Table.Briefing: China

Biontech für China + Studie zu Direktinvestitionen

  • Kommt Bewegung in die Biontech-Zulassung?
  • Studie: China investiert dauerhaft weniger im Ausland
  • Chinesische Terroropfer in Pakistan
  • Peng Shuai: WTA setzt Damen-Turniere in China weiter aus
  • Seefracht wird wieder günstiger
  • EU genehmigt Staatshilfe in Litauen
  • Sinolytics.Radar: Mehr Kernkraft für Chinas Klimaziele
  • Standpunkt zum Sozialkreditsystem für Unternehmen
Liebe Leserin, lieber Leser,

im Lockdown-Chaos in Shanghai gibt es eine neue Sichtung: mannshohe grüne Metallzäune, die um Wohnkomplexe und Hauseingänge errichtet werden. Offenbar, um positiv Getestete von der Außenwelt abzuschotten und so das Virus “aufzuhalten”. Die grünen Zäune wurden in chinesischen Sozialmedien harsch kritisiert. Ob die Barrieren nun einen Abtransport von Corona-Positiven in ein Quarantänelager ersetzen, blieb zunächst unklar. Auch die Hauptstadt Peking hat am Dienstag aufgrund 33 neu registrierter Infektionen mehrere “Hochrisiko-Gebiete” ausgerufen. Dass auch hier bald ein harter Lockdown greifen wird, ist wohl nur noch eine Frage von Tagen.

Statt nach und nach das ganze Land lahmzulegen, könnte die Regierung auch versuchen, noch schneller mRNA-Impfstoffe zuzulassen. Allen voran den bewährten Wirkstoff des deutschen Herstellers Biontech, schreibt Finn Mayer-Kuckuk. Dass es dazu bislang noch nicht gekommen ist, hat vor allem auch ideologische Gründe: Peking würde lieber ein Eigengewächs an vorderster Front anwenden. Doch heimische Produkte wie Arcovax sind noch nicht marktreif. Immerhin, Biontech und sein chinesischer Partner Fosun Pharma sind weiter optimistisch, eine Zulassung für ihren Wirkstoff zu erhalten.

Auch anderswo stagnieren die Geschäfte zwischen Europa und China. Der Thinktank Merics und die Rhodium Group berichten in einer neuen Studie, dass die Direktinvestitionen aus der Volksrepublik in Europa im vergangenen Jahr nur noch minimal gestiegen sind. Auch hier ist einer der Gründe Pekings strikte Covid-Politik. Aber auch von europäischer Seite könnten neue Maßnahmen die Investitionsbereitschaft weiter schmälern, schreibt Amelie Richter. Ein neuer Gesetzesentwurf über drittstaatliche Subventionen sieht etwa vor, dass alle in der Europäischen Union tätigen Unternehmen Hilfsgelder aus Drittstaaten offenlegen müssen – auf Investoren aus der Volksrepublik könnte das einen eher abschreckenden Effekt haben. 

Ihr
Fabian Peltsch
Bild von Fabian  Peltsch

Analyse

Kommt Bewegung in die Biontech-Zulassung?

Kinder-Impfung mit Biontech in Hongkong: Vorbild für die VR China?
Kinder-Impfung mit Biontech in Hongkong: Vorbild fürs Festland?

Shanghai leidet weiterhin unter Ausgangssperren, während Peking gerade in einen Lockdown hineinrutscht. Die Lage ist so angespannt, dass das höchste Gut der Kommunistischen Partei in Gefahr gerät: Die grundsätzliche Akzeptanz der Bevölkerung für ihre Politik. Es ist daher verblüffend, dass die Gesundheitspolitiker nicht nach jedem Strohhalm greifen, um die Lage zu vereinfachen. Konkret ist in China noch kein einziger Impfstoff mit mRNA-Technik im Einsatz. Und die eigenen, konventionellen Wirkstoffe wurden zwar in großer Zahl verspritzt, sind aber keine guten Omikron-Stopper (China.Table berichtete).

In Europa und den USA haben die modernen Vakzine trotz hoher Infektionszahlen eine Rückkehr ins normale Leben ermöglicht, weil Geimpfte nur selten ins Krankenhaus müssen. “Eine Strategie, die China sofort umsetzen müsste, besteht nun darin, ältere Menschen und andere gefährdete Gruppen zu boostern und auf eine Anwendung von mRNA-Impfstoffen hinzuarbeiten”, sagt Jaya Dantas, Expertin für Gesundheitsmanagement an der Curtin School of Population Health in Australien. Erst durch den Einsatz von mRNA-Technik hat sich international die Fallzahl von der Zahl der Toten abgekoppelt.

Nun kommt offenbar erneut Bewegung in das Zulassungsverfahren für den deutschen mRNA-Wirkstoff von Biontech. Dem Vernehmen nach sind Biontech und sein chinesischer Partner Fosun Pharma wieder im Gespräch mit den Behörden. Sie suchen einen Weg zur Zulassung des bewährten Vakzins. Denn bis zur Marktreife eines chinesischen Konkurrenzprodukts dauert es offenbar noch eine Weile.

Das Zulassungsdrama um Cominarty (so der Handelsname des Impfstoffs) zieht sich nun bereits ein Jahr hin (China.Table berichtete). Im April 2021 war Biontech-Chef Uğur Şahin zu Gesprächen in China, um das formelle Verfahren anzustoßen. Er erwartete damals eine Freigabe bis Mitte 2021, Fosun machte sich bereit, Herstellungsanlagen aufzubauen. Im August vergangenen Jahres versicherte der Vorsitzende des Fosun-Konzerns Guo Guangchang noch: “Die Angelegenheit geht ihren geordneten Gang.” Seitdem herrscht jedoch Stille um die Cominarty-Zulassung. Biontech blieb nichts anderes übrig, als wiederholt seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit zu signalisieren.

Biontech für China: Politische Gründe für Verweigerung

Anfang 2021 mag mRNA-Impfungen der Beigeschmack des Unerprobten angehaftet haben. Doch nach Zulassung in 165 Ländern und Regionen und Verabreichung von 2,6 Milliarden Dosen allein im vergangenen Jahr sind seine Eigenschaften gut bekannt. Medizinische Bedenken gelten daher inzwischen als unwahrscheinlich. Analysten und Branchenkenner vermuten hinter dem langen Weg zur Zulassung eine verwickelte Mischung von vor allem politischen Motiven.

  • Bisher keine Zulassung für Sinovac und Sinopharm in Europa: Dies könnte die größte Hürde sein. Die europäische Arzneibehörde EMA hat den chinesischen Antragstellern bisher kein grünes Licht gegeben. Der Zulassungsprozess hakt bisher beispielsweise an der Besichtigung der Produktionsstätten in China, die durch die Quarantäne erschwert ist. Peking interpretiert die Verzögerung möglicherweise politisch und zahlt sie mit gleicher Münze heim.
  • Technologischer Nationalismus: Wenn statt eines Importprodukts ein chinesischer Impfstoff zum Einsatz kommt, wäre das ein Fest für die Propaganda. Zwar preist auch Fosun das Biontech-Präparat in seinen Verlautbarungen als “gemeinsam mit Biontech” entwickelten Impfstoff und damit ein bisschen als chinesisches Produkt an. Grundlage dafür ist eine Finanzspritze gleich zu Beginn der Forschung im Jahr 2020. Doch das reicht der Führung offenbar nicht – es muss eine im Inland entwickelte Substanz sein.
  • Biontech sperrt sich gegen weitreichenden Tech-Transfer: Fosun hätte es gerne gesehen, wenn der Wirkstoff mit deutscher Technik, aber vollständig unter chinesischer Kontrolle im Inland hergestellt worden wäre. Biontech behält entscheidende Techniken jedoch für sich und verkauft lieber Vorprodukte oder fertige Ampullen aus deutscher Produktion.

Vier chinesische mRNA-Impfstoffe in Arbeit

Derweil bemüht sich China, die Eigengewächse schneller heranzuziehen. Derzeit befinden sich mehrere Projekte schon in fortgeschrittenen Stadien:

  • “Arcovax” heißt der Kandidat, den die Firmen Walvax Biotechnology und Suzhou Abogen Biosciences sowie die Akademie der Militärwissenschaften gemeinsam entwickeln. Die Entwicklung ist schon recht weit fortgeschritten (China.Table berichtete): Im Mai soll die finale Testphase an Probanden in Mexiko und Indonesien beendet sein. Danach könnte eine Notfallzulassung folgen.
  • Ein mRNA-Wirkstoff von Cansino Biologics aus Tianjin ist Anfang April in die erste Testphase an Menschen gegangen. Erste Experimente an Mensch und Tier haben gezeigt, dass die Formulierung zur Bildung von Antikörpern führt. Das ist bereits ein Erfolg.
  • CSPC Pharmaceutical aus Shijiazhuang und
  • Stemirna Therapeutics aus Shanghai haben ebenfalls Freigaben für Menschenversuche mit ihren mRNA-Vakzinen erhalten.

