Table.Briefing: China

Außenminister Qin Gang + EU: China-Politik 2023

  • Hardliner wird neuer Chefdiplomat
  • Ausblick auf Brüssels China-Agenda
  • BMWK warnt vor neuen Lieferengpässen
  • Peking erlaubt Kohle aus Australien
  • Automarkt erholt sich nur leicht
  • WTA: Tennis-Rückkehr nur mit Peng Shuai
  • Ant-Börsengang wird wahrscheinlicher
  • Social-Credit-Forscher Omar Oswald 
  • Personalien: Neuer Botschafter in Rom
Liebe Leserin, lieber Leser,

in den letzten Wochen des alten Jahres war vermehrt von Pekings Charmeoffensive gegenüber dem Westen die Rede. Schließlich hatte Xi Jinping beim G20-Gipfel in Bali einen weicheren Ton angeschlagen. Das neue außenpolitische Aushängeschild Pekings war für die Optimisten dann wahrscheinlich ein Schock: Qin Gang wird neuer Außenminister. Der Wolfskrieger ist nicht unbedingt für diplomatische Töne bekannt.

Auf Twitter hat sich Qin bereits aus den USA verabschiedet, wo er seit Juli 2021 als Botschafter im Einsatz war. Er bedankte sich unter anderem beim US-amerikanischen Volk für die freundlichen Begegnungen im Land. Auf den letzten Metern als Botschafter veröffentlichte Qin auch einen Text, der Einblick in seine – und die Pekinger – Sicht der Weltlage gibt. Michael Radunski hat sich das Stück genauer angesehen und liest zwischen Qins geschriebenen Zeilen.

Das diplomatische Jahr zwischen Brüssel und Peking startet mit Verstimmung: Der Krisenstab der EU-Kommission hat sich für verpflichtende Covid-Tests für Reisende vor Abflug aus China in allen Mitgliedsstaaten ausgesprochen. Ob diese eingeführt werden, obliegt nun den EU-Ländern selbst. Das chinesische Außenministerium hatte jedoch bereits anklingen lassen, dass dem Schritt mit Gegenmaßnahmen begegnet werden könnte. Nach drei Jahren der absurdesten Quarantäne-Vorgaben, Zwangstests, Willkür und Kontroll-Apps bei Einreise nach China lässt sich die Kritik aus Peking nur schwer ernst nehmen.

2023 hält neben dem Umgang mit der Corona-Pandemie aber noch weitere potenzielle Streitthemen für die EU und China bereit – aber vielleicht auch eine Versöhnung in Sachen CAI? Wir geben Ihnen einen Überblick über anstehende Themen in der ersten Jahreshälfte.

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Amelie Richter
Bild von Amelie  Richter

Analyse

Qin Gang – Wie Chinas neuer Außenminister die Welt sieht

Chinas neuer Außenminister Qin Gang.
Chinas neuer Außenminister Qin Gang.

Kurz vor seiner Abreise aus Washington hat Qin Gang 秦刚 noch einen Essay geschrieben. Der Titel: Wie China die Welt sieht. Es ist kein Abschiedsgeschenk des chinesischen Botschafters in den USA, sondern vielmehr eine Ankündigung. Denn Qin Gang ist inzwischen zu Chinas neuem Außenminister aufgestiegen (China.Table berichtete). Und so lohnt es sich, etwas genauer auf den Text des Essays zu schauen. Denn zwischen blumigen Formulierungen wird in der Tat sichtbar, wie China auf die aktuellen internationalen Konflikte blickt.

Auf den ersten Blick erscheint Qins Essay in der US-Zeitschrift “The National Interest” wie das Paradestück eines Karrierediplomaten. Er lobt Chinas Aufstieg als einen Gewinn für den Frieden auf der Welt und wirbt für mehr Zusammenarbeit aller Staaten zum Wohle der Menschheit. Immer wieder werden den Lesern die Begrifflichkeiten der chinesischen Führung um Präsident Xi Jinping vorgetragen: von Win-win-Situationen über gegenseitigem Respekt bis hin zu blumigen Formulierungen wie der “Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Zukunft für die Menschheit”.

Qin benennt die Krisen der Welt

Doch der 56 Jahre alte Qin ist ein erfahrener Parteikader. Er weiß, dass Blumiges nicht ausreicht – und so geht Chinas neuer Außenminister keiner aktuellen Krisen aus dem Weg. Genau an jenen Stellen lohnt es sich nicht nur auf Qins Worte, sondern vor allem auf seine möglichen Gedanken zwischen den Zeilen zu schauen.

In dem Essay heißt es:

  • Die Spannungen in der Taiwanstraße seien nicht durch China verursacht worden, sondern durch Separatisten und externe Kräfte, die den Status quo von “einem China” infrage stellten.

Hier offenbaren sich die unterschiedlichen Interpretationen von “Ein-China”: Für Peking bedeutet das, Taiwan gehört zur Volksrepublik. Für die USA und den Westen bedeutet “Ein-China” wiederum, dass China durch Peking vertreten wird; Taiwan aber dennoch seinen eigenen Weg wählen kann.·

Außerdem schreibt Qin:

  • Im Fall des Ostchinesischen Meeres sei es Japan gewesen, das vor zehn Jahren versuchte, Diaoyu-Inseln zu “nationalisieren”, wodurch der “Status quo” zwischen China und Japan verändert worden sei.
  • Im Südchinesischen Meer bestehe ein Status quo, wonach sich die Anrainer über einen Verhaltenskodex austauschen, um wirksame Regeln für die Region zu erarbeiten.
  • Hinsichtlich der Grenzfragen zwischen China und Indien seien beide Seiten bereit, die Situation zu entspannen und gemeinsam den Frieden zu schützen.

Im Fall des Japanischen/Ostchinesischen Meer hat Qin durchaus Recht: Es war tatsächlich Japan, dass vor zehn Jahren den Status quo der Diaoyu-Inseln einseitig veränderte. Allerdings ist dieser Konflikt eng verbunden mit den Spannungen im Südchinesischen Meer. Und was Peking hier in den vergangenen Jahren an künstlichen Inseln, Militäreinrichtungen, Start- und Landebahnen aufgebaut hat, stellt alles Bisherige in den Schatten.

Ganz zu schweigen von Pekings unverfrorener Ablehnung eines Urteils des Ständigen Schiedsgerichtshofs in Den Haag über Chinas ungerechtfertigten Ansprüche im Südchinesischen Meer. Vielmehr wäre just ein solches Urteil die objektive Grundlage für weitergehenden Regeln.

China sieht sich umzingelt

Grundsätzlich tritt in jedem dieser Punkte eine klare Rollenverteilung zutage: China betrachtet sich selbst als durchweg friedliches Land, das keinerlei hegemoniale Tendenzen hegt – ganz im Gegensatz zu fast allen anderen Ländern.

Es ist eine Argumentation, die man von Qin Gang kennt. Schon als Sprecher des chinesischen Außenministeriums erwarb sich er sich den Ruf eines “Wolfskriegers”. So werden Angehörige einer Generation chinesischer Diplomatinnen und Diplomaten, die mit einem zuweilen aggressiven Stil die Volksrepublik verteidigen, genannt. Qin selbst rechtfertigte ein solches Gebaren als notwendige Reaktion auf grundlose Verleumdungen und haltlose Attacken gegen China (China.Table berichtete). “Es ist unverschämt, China zu beleidigen und gleichzeitig verhindern zu wollen, dass das Land zurückschlägt”, sagte Qin einst.

Der einstige Wolfskrieger gibt sich in Washington beim Basketball volksnah.

