufzurüsten. Das würde zwar den Ausstoß von Schwefel- und Stickstoffoxiden begrenzen und somit die Luftverschmutzung an den Kraftwerken verringern. Doch wenn die Kraftwerke durch die Modernisierung länger am Netz bleiben würden als ursprünglich geplant, könnten die CO₂-Emissionen insgesamt steigen, so die CREA-Analysten. Besonders bei alten Kraftwerken besteht dieses Risiko, beispielsweise in Indonesien und Indien, sagt Isabella Suarez von CREA.

Trotz dieser Schlupflöcher wird Xis Ankündigung allerdings noch immer als großer Meilenstein gesehen. Chinas Bauverbot für Kohlekraftwerke im Ausland “ist für den Klimaschutz und die Energiewende weltweit von enormer Bedeutung”, so Suarez gegenüber Climate.Table. Das hängt auch damit zusammen, dass andere Finanzierungsquellen immer stärker austrocknen.

Private Geldgeber sind wichtiger und ziehen sich zurück

China war zwar der letzte große staatliche Geldgeber. Doch auch vor Xis Ankündigung stammten 87 Prozent der öffentlichen und privaten Finanzierungen zum Bau von Kohlekraftwerken von außerhalb Chinas, wie Berechnungen des Global Development Policy Center der Universität Boston zeigen – “der Großteil von institutionellen Investoren und Geschäftsbanken aus Japan und westlichen Ländern”, wie Cecilia Springer, stellvertretende Direktorin der Global China Initiative der Universität Boston sagt.

“Viele private Geldgeber haben ihre eigenen Beschränkungen bei der Kohlefinanzierung eingeführt. Entwicklungsländer, die weiterhin Kohlekraftwerke bauen wollen, werden in Zukunft kaum noch Finanzierungsmöglichkeiten finden“, so die Expertin der Bostoner Universität. Hinzu kommt: Heizkessel, Dampfturbinen und Generatoren aus China haben einen großen Kostenvorteil gegenüber Angeboten aus anderen Weltregionen. Wenn dieses Equipment im Ausland nicht mehr verbaut werden darf, werden Kohlekraftwerke teurer und somit weniger wahrscheinlich, auch wenn private Geldgeber sie finanzieren würden.

Kaum chinesisches Geld für Gas, dafür Anstieg bei Erneuerbaren

Obwohl China selbst in Zukunft stärker auf Erdgas setzen will, gibt es laut Springer kaum Anzeichen für große Investitionen der chinesischen Entwicklungsbanken in Gas-Projekte im globalen Süden. “China hat bisher kaum Entwicklungsfinanzierungen für Gaskraftwerke bereitgestellt”, sagt Springer. Und es sei auch nicht mit einem Anstieg der Investitionen zu rechnen. Denn “Chinas heimische Erdgasindustrie ist klein und hat nicht die gleichen Anreize für eine globale Expansion wie Chinas heimische Kohle- und Wasserkraftindustrie.” Allerdings würden chinesische Firmen Auslandsdirektinvestitionen im Gassektor tätigen, was aber durch die Nachfrage der Gastländer bedingt sei und nicht durch strategische Interessen Chinas.

Auch in den nach Xis UN-Ankündigung überarbeiteten politischen Leitlinien für Finanzierungen und Investitionen im Ausland spielt Erdgas kaum eine Rolle, so Springer. Vielmehr würden dort die Erneuerbaren Energien betont. Denn auch Xi hatte in seiner UN-Rede hervorgehoben, “China wird die Unterstützung anderer Entwicklungsländer bei der Entwicklung grüner und kohlenstoffarmer Energien verstärken”.

Bisher haben sich Chinas Entwicklungsbanken im Bereich der Wind- und Solarenergie noch zurückgehalten. Sie haben “das Risiko der Finanzierbarkeit als zu hoch angesehen. Und die Nachfrage der Gastländer nach Erneuerbaren fehlte. Sie haben traditionelle Energiequellen bevorzugt”, sagt Springer. Doch die Wissenschaftlerin der Boston University ist optimistisch. Sollte China seine eigenen wirtschaftlichen Probleme bewältigen und wieder mehr Entwicklungsfinanzierungen bewilligen, werde es verstärkt in Erneuerbare Energien investieren.

Schon in den letzten Jahren waren Chinas Wind- und Solarfirmen mit Auslandsdirektinvestitionen in zahlreichen Wind- und Solarprojekten involviert. Sie haben den Großteil der durch China finanzierten 20 Gigawatt an Wind- und Solarkapazitäten finanziert. Auch Suarez ist optimistisch: “Wir gehen davon aus, dass die Anzahl von Erneuerbare-Energien-Projekten im Ausland steigen wird und systematisch verfolgt wird, wie es bei der Kohle der Fall war“.

China: Ärmere Staaten haben Recht auf fossile Energien

Wie schwierig es China fällt, die fossilen Energien hinter sich zu lassen, zeigt die gemeinsame Erklärung mit Russland und Indien beim Gipfel der Shanghai Cooperation Organisation (SCO) am 15. und 16. September in Samarkand. Darin pochen die Mitglieder des wirtschafts- und sicherheitspolitischen Bündnisses, die zu den größten CO₂-Verursachern gehören, auf das Recht der Schwellenländer, Erdöl und -gas für ihre wirtschaftliche Entwicklung einzusetzen. Die SCO-Mitglieder fordern einen “ausgewogenen Ansatz zwischen der Emissionsreduzierung und der Entwicklung” der Staaten.

Die Staatenführer riefen zu verstärkten Investitionen in die Öl- und Gasförderung und -exploration auf. Sie widersprechen damit direkt Kalkulationen der Internationalen Energieagentur (IEA), die mahnt, zur Einhaltung der 1,5-Grad Ziels dürfe ab sofort weltweit keine neue fossile Infrastruktur gebaut werden.

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News

Ukraine-Krieg: Peking ruft zu Dialog auf

Nach der von Kremlchef Wladimir Putin verkündeten Teilmobilmachung russischer Reservisten im Krieg gegen die Ukraine hat China erneut dazu aufgerufen, “das Problem durch Dialog und Verhandlungen” zu lösen. Peking habe seinen Standpunkt dazu nicht verändert, sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Wang Wenbin, am Donnerstag. Die Nachrichtenagentur AFP zitierte Wang allerdings auch mit der Aussage, dass Peking alle Parteien auffordere, “durch Dialog und Konsultationen einen Waffenstillstand zu erreichen”. Dies wäre das erste Mal gewesen, dass China in dem Krieg direkt zu einer Niederlegung der Waffen aufruft. In einer anschließend veröffentlichten Mitschrift der Pressekonferenz wurde das Wort “Waffenstillstand” jedoch nicht erwähnt.

Putin hatte zuvor in einer Fernsehansprache die Teilmobilmachung der Russen im wehrfähigen Alter angekündigt und mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht. Nach Angaben von Verteidigungsminister Sergej Schoigu sollen 300.000 Reservisten die russischen und separatistischen Kräfte im Süden und Osten der Ukraine verstärken. Zudem sollen in mehreren ukrainischen Gebieten “Referenden” über einen Anschluss an Russland stattfinden. China habe sich stets für “die souveräne und territoriale Integrität aller Länder” sowie für die Einhaltung der UN-Charta eingesetzt, sagte Wang. Sein Land sei bereit, gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft eine “konstruktive Rolle bei der Deeskalation der Situation” zu spielen.

Wang wies zudem die Forderung von Bundeskanzler Olaf Scholz zurück, die Empfehlungen der UN-Menschenrechtskommissarin zu einem besseren Umgang mit den Uiguren zu befolgen. Der UN-Bericht zur Lage in der Region Xinjiang sei “ein Flickwerk von Falschinformationen”. Es sei ein “politisches Werkzeug”, um einigen westlichen Ländern zu dienen, die China klein halten wollten, so Wang.

In seiner Rede vor der UN-Generalversammlung in New York hatte der Kanzler die chinesische Seite zuvor aufgefordert, die Empfehlungen in dem UN-Bericht umzusetzen. “Das wäre ein Zeichen von Souveränität und Stärke. Und ein Garant für Veränderung zum Besseren.”. China soll nach derzeitiger Planung am Samstag das Wort in der Generalversammlung erhalten. Auf der Rednerliste steht Außenminister Wang Yi. Ob dieser mit einer Video-Botschaft von Staatspräsident Xi Jinping angereist ist, ist bisher nicht bekannt. Ebenfalls am Samstag wird Russland sprechen. Der russische Krieg gegen die Ukraine war das bestimmende Thema der Versammlung der UN-Staaten, die noch bis kommenden Montag dauert. ari

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Deutsche Exporte ziehen an

Ungeachtet einer aufkommenden Wirtschaftskrise sind die deutschen Exporte in die Länder außerhalb der EU im August deutlich gestiegen. Die Ausfuhren wuchsen kalender- und saisonbereinigt um 4,0 Prozent im Vergleich zum Vormonat auf insgesamt 60,3 Milliarden Euro, teilte das Statistische Bundesamt am Mittwoch mit. Im Juli hatte es noch einen Rückgang nach zuvor drei Anstiegen in Folge gegeben.

