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Erscheinungsdatum: 14. April 2024

Fahrverbote: Wissings riskante Strategie

Verkehrsminister Wissing hat angekündigt, dass wegen des Klimaschutzgesetzes Fahrverbote an den Wochenenden drohen könnten. Auf diese Weise will er die Grünen-Bundestagsfraktion unter Druck setzen, die sich weigert, der Abschaffung der verbindlichen Sektorziele im Klimaschutzgesetz zuzustimmen.

Mit seinem Brief an die Fraktionsspitzen, in dem er Fahrverbote für den Fall in Aussicht stellt, dass das Klimaschutzgesetz nicht rechtzeitig entschärft wird, hat Volker Wissing für viel Aufregung gesorgt. Die Strategie des Verkehrsministers ist dabei klar: Er will die Grünen-Bundestagsfraktion unter Druck setzen. Diese weigert sich seit Monaten, der Abschaffung der verbindlichen Sektorziele im Klimaschutzgesetz zuzustimmen, auf die sich das Kabinett bereits im Juni geeinigt hatte. Wird das Gesetz nicht vor dem 15. Juli entschärft, müsste Wissing ein Sofortprogramm vorlegen, weil der Verkehrssektor sein Klimaziel im vergangenen Jahr weit verfehlt hat.

Der Minister behauptet, dass es in diesem Fall zwingend zu Fahrverboten kommen müsste. Denn mit 22 Millionen Tonnen CO₂ seien die Emissionen im Verkehrssektor im Jahr 2024 so viel höher als erlaubt, dass andere Maßnahmen nicht ausreichen würden, um die Vorgaben zu erfüllen. Verhindern ließen sich Fahrverbote nur, indem die Sektorziele gestrichen würden. Damit macht Wissing klar: Sollten die Grünen der Änderung nicht zustimmen, trügen sie die Verantwortung für die unpopuläre Maßnahme. Ob diese Strategie am Ende aufgeht, ist aber offen. Denn Wissings Brief lenkt zugleich die Aufmerksamkeit darauf, wie wenig der Verkehrsminister bisher beim Klimaschutz erreicht hat – und welche effektiven Maßnahmen er verweigert. So ist der Verkehr der einzige Sektor, in dem die Emissionen im Vergleich zum Jahr 2021 nicht gesunken, sondern gestiegen sind.

Ändern ließe sich das auch ohne Fahrverbote. Das Umweltbundesamt hat im Februar ein Maßnahmenpaket vorgelegt, mit dem der Verkehrssektor sein Klimaziel bis 2030 insgesamt erreichen könnte. Die größten Beiträge liefern dabei neben einer schnelleren Elektrifizierung des Straßenverkehrs und einem höheren CO₂-Preis ein allgemeines Tempolimit von 120 auf Autobahnen und 80 auf Landstraßen sowie die Abschaffung der Steuerprivilegien für Diesel und Dienstwagen. Beides lehnt Wissing ab – unter anderem mit dem Argument, dass diese Maßnahmen nicht genügen würden, um die für dieses Jahr erwartete Emissionslücke vollständig zu schließen.

Das ist zwar korrekt – doch diese Lücke müsste auch unter dem alten Gesetz wohl nicht sofort und komplett geschlossen werden. Der Expertenrat, der für die Überprüfung der Klimaziele und der Sofortprogramme zuständig ist und am Montag seinen Bericht für 2023 vorstellt, hatte in der Vergangenheit deutlich gemacht, wie er das Gesetz interpretiert: Demnach muss durch ein Sofortprogramm ein Sektorziel nicht bereits im Folgejahr erreicht werden, sondern kumuliert bis 2030. Und selbst wenn die Gerichte das anders sehen sollten, bietet das Gesetz auch jetzt schon einen Ausweg: Wie Wissing im Brief selbst schreibt, sieht § 8 (2) für die Bundesregierung die Möglichkeit vor, neben Sofortmaßnahmen im betroffenen Sektor auch Maßnahmen „in anderen Sektoren oder sektorübergreifende Maßnahmen“ zu beschließen. Dass es tatsächlich zu Fahrverboten kommt, ist damit nicht zu erwarten, selbst wenn das Gesetz nicht wie von Wissing gefordert entschärft werden sollte. Tatsächlich unvermeidlich wären in diesem Fall aber voraussichtlich ein Tempolimit und ein Abbau der umweltschädlichen Subventionen im Verkehr. Malte Kreutzfeldt

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2025
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