Eine solche Sichtweise hat Qin auch auf einen Konflikt, auf den China offenbar nur allzu gerne aus sicherer Entfernung und betont unbeteiligt blickt: den Krieg in der Ukraine. Hier bleibt Qin der Pekinger Linie treu und nennt “die Lage in der Ukraine” zutiefst traurig. Aus seiner Sicht gelte es nun, Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine zu fördern.

China wird nicht von Russland abrücken

Als Qin dann auf die Ursachen des Krieges eingeht, wird deutlich, wie nah sich Peking und Moskau ideologisch im Bereich Geopolitik stehen: “Die Menschen müssen erkennen, dass es nicht funktioniert, die eigene Sicherheit auf die Unsicherheit anderer Länder zu stützen.” Das ist exakt das Narrativ Russlands, wonach die USA, die NATO und der Westen Russland in die Enge betrieben hätten, sodass Putin quasi aus Notwehr die Ukraine habe angreifen müssen. Es wird also auch unter Chinas neuem Außenminister kein Abrücken von Russland geben.

Dessen ungeachtet hofft so mancher Beobachter, dass Qin seine Amerika-Erfahrungen als neuer Außenminister einbringen wird, um das angespannte Verhältnis der beiden Supermächte wieder etwas zu entspannen.

In der Tat scheint Qin sich nach außen hin vom ruppigen Wolfskrieger zum höflichen Diplomaten gewandelt zu haben. Er ließ sich sogar verleiten, bei einem Basketball-Spiel Körbe zu werfen und damit Volksnähe zu demonstrieren. Der Ton sollte hier die Musik machen. Doch die Noten dazu schreibt noch immer Xi Jinping.

  • Geopolitik
  • Indien
  • Japan
  • Qin Gang
  • Südchinesisches Meer
  • Taiwan
  • USA

Brüssels lange To-do-Liste für 2023

Wer ab Sonntag von China aus in die EU einreist, muss für einige Mitgliedsstaaten einen negativen Covid-Test noch vor Boarding der Maschine vorlegen. Das gilt beispielsweise für Frankreich und Italien. Deutschland hat bisher keine Testpflicht für Passagiere aus der Volksrepublik angekündigt. Nach einem Treffen des EU-Krisenaktionsstabs (IPCR) zur Covid-Situation in Brüssel am Mittwoch hieß es, die EU-Mitgliedsstaaten seien “nachdrücklich aufgefordert”, für alle Reisenden die Forderung eines negativen Covid-Tests vor dem Abflug einzuführen.

Eine Mehrheit der EU-Staaten habe sich für eine einheitliche Testpflicht ausgesprochen, sagte ein EU-Kommissionssprecher am Mittwochmittag vor dem IPCR-Treffen. Das chinesische Außenministerium hatte bereits Gegenmaßnahmen angekündigt, sollte die EU eine einheitliche Testpflicht einführen wollen. Der Test-Ansatz ist nun den einzelnen EU-Staaten überlassen. Der Krisenstab empfahl zudem stichprobeartige Tests bei angekommenen Reisenden und das Tragen von FFP2-Masken auf Flügen aus der Volksrepublik.

Viel hängt davon ab, welche Auswirkungen die Öffnung Chinas in den kommenden Wochen auf die EU hat. Wenn der Reiseverkehr problemlos wieder anläuft, dann beginnen auch die Beziehungen zwischen EU und China 2023 positiver. Noch ist aber nicht abzusehen, welche Auswirkungen Chinas schneller Richtungswechsel in der Praxis hat.

Bewegung bei WTO, BRI – und vielleicht sogar dem CAI

Einige wichtige Stellschrauben – neue Entwicklungen wie auch Dauerbrenner – für die Beziehung zwischen Brüssel und Peking sind jedoch gesetzt. Ein Überblick:

  • Richtungsänderungen: In der Tschechischen Republik wird im Januar ein neuer Staatspräsident gewählt. Amtsinhaber Miloš Zeman gilt als China-nah, er steht nicht zur Wiederwahl. In Prag wird es deshalb mit großer Wahrscheinlichkeit eine noch stärkere Abkehr von Peking geben als bisher (China.Table berichtete). Ein Austritt aus dem Kooperationsformat 14+1 zwischen ost- und mitteleuropäischen Staaten und China ist nicht ausgeschlossen. Für Zemans Nachfolge gibt es mehrere Kandidaten. Einer davon: Ex-Ministerpräsident Andrej Babiš, der Peking eher skeptisch gegenüber eingestellt ist.
  • Interessant dürfte 2023 auch Italiens Entscheidung zur “Belt and Road”-Initiative (BRI) werden. Die rechtspopulistische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hatte bereits angedeutet, das BRI-Memorandum nicht erneuern zu wollen. Brüssel und andere EU-Hauptstädte blicken zudem aufmerksam auf Berlin und die dort entstehende China-Strategie aus dem grünen Außenministerium.
  • Neue Tools für die Handelspolitik: Noch vor der Sommerpause will das Europaparlament seine Positionen zum EU-Lieferkettengesetz und dem Einfuhrverbot für Produkte aus Zwangsarbeit festzurren, erklärt der Vorsitzende des Handelsausschusses, Bernd Lange (SPD), im Gespräch mit China.Table. “Hier werden sich sicherlich einige Konfliktpunkte mit China auftun.” In beiden Bereichen wolle das EU-Parlament nun aber zügig vorankommen, so Lange. Auch die neue Regelung gegen wirtschaftlichen Zwang (auf Englisch das Anti-Coercion Instrument) soll zeitnah fertig werden. Ende Januar gibt es dazu erneut Verhandlungen zwischen den EU-Institutionen unter Vorsitz der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft. “Vielleicht wird das bereits der letzte Trilog”, zeigt sich Lange zuversichtlich. Die Europäische Kommission zieht außerdem einen genaueren Blick auf die Investitionen der europäischen Firmen in China in Betracht. In ihrem Arbeitsprogramm 2023 kündigt die Brüsseler Behörde an, “zu prüfen, ob zusätzliche Instrumente in Bezug auf die Kontrolle strategischer Auslandsinvestitionen erforderlich sind”.
  • Renaissance des CAI? Eine Wiederbelebung des kaltgestellten Investitionsabkommens zwischen der EU und China schließt Lange nicht aus. Eine Voraussetzung sei jedoch weiterhin die Aufhebung der Sanktionen gegen EU-Abgeordnete. Die Führung in Peking hat vergangenes Jahr ihre Bereitschaft signalisiert, die Konventionen der Internationalen Arbeitsagentur ILO gegen Zwangsarbeit zu unterzeichnen – eine Bedingung des Europäischen Parlaments für weitere Verhandlungen. “Nun muss man in einen Dialog treten, um zu sehen, was das konkret heißt”, betont Lange. Peking hatte die Rücknahme der Sanktionen gegen die EU-Parlamentarier an eine gegenseitige Aufhebung von EU-Sanktionen gegen chinesische Beamte und eine Organisation wegen Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang gekoppelt. Die Strafmaßnahmen wurden jedoch im Dezember erneuert.
  • Russlands Krieg und Pekings Position: Die russische Invasion in der Ukraine und Chinas unausgesprochene Unterstützung wird die Beziehungen zwischen Brüssel und Peking auch in 2023 beeinflussen. Zeitnah will Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach China reisen. Macron hatte sich nach dem G20-Gipfel auf Bali für China als möglichen Vermittler zwischen Russland und dem Westen ausgesprochen. Für diesen Vorschlag erntete der französische Staatschef Hohn. Noch im Januar soll US-Außenminister Antony Blinken Medienberichten zufolge nach Peking fliegen. Eine Wiederaufnahme der diplomatischen Treffen mit chinesischen Vertretern lässt in Brüssel hoffen, dass Peking doch noch von seinem Schulterschluss mit Moskau abrücken könnte. Die jüngsten Entwicklungen deuten jedoch in eine andere Richtung.
  • Geopolitische Infrastruktur: Als nachhaltige Alternative zu Chinas Belt and Road-Initiative (BRI) angepriesen, will die EU ihr Projekt Global Gateway in diesem Jahr mit Leben füllen – Erfolgsaussichten: bisher mäßig. Zwar gab es zuletzt ein erstes offizielles Treffen der EU-Spitzenpolitiker und EU-Außenminister dazu. Konkrete Projekte bleiben aber weiterhin aus. Zeitnah soll nun jedoch die EU-weite Ausschreibung für ein Beratungs-Gremium bestehend aus Unternehmern und CEOs beginnen, wie aus Kreisen der zuständigen Generaldirektion zu hören ist. Das Gremium sei ein wichtiger Schritt, die Privatwirtschaft effektiver einzubinden, heißt es. In der ersten Jahreshälfte findet zudem ein Gipfeltreffen zwischen EU und lateinamerikanischen Vertretern statt. Auf Lateinamerika soll ein Fokus von Global Gateway liegen.
  • WTO-Klagen: Direkte Konfrontation droht ab Ende Januar, wenn bei der Welthandelsorganisation (WTO) zwei Schiedsgerichte eingerichtet werden, die sich mit Klagen der EU gegen China befassen. Bei den WTO-Verfahren geht es um die De-facto-Handelsblockade gegen Litauen und den Patentschutz bei Hightech-Produkten. China hatte die Einrichtung dieser Schiedsgerichte abgelehnt. Sie kann jedoch nur einmal blockiert werden. Die EU wird nach eigenen Angaben den Antrag erneut stellen. Das Panel wird dann automatisch Ende Januar 2023 eingesetzt und kann sich bis zu eineinhalb Jahre ziehen.
  • Taiwan und Indo-Pazifik : Der schwedische EU-Ratsvorsitz will die EU-Strategie für die Zusammenarbeit im Indo-Pazifik weiter vorantreiben, wie aus dem Programm der Schweden hervorgeht. Kurz vor Jahresende gab es erstmals ein Gipfeltreffen zwischen EU und Asean, bei dem sich beide Seiten auf eine engere wirtschaftliche Kooperation verständigten. In der vorletzten Dezember-Woche besuchte zudem eine EU-Delegation des Handelsausschusses Taiwan. Weitere Delegationsreisen auf die Insel stehen auch für 2023 an.
  • Coronavirus
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News