Besonders die Ausfuhren in die USA legten zu. Dorthin lieferten Unternehmen aus Deutschland Waren im Wert von 13,4 Milliarden Euro – ein Anstieg um 42,3 Prozent im Jahresvergleich. Auf Nummer 2 folgt China. Die Ausfuhren in die Volksrepublik summierten sich auf 8,9 Milliarden Euro, was einer Zunahme von 17,2 Prozent entspricht. Die Steigerung ist unter anderem auf höhere Preise zurückzuführen und einem im Vergleich zum Dollar und Yuan niedriger bewertetem Euro.

Auch wenn die USA Deutschlands größter Kunde bleibt – wichtigster Handelspartner der Deutschen bleibt China. Denn anders als aus den USA beziehen die Deutschen auch sehr viel Waren aus dem Reich der Mitte. Im Jahr 2021 wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes Waren im Wert von 245,9 Milliarden Euro zwischen Deutschland und der Volksrepublik China gehandelt. flee

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Studie: Doppelt so viele Millionäre bis 2026

Die Zahl der chinesischen Millionäre könnte sich bis 2026 verdoppeln. Das geht aus dem “Global Wealth Report” der Schweizer Bank Credit Suisse hervor, der am Dienstag veröffentlicht wurde. Im vergangenen Jahr sei ihre Zahl in China bereits um mehr als eine Million auf insgesamt 6,2 Millionen gestiegen. Das entspricht einem Zuwachs von rund 20 Prozent. Hält die Tendenz an, wären es 2026 12,2 Millionen Millionäre, so die Studie.

Es ist ein erklärtes Ziel der Regierung von Xi Jinping, den Wohlstand im Land gerechter und gleichmäßiger zu verteilen. Das Gesamtvermögen der privaten Haushalte in China hat laut Credit Suisse im vergangenen Jahr bei 85,1 Billionen US-Dollar gelegen – das wären 15,1 Prozent oder 11,2 Billionen US-Dollar mehr als 2020.

Die Zahl der Millionäre in aller Welt ist im vergangenen Jahr um 5,2 Millionen gestiegen. In Deutschland ist die ihre Zahl dagegen rückläufig. Ende 2021 gab es laut Angaben von Credit Suisse knapp 2,7 Millionen Millionäre in Deutschland, ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr um 58.000. Auch das Gesamtvermögen der Deutschen ist in dieser Zeit von 18,3 auf 17,5 Billionen Dollar geschrumpft. fpe

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China plant Mond-Mission mit den Vereinigten Arabischen Emiraten

China und die Vereinigten Arabischen Emirate planen eine gemeinsame Mission auf dem Mond. Wie die South China Morning Post berichtet, haben die jeweiligen Weltraumbehörden vergangene Woche eine entsprechende Absichtserklärung in Dubai unterzeichnet.

Während der für 2026 geplanten Mission soll die unbemannte chinesische Mondsonde Chang’e 7 den Rover Rashid 2 der Vereinigten Arabischen Emirate auf die Oberfläche der südlichen Polarregion des Mondes bringen. China will den Emiraten dabei Datenübertragungs- und Überwachungsdienste zur Verfügung stellen und erhält dafür wiederum Forschungsergebnisse von Rashid 2. Bei der Mission geht es unter anderem um neue Erkenntnisse zu Wasser- beziehungsweise Eisvorkommen auf dem Mond.

China hat als Weltraum-Macht in den vergangenen Jahren rasante Fortschritte gemacht. Als erste Nation erreichte die Volksrepublik die ferne Seite des Mondes, mit Tianwen-1 schickte Chinas Weltraumbehörde eine Mission zum Mars (China.Table berichtete), und die Chang’e-Mission sammelte im Dezember vergangenen Jahres auf dem Mond erfolgreich Gesteinsproben. Seit Juni dieses Jahres betreibt China außerdem eine ständig besetzte Raumstation im erdnahen Orbit. Auf Betreiben der USA ist die Volksrepublik bislang von staatsübergreifenden Kooperationen wie der Internationalen Raumstation ISS ausgeschlossen. fpe

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Top-Influencer darf wieder auf Sendung

Chinas bekanntester Livestreaming-Influencer, Li Jiaqi, ist nach einer offenbar unfreiwilligen Auszeit auf die Bildschirme zurückgekehrt. Am Dienstag moderierte der 25-Jährige ohne Vorankündigung zwei Stunden lang eine Verkaufsshow auf Taobao, Chinas größter E-Commerce-Plattform. Li war zuvor für drei Monate von allen Online-Plattformen verschwunden.

Li, der in China aufgrund seines Verkaufstalents für kosmetische Produkte auch unter dem Namen “Lippenstift-Bruder” bekannt ist, hatte dieses Jahr am Vorabend des Jahrestages des Tiananmen-Massakers einen Eiskuchen in Form eines Panzers in die Kamera gehalten (China.Table berichtete). Der Stream seiner Sendung brach kurz darauf ab. Li entschuldigte sich später auf seinen Social-Media-Kanälen dafür, dass es technische Probleme gegeben habe. Ob er absichtlich auf die Geschehnisse vom 4. Juni 1989 verwiesen hatte, ist bis heute nicht geklärt. Einen Kommentar zu seinem dreimonatigen Verschwinden machte Li am Dienstag ebenfalls nicht.

Li war bis zu seinem Verschwinden Chinas wirtschaftlich erfolgreichster Live-Streamer, insbesondere nachdem seine größte Konkurrentin Viya im Dezember wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von 1,34 Milliarden Yuan (190 Millionen Euro) verurteilt worden war. Letztes Jahr verkaufte Li allein in einer Sendung auf seinem Kanal Waren im Wert von 1,9 Milliarden Dollar. Auch ausländische Firmen wie Apple oder Shiseido nutzten seine Popularität, um ihre Produkte in China zu vermarkten. fpe

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Presseschau

China weist Scholz-Forderung zurück UN-Empfehlungen zu einem besseren Umgang mit den Uiguren zu befolgen TAGESSCHAU
Nach russischer Teilmobilmachung: China ruft zu “Waffenstillstand durch Dialog” auf N-TV
China, India Stand by Russia Despite Its Setbacks in Ukraine War WSJ
China wird zur starken Macht in Zentralasiens SCO – Westen fürchtet eine “Gegen-Nato” MERKUR
Konflikt mit China: EU-Abgeordnete wollen Beziehungen zu Taiwan vertiefen STUTTGARTER-NACHRICHTEN
China softens Taiwan rhetoric as U.S. and Canadian warships sail through strait NBCNEWS
Taiwan denounces China’s peaceful ‘reunification’ pledge REUTERS
White House says Biden was answering a hypothetical, not announcing a policy change on Taiwan EDITION
Biden’s bullish rhetoric on Taiwan risks provoking China with no gain in security THEGUARDIAN
Null-Covid-Strategie bremst die Wirtschaft – Europäische Unternehmen in China: Der Glanz alter Tage ist vorüber RND
Strenges Null-Covid-Regime in China: Neue Chinesische Mauer TAZ
Expats Shun China Over Covid Policies, Forcing Foreign Firms to Scale Back WSJ
‘We’re on That Bus, Too’: In China, a Deadly Crash Triggers Covid Trauma NYTIMES
Die Industrie wendet sich von China ab, die Banken zieht es in die entgegengesetzte Richtung NZZ
China’s ‘hidden epidemics’: the preventable diseases that could reshape a nation THEGUARDIAN
Chinas ausgebremster Kaufrausch: die Kunst einer neuen Sparsamkeit RND
China: Caritas bekämpft den Hunger in Macau VATICANNEWS
Elektroauto aus China Xpeng G9 verspricht höchste Ladegeschwindigkeit HEISE
Trauer um die Queen in Hongkong: Mann spielt Protestsong auf Mundharmonika – Festnahme SPIEGEL
Dozens of Chinese Christians seek refuge in Thailand DW

Standpunkt

Vorteile einer chinesisch-amerikanischen Klimazusammenarbeit

Von Jiang Lin und Michael O’Boyle
Jiang Lin; Professor für Ressourcenökonomie und Michael O´Boyle; Leiter des Thinktanks Energy Innovation. Im China.Table schreiben sie über eine mögliche Klimazusammenarbeit zwischen China und den USA.
Jiang Lin; Professor für Ressourcenökonomie und Michael O´Boyle; Leiter des Thinktanks Energy Innovation

Mit dem Inflation Reduction Act (IRA), der auch vorsieht, die US-Emissionen bis 2030 gegenüber dem Niveau von 2005 um 40 Prozent zu senken, sind die USA beim Klimaschutz wieder in Führung gegangen. Da ein Großteil dieses Emissionsabbaus auf saubereren Strom zurückgeht, der bis 2030 zu 70-85 Prozent kohlenstofffrei sein könnte, sind die Vereinigten Staaten in einer guten Position, um bei der Dekarbonisierung der Stromerzeugung mit anderen Ländern zusammenzuarbeiten – in erster Linie mit China.

