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Erscheinungsdatum: 23. September 2024

Jetzt umsteuern! – Deutschlands und Europas Automobilindustrie braucht einen Kurswechsel

Der CDU-Politiker Sebastian Lechner fordert ein Umsteuern in der Automobilindustrie. Die politisch gewollte Bevorzugung der E-Autos gefährde die gesamte Branche und so auch das wirtschaftliche Rückgrat Europas. Ziel müsse es sein, die Klimaziele zu realisieren, ohne die Automobilindustrie zu ruinieren.

Von Sebastian Lechner

Die Lage der Autoindustrie – VW als Spiegel einer europäischen Krise Die deutsche und europäische Automobilindustrie steht an einem Wendepunkt. Als wirtschaftliches Rückgrat Europas trägt sie erheblich zu unserem Wohlstand bei, kämpft aber mit tiefgreifenden Herausforderungen. Als bedeutendster Akteur symbolisiert der Volkswagen Konzern sowohl die Stärke der Industrie als auch die Auswirkungen verfehlter politischer Entscheidungen. Dieser Konzern kündigt nun an, Mitarbeiter entlassen und Standorte schließen zu wollen. Konkret: Unsere Automobilindustrie ist in ernsthafter Gefahr.Kunden kaufen keine Elektroautos – ein europaweites Problem Die EU plant, unterstützt von der Bundesregierung, ab 2035 nur noch emissionsfreie Fahrzeuge zuzulassen, was einem faktischen Verbot moderner Verbrenner und Hybriden gleichkommt. Die Hersteller sind über einen strengen Pfad an Flottengrenzwerten gezwungen auf Elektroautos zu setzen, obwohl diese bei den Verbrauchern wenig gefragt sind – 2024 machten Elektroautos nur 16,6 % der Neuzulassungen in Deutschland aus, Tendenz sinkend. Das kann bereits 2025 dazu führen, dass die Produktion von Verbrennern künstlich heruntergefahren werden muss, um die Flottengrenzwerte einzuhalten. Viele Entlassungen wären die Folge.USA und China gehen einen anderen Weg China und die USA verfolgen seit Jahren andere Strategien. China setzt weiterhin auf moderne Verbrennungsmotoren und Hybride noch bis 2060. Diese Technologievielfalt ermöglicht eine flexible Anpassung an Marktbedingungen. Auch die USA setzen auf eine Mischung aus Elektrofahrzeugen und fortschrittlichen Verbrennungsmotoren.Zweifel an Flottengrenzwerten: Sind sie wirklich notwendig? Die Notwendigkeit der EU-Flottengrenzwerte ist sehr fraglich, weil es mit dem nationalen und europäischen Emissionshandel ein marktwirtschaftliches Instrument gibt, um die CO₂-Ziele im Bereich Verkehr zu erreichen. Eine zielgenaue Anpassung des Emissionshandels, z.B. durch die entsprechende Bemessung der Höchstzahl der Zertifikate, könnte die Flottengrenzwerte und das Verbrennerverbot überflüssig machen. Verbote setzen gegenüber solchen marktwirtschaftlichen Instrumenten sogar Fehlanreize. Analog zum Heizungsgesetz werden Kunden ihre Verbrenner länger fahren, was den Flottenaustausch verlangsamt.Synthetische Kraftstoffe als Brücke zur Klimaneutralität Synthetische Kraftstoffe, gewonnen aus CO₂ und erneuerbaren Energien, sollten mit dem Emissionshandel als unterstützende Brücke hin zur Klimaneutralität fungieren. Bestehende Fahrzeugflotten – Verbrenner und Hybride – könnten hiermit den CO₂-Ausstoß erheblich reduzieren. Bis zum Aufbau der E-Fuel-Industrie hierzulande ließe sich auf Produktions-Kapazitäten im Nahen Osten zurückgreifen, die gerade massiv ausgebaut werden mit dem Ziel, Europa zu beliefern.Jetzt umsteuern: Den pragmatischen Weg zur Klimaneutralität einschlagen Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung gemeinsam mit der EU-Kommission jetzt handelt, um die Zukunft der deutschen und europäischen Automobilindustrie zu sichern. Ziel ist es nicht, aus der Elektromobilität wieder auszusteigen. Sie bleibt die zentrale Voraussetzung für die Weiterentwicklung der individuellen Mobilität, bis hin zum autonomen Fahren. Wir müssen die Klimaziele realisieren, ohne unsere Automobilindustrie zu ruinieren. Darum schlage ich fünf konkrete Maßnahmen vor: 1. Rücknahme der EU-Flottengrenzwerte und des Nullemissionsziels für 2035: Diese Vorgaben gefährden die Zukunft der Automobilindustrie, ohne nachweislich effizienter zur Erreichung der Klimaziele beizutragen. Wir brauchen klimaneutrale Antriebsformen statt einer reinen Nullemissions-Strategie.2. Anpassung des nationalen mit dem europäischen Emissionshandel: Der Europäische und nationale Emissionshandel im Bereich Verkehr müssen harmonisiert und so angepasst werden, dass die Klimaziele im Bereich Verkehr bis 2050 erreicht werden.3. Berücksichtigung von E-Fuels und Biokraftstoffen im Emissionshandel: Moderne synthetische Kraftstoffe und Biokraftstoffe müssen in diesem Emissionshandel berücksichtigt und angerechnet werden.4. Verlässliche Förderung des Kaufs von Stecker-Fahrzeugen: Aus den Einnahmen des Emissionshandels muss eine nachhaltige und verlässliche Förderung für Elektrofahrzeuge und Plug-in-Hybride etabliert sowie der Ausbau der Lade- und der Batteriezuliefererinfrastruktur finanziert werden.5. Verstärkter sozialer Ausgleich: Die Einnahmen des Emissionshandels müssen ebenfalls genutzt werden, um eventuell steigende Preise von fossilen Brennstoffen durch den Emissionshandel sozial abzufedern, beispielsweise über die Pendlerpauschale.Diese Maßnahmen sichern Knowhow sowie Arbeitsplätze in der deutschen Automobilindustrie, sorgen für eine nachhaltige Erreichung der Klimaziele und erhöhen die Akzeptanz der Bevölkerung. Es ist an der Zeit, mutig zu handeln und jetzt in der Automobilstrategie umzusteuern.

Sebastian Lechner ist seit Januar 2023 Landesvorsitzender der CDU Niedersachsen.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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