Doch erste Erfolge machen noch keinen marktreifen Impfstoff, wie das Beispiel des deutschen Unternehmens Curevac zeigt, dessen erster Kandidat an mangelnder Wirksamkeit gescheitert ist und der nun auch beim zweiten Versuch nicht so recht vorankommt. Sowohl die Formulierung von Biontech als auch die von Biontech gehen direkt auf die Techniken der ungarischen mRNA-Pionierin Katalin Karikó zurück, die bisher unschlagbar ist.

Lage in Peking zeigt Dringlichkeit einer neuen Strategie

Ein wirksame Impfstrategie wird dringend gebraucht. Die Hauptstadt Peking hat am Dienstag die Entdeckung 33 neuer Infektionen bekannt gegeben. Das klingt niedrig – doch in Shanghai hat das andauernde Drama ebenfalls mit zweistelligen Fallzahlen angefangen, die schnell fünfstellig wurden. Bis Dienstagabend hat Peking zwei “Hochrisiko-Gebiete” und 12 “Gebiete mit mittlerem Risiko” ausgewiesen. Das gilt weithin als Vorstufe zu einem Lockdown, der das chinesische Verwaltungszentrum schmerzhaft lahmlegen würde (China.Table berichtete).

Als wahrscheinliches Szenario wartet die Führung aus ideologischen Gründen auf die Marktreife von Arcovax in den kommenden zwei oder drei Monaten und lässt parallel das deutsche Produkt von Biontech zu. Damit wäre die technische Konkurrenzfähigkeit der eigenen Industrie bewiesen – und zugleich wäre reichlich guter Impfstoff auf dem Markt.

  • Fosun

Die Shopping-Tour der Staatsbetriebe ist vorbei

Chinas Einkaufstour in anderen Ländern scheint vorerst Geschichte zu sein. Zwar sind die chinesischen Investitionen im Jahr 2021 insgesamt weiter gestiegen, wenn auch nur um magere drei Prozent. Der kleine Anstieg ging jedoch vor allem auf den Bau eigener Fabriken zurück. Die Ausgaben für Firmenkäufe fielen auf den niedrigsten Stand in 14 Jahren, wie eine neue Studie der Rhodium Group und des Mercator Institute for China Studies (Merics) zeigt. “Verglichen mit den Spitzenzeiten um 2016 haben sich die chinesischen Investitionen auf niedrigem Niveau eingependelt”, erklärt Max Zenglein, Chefvolkswirt bei Merics, am Dienstag bei Vorstellung der Studie.

Auch die Zeiten, in denen China massiv in Europa investierte, sind erst einmal vorbei, so die Autor:innen der Studie “Chinese FDI in Europe: 2021 Update”. Zwar stiegen die chinesischen Auslandsinvestitionen im vergangenen Jahr um ein Drittel. Doch auch diese Schwankung fand auf niedrigem Niveau statt.

Tatsächlich sind die Investitionen weit von ihrem Rekord vor sechs Jahren entfernt. Damals betrugen sie noch 47 Milliarden Euro. Zuletzt waren es nur noch knapp acht Milliarden Euro. Also weniger als ein Fünftel der Summe auf dem Höhepunkt. Zenglein erwartet, dass die Zeiten in dem “derzeitig schwierigen wirtschaftlichen und regulatorischen Umfeld” schwierig bleiben.

Mehrere Faktoren spielen hier laut der Studie eine Rolle:

  • die strikte “Null-Covid”-Politik mit massiv eingeschränktem Kontakt zum Ausland,
  • Pekings strenge Kontrolle von ausgehendem Kapital und
  • die geopolitischen Spannungen, die zu Handelsstreitigkeiten und Regulierungen führen.

Experten sehen derweil nicht nur eine Veränderung in der Quantität, sondern auch in der Qualität der chinesischen Ausgaben. “Die Art der chinesischen Investitionen in Europa hat sich in den vergangenen Jahren grundsätzlich verändert“, erklärt Agatha Kratz, Direktorin der Rhodium-Group. “Die Zeit der milliardenschweren Übernahmen in strategischen Sektoren ist vermutlich vorbei.” Chinesische Firmen errichteten stattdessen selbst Fabriken in Europa.

Der Kauf von Philips dominiert die Statistik

Das beliebteste Ziel für chinesische FDI waren die Niederlande. Die Übernahme des Haushaltsgerätegeschäfts von Philips für 3,7 Milliarden Euro durch das Private-Equity-Unternehmen Hillhouse Capital machte die Niederlande zum größten Einzelempfänger für chinesische Investitionen. Der Deal entsprach der Studie zufolge rund 35 Prozent der Gesamtsumme aller Investitionen 2021.

Auf die Niederlande folgen die ebenfalls beliebten Empfängerländer Deutschland, Großbritannien und Frankreich. Auf sie entfielen zusammen weitere 39 Prozent der Investitionen aus China. Einen großen Zuwachs erlebte der Studie zufolge vor allem das Vereinigte Königreich. Dort stiegen die FDI aus China um ein Drittel. In Frankreich und Deutschland ging der Wert jedoch zurück. In der Bundesrepublik fielen die FDI von 2 Milliarden Euro auf 1,5 Milliarden Euro – den niedrigsten Wert sei 2015.

Chinesisches Wagniskapital floss der Studie zufolge zudem vermehrt in europäische Tech-Start-ups. Das Investitionsvolumen in diesem Bereich war demnach mit 1,2 Milliarden Euro mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahr. Besonders beliebt bei chinesischen Anlegern seien E-Commerce-Anwendungen, Fintechs, Spieleentwickler, KI- und Robotikfirmen in Deutschland und Großbritannien.

Investitionen von Staatsunternehmen auf historischem Tief

Wo eigentlich gestiegenes finanzielles Engagement chinesischer Akteure vermutet wird, sah es der Studie zufolge im vergangenen Jahr aber mau aus: In Osteuropa gingen nach einem starken Lauf im Jahr 2020 die FDI zurück und kamen auf 385 Millionen Euro. In Nordeuropa blieb der FDI-Strom mit 1,2 Milliarden Euro stabil. Hier interessiert die chinesischen Anleger vor allem Finnland.

Gerade chinesische Staatsunternehmen scheinen jedoch vorsichtiger zu werden, was Investitionen im Ausland angeht. Die FDI von staatlichen Akteuren fiel laut der Studie auf ein 20-Jahres-Tief in Europa. Mit 1,3 Milliarden Euro lag ihr Anteil bei zwölf Prozent der Gesamtinvestitionen. Das war damit der niedrigste Wert seit 2001, so die Forscher:innen von Merics und Rhodium Group.

So richtig aktiv zeigten sich die chinesischen Staatsunternehmen eigentlich nur in Südeuropa. Dort gab es mit rund 600 Millionen Euro eine große Investition vonseiten chinesischer Staatsunternehmen in den spanischen Energiesektor. Das Energieunternehmen China Three Gorges kaufte dort Anlagen für erneuerbare Energien.

Neue EU-Regeln mit abschreckender Wirkung

Aber auch auf der Seite der EU gibt es Bewegungen, die Investoren aus der Volksrepublik abschrecken. In mehreren EU-Staaten wird derzeit das Screening für FDI aus dem Ausland überprüft und erneuert. Weitere neue Gesetzgebungen aus Brüssel könnten in Zukunft den Marktzugang für chinesische Unternehmen beeinflussen und damit die Investitionsbereitschaft verringern, so die Studie.

Darunter das EU-Lieferkettengesetz und zwei Neuerungen, die zu Beginn der Woche eine wichtige rechtliche Hürde genommen haben: Der Handelsausschuss des Europaparlaments stimmte am Montag über seine Positionierung zu einem neuen Gesetz über drittstaatliche Subventionen und über die Trilogeinigung zum neuen Instrument für das internationale Beschaffungswesen (IPI) ab. Über beides soll nun zeitnah im EU-Parlament abgestimmt werden.

Vor allem das Gesetz zu Subventionen aus dem Ausland könnte Änderungen die Investitionsfreude chinesischer Unternehmen in der EU trüben. Denn der Gesetzesentwurf sieht vor, dass alle in der Europäischen Union tätigen Unternehmen Hilfsgelder aus Drittstaaten offenlegen müssen – auf einige Investoren aus der Volksrepublik wird das deutlich abschreckend wirken.

  • EU
  • Geopolitik
  • Handel
  • Niederlande
  • Technologie

News

Todesopfer bei Anschlag in Pakistan

Bei einem Selbstmordanschlag in Pakistan sind vier Menschen getötet worden. Drei davon mit chinesischer Staatsbürgerschaft. Bei dem Anschlag auf dem Campus der Universität von Karachi kam der Direktor des dortigen Konfuzius-Institut, eine der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen des Instituts, eine weitere Chinesin und ein Pakistaner ums Leben. Medienberichten zufolge wurde zudem ein weiterer chinesischer Mann bei dem Anschlag verletzt. Demnach hatte sich die mutmaßliche Angreiferin kurz vor der Detonation einem Kleinbus genähert, in dem die Opfer gesessen hatten. Dabei trug sie eine Vollverschleierung. Zu dem Anschlag bekannte sich die Terrorgruppe BLA aus der nahe gelegenen Provinz Belutschistan.