Nach dem jüngsten Taiwan-Besuch von Nancy Pelosi, der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, hat China seine diplomatische Zusammenarbeit mit den USA abgebrochen, darunter auch im Klimabereich. Aber die klimatischen Risiken unterscheiden sich nicht allzu sehr von der Bedrohung durch Nuklearwaffen während des Kalten Krieges. So haben die beiden (wirtschaftlichen und emissionsbezogenen) Supermächte trotz schlechterer bilateraler Beziehungen ein gemeinsames Interesse daran, ihre fossilen “Arsenale” zu verringern. Wenn sie in diesem Jahrzehnt entschieden handeln, wäre das für ihre Bürger – und die Menschen in aller Welt – wirtschaftlich, gesundheitlich und sicherheitspolitisch enorm vorteilhaft.

Da China von Kohle abhängig ist, mit der es zwei Drittel des Stroms erzeugt, stößt es momentan mehr Treibhausgase aus als jedes andere Land. Allein seine mit Elektrizität zusammenhängenden Emissionen sind etwa so hoch wie jene der gesamten US-Wirtschaft. Gleichzeitig aber setzt China immer mehr auf erneuerbare Energien: 2020 wuchsen dort die Wind- und Solarstromkapazitäten dreimal so stark wie in den USA; und allein in der ersten Hälfte von 2022 investierte das Land weitere 100 Milliarden Dollar in Wind- und Sonnenkraft.

Aber der Übergang von Kohle zu sauberen Energien könnte in China noch schneller stattfinden – insbesondere wenn das Land bereit wäre, bei der Säuberung des Stromsektors mit den USA zusammenzuarbeiten. Neue Forschungen des Lawrence Berkeley National Laboratory (LBNL), von Energy Innovation und an der Universität von Kalifornien in Berkeley zeigen, dass China jetzt schon 80 Prozent seines Stroms kohlenstofffrei erzeugen könnte, ohne seine Kosten zu steigern oder seine Versorgungssicherheit aufs Spiel zu setzen. Obwohl bereits heute absehbar ist, dass das Land sein Ziel von 1200 Gigawatt Wind- und Solarenergie bis 2030 übertreffen wird, könnte es seine Fortschritte noch beschleunigen, indem es seine beispiellosen Kapazitäten an erneuerbaren Ressourcen und seine weltweit führenden Angebotsketten für saubere Technologien maximal ausnutzt.

Übergang könnte schneller gehen

Elf verschiedene Expertenstudien zeigen auch, dass die USA Präsident Joe Bidens Ziel von 80 Prozent kohlenstofffreiem Strom bis 2030 erreichen können – ohne höhere Kosten oder schlechtere Versorgungssicherheit, da erneuerbare Energien günstiger werden als die bestehende Kohleverstromung. Durch mehr Speichermöglichkeiten, den Weiterbetrieb von Kernkraftwerken und einen flexibleren Einsatz von Erdgas- und Wasserkraft können die USA ihre Kohlekraftwerke getrost in Rente schicken und ihren preiswerten Einsatz erneuerbarer Energien bis Ende des Jahrzehnts vervierfachen.

Ähnliche Marktkräfte sind auch in China am Werk: Das Land ist auf dem besten Weg, seinen Anteil erneuerbarer Energien von heute 33 auf 50 Prozent im Jahr 2030 zu erhöhen – dank Fördermaßnahmen zur Entwicklung von Wind-, Solar-, Nuklear- und Wasserkraftanlagen. Würde dies noch stärker politisch unterstützt und von Marktreformen begleitet, könnte China bei diesem Prozess die Erzeugungs- und Leitungskosten weiter verringern.

Klimazusammenarbeit: Studien zeigen, dass Strom in China und den USA bis zum Jahr 2035 zu 80 Prozent kohlenstofffrei sein könnte
Quelle: Energy Innovation

Dass China schnell und großflächig eine Infrastruktur für saubere Energie bereitstellen kann, hat es bereits bewiesen. Um bis 2035 zu 80 Prozent sauberen Strom zu erzeugen, muss das Land sein Weltrekordtempo von 2020 bei der Entwicklung von Wind- und Solarenergie beibehalten und noch steigern. Sollte ihm das gelingen, könnte es seine Solar- und Windkapazitäten auf 3000 GW erhöhen, was, wie unsere Forschungen zeigen, im Bereich der sauberen Energien 1,2 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze schaffen könnte.

Klimazusammenarbeit: Studien zeigen, dass Strom in China und den USA bis zum Jahr 2035 zu 80 Prozent kohlenstofffrei sein könnte
Quelle: Energy Innovation

Sowohl für China als auch für die USA ist die Versorgungssicherheit ein wichtiger Punkt. Aber die Erneuerbaren gegen die vermeintlich zuverlässigeren fossilen Energieträger auszuspielen ist der falsche Weg. 2021, kurz nachdem Texas durch den Wintersturm Uri seine schlimmste Ausfälle fossil erzeugten Stroms in Jahrzehnten erlebt hatte, litt auch China unter einer massiven Versorgungskrise.

Wegen Kohleverknappung und fehlgeleiteten Marktanreizen waren die Netzbetreiber des Landes gezwungen, Strom für Industriekunden zu rationieren. Da die Strompreise behördlich festgelegt waren, bekamen die Stromerzeuger, als die Stromnachfrage und die Brennstoffkosten in die Höhe gingen, die falschen wirtschaftlichen Signale: Je mehr sie erzeugten, desto mehr Geld verloren sie.

Sowohl in China als auch in den USA verbessert ein höherer Anteil erneuerbarer Energien nicht nur die Unabhängigkeit, sondern senkt auch die Risiken, die mit der Preisvolatilität der fossilen Energieträger verbunden sind. Diese Risiken wurden dieses Jahr offensichtlich: Aufgrund von Schocks im Energiemarkt stiegen die Erdgaspreise und verursachten in den USA, wo etwa 40 Prozent des Stroms aus Gas erzeugt wird, akute wirtschaftliche Probleme.

Auch China ist von Kohle-, Öl- und Erdgasimporten abhängig – Rohstoffe, deren Preis seit Russlands Einmarsch in der Ukraine volatiler geworden ist. Marktsimulationen des LBNL zeigen, dass das chinesische Stromnetz bei 80-prozentiger kohlenstofffreier Stromerzeugung selbst dann die Nachfrage noch bedienen könnte, wenn man von einem 35-jährigen Tiefpunkt der Wind- und Solarausbeute ausgeht.

Bei CO₂-freiem Strom wäre Zusammenarbeit möglich

Da sich die Maßnahmen, die zur Förderung der kohlenstofffreien Stromerzeugung notwendig sind, in den USA und China nicht allzu sehr unterscheiden, könnten die beiden Länder bei Strommarktreformen zusammenarbeiten – selbst wenn dies in anderen Bereichen nicht möglich ist. China entwickelt bereits einen einheitlichen nationalen Elektrizitätsmarkt – ein wichtiges Werkzeug zur Verteilung verschiedener Wind- und Solarressourcen über ein derart großes Staatsgebiet hinweg. Trotzdem könnte das Land von den Erfahrungen, die die USA in den letzten 25 Jahren bei der Verbesserung des Wettbewerbs gemacht haben, enorm profitieren.

Amerikanische Betreiber sind beim Umgang mit Netzen für hochgradig erneuerbare Stromquellen und bei der Integration neuer Technologien wie Batteriespeicherung weltweit führend, und sie könnten ihren chinesischen Kollegen viel beibringen. China hingegen kann das Wachstum seiner erneuerbaren Energien nutzen, um in seinen kohleabhängigen Provinzen die Entwicklung zu fördern – ebenso wie es die USA mit ihrem IRA und dem parteiübergreifenden Infrastrukturgesetz von 2021 tun, das in Kohleförderungsgebieten Finanzierungsmöglichkeiten für Investitionen in Produktion und saubere Energien schafft.

Trotz sicherheitspolitischer Spannungen bietet die Zusammenarbeit bei der Beschleunigung der grünen Energiewende im Stromsektor viele gemeinsame Vorteile. Zusätzlich zum Wissens- und Technologieaustausch könnten sich China und die USA für eine schnelle Dekarbonisierung mit gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten einsetzen. Die USA könnten sich ein Ziel von 80 Prozent sauberen Stroms bis 2030 setzen, dem sich China bis 2035 anschließt.

