Berlin.Table – Ausgabe 654

Neue Kandidatin fürs Verfassungsgericht + Reform der Schuldenbremse + Management-Fehler im BMG

Talk of the Town

Neue Kandidatin für das Verfassungsgericht: Warum es Sigrid Emmenegger wahrscheinlich schaffen wird

Nach dem Debakel um Frauke Brosius-Gersdorf müsse es jetzt glattgehen, das hatten sich die Koalitionäre fest vorgenommen. Deswegen hat die SPD in Abstimmung mit der Union eine Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht ausgewählt, die über jeden Zweifel erhaben ist: Sigrid Emmenegger, Richterin am Bundesverwaltungsgericht. 

Nur der engste Kreis war eingeweiht, am Mittwoch hatte der Name auch einzelne Grüne und Linke erreicht. Am Nachmittag informierten die Parlamentarischen Geschäftsführer von Union und SPD, Steffen Bilger und Dirk Wiese, ihre Fraktionen über den Namen der Kandidatin. „Die Fraktionsführungen haben jeweils in persönlichen Gesprächen ein sehr positives Bild von Frau Dr. Emmenegger gewinnen können und sich von ihrer persönlichen und fachlichen Geeignetheit überzeugt“, heißt es in dem Brief. Das war eine klare Ansage an die eigenen Leute: Niemand soll nun öffentlich Zweifel äußern, der Wahlprozess für das höchste Gericht soll nicht weiter beschädigt werden. 

Die Koalition plant die Abstimmung im Bundestagsplenum für den 26. September. Dann sollen neben Emmenegger, die im Zweiten Senat auf die ausscheidende Vizepräsidentin Doris König folgen soll, auch über die anderen beiden Kandidaten gewählt werden: Ann-Katrin Kaufhold, ebenfalls auf Vorschlag der SPD für den Zweiten Senat, und Günter Spinner auf Vorschlag der Union für den Ersten Senat. Für die Zweidrittelmehrheit sind SPD und Union auf Stimmen von Grünen und Linken angewiesen. Am Mittwoch gab es dazu noch keine Festlegungen.  

Die Grünen sind verschnupft, dass Schwarz-Rot sie bislang nicht eingebunden hat. „Dass man nicht auf unsere Rückmeldung wartet, ist reichlich unprofessionell angesichts der Vorgeschichte“, teilte die Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann mit. Die Spitzen der Grünen-Fraktion wollen Emmenegger noch kennenlernen. Auch das Verfahren müsse im Konsens beschlossen werden, wenn es eine demokratische Mehrheit geben solle, hieß es bei den Grünen. Die Linke fordert, dass Vertreter von CDU/CSU mit ihnen über die Richterwahl sprechen. Das stellt die Union abermals vor die Schwierigkeit, die Mehrheit zu sichern und dabei nicht gegen den Unvereinbarkeitsbeschluss zu verstoßen. Am kommenden Montag will sich die Linke in ihrer Fraktionssitzung mit der Personalie Emmenegger befassen.

Trotzdem: Ernste Sorgen um die Zweidrittelmehrheit muss sich die Koalition wohl nicht machen. Die Zustimmung von Grünen und Linken für die SPD-Kandidatinnen gilt als sehr wahrscheinlich, bei der Wahl Spinners könnte es einige Abweichler geben. Union, SPD, Grüne und Linke haben zusammen 477 Sitze, die Zweidrittelmehrheit liegt bei 420 – wobei es auf die Anzahl der anwesenden Mitglieder des Bundestags ankommt.  

Emmenegger, Jahrgang 1976, ist seit Januar 2021 Richterin am Bundesverwaltungsgericht, dort unter anderem zuständig für Bau- und Bodenrecht, das Recht des Ausbaus von Energieleitungen und Denkmalschutzrecht. Zuvor war die Juristin Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichts Koblenz. Sie wurde mit einer viel gelobten theoriegeschichtlichen Arbeit mit dem Titel „Gesetzgebungskunst“ an der Universität Freiburg promoviert. Ihr Doktorvater ist derselbe wie der von Ann-Katrin Kaufhold: der ehemalige Verfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle.