Die Gruppe gibt vor, für mehr Rechte für die Volksgruppe der Belutschen zu kämpfen. Chinesische Staatsbürger seien regelmäßig Ziel von Angriffen von Separatisten in der Provinz Belutschistan, berichtete South China Morning Post. Peking sei dort im Rahmen seiner “Belt and Road”-Initiative an riesigen Infrastrukturprojekten beteiligt. Die Separatisten hegten seit langem Ressentiments gegen die lukrativen Bergbau- und Energieprojekte in der Region.

Der Vorfall vom Dienstag stellt die höchste Zahl chinesischer Todesopfer in Pakistan seit Juli vergangenen Jahres dar. Damals wurden neun Mitarbeiter von China Gezhouba bei einem Selbstmordanschlag mit einem Fahrzeug in Nordpakistan getötet. rtr/ari

  • Pakistan
  • Universitäten
  • Wissenschaft

Fall Peng Shuai: Weiterhin keine Tennis-Turniere in China

Die Women’s Tennis Association (WTA) möchte weiterhin keine Damen-Turniere in China stattfinden lassen. In einem Podcast-Interview erklärte WTA-Boss Steve Simon, dass der Fall um die chinesische Top-Tennispielerin Peng Shuai noch immer nicht befriedigend aufgeklärt sei, und man deshalb weiter von Sportveranstaltungen in China Abstand nehmen will.

Peng hatte Anfang November 2021 auf dem chinesischen Kurznachrichtendienst Weibo eine Beziehung mit dem früheren Vizepremierminister Zhang Gaoli öffentlich gemacht (China.Table berichtete). Dort warf sie dem mächtigen Politiker, der bis 2017 als Mitglied im Ständigen Ausschuss des Politbüros zum innersten Machtzirkel der Kommunistischen Partei gehörte, unter anderem vor, sie zum Sex gezwungen zu haben. Nachdem der Post von der Zensur gelöscht wurde und Peng plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwunden war, setzte der Frauen-Tennisverband WTA seine Turniere in China aus Protest aus.

“Wir ziehen uns nicht komplett aus China zurück. Wir haben unsere Geschäftsbeziehungen dorthin aktuell aufgehoben und wir werden das so halten, bis wir eine Lösung gefunden haben“, sagte WTA-Boss Simon. Er hoffe jedoch, 2023 zurück zu sein, wenn es bis dahin eine Lösung gegeben hat, “mit der Peng sich wohlfühlt, mit der die chinesische Regierung leben kann und mit der auch wir einverstanden sind”.

Für den WTA bedeutet China einen der größten Wachstumsmärkte weltweit. In der letzten Saison vor Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2019 veranstaltete WTA neun Turniere mit Preisgeldern von mehr als 30 Millionen US-Dollar in China. 2021 sollten die WTA Finals im südchinesischen Shenzhen stattfinden, wurden aufgrund der Corona-Pandemie jedoch nach Mexiko verlegt. fpe

  • Menschenrechte
  • Peng Shuai
  • Sport
  • Zivilgesellschaft

Kosten für Seefracht aus China sinken

Die Kosten für Seefracht aus China sind in diesem Monat weiter gesunken. Das berichtete das chinesische Wirtschaftsmagazin Caixin am Dienstag. Demnach sei der “China Containerized Freight Index” (CCFI) zuletzt auf den Wert von 3109 gesunken. Seit Anfang Februar hat er damit rund 13 Prozent verloren, wie die Daten der Shanghaier Versandbörse belegen. Hauptursachen seien die nachlassende Nachfrage aus Übersee sowie die sich verschärfende Corona-Pandemie in China. Der CCFI ist ein wichtiger Indikator für die Kosten von Containerschiffsfahrten zu wichtigen Absatzmärkten im Ausland.

Allein der Hafen von Shanghai – der größte Containerhafen der Welt – sei im Grunde schon seit zwei Jahren stark überlastet, sagt Xu Yi, Gründer des Außenhandelsdienstleisters Mayibida, gegenüber Caixin. Wegen der scharfen Corona-Einschränkungen in China können nur noch wenige Lkw den Hafen beliefern (China.Table berichtete). Dieser logistische Zusammenbruch verzögere wiederum auch die Ankunft von Außenhandelsdokumenten, erklärt Xu.

Die angespannte Situation spiegelt sich auch im Umsatz der chinesischen Häfen wider: Von 11. bis 20. April ging der Frachtumsatz der großen inländischen Küstenhäfen im Jahresvergleich um 5,2 Prozent zurück; der Frachtumsatz im Außenhandel sank um 4,9 Prozent, wie die “China Ports & Harbors Association” berichtet.

Die Nachfrage aus dem Ausland ist in diesem Jahr langsamer gestiegen. Da sich die US-Wirtschaft erholt hat, haben die amerikanischen Verbraucher mehr lokal hergestellte Waren gekauft, was die Importnachfrage schwächt, erklärt Xu Bin, Analyst der UBS Group. Zudem hätten Produzenten in Ländern wie Vietnam und Indien mehr Bestellungen erhalten, die in den vergangenen Jahren noch in China aufgegeben worden waren.

Die jüngsten Coronavirus-Ausbrüche in China, der wochenlange Lockdown in Shanghai sowie die drohenden Einschränkungen in Peking (China.Table berichtete) werden wohl auch in den kommenden Wochen den Betrieb in den Häfen, den Binnenverkehr sowie den Transport von Rohstoffen stören – und das dürfte sich wiederum auch auf Außenhandelsaufträge auswirken. rad

  • Coronavirus
  • Gesundheit
  • Handel
  • Schifffahrt

Handelsstreit: EU genehmigt Staatshilfe in Litauen

Die Europäische Kommission hat im Handelsstreit zwischen Litauen und China ein Millionen schweres Finanzierungspaket genehmigt. Litauischen Unternehmen, die von den chinesischen Handelsbeschränkungen betroffen sind, wird mit rund 130 Millionen Euro unter die Arme gegriffen, teilte die EU-Kommission am Dienstag mit. Der Vorschlag für staatliche Hilfe wurde Brüssel aus Litauen vorgelegt.

Die Finanzhilfe soll für alle Sektoren außer Finanzen, Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft gelten und es betroffenen Unternehmen ermöglichen, “ihre Geschäftstätigkeit an die neue Marktsituation anzupassen, ihre Geschäftsstrategien neu auszurichten und ihre Liquidität zu verbessern”, teilte die Brüsseler Behörde mit.

China blockiert seit nun fast fünf Monaten Waren aus Litauen im Zollsystem. Die EU geht gegen das Quasi-Handelsembargo derzeit bei der Welthandelsorganisation vor (China.Table berichtete). Dass Brüssel die Finanzhilfe für Litauen genehmigt hat, deutetet nicht darauf hin, dass sich die Blockade bald lösen wird. ari

  • EU
  • Handel
  • Litauen

Sinolytics.Radar

China setzt bei Energiesicherheit auf Kernkraft

Dieser Inhalt ist Lizenznehmern unserer Vollversion vorbehalten.
  • Der Anteil der Kernenergie an der gesamten Stromerzeugung in China ist mit 5,02 Prozent im Jahr 2021 derzeit noch gering.
  • Im Gegensatz zu dem Atomausstieg anderer Länder wie Japan und Deutschland ist China jedoch entschlossen, seine Kernenergiekapazität auszubauen und den Anteil der Kernenergie an der gesamten Stromerzeugung zu erhöhen. Nach Expertenschätzungen wird der Anteil der Kernenergie am gesamten Strommix Chinas in Zukunft 10-15 Prozent erreichen.
  • Der Staatsrat hat im April 2022 den Bau von sechs neuen Kernkraftwerken genehmigt. Damit erhöht sich die Gesamtzahl der derzeit im Bau befindlichen Kernkraftwerke in China auf 24.
  • Eine der wesentlichen politischen Absichten, die hinter dem kontinuierlichen Ausbau der Kernenergie in China stehen, ist die Bestrebung der Regierung, die Energiesicherheit durch die Schaffung inländischer Energiequellen zu erhöhen, insbesondere angesichts einer zunehmenden schwierigen geopolitischen Lage. Eine weitere Absicht ist die Nutzung der Kernenergie als wirtschaftlich praktikable Lösung zur Erreichung der Klimaschutzziele des Landes.
  • Nach dem Erdbeben von Fukushima im Jahr 2011 gab es eine kurzzeitige Phase des politischen Zögerns, die zu einer vorübergehenden Verlangsamung des Ausbaus der Kernenergie und einer Bewertung von Chinas eigenen Kernkrafttechnologien der dritten Generation von 2015 bis 2018 führte. Seit 2019 hat die Regierung jedoch das Zulassungstempo erhöht und das erste chinesische Kernkraftwerk der dritten Generation, das auf eigenem Know-how basiert, erfolgreich in Betrieb genommen.
  • Interessanterweise hat China unter den sechs jüngsten Projekten zwei Kernkraftwerke genehmigt, die auf importierten Technologien von Westing House, einem US-amerikanischen Unternehmen für Kernkrafttechnologie, basieren. Dies könnte darauf hindeuten, dass sich die Spannungen zwischen China und den USA bei der “Entkopplung” von Kernkrafttechnologie und Ausrüstung etwas lockern.

Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

Presseschau

Chinas Haltung zur Ukraine: Imageverlust in den östlichen EU-Ländern? EURONEWS
Taiwan aims to learn lessons of Ukraine in annual military drills REUTERS
Elon Musk hat ein Chinaproblem FAZ
Jeff Bezos questions Chinese ‘leverage’ over Twitter under Elon Musk POLITICO
So wollen die EU und die USA das offene Internet gegen China und Russland verteidigen HANDELSBLATT
Wie Chinas Covid-Politik den Welthandel lahmlegt TAGESSPIEGEL
Verwerfungen im Welthandel: Häfen Schanghai und Hamburg werden zum Nadelöhr HANDELSBLATT
Chinas Corona-Politik könnte zum größten Risiko für die Weltwirtschaft werden HANDELSBLATT
China’s Xi Pushing to Beat the U.S. in GDP Growth Despite Covid Lockdowns WSJ
Lockdown in Shanghai: Auch die Nationalhymne ist vor der Zensur nicht sicher ZEIT
22 Millionen Einwohner Pekings müssen zum Corona-Test SUEDDEUTSCHE
Litauen darf Unternehmen im Handelskonflikt mit China zusätzlich unterstützen HANDELSBLATT
Hochprofitabel, aber enorm abhängig – Mercedes steckt im China-Dilemma HANDELSBLATT
US won’t rule out military action if China establishes base in Solomon Islands THEGUARDIAN

Standpunkt

Sozialkredit-System: Chinas digitale Kontrolle könnte weltweit Nachahmer finden

Doris Fischer ist Inhaberin des Lehrstuhls China Business and Economics der Julius-Maximilian Universität Würzburg. Lena Wassermann ist Doktorandin am Lehrstuhl China Business and Economics der Julius-Maximilian Universität Würzburg.
Von Doris Fischer und Lena Wassermann

Seit die chinesische Regierung im Jahr 2014 den Aufbau eines nationalen Sozialkredit-Systems (SKS) angekündigt hat, erregt das Thema international die Gemüter. Im weitesten Sinne ist das SKS ein datenbasiertes und technologiegestütztes Bewertungssystem, das zum einen die finanzielle Verlässlichkeit, zum anderen das allgemeine Sozialverhalten beurteilt. Der Bewertung werden alle natürlichen Personen, staatlichen Einrichtungen sowie Unternehmen unterzogen. Die internationale Aufmerksamkeit fokussiert sich meist auf die Bewertung von individuellem Verhalten nach einem Punktesystem, aus dem Belohnungen und Benachteiligungen abgeleitet werden sollen.

Weniger Beachtung findet der Teil des Systems, der Firmen bewertet. Wie bei individuellem Verhalten zielt das SKS auch hinsichtlich der Firmen darauf ab, regelkonformes Verhalten zu belohnen und regelwidriges Verhalten zu bestrafen. Anders als bei den Individuen erfolgt dies in der Regel nicht über ein Punktesystem, sondern über rote und schwarze Listen, die online abrufbar aufzeigen, wer sich besonders gut verhalten hat und wer besonders schlecht. Um die Verlässlichkeit einzelner Akteure zu bewerten, sammelt das System finanzielle und verhaltensbezogene Daten.

Sozialkreditsystem: Finanzverhalten und soziales Verhalten

Zum einen wird das Finanz- und Kreditverhalten von Firmen erfasst, um es für eine Bewertung ihrer Kreditwürdigkeit bzw. Bonität heranzuziehen. Dabei fallen vor allem Kreditüberziehung, Veruntreuung und Betrugsverhalten negativ ins Gewicht. In diesem Aspekt gleicht das SKS Kreditbewertungssystemen wie der Schufa oder Equifax.

Auf der anderen Seite werden Daten über (soziales) Verhalten erhoben, um die Firmen zur Einhaltung von Regeln und zum “guten Benehmen” zu “erziehen”. Hier können Regelverstöße wie verspätete Steuerzahlungen oder der Missbrauch von Spenden ebenso zum Malus werden wie die nicht vertragsgetreue Umsetzung von Projekten im Auftrag der Regierung.

Das SKS verfolgt mit Blick auf Firmen ein primäres Ziel. Es soll Chinas wirtschaftliche Entwicklung fördern, indem es durch Transparenz Vertrauen in Geschäftspartner schafft und den chinesischen Markt so attraktiver für Investitionen macht. Dadurch soll es zur Legitimation der KP China beitragen, da diese hauptsächlich auf wirtschaftlichem Erfolg fußt.

Deutsche Firmen finden sich nur selten auf den schwarzen Listen

Das firmenbezogene SKS betrifft auch ausländische Firmen, also auch die circa 8.000 deutschen Firmen vor Ort und wirkt so indirekt über Chinas Landesgrenzen hinaus. Deutsche Firmen tauchen allerdings bisher selten auf schwarzen Listen auf. Dies mag der Tatsache geschuldet sein, dass sich deutsche Firmen in China schon aus Compliance-Gründen veranlasst sehen, Gesetze einzuhalten.

Gleichwohl sorgt das SKS laut Umfragen des AHK Business Confidence Survey 2021 immer wieder für Sorgen und Spekulationen. Denn die konkreten Auswirkungen auf (deutsche) Firmen sind noch schwer absehbar. Auf der einen Seite besteht die Sorge, dass die Regierung das SKS instrumentalisieren könnte, um politische und/oder wirtschaftliche Ziele durchzusetzen. Eng verknüpft mit diesem Punkt ist die Befürchtung, dass es zu gezielter Diskriminierung von ausländischen Firmen durch das SKS kommen könnte. Darüber hinaus erzeugt das SKS zusätzliche Kosten, denn Firmen müssen Partnerfirmen, Zulieferer und Mitarbeitende strategisch auswählen und deren Verhalten kontinuierlich überprüfen, damit das eigene Rating keinen Schaden durch mögliches Fehlverhalten der Partner nimmt. Da das SKS zudem vorsieht, dass das Vergehen von Unternehmen in einem Bereich auch Auswirkungen auf andere Unternehmensbereiche hat (joint rewards and punishment mechanism), kann durch das SKS schnell eine Abwärtsspirale entstehen – dann droht den Firmen der Ruin.

Längerfristig stellt sich die Frage, ob das SKS ein chinesisches Phänomen bleiben wird, weil es nur in China systemische Defizite ausgleichen soll und kann, die in entwickelten Industrieländern mit Rechtsstaatstradition so nicht gegeben sind. Oder wird sich das SKS von China aus global verbreiten? Für letzteres spräche, dass für andere Entwicklungsländer und autoritäre Staaten der Kontroll- und Erziehungscharakter des SKS durchaus attraktiv sein könnte. Und selbst manch ausländische Firma könnte die Transparenz des SKS und daher auch seine Verbreitung in der Welt begrüßen. Die Idee, dass alternative Daten und digitale Bewertungssysteme eine sinnvolle Ergänzung für die Einschätzung von Kreditwürdigkeit von Personen und Firmen sein sollten, ist schon heute nicht nur in China verbreitet. Und nicht zuletzt entstehen bereits diverse digitale Geschäftsmodelle rund um das SKS, die früher oder später auch international auf Nachfrage treffen dürften.

Prof. Dr. Doris Fischer ist Inhaberin des Lehrstuhls China Business and Economics der Julius-Maximilian Universität Würzburg. Lena Wassermann ist Doktorandin am Lehrstuhl China Business and Economics der Julius-Maximilian Universität Würzburg. Die Autorinnen forschen im Rahmen des Forschungsprojekts “Learning from the ‘frontrunner’? A multidisciplinary analysis of the Chinese Social Credit System and its impact on Germany”, das durch das Bayerische Forschungsinstitut für Digitale Transformation (bidt) gefördert wird, zu den Auswirkungen des Sozialkreditsystems auf deutsche Firmen.

Dieser Gastbeitrag erscheint im Kontext der Veranstaltungsreihe Global China Conversations des Kiel Instituts für Weltwirtschaft. Am Donnerstag (28.04.) geht es um das Thema: “Chinas Sozialkreditsystem: Welche Auswirkungen hat es auf deutsche Unternehmen?”. China.Table ist Medienpartner der Veranstaltungsreihe.

  • KP Chinas
  • Sozialkredit-System

Personalien

Robin Aschhoff übernimmt zum 1. August das Generalsekretariat der Volkswagen Group China.
Aschhoff begann seine Karriere bei Volkswagen in der Wirtschafts- und Unternehmenskommunikation. 2017 übernahm er als Leiter Communications Operations die übergreifende Koordinationsverantwortung für die Volkswagen Kommunikation. Er berichtet an Ralf Brandstätter, der ab dem 1. August als Konzernvorstand das Ressort “China” leiten wird.

Julie Gao wird Chief Financial Officer bei der TikTok-Mutterfirma ByteDance Ltd. Gao kommt von der internationalen Anwaltskanzlei Skadden, wo sie unter anderem Tech-Unternehmen zu potenziellen Börsengängen beriet. Die Ankündigung belebt Spekulationen über einen möglichen Börsengang von ByteDance dieses Jahr.