Indem sie gemeinsamen Interessen und Möglichkeiten folgen, können die beiden Supermächte bei der Dekarbonisierung ihrer Stromnetze weltweit in Führung gehen. Ihre momentanen politischen Unstimmigkeiten sollten dabei kein Hindernis sein.

Jiang Lin ist außerordentlicher Professor beim Fachbereich für Landwirtschafts- und Ressourcenökonomie an der University of California in Berkeley. Michael O’Boyle ist Direktor für Strompolitik bei Energy Innovation. Übersetzung: Harald Eckhoff.

Copyright: Project Syndicate, 2022.
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Personalien

Matthias Weiß hat bei Wessel-Werk den Posten des Managing Director China übernommen. Das nordrhein-westfälische Mittelstandunternehmen hat sich auf Staubsaugerdüsen und Zubehör spezialisiert. Weiß ist seit 2010 in China tätig. Zuletzt arbeitete er als Operations Manager (COO) bei GSS Manufacturing in Shanghai.

Florian Huber verantwortet seit August als Manager den Bereich Parts & Supply Chain Quality bei Daimler Greater China. Beruflich ist Huber seit Juli 2021 in China. Zuletzt arbeitete er für Daimler als Expert Procurement Processes and Methods in Peking.

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Dessert

Feueralarm in der Verbotenen Stadt – aber nur zur Übung. Unter strahlend blauem Himmel rückt die Pekinger Feuerwehr für eine Einsatzübung in der Palastanlage aus.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • EU-Kammer: “Ideologie übertrumpft Wirtschaft”
    • Peking baut weiter Kohlekraftwerke im Ausland
    • Aufruf zu Dialog an Russland und Ukraine
    • Deutsche Exporte legen zu
    • Zahl der chinesischen Millionäre verdoppelt sich
    • “Lippenstift-Bruder” zurück aus der Verbannung
    • Mondmission mit Vereinigten Arabischen Emiraten
    • Vorteile der bilateralen Klima-Kooperation
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    an kritischen Worten hat es im alljährlichen Positionspapier der europäischen Handelskammer in Peking auch in den vergangenen Jahren nicht gefehlt. Doch so negativ wie dieses Mal klang das Papier noch nie: “Ideologie übertrumpft Wirtschaft”, lautet die zentrale Aussage in Anspielung auf Chinas Festhalten an den Zero-Covid-Maßnahmen, das auf keiner wissenschaftlichen Grundlage mehr fußt. Auch das allgemein schlechtere Klima zwischen China und Europa wird bemängelt.

    Der Exodus an europäischen Firmen aus China ist bislang ausgeblieben. Und doch warnt die Handelskammer: Das Vertrauen hat nachgelassen und könnte nachhaltig beschädigt sein. Europäische Unternehmen würden sich bereits nach Alternativen in Südostasien und Indien umschauen, zitiert Christiane Kühl in ihrer Analyse aus dem Papier. Und: Eine Öffnung des Landes hält EU-Kammerpräsident Jörg Wuttke auch 2023 für keineswegs gesichert.

    Ebenso ernüchternd: Weltweit werden weiterhin Kohlekraftwerke mithilfe von chinesischen Geldern errichtet. Dabei galt es als “Meilenstein im Klimaschutz” als Staatschef Xi Jinping vor genau einem Jahr bei der UN-Generalversammlung verkündete, als bis dahin letzter große staatlicher Geldgeber keine Kohleprojekte mehr zu finanzieren. Die gute Nachricht: Auch Chinas Wind- und Solarfirmen sind mit Auslandsdirektinvestitionen an zahlreichen Projekten involviert – Tendenz steigend, wie Nico Beckert in seiner Analyse schreibt. 

    Viel Spaß beim Lesen!

    Ihr
    Felix Lee
    Bild von Felix  Lee

    Analyse

    EU-Firmen verlieren den Optimismus

    Zwischen den beiden Handelsblöcken geht es zunehmend schwierig zu. In einem neuen Positionspapier der EU-Kammer ist von verlorenem Optimismus zu lesen.
    Zwischen den beiden Handelsblöcken geht es zunehmend schwierig zu.

    Schon die Einführungsworte sagen alles über die Stimmung: “Obwohl Europa und China schon jetzt an entgegengesetzten Enden eines gemeinsamen Kontinents liegen, scheinen sie sich immer weiter voneinander zu entfernen”, schreibt der EU-Kammerpräsident Jörg Wuttke im diesjährigen Positionspapier der EU-Handelskammer in China. Die zentrale Aussage des Papiers lautet: “Ideologie übertrumpft Wirtschaft.”

    Im vergangenen Jahr habe sich der Schwerpunkt der Debatte in den europäischen Hauptquartieren vieler Firmen bei der Bewertung Chinas deutlich verschoben, heißt es in dem am Mittwoch in Peking präsentierten Papier. Während sich die Diskussionen früher in erster Linie um Investitionsmöglichkeiten in China drehten, konzentrierten sie sich jetzt auf Probleme: Risiko-Management, stabile Lieferketten auch außerhalb Chinas oder die Schwierigkeit, in der Volksrepublik globale Compliance zu gewährleisten. Und die Kammer fragt quasi entgeistert: “Wie konnte China, Autor der größten Wachstumsstory der Geschichte, so schnell seine Anziehungskraft als Investitionsziel verlieren?”

    Das Papier beklagt die Lage auch anhand aktueller Zahlen. Chinas Nationales Statistikamt meldete für das zweite Quartal 2022 ein Wachstum von nur 0,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im Juli 2022 erreichte die Arbeitslosenquote bei den 16- bis 24-Jährigen 19,9 Prozent – im August ging sie leicht auf 18,7 Prozent zurück. “Zu den weiteren bedeutenden internen Herausforderungen gehören Chinas Schuldenkrise, die sich durch die COVID-19-Pandemie noch verschärft hat, die Auflösung des Immobiliensektors, der demografische Gegenwind und das stockende Konsumwachstum”, heißt es weiter.

    Hinzu kämen die zunehmenden geopolitischen Spannungen, die sowohl auf den Handelskonflikt Chinas mit den USA als auch auf den Streit um chinesische Menschenrechtsverletzungen zurückzuführen seien. Gerade beim Thema Menschenrechte geraten die Firmen selbst zunehmend ins Fadenkreuz von Kritikern – vor allem, wenn sie, wie VW oder BASF, in Xinjiang investiert haben, wo China in großer Zahl Mitglieder der muslimischen Uiguren in Umerziehungslagern festhält.

    Die staatliche chinesische Zeitung Global Times reagierte sogleich auf gewohnt wütende Weise. Der Bericht sei “voller einseitiger Interpretationen gegenüber dem chinesischen Markt”, schreibt das Blatt unter Berufung auf nicht genannte “Experten”. Die Kammer verzerre darin Fakten und rede das chinesische Geschäftsumfeld schlecht, “um die internen Geschäftsprobleme der europäischen Unternehmen und ihr mangelndes Vertrauen in die Stabilität der Lieferketten zu rechtfertigen.”

    China: Balance der Chancen und Schwierigkeiten

    Wirtschaften in China war nie einfach; doch stets waren Geschäftschancen und Gewinne größer als die Hindernisse. Positionspapiere wie jene der EU-Kammer übten Kritik, aber hatten einen optimistischen Tonfall. Doch seit Jahren nimmt die Nachdenklichkeit zu; das Gefühl, dass China sich weiter öffne, schwindet zusehends. “China ist nicht mehr so attraktiv, wie es einmal war”, sagte Wuttke bei der Vorlage des Papiers. “Es gibt eine Menge Probleme im System, und uns gehen Vorhersehbarkeit, Verlässlichkeit und Effizienz verloren.”

    Die Kammer rief China auf, auf den Pfad von Öffnung und Reformen zurückzukehren. “Die Unternehmen fordern außerdem Transparenz im Geschäftsumfeld, da sie ihre China-Aktivitäten nun sowohl mit den Unternehmensversprechen als auch mit den neuen Lieferkettengesetzen in der EU und den USA in Einklang bringen müssen”, so Wuttke. Insgesamt gibt das Papier fast 1.000 Empfehlungen quer durch die Branchen ab. Wie immer übergibt sie diese Forderungen jetzt auch an Regierungsstellen Chinas und der EU in Brüssel.

    Gute Geschäfte machen viele Firmen trotz aller Kritik an China zwar weiterhin. Doch die letzte Umfrage unter EU-Firmen im Juni ergab wachsende Probleme und Vertrauensverluste (China.Table berichtete). Daher erwägen zwar immer mehr Firmen, künftige Investments in anderen Staaten zu tätigen. Ein Abzug bestehender Operationen aber kommt für die überwältigende Mehrheit nicht infrage. Es läuft aber in der Firmen-Community und unter Ökonomen eine Debatte, wie groß die Risiken des Geschäfts in China heute sind – und ob sich der Einsatz noch immer lohnt (China.Table berichtete).