News

Schuldenbremse: Wie die Pensionslasten einbezogen werden könnten. Unmittelbar vor der ersten Sitzung der Reformkommission zur Schuldenbremse an diesem Donnerstag fordert die Stiftung Marktwirtschaft die Berücksichtigung der Pensionslasten in der Schuldenbilanz und eine entsprechende Kapitalvorsorge. Wie aus einer Studie hervorgeht, die Table.Briefings exklusiv vorliegt, werden in den öffentlichen Schuldenstatistiken derzeit weniger als 15 Prozent ausgewiesen. Zu den versteckten (impliziten) Schulden gehören demnach etwa die künftigen Versorgungslasten für Beamte von Bund und Ländern, die ab 2050 auf 1.175 Milliarden Euro berechnet werden. „Bisher ist die Schuldenbremse weitgehend blind gegenüber diesen in der Zukunft liegenden fiskalischen Belastungen“, heißt es. Bei der Verschiebung der Lasten in die Zukunft werde ein „neues Rekordmaß“ erreicht. „Der politische Handlungsspielraum zukünftiger Generationen wird massiv eingeschränkt.“  

Die Stiftung schlägt nun vor, bis 2050 die Beamtenversorgung vollständig auf Kapitaldeckung umzustellen. Dies sei bisher in den Ländern nur in „homöopathischen Dimensionen“ passiert. Zuletzt wurden in Baden-Württemberg und NRW sogar Rückstellungen gestoppt. Auch kritisiert die Stiftung Fehlanreize, weil Bund und Länder kurzfristig kostengünstige Beamte einstellen könnten, die Lasten für Pensionen aber in die Zukunft verlagern.  

Konkret schlagen die Forscher vor, dass ab 2026 für jeden neu eingestellten Beamten jährliche Rückstellungen von 33.000 Euro gebildet werden. Bei angenommenen 40.000 Neueinstellungen lägen die jährlichen Gesamtkosten bei 1,32 Milliarden Euro.  Für alle Bestandsbeamten müsste parallel bis 2049 ein Kapitalstock aufgebaut werden, der die Pensionen ab 2050 sicherstellt. 

Die Forscher mahnen trotz der ökonomischen Notwendigkeit für eine Reform der Schuldenbremse eine grundlegende fiskalische Disziplin an. „Mittel- und langfristig sollten (höhere) öffentlichen Investitionen innerhalb der durch die Schuldenbremse überwachten Kernhaushalte der Gebietskörperschaften und nicht durch wiederkehrende, schuldenfinanzierte Sondervermögen finanziert werden.“ Die intransparenten Schuldenhaushalte gefährdeten die „langfristige Tragfähigkeit der Staatsfinanzen. Michael Bröcker 

Corona-Masken: Internes KPMG-Gutachten offenbart Managementfehler im BMG. Ein internes Gutachten der Wirtschaftsprüfer KPMG attestiert dem Bundesgesundheitsministerium gravierende Mängel mit den während der Corona-Pandemie angeschafften Schutzmasken und medizinischen Geräten. Das BMG hatte die Deloitte Consulting GmbH damit beauftragt, die Vertragsbeziehungen mit Masken-Lieferanten und Vernichtung der Lagerbestände abzuwickeln. Als Unterauftragnehmer übernahm dies die Prüfgesellschaft EY. Offenbar wurde das Projekt für das Ministerium jedoch trotzdem so komplex, dass der damalige Minister Karl Lauterbach im Dezember 2024 entschied, die Roland Berger GmbH zu beauftragen, den Prozess mit Deloitte/EY zu steuern. Auch dafür gab es einen Unterauftragnehmer: die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG.  

Ihr Auftrag läuft bis Ende 2025; im April legte sie dem BMG aber bereits einen „Status-Quo-Bericht“ vor. Dieser wurde auch von Sonderermittlerin Margaretha Sudhof thematisiert, als diese im Juli zum ersten Mal vom Haushaltsausschuss zu den Maskenbeschaffungen befragt wurde. Die Haushälter baten die Bundesregierung daraufhin, ihnen den Bericht zur Verfügung zu stellen. Übermittelt wurde er jedoch erst an diesem Dienstag – einen Tag vor der zweiten Sudhof-Befragung. In einem Begleitschreiben weist das Ministerium die Ausschussmitglieder darauf hin, dass die in dem Bericht enthaltene Informationen „besonders sensibel“ seien und bittet sie, „den Bericht vertraulich zu behandeln“.  

KPMG erstellte den Bericht in Form einer PowerPoint-Präsentation, die Table.Briefings vorliegt. Darin üben die Gutachter deutliche Kritik am Projektmanagement und an der Steuerung durch das Haus. Besonders bemängeln sie „unspezifische Zielvorgaben“ und „eine fehlende Übersetzung von Gesamtzielen auf Einzelziele“, was die Projektsteuerung erschwere. Kriterien für Erfolg, Kosten oder Qualität seien nicht festgelegt worden. Auch Verantwortlichkeiten und Entscheidungswege zwischen Ministerium und externen Dienstleistern seien nur grob geregelt. „Die Projektgovernance entspricht nicht der Größe und Gesamtkomplexität des Gesamtprojektes“, so KPMG. Dem Gutachten zufolge gab es weder einen vollständigen Projektplan noch eine Gesamtkostenübersicht. Ein systematisches Risikomanagement habe gefehlt; Zuständigkeiten und Eskalationsmechanismen seien unklar gewesen. Einen Grund für das schlechte Prozessmanagement sehen die Gutachter darin, dass „in der BMG-Organisation keine Person mit betriebswirtschaftlichem Hintergrund“ tätig sei. Maximilian Stascheit 

Emissionsdebatte: Merz bekräftigt Koalitionsvertrag. Der Kanzler sah sich zur Klarstellung genötigt: „Um keine Zweifel aufkommen zu lassen, die Bundesregierung steht zu den Klimazielen“, den nationalen und den europäischen. So sprach er am Mittwochnachmittag bei der Konferenz der Betriebsräte der Energiekonzerne in Berlin. Im Übrigen werde ab 2027 der CO₂-Preis das zentrale Steuerungselement sein, um die Emissionen abzusenken. Nachdem er sich schon am Vormittag ähnlich im Kabinett geäußert hatte, zog Friedrich Merz damit einen vorläufigen Schlussstrich unter eine Debatte, die insbesondere Teile der SPD in Unruhe versetzt hatte.  

Ist die Irritation damit ausgeräumt? Tagelang hatten der Bundeskanzler und Markus Söder den Eindruck vermittelt, sie wollten das deutsche und europäische Klimaziel unterlaufen und auch das Verbrenner-Aus für PKWs 2035 aufweichen. Im Kabinett am Mittwoch stellte der Kanzler nun klar, Grundlage für alle folgenden Entscheidungen sei der Koalitionsvertrag, der bis 2040 eine CO₂-Reduktion von 90 Prozent vorsieht. Auch ein Regierungssprecher legte danach Wert auf die Feststellung: „Es gibt keinen Zielkonflikt.“  

Doch damit dürfte nur ein Teil der Debatte abgeräumt sein. Denn noch ist unklar, ob die CO₂-Ziele kommende Woche im Kreis der EU-Umweltminister oder erst im Oktober im Rat der Regierungschefs behandelt werden. Warum eine Einigung beim EU-Gipfel als unwahrscheinlich gilt und das Kanzleramt folglich eine Abstimmung im Ministerrat unterstützen müsste, lesen Sie im Climate.Table. Horand Knaup, Lukas Knigge 

Klimaziele: Warum der RWE-Chef die Debatte für unnötig hält. Der Vorstandsvorsitzende der RWE AG, Markus Krebber, hält die Diskussion über die europäischen Klimaziele für unnötig, er hält diese ohnehin für kaum erreichbar. „Politische Ziele sind Absichtserklärungen. Mein Wunsch wäre, dass wir endlich von den Zieldebatten wegkommen und uns darum kümmern, was aktuell getan werden muss, um die Energieversorgung zu verbessern.“ Die Ziele seien derzeit nicht erreichbar, es müsse „nachgeschärft“ werden. Die industrielle Wettbewerbsfähigkeit müsse jetzt gestärkt werden, damit man sich die Investitionen in Dekarbonisierung leisten könne.  

Krebber rechnet damit, dass die angenommene Stromnachfrage im neuen Monitoringbericht des Wirtschaftsministeriums nicht so hoch ausfallen werde wie bisher gedacht. Als Grund nennt er die strukturell verloren gegangene Nachfrage der Industrie nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs und eine langsamer voranschreitende Elektrifizierung. Zur Sicherstellung der Energieversorgung fordert er die rasche Ausschreibung neuer Gaskraftwerke in einem Umfang von 10 bis 15 GW. Das Podcast-Gespräch hören Sie ab 5 Uhr hier. Michael Bröcker

Table.Today "Wie fossil ist RWE, Herr Krebber?", Donnerstag ab 5 Uhr

Verbrenner-Aus: Verwässerung gefährdet EU-Klimaziele. Wenn in der EU auch nach 2035 noch Autos mit fossilen Verbrennungsmotoren verkauft werden, geraten die europäischen Klimaziele in Gefahr. Ohne das „Verbrenner-Aus“ würden bis 2050 mehrere hundert Millionen Tonnen CO2 zusätzlich in die Atmosphäre gelangen, zeigen Berechnungen des Thinktanks ICCT. Wie die Rechnung konkret aussieht und warum auch die angeblich „technologieoffenen“ Alternativen wie E-Fuels oder Plug-in-Hybride zu Problemen führen würden, lesen Sie im Climate.Table. Bernhard Pötter 

Israels Angriff in Katar: Berlin will von der Leyen nicht folgen. Die Bundesregierung lehnt es weiter ab, neben verbaler Kritik an Jerusalem auch faktische europäische Sanktionen mitzutragen. Nachdem EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigt hatte, die europäische Unterstützung mit wenigen Ausnahmen auszusetzen, verwies der stellvertretende Regierungssprecher Sebastian Hille darauf, dass es dafür im Europäischen Rat nach wie vor keine Mehrheit gebe. Damit versuchte Hille zu umschreiben, dass Berlin weitere Sanktionen gegen Israel ablehne, obwohl auch die Bundesregierung den israelischen Angriff auf die Hamas-Führung in Katar als inakzeptabel kritisiert hatte. Immer deutlicher wird das Dilemma, in das die israelische Regierung Berlin bringt, wenn sie durch solche Attacken Friedensbemühungen erschwert. Hille erinnerte daran, dass die Entscheidung von Kanzler Friedrich Merz weiter gelte, Israel keine Waffen mehr zu liefern, die in Gaza eingesetzt werden könnten. Trotzdem wächst in Europa der Druck, weitere Zeichen zu setzen. Stefan Braun 

Krankenhausreform: SPD bremst Warkens Gesetzentwurf vorerst aus. Der Gesetzentwurf zur Überarbeitung der Krankenhausreform ist am Mittwoch nicht wie geplant vom Kabinett verabschiedet worden. Regierungsintern hat die SPD offenbar ein Veto eingelegt, da sie die Gefahr sieht, dass die von Karl Lauterbach kurz vor Ende der vergangenen Legislatur durchgebrachte Reform der Kliniklandschaft durch Warkens Gesetz verwässert wird. Wie es nun weitergeht, ist vorerst unklar. In der Regierungsbefragung sagte Warken lediglich, dass das Gesetz „so bald wie möglich“ im Kabinett verabschiedet werden soll.  

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft fordert die Bundesregierung auf, sich rasch zu einigen. „Die Anpassungen des Gesetzentwurfs sind dringend erforderlich“, sagte Vorstandsvorsitzender Gerald Gaß Table.Briefings. Aus seiner Sicht verwässere Warkens Gesetzentwurf die Reform nicht und gefährde auch nicht die politischen Ziele der Koalition. „Wir erwarten, dass sich die Koalitionspartner auch offensiv dazu bekennen“, so Gaß. „Jetzt muss die Ministerin klare Führung zeigen, wenn sie die Reform tatsächlich auf den Weg bringen will.“ Maximilian Stascheit 

Russische Drohnen über Polen: Nato bereitet eine Reaktion vor. Nach dem Eindringen und Abschuss russischer Drohnen über polnischem Territorium will die Nato zeitnah über ihre Reaktion beraten. Warschau hat Konsultationen nach Artikel 4 des Nato-Vertrages aktiviert. Der Generalsekretär der Allianz, Mark Rutte, Friedrich Merz sowie weitere deutsche und internationale Politiker verurteilten die „russische Provokation“. Der Staatssekretär im BMVg, Jens Plötner, kündigte bei einem Treffen der Group of Five (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Polen und Italien) in London eine „Botschaft der Stärke, ohne sich provozieren zu lassen“ an. 

Russische Drohnen waren in der Nacht zu Mittwoch aus belarussischem oder aus ukrainischem Luftraum in polnisches Territorium eingedrungen. Bis auf die Beschädigung eines Wohnhauses entstand kein größerer Schaden. Doch der Vorfall alarmiert die Nato: Denn manche Drohnen sind weit im Landesinneren abgestürzt. Der Vorfall verdeutlicht zudem ein Dilemma, in dem sich die Ukraine seit langer Zeit befindet. Russlands Angriffe sind billiger als deren Abwehr. Bei den Drohnen in Polen soll es sich um die günstigen Geran-2- oder Gerbera-Drohnen handeln. Um sie abzuwehren, musste Polen mit teuren Mitteln reagieren – F-16- und F-35-Jets sowie AWACS-Aufklärern. Wie die EU die Ukraine noch stärker unterstützen will, lesen Sie im Europe.Table.Viktor Funk   

Frankreich: Proteste mit unbekanntem Ursprung. Bei Protesten in Frankreich sind am Mittwoch hunderte Menschen festgenommen worden. Die Proteste unter dem Motto „Lasst uns alles blockieren“ („Bloquons tout“) richten sich gegen die Sparpläne der Regierung. Ihren Ursprung hatte die Bewegung in den sozialen Netzwerken bereits seit dem Frühjahr. Der Aufruf zum Protest traf in der angespannten politischen und wirtschaftlichen Lage auf fruchtbaren Boden. In Frankreich gibt es eine lange Tradition teils heftiger Arbeitskämpfe und Generalstreiks.  

Doch diesmal ist unklar, wer genau ursprünglich hinter dem Aufruf steckt. Anders als bei anderen Protesten gibt es kein klares Programm oder eindeutig identifizierbare Führung durch eine Organisation oder Gewerkschaft. Laut Medien und Nachrichtendiensten wurde der Aufruf zur Mobilisierung schnell von russischen Netzwerken aufgegriffen und verstärkt. Die Begeisterung rund um die Bewegung sei insbesondere von Hunderten Fake-Accounts getragen worden, vor allem auf X, die sich im „iranischen oder russischen Ökosystem“ bewegen, erklärten Analysten der Gruppe Projet Fox. Amelie Richter 

EU-Forschungsförderung: Für Deutschland zahlt sie sich besonders aus. Jeder in das EU-Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe investierte Euro brachte bisher fast einen zusätzlichen Euro an BIP. Das zeigt eine Studie des Joint Research Centre (JRC) der EU-Kommission für den Zeitraum 2021 bis 2024. Besonders stark profitiert demnach die Industrie. Zu den großen Nutznießern zählen in Deutschland die Automobil-, Maschinenbau- und Metallbranche. Warum der Hochschulsektor weniger von dem Programm hat, lesen Sie im Research.Table. Tim Gabel 

Streitfrage Dämmen: „Stammtischhafte und unsachliche Parolen“. Die Debatte, wie der Wohnungsbestand effektiv dekarbonisiert werden kann, geht munter weiter. Nachdem der CEO des Wohnungsunternehmens LEG, Lars von Lackum, in einem Interview mit Table.Briefings für volle Konzentration auf die Herstellung grüner Energie plädiert hat und die vielen Milliarden an Investitionen in dämmende Maßnahmen für wenig effizient erachtet, hält jetzt Jan Peter Hinrichs, Geschäftsführer des Bundesverbands energieeffiziente Gebäudehülle, dagegen: Wärmepumpen, selbst wenn sie mit grüner Energie betrieben würden, benötigten in energetisch schlechten Gebäuden „unverhältnismäßig große Mengen Energie, nur um den Wohnraum ausreichend zu beheizen“. Warum Hinrichs dem LEG-Chef „stammtischhafte und unsachliche Parolen“ vorwirft, lesen Sie im Standpunkt im Berlin.Table. Horand Knaup 

Table.Documents

Brief von Dirk Wiese und Steffen Bilger an die Regierungsfraktionen 

KPMG-Gutachten zum Umgang des BMG mit den während der Corona-Pandemie beschafften Masken 

Best of Table

Europe.Table: Von der Leyen arbeitet auf ein Social-Media-Verbot für Kinder hin. In ihrer Rede zur Lage der Union erinnerte die EU-Kommissionspräsidentin an Verbote für Rauchen und Alkohol. „Ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir das Gleiche für die sozialen Medien tun.“ Sie verwies auf das Social-Media-Verbot für unter 16-Jährige in Australien. Bis Ende des Jahres will sie eine Expertengruppe zu dem Thema beauftragen. Was sie zum Schutz der Demokratie plant, lesen Sie hier

China.Table: Chinas Autobauer nutzen IAA als Sprungbrett. Während BMW, Mercedes und Volkswagen über Verbrennerverbot und Sparprogramme klagen, zeigen BYD, MG und Xpeng günstige Modelle, neue Fabrikpläne und fünf Sterne im Crashtest. Noch liegt der Marktanteil in Deutschland bei unter vier Prozent, doch die Expansion ist längst angelaufen. Warum die IAA in München zum Wendepunkt im Wettbewerb zwischen deutschen und chinesischen Herstellern werden könnte, lesen Sie hier

China.Table: Zukunftsbranche beschäftigt sieben Ministerien. China startet den nächsten Hightech-Schub: Mit Brain-Computer-Interfaces will Peking Mensch und Maschine direkt verbinden. Bis 2030 soll ein ganzes Ökosystem aus Firmen, Forschung und Anwendungen entstehen. Die Technologie verspricht medizinische Durchbrüche – und einen neuen globalen Wettlauf mit den USA. Was Peking vorhat, lesen Sie hier.  

Research.Table: Ressortgerangel bremst Forschungsagenda. Der Ressortumbau zwischen BMFTR und Wirtschaftsministerium bleibt weiter offen – insbesondere beim Startup-Förderprogramm Exist. Während Grundsatzfragen der Innovationspolitik ins BMFTR wandern, verbleiben zentrale Programme wie ZIM und IGF voraussichtlich im BMWE. Was die Opposition im Bundestag davon hält, lesen Sie hier.  

Research.Table: Berkeley-Forscher sorgt sich wegen Trumps Klimapolitik. Die US-Regierung dreht im Rekordtempo Klimaschutz und -forschung zurück. Ken Alex, Professor in Berkeley und langjähriger Berater des früheren Gouverneurs von Kalifornien, Jerry Brown, spricht über „den größten Angriff auf die Wissenschaft zur schlechtesten Zeit“. Was ihm trotzdem Hoffnung macht, lesen Sie hier

Must-Reads

Spiegel: Private Handynummer von Merz im Internet verfügbar. Der italienische IT-Berater Andrea Mavilla zeigt, wie leicht sich Handynummern und private Mailadressen von Spitzenpolitikern und CEOs aus dem Netz ziehen lassen. Das gelinge in wenigen Minuten, heißt es. Die Tools könnten kostengünstig abonniert und leicht benutzt werden. („Die Nummer des Kanzlers? Kein Problem!“

SZ: Erneuter Missbrauchs-Verdacht gegen IStGH-Chefankläger. Seit Mai hat Karim Khan wegen Vorwürfen sexuellen Missbrauchs sein Amt ruhen lassen. Nur soll sich ein weiteres Opfer gemeldet haben. Zum Jahresende soll eine UN-Untersuchungskommission über den Fall entscheiden. Bis dahin sei nicht nur die Arbeit der Den Haager Behörde lahmgelegt; es stünde auch die „Glaubwürdigkeit der internationalen Strafjustiz insgesamt vor einer Probe“, schreibt Ronen Steinke. („Viel Schweigen in Den Haag“

Tagesspiegel: Umdenken nach Brandanschlag auf Berliner Stromnetz. Nachdem 20.000 Haushalte lahmgelegt worden sind, entbrennt eine erneute Debatte über den Schutz kritischer Infrastruktur. Das vom Kabinett am Mittwoch beschlossene Kritis-Dachgesetz stößt auf Kritik, da es erst ab 2030 greift. Zudem klammert es aus Sicht von Experten zentrale Bereiche aus und bringt keine kurzfristigen Verbesserungen. („Anschlag auf Stromnetz. Neues Gesetz soll Sicherheit erhöhen“

Tagesschau: Landgericht verurteilt Immoscout24. Das Landgericht Berlin hat entschieden, dass Immoscout24 mit einer Empfehlung zur Schufa-Auskunft unzulässige Werbung betrieben hat. Das Portal riet Wohnungssuchenden, schon bei der Besichtigung eine Bonitätsauskunft vorzulegen – und bot dafür den kostenpflichtigen Schufa-Check an. Laut Gericht und Datenschützern darf die Schufa-Auskunft nur kurz vor Vertragsabschluss verlangt werden. Immoscout24 hat Berufung eingelegt. („Gericht untersagt irreführende Werbung bei Immoscout24“)  

Nicht überlesen! 

Spiegel: Erdoğan höhlt Opposition aus. In Istanbul wurde der Provinzchef der oppositionellen CHP, Özgür Çelik, per politisch motiviertem Gerichtsurteil abgesetzt. Die Polizei stürmte die Parteizentrale. CHP-Chef Özgür Özel spricht von einem „Angriff auf die Republik“ und mobilisiert zum Widerstand. Beobachter werten das Vorgehen als Generalprobe: Auch Özel selbst droht ein Verfahren, das ihn stürzen und den Erdoğan-nahen Ex-CHP-Chef Kemal Kılıçdaroğlu zurückbringen könnte. („Erdoğans juristischer Putsch“

Schlagzeilen von morgen

Meistgelesenes von heute

Heute Abend in den Talkshows

Markus Lanz, 23:15 Uhr, Boris Palmer, André Neumann, Jutta Steinruck, Astrid Klinkert-Kittel 

Interviews von morgen

Deutschlandfunk 

6:50 Uhr: Claudia Major, Sicherheitsexpertin: Krieg in der Ukraine 

7:15 Uhr: Manfred Weber, EVP (CSU): Die EU in Krisenzeiten 

8:10 Uhr: Joachim Rock, Paritätischer Gesamtverband: Tag der Wohnungslosen 

 

ARD 

6:15 Uhr: Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin Deutscher Caritasverband: Wehrdienst und Sozialdienst 

7:10 Uhr: Johannes Winkel, Vorsitzender der Jungen Union (CDU): Wehr- und Sozialdienst 

8:15 Uhr: Norbert Röttgen, stellv. Vorsitzender der Unionsfraktion (CDU): Kampfdrohnen im polnischen Luftraum 

 

rbb24–Inforadio 

6:45 Uhr: Agnieszka Brugger, stellv. Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion: Kampfdrohnen im polnischen Luftraum 

7:25 Uhr: Stefan Evers, Berliner Finanzsenator (CDU): Erste Lesung des Berliner Haushaltsgesetzes 

 

Phoenix 

8:45 Uhr: Simone Borchardt, gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion (CDU), Simone Fischer, pflegepolitische Sprecherin (Grüne): Bundestagsgespräch 

Time.Table

Geheimdienst: Amtsantritt des neuen Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes, Martin Jäger. Mit Friedrich Merz. BND, 13:45 Uhr 

NRW-Kommunalwahl: Wahlkampf des BSW mit Sahra Wagenknecht in Wuppertal. Willy-Brandt-Platz, 8 Uhr 

Digitale Kommunikation: Fachtagung Digitale Brücken, digitale Brüche: Dialog in Krisenzeiten der Denkfabrik Schalom Aleikum des Zentralrats der Juden. Quadriga Forum, 10:30 Uhr 

Gesundheit: Online-Pressekonferenz der Deutschen Schmerzgesellschaft zu möglichen Folgen für Schmerzpatientinnen und -patienten durch das Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG). 10 Uhr. Anmeldung 

Literatur: Buchpremiere Was darf Israel? Ein Streit. Es diskutieren Hamed Abdel-Samad und Philipp Peyman Engel. Urania, 19:30 Uhr. Weitere Informationen 

Geburtstage von morgen

Simone Borchardt, MdB (CDU), 58 

Roderich Kiesewetter, MdB (CDU), 62 

Karoline Otte, MdB (Grüne), 29 

Nina Scheer, MdB (SPD), 54 

Dorit Stenke, Bildungsministerin von Schleswig-Holstein (CDU), 65 

Honey Deihimi, ehem. Integrationsbeauftragte Niedersachsen, 51 

Nachttisch

Unser Tipp führt Sie heute nach Wien. Die Mittzwanzigerin Pia wird aus der Klinik entlassen. Mit aller Kraft versucht sie sich wieder in ihr altes Umfeld zu integrieren – erfolglos; durch ihre psychische Krankheit hat sie eine völlig andere Wahrnehmung, die sich kaum mit der „normalen“ Welt vereinen lässt. Der Berlinale-Erfolg besticht dadurch, dass er mit schnellen Schnitten, Animationen und popkulturellen Referenzen versucht, die Welt einer psychisch Kranken erfahrbar zu machen. Grandios gespielt von Luisa-Céline Gaffron. Leonard Schulz 

„How to Be Normal“ von Florian Pochlatko | ab 11. September im Kino 

Das war’s für heute. Good Night and Good Luck!

Heute haben Stefan Braun, Michael Bröcker, Helene Bubrowski, Damir Fras, Daniel Friesen, Viktor Funk, Tim Gabel, Horand Knaup, Lukas Knigge, Carli Bess Kutschera, Vincent Mikoteit, Bernhard Pötter, Amelie Richter, Leonard Schulz, Sven Siebert, Maximilian Stascheit und Vincent Vogel mitgewirkt.

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