Nach einem Bericht der FAS über einen von Finanzminister Christian Lindner an das BMVg ergangenen Auftrags- und Bestellungs-Stopp für Ukraine-Waffenhilfen hat der Wirtschaftsminister an Deutschlands Verpflichtungen erinnert. „Wir haben der Ukraine Unterstützung zugesagt – so lange wie notwendig“, sagte Robert Habeck Table.Briefings. Dieses Versprechen binde Deutschland. „Wir müssen deshalb dafür sorgen, dass die Lieferungen nicht abreißen, dass man tut, was getan werden kann.“
Hintergrund ist die im FAS-Bericht beschriebene Entscheidung, die Ukraine-Hilfe von acht auf vier Milliarden Euro zu halbieren. Die Zahlen werden in Koalitionskreisen bestätigt. Allerdings verbunden mit dem Hinweis, dass dieser Beschluss, getragen vom Kanzler, nur gefallen sei, weil man in der Regierung fest davon ausgehe, dass die jüngste Ankündigung der G7-Staatschefs, Kiew bis zu 50 Milliarden Euro zu überlassen, bald umgesetzt wird. Dafür wollen die G7-Staaten einen Kredit aufnehmen, den sie dann über viele Jahre aus den Zinserträgen der von Russland einbehaltenen Vermögenswerte (rund 250 Milliarden Euro) zurückzahlen. Intern wird in Berlin gehofft, dass das spätestens bis Oktober über die Bühne geht, weil alle – auch die aktuelle US-Regierung – vor der US-Wahl Anfang November Fakten schaffen wollen.
Stirnrunzeln und Missmut hat das Verfahren trotzdem ausgelöst. Denn Lindner hat in seinem Brief an das Verteidigungsministerium dem BMVg ab sofort untersagt, weitere Waffenbestellungen für die Ukraine zu tätigen. Formal darf der Finanzminister das, wenn der Haushalt sehr angespannt ist. Aber es hat für die kriegführende Ukraine Folgen. Aus ihrer Sicht entsteht jetzt bei der Beschaffung eine bedrohliche Lücke von zwei bis drei Monaten. Bislang ist es stets das BMVg, das in Absprache mit der Ukraine Waffen oder Munition für Kiew bestellt, diese bezahlt und dann ausliefert. Mit den 50 Milliarden soll sich das ändern. Dann kann die Ukraine selbst einkaufen. Deshalb hätte es auch die Möglichkeit gegeben, dem BMVg nichts zu verbieten, sondern weitere Bestellungen zu gestatten – im sicheren Glauben, dass die Ukraine ab Oktober dann die Rechnungen dafür selbst begleicht, mithilfe der 50 Milliarden. Auch Habeck verweist auf dieses Geld, das aus seiner Sicht sicher kommen wird. „Gerade weil es so ist, darf es nicht zu einer ungewollten Unterstützungspause kommen, für die Ukraine darf keine Zeit verloren gehen.“
Das AA kämpft derweil gegen im Ausland entstandene Irritationen. So hat der Sprecher von Annalena Baerbock in den sozialen Medien versucht, Zweifel an der deutschen Unterstützung für Kiew auszuräumen. Sebastian Fischer schrieb: „Gerüchte, wonach Deutschland seine Unterstützung für die Ukraine stoppt, sind falsch.“ Deutschland stehe zu und helfe der Ukraine „as long as it takes“. Vorausgegangen waren öffentliche Befürchtungen vor allem in Osteuropa, Berlin rücke von der Ukraine ab oder ergebe sich dem Druck von Putin.
Die SPD-Fraktion baut vor, falls es schiefläuft. Ihr außenpolitischer Sprecher Niels Schmid sagte Table.Briefings: „Wir stehen hinter der Ukraine, daran verändert sich nichts.“ Sollten sich die Mittel aus dem 50-Milliarden-Topf verzögern und das sei bis November leider durchaus möglich, dann „müssen wir als Parlament nachsteuern“. Dann müsse der Bund – „auch wenn sich die FDP da jetzt noch sperrt“ – mutmaßlich doch eine Haushaltsnotlage erklären. CDU-Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei warnte davor, dass mit Entscheidungen wie der Kappung der Hilfe auch die Nato-Partner ins Grübeln kommen könnten. Der Haushaltsplan sei „verantwortungslos“, weil „der Kampf gegen die russische Aggression vor allem auch unserer Sicherheit dient“.