    Während große Konzerne – darunter deutsche Unternehmen wie Volkswagen, Daimler, BMW oder BASF – ungeachtet der Diskussion über zu große Abhängigkeiten von China weiter dort investieren, halten sich viele andere zurück. “Es kommen keine neuen europäischen Unternehmen mehr”, sagte Wuttke. Viele gingen direkt in andere Länder, die attraktiver und weniger schwierig erscheinen.

    EU-Kammer beklagt Primat der Politik über die Wirtschaft

    Aus dem Papier spricht daher auch eine tiefe Enttäuschung der Firmen. Die Wirtschaft habe in China lange eine vorrangige Rolle gespielt und sei vorhersehbar gewesen, sagte Wuttke. “Aber plötzlich haben wir eine Verkettung unglücklicher Umstände.” Staatschef Xi Jinping erscheint zunehmend wie jemand, dem Politik, Macht und Stabilität wichtiger sind als die wirtschaftlichen Erfolge seines Landes.

    Das Positionspapier nennt in diesem Zusammenhang fünf zentrale Probleme für das wirtschaftliche Umfeld der EU-Firmen in China:

    • Das Aus der Reformen des Staatssektors und ein zunehmender Ad-hoc-Politikstil: Strategische Industrien seien weiterhin nur für bevorzugte Staatsfirmen vollständig zugänglich, während wirtschaftspolitische Maßnahmen pauschal und ohne Konsultationen oder Transparenz umgesetzt werden. Das Papier nennt als Beispiele unter anderem die plötzlichen Crackdowns im Technologie- und Bildungssektor.
    • Die unflexible und vielfach erratisch umgesetzte Null-Covid-Politik: Diese führe zu großer Unsicherheit bei den Unternehmen über die Zukunft.
    • Schwindende Vielfalt und weniger Chancen zum Austausch von Wissen: Für Talente aus dem Ausland sei China immer weniger attraktiv, und fehlende persönliche Begegnungen erhöhten das Risiko von Missverständnissen. Die Zahl der Expatriates aus Europa habe sich seit 2020 halbiert.
    • Verschiebung der Lieferketten-Strategien mancher Firmen: Chinas Position im Zentrum der globalen Lieferketten scheine infrage gestellt zu werden.
    • Zunehmende Politisierung des Geschäftslebens: Politische Risiken nehmen immer mehr zu; das negative China-Bild in Europa zwinge die dortigen Regierungen zu einem härteren China-Kurs. Firmen kämen unter Transparenz-Druck durch Kunden und Lieferkettengesetze. Zugleich lasse China die daheim geforderten unabhängigen Audits gar nicht zu.

    Die Haltung zu China in der EU sei sehr negativ, sagte Wuttke schon im Vorfeld. “Sogar in Ungarn und Griechenland gibt es eine ziemlich schlechte Meinung zu China.” Beide Länder gelten als vergleichsweise China-freundlich. Das Problem bestehe auch umgekehrt, klagte Wuttke: “Auch die jungen Menschen in China haben eine negativere Einstellung zu Europa.”

    Abkehr von Null-Covid nicht in Sicht

    Wie aber kommt man aus dem Problemsumpf wieder heraus? “In der Vergangenheit wäre China diesen Herausforderungen mit der gleichen Art von Pragmatismus begegnet, der seine Entwicklung über Jahrzehnte hinweg so sehr beschleunigt hat”, schreibt die Kammer – die offenbar sehr skeptisch ist, dass Peking dazu auch heute noch in der Lage wäre.

    Zudem es bei Covid reale Hindernisse gibt. Eine Öffnung für 2023 zu erwarten, gelte schon als optimistisch, sagte Wuttke. “In China gibt es keine Herdenimmunität; sie haben Gründe, das Land weiter geschlossen zu halten.” Daran werden EU-Firmen mit ihrer Kritik nichts ändern können. Es bleibt, auf eine langfristige Normalisierung der Lage zu hoffen – und damit auch auf eine Rückkehr guter Geschäftsmöglichkeiten. Mitarbeit: Amelie Richter

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    China finanziert weiter Kohle im Ausland

    Dieses von China mitfinanzierte Kohlekraftwerk in Patuakhali, Bangladesch, wurde im März in Betrieb genommen. Auch neue Bauprojekte werden noch gestartet - entgegen Xis Versprechen bei der UN, Kohle nicht weiter zu finanzieren.
    Dieses von China mitfinanzierte Kohlekraftwerk in Patuakhali, Bangladesch, wurde im März in Betrieb genommen. Auch neue Bauprojekte werden noch gestartet – entgegen Xis Versprechen bei der UN.

    Die Ankündigung in New York galt als Meilenstein im Klimaschutz: “China wird keine neuen Kohlekraftwerke mehr im Ausland bauen” – das sagte Xi Jinping bei der letzten UN-Vollversammlung zu. Die Volksrepublik war bis dahin der letzte große staatliche Geldgeber für Kohleprojekte. Die großen chinesischen Entwicklungsbanken hatten zwischen den Jahren 2000 und 2019 fast 52 Milliarden US-Dollar in 66 Kohlekraftwerke im Ausland gesteckt, nachdem westliche Entwicklungsbanken nach und nach aus dem Geschäft ausgestiegen waren (China.Table berichtete).

    Doch ein Jahr später ist die Bilanz dieses Versprechens getrübt: Wegen Schlupflöchern und Graubereichen in der Regelung könnten offenbar 18 neue Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von 19,2 Gigawatt weiterhin gebaut werden, obwohl sie Xis Worten widersprechen, wie eine Analyse des Think-Tanks Centre for Research on Energy and Clean Air zeigt. Die Kohlemeiler würden demnach circa 94 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr verursachen. Einige dieser Kraftwerke sollen in Industrieparks gebaut werden, die im Zuge der Neuen Seidenstraße gefördert werden. Zudem werden Kraftwerke mit chinesischer Unterstützung erweitert und Projekte, die schon vor Xis Ankündigung beschlossen wurden, können auch noch realisiert werden.

    Kraftwerke für Industrieparks werden weiterhin gebaut

    Die Analyse zeigt Beispiele, wo China weiter Kohle finanziert: In Indonesien soll ein Kraftwerk in einem Industriepark gebaut werden und die Nickel- und Stahlindustrie versorgen. Erst am 14. Februar dieses Jahres wurde der Vertrag unterschrieben – gut fünf Monate nach Xis Ankündigung. Ein weiteres Industrie-Kohlekraftwerk in Indonesien soll mit chinesischer Ausrüstung erweitert werden, wie die CREA-Analyse zeigt.

    In Laos hingegen wird ein schon vor Jahren beschlossenes Kohlekraftwerk gebaut, dessen Planung zwischenzeitlich unterbrochen war. Ein weiterer neuer Vertrag für ein Bauvorhaben wurde am 24. Mai 2022 unterschrieben. Auch dabei soll eine chinesische Firma Teile für den Bau liefern. Das 660 MW-Projekt wird offiziell als “Projekt zur Erzeugung von sauberer Energie” bezeichnet. Die veröffentlichten Informationen deuten laut CREA jedoch sehr stark auf ein Kohlekraftwerk hin.

    Daneben ist China weiterhin bereit, bestehende Kohlekraftwerke im Ausland auf neue Emissionsstandards hin aufzurüsten. Das würde zwar den Ausstoß von Schwefel- und Stickstoffoxiden begrenzen und somit die Luftverschmutzung an den Kraftwerken verringern. Doch wenn die Kraftwerke durch die Modernisierung länger am Netz bleiben würden als ursprünglich geplant, könnten die CO₂-Emissionen insgesamt steigen, so die CREA-Analysten. Besonders bei alten Kraftwerken besteht dieses Risiko, beispielsweise in Indonesien und Indien, sagt Isabella Suarez von CREA.

    Trotz dieser Schlupflöcher wird Xis Ankündigung allerdings noch immer als großer Meilenstein gesehen. Chinas Bauverbot für Kohlekraftwerke im Ausland “ist für den Klimaschutz und die Energiewende weltweit von enormer Bedeutung”, so Suarez gegenüber Climate.Table. Das hängt auch damit zusammen, dass andere Finanzierungsquellen immer stärker austrocknen.

    Private Geldgeber sind wichtiger und ziehen sich zurück

    China war zwar der letzte große staatliche Geldgeber. Doch auch vor Xis Ankündigung stammten 87 Prozent der öffentlichen und privaten Finanzierungen zum Bau von Kohlekraftwerken von außerhalb Chinas, wie Berechnungen des Global Development Policy Center der Universität Boston zeigen – “der Großteil von institutionellen Investoren und Geschäftsbanken aus Japan und westlichen Ländern”, wie Cecilia Springer, stellvertretende Direktorin der Global China Initiative der Universität Boston sagt.

