CEO.Economics
Erscheinungsdatum: 22. November 2025

Trumps „Fortress Economics“ und die Auswirkungen auf Deutschland

Das britische Wirtschaftsmagazin The Economist hat in einer kürzlich erschienenen Ausgabe die Wirtschaftspolitik der Regierung Trump als „Fortress Economics“ bezeichnet. Bei der Festung USA werden alle Zugbrücken hochgezogen. Importe werden mit dem expliziten Ziel durch Zölle verteuert, um (fast) alle Produkte wieder in den USA zu produzieren. Und die Grenzen der USA, nicht nur nach Mexiko, sind fast vollständig geschlossen.

Es ist zu erwarten, dass 2025 Netto-Einwanderung in die USA null war oder sogar negativ durch die Deportationen. Das ist eine dramatische Entwicklung: Historisch gesehen war so eine Zahl das letzte Mal in den 1930er-Jahren der Fall und noch 2024, im letzten Jahr unter Präsident Biden, lag die Netto-Einwanderung bei 2,5 Millionen.

Was sind die Auswirkungen dieser Politik auf Deutschland? Fangen wir mit der Zollpolitik an. Es wird geschätzt, dass die durchschnittlichen Zölle der USA auf Importe von fünf Prozent 2024 auf jetzt rund 18 Prozent gestiegen sind. Das ist deutlich niedriger als man denken würde, wenn man sich die dramatischen Ankündigungen vom April in Erinnerung ruft.

Der Grund dafür sind viele Ausnahmen und Schlupflöcher. So sind beispielsweise viele spezifische Produkte ausgenommen, wie Computer und Smartphones. Zudem sind Güter, die unter das Handelsabkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada (USMCA) fallen, ausgenommen. Das reduziert den durchschnittlichen Zoll auf kanadische Güter von 35 auf sechs Prozent. Zudem fallen Zölle auf Medikamente nur auf Nicht-Generika an, aber 90 Prozent aller Medikamenten-Importe der USA sind Generika. Und schließlich haben es eine ganze Reihe von Unternehmen geschafft, aufgrund (vager) Investitionsversprechen von Zöllen ausgenommen zu werden.

Ein Nebeneffekt ist Zollvermeidung, die gerade bei Gütern mit hoher Zollbelastung stark zugenommen hat. Das sieht man an der stark angestiegenen Diskrepanz zwischen den Exporten aus China in die USA (gemessen beim Verlassen Chinas) und Importen aus China in die USA (gemessen beim Eintritt in die USA).

Deutschland ist Teil des Zollabkommens, das die EU mit den USA geschlossen haben und das einen Zoll von 15 Prozent vorsieht. Damit sind deutsche Produkte, die im direkten Wettbewerb mit US-Produkten stehen, etwas weniger wettbewerbsfähig. Gleichzeitig sind die 15 Prozent aber vergleichbar mit den Zollsätzen anderer Wettbewerber wie Japan oder Großbritannien und natürlich den anderen EU-Ländern wie Frankreich oder Italien. Hier hat sich also die Wettbewerbsposition Deutschlands kaum verändert.

Zudem gehen nur rund zehn Prozent aller Warenexporte in die USA. Davon sind disproportional viele besonders hochwertige Güter oder Nischenprodukte, bei denen deutsche Unternehmen eine besonders starke Marktposition haben („hidden champions“). Das bedeutet, dass die Nachfrage nach diesen Gütern wahrscheinlich nur relativ schwach auf Preiserhöhungen reagiert. Plakativ ausgedrückt: Die US-Amerikaner haben nie einen BMW gekauft, weil er billiger war als ein Chevy.

Kommen wir zu den Auswirkungen der Migrationspolitik. Zunächst einmal ist zu erwarten, dass das Verhindern von Einwanderung kurzfristig deutliche negative Auswirkungen auf das US-Wachstum haben wird. Zum Beispiel sind mehr als die Hälfte aller Arbeiter in der Landwirtschaft Einwanderer und rund ein Viertel aller in der Bauwirtschaft Beschäftigten. Daher wird die zunehmende Arbeitskräfteknappheit die Preise für Obst und Gemüse sowie für Immobilen steigen lassen. Auch die Federal Reserve wird wohl die Zinsen weniger senken können als ohne diese Migrationspolitik.

Aber die langfristigen Auswirkungen für die USA sind wohl noch viel dramatischer, da sich die Fortress-Politik ja auch auf Hochqualifizierte erstreckt. Internationale Studierende werden abgeschreckt: Durch die Pläne, für H1-B-Visas 100.000 US-Dollar zu berechnen, werden viele davon abgehalten, in die USA zu gehen. Speziell in der Wissenschaft, wo nicht so hohe Gehälter gezahlt werden. Die Effekte auf langfristiges Wirtschaftswachstum und Produktivität könnten dramatisch sein. So sind zum Beispiel 30 Prozent aller Patente in den USA auf Migranten zurückzuführen und viele der erfolgreichen IT-Unternehmen haben stark von hoch qualifizierten Einwanderern profitiert.

Das sind schlechte Neuigkeiten für die USA und gute für Deutschland, da Deutschland für hoch qualifizierte Einwanderung attraktiver geworden ist. Wir müssen unbedingt diese Gelegenheit nutzen und den Hochschulen und den außeruniversitären Forschungseinrichtungen die entsprechenden Mittel zur Verfügung stellen, um attraktive Angebote zu machen. Das ist in meinen Augen die wichtigste Schlussfolgerung, die wir aus der unsinnigen US-Wirtschaftspolitik ziehen sollten. Leider sieht es so aus, als würde Deutschland diese einzigartige Gelegenheit verschlafen.

Reint Gropp ist Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH).

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Letzte Aktualisierung: 22. November 2025

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