Ministerium warnt vor neuen Lieferengpässen

Wegen der Corona-Welle in China warnt das Bundeswirtschaftsministerium vor erneuten Lieferkettenproblemen für deutsche Unternehmen.  “Das Vertrauen in die chinesischen Zulieferungen wurde bereits im Zuge der Pandemie einem einschneidenden Realitätscheck ausgesetzt”, sagte ein Ministeriumssprecher den Zeitungen der Mediengruppe Bayern vom Mittwoch. Jetzt müsse von Neuem mit Risiken bei Lieferungen gerechnet werden. Experten gehen zwar nicht davon aus, dass es bei deutschen Unternehmen zu großen Produktionseinbrüchen kommen wird, aber trotzdem könnten Lieferengpässe neben Inflation und Rezession zu einer zusätzlichen Belastung werden.

Anders sieht das Timm Bönke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Die weggefallenen Covid-Einschränkungen in China trügen aktuell eher zur Entspannung der Lieferketten bei, sagte Bönke der Nachrichtenagentur AFP. Gleichzeitig gebe es nun jedoch Produktionsprobleme wegen vieler kranker Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Grundsätzlich erhole sich Chinas Wirtschaft gerade – aber darin liege ein Konjunkturrisiko für Deutschland und Europa, so Bönke. Die Erholung könne “zu höheren Preisen auf Rohstoff- und Energiemärkten führen und die Inflation anheizen”, meinte Bönke. lik

  • Handel
  • Konjunktur
  • Lieferketten

Peking lockert Kohle-Bann für Australien

China hat den inoffiziellen Einfuhr-Bann auf australische Kohle gelockert. Drei große Stromversorger und ein staatlicher Stahlhersteller hätten die Erlaubnis der Pekinger Führung für Kohleimporte aus Australien erhalten, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen. Die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) hatte demnach bereits am Dienstag die Stromversorger Datang, Huaneng Group und Energy Investment Corporation sowie den Stahlproduzenten Baowu Steel bei einer Vorladung informiert. Die Firmen dürfen laut dem Bericht wieder australische Kohle für ihren eigenen Bedarf importieren.

Peking hatte 2020 nach einem diplomatischen Ausfall mit Canberra erklärt, dass australische Kohle nicht den Umweltstandards der Volksrepublik entspreche und hatte damit ein inoffizielles Einfuhrverbot ausgesprochen. Auch australischer Wein und Weizen landeten auf der Sperr-Liste. Die jüngste Änderung erfolgt nun nach einem Besuch der australischen Außenministerin Penny Wong in Peking (China.Table berichtete). ari/rtr

  • Australien
  • Handel
  • Rohstoffe

Jahresendspurt sorgt für Erholung des Automarkts

Nur dank der zweiten Jahreshälfte und eines besseren Schlussspurts hat der chinesische Automarkt 2022 im Vergleich zum Vorjahr leicht zugelegt. Die Auslieferungen von Pkw stiegen in der Volksrepublik nach vorläufigen Zahlen um 1,8 Prozent auf 20,7 Millionen Autos, teilte der Branchenverband PCA am Mittwoch mit. 2021 hatte der Verkauf zwar auch leicht zugelegt, in den Jahren zuvor waren die Zahlen zurückgegangen.

Das Ende der Zero-Covid-Politik mit den ständigen extrem harten Lockdowns Anfang Dezember hat wesentlich zu der Erholung beigetragen. Im Dezember zogen die Auslieferungen an Endkunden im Vergleich mit dem Vorjahresmonat um 15 Prozent auf 2,43 Millionen Autos an. Das waren auch fast die Hälfte mehr als im Vormonat.

Im November hatten die Covid-Lockdowns in vielen Städten und Regionen noch belastet und viele Menschen vom Autokauf abgehalten. Angezogen haben die Verkäufe zum Jahresende auch, weil mit dem neuen Jahr bestimmte Subventionen für umweltfreundlichere Autos weggefallen sind. flee

  • Autoindustrie

WTA: Rückkehr hängt am Fall von Peng Shuai

Der Fall Peng Shuai beschäftigt die WTA weiterhin. Eine Rückkehr nach China ist nur nach Klärung möglich.
Der Fall Peng Shuai beschäftigt die WTA weiterhin

Die Women’s Tennis Association (WTA) möchte weiterhin keine Damen-Turniere in China stattfinden lassen, solange der Fall Peng Shuai nicht befriedigend aufgeklärt sei. “Wie wir es mit jeder Spielerin der Welt tun würden, haben wir eine formelle Untersuchung der Vorwürfe durch die zuständigen Behörden gefordert”, heißt es in einer Stellungnahme der WTA, die der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt.