    “Viele private Geldgeber haben ihre eigenen Beschränkungen bei der Kohlefinanzierung eingeführt. Entwicklungsländer, die weiterhin Kohlekraftwerke bauen wollen, werden in Zukunft kaum noch Finanzierungsmöglichkeiten finden“, so die Expertin der Bostoner Universität. Hinzu kommt: Heizkessel, Dampfturbinen und Generatoren aus China haben einen großen Kostenvorteil gegenüber Angeboten aus anderen Weltregionen. Wenn dieses Equipment im Ausland nicht mehr verbaut werden darf, werden Kohlekraftwerke teurer und somit weniger wahrscheinlich, auch wenn private Geldgeber sie finanzieren würden.

    Kaum chinesisches Geld für Gas, dafür Anstieg bei Erneuerbaren

    Obwohl China selbst in Zukunft stärker auf Erdgas setzen will, gibt es laut Springer kaum Anzeichen für große Investitionen der chinesischen Entwicklungsbanken in Gas-Projekte im globalen Süden. “China hat bisher kaum Entwicklungsfinanzierungen für Gaskraftwerke bereitgestellt”, sagt Springer. Und es sei auch nicht mit einem Anstieg der Investitionen zu rechnen. Denn “Chinas heimische Erdgasindustrie ist klein und hat nicht die gleichen Anreize für eine globale Expansion wie Chinas heimische Kohle- und Wasserkraftindustrie.” Allerdings würden chinesische Firmen Auslandsdirektinvestitionen im Gassektor tätigen, was aber durch die Nachfrage der Gastländer bedingt sei und nicht durch strategische Interessen Chinas.

    Auch in den nach Xis UN-Ankündigung überarbeiteten politischen Leitlinien für Finanzierungen und Investitionen im Ausland spielt Erdgas kaum eine Rolle, so Springer. Vielmehr würden dort die Erneuerbaren Energien betont. Denn auch Xi hatte in seiner UN-Rede hervorgehoben, “China wird die Unterstützung anderer Entwicklungsländer bei der Entwicklung grüner und kohlenstoffarmer Energien verstärken”.

    Bisher haben sich Chinas Entwicklungsbanken im Bereich der Wind- und Solarenergie noch zurückgehalten. Sie haben “das Risiko der Finanzierbarkeit als zu hoch angesehen. Und die Nachfrage der Gastländer nach Erneuerbaren fehlte. Sie haben traditionelle Energiequellen bevorzugt”, sagt Springer. Doch die Wissenschaftlerin der Boston University ist optimistisch. Sollte China seine eigenen wirtschaftlichen Probleme bewältigen und wieder mehr Entwicklungsfinanzierungen bewilligen, werde es verstärkt in Erneuerbare Energien investieren.

    Schon in den letzten Jahren waren Chinas Wind- und Solarfirmen mit Auslandsdirektinvestitionen in zahlreichen Wind- und Solarprojekten involviert. Sie haben den Großteil der durch China finanzierten 20 Gigawatt an Wind- und Solarkapazitäten finanziert. Auch Suarez ist optimistisch: “Wir gehen davon aus, dass die Anzahl von Erneuerbare-Energien-Projekten im Ausland steigen wird und systematisch verfolgt wird, wie es bei der Kohle der Fall war“.

    China: Ärmere Staaten haben Recht auf fossile Energien

    Wie schwierig es China fällt, die fossilen Energien hinter sich zu lassen, zeigt die gemeinsame Erklärung mit Russland und Indien beim Gipfel der Shanghai Cooperation Organisation (SCO) am 15. und 16. September in Samarkand. Darin pochen die Mitglieder des wirtschafts- und sicherheitspolitischen Bündnisses, die zu den größten CO₂-Verursachern gehören, auf das Recht der Schwellenländer, Erdöl und -gas für ihre wirtschaftliche Entwicklung einzusetzen. Die SCO-Mitglieder fordern einen “ausgewogenen Ansatz zwischen der Emissionsreduzierung und der Entwicklung” der Staaten.

    Die Staatenführer riefen zu verstärkten Investitionen in die Öl- und Gasförderung und -exploration auf. Sie widersprechen damit direkt Kalkulationen der Internationalen Energieagentur (IEA), die mahnt, zur Einhaltung der 1,5-Grad Ziels dürfe ab sofort weltweit keine neue fossile Infrastruktur gebaut werden.

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    Ukraine-Krieg: Peking ruft zu Dialog auf

    Nach der von Kremlchef Wladimir Putin verkündeten Teilmobilmachung russischer Reservisten im Krieg gegen die Ukraine hat China erneut dazu aufgerufen, “das Problem durch Dialog und Verhandlungen” zu lösen. Peking habe seinen Standpunkt dazu nicht verändert, sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Wang Wenbin, am Donnerstag. Die Nachrichtenagentur AFP zitierte Wang allerdings auch mit der Aussage, dass Peking alle Parteien auffordere, “durch Dialog und Konsultationen einen Waffenstillstand zu erreichen”. Dies wäre das erste Mal gewesen, dass China in dem Krieg direkt zu einer Niederlegung der Waffen aufruft. In einer anschließend veröffentlichten Mitschrift der Pressekonferenz wurde das Wort “Waffenstillstand” jedoch nicht erwähnt.

    Putin hatte zuvor in einer Fernsehansprache die Teilmobilmachung der Russen im wehrfähigen Alter angekündigt und mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht. Nach Angaben von Verteidigungsminister Sergej Schoigu sollen 300.000 Reservisten die russischen und separatistischen Kräfte im Süden und Osten der Ukraine verstärken. Zudem sollen in mehreren ukrainischen Gebieten “Referenden” über einen Anschluss an Russland stattfinden. China habe sich stets für “die souveräne und territoriale Integrität aller Länder” sowie für die Einhaltung der UN-Charta eingesetzt, sagte Wang. Sein Land sei bereit, gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft eine “konstruktive Rolle bei der Deeskalation der Situation” zu spielen.

    Wang wies zudem die Forderung von Bundeskanzler Olaf Scholz zurück, die Empfehlungen der UN-Menschenrechtskommissarin zu einem besseren Umgang mit den Uiguren zu befolgen. Der UN-Bericht zur Lage in der Region Xinjiang sei “ein Flickwerk von Falschinformationen”. Es sei ein “politisches Werkzeug”, um einigen westlichen Ländern zu dienen, die China klein halten wollten, so Wang.

    In seiner Rede vor der UN-Generalversammlung in New York hatte der Kanzler die chinesische Seite zuvor aufgefordert, die Empfehlungen in dem UN-Bericht umzusetzen. “Das wäre ein Zeichen von Souveränität und Stärke. Und ein Garant für Veränderung zum Besseren.”. China soll nach derzeitiger Planung am Samstag das Wort in der Generalversammlung erhalten. Auf der Rednerliste steht Außenminister Wang Yi. Ob dieser mit einer Video-Botschaft von Staatspräsident Xi Jinping angereist ist, ist bisher nicht bekannt. Ebenfalls am Samstag wird Russland sprechen. Der russische Krieg gegen die Ukraine war das bestimmende Thema der Versammlung der UN-Staaten, die noch bis kommenden Montag dauert. ari

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    Deutsche Exporte ziehen an

    Ungeachtet einer aufkommenden Wirtschaftskrise sind die deutschen Exporte in die Länder außerhalb der EU im August deutlich gestiegen. Die Ausfuhren wuchsen kalender- und saisonbereinigt um 4,0 Prozent im Vergleich zum Vormonat auf insgesamt 60,3 Milliarden Euro, teilte das Statistische Bundesamt am Mittwoch mit. Im Juli hatte es noch einen Rückgang nach zuvor drei Anstiegen in Folge gegeben.

    Besonders die Ausfuhren in die USA legten zu. Dorthin lieferten Unternehmen aus Deutschland Waren im Wert von 13,4 Milliarden Euro – ein Anstieg um 42,3 Prozent im Jahresvergleich. Auf Nummer 2 folgt China. Die Ausfuhren in die Volksrepublik summierten sich auf 8,9 Milliarden Euro, was einer Zunahme von 17,2 Prozent entspricht. Die Steigerung ist unter anderem auf höhere Preise zurückzuführen und einem im Vergleich zum Dollar und Yuan niedriger bewertetem Euro.

    Auch wenn die USA Deutschlands größter Kunde bleibt – wichtigster Handelspartner der Deutschen bleibt China. Denn anders als aus den USA beziehen die Deutschen auch sehr viel Waren aus dem Reich der Mitte. Im Jahr 2021 wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes Waren im Wert von 245,9 Milliarden Euro zwischen Deutschland und der Volksrepublik China gehandelt. flee

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    Studie: Doppelt so viele Millionäre bis 2026

    Die Zahl der chinesischen Millionäre könnte sich bis 2026 verdoppeln. Das geht aus dem “Global Wealth Report” der Schweizer Bank Credit Suisse hervor, der am Dienstag veröffentlicht wurde. Im vergangenen Jahr sei ihre Zahl in China bereits um mehr als eine Million auf insgesamt 6,2 Millionen gestiegen. Das entspricht einem Zuwachs von rund 20 Prozent. Hält die Tendenz an, wären es 2026 12,2 Millionen Millionäre, so die Studie.

