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Hongkong

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Hongkong impft im Schneckentempo

In kaum einer anderen entwickelten Weltregion geht die Impfkampagne so langsam voran wie in Hongkong. Unternehmen setzen nun auf luxuriöse Anreize: So können Impfwillige beispielsweise eine Wohnung im Wert von mehr als einer Million Euro gewinnen oder zusätzliche Urlaubstage abstauben. Ob das Angebot seinen angedachten Effekt entfalten wird, ist fraglich. Denn in Hongkong trägt der Impfverzicht auch einen politischen Beigeschmack.

Von Redaktion Table

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4. Juni: Peking kämpft auch in Hongkong gegen die Erinnerung

Mit Zensur und Gängelungen von Aktivisten arbeitet die chinesische Regierung seit Jahren intensiv daran, Erinnerungen an das Tiananmen-Massaker in der Bevölkerung auszulöschen. Der Feldzug gegen das Gedenken hat nun auch Hongkong erreicht, wo sich sonst Hunderttausende zur jährlichen Mahnwache versammelten. Hongkonger Lehrer:innen müssen mit Strafen rechnen, wenn sie Hintergründe und Details der blutigen Ereignisse lehren. Dissidenten warnen vor einer Geschichtsklitterung auch im Westen.

Von Marcel Grzanna

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Behörden verschärfen politische Kontrolle in Hongkong

Gut eine Woche vor dem Jahrestag der Niederschlagung der Tiananmen-Demonstrationen zieht der Staat in Hongkong die Zügel an. Mahnwachen für die Opfer sind verboten. Dabei gäbe es viel Grund für Proteste: Mit einer hochumstrittenen Wahlrechtsreform kommt die Angleichung der Systeme weiter voran – und verstärkt die Fluchtbewegung politisch interessierter Bewohner der Stadt nach Großbritannien.

Von

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Europaparlament friert CAI formal ein

Das EU-Parlament stellt die Arbeit am Investitionsabkommen ein und fordert eine Rücknahme der Sanktionen aus Peking. Für Verunsicherung bei den Betroffenen sorgt noch immer ein Absatz zu gemeinnützigen Organisationen wie Stiftungen, NGOs und Verbänden im Anhang des CAI. In einem Briefing will die EU-Kommission heute Antworten auf die Fragen von deutschen Stiftungs- und Verbandsvertreter:innen geben.

Von Amelie Richter

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Hongkong: Investitionen fließen trotz politischer Unterdrückung

In Hongkong konnten börsennotierte Unternehmen beim Aktienverkauf den bisher besten Start im ersten Quartal eines Jahres hinlegen. Denn nachdem China die Corona-Krise gut überstanden hat, suchen Anleger nach chinesischen Vermögenswerten. Die Niederschlagung der Protestbewegung scheint in diesem Bereich keine Rolle zu spielen. Auch US-Investmentbanken vor Ort stellen massiv Personal ein. Es entstehen Parallelwelten. Die US-amerikanische Regierung hat zudem offenbar kein Interesse, den Zustrom US-amerikanischen Geldes aus politischen Gründen zu bremsen.

Von Frank Sieren

Hongkong ist eine Sonderverwaltungszone im Süden Chinas. Die Weltmetropole mit sieben Millionen Einwohnern verfügt über einen Wirtschafts- und Finanzsektor von großer globaler Bedeutung. Alle News zum Thema gibt es von Table.Briefings.

Ist Hongkong ein eigenes Land?

Hongkong ist kein eigenes Land. Es ist eine Sonderverwaltungszone der Volksrepublik China. Unter dem Prinzip Ein Land, zwei Systeme untersteht die Metropole der Regierung in Peking, genießt dabei aber viele Freiheiten, die andere Gebiete Chinas nicht haben. Das Prinzip gilt offiziell noch bis in Jahr 2047. Doch der chinesischen Regierung wird in den vergangenen Jahren vorgeworfen, die Abmachung systematisch zu unterwandern.So wurde Hongkong in der Abmachung beispielsweise garantiert, freie Wahlen durchführen zu dürfen. Tatsächlich standen allerdings nur Kandidaten zur Abstimmung, die vorher von der chinesischen Regierung freigegeben wurden. Auch versuche die KP Chinas regelmäßig, in Hongkong Grundgesetzänderungen umzusetzen. Zuletzt kam es deswegen im Jahr 2019 zu massiven und langanhaltenden Protesten.

Ist „Ein Land, zwei Systeme“ seit 2020 Geschichte?

Im Jahr 2019 entzündeten sich die Proteste an einer Gesetzesänderung, die China die Auslieferung politischer Gefangener erleichtert hätte. Bei den anschließenden Kommunalwahlen straften die Hongkong-Chinesen die Peking-nahe Partei ab. Die Wahl gilt als Gradmesser dafür, dass sich die Bevölkerung weniger politische Einmischung durch die Regierung in Peking und mehr Autonomie wünscht.Die Gesetzänderungen führte die KP Chinas dennoch durch. Seitdem dürfen chinesische Sicherheitskräfte in Hongkong eingesetzt werden, die Peking-nahen Parteien werden bei Wahlen bevorzugt und die Auslieferung politischer Gefangener nach China ist einfacher. Ein Land, zwei Systeme soll neben freien Wahlen auch Meinungs- und Versammlungsfreiheit garantieren. Aktivist Nathan Law, der nach London geflohen ist, sieht hier erhebliche Mängel. Tsai Ing-wen, Präsidentin der Republik China (Taiwan), sieht das Prinzip gar als „gescheitert“ an. Selbst Deutschlands Bundesaußenminister Heiko Maas zeigte sich besorgt.

Welche Fläche hat Hongkong?

Hongkong hat eine Fläche von 1.107 Quadratkilometern. Berlin (892 Quadratkilometer) ist etwa ein Fünftel kleiner. Allerdings leben in Hongkong etwa 7,5 Millionen Menschen. Damit landet die Sonderverwaltungszone auf Platz 52 der größten Städte der Welt. Bei etwa 95 Prozent der Einwohner handelt es sich um Han-Chinesen. Etwa 500.000 Ausländer leben in Hongkong. Bei der überwiegenden Mehrheit handelt es sich um Frauen aus Thailand, Indonesien oder den Philippinen, die dort als Haushälterinnen arbeiten.Im Jahr 1711 errichtete die britische Ostindien-Kompanie in Guangzhou einen Handelsstützpunkt in China, um Opium in die Volksrepublik zu bringen. Als die chinesische Regierung im Jahr 1839 begann, die Lieferungen zu beschlagnahmen, brach der erste Opiumkrieg vor der Insel Hongkong aus. Das Gebiet sollte für die Briten zu einem militärisch wichtigen Stützpunkt werden.

Hongkong wird britisch

Der erste Opiumkrieg endete im August 1842, nachdem die Briten Hafenstädte gezielt angegriffen und besetzt hatten und so das Kaiserreich zur Aufgabe zwingen konnten. Daraufhin wurden die Verträge von Nanjing und Humen beschlossen. Darin trat China die Kontrolle über Hafenstädte an europäische Länder ab. Außerdem erklärte Großbritannien Hongkong zu einer Kronkolonie und stellte die Insel unter die Verwaltung eines britischen Gouverneurs. Von Hongkong aus betrieb Großbritannien den sogenannten Kulihandel. Kulis waren früher ungelernte Lohnarbeiter aus China und dem südasiatischen Raum.Diese Art des Sklavenhandels war völkerrechtswidrig, doch Großbritannien setzte ihn bis Anfang des 20. Jahrhunderts fort. Zwischen den Jahren 1851 und 1931 explodierte so die Zahl der Einwohner Hongkongs. Von ehemals 33.000 Menschen auf beinahe 900.000. Die Briten regierten Hongkong mit harter Hand. Aufstände und Streiks schossen sie nieder, mit Sklavenhandel und Kinderarbeit maximierten sie ihre Profite.

Hongkong, Großbritannien und der zweite Weltkrieg

Direkt nach Ausbruch des zweiten Weltkrieges eroberten japanische Truppen Hongkong. Im Verlauf des Konfliktes versprach Großbritannien der Regierung in China, dass alle Verträge, durch die sie weitreichende Privilegien in den Häfen genossen, gekündigt werden würden. Doch Winston Churchill brach das Versprechen, schickte im August 1945 ein Flottengeschwader nach Hongkong, und brachte die Insel wieder unter britische Kontrolle. Als im Jahr 1949 die Volksrepublik China ausgerufen wurde, flohen viele Geschäftsleute nach Hongkong.Die USA hatten Anfang der 1950er Jahre ein Wirtschaftsembargo gegen die Volksrepublik China verhängt. Dessen Lockerung verhalf Hongkong zu einem Wirtschaftswunder, das bis in die 1960er Jahre anhalten sollte. Entstandene Ungleichheiten führten allerdings zu den „Unruhen in Hongkong“ im Jahr 1967. Bis in die 1980er Jahre hatte sich die Wirtschaft zu einem reinen Handels- und Dienstleistungszentrum entwickelt. Alle Produktionsbetriebe waren mittlerweile in China ansässig.

Hongkong und das Prinzip Ein Land, zwei Systeme

Anfang der 1970er Jahre leitete eine UN-Resolution die Rückgabe Hongkongs an China ein. Die Verhandlungen begannen im Jahr 1982. Damals hoffte die britische Premierministerin Margaret Thatcher noch, dass die Volkrepublik China die britische Kontrolle akzeptieren würde. Dem war nicht so. Zum Zweck der Übergabe hatte Deng Xiaoping, das damalige Staatsoberhaupt Chinas, das Prinzip Ein Land, zwei Systeme entwickelt.Darin heißt es, dass Hongkong sein kapitalistisches System, seine Währung, Rechtssystem und gewohnte Freiheiten behalten dürfe, aber eben eine Sonderverwaltungszone Chinas sein würde. Es war die Grundvoraussetzung für die gemeinsame chinesisch-britische Erklärung. So heißt es in Kapitel eins, Artikel fünf des Hongkonger Grundgesetzes: “Das sozialistische System und die Politik der Volksrepublik sollen in der Sonderverwaltungszone Hongkong nicht praktiziert werden, und das bisherige kapitalistische System und die Lebensweise bleibt für 50 Jahre unverändert.“

China übernimmt die Souveränität über Hongkong

Am 1. Juli 1997 übernahm China die Souveränität über Hongkong von den Briten. Die hatten zuvor 156 Jahre über die jetzige Sonderverwaltungszone geherrscht. Die Volksrepublik hatte Hongkong diesen Status langfristig garantiert. Hongkong soll fünfzig Jahre Sonderverwaltungszone bleiben. Hongkong hat sich seitdem zu einem der wichtigsten Finanzzentren im asiatischen Raum entwickelt. Auch, weil es Kontrolle über seine eigenen Gesetze, Zölle und die Währung hat.Hongkong ist außerdem ein selbstständiges Mitglied des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT), der Welthandelsorganisation (WTO), der Asiatisch-Pazifischen-Wirtschaftsgemeinschaft (APEC), der Wirtschafts- und Sozialkommission für Asien und Pazifik der Vereinten Nationen (ESCAP) und der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB).

Wahlen in Hongkong

Die ersten Wahlen in Hongkong fanden im Jahr 1997 statt. Bis dahin war der Gouverneur von Hongkong Oberhaupt des Gebietes. Der wurde vom britischen Außenministerium gestellt und von Queen Elisabeth II. eingesetzt. Das Wahlsystem in Hongkong ist umstritten. Es basiert auf Regeln der alten britischen Besatzungsmacht.Zwar werden in Hongkong 70 Volksvertreter gewählt, davon aber nur die Hälfte von Wählern im klassischen Sinne. Die andere Hälfte wird von Berufsgruppen und Firmen bestimmt. So dürfen beispielsweise alle Lehrer einen Volksvertreter wählen. Aber auch der Finanzsektor bestimmt eigene Vertreter. Hier sind beispielsweise Angestellte der Versicherungsgesellschaft Axa aus Paris oder der Bank HSBC aus London wahlberechtigt.

Ein Land, zwei Systeme scheitert

Seit die Volksrepublik China die Kontrolle über Hongkong zurückhat, ist es jedoch zu einer „schleichenden Erosion der formal garantierten liberalen Gesellschaftsordnung gekommen“, wie es Yiu-Chung Wong in „Hong Kong’s Transformation Since the Handover“ beschreibt. Der Einfluss der chinesischen Regierung auf das Wahlrecht und die Gesetze in Hongkong hat immer mehr zugenommen. Immer wieder kommt es deswegen zu Protesten.Im Jahr 2014 kam es zur Regenschirm-Bewegung oder Regenschirm-Revolution. Hintergrund waren neue Vorschriften der chinesischen Regierung, die das Wahlsystem in Hongkong betrafen. Kandidaten, die um das Amt des Regierungschefs antreten wollten, mussten fortan von einem Nominierungskomitee genehmigt werden. Außerdem wurde eine Direktwahl des Präsidenten ausgeschlossen. Dessen Ernennung würde weiterhin über Wahlgremien erfolgen. Das umfasst insgesamt 1.200 Vertreter verschiedener Berufsstände, gesellschaftlicher und religiöser Gruppen, des Legislativrates, des Hongkonger Abgeordnetenhauses und des Nationales Volkskongresses aus China.

Regenschirm-Bewegung in Hongkong

Die Regenschirm-Bewegung in Hongkong, die im Jahr 2014 erstmals massiv in Erscheinung trat, setzte sich für freie Wahlen ohne Einmischung aus Peking ein und forderte den Rücktritt des damaligen Regierungschefs Leung Chun-Ying. Im Jahr 2019 legten Aktivisten der Bewegung einen Katalog mit fünf Forderungen vor. Zusätzlich zu den drei ursprünglichen Bedingungen, wollen die Demonstranten seitdem auch noch eine generelle Amnestie für inhaftierte Demonstranten und eine Rücknahme des Auslieferungsgesetzes. Das ermöglicht eine Überstellung von Hongkonger Staatsbürgern vor ein Gericht der Volksrepublik China. Tatsächlich wurde der Gesetzentwurf im Oktober 2019 zurückgezogen.Die Regierung in Peking betont immer wieder, dass sie um die Stabilität und Einheit des Landes bemüht sei. So gravierend viele Eingriffe der Kommunistischen Partei auch sein mögen, hält sie sich vor allem bei Demonstrationen merklich zurück. Selbst, als sich Teile der Regenschirm-Bewegung Straßenschlachten mit Sicherheitskräften lieferten, griff die Regierung aus Peking nicht ein.

Xi Jinping reagiert auf Proteste in Hongkong

Die Zurückhaltung ist politisches Kalkül. Chinas Staatsoberhaupt Xi Jinping sichert Carrie Lam, der Regierungschefin in Hongkong, volle Rückendeckung zu. Auf einem BRICS-Gipfeltreffen (die Staatsoberhäupter aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) im November 2019 erklärte er außerdem, dass es die Demonstranten seien, die gegen das Prinzip

Ein Land, zwei Systeme

verstoßen würden. Er hob außerdem den Erfolg dieses Modells hervor. Auch, um in Opposition zur Regierungschefin Tsai Ing-wen (Republik China/Taiwan) zu gehen, die das Scheitern dieser Politik erklärt hatte.Durch die Öffnung Chinas und das Vorantreiben der Neuen Seidenstraße, hat Hongkong zwar an Bedeutung als Handelszentrum verloren, ist aber immer noch ein wichtiger Baustein für China, um sich als globale und einheitliche Handelsmacht präsentieren zu können. In diesem Zusammenhang ist der Umgang mit Hongkong von enormer Bedeutung.