  • ByteDance
  • Volkswagen

Dessert

Autonomer Lieferbote in Shanghai: Ein Kunde entnimmt einem unbemannten Fahrzeug Waren des täglichen Lebens. Unbemannte Fahrzeuge sind seit Anfang April im Einsatz, um der Lebensmittelknappheit während des Lockdowns in der Metropole entgegenzuwirken – und Ansteckungen mit dem Coronavirus zu vermeiden.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • Kommt Bewegung in die Biontech-Zulassung?
    • Studie: China investiert dauerhaft weniger im Ausland
    • Chinesische Terroropfer in Pakistan
    • Peng Shuai: WTA setzt Damen-Turniere in China weiter aus
    • Seefracht wird wieder günstiger
    • EU genehmigt Staatshilfe in Litauen
    • Sinolytics.Radar: Mehr Kernkraft für Chinas Klimaziele
    • Standpunkt zum Sozialkreditsystem für Unternehmen
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    im Lockdown-Chaos in Shanghai gibt es eine neue Sichtung: mannshohe grüne Metallzäune, die um Wohnkomplexe und Hauseingänge errichtet werden. Offenbar, um positiv Getestete von der Außenwelt abzuschotten und so das Virus “aufzuhalten”. Die grünen Zäune wurden in chinesischen Sozialmedien harsch kritisiert. Ob die Barrieren nun einen Abtransport von Corona-Positiven in ein Quarantänelager ersetzen, blieb zunächst unklar. Auch die Hauptstadt Peking hat am Dienstag aufgrund 33 neu registrierter Infektionen mehrere “Hochrisiko-Gebiete” ausgerufen. Dass auch hier bald ein harter Lockdown greifen wird, ist wohl nur noch eine Frage von Tagen.

    Statt nach und nach das ganze Land lahmzulegen, könnte die Regierung auch versuchen, noch schneller mRNA-Impfstoffe zuzulassen. Allen voran den bewährten Wirkstoff des deutschen Herstellers Biontech, schreibt Finn Mayer-Kuckuk. Dass es dazu bislang noch nicht gekommen ist, hat vor allem auch ideologische Gründe: Peking würde lieber ein Eigengewächs an vorderster Front anwenden. Doch heimische Produkte wie Arcovax sind noch nicht marktreif. Immerhin, Biontech und sein chinesischer Partner Fosun Pharma sind weiter optimistisch, eine Zulassung für ihren Wirkstoff zu erhalten.

    Auch anderswo stagnieren die Geschäfte zwischen Europa und China. Der Thinktank Merics und die Rhodium Group berichten in einer neuen Studie, dass die Direktinvestitionen aus der Volksrepublik in Europa im vergangenen Jahr nur noch minimal gestiegen sind. Auch hier ist einer der Gründe Pekings strikte Covid-Politik. Aber auch von europäischer Seite könnten neue Maßnahmen die Investitionsbereitschaft weiter schmälern, schreibt Amelie Richter. Ein neuer Gesetzesentwurf über drittstaatliche Subventionen sieht etwa vor, dass alle in der Europäischen Union tätigen Unternehmen Hilfsgelder aus Drittstaaten offenlegen müssen – auf Investoren aus der Volksrepublik könnte das einen eher abschreckenden Effekt haben. 

    Ihr
    Fabian Peltsch
    Bild von Fabian  Peltsch

    Analyse

    Kommt Bewegung in die Biontech-Zulassung?

    Kinder-Impfung mit Biontech in Hongkong: Vorbild für die VR China?
    Kinder-Impfung mit Biontech in Hongkong: Vorbild fürs Festland?

    Shanghai leidet weiterhin unter Ausgangssperren, während Peking gerade in einen Lockdown hineinrutscht. Die Lage ist so angespannt, dass das höchste Gut der Kommunistischen Partei in Gefahr gerät: Die grundsätzliche Akzeptanz der Bevölkerung für ihre Politik. Es ist daher verblüffend, dass die Gesundheitspolitiker nicht nach jedem Strohhalm greifen, um die Lage zu vereinfachen. Konkret ist in China noch kein einziger Impfstoff mit mRNA-Technik im Einsatz. Und die eigenen, konventionellen Wirkstoffe wurden zwar in großer Zahl verspritzt, sind aber keine guten Omikron-Stopper (China.Table berichtete).

    In Europa und den USA haben die modernen Vakzine trotz hoher Infektionszahlen eine Rückkehr ins normale Leben ermöglicht, weil Geimpfte nur selten ins Krankenhaus müssen. “Eine Strategie, die China sofort umsetzen müsste, besteht nun darin, ältere Menschen und andere gefährdete Gruppen zu boostern und auf eine Anwendung von mRNA-Impfstoffen hinzuarbeiten”, sagt Jaya Dantas, Expertin für Gesundheitsmanagement an der Curtin School of Population Health in Australien. Erst durch den Einsatz von mRNA-Technik hat sich international die Fallzahl von der Zahl der Toten abgekoppelt.

    Nun kommt offenbar erneut Bewegung in das Zulassungsverfahren für den deutschen mRNA-Wirkstoff von Biontech. Dem Vernehmen nach sind Biontech und sein chinesischer Partner Fosun Pharma wieder im Gespräch mit den Behörden. Sie suchen einen Weg zur Zulassung des bewährten Vakzins. Denn bis zur Marktreife eines chinesischen Konkurrenzprodukts dauert es offenbar noch eine Weile.

    Das Zulassungsdrama um Cominarty (so der Handelsname des Impfstoffs) zieht sich nun bereits ein Jahr hin (China.Table berichtete). Im April 2021 war Biontech-Chef Uğur Şahin zu Gesprächen in China, um das formelle Verfahren anzustoßen. Er erwartete damals eine Freigabe bis Mitte 2021, Fosun machte sich bereit, Herstellungsanlagen aufzubauen. Im August vergangenen Jahres versicherte der Vorsitzende des Fosun-Konzerns Guo Guangchang noch: “Die Angelegenheit geht ihren geordneten Gang.” Seitdem herrscht jedoch Stille um die Cominarty-Zulassung. Biontech blieb nichts anderes übrig, als wiederholt seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit zu signalisieren.

    Biontech für China: Politische Gründe für Verweigerung

    Anfang 2021 mag mRNA-Impfungen der Beigeschmack des Unerprobten angehaftet haben. Doch nach Zulassung in 165 Ländern und Regionen und Verabreichung von 2,6 Milliarden Dosen allein im vergangenen Jahr sind seine Eigenschaften gut bekannt. Medizinische Bedenken gelten daher inzwischen als unwahrscheinlich. Analysten und Branchenkenner vermuten hinter dem langen Weg zur Zulassung eine verwickelte Mischung von vor allem politischen Motiven.

    • Bisher keine Zulassung für Sinovac und Sinopharm in Europa: Dies könnte die größte Hürde sein. Die europäische Arzneibehörde EMA hat den chinesischen Antragstellern bisher kein grünes Licht gegeben. Der Zulassungsprozess hakt bisher beispielsweise an der Besichtigung der Produktionsstätten in China, die durch die Quarantäne erschwert ist. Peking interpretiert die Verzögerung möglicherweise politisch und zahlt sie mit gleicher Münze heim.
    • Technologischer Nationalismus: Wenn statt eines Importprodukts ein chinesischer Impfstoff zum Einsatz kommt, wäre das ein Fest für die Propaganda. Zwar preist auch Fosun das Biontech-Präparat in seinen Verlautbarungen als “gemeinsam mit Biontech” entwickelten Impfstoff und damit ein bisschen als chinesisches Produkt an. Grundlage dafür ist eine Finanzspritze gleich zu Beginn der Forschung im Jahr 2020. Doch das reicht der Führung offenbar nicht – es muss eine im Inland entwickelte Substanz sein.
    • Biontech sperrt sich gegen weitreichenden Tech-Transfer: Fosun hätte es gerne gesehen, wenn der Wirkstoff mit deutscher Technik, aber vollständig unter chinesischer Kontrolle im Inland hergestellt worden wäre. Biontech behält entscheidende Techniken jedoch für sich und verkauft lieber Vorprodukte oder fertige Ampullen aus deutscher Produktion.

    Vier chinesische mRNA-Impfstoffe in Arbeit

    Derweil bemüht sich China, die Eigengewächse schneller heranzuziehen. Derzeit befinden sich mehrere Projekte schon in fortgeschrittenen Stadien:

    • “Arcovax” heißt der Kandidat, den die Firmen Walvax Biotechnology und Suzhou Abogen Biosciences sowie die Akademie der Militärwissenschaften gemeinsam entwickeln. Die Entwicklung ist schon recht weit fortgeschritten (China.Table berichtete): Im Mai soll die finale Testphase an Probanden in Mexiko und Indonesien beendet sein. Danach könnte eine Notfallzulassung folgen.
    • Ein mRNA-Wirkstoff von Cansino Biologics aus Tianjin ist Anfang April in die erste Testphase an Menschen gegangen. Erste Experimente an Mensch und Tier haben gezeigt, dass die Formulierung zur Bildung von Antikörpern führt. Das ist bereits ein Erfolg.
    • CSPC Pharmaceutical aus Shijiazhuang und
    • Stemirna Therapeutics aus Shanghai haben ebenfalls Freigaben für Menschenversuche mit ihren mRNA-Vakzinen erhalten.