    Es ist ein erklärtes Ziel der Regierung von Xi Jinping, den Wohlstand im Land gerechter und gleichmäßiger zu verteilen. Das Gesamtvermögen der privaten Haushalte in China hat laut Credit Suisse im vergangenen Jahr bei 85,1 Billionen US-Dollar gelegen – das wären 15,1 Prozent oder 11,2 Billionen US-Dollar mehr als 2020.

    Die Zahl der Millionäre in aller Welt ist im vergangenen Jahr um 5,2 Millionen gestiegen. In Deutschland ist die ihre Zahl dagegen rückläufig. Ende 2021 gab es laut Angaben von Credit Suisse knapp 2,7 Millionen Millionäre in Deutschland, ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr um 58.000. Auch das Gesamtvermögen der Deutschen ist in dieser Zeit von 18,3 auf 17,5 Billionen Dollar geschrumpft. fpe

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    China plant Mond-Mission mit den Vereinigten Arabischen Emiraten

    China und die Vereinigten Arabischen Emirate planen eine gemeinsame Mission auf dem Mond. Wie die South China Morning Post berichtet, haben die jeweiligen Weltraumbehörden vergangene Woche eine entsprechende Absichtserklärung in Dubai unterzeichnet.

    Während der für 2026 geplanten Mission soll die unbemannte chinesische Mondsonde Chang’e 7 den Rover Rashid 2 der Vereinigten Arabischen Emirate auf die Oberfläche der südlichen Polarregion des Mondes bringen. China will den Emiraten dabei Datenübertragungs- und Überwachungsdienste zur Verfügung stellen und erhält dafür wiederum Forschungsergebnisse von Rashid 2. Bei der Mission geht es unter anderem um neue Erkenntnisse zu Wasser- beziehungsweise Eisvorkommen auf dem Mond.

    China hat als Weltraum-Macht in den vergangenen Jahren rasante Fortschritte gemacht. Als erste Nation erreichte die Volksrepublik die ferne Seite des Mondes, mit Tianwen-1 schickte Chinas Weltraumbehörde eine Mission zum Mars (China.Table berichtete), und die Chang’e-Mission sammelte im Dezember vergangenen Jahres auf dem Mond erfolgreich Gesteinsproben. Seit Juni dieses Jahres betreibt China außerdem eine ständig besetzte Raumstation im erdnahen Orbit. Auf Betreiben der USA ist die Volksrepublik bislang von staatsübergreifenden Kooperationen wie der Internationalen Raumstation ISS ausgeschlossen. fpe

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    Top-Influencer darf wieder auf Sendung

    Chinas bekanntester Livestreaming-Influencer, Li Jiaqi, ist nach einer offenbar unfreiwilligen Auszeit auf die Bildschirme zurückgekehrt. Am Dienstag moderierte der 25-Jährige ohne Vorankündigung zwei Stunden lang eine Verkaufsshow auf Taobao, Chinas größter E-Commerce-Plattform. Li war zuvor für drei Monate von allen Online-Plattformen verschwunden.

    Li, der in China aufgrund seines Verkaufstalents für kosmetische Produkte auch unter dem Namen “Lippenstift-Bruder” bekannt ist, hatte dieses Jahr am Vorabend des Jahrestages des Tiananmen-Massakers einen Eiskuchen in Form eines Panzers in die Kamera gehalten (China.Table berichtete). Der Stream seiner Sendung brach kurz darauf ab. Li entschuldigte sich später auf seinen Social-Media-Kanälen dafür, dass es technische Probleme gegeben habe. Ob er absichtlich auf die Geschehnisse vom 4. Juni 1989 verwiesen hatte, ist bis heute nicht geklärt. Einen Kommentar zu seinem dreimonatigen Verschwinden machte Li am Dienstag ebenfalls nicht.

    Li war bis zu seinem Verschwinden Chinas wirtschaftlich erfolgreichster Live-Streamer, insbesondere nachdem seine größte Konkurrentin Viya im Dezember wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von 1,34 Milliarden Yuan (190 Millionen Euro) verurteilt worden war. Letztes Jahr verkaufte Li allein in einer Sendung auf seinem Kanal Waren im Wert von 1,9 Milliarden Dollar. Auch ausländische Firmen wie Apple oder Shiseido nutzten seine Popularität, um ihre Produkte in China zu vermarkten. fpe

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    Presseschau

    China weist Scholz-Forderung zurück UN-Empfehlungen zu einem besseren Umgang mit den Uiguren zu befolgen TAGESSCHAU
    Nach russischer Teilmobilmachung: China ruft zu “Waffenstillstand durch Dialog” auf N-TV
    China, India Stand by Russia Despite Its Setbacks in Ukraine War WSJ
    China wird zur starken Macht in Zentralasiens SCO – Westen fürchtet eine “Gegen-Nato” MERKUR
    Konflikt mit China: EU-Abgeordnete wollen Beziehungen zu Taiwan vertiefen STUTTGARTER-NACHRICHTEN
    China softens Taiwan rhetoric as U.S. and Canadian warships sail through strait NBCNEWS
    Taiwan denounces China’s peaceful ‘reunification’ pledge REUTERS
    White House says Biden was answering a hypothetical, not announcing a policy change on Taiwan EDITION
    Biden’s bullish rhetoric on Taiwan risks provoking China with no gain in security THEGUARDIAN
    Null-Covid-Strategie bremst die Wirtschaft – Europäische Unternehmen in China: Der Glanz alter Tage ist vorüber RND
    Strenges Null-Covid-Regime in China: Neue Chinesische Mauer TAZ
    Expats Shun China Over Covid Policies, Forcing Foreign Firms to Scale Back WSJ
    ‘We’re on That Bus, Too’: In China, a Deadly Crash Triggers Covid Trauma NYTIMES
    Die Industrie wendet sich von China ab, die Banken zieht es in die entgegengesetzte Richtung NZZ
    China’s ‘hidden epidemics’: the preventable diseases that could reshape a nation THEGUARDIAN
    Chinas ausgebremster Kaufrausch: die Kunst einer neuen Sparsamkeit RND
    China: Caritas bekämpft den Hunger in Macau VATICANNEWS
    Elektroauto aus China Xpeng G9 verspricht höchste Ladegeschwindigkeit HEISE
    Trauer um die Queen in Hongkong: Mann spielt Protestsong auf Mundharmonika – Festnahme SPIEGEL
    Dozens of Chinese Christians seek refuge in Thailand DW

    Standpunkt

    Vorteile einer chinesisch-amerikanischen Klimazusammenarbeit

    Von Jiang Lin und Michael O’Boyle
    Jiang Lin; Professor für Ressourcenökonomie und Michael O´Boyle; Leiter des Thinktanks Energy Innovation. Im China.Table schreiben sie über eine mögliche Klimazusammenarbeit zwischen China und den USA.
    Jiang Lin; Professor für Ressourcenökonomie und Michael O´Boyle; Leiter des Thinktanks Energy Innovation

    Mit dem Inflation Reduction Act (IRA), der auch vorsieht, die US-Emissionen bis 2030 gegenüber dem Niveau von 2005 um 40 Prozent zu senken, sind die USA beim Klimaschutz wieder in Führung gegangen. Da ein Großteil dieses Emissionsabbaus auf saubereren Strom zurückgeht, der bis 2030 zu 70-85 Prozent kohlenstofffrei sein könnte, sind die Vereinigten Staaten in einer guten Position, um bei der Dekarbonisierung der Stromerzeugung mit anderen Ländern zusammenzuarbeiten – in erster Linie mit China.

    Nach dem jüngsten Taiwan-Besuch von Nancy Pelosi, der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, hat China seine diplomatische Zusammenarbeit mit den USA abgebrochen, darunter auch im Klimabereich. Aber die klimatischen Risiken unterscheiden sich nicht allzu sehr von der Bedrohung durch Nuklearwaffen während des Kalten Krieges. So haben die beiden (wirtschaftlichen und emissionsbezogenen) Supermächte trotz schlechterer bilateraler Beziehungen ein gemeinsames Interesse daran, ihre fossilen “Arsenale” zu verringern. Wenn sie in diesem Jahrzehnt entschieden handeln, wäre das für ihre Bürger – und die Menschen in aller Welt – wirtschaftlich, gesundheitlich und sicherheitspolitisch enorm vorteilhaft.

    Da China von Kohle abhängig ist, mit der es zwei Drittel des Stroms erzeugt, stößt es momentan mehr Treibhausgase aus als jedes andere Land. Allein seine mit Elektrizität zusammenhängenden Emissionen sind etwa so hoch wie jene der gesamten US-Wirtschaft. Gleichzeitig aber setzt China immer mehr auf erneuerbare Energien: 2020 wuchsen dort die Wind- und Solarstromkapazitäten dreimal so stark wie in den USA; und allein in der ersten Hälfte von 2022 investierte das Land weitere 100 Milliarden Dollar in Wind- und Sonnenkraft.

    Aber der Übergang von Kohle zu sauberen Energien könnte in China noch schneller stattfinden – insbesondere wenn das Land bereit wäre, bei der Säuberung des Stromsektors mit den USA zusammenzuarbeiten. Neue Forschungen des Lawrence Berkeley National Laboratory (LBNL), von Energy Innovation und an der Universität von Kalifornien in Berkeley zeigen, dass China jetzt schon 80 Prozent seines Stroms kohlenstofffrei erzeugen könnte, ohne seine Kosten zu steigern oder seine Versorgungssicherheit aufs Spiel zu setzen. Obwohl bereits heute absehbar ist, dass das Land sein Ziel von 1200 Gigawatt Wind- und Solarenergie bis 2030 übertreffen wird, könnte es seine Fortschritte noch beschleunigen, indem es seine beispiellosen Kapazitäten an erneuerbaren Ressourcen und seine weltweit führenden Angebotsketten für saubere Technologien maximal ausnutzt.

    Übergang könnte schneller gehen

    Elf verschiedene Expertenstudien zeigen auch, dass die USA Präsident Joe Bidens Ziel von 80 Prozent kohlenstofffreiem Strom bis 2030 erreichen können – ohne höhere Kosten oder schlechtere Versorgungssicherheit, da erneuerbare Energien günstiger werden als die bestehende Kohleverstromung. Durch mehr Speichermöglichkeiten, den Weiterbetrieb von Kernkraftwerken und einen flexibleren Einsatz von Erdgas- und Wasserkraft können die USA ihre Kohlekraftwerke getrost in Rente schicken und ihren preiswerten Einsatz erneuerbarer Energien bis Ende des Jahrzehnts vervierfachen.

    Ähnliche Marktkräfte sind auch in China am Werk: Das Land ist auf dem besten Weg, seinen Anteil erneuerbarer Energien von heute 33 auf 50 Prozent im Jahr 2030 zu erhöhen – dank Fördermaßnahmen zur Entwicklung von Wind-, Solar-, Nuklear- und Wasserkraftanlagen. Würde dies noch stärker politisch unterstützt und von Marktreformen begleitet, könnte China bei diesem Prozess die Erzeugungs- und Leitungskosten weiter verringern.

    Klimazusammenarbeit: Studien zeigen, dass Strom in China und den USA bis zum Jahr 2035 zu 80 Prozent kohlenstofffrei sein könnte
    Quelle: Energy Innovation

    Dass China schnell und großflächig eine Infrastruktur für saubere Energie bereitstellen kann, hat es bereits bewiesen. Um bis 2035 zu 80 Prozent sauberen Strom zu erzeugen, muss das Land sein Weltrekordtempo von 2020 bei der Entwicklung von Wind- und Solarenergie beibehalten und noch steigern. Sollte ihm das gelingen, könnte es seine Solar- und Windkapazitäten auf 3000 GW erhöhen, was, wie unsere Forschungen zeigen, im Bereich der sauberen Energien 1,2 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze schaffen könnte.

    Klimazusammenarbeit: Studien zeigen, dass Strom in China und den USA bis zum Jahr 2035 zu 80 Prozent kohlenstofffrei sein könnte
    Quelle: Energy Innovation

    Sowohl für China als auch für die USA ist die Versorgungssicherheit ein wichtiger Punkt. Aber die Erneuerbaren gegen die vermeintlich zuverlässigeren fossilen Energieträger auszuspielen ist der falsche Weg. 2021, kurz nachdem Texas durch den Wintersturm Uri seine schlimmste Ausfälle fossil erzeugten Stroms in Jahrzehnten erlebt hatte, litt auch China unter einer massiven Versorgungskrise.

    Wegen Kohleverknappung und fehlgeleiteten Marktanreizen waren die Netzbetreiber des Landes gezwungen, Strom für Industriekunden zu rationieren. Da die Strompreise behördlich festgelegt waren, bekamen die Stromerzeuger, als die Stromnachfrage und die Brennstoffkosten in die Höhe gingen, die falschen wirtschaftlichen Signale: Je mehr sie erzeugten, desto mehr Geld verloren sie.

    Sowohl in China als auch in den USA verbessert ein höherer Anteil erneuerbarer Energien nicht nur die Unabhängigkeit, sondern senkt auch die Risiken, die mit der Preisvolatilität der fossilen Energieträger verbunden sind. Diese Risiken wurden dieses Jahr offensichtlich: Aufgrund von Schocks im Energiemarkt stiegen die Erdgaspreise und verursachten in den USA, wo etwa 40 Prozent des Stroms aus Gas erzeugt wird, akute wirtschaftliche Probleme.

    Auch China ist von Kohle-, Öl- und Erdgasimporten abhängig – Rohstoffe, deren Preis seit Russlands Einmarsch in der Ukraine volatiler geworden ist. Marktsimulationen des LBNL zeigen, dass das chinesische Stromnetz bei 80-prozentiger kohlenstofffreier Stromerzeugung selbst dann die Nachfrage noch bedienen könnte, wenn man von einem 35-jährigen Tiefpunkt der Wind- und Solarausbeute ausgeht.

    Bei CO₂-freiem Strom wäre Zusammenarbeit möglich

    Da sich die Maßnahmen, die zur Förderung der kohlenstofffreien Stromerzeugung notwendig sind, in den USA und China nicht allzu sehr unterscheiden, könnten die beiden Länder bei Strommarktreformen zusammenarbeiten – selbst wenn dies in anderen Bereichen nicht möglich ist. China entwickelt bereits einen einheitlichen nationalen Elektrizitätsmarkt – ein wichtiges Werkzeug zur Verteilung verschiedener Wind- und Solarressourcen über ein derart großes Staatsgebiet hinweg. Trotzdem könnte das Land von den Erfahrungen, die die USA in den letzten 25 Jahren bei der Verbesserung des Wettbewerbs gemacht haben, enorm profitieren.

    Amerikanische Betreiber sind beim Umgang mit Netzen für hochgradig erneuerbare Stromquellen und bei der Integration neuer Technologien wie Batteriespeicherung weltweit führend, und sie könnten ihren chinesischen Kollegen viel beibringen. China hingegen kann das Wachstum seiner erneuerbaren Energien nutzen, um in seinen kohleabhängigen Provinzen die Entwicklung zu fördern – ebenso wie es die USA mit ihrem IRA und dem parteiübergreifenden Infrastrukturgesetz von 2021 tun, das in Kohleförderungsgebieten Finanzierungsmöglichkeiten für Investitionen in Produktion und saubere Energien schafft.

    Trotz sicherheitspolitischer Spannungen bietet die Zusammenarbeit bei der Beschleunigung der grünen Energiewende im Stromsektor viele gemeinsame Vorteile. Zusätzlich zum Wissens- und Technologieaustausch könnten sich China und die USA für eine schnelle Dekarbonisierung mit gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten einsetzen. Die USA könnten sich ein Ziel von 80 Prozent sauberen Stroms bis 2030 setzen, dem sich China bis 2035 anschließt.

    Indem sie gemeinsamen Interessen und Möglichkeiten folgen, können die beiden Supermächte bei der Dekarbonisierung ihrer Stromnetze weltweit in Führung gehen. Ihre momentanen politischen Unstimmigkeiten sollten dabei kein Hindernis sein.

    Jiang Lin ist außerordentlicher Professor beim Fachbereich für Landwirtschafts- und Ressourcenökonomie an der University of California in Berkeley. Michael O’Boyle ist Direktor für Strompolitik bei Energy Innovation. Übersetzung: Harald Eckhoff.

    Copyright: Project Syndicate, 2022.
    www.project-syndicate.org

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    Personalien

    Matthias Weiß hat bei Wessel-Werk den Posten des Managing Director China übernommen. Das nordrhein-westfälische Mittelstandunternehmen hat sich auf Staubsaugerdüsen und Zubehör spezialisiert. Weiß ist seit 2010 in China tätig. Zuletzt arbeitete er als Operations Manager (COO) bei GSS Manufacturing in Shanghai.

    Florian Huber verantwortet seit August als Manager den Bereich Parts & Supply Chain Quality bei Daimler Greater China. Beruflich ist Huber seit Juli 2021 in China. Zuletzt arbeitete er für Daimler als Expert Procurement Processes and Methods in Peking.

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    Feueralarm in der Verbotenen Stadt – aber nur zur Übung. Unter strahlend blauem Himmel rückt die Pekinger Feuerwehr für eine Einsatzübung in der Palastanlage aus.

    China.Table Redaktion

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