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Erscheinungsdatum: 02. Mai 2025

Was Wirtschaftsministerin Katherina Reiche tun muss – und wie die Unternehmen helfen können

Was zu tun ist, hat die neue Wirtschaftsministerin Katherina Reiche als eine Frau vom Fach, und sicherlich auch mit Biss, ohnehin im Blick. Sie weiß, dass Deutschland in der Wirtschafts-, Industrie- und Energiepolitik eine Zeitenwende braucht. Die strategischen Ziele der Erneuerungsagenda für Deutschland sind vor allem, die Wettbewerbsfähigkeit des Landes und seiner Wirtschaft wiederherzustellen und eine weitere De-Industrialisierung in Wachstum um zu transformieren. Nicht mehr und nicht weniger, aber bitte entideologisiert, damit die Polarisierung in der deutschen Gesellschaft reduziert wird. Von diesen strategischen Zielen lassen sich die notwendigen Maßnahmen relativ einfach ableiten:

CDU und CSU haben mit ähnlichen Forderungen den Bundestagswahlkampf geführt. Das hat Hoffnungen geweckt und schließlich den Regierungswechsel ermöglicht. Das Versprechen einer wirtschaftspolitischen Wende wurde jedoch im Koalitionsvertrag verwässert. Und damit waren die alten Zweifel an einer bereits unter Merkel sozialdemokratisierten Union schneller präsent als der Glaube an die Fähigkeit und den Willen zur Erneuerung.

Wie schon in früheren Krisen hat die Politik auf notwendige Zumutungen verzichtet. Sie hat den Bürgerinnen und Bürgern die Illusion von einem bequemen „Weiter so“ vermittelt. Die Zeitenwende wurde also gleich wieder abgesagt, nachdem sie genutzt wurde, um die gewünschte Verschuldung auszuhandeln. Nur eins stimmt positiv: Das Personaltableau der Union ist erfrischend unkonventionell – beginnend mit der Wirtschaftsministerin, die den Mut hat, aus einem Unternehmen in die Politik zu wechseln und dort ihren Sachverstand einzubringen. Respekt!

Und genau hier liegt die Herausforderung für die neue Wirtschaftsministerin Katherina Reiche: Es geht nicht um das „Was zu tun ist“, sondern um das „Wie es zu tun ist“. Erfolg oder Misserfolg entscheiden sich auch an der Frage, wie leidenschaftlich, motivierend, konfliktbereit und überzeugend eine Persönlichkeit zu kämpfen bereit ist. Es ist entscheidend, als positives Vorbild voranzugehen. Dies erfordert eine intensive Kommunikation, nicht zu verwechseln mit der desaströsen Kommunikation während der Koalitionsverhandlungen, die bereits viel Glaubwürdigkeit verspielt haben. Ebenso wichtig ist es, Erfolge sichtbar zu machen, indem man auch Teilerfolge erreicht und zeitnah kommuniziert, denn auch das „wann“ ist wichtig. Zuständigkeiten müssen klar abgegrenzt sein. Die Bereitschaft zur Leistung muss aktiv eingefordert werden.

Und hier kommt die Wirtschaft, kommen wir Unternehmen ins Spiel. Es liegt nicht nur an Frau Reiche, sondern an uns in den Unternehmen – an den Verbänden, Managern, Unternehmerinnen und Unternehmern – um der neuen Wirtschaftsministerin ein Angebot zu unterbreiten: Das Angebot einer breiten Verantwortungs- und Gestaltungspartnerschaft – um eben nicht nur am Spielfeldrand der Ministerin kluge Ratschläge zur Spielführung zuzurufen, sondern selbst auf den Platz zu gehen und ihr dabei zu helfen, Mauern zu überwinden. Denn so kann eine soziale Marktwirtschaft gelingen, die sowohl wirtschaftliche Effizienz als auch soziale Gerechtigkeit gewährleistet.

Diese Partnerschaft verlangt von uns allen unkonventionelle Wege, die Bereitschaft zum Zuhören, dem Kämpfen für eigene Interessen, aber auch die Fähigkeit zum Kompromiss. Denn Kompromisse können auch etwas Gutes haben: Gerade dann, wenn sich beide Seiten am Ende als Gewinner sehen. Eine Grundeigenschaft des von den Deutschen so geliebten Skandinavien. Noch hat unser Land, noch haben unsere Unternehmen die Substanz zur Erneuerung aus eigener Kraft. Und noch hat Europa diese Stärke im globalen Wettbewerb. Und diese Stärke heißt in Anlehnung an die soziale Marktwirtschaft nicht nur „Wohlstand für alle“, sondern: Wir schaffen eine „Zukunft für alle“. Aber alle müssen auch ihren Anteil beitragen.

Thomas Schulz ist CEO des Industriedienstleisters Bilfinger. Seine berufliche Laufbahn führte den promovierten Ingenieur der RWTH Aachen rund um den Globus, unter anderem mit Stationen in Schweden und Singapur. Vor seiner Tätigkeit bei Bilfinger war Schulz Vorstandschef des dänischen Technologie- und Dienstleistungsunternehmens FLSmidth, davor Mitglied des Vorstands des schwedischen Technologieunternehmens Sandvik.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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