Deutschland steckt in der Rezession fest. Zwei Jahre in Folge ist die Wirtschaftsleistung geschrumpft, die Aussichten für 2025 sind düster. Wenn überhaupt, erwarten die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute, die OECD, aber selbst die noch amtierende Bundesregierung höchstens ein Mini-Wachstum von deutlich unter einem Prozent. Das zu ändern und Deutschland wieder auf einen starken Wachstumspfad zurückzuführen, trauen die Deutschen mehrheitlich nur einer großen Koalition zu. Das geht aus einer aktuellen repräsentativen Umfrage hervor, die das Meinungsforschungsinstitut Forsa kurz vor der morgigen Bundestagswahl exklusiv für den CEO.Table durchgeführt hat.
Auf die Frage, welche Regierungskoalition nach der Bundestagswahl am ehesten in der Lage wäre, die wirtschaftlichen Probleme in Deutschland in den Griff zu bekommen, wird von den Bundesbürgern mit großem Abstand eine Koalition aus Union und SPD genannt. 33 Prozent der Befragten sprachen sich dafür aus. 16 Prozent trauen das am ehesten einem Bündnis aus Union und Grünen, 15 Prozent einer Koalition aus Union und AfD, elf Prozent einem Bündnis aus Union, SPD und FDP und fünf Prozent einer „Jamaika“-Koalition zu.
Die Ergebnisse unterscheiden sich auch nicht, wenn die Frage nach Parteipräferenzen ausgewertet wird. Sowohl die Anhänger von CDU/CSU als auch der SPD trauen einer schwarz-roten Koalition am ehesten die Bewältigung der wirtschaftlichen Probleme zu. Die Anhänger der Grünen, die noch mit der SPD nach dem Bruch der Ampel-Koalition eine Minderheitsregierung bilden, sprechen am ehesten einer schwarz-grünen Koalition die ökonomischen Lösungskompetenz zu. Die FDP-Anhänger erwarten die erfolgreiche Lösung wirtschaftlicher Probleme mehrheitlich von einer „Deutschland-Koalition“ aus Union, SPD und Liberalen. Die Anhänger der AfD trauen das fast ausschließlich nur einem Bündnis ihrer Partei mit der Union zu.
In den Wahlaufrufen und Briefen an die Beschäftigten, die viele CEOs, Vorstände und Betriebsratschefs in dieser Woche kurz vor den Bundestagswahlen im Intranet der Unternehmen verschickt haben, spiegeln sich vor allem die Wahlkampfthemen Wirtschaft und Migration wider. Selten seien „die Herausforderungen für unser Land so komplex und vielschichtig wie heute. Bei zahlreichen Unternehmen ist die Situation angespannt, eine seit mehreren Jahren schwächelnde Konjunktur setzt die Wirtschaft unter Druck“, heißt es etwa in dem Brief von Vonovia-CEO Rolf Buch und seinen Vorstandskollegen.
Oliver Blume, CEO des VW-Konzerns, sowie die Gesamtbetriebsratsvorsitzende, Daniela Cavallo, erwarten von den Wahlen wichtige Weichenstellungen, „die Deutschland wirtschaftliche Stärke, Beschäftigung, Wohlstand und Zusammenhalt sichern“ könnten. Und auch Stefan Grosch, Arbeitsdirektor der Robert Bosch GmbH, argumentiert ähnlich: „Die Regierung muss wirtschaftspolitisch schnell die richtigen Weichen stellen und geeignete Rahmenbedingungen für ein investitions- und innovationsfreudiges Klima in Deutschland schaffen“, so der Manager.
Zentraler Schwerpunkt neben der Beschreibung der wirtschaftlich schwierigen Lage Deutschlands sind in den CEO.Table vorliegenden Wahlaufrufen des VW-Konzerns, Vonovias, der Robert Bosch GmbH sowie der Bayer AG die Themen Vielfalt, soziale Integration und Toleranz. Ohne Parteien beim Namen zu nennen, grenzen sie sich dabei von der restriktiven Migrationspolitik der AfD deutlich ab. „Rechtsstaatlichkeit und Mitbestimmung im Betrieb. Innovationskraft und fairer Wettbewerb. Freiheit und Menschenrechte. Soziale Gerechtigkeit und Verantwortung für die Umwelt. Toleranz und Vielfalt. Gesellschaftlicher Zusammenhalt – und nicht zuletzt das Grundrecht auf freie Wahl“, seien Werte, die Deutschland nach dem 2. Weltkrieg stark gemacht hätten, schreiben Blume und Cavallo. Eine „lebendige Zivilgesellschaft“ sei der Garant, dass das Land und VW auch künftig attraktiv für die besten Köpfe aus aller Welt bleibe.“
Bei Bosch würden Menschen aus vielen Nationen eng und friedlich zusammenarbeiten, so Arbeitsdirektor Stefan Grosch. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund eines zunehmenden Extremismus sei die kommende Bundestagswahl daher richtungsweisend für die Zukunft Deutschlands. Bosch als global agierendes Unternehmen wertschätze alle Beschäftigten gleichermaßen – unabhängig von ihrer nationalen und kulturellen Identität. „Wir stellen uns entschieden gegen jegliche Formen von Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung“, meint Grosch und untermauert seinen Apell damit, dass Bosch als Wirtschaftsunternehmen ein wichtiger Akteur in der Gesellschaft sei. Dieser Verantwortung wolle das Unternehmen gerecht werden.
Vonovia-CEO Rolf Buch und seine Vorstandskollegen warnen davor, an der Demokratie zu zweifeln, weil Veränderung oft langsam sei und nicht jede Entscheidung sofort die gewünschte Wirkung zeige. Doch die Demokratie sei das stabile Fundament, da Sie Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit und verlässliche Rahmenbedingungen garantiere. „Ohne eine demokratische Ordnung gäbe es keinen fairen Wettbewerb, keine unabhängigen Gerichte, die Verträge schützen, und keine langfristig planbare Infrastruktur. Investitionen erfordern Berechenbarkeit – politische Willkür, Korruption oder autoritäre Eingriffe würden wirtschaftliches Wachstum und Innovation verhindern“, schreiben Buch und der Vonovia-Vorstand.