    Doch erste Erfolge machen noch keinen marktreifen Impfstoff, wie das Beispiel des deutschen Unternehmens Curevac zeigt, dessen erster Kandidat an mangelnder Wirksamkeit gescheitert ist und der nun auch beim zweiten Versuch nicht so recht vorankommt. Sowohl die Formulierung von Biontech als auch die von Biontech gehen direkt auf die Techniken der ungarischen mRNA-Pionierin Katalin Karikó zurück, die bisher unschlagbar ist.

    Lage in Peking zeigt Dringlichkeit einer neuen Strategie

    Ein wirksame Impfstrategie wird dringend gebraucht. Die Hauptstadt Peking hat am Dienstag die Entdeckung 33 neuer Infektionen bekannt gegeben. Das klingt niedrig – doch in Shanghai hat das andauernde Drama ebenfalls mit zweistelligen Fallzahlen angefangen, die schnell fünfstellig wurden. Bis Dienstagabend hat Peking zwei “Hochrisiko-Gebiete” und 12 “Gebiete mit mittlerem Risiko” ausgewiesen. Das gilt weithin als Vorstufe zu einem Lockdown, der das chinesische Verwaltungszentrum schmerzhaft lahmlegen würde (China.Table berichtete).

    Als wahrscheinliches Szenario wartet die Führung aus ideologischen Gründen auf die Marktreife von Arcovax in den kommenden zwei oder drei Monaten und lässt parallel das deutsche Produkt von Biontech zu. Damit wäre die technische Konkurrenzfähigkeit der eigenen Industrie bewiesen – und zugleich wäre reichlich guter Impfstoff auf dem Markt.

    • Fosun

    Die Shopping-Tour der Staatsbetriebe ist vorbei

    Chinas Einkaufstour in anderen Ländern scheint vorerst Geschichte zu sein. Zwar sind die chinesischen Investitionen im Jahr 2021 insgesamt weiter gestiegen, wenn auch nur um magere drei Prozent. Der kleine Anstieg ging jedoch vor allem auf den Bau eigener Fabriken zurück. Die Ausgaben für Firmenkäufe fielen auf den niedrigsten Stand in 14 Jahren, wie eine neue Studie der Rhodium Group und des Mercator Institute for China Studies (Merics) zeigt. “Verglichen mit den Spitzenzeiten um 2016 haben sich die chinesischen Investitionen auf niedrigem Niveau eingependelt”, erklärt Max Zenglein, Chefvolkswirt bei Merics, am Dienstag bei Vorstellung der Studie.

    Auch die Zeiten, in denen China massiv in Europa investierte, sind erst einmal vorbei, so die Autor:innen der Studie “Chinese FDI in Europe: 2021 Update”. Zwar stiegen die chinesischen Auslandsinvestitionen im vergangenen Jahr um ein Drittel. Doch auch diese Schwankung fand auf niedrigem Niveau statt.

    Tatsächlich sind die Investitionen weit von ihrem Rekord vor sechs Jahren entfernt. Damals betrugen sie noch 47 Milliarden Euro. Zuletzt waren es nur noch knapp acht Milliarden Euro. Also weniger als ein Fünftel der Summe auf dem Höhepunkt. Zenglein erwartet, dass die Zeiten in dem “derzeitig schwierigen wirtschaftlichen und regulatorischen Umfeld” schwierig bleiben.

    Mehrere Faktoren spielen hier laut der Studie eine Rolle:

    • die strikte “Null-Covid”-Politik mit massiv eingeschränktem Kontakt zum Ausland,
    • Pekings strenge Kontrolle von ausgehendem Kapital und
    • die geopolitischen Spannungen, die zu Handelsstreitigkeiten und Regulierungen führen.

    Experten sehen derweil nicht nur eine Veränderung in der Quantität, sondern auch in der Qualität der chinesischen Ausgaben. “Die Art der chinesischen Investitionen in Europa hat sich in den vergangenen Jahren grundsätzlich verändert“, erklärt Agatha Kratz, Direktorin der Rhodium-Group. “Die Zeit der milliardenschweren Übernahmen in strategischen Sektoren ist vermutlich vorbei.” Chinesische Firmen errichteten stattdessen selbst Fabriken in Europa.

    Der Kauf von Philips dominiert die Statistik

    Das beliebteste Ziel für chinesische FDI waren die Niederlande. Die Übernahme des Haushaltsgerätegeschäfts von Philips für 3,7 Milliarden Euro durch das Private-Equity-Unternehmen Hillhouse Capital machte die Niederlande zum größten Einzelempfänger für chinesische Investitionen. Der Deal entsprach der Studie zufolge rund 35 Prozent der Gesamtsumme aller Investitionen 2021.

    Auf die Niederlande folgen die ebenfalls beliebten Empfängerländer Deutschland, Großbritannien und Frankreich. Auf sie entfielen zusammen weitere 39 Prozent der Investitionen aus China. Einen großen Zuwachs erlebte der Studie zufolge vor allem das Vereinigte Königreich. Dort stiegen die FDI aus China um ein Drittel. In Frankreich und Deutschland ging der Wert jedoch zurück. In der Bundesrepublik fielen die FDI von 2 Milliarden Euro auf 1,5 Milliarden Euro – den niedrigsten Wert sei 2015.

    Chinesisches Wagniskapital floss der Studie zufolge zudem vermehrt in europäische Tech-Start-ups. Das Investitionsvolumen in diesem Bereich war demnach mit 1,2 Milliarden Euro mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahr. Besonders beliebt bei chinesischen Anlegern seien E-Commerce-Anwendungen, Fintechs, Spieleentwickler, KI- und Robotikfirmen in Deutschland und Großbritannien.

    Investitionen von Staatsunternehmen auf historischem Tief

    Wo eigentlich gestiegenes finanzielles Engagement chinesischer Akteure vermutet wird, sah es der Studie zufolge im vergangenen Jahr aber mau aus: In Osteuropa gingen nach einem starken Lauf im Jahr 2020 die FDI zurück und kamen auf 385 Millionen Euro. In Nordeuropa blieb der FDI-Strom mit 1,2 Milliarden Euro stabil. Hier interessiert die chinesischen Anleger vor allem Finnland.

    Gerade chinesische Staatsunternehmen scheinen jedoch vorsichtiger zu werden, was Investitionen im Ausland angeht. Die FDI von staatlichen Akteuren fiel laut der Studie auf ein 20-Jahres-Tief in Europa. Mit 1,3 Milliarden Euro lag ihr Anteil bei zwölf Prozent der Gesamtinvestitionen. Das war damit der niedrigste Wert seit 2001, so die Forscher:innen von Merics und Rhodium Group.

    So richtig aktiv zeigten sich die chinesischen Staatsunternehmen eigentlich nur in Südeuropa. Dort gab es mit rund 600 Millionen Euro eine große Investition vonseiten chinesischer Staatsunternehmen in den spanischen Energiesektor. Das Energieunternehmen China Three Gorges kaufte dort Anlagen für erneuerbare Energien.

    Neue EU-Regeln mit abschreckender Wirkung

    Aber auch auf der Seite der EU gibt es Bewegungen, die Investoren aus der Volksrepublik abschrecken. In mehreren EU-Staaten wird derzeit das Screening für FDI aus dem Ausland überprüft und erneuert. Weitere neue Gesetzgebungen aus Brüssel könnten in Zukunft den Marktzugang für chinesische Unternehmen beeinflussen und damit die Investitionsbereitschaft verringern, so die Studie.

    Darunter das EU-Lieferkettengesetz und zwei Neuerungen, die zu Beginn der Woche eine wichtige rechtliche Hürde genommen haben: Der Handelsausschuss des Europaparlaments stimmte am Montag über seine Positionierung zu einem neuen Gesetz über drittstaatliche Subventionen und über die Trilogeinigung zum neuen Instrument für das internationale Beschaffungswesen (IPI) ab. Über beides soll nun zeitnah im EU-Parlament abgestimmt werden.

    Vor allem das Gesetz zu Subventionen aus dem Ausland könnte Änderungen die Investitionsfreude chinesischer Unternehmen in der EU trüben. Denn der Gesetzesentwurf sieht vor, dass alle in der Europäischen Union tätigen Unternehmen Hilfsgelder aus Drittstaaten offenlegen müssen – auf einige Investoren aus der Volksrepublik wird das deutlich abschreckend wirken.

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    News

    Todesopfer bei Anschlag in Pakistan

    Bei einem Selbstmordanschlag in Pakistan sind vier Menschen getötet worden. Drei davon mit chinesischer Staatsbürgerschaft. Bei dem Anschlag auf dem Campus der Universität von Karachi kam der Direktor des dortigen Konfuzius-Institut, eine der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen des Instituts, eine weitere Chinesin und ein Pakistaner ums Leben. Medienberichten zufolge wurde zudem ein weiterer chinesischer Mann bei dem Anschlag verletzt. Demnach hatte sich die mutmaßliche Angreiferin kurz vor der Detonation einem Kleinbus genähert, in dem die Opfer gesessen hatten. Dabei trug sie eine Vollverschleierung. Zu dem Anschlag bekannte sich die Terrorgruppe BLA aus der nahe gelegenen Provinz Belutschistan.

    Die Gruppe gibt vor, für mehr Rechte für die Volksgruppe der Belutschen zu kämpfen. Chinesische Staatsbürger seien regelmäßig Ziel von Angriffen von Separatisten in der Provinz Belutschistan, berichtete South China Morning Post. Peking sei dort im Rahmen seiner “Belt and Road”-Initiative an riesigen Infrastrukturprojekten beteiligt. Die Separatisten hegten seit langem Ressentiments gegen die lukrativen Bergbau- und Energieprojekte in der Region.

    Der Vorfall vom Dienstag stellt die höchste Zahl chinesischer Todesopfer in Pakistan seit Juli vergangenen Jahres dar. Damals wurden neun Mitarbeiter von China Gezhouba bei einem Selbstmordanschlag mit einem Fahrzeug in Nordpakistan getötet. rtr/ari

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    Fall Peng Shuai: Weiterhin keine Tennis-Turniere in China

    Die Women’s Tennis Association (WTA) möchte weiterhin keine Damen-Turniere in China stattfinden lassen. In einem Podcast-Interview erklärte WTA-Boss Steve Simon, dass der Fall um die chinesische Top-Tennispielerin Peng Shuai noch immer nicht befriedigend aufgeklärt sei, und man deshalb weiter von Sportveranstaltungen in China Abstand nehmen will.

    Peng hatte Anfang November 2021 auf dem chinesischen Kurznachrichtendienst Weibo eine Beziehung mit dem früheren Vizepremierminister Zhang Gaoli öffentlich gemacht (China.Table berichtete). Dort warf sie dem mächtigen Politiker, der bis 2017 als Mitglied im Ständigen Ausschuss des Politbüros zum innersten Machtzirkel der Kommunistischen Partei gehörte, unter anderem vor, sie zum Sex gezwungen zu haben. Nachdem der Post von der Zensur gelöscht wurde und Peng plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwunden war, setzte der Frauen-Tennisverband WTA seine Turniere in China aus Protest aus.

    “Wir ziehen uns nicht komplett aus China zurück. Wir haben unsere Geschäftsbeziehungen dorthin aktuell aufgehoben und wir werden das so halten, bis wir eine Lösung gefunden haben“, sagte WTA-Boss Simon. Er hoffe jedoch, 2023 zurück zu sein, wenn es bis dahin eine Lösung gegeben hat, “mit der Peng sich wohlfühlt, mit der die chinesische Regierung leben kann und mit der auch wir einverstanden sind”.

    Für den WTA bedeutet China einen der größten Wachstumsmärkte weltweit. In der letzten Saison vor Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2019 veranstaltete WTA neun Turniere mit Preisgeldern von mehr als 30 Millionen US-Dollar in China. 2021 sollten die WTA Finals im südchinesischen Shenzhen stattfinden, wurden aufgrund der Corona-Pandemie jedoch nach Mexiko verlegt. fpe

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    • Zivilgesellschaft

    Kosten für Seefracht aus China sinken

    Die Kosten für Seefracht aus China sind in diesem Monat weiter gesunken. Das berichtete das chinesische Wirtschaftsmagazin Caixin am Dienstag. Demnach sei der “China Containerized Freight Index” (CCFI) zuletzt auf den Wert von 3109 gesunken. Seit Anfang Februar hat er damit rund 13 Prozent verloren, wie die Daten der Shanghaier Versandbörse belegen. Hauptursachen seien die nachlassende Nachfrage aus Übersee sowie die sich verschärfende Corona-Pandemie in China. Der CCFI ist ein wichtiger Indikator für die Kosten von Containerschiffsfahrten zu wichtigen Absatzmärkten im Ausland.

    Allein der Hafen von Shanghai – der größte Containerhafen der Welt – sei im Grunde schon seit zwei Jahren stark überlastet, sagt Xu Yi, Gründer des Außenhandelsdienstleisters Mayibida, gegenüber Caixin. Wegen der scharfen Corona-Einschränkungen in China können nur noch wenige Lkw den Hafen beliefern (China.Table berichtete). Dieser logistische Zusammenbruch verzögere wiederum auch die Ankunft von Außenhandelsdokumenten, erklärt Xu.

    Die angespannte Situation spiegelt sich auch im Umsatz der chinesischen Häfen wider: Von 11. bis 20. April ging der Frachtumsatz der großen inländischen Küstenhäfen im Jahresvergleich um 5,2 Prozent zurück; der Frachtumsatz im Außenhandel sank um 4,9 Prozent, wie die “China Ports & Harbors Association” berichtet.

    Die Nachfrage aus dem Ausland ist in diesem Jahr langsamer gestiegen. Da sich die US-Wirtschaft erholt hat, haben die amerikanischen Verbraucher mehr lokal hergestellte Waren gekauft, was die Importnachfrage schwächt, erklärt Xu Bin, Analyst der UBS Group. Zudem hätten Produzenten in Ländern wie Vietnam und Indien mehr Bestellungen erhalten, die in den vergangenen Jahren noch in China aufgegeben worden waren.

    Die jüngsten Coronavirus-Ausbrüche in China, der wochenlange Lockdown in Shanghai sowie die drohenden Einschränkungen in Peking (China.Table berichtete) werden wohl auch in den kommenden Wochen den Betrieb in den Häfen, den Binnenverkehr sowie den Transport von Rohstoffen stören – und das dürfte sich wiederum auch auf Außenhandelsaufträge auswirken. rad

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    Handelsstreit: EU genehmigt Staatshilfe in Litauen

    Die Europäische Kommission hat im Handelsstreit zwischen Litauen und China ein Millionen schweres Finanzierungspaket genehmigt. Litauischen Unternehmen, die von den chinesischen Handelsbeschränkungen betroffen sind, wird mit rund 130 Millionen Euro unter die Arme gegriffen, teilte die EU-Kommission am Dienstag mit. Der Vorschlag für staatliche Hilfe wurde Brüssel aus Litauen vorgelegt.

    Die Finanzhilfe soll für alle Sektoren außer Finanzen, Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft gelten und es betroffenen Unternehmen ermöglichen, “ihre Geschäftstätigkeit an die neue Marktsituation anzupassen, ihre Geschäftsstrategien neu auszurichten und ihre Liquidität zu verbessern”, teilte die Brüsseler Behörde mit.

    China blockiert seit nun fast fünf Monaten Waren aus Litauen im Zollsystem. Die EU geht gegen das Quasi-Handelsembargo derzeit bei der Welthandelsorganisation vor (China.Table berichtete). Dass Brüssel die Finanzhilfe für Litauen genehmigt hat, deutetet nicht darauf hin, dass sich die Blockade bald lösen wird. ari

    • EU
    • Handel
    • Litauen

    Sinolytics.Radar

    China setzt bei Energiesicherheit auf Kernkraft

    Dieser Inhalt ist Lizenznehmern unserer Vollversion vorbehalten.
    • Der Anteil der Kernenergie an der gesamten Stromerzeugung in China ist mit 5,02 Prozent im Jahr 2021 derzeit noch gering.
    • Im Gegensatz zu dem Atomausstieg anderer Länder wie Japan und Deutschland ist China jedoch entschlossen, seine Kernenergiekapazität auszubauen und den Anteil der Kernenergie an der gesamten Stromerzeugung zu erhöhen. Nach Expertenschätzungen wird der Anteil der Kernenergie am gesamten Strommix Chinas in Zukunft 10-15 Prozent erreichen.
    • Der Staatsrat hat im April 2022 den Bau von sechs neuen Kernkraftwerken genehmigt. Damit erhöht sich die Gesamtzahl der derzeit im Bau befindlichen Kernkraftwerke in China auf 24.
    • Eine der wesentlichen politischen Absichten, die hinter dem kontinuierlichen Ausbau der Kernenergie in China stehen, ist die Bestrebung der Regierung, die Energiesicherheit durch die Schaffung inländischer Energiequellen zu erhöhen, insbesondere angesichts einer zunehmenden schwierigen geopolitischen Lage. Eine weitere Absicht ist die Nutzung der Kernenergie als wirtschaftlich praktikable Lösung zur Erreichung der Klimaschutzziele des Landes.
    • Nach dem Erdbeben von Fukushima im Jahr 2011 gab es eine kurzzeitige Phase des politischen Zögerns, die zu einer vorübergehenden Verlangsamung des Ausbaus der Kernenergie und einer Bewertung von Chinas eigenen Kernkrafttechnologien der dritten Generation von 2015 bis 2018 führte. Seit 2019 hat die Regierung jedoch das Zulassungstempo erhöht und das erste chinesische Kernkraftwerk der dritten Generation, das auf eigenem Know-how basiert, erfolgreich in Betrieb genommen.
    • Interessanterweise hat China unter den sechs jüngsten Projekten zwei Kernkraftwerke genehmigt, die auf importierten Technologien von Westing House, einem US-amerikanischen Unternehmen für Kernkrafttechnologie, basieren. Dies könnte darauf hindeuten, dass sich die Spannungen zwischen China und den USA bei der “Entkopplung” von Kernkrafttechnologie und Ausrüstung etwas lockern.

    Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

    Presseschau

    Chinas Haltung zur Ukraine: Imageverlust in den östlichen EU-Ländern? EURONEWS
    Taiwan aims to learn lessons of Ukraine in annual military drills REUTERS
    Elon Musk hat ein Chinaproblem FAZ
    Jeff Bezos questions Chinese ‘leverage’ over Twitter under Elon Musk POLITICO
    So wollen die EU und die USA das offene Internet gegen China und Russland verteidigen HANDELSBLATT
    Wie Chinas Covid-Politik den Welthandel lahmlegt TAGESSPIEGEL
    Verwerfungen im Welthandel: Häfen Schanghai und Hamburg werden zum Nadelöhr HANDELSBLATT
    Chinas Corona-Politik könnte zum größten Risiko für die Weltwirtschaft werden HANDELSBLATT
    China’s Xi Pushing to Beat the U.S. in GDP Growth Despite Covid Lockdowns WSJ
    Lockdown in Shanghai: Auch die Nationalhymne ist vor der Zensur nicht sicher ZEIT
    22 Millionen Einwohner Pekings müssen zum Corona-Test SUEDDEUTSCHE
    Litauen darf Unternehmen im Handelskonflikt mit China zusätzlich unterstützen HANDELSBLATT
    Hochprofitabel, aber enorm abhängig – Mercedes steckt im China-Dilemma HANDELSBLATT
    US won’t rule out military action if China establishes base in Solomon Islands THEGUARDIAN

    Standpunkt

    Sozialkredit-System: Chinas digitale Kontrolle könnte weltweit Nachahmer finden

    Doris Fischer ist Inhaberin des Lehrstuhls China Business and Economics der Julius-Maximilian Universität Würzburg. Lena Wassermann ist Doktorandin am Lehrstuhl China Business and Economics der Julius-Maximilian Universität Würzburg.
    Von Doris Fischer und Lena Wassermann

    Seit die chinesische Regierung im Jahr 2014 den Aufbau eines nationalen Sozialkredit-Systems (SKS) angekündigt hat, erregt das Thema international die Gemüter. Im weitesten Sinne ist das SKS ein datenbasiertes und technologiegestütztes Bewertungssystem, das zum einen die finanzielle Verlässlichkeit, zum anderen das allgemeine Sozialverhalten beurteilt. Der Bewertung werden alle natürlichen Personen, staatlichen Einrichtungen sowie Unternehmen unterzogen. Die internationale Aufmerksamkeit fokussiert sich meist auf die Bewertung von individuellem Verhalten nach einem Punktesystem, aus dem Belohnungen und Benachteiligungen abgeleitet werden sollen.

    Weniger Beachtung findet der Teil des Systems, der Firmen bewertet. Wie bei individuellem Verhalten zielt das SKS auch hinsichtlich der Firmen darauf ab, regelkonformes Verhalten zu belohnen und regelwidriges Verhalten zu bestrafen. Anders als bei den Individuen erfolgt dies in der Regel nicht über ein Punktesystem, sondern über rote und schwarze Listen, die online abrufbar aufzeigen, wer sich besonders gut verhalten hat und wer besonders schlecht. Um die Verlässlichkeit einzelner Akteure zu bewerten, sammelt das System finanzielle und verhaltensbezogene Daten.

    Sozialkreditsystem: Finanzverhalten und soziales Verhalten

    Zum einen wird das Finanz- und Kreditverhalten von Firmen erfasst, um es für eine Bewertung ihrer Kreditwürdigkeit bzw. Bonität heranzuziehen. Dabei fallen vor allem Kreditüberziehung, Veruntreuung und Betrugsverhalten negativ ins Gewicht. In diesem Aspekt gleicht das SKS Kreditbewertungssystemen wie der Schufa oder Equifax.

    Auf der anderen Seite werden Daten über (soziales) Verhalten erhoben, um die Firmen zur Einhaltung von Regeln und zum “guten Benehmen” zu “erziehen”. Hier können Regelverstöße wie verspätete Steuerzahlungen oder der Missbrauch von Spenden ebenso zum Malus werden wie die nicht vertragsgetreue Umsetzung von Projekten im Auftrag der Regierung.

    Das SKS verfolgt mit Blick auf Firmen ein primäres Ziel. Es soll Chinas wirtschaftliche Entwicklung fördern, indem es durch Transparenz Vertrauen in Geschäftspartner schafft und den chinesischen Markt so attraktiver für Investitionen macht. Dadurch soll es zur Legitimation der KP China beitragen, da diese hauptsächlich auf wirtschaftlichem Erfolg fußt.

    Deutsche Firmen finden sich nur selten auf den schwarzen Listen

    Das firmenbezogene SKS betrifft auch ausländische Firmen, also auch die circa 8.000 deutschen Firmen vor Ort und wirkt so indirekt über Chinas Landesgrenzen hinaus. Deutsche Firmen tauchen allerdings bisher selten auf schwarzen Listen auf. Dies mag der Tatsache geschuldet sein, dass sich deutsche Firmen in China schon aus Compliance-Gründen veranlasst sehen, Gesetze einzuhalten.

    Gleichwohl sorgt das SKS laut Umfragen des AHK Business Confidence Survey 2021 immer wieder für Sorgen und Spekulationen. Denn die konkreten Auswirkungen auf (deutsche) Firmen sind noch schwer absehbar. Auf der einen Seite besteht die Sorge, dass die Regierung das SKS instrumentalisieren könnte, um politische und/oder wirtschaftliche Ziele durchzusetzen. Eng verknüpft mit diesem Punkt ist die Befürchtung, dass es zu gezielter Diskriminierung von ausländischen Firmen durch das SKS kommen könnte. Darüber hinaus erzeugt das SKS zusätzliche Kosten, denn Firmen müssen Partnerfirmen, Zulieferer und Mitarbeitende strategisch auswählen und deren Verhalten kontinuierlich überprüfen, damit das eigene Rating keinen Schaden durch mögliches Fehlverhalten der Partner nimmt. Da das SKS zudem vorsieht, dass das Vergehen von Unternehmen in einem Bereich auch Auswirkungen auf andere Unternehmensbereiche hat (joint rewards and punishment mechanism), kann durch das SKS schnell eine Abwärtsspirale entstehen – dann droht den Firmen der Ruin.

    Längerfristig stellt sich die Frage, ob das SKS ein chinesisches Phänomen bleiben wird, weil es nur in China systemische Defizite ausgleichen soll und kann, die in entwickelten Industrieländern mit Rechtsstaatstradition so nicht gegeben sind. Oder wird sich das SKS von China aus global verbreiten? Für letzteres spräche, dass für andere Entwicklungsländer und autoritäre Staaten der Kontroll- und Erziehungscharakter des SKS durchaus attraktiv sein könnte. Und selbst manch ausländische Firma könnte die Transparenz des SKS und daher auch seine Verbreitung in der Welt begrüßen. Die Idee, dass alternative Daten und digitale Bewertungssysteme eine sinnvolle Ergänzung für die Einschätzung von Kreditwürdigkeit von Personen und Firmen sein sollten, ist schon heute nicht nur in China verbreitet. Und nicht zuletzt entstehen bereits diverse digitale Geschäftsmodelle rund um das SKS, die früher oder später auch international auf Nachfrage treffen dürften.

    Prof. Dr. Doris Fischer ist Inhaberin des Lehrstuhls China Business and Economics der Julius-Maximilian Universität Würzburg. Lena Wassermann ist Doktorandin am Lehrstuhl China Business and Economics der Julius-Maximilian Universität Würzburg. Die Autorinnen forschen im Rahmen des Forschungsprojekts “Learning from the ‘frontrunner’? A multidisciplinary analysis of the Chinese Social Credit System and its impact on Germany”, das durch das Bayerische Forschungsinstitut für Digitale Transformation (bidt) gefördert wird, zu den Auswirkungen des Sozialkreditsystems auf deutsche Firmen.

    Dieser Gastbeitrag erscheint im Kontext der Veranstaltungsreihe Global China Conversations des Kiel Instituts für Weltwirtschaft. Am Donnerstag (28.04.) geht es um das Thema: “Chinas Sozialkreditsystem: Welche Auswirkungen hat es auf deutsche Unternehmen?”. China.Table ist Medienpartner der Veranstaltungsreihe.

    • KP Chinas
    • Sozialkredit-System

    Personalien

    Robin Aschhoff übernimmt zum 1. August das Generalsekretariat der Volkswagen Group China.
    Aschhoff begann seine Karriere bei Volkswagen in der Wirtschafts- und Unternehmenskommunikation. 2017 übernahm er als Leiter Communications Operations die übergreifende Koordinationsverantwortung für die Volkswagen Kommunikation. Er berichtet an Ralf Brandstätter, der ab dem 1. August als Konzernvorstand das Ressort “China” leiten wird.

    Julie Gao wird Chief Financial Officer bei der TikTok-Mutterfirma ByteDance Ltd. Gao kommt von der internationalen Anwaltskanzlei Skadden, wo sie unter anderem Tech-Unternehmen zu potenziellen Börsengängen beriet. Die Ankündigung belebt Spekulationen über einen möglichen Börsengang von ByteDance dieses Jahr.

    • ByteDance
    • Volkswagen

    Dessert

    Autonomer Lieferbote in Shanghai: Ein Kunde entnimmt einem unbemannten Fahrzeug Waren des täglichen Lebens. Unbemannte Fahrzeuge sind seit Anfang April im Einsatz, um der Lebensmittelknappheit während des Lockdowns in der Metropole entgegenzuwirken – und Ansteckungen mit dem Coronavirus zu vermeiden.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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