Man habe zwar Bestätigungen erhalten, dass die 36-Jährige sicher sei. Ein persönliches Treffen sei jedoch bislang noch nicht zustande gekommen. “Wir halten weiterhin an unserer Position fest und unsere Gedanken bleiben bei Peng”, teilte die WTA mit.

Peng Shuai hatte im November 2021 im sozialen Netzwerk Weibo einem hochrangigen Parteikader sexuellen Missbrauch vorgeworfen. Der Eintrag wurde jedoch gelöscht. Die Zensurbehörde blockierte zudem jeden weiteren Beitrag dazu im chinesischen Internet. Daraufhin sagte die WTA alle Turniere in China ab, darunter auch das Saisonfinale der WTA in Shenzhen mit den acht besten Spielerinnen der Saison. flee

  • Peng Shuai
  • Sport
  • WTA

In die Ant-Börsenpläne kommt Bewegung

Die Finanzsparte von Alibaba kommt aus dem Klammergriff der Regulierer frei. Eine wichtige Tochtergesellschaft der Ant Group hat Ende des Jahres die lange erhoffte Genehmigung für eine Kapitalerhöhung erhalten. Das macht den Investoren neue Hoffnung darauf, dass der Börsengang von Ant eine neue Chance erhält. Die Regierung hatte die geplante Erstnotiz im November 2020 gestoppt und Ant seitdem mit immer strengeren Regularien (China.Table berichtete) belegt.

Alibaba als größter chinesischer E-Commerce-Konzern besitzt mit der Ant Group eine Finanztochter mit riesigem Kundenstamm. Doch gerade darum wurde das Gespann aus Sicht der Führung in Peking zu mächtig. Ant bot immer neue digitale Finanzprodukte an und sammelte Daten über einen Großteil der chinesischen Bevölkerung, ohne dass für das Tech-Unternehmen die Bankenregeln galten. Eine Ant-Aktie, wenn der Börsengang doch noch kommt, gilt vielen Anlegern dennoch als attraktive Investition. fin

  • Ant Group
  • Finanzen
  • Tech-Crackdown
  • Technologie

Presseschau

EU empfiehlt Testpflicht für Reisende aus China N-TV
Einreisen aus China: Wie Corona erneut Europa entzweit SUEDDEUTSCHE
Covid in China: Nun trifft es auch die Bevölkerung auf dem Land ZEIT
WHO kritisiert Chinas Corona-Informationen DW
Annalena Baerbock warnt vor zu großer Abhängigkeit von China ZEIT
China dreht eigener Chipindustrie den Geldhahn ab N-TV
Asien-Experte Sebastian Heilmann: “Fahrzeuge mit digitalen Komponenten aus China als Sicherheitsrisiko” FAZ
Chinesischer Automarkt legt im Gesamtjahr leicht zu HANDELSBLATT
Alibaba-Beteiligung Ant macht Fortschritte bei chinesischen Aufsehern T-ONLINE
China und Philippinen wollen zusammenrücken DW
Europa: Chinesische Touristen kommen wieder WIENER ZEITUNG
Ex-Nato-Chef Anders Fogh Rasmussen: Taiwan ist ein “Leuchtturm der Freiheit” MORGENPOST

Heads

Omar Ramon Serrano Oswald – Das Sozialkreditsystem unter der Lupe

Omar Ramon Serrano Oswald forscht zum Sozialkreditsystem in China und den Einfluss auf Unternehmen.
Omar Ramon Serrano Oswald ist Professor im Bereich Internationales Management an der Business School der Berner Fachhochschule.

Oman Ramon Serrano Oswald hat schon in vielen Erdteilen gelebt: Als Kind mexikanisch-schweizerischer Eltern wuchs er sowohl in Mexiko als auch in Deutschland auf und lernte schon früh, sich in diesen zwei Welten zurechtzufinden. Während seines Studiums der Internationalen Beziehungen verbrachte er Zeit in China, Indien, Brasilien und Mexiko. Heute ist er Professor im Bereich Internationales Management an der Business School der Berner Fachhochschule und forscht zu Nord-Süd-Beziehungen.

Wissenschaftlich beschäftigte er sich unter anderem mit der Kapazität verschiedener Schwellenländer, ihre Interessen auf globaler Bühne durchzusetzen und internationale Institutionen in ihrem Sinne zu beeinflussen – wie also “policy takers” zu “policy makers” werden. “Dabei tat sich China durch seine starken organisatorischen Strukturen und innovativen Firmen hervor, insbesondere was die Setzung von Normen und Standards betrifft”, erklärt Serrano. Inzwischen nehmen sich Länder wie Indien und Brasilien ein Beispiel am chinesischen Erfolg.

Forschungsschwerpunkt Social Credit System

Im Rahmen seiner kürzlich abgeschlossenen Postdoc-Stelle an der TU München untersuchte Serrano dann das chinesische Sozialkreditsystem (SCS) und dessen Einfluss auf in China aktive bayerische Unternehmen. Laut Serrano wissen viele Firmen, sowohl in Bayern als auch in ganz Deutschland und Europa, oft noch zu wenig über dieses System. Seiner Meinung nach müssen sie sich aktiver mit der Initiative beschäftigen, die derzeit immer weiter ausgebaut wird.

Bisher ist zwar noch kein bayerisches Unternehmen auf der “Schwarzen Liste” des SCS gelandet, doch wurden schon mehrere Verwaltungsstrafen ausgesprochen. Andererseits bringt das System auch Vorteile mit sich. Einige bayerische Firmen nutzen es beispielsweise schon bei der Suche nach Zulieferern oder neuen Mitarbeitern, welche über die frei zugänglichen SCS-Plattformen im Voraus geprüft werden können.

Lokale Unterschiede weiterhin groß

Allgemein sollte man aber nicht die große Heterogenität Chinas aus den Augen verlieren, sagt Serrano. Laut seiner Forschungsergebnisse wird selbst das SCS in den verschiedenen Provinzen unterschiedlich implementiert. So achte Shanghai besonders auf Umweltstandards, während in Jiangsu vor allem arbeitsrechtliche Fragen in den Vordergrund gestellt werden.

Zwar gibt es unter Xi Jinping stärkere Tendenzen zur Zentralisierung. Doch bedeutet das nicht, dass lokale Unterschiede nicht dennoch oft enorm sind und bei der Auseinandersetzung mit China unbedingt Beachtung finden sollten. Clemens Ruben

  • Forschung
  • Gesellschaft
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  • Sozialkredit-System
  • Wissenschaft

Personalien

Jia Guide wird neuer chinesischer Botschafter in Italien. Er war zuletzt in Peking als Leiter der Rechts-Abteilung im Amt für auswärtige Angelegenheiten tätig. Jia ist ein erfahrener Diplomat. Als Botschafter in Peru erreichte er einen Beitritt des Landes zur Belt and Road Initiative.

Isaac B. Kardon ist neuer Senior Fellow for China Studies bei der Denkfabrik Carnegie Stiftung für Internationalen Frieden. Kardon war zuvor unter anderem Assistenzprofessor am United States Naval War College.

Anni Chen ist seit Dezember neue Associate Digital Marketing Managerin bei Pharma-Hersteller MSD China in Shanghai. Chen war zuvor als Senior Multi-Channel-Marketing Specialist bei Takeda Oncology tätig.

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

Dessert

Das China-Restaurant – wie dieses in Berlin-Kreuzberg – ist aus den meisten deutschen Städten nicht mehr wegzudenken. Nun ist diese kulinarische Institution 100 Jahre alt geworden. 1923 eröffnete das erste chinesische Restaurant in Berlin in der Kantstraße 130b. So schreibt es zumindest die Bundeszentrale für politische Bildung. Es sei vom ehemaligen Koch der Gesandtschaft betrieben worden und hieß “Tientsin”. In den 1920er-Jahren galt ein Lokal mit außereuropäischer Küche noch als exotisch und war deswegen gerade unter Bohemiens total angesagt.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    • WTA: Tennis-Rückkehr nur mit Peng Shuai
    • Ant-Börsengang wird wahrscheinlicher
    • Social-Credit-Forscher Omar Oswald 
    • Personalien: Neuer Botschafter in Rom
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    in den letzten Wochen des alten Jahres war vermehrt von Pekings Charmeoffensive gegenüber dem Westen die Rede. Schließlich hatte Xi Jinping beim G20-Gipfel in Bali einen weicheren Ton angeschlagen. Das neue außenpolitische Aushängeschild Pekings war für die Optimisten dann wahrscheinlich ein Schock: Qin Gang wird neuer Außenminister. Der Wolfskrieger ist nicht unbedingt für diplomatische Töne bekannt.

    Auf Twitter hat sich Qin bereits aus den USA verabschiedet, wo er seit Juli 2021 als Botschafter im Einsatz war. Er bedankte sich unter anderem beim US-amerikanischen Volk für die freundlichen Begegnungen im Land. Auf den letzten Metern als Botschafter veröffentlichte Qin auch einen Text, der Einblick in seine – und die Pekinger – Sicht der Weltlage gibt. Michael Radunski hat sich das Stück genauer angesehen und liest zwischen Qins geschriebenen Zeilen.

    Das diplomatische Jahr zwischen Brüssel und Peking startet mit Verstimmung: Der Krisenstab der EU-Kommission hat sich für verpflichtende Covid-Tests für Reisende vor Abflug aus China in allen Mitgliedsstaaten ausgesprochen. Ob diese eingeführt werden, obliegt nun den EU-Ländern selbst. Das chinesische Außenministerium hatte jedoch bereits anklingen lassen, dass dem Schritt mit Gegenmaßnahmen begegnet werden könnte. Nach drei Jahren der absurdesten Quarantäne-Vorgaben, Zwangstests, Willkür und Kontroll-Apps bei Einreise nach China lässt sich die Kritik aus Peking nur schwer ernst nehmen.

    2023 hält neben dem Umgang mit der Corona-Pandemie aber noch weitere potenzielle Streitthemen für die EU und China bereit – aber vielleicht auch eine Versöhnung in Sachen CAI? Wir geben Ihnen einen Überblick über anstehende Themen in der ersten Jahreshälfte.

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    Qin Gang – Wie Chinas neuer Außenminister die Welt sieht

    Chinas neuer Außenminister Qin Gang.
    Chinas neuer Außenminister Qin Gang.

    Kurz vor seiner Abreise aus Washington hat Qin Gang 秦刚 noch einen Essay geschrieben. Der Titel: Wie China die Welt sieht. Es ist kein Abschiedsgeschenk des chinesischen Botschafters in den USA, sondern vielmehr eine Ankündigung. Denn Qin Gang ist inzwischen zu Chinas neuem Außenminister aufgestiegen (China.Table berichtete). Und so lohnt es sich, etwas genauer auf den Text des Essays zu schauen. Denn zwischen blumigen Formulierungen wird in der Tat sichtbar, wie China auf die aktuellen internationalen Konflikte blickt.

    Auf den ersten Blick erscheint Qins Essay in der US-Zeitschrift “The National Interest” wie das Paradestück eines Karrierediplomaten. Er lobt Chinas Aufstieg als einen Gewinn für den Frieden auf der Welt und wirbt für mehr Zusammenarbeit aller Staaten zum Wohle der Menschheit. Immer wieder werden den Lesern die Begrifflichkeiten der chinesischen Führung um Präsident Xi Jinping vorgetragen: von Win-win-Situationen über gegenseitigem Respekt bis hin zu blumigen Formulierungen wie der “Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Zukunft für die Menschheit”.

    Qin benennt die Krisen der Welt

    Doch der 56 Jahre alte Qin ist ein erfahrener Parteikader. Er weiß, dass Blumiges nicht ausreicht – und so geht Chinas neuer Außenminister keiner aktuellen Krisen aus dem Weg. Genau an jenen Stellen lohnt es sich nicht nur auf Qins Worte, sondern vor allem auf seine möglichen Gedanken zwischen den Zeilen zu schauen.

    In dem Essay heißt es:

    • Die Spannungen in der Taiwanstraße seien nicht durch China verursacht worden, sondern durch Separatisten und externe Kräfte, die den Status quo von “einem China” infrage stellten.

    Hier offenbaren sich die unterschiedlichen Interpretationen von “Ein-China”: Für Peking bedeutet das, Taiwan gehört zur Volksrepublik. Für die USA und den Westen bedeutet “Ein-China” wiederum, dass China durch Peking vertreten wird; Taiwan aber dennoch seinen eigenen Weg wählen kann.·

    Außerdem schreibt Qin:

    • Im Fall des Ostchinesischen Meeres sei es Japan gewesen, das vor zehn Jahren versuchte, Diaoyu-Inseln zu “nationalisieren”, wodurch der “Status quo” zwischen China und Japan verändert worden sei.
    • Im Südchinesischen Meer bestehe ein Status quo, wonach sich die Anrainer über einen Verhaltenskodex austauschen, um wirksame Regeln für die Region zu erarbeiten.
    • Hinsichtlich der Grenzfragen zwischen China und Indien seien beide Seiten bereit, die Situation zu entspannen und gemeinsam den Frieden zu schützen.

    Im Fall des Japanischen/Ostchinesischen Meer hat Qin durchaus Recht: Es war tatsächlich Japan, dass vor zehn Jahren den Status quo der Diaoyu-Inseln einseitig veränderte. Allerdings ist dieser Konflikt eng verbunden mit den Spannungen im Südchinesischen Meer. Und was Peking hier in den vergangenen Jahren an künstlichen Inseln, Militäreinrichtungen, Start- und Landebahnen aufgebaut hat, stellt alles Bisherige in den Schatten.

    Ganz zu schweigen von Pekings unverfrorener Ablehnung eines Urteils des Ständigen Schiedsgerichtshofs in Den Haag über Chinas ungerechtfertigten Ansprüche im Südchinesischen Meer. Vielmehr wäre just ein solches Urteil die objektive Grundlage für weitergehenden Regeln.

    China sieht sich umzingelt

    Grundsätzlich tritt in jedem dieser Punkte eine klare Rollenverteilung zutage: China betrachtet sich selbst als durchweg friedliches Land, das keinerlei hegemoniale Tendenzen hegt – ganz im Gegensatz zu fast allen anderen Ländern.

    Es ist eine Argumentation, die man von Qin Gang kennt. Schon als Sprecher des chinesischen Außenministeriums erwarb sich er sich den Ruf eines “Wolfskriegers”. So werden Angehörige einer Generation chinesischer Diplomatinnen und Diplomaten, die mit einem zuweilen aggressiven Stil die Volksrepublik verteidigen, genannt. Qin selbst rechtfertigte ein solches Gebaren als notwendige Reaktion auf grundlose Verleumdungen und haltlose Attacken gegen China (China.Table berichtete). “Es ist unverschämt, China zu beleidigen und gleichzeitig verhindern zu wollen, dass das Land zurückschlägt”, sagte Qin einst.

    Der einstige Wolfskrieger gibt sich in Washington beim Basketball volksnah.

    Eine solche Sichtweise hat Qin auch auf einen Konflikt, auf den China offenbar nur allzu gerne aus sicherer Entfernung und betont unbeteiligt blickt: den Krieg in der Ukraine. Hier bleibt Qin der Pekinger Linie treu und nennt “die Lage in der Ukraine” zutiefst traurig. Aus seiner Sicht gelte es nun, Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine zu fördern.

    China wird nicht von Russland abrücken

    Als Qin dann auf die Ursachen des Krieges eingeht, wird deutlich, wie nah sich Peking und Moskau ideologisch im Bereich Geopolitik stehen: “Die Menschen müssen erkennen, dass es nicht funktioniert, die eigene Sicherheit auf die Unsicherheit anderer Länder zu stützen.” Das ist exakt das Narrativ Russlands, wonach die USA, die NATO und der Westen Russland in die Enge betrieben hätten, sodass Putin quasi aus Notwehr die Ukraine habe angreifen müssen. Es wird also auch unter Chinas neuem Außenminister kein Abrücken von Russland geben.

    Dessen ungeachtet hofft so mancher Beobachter, dass Qin seine Amerika-Erfahrungen als neuer Außenminister einbringen wird, um das angespannte Verhältnis der beiden Supermächte wieder etwas zu entspannen.

    In der Tat scheint Qin sich nach außen hin vom ruppigen Wolfskrieger zum höflichen Diplomaten gewandelt zu haben. Er ließ sich sogar verleiten, bei einem Basketball-Spiel Körbe zu werfen und damit Volksnähe zu demonstrieren. Der Ton sollte hier die Musik machen. Doch die Noten dazu schreibt noch immer Xi Jinping.

    • Geopolitik
    • Indien
    • Japan
    • Qin Gang
    • Südchinesisches Meer
    • Taiwan
    • USA

    Brüssels lange To-do-Liste für 2023

    Wer ab Sonntag von China aus in die EU einreist, muss für einige Mitgliedsstaaten einen negativen Covid-Test noch vor Boarding der Maschine vorlegen. Das gilt beispielsweise für Frankreich und Italien. Deutschland hat bisher keine Testpflicht für Passagiere aus der Volksrepublik angekündigt. Nach einem Treffen des EU-Krisenaktionsstabs (IPCR) zur Covid-Situation in Brüssel am Mittwoch hieß es, die EU-Mitgliedsstaaten seien “nachdrücklich aufgefordert”, für alle Reisenden die Forderung eines negativen Covid-Tests vor dem Abflug einzuführen.

    Eine Mehrheit der EU-Staaten habe sich für eine einheitliche Testpflicht ausgesprochen, sagte ein EU-Kommissionssprecher am Mittwochmittag vor dem IPCR-Treffen. Das chinesische Außenministerium hatte bereits Gegenmaßnahmen angekündigt, sollte die EU eine einheitliche Testpflicht einführen wollen. Der Test-Ansatz ist nun den einzelnen EU-Staaten überlassen. Der Krisenstab empfahl zudem stichprobeartige Tests bei angekommenen Reisenden und das Tragen von FFP2-Masken auf Flügen aus der Volksrepublik.

    Viel hängt davon ab, welche Auswirkungen die Öffnung Chinas in den kommenden Wochen auf die EU hat. Wenn der Reiseverkehr problemlos wieder anläuft, dann beginnen auch die Beziehungen zwischen EU und China 2023 positiver. Noch ist aber nicht abzusehen, welche Auswirkungen Chinas schneller Richtungswechsel in der Praxis hat.

    Bewegung bei WTO, BRI – und vielleicht sogar dem CAI

    Einige wichtige Stellschrauben – neue Entwicklungen wie auch Dauerbrenner – für die Beziehung zwischen Brüssel und Peking sind jedoch gesetzt. Ein Überblick:

    • Richtungsänderungen: In der Tschechischen Republik wird im Januar ein neuer Staatspräsident gewählt. Amtsinhaber Miloš Zeman gilt als China-nah, er steht nicht zur Wiederwahl. In Prag wird es deshalb mit großer Wahrscheinlichkeit eine noch stärkere Abkehr von Peking geben als bisher (China.Table berichtete). Ein Austritt aus dem Kooperationsformat 14+1 zwischen ost- und mitteleuropäischen Staaten und China ist nicht ausgeschlossen. Für Zemans Nachfolge gibt es mehrere Kandidaten. Einer davon: Ex-Ministerpräsident Andrej Babiš, der Peking eher skeptisch gegenüber eingestellt ist.
    • Interessant dürfte 2023 auch Italiens Entscheidung zur “Belt and Road”-Initiative (BRI) werden. Die rechtspopulistische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hatte bereits angedeutet, das BRI-Memorandum nicht erneuern zu wollen. Brüssel und andere EU-Hauptstädte blicken zudem aufmerksam auf Berlin und die dort entstehende China-Strategie aus dem grünen Außenministerium.
    • Neue Tools für die Handelspolitik: Noch vor der Sommerpause will das Europaparlament seine Positionen zum EU-Lieferkettengesetz und dem Einfuhrverbot für Produkte aus Zwangsarbeit festzurren, erklärt der Vorsitzende des Handelsausschusses, Bernd Lange (SPD), im Gespräch mit China.Table. “Hier werden sich sicherlich einige Konfliktpunkte mit China auftun.” In beiden Bereichen wolle das EU-Parlament nun aber zügig vorankommen, so Lange. Auch die neue Regelung gegen wirtschaftlichen Zwang (auf Englisch das Anti-Coercion Instrument) soll zeitnah fertig werden. Ende Januar gibt es dazu erneut Verhandlungen zwischen den EU-Institutionen unter Vorsitz der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft. “Vielleicht wird das bereits der letzte Trilog”, zeigt sich Lange zuversichtlich. Die Europäische Kommission zieht außerdem einen genaueren Blick auf die Investitionen der europäischen Firmen in China in Betracht. In ihrem Arbeitsprogramm 2023 kündigt die Brüsseler Behörde an, “zu prüfen, ob zusätzliche Instrumente in Bezug auf die Kontrolle strategischer Auslandsinvestitionen erforderlich sind”.
    • Renaissance des CAI? Eine Wiederbelebung des kaltgestellten Investitionsabkommens zwischen der EU und China schließt Lange nicht aus. Eine Voraussetzung sei jedoch weiterhin die Aufhebung der Sanktionen gegen EU-Abgeordnete. Die Führung in Peking hat vergangenes Jahr ihre Bereitschaft signalisiert, die Konventionen der Internationalen Arbeitsagentur ILO gegen Zwangsarbeit zu unterzeichnen – eine Bedingung des Europäischen Parlaments für weitere Verhandlungen. “Nun muss man in einen Dialog treten, um zu sehen, was das konkret heißt”, betont Lange. Peking hatte die Rücknahme der Sanktionen gegen die EU-Parlamentarier an eine gegenseitige Aufhebung von EU-Sanktionen gegen chinesische Beamte und eine Organisation wegen Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang gekoppelt. Die Strafmaßnahmen wurden jedoch im Dezember erneuert.
    • Russlands Krieg und Pekings Position: Die russische Invasion in der Ukraine und Chinas unausgesprochene Unterstützung wird die Beziehungen zwischen Brüssel und Peking auch in 2023 beeinflussen. Zeitnah will Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach China reisen. Macron hatte sich nach dem G20-Gipfel auf Bali für China als möglichen Vermittler zwischen Russland und dem Westen ausgesprochen. Für diesen Vorschlag erntete der französische Staatschef Hohn. Noch im Januar soll US-Außenminister Antony Blinken Medienberichten zufolge nach Peking fliegen. Eine Wiederaufnahme der diplomatischen Treffen mit chinesischen Vertretern lässt in Brüssel hoffen, dass Peking doch noch von seinem Schulterschluss mit Moskau abrücken könnte. Die jüngsten Entwicklungen deuten jedoch in eine andere Richtung.
    • Geopolitische Infrastruktur: Als nachhaltige Alternative zu Chinas Belt and Road-Initiative (BRI) angepriesen, will die EU ihr Projekt Global Gateway in diesem Jahr mit Leben füllen – Erfolgsaussichten: bisher mäßig. Zwar gab es zuletzt ein erstes offizielles Treffen der EU-Spitzenpolitiker und EU-Außenminister dazu. Konkrete Projekte bleiben aber weiterhin aus. Zeitnah soll nun jedoch die EU-weite Ausschreibung für ein Beratungs-Gremium bestehend aus Unternehmern und CEOs beginnen, wie aus Kreisen der zuständigen Generaldirektion zu hören ist. Das Gremium sei ein wichtiger Schritt, die Privatwirtschaft effektiver einzubinden, heißt es. In der ersten Jahreshälfte findet zudem ein Gipfeltreffen zwischen EU und lateinamerikanischen Vertretern statt. Auf Lateinamerika soll ein Fokus von Global Gateway liegen.
    • WTO-Klagen: Direkte Konfrontation droht ab Ende Januar, wenn bei der Welthandelsorganisation (WTO) zwei Schiedsgerichte eingerichtet werden, die sich mit Klagen der EU gegen China befassen. Bei den WTO-Verfahren geht es um die De-facto-Handelsblockade gegen Litauen und den Patentschutz bei Hightech-Produkten. China hatte die Einrichtung dieser Schiedsgerichte abgelehnt. Sie kann jedoch nur einmal blockiert werden. Die EU wird nach eigenen Angaben den Antrag erneut stellen. Das Panel wird dann automatisch Ende Januar 2023 eingesetzt und kann sich bis zu eineinhalb Jahre ziehen.
    • Taiwan und Indo-Pazifik : Der schwedische EU-Ratsvorsitz will die EU-Strategie für die Zusammenarbeit im Indo-Pazifik weiter vorantreiben, wie aus dem Programm der Schweden hervorgeht. Kurz vor Jahresende gab es erstmals ein Gipfeltreffen zwischen EU und Asean, bei dem sich beide Seiten auf eine engere wirtschaftliche Kooperation verständigten. In der vorletzten Dezember-Woche besuchte zudem eine EU-Delegation des Handelsausschusses Taiwan. Weitere Delegationsreisen auf die Insel stehen auch für 2023 an.
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    Ministerium warnt vor neuen Lieferengpässen

    Wegen der Corona-Welle in China warnt das Bundeswirtschaftsministerium vor erneuten Lieferkettenproblemen für deutsche Unternehmen.  “Das Vertrauen in die chinesischen Zulieferungen wurde bereits im Zuge der Pandemie einem einschneidenden Realitätscheck ausgesetzt”, sagte ein Ministeriumssprecher den Zeitungen der Mediengruppe Bayern vom Mittwoch. Jetzt müsse von Neuem mit Risiken bei Lieferungen gerechnet werden. Experten gehen zwar nicht davon aus, dass es bei deutschen Unternehmen zu großen Produktionseinbrüchen kommen wird, aber trotzdem könnten Lieferengpässe neben Inflation und Rezession zu einer zusätzlichen Belastung werden.

    Anders sieht das Timm Bönke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Die weggefallenen Covid-Einschränkungen in China trügen aktuell eher zur Entspannung der Lieferketten bei, sagte Bönke der Nachrichtenagentur AFP. Gleichzeitig gebe es nun jedoch Produktionsprobleme wegen vieler kranker Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Grundsätzlich erhole sich Chinas Wirtschaft gerade – aber darin liege ein Konjunkturrisiko für Deutschland und Europa, so Bönke. Die Erholung könne “zu höheren Preisen auf Rohstoff- und Energiemärkten führen und die Inflation anheizen”, meinte Bönke. lik

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    Peking lockert Kohle-Bann für Australien

    China hat den inoffiziellen Einfuhr-Bann auf australische Kohle gelockert. Drei große Stromversorger und ein staatlicher Stahlhersteller hätten die Erlaubnis der Pekinger Führung für Kohleimporte aus Australien erhalten, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen. Die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) hatte demnach bereits am Dienstag die Stromversorger Datang, Huaneng Group und Energy Investment Corporation sowie den Stahlproduzenten Baowu Steel bei einer Vorladung informiert. Die Firmen dürfen laut dem Bericht wieder australische Kohle für ihren eigenen Bedarf importieren.

    Peking hatte 2020 nach einem diplomatischen Ausfall mit Canberra erklärt, dass australische Kohle nicht den Umweltstandards der Volksrepublik entspreche und hatte damit ein inoffizielles Einfuhrverbot ausgesprochen. Auch australischer Wein und Weizen landeten auf der Sperr-Liste. Die jüngste Änderung erfolgt nun nach einem Besuch der australischen Außenministerin Penny Wong in Peking (China.Table berichtete). ari/rtr

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    Jahresendspurt sorgt für Erholung des Automarkts

    Nur dank der zweiten Jahreshälfte und eines besseren Schlussspurts hat der chinesische Automarkt 2022 im Vergleich zum Vorjahr leicht zugelegt. Die Auslieferungen von Pkw stiegen in der Volksrepublik nach vorläufigen Zahlen um 1,8 Prozent auf 20,7 Millionen Autos, teilte der Branchenverband PCA am Mittwoch mit. 2021 hatte der Verkauf zwar auch leicht zugelegt, in den Jahren zuvor waren die Zahlen zurückgegangen.

    Das Ende der Zero-Covid-Politik mit den ständigen extrem harten Lockdowns Anfang Dezember hat wesentlich zu der Erholung beigetragen. Im Dezember zogen die Auslieferungen an Endkunden im Vergleich mit dem Vorjahresmonat um 15 Prozent auf 2,43 Millionen Autos an. Das waren auch fast die Hälfte mehr als im Vormonat.

    Im November hatten die Covid-Lockdowns in vielen Städten und Regionen noch belastet und viele Menschen vom Autokauf abgehalten. Angezogen haben die Verkäufe zum Jahresende auch, weil mit dem neuen Jahr bestimmte Subventionen für umweltfreundlichere Autos weggefallen sind. flee

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    WTA: Rückkehr hängt am Fall von Peng Shuai

    Der Fall Peng Shuai beschäftigt die WTA weiterhin. Eine Rückkehr nach China ist nur nach Klärung möglich.
    Der Fall Peng Shuai beschäftigt die WTA weiterhin

    Die Women’s Tennis Association (WTA) möchte weiterhin keine Damen-Turniere in China stattfinden lassen, solange der Fall Peng Shuai nicht befriedigend aufgeklärt sei. “Wie wir es mit jeder Spielerin der Welt tun würden, haben wir eine formelle Untersuchung der Vorwürfe durch die zuständigen Behörden gefordert”, heißt es in einer Stellungnahme der WTA, die der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt.

    Man habe zwar Bestätigungen erhalten, dass die 36-Jährige sicher sei. Ein persönliches Treffen sei jedoch bislang noch nicht zustande gekommen. “Wir halten weiterhin an unserer Position fest und unsere Gedanken bleiben bei Peng”, teilte die WTA mit.

    Peng Shuai hatte im November 2021 im sozialen Netzwerk Weibo einem hochrangigen Parteikader sexuellen Missbrauch vorgeworfen. Der Eintrag wurde jedoch gelöscht. Die Zensurbehörde blockierte zudem jeden weiteren Beitrag dazu im chinesischen Internet. Daraufhin sagte die WTA alle Turniere in China ab, darunter auch das Saisonfinale der WTA in Shenzhen mit den acht besten Spielerinnen der Saison. flee

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    • WTA

    In die Ant-Börsenpläne kommt Bewegung

    Die Finanzsparte von Alibaba kommt aus dem Klammergriff der Regulierer frei. Eine wichtige Tochtergesellschaft der Ant Group hat Ende des Jahres die lange erhoffte Genehmigung für eine Kapitalerhöhung erhalten. Das macht den Investoren neue Hoffnung darauf, dass der Börsengang von Ant eine neue Chance erhält. Die Regierung hatte die geplante Erstnotiz im November 2020 gestoppt und Ant seitdem mit immer strengeren Regularien (China.Table berichtete) belegt.

    Alibaba als größter chinesischer E-Commerce-Konzern besitzt mit der Ant Group eine Finanztochter mit riesigem Kundenstamm. Doch gerade darum wurde das Gespann aus Sicht der Führung in Peking zu mächtig. Ant bot immer neue digitale Finanzprodukte an und sammelte Daten über einen Großteil der chinesischen Bevölkerung, ohne dass für das Tech-Unternehmen die Bankenregeln galten. Eine Ant-Aktie, wenn der Börsengang doch noch kommt, gilt vielen Anlegern dennoch als attraktive Investition. fin

    • Ant Group
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    Presseschau

    EU empfiehlt Testpflicht für Reisende aus China N-TV
    Einreisen aus China: Wie Corona erneut Europa entzweit SUEDDEUTSCHE
    Covid in China: Nun trifft es auch die Bevölkerung auf dem Land ZEIT
    WHO kritisiert Chinas Corona-Informationen DW
    Annalena Baerbock warnt vor zu großer Abhängigkeit von China ZEIT
    China dreht eigener Chipindustrie den Geldhahn ab N-TV
    Asien-Experte Sebastian Heilmann: “Fahrzeuge mit digitalen Komponenten aus China als Sicherheitsrisiko” FAZ
    Chinesischer Automarkt legt im Gesamtjahr leicht zu HANDELSBLATT
    Alibaba-Beteiligung Ant macht Fortschritte bei chinesischen Aufsehern T-ONLINE
    China und Philippinen wollen zusammenrücken DW
    Europa: Chinesische Touristen kommen wieder WIENER ZEITUNG
    Ex-Nato-Chef Anders Fogh Rasmussen: Taiwan ist ein “Leuchtturm der Freiheit” MORGENPOST

    Heads

    Omar Ramon Serrano Oswald – Das Sozialkreditsystem unter der Lupe

    Omar Ramon Serrano Oswald forscht zum Sozialkreditsystem in China und den Einfluss auf Unternehmen.
    Omar Ramon Serrano Oswald ist Professor im Bereich Internationales Management an der Business School der Berner Fachhochschule.

    Oman Ramon Serrano Oswald hat schon in vielen Erdteilen gelebt: Als Kind mexikanisch-schweizerischer Eltern wuchs er sowohl in Mexiko als auch in Deutschland auf und lernte schon früh, sich in diesen zwei Welten zurechtzufinden. Während seines Studiums der Internationalen Beziehungen verbrachte er Zeit in China, Indien, Brasilien und Mexiko. Heute ist er Professor im Bereich Internationales Management an der Business School der Berner Fachhochschule und forscht zu Nord-Süd-Beziehungen.

    Wissenschaftlich beschäftigte er sich unter anderem mit der Kapazität verschiedener Schwellenländer, ihre Interessen auf globaler Bühne durchzusetzen und internationale Institutionen in ihrem Sinne zu beeinflussen – wie also “policy takers” zu “policy makers” werden. “Dabei tat sich China durch seine starken organisatorischen Strukturen und innovativen Firmen hervor, insbesondere was die Setzung von Normen und Standards betrifft”, erklärt Serrano. Inzwischen nehmen sich Länder wie Indien und Brasilien ein Beispiel am chinesischen Erfolg.

    Forschungsschwerpunkt Social Credit System

    Im Rahmen seiner kürzlich abgeschlossenen Postdoc-Stelle an der TU München untersuchte Serrano dann das chinesische Sozialkreditsystem (SCS) und dessen Einfluss auf in China aktive bayerische Unternehmen. Laut Serrano wissen viele Firmen, sowohl in Bayern als auch in ganz Deutschland und Europa, oft noch zu wenig über dieses System. Seiner Meinung nach müssen sie sich aktiver mit der Initiative beschäftigen, die derzeit immer weiter ausgebaut wird.

    Bisher ist zwar noch kein bayerisches Unternehmen auf der “Schwarzen Liste” des SCS gelandet, doch wurden schon mehrere Verwaltungsstrafen ausgesprochen. Andererseits bringt das System auch Vorteile mit sich. Einige bayerische Firmen nutzen es beispielsweise schon bei der Suche nach Zulieferern oder neuen Mitarbeitern, welche über die frei zugänglichen SCS-Plattformen im Voraus geprüft werden können.

    Lokale Unterschiede weiterhin groß

    Allgemein sollte man aber nicht die große Heterogenität Chinas aus den Augen verlieren, sagt Serrano. Laut seiner Forschungsergebnisse wird selbst das SCS in den verschiedenen Provinzen unterschiedlich implementiert. So achte Shanghai besonders auf Umweltstandards, während in Jiangsu vor allem arbeitsrechtliche Fragen in den Vordergrund gestellt werden.

    Zwar gibt es unter Xi Jinping stärkere Tendenzen zur Zentralisierung. Doch bedeutet das nicht, dass lokale Unterschiede nicht dennoch oft enorm sind und bei der Auseinandersetzung mit China unbedingt Beachtung finden sollten. Clemens Ruben

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    • Wissenschaft

    Personalien

    Jia Guide wird neuer chinesischer Botschafter in Italien. Er war zuletzt in Peking als Leiter der Rechts-Abteilung im Amt für auswärtige Angelegenheiten tätig. Jia ist ein erfahrener Diplomat. Als Botschafter in Peru erreichte er einen Beitritt des Landes zur Belt and Road Initiative.

    Isaac B. Kardon ist neuer Senior Fellow for China Studies bei der Denkfabrik Carnegie Stiftung für Internationalen Frieden. Kardon war zuvor unter anderem Assistenzprofessor am United States Naval War College.

    Anni Chen ist seit Dezember neue Associate Digital Marketing Managerin bei Pharma-Hersteller MSD China in Shanghai. Chen war zuvor als Senior Multi-Channel-Marketing Specialist bei Takeda Oncology tätig.

    Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!

    Dessert

    Das China-Restaurant – wie dieses in Berlin-Kreuzberg – ist aus den meisten deutschen Städten nicht mehr wegzudenken. Nun ist diese kulinarische Institution 100 Jahre alt geworden. 1923 eröffnete das erste chinesische Restaurant in Berlin in der Kantstraße 130b. So schreibt es zumindest die Bundeszentrale für politische Bildung. Es sei vom ehemaligen Koch der Gesandtschaft betrieben worden und hieß “Tientsin”. In den 1920er-Jahren galt ein Lokal mit außereuropäischer Küche noch als exotisch und war deswegen gerade unter Bohemiens total angesagt.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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