Table.Briefing: Europe

Taxonomie und Erdgas + Digitalpolitischer Ausblick + Holger Kunze

  • Taxonomie: Der Streit ums Erdgas
  • Digitalpolitischer Ausblick: Die Vorhaben der EU-Kommission
  • Italiens Parlament wählt ab 24. Januar neuen Präsidenten
  • Deutschland und Frankreich beraten mit Russland und Ukraine
  • BDI dringt bei Ampel-Koalition auf Förderung von Quantentechnologie
  • Neue Explorationslizenzen für Lithium-Förderer im Oberrheingraben
  • Holger Kunze: Stimme der Maschinenbauer in Brüssel
Liebe Leserin, lieber Leser,

ursprünglich war die EU-Taxonomie als Handreichung für private Investor:innen gedacht: Welche Investitionen sind kompatibel mit den EU-Klima- und Naturschutzzielen? Dass Erdgas als nachhaltiger Energieträger eingestuft werden soll, war nicht vorgesehen. Es kam anders, die neue Taxonomie ist zu einem der großen politischen Streitthemen dieser Tage geworden. Timo Landenberger blickt in seiner Analyse zurück auf die Entstehung des Regelwerks, beleuchtet, wo die Grenzwerte herkommen und fängt Stimmen aus Politik und Wirtschaft ein.

Die Definition digitaler Rechte und Grundsätze im “Digitalen Kompass”, eine Strategie für Weltraumverkehrsmanagement, ein Gesetzesvorschlag zur wirksameren Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern und vieles mehr: Für das 1. Quartal dieses Jahres stehen einige neue digitalpolitische Vorschläge im Kalender der EU-Kommission. Was genau die Behörde plant und welche offenen Fragen es gibt, weiß Jasmin Kohl.

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Sarah Schaefer
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Analyse

Taxonomie: Der Streit ums Erdgas

Innerhalb weniger Monate wurde die Taxonomie aus dem Schattendasein ins politische Rampenlicht gezerrt und so hitzig diskutiert wie zurzeit kaum ein anderes EU-Thema. Dabei sollte die EU-Taxonomie ursprünglich lediglich eine Handreichung für private Investoren sein und auflisten, welche Finanztransaktionen als nachhaltig einzustufen sind und welche nicht. Erdgas gehörte nicht dazu.

Zur Ausarbeitung der Kriterien setzte die EU-Kommission ein Expertengremium ein, welches für Kraftwerke ursprünglich den Grenzwert von 100 g CO2-Equivalent pro kWh erzeugtem Strom vorgesehen hatte. Einzuhalten ist das nur mit grünem oder blauem Wasserstoff bei effizienter Abspaltung und Speicherung des anfallenden Kohlendioxids (Carbon Capture and Storage, CCS), keinesfalls mit reinem Erdgas.

Infolge der politischen Debatte sieht der aktuelle Entwurf der Taxonomie nun aber vor, auch höhere Emissionen zu ermöglichen, sofern eine Reihe von Kriterien erfüllt sind. Demnach können Anlagen, deren Baugenehmigung vor dem 31. Dezember 2030 erteilt wurde, bis zu 270 g/kWh ausstoßen. Der Wert entstammt ebenfalls einer Empfehlung der Taxonomie-Expertengruppe der Kommission, allerdings ursprünglich nur für ressourcenschonendere Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung. Doch auch dieser kann beim Verbrennen von reinem Erdgas zur Stromerzeugung nach aktuellem Stand der Technik kaum eingehalten werden.

“Ambitioniert aber erreichbar”

Ein Sprecher des Energieversorgers Eon sagte zu Europe.Table, der Grenzwert von 270g sei ambitioniert, aber erreichbar, wenn die Potenziale zur Transformation der Gasversorgung entschieden genutzt würden. Markus Pieper, energiepolitischer Sprecher der CDU/CSU im EU-Parlament, hingegen ist überzeugt: “Die CO2-Begrenzung je kWh ist aus heutiger Sicht unrealistisch und wird Investoren abschrecken.” Aber zumindest könnten neue effiziente Gaskraftwerke jetzt ohne jährliche Laufzeitbegrenzung ans Netz.

Denn aus dem “Und” im letzten Taxonomie-Entwurf ist inzwischen ein “Oder” geworden: Anlagenbetreiber können sich entscheiden, ob sie den Grenzwert von 270g/kWh einhalten oder 550 kg CO2 pro Jahr emittieren. Zwar wird die Zahl im Durchschnitt auf 20 Jahre gemittelt. Ein Gaskraftwerk kann also im ersten Jahr erheblich mehr ausstoßen, sofern dies in den Folgejahren kompensiert wird.

Dennoch kommt der Wert einer Laufzeitbeschränkung gleich und findet seinen Ursprung im Kapazitätsmarkt der Strom-Markt-Verordnung: Der Deckel für die CO2-Intensität von fossilen Kraftwerken fördert den Kohleausstieg, ermöglicht aber Gas zumindest zur zeitweisen Absicherung der Energieversorgung.

Schrittweiser Brennstoffwechsel

Zusätzlich sieht der Taxonomie-Entwurf einen schrittweisen Brennstoffwechsel vor. Demzufolge können neue Kraftwerke zu Beginn theoretisch rein fossiles Erdgas einsetzen, sofern der direkte Grenzwert oder das Jahresbudget eingehalten werden. Ab 2026 müssen jedoch mindestens 30 Prozent, ab 2030 mindestens 55 Prozent und ab 2035 ausschließlich “low carbon fuels” verwendet werden.

Unklar ist allerdings, wie diese definiert werden. In ihrem Gaspaket vom vergangenen Dezember spricht die EU-Kommission von einer Treibhausgasreduktion von 70 Prozent gegenüber dem herkömmlichen fossilen Brennstoff. Welcher genau damit gemeint ist, bleibt weiter offen. Ebenso, ob sich das Reduktionsziel auf die direkten Emissionen bezieht, die bei der Stromproduktion anfallen, oder auch die Lieferkette berücksichtigt.

So gilt beispielsweise blauer Wasserstoff grundsätzlich als kohlenstoffarmes Gas. Bei der Verbrennung entsteht lediglich Wasserdampf, und das bei der Produktion aus Erdgas anfallende CO2 wird mittels CCS abgeschieden und gespeichert. Beim Transport des Erdgases entweichen jedoch große Mengen Methan durch Leckagen in die Luft und die Methanverordnung der EU adressiert lediglich die innereuropäische Infrastruktur (Europe.Table berichtete). Mehr als 80 Prozent werden allerdings importiert. Offene Fragen wie diese lassen die Aufnahme von Erdgas in die EU-Taxonomie für Kritiker zusätzlich fragwürdig erscheinen.

Auch Matthias Buck, Direktor Europa beim Thinktank Agora Energiewende, hält den Schritt für falsch. Die Klassifizierung von fossilem Gas als “grün” mindere nicht die Risiken, die in einem absehbar klimaneutralen Europa mit Gasprojekten einhergehen. “Sie mindert aber die Glaubwürdigkeit der Taxonomie, die als wissenschaftsfundierter Referenzpunkt für nachhaltige Investitionen dienen sollte.”

Natürlich könne auch ohne EU-Taxonomie-Siegel in Erdgas investiert werden, was aber die Kapitalbeschaffung und damit die Energiepreise verteuere, kontert Markus Pieper. Wenn mit CO2-Abscheidung aus blauem Wasserstoff der Übergang zu grünem Wasserstoff leichter zu finanzieren sei, weil der Markthochlauf gelinge, “warum denn nicht Gas als nachhaltig klassifizieren?”, so der Europaabgeordnete.

Einbeziehung von Erdgas in EU-Taxonomie kein Freifahrtschein

Kritik an der Vermengung von unterschiedlichen Erwägungen in dem Rechtsakt kommt aber auch von Investorenseite. “Die EU-Taxonomie ist eine Liste von Wirtschaftstätigkeiten, die als nachhaltig gelten, weil sie nach wissenschaftlichen Kriterien mit bestimmten Umweltzielen übereinstimmen”, sagt Victor van Hoorn, Exekutivdirektor des European Sustainable Investment Forum (Eurosif), das mehr als 400 Organisationen vertritt. “Leider können verschiedene politische Überlegungen die Glaubwürdigkeit der Taxonomie für Investoren untergraben.”

Für den Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG)  ist die Aufnahme von Erdgas in die EU-Taxonomie hingegen die “logische Konsequenz aus der Erkenntnis, dass erhebliche Investitionen in Gaskraftwerke erforderlich sind”. Die Einbeziehung von Erdgas sei dennoch kein Freifahrtschein für künftige Erdgasinvestitionen, sagt BVEG-Geschäftsführer Ludwig Möhring zu Europe.Table. “Die EU hat in meinen Augen sehr klar und nur in engen Grenzen Investitionen in Erdgasinfrastruktur erfasst: nämlich dort, wo die Investitionen dem Klimaschutz dienen.” Dabei gehe es um die Erhaltung der Versorgungssicherheit bei gleichzeitiger CO2-Reduzierung.

Ursprünglich weder Kernenergie noch Erdgas in der EU-Taxonomie

Der Taxonomie zugrunde liegt eine EU-Verordnung zur nachhaltigen Finanzierung aus dem Jahr 2020. Darin sollte festgelegt werden, welche Aktivitäten und Produkte grundsätzlich einen wesentlichen Beitrag zum Erreichen der EU-Klimaziele leisten können. Unterschieden wird in dem Papier zwischen Technologien, die dauerhaft einen Beitrag leisten, und solchen, die das nur vorübergehend tun. Die sogenannten Brückentechnologien.

Ein entsprechendes Expertengremium erstellte einen wissenschaftlichen Bericht, der weder Kernenergie noch Erdgas enthielt. Das war ursprünglich auch überhaupt nicht vorgesehen, denn die Taxonomie sollte lediglich Anhaltspunkte für private Investoren liefern: Welche Investitionen sind kompatibel mit den EU-Klima- und Naturschutzzielen? Aus wissenschaftlicher Sicht konnten fossiles Erdgas und Kernenergie hierbei keine Rolle spielen.

Als die EU-Staaten jedoch beschlossen, das Corona-Wiederaufbauprogramm an klimafreundliche Bedingungen zu knüpfen, kam die Frage nach entsprechenden Anhaltspunkten für grüne Produkte auf. Naheliegender und auch so ziemlich der einzige verfügbare Referenzrahmen: die EU-Taxonomie. Und auch wenn diese hinsichtlich der staatlichen Förderung keinerlei bindenden Charakter hat, störten sich einige Mitgliedsstaaten am Fehlen von Erdgas und Atomkraft in der EU-Taxonomie, die für viele Länder alternativlose Brückentechnologien darstellen. Aus einer wissenschaftsbasierten Auflistung für nachhaltige Privatinvestitionen wurde eine ordnungspolitische Grundsatzdebatte.

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    Digitalpolitischer Ausblick: Die Vorhaben der EU-Kommission

    Grundsätze der “Digitalen Dekade” der EU-Kommission (Empfehlung & Mitteilung)

    Kommissionsvorschlag (tbc): 26.01.22
    Inhalt: Als Teil des “Digitalen Kompass”, den die Kommission im März 2021 präsentiert hat, will die Behörde digitale Rechte und Grundsätze definieren. So soll sichergestellt werden, dass die Vorteile und Chancen der Digitalisierung allen EU-Einwohner:innen zugutekommen und europäische Werte auch online gewährleistet sind. Die digitalen Rechte und Grundsätze betreffen unter anderem folgende Aspekte:

    • universeller Zugang zum Internet;
    • sicheres und vertrauenswürdiges Online-Umfeld;
    • allgemeine digitale Bildung und Kompetenzen;
    • ethische Grundsätze für menschenzentrierte Algorithmen;
    • Schutz von personenbezogenen Daten und der Privatsphäre;
    • Zugang zu digitalen Gesundheitsdiensten.

    Zusammen mit den digitalen Rechten und Grundsätzen will die Kommission auch einen Vorschlag für eine interinstitutionelle Erklärung mit dem Europäischen Parlament und dem Rat präsentieren. Diese soll einen europäischen Standard für Grundrechte und Werte im digitalen Raum darstellen.

    In ihrem Vorschlag will die Kommission auch die Ergebnisse einer Eurobarometer-Sonderumfrage berücksichtigen. Laut dieser halten es 82 Prozent der befragten Bürger:innen für sinnvoll, dass die EU eine gemeinsame europäische Vision für digitale Rechte und Grundsätze definiert. 90 Prozent der Befragten sprechen sich außerdem dafür aus, den Grundsatz aufzunehmen, dass auch Menschen, die behindert oder von Ausgrenzung bedroht sind, in den Genuss leicht zugänglicher und benutzerfreundlicher digitaler öffentlicher Dienste kommen sollten.

    Ursprünglich wollte die Kommission die interinstitutionelle Erklärung bis Ende 2021 vorlegen. Die Umsetzung der Digitalgrundsätze soll zudem im “Jahresbericht über den Stand der Digitalen Dekade” (Europe.Table berichtete) der EU-Kommission bewertet werden.

    Normungsstrategie (Mitteilung)

    Kommissionsvorschlag (tbc): 02.02.22
    Inhalt: Mit dieser Initiative will die Kommission die Herausforderungen angehen, vor denen das europäische Normungssystem steht. Die Behörde will sicherstellen, dass die EU in diesem Bereich auf internationaler Ebene entschlossener und strategischer auftreten kann. Die Kommission will einen Fokus auf den Normungsbedarf legen, der durch die “Twin Transition” (Digitalisierung und Green Deal) in industriellen Ökosystemen zustande kommt oder sie fördern kann.

    Die Strategie soll zudem Wege aufzeigen, wie die EU in Bereichen, in denen ähnliche Interessen verfolgt werden, mit internationalen Partnern zusammenarbeiten kann. Ein Beispiel ist die Kooperation mit den USA und Kanada in der Frage, wie Künstliche Intelligenz rechtmäßig und ethisch genutzt werden kann. Die Kommission will daher prüfen, ob die Verordnung zur europäischen Normung überarbeitet werden muss. Eine Task Force, die aus Kommissionsvertretern und Vertretern der Europäischen Normungsorganisationen (CEN, CENELEC, ETSI) besteht, soll die Umsetzung von zentralen Normen vorantreiben.

    Fahrplan für Sicherheits- und Verteidigungstechnologien (Mitteilung)

    Kommissionsvorschlag (tbc): 09.02.22
    Inhalt: Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten auf dem EU-Gipfel vom 25./26. Februar 2021 die Kommission dazu aufgefordert “bis Oktober 2021 einen Technologie-Fahrplan vorzulegen, mit dem Forschung, technologische Entwicklung und Innovation angekurbelt und unsere strategischen Abhängigkeiten bei kritischen Technologien und Wertschöpfungsketten verringert werden”. Die Kommission will den Fahrplan nun als Bestandteil des Verteidigungspakets im Februar vorstellen. Er soll die strategischen Abhängigkeiten gezielt im Sicherheits- und Verteidigungssektor reduzieren.

    Damit ergänzt er den Chips Act, den die Institution nach derzeitiger Planung nicht vor der Sommerpause vorstellen will. Dieser soll Europa zu mehr technologischer Souveränität verhelfen, indem er eine europäische Halbleiter-Ökonomie aufbaut (Europe.Table berichtete).

    Kernelemente: Einsatzbereitschaft des Europäischen Verteidigungsfonds; Förderung von Synergien zwischen ziviler, Verteidigungs- und Raumfahrtindustrie, inklusive Künstlicher Intelligenz und disruptiven Technologien; Beteiligung von KMU

    Strategie für Weltraumverkehrsmanagement (Mitteilung)

    Kommissionsvorschlag (tbc): 09.02.22
    Inhalt: Das Weltraumverkehrsmanagement ist eine der elf gezielten Maßnahmen, die die Kommission in ihrem Aktionsplan für Synergien zwischen der zivilen, der Verteidigungs- und der Weltraumindustrie vorgeschlagen hat. Weil die Anzahl der Satelliten im Weltraum in den vergangenen Jahren stark gestiegen ist, unter anderem durch die Entwicklung wiederverwendbarer Trägerraketen und kleiner Satelliten, werden Zusammenstöße im All immer wahrscheinlicher. Dadurch können weltraumbasierte Systeme wie Satellitenkommunikation beeinträchtigt werden.

    Die Strategie soll dabei helfen, Kollisionen zu vermeiden und eine nachhaltige Nutzung des Weltraums gewährleisten. Zugleich soll sie verhindern, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Weltraumindustrie in der EU beeinträchtigt wird.

    Kernelemente: technische Aktivitäten wie EU-SST; regulatorische Aspekte wie Normsetzung; internationale Kooperationsmechanismen

    Gesetzesvorschlag zum Aufbau eines weltraumgestützten, globalen und sicheren EU-Kommunikationssystems

    Kommissionsvorschlag (tbc): 09.02.22
    Inhalt: Auch das weltraumgestützte, globale und sichere EU-Kommunikationssystem entspringt dem Aktionsplan für Synergien zwischen der zivilen, der Verteidigungs- und der Weltraumindustrie. Das System soll in der EU für eine hohe Übertragungsrate auf der Grundlage von Quantenverschlüsselung sorgen und dort, wo diese noch fehlt, eine Breitbandanbindung schaffen. Das System soll unter anderem den Schutz von kritischer Infrastruktur, Krisenmanagement und der Überwachung von Luftraum und Meeren unterstützen.

    Für KMUs beinhaltet das Kommunikationssystem laut Kommission eine große wirtschaftliche Chance, da sie sich um Verträge bewerben können, die den Ausbau des Systems vorantreiben. Binnenmarktkommissar Thierry Breton will die Initiative schnell voranbringen und zählt dabei auf die Unterstützung der französischen Ratspräsidentschaft.

    Data Act, inklusive Überarbeitung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz von Datenbanken (Database Directive)

    Kommissionsvorschlag (tbc): 23.02.22
    Inhalt: Während der Data Governance Act die Datenbörsen regulieren soll, zielt der Data Act auf den rechtmäßigen Zugang und die Nutzung der Daten ab. Oberstes Ziel: der Aufbau einer fairen Datenwirtschaft, denn der Digitalwirtschaft fehlen aus Sicht der Kommission Daten. So sollen Innovationen angetrieben werden. Konkret will die Kommission mit dem Data Act vorschreiben, wie Unternehmen ihre Daten nutzbar machen können. Der Gesetzesentwurf war zuletzt für den 1. Dezember 2021 vorgesehen, fiel aber wegen vieler offener Fragen durch den Ausschuss für Regulierungskontrolle (Europe.Table berichtete).

    Während der Konsultationsphase hatte auch die deutsche Wirtschaft Bedenken an dem Gesetzesentwurf angemeldet. Die offenen Fragen: Wann unterliegen Unternehmen Datenteilungspflichten? Wie können die Interessen von Datenproduzenten und Nutzern gleichermaßen berücksichtigt werden? Wird es spezifische Rechtsakte für einzelne Sektoren geben oder ausschließlich horizontale Regeln? Wie verhält sich der Data Act zu anderen Gesetzesvorhaben, die Schnittmengen aufweisen?

    Damit die Richtlinie über den rechtlichen Schutz von Datenbanken (Database Directive) kein Hindernis für den Zugang und die Nutzung von Daten bildet, will die Kommission sie innerhalb des Gesetzesvorschlags zum Data Act überarbeiten.

    Gesetzesvorschlag zur wirksameren Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern

    Kommissionsvorschlag (tbc): 02.03.22
    Inhalt: In der EU-Strategie für eine wirksamere Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern (2020) hatte die Kommission angekündigt, einen neuen Gesetzesvorschlag zu präsentieren, der dabei helfen soll, den sexuellen Missbrauchs von Kindern online und offline zu bekämpfen.

    Laut der Behörde hat der sexuelle Missbrauch von Kindern aufgrund physischer Isolierung und wachsender Online-Aktivitäten innerhalb der Corona-Pandemie nachweislich zugenommen. Online-Plattformen sollen künftig verpflichtet werden, bekanntes Material über sexuellen Kindesmissbrauch aufzudecken und öffentlichen Behörden zu melden. Das Gesetz soll die Übergangsregelung für freiwillige Aufdeckungsmaßnahmen von Online-Diensteanbietern ersetzen. Umstritten wird dabei erneut sein, welche Maßnahmen welche Anbieter konkret ergreifen dürfen oder müssen, um Abbildungen sexuellen Kindesmissbrauchs (CSAM) in ihrem Zugriffsbereich zu detektieren.

    Gesetzesvorschlag für ein Notfallinstrument für den Binnenmarkt

    Kommissionsvorschlag (tbc): 16.03.22
    Inhalt: Als “Lessons Learnt” der COVID-19 Pandemie soll dieses neue Instrument dafür sorgen, dass der europäische Binnenmarkt besser vor künftigen Krisen geschützt ist und es beispielsweise nicht erneut zu gerissenen Lieferketten kommt. Aber auch der freie Personen- und Dienstleistungsverkehr soll so künftig auch während Krisenfällen gewährt sein. Wie bei der Aktualisierung der Industriestrategie angekündigt, will die Kommission daher Regeln und Instrumente des Binnenmarkts überarbeiten.

    Das Notfallinstrument soll dazu beitragen, kritische Produktengpässe durch eine Beschleunigung der Verfügbarkeit zu beseitigen. Das Instrument soll auch die Zusammenarbeit bei der Vergabe öffentlicher Aufträge stärken.

    Kernelemente: Transparenzverpflichtungen; digitale Lösungen für die Festlegung von Normen; beschleunigte Konformitätsprüfungen; Zusammenarbeit im öffentlichen Auftragswesen

    Richtlinie für nachhaltige Produkte und Überarbeitung der Ökodesign-Richtlinie

    Kommissionsvorschlag (tbc): 30.03.22
    Inhalt: Wie im Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft angekündigt, will die Kommission eine Richtlinie für nachhaltige Produkte vorschlagen und gleichzeitig die Ökodesign-Richtlinie von 2009 überarbeiten. Der Vorschlag war ursprünglich für das Jahresende 2021 vorgesehen (Europe.Table berichtete). Die Behörde will so gewährleisten, dass Produkte innerhalb der EU so konzipiert sind, dass sie über eine längere Lebensdauer verfügen und leichter wiederverwendet, repariert und recycelt werden können. Sie sollen auch einen größtmöglichen Anteil recycelter Materialien statt Primärrohstoffen enthalten.

    Auf Basis der Ökodesign-Richtlinie wurden bereits 31 Produktgruppen überprüft und auf Energieeffizienz getrimmt. Nächster Schritt: Smartphones und Tablets. Die Kommission will auch den Anwendungsbereich der Ökodesign-Richtlinie über energiebetriebene Produkte hinaus ausweiten, denn auch andere Faktoren wie Rohstoffe und Produktionsweise sind für die Nachhaltigkeit von Produkten relevant.

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      Italiens Parlament wählt ab 24. Januar neuen Präsidenten

      Italien stellt noch in diesem Monat die Weichen für die Nachfolge von Präsident Sergio Mattarella und damit womöglich auch für die Zukunft von Regierungschef Mario Draghi. Das Parlament kündigte am Dienstag an, am 24. Januar zur Wahl eines neuen Staatsoberhaupts zusammenkommen.

      Der Ausgang kann große Auswirkungen auf die Regierung Draghi haben, der als aussichtsreicher Kandidat gilt. Würde der Ex-Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) Präsident, bedeutet es das Ende seiner Regierung. Italien müsste dann inmitten der verschärften Pandemielage einen neuen Regierungschef finden oder die Parlamentswahl ein Jahr vorziehen. Draghi hatte Anfang 2021 die Führung einer Einheitsregierung in Italien übernommen, die fast alle Parteien aus dem politischen Spektrum unterstützen.

      Favorit der Mitte-Rechts-Parteien für das Präsidentenamt ist aber der 85-jährige Silvio Berlusconi, der schon vier Mal Regierungschef war. Auch dem ehemaligen Präsidenten der Abgeordnetenkammer, Pier Ferdinando Casini, Ex-Ministerpräsident Giuliano Amato und Justizministerin Marta Cartabia werden Chancen eingeräumt.

      Die Wahl in geheimer Abstimmung dauert oft mehrere Tage. Das Staatsoberhaupt in Italien wird für eine Amtszeit von sieben Jahren gewählt und hat wie in Deutschland weitgehend repräsentative und zeremonielle Aufgaben. Das Amt ist in den vergangenen Jahren aber immer wichtiger geworden. So musste Amtsinhaber Mattarella mehrfach eingreifen, um in politischen Krisen zu vermitteln. rtr

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        • Italien

        Deutschland und Frankreich beraten mit Russland und Ukraine

        Die außenpolitischen Chefberater von Kanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron werden am Donnerstag in Moskau mit ihrem russischen Kollegen über die Spannungen an der ukrainisch-russischen Grenze beraten. Das erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag aus den teilnehmenden Regierungen. Für Dienstag war zudem eine Videoschalte der deutschen und französischen Chefdiplomaten mit der ukrainischen Seite geplant.

        Die Gespräche sind Teil einer intensiven Ost-West-Diplomatie in dieser und der kommenden Woche. Am Dienstag begann der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell einen zweitägigen Besuch in der Ukraine. Die EU dürfe kein neutraler Zuschauer bei den Verhandlungen sein, wenn Russland wirklich über die europäische Sicherheitsarchitektur diskutieren wolle, sagte ein EU-Sprecher zur Begründung.

        Die Ukraine sei für die EU ein “strategischer Partner”. Borrell wird während seines Besuchs in Begleitung des ukrainischen Außenministers Dmytro Kuleba die Kontaktlinie zwischen der Ukraine und den von Russland unterstützten separatistischen Rebellen besuchen.

        Russland will Nato-Mitgliedschaft der Ukraine verhindern

        Am Mittwoch will Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nach Washington fliegen, um dort mit ihrem Kollegen Antony Blinken über die Lage an der ukrainisch-russischen Grenze zu beraten. Kommende Woche sind Gespräche zwischen den USA und Russland geplant. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg wiederum beraumte für nächste Woche eine Sondersitzung der Botschafter der Nato-Staaten und hochrangiger russischer Beamter an. Auch dabei gehe es darum, einen offenen Konflikt über die Ukraine zu verhindern, sagte ein Nato-Beamter.

        Russland fordert vom Westen Sicherheitsgarantien, zu denen eine Zusage gehört, dass die Ukraine kein Nato-Mitglied wird. Die USA und die EU-Staaten lehnen dies mit Verweis auf das Selbstbestimmungsrecht unabhängiger Staaten ab, auch wenn es keine aktuellen Pläne für einen Beitritt gibt. rtr

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          • Deutschland
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          BDI dringt bei Ampel-Koalition auf Förderung von Quantentechnologie

          Die deutsche Industrie fordert von der Ampel-Regierung einen Push für die Quantentechnologie. Diese sei für die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Firmen von zentraler Bedeutung, sagte Iris Plöger vom Branchenverband BDI am Dienstag in Berlin. Sie forderte angesichts hoher Investitionen in China und den USA, dass auch Europa eine führende Rolle einnehmen müsse.

          “Ziel muss sein, europäische Kompetenzen in diesem Bereich langfristig zu sichern und dauerhaft selbstbestimmt zu handeln.” Hintergrund ist der Vorsprung von Firmen aus China und den USA. China gebe staatlicherseits pro Jahr 2,5 Milliarden Dollar aus, schreibt der BDI in einer Studie über die Quantentechnologie. Deutschland und die übrigen EU-Länder sollten Ressourcen deshalb bündeln und Forschungsvorhaben koordinieren.

          Ankündigung der Bundesregierung in Quantentechnologie zu investieren

          Plöger lobte, dass die Bundesregierung verstärkt in Quantentechnologien investieren wolle. “Nun kommt es darauf an, die Ankündigungen rasch mit konkreten Maßnahmen zu unterfüttern.” Dafür seien unbürokratische Förderinstrumente nötig. Die alte Bundesregierung hatte zwei Milliarden Euro für die Entwicklung der Quantentechnologie bereitgestellt. Deutschland will mit einem Firmen-Konsortium in den kommenden zwei Jahren einen eigenen Quantencomputer-Demonstrator entwickeln. Quantencomputer gelten als wesentlich leistungsstärker als herkömmliche Supercomputer. rtr

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            Neue Explorationslizenzen für Lithium-Förderer im Oberrheingraben

            Die auf Lithium spezialisierte Vulcan Energie GmbH hat sich fünf neue Lizenzen im Oberrheingraben gesichert. Dabei handele es sich um eine Gewinnungslizenz für Erdwärme und vier Explorationslizenzen für die geothermische Energiegewinnung und Lithium, teilte das Unternehmen am Dienstag mit.

            Vulcan Energie GmbH ist die deutsche Tochter des australischen Unternehmens Vulcan Energy. Unternehmensziel von Vulcan Energie ist die Förderung von Lithium. Der zur Herstellung von Batterien für Elektroautos benötigte Rohstoff soll aus Thermalwasser im Oberrheingraben gewonnen werden. Durch die gleichzeitige Nutzung der Wärme des aus der Tiefe geförderten Wassers ist das Lithium nach Unternehmensangaben CO2-neutral.

            Vulcan Energie zählt neben Volkswagen auch den Opel-Mutterkonzern Stellantis, den französischen Autobauer Renault, den Recycling-Spezialisten Umicore und den Batteriehersteller LG Chem zu seinen Kunden. rtr

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              Presseschau

              Grüne wollen im EU-Parlament gegen EU-Pläne zur Atomkraft stimmen welt.de
              Rechtsgutachten aus Österreich: Ist Atomkraft unvereinbar mit den EU-Umweltzielen? spiegel.de
              “Atomkraft ist sehr teuer”: Streit um Nutzung von Kernenergie in der EU de.euronews.com
              Außenbeauftragter der EU: Borrell pocht auf freie Bündniswahl der Ukraine tagesschau.de
              Zahl der Flüchtlinge im Ärmelkanal hat sich verdreifacht stern.de
              Neue EU-Verordnung: Warum Tattoo-Studios Farbe verlieren zdf.de
              Raus aus der Methusalem-Falle – Was Europa gegen die Überalterung unternimmt handelsblatt.com
              Litauens Präsident zu Spannungen mit China: “Es war der Name, der nicht mit mir abgestimmt war” spiegel.de
              Keine neuen Einschränkungen: Johnson bleibt trotz Rekordzahlen bei Plan B n-tv.de
              Türkische Zentralbank verschiebt Milliarden – Erdogan erklärt: Krise vorbei n-tv.de
              Leerflüge bei der Lufthansa: EU-Kommission hält an Vorgabe fest fnp.de
              Brexit: 48.000 .eu-Domains aus britischem Besitz eingezogen und wieder verfügbar heise.de

              Portrait

              Holger Kunze: Stimme der Maschinenbauer in Brüssel

              Holger Kunze ist Geschäftsführer des Brüsseler Büros des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA

              Holger Kunze ist Geschäftsführer des Brüsseler Büros des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA

              Eigentlich lebt Holger Kunzes Arbeit vom persönlichen Kontakt mit den oberen Etagen der EU-Kommission: Der 54-jährige Jurist ist seit 2005 Geschäftsführer des Brüsseler Büros des größten Industrieverbandes Europa: dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA. Doch nun muss er wegen der Corona-Pandemie sein Netzwerk von zu Hause aus pflegen. “Überraschenderweise hat der Kontakt zu den Entscheidungsträgern kaum gelitten”, sagt Kunze. “Tatsächlich sind wir derzeit sogar besonders aktiv in Gesprächen.”

              Denn das Interesse der Maschinenbauer an der Europapolitik ist enorm: Der Maschinenbau ist von der grünen Transformation und der Digitalisierung unmittelbar betroffen. Gleichzeitig hat die Branche ein riesiges Potenzial, diese Transformation zu gestalten: “Unsere Unternehmen produzieren Technologien, die absolut notwendig sind, damit die EU ihre Ziele erreichen kann”, sagt Kunze. “Sie sind die Ausrüster sämtlicher Industrien und ermöglichen so erst die enormen Umwälzungen.” 

              “Hidden Champions” nicht mehr das Vorbild

              Doch ausgerechnet jetzt falle das Wirtschaftsmodell der rund 3300 VDMA-Unternehmen bei der EU-Kommission verstärkt “hinten runter”, sagt Holger Kunze. Vorbei seien die Zeiten, als mittelständische Industrieunternehmen mit hoher Exportquote in Brüssel als Vorbild galten – und der Verband etwa beim damaligen Kommissar Günther Oettinger stets mit seinen Forderungen auf offene Ohren stieß. Heute würden sich viele Regulierungen an Großunternehmen à la Facebook und Google ausrichten, die öffentlich sichtbarer sind. Und nicht an den zahlreichen “Hidden Champions”, die in einer hoch spezialisierten Nische Weltmarktführer sind. 

              Daher sucht der VDMA derzeit intensiv das Gespräch mit der Kommission. “Wir sind uns einig darin, was die EU-Ziele bei der Digitalisierung und der Dekarbonisierung angehen”, sagt Kunze. Die Branche begreife die Transformation als Chance. “Daher verstehen wir nicht, warum man uns Knüppel zwischen die Beine wirft.”

              Holger Kunze beim VDMA & Privat – ein europäisches Leben

              Besonders frustriert dies Kunze als “Vollblut-Europäer”, wie er sich nennt. Aufgewachsen in Hannover, hatte ihn die Begeisterung für die europäische Idee während eines Erasmus-Studienjahres in Leuven gepackt. Im Brüsseler Büro einer deutschen Kanzlei startete er im Jahr 1998 seine berufliche Laufbahn. Dort beschäftigte er sich mit EU-Wettbewerbsrecht und Umweltrecht. “Das war mir aber zu technisch”, sagt er, “ich wollte einen breiteren, politischeren Blick auf die Themen der EU”. 

              Als der VDMA im Jahr 2000 sein Büro in Brüssel erweiterte, war dies Holger Kunzes Chance, um näher an Wirtschaft und Politik wirken zu können. Selber sei er zwar kein Schrauber. “Aber mich fasziniert das Geschäftsmodell dieser meist familiengeführten Unternehmen. Wie sie mit Innovation die Welt erobern.” 2005 übernahm er die Leitung des Büros. Nach all den Jahren in Brüssel stellt er fest: “Nie waren die Zeiten spannender als jetzt.”

              Er führt auch privat ein europäisches Leben: Seine Frau lernte er in Leuven kennen, zu Hause spricht er mit den beiden 19- und 22-jährigen Kindern niederländisch. Kunze, der in seiner Freizeit gerne Tennis spielt und fotografiert, fühlt sich in Belgien verwurzelt. Ein EU-Expat wie viele andere sei er längst nicht mehr. Adrian Meyer

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                Apéropa

                Es war – vielleicht nach dem Ahornsirup – das erfolgreichste kanadische Produkt. Wer etwas auf sich hielt, hatte den kleinen Begleiter der Firma Research in Motion zwischen 2000 und 2012 in der Hosentasche: eine Brombeere – englisch: Blackberry.

                Barack Obama war Blackberry-Nutzer, in Filmen nach der Jahrtausendwende waren die kleinen Geräte mit Tastatur omnipräsent. Und auch in deutschen Unternehmen und sogar in manchen Behörden durften sie eingesetzt werden. Blackberrys entwickelten sich zum Standard für Geschäftskommunikation und waren die letzte Evolutionsstufe vor dem Touchscreen-Smartphone.

                Wer mehr als SMS wollte, aber wem der Nokia Communicator zu klobig war, kam um Blackberry nicht herum. Früh konnten die Blackberrys nicht nur E-Mails verwalten, Webseiten aufrufen – spartanisch in Nur-Text-Ansicht – oder Termine synchronisieren. Sie galten als rund um die Welt einsetzbar (zu horrenden Kosten) und dabei als besonders sicher, so das Versprechen. Dabei gab es früh Sicherheitsbedenken: Der Datenverkehr lief über die RIM-eigenen Server.

                Insbesondere bei E-Mails sorgte das für Bedenken, etwa beim damaligen Bundesinnenminister Thomas de Maizère – bis irgendwann das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik doch eine Freigabe mit zusätzlicher Sicherheitssoftware erteilte.

                Erst mit dem Siegeszug des iPhones und echter Mobilfunkdaten-Verbreitung schwand die Liebe zur Brombeere. Der Hersteller Research in Motion reagierte zu langsam auf die Entwicklungen des Marktes, seine Endgeräte waren zu teuer. Und nun wird – Sie erinnern sich, die Geräte brauchen die Server der Firma – der selbst von RIM hergestellte Blackberry zum digitalen Backstein: Seit gestern ist offiziell vom Hersteller keine Unterstützung mehr verfügbar, die Dienste werden abgeschaltet.

                Die Firma selbst könnte jedoch noch lange leben: Blackberry ist inzwischen – nach einigen Zukäufen – vor allem ein Softwarespezialist für Embedded Systems wie IoT-Anwendungen und Betriebssysteme für besonders kritische Anwendungen wie Kernkraftwerke, Automobile und in der Sicherheitswirtschaft. Falk Steiner

                Europe.Table Redaktion

                EUROPE.TABLE REDAKTION

                Licenses:
                  • Taxonomie: Der Streit ums Erdgas
                  • Digitalpolitischer Ausblick: Die Vorhaben der EU-Kommission
                  • Italiens Parlament wählt ab 24. Januar neuen Präsidenten
                  • Deutschland und Frankreich beraten mit Russland und Ukraine
                  • BDI dringt bei Ampel-Koalition auf Förderung von Quantentechnologie
                  • Neue Explorationslizenzen für Lithium-Förderer im Oberrheingraben
                  • Holger Kunze: Stimme der Maschinenbauer in Brüssel
                  Liebe Leserin, lieber Leser,

                  ursprünglich war die EU-Taxonomie als Handreichung für private Investor:innen gedacht: Welche Investitionen sind kompatibel mit den EU-Klima- und Naturschutzzielen? Dass Erdgas als nachhaltiger Energieträger eingestuft werden soll, war nicht vorgesehen. Es kam anders, die neue Taxonomie ist zu einem der großen politischen Streitthemen dieser Tage geworden. Timo Landenberger blickt in seiner Analyse zurück auf die Entstehung des Regelwerks, beleuchtet, wo die Grenzwerte herkommen und fängt Stimmen aus Politik und Wirtschaft ein.

                  Die Definition digitaler Rechte und Grundsätze im “Digitalen Kompass”, eine Strategie für Weltraumverkehrsmanagement, ein Gesetzesvorschlag zur wirksameren Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern und vieles mehr: Für das 1. Quartal dieses Jahres stehen einige neue digitalpolitische Vorschläge im Kalender der EU-Kommission. Was genau die Behörde plant und welche offenen Fragen es gibt, weiß Jasmin Kohl.

                  Ihre
                  Sarah Schaefer
                  Bild von Sarah  Schaefer

                  Analyse

                  Taxonomie: Der Streit ums Erdgas

                  Innerhalb weniger Monate wurde die Taxonomie aus dem Schattendasein ins politische Rampenlicht gezerrt und so hitzig diskutiert wie zurzeit kaum ein anderes EU-Thema. Dabei sollte die EU-Taxonomie ursprünglich lediglich eine Handreichung für private Investoren sein und auflisten, welche Finanztransaktionen als nachhaltig einzustufen sind und welche nicht. Erdgas gehörte nicht dazu.

                  Zur Ausarbeitung der Kriterien setzte die EU-Kommission ein Expertengremium ein, welches für Kraftwerke ursprünglich den Grenzwert von 100 g CO2-Equivalent pro kWh erzeugtem Strom vorgesehen hatte. Einzuhalten ist das nur mit grünem oder blauem Wasserstoff bei effizienter Abspaltung und Speicherung des anfallenden Kohlendioxids (Carbon Capture and Storage, CCS), keinesfalls mit reinem Erdgas.

                  Infolge der politischen Debatte sieht der aktuelle Entwurf der Taxonomie nun aber vor, auch höhere Emissionen zu ermöglichen, sofern eine Reihe von Kriterien erfüllt sind. Demnach können Anlagen, deren Baugenehmigung vor dem 31. Dezember 2030 erteilt wurde, bis zu 270 g/kWh ausstoßen. Der Wert entstammt ebenfalls einer Empfehlung der Taxonomie-Expertengruppe der Kommission, allerdings ursprünglich nur für ressourcenschonendere Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung. Doch auch dieser kann beim Verbrennen von reinem Erdgas zur Stromerzeugung nach aktuellem Stand der Technik kaum eingehalten werden.

                  “Ambitioniert aber erreichbar”

                  Ein Sprecher des Energieversorgers Eon sagte zu Europe.Table, der Grenzwert von 270g sei ambitioniert, aber erreichbar, wenn die Potenziale zur Transformation der Gasversorgung entschieden genutzt würden. Markus Pieper, energiepolitischer Sprecher der CDU/CSU im EU-Parlament, hingegen ist überzeugt: “Die CO2-Begrenzung je kWh ist aus heutiger Sicht unrealistisch und wird Investoren abschrecken.” Aber zumindest könnten neue effiziente Gaskraftwerke jetzt ohne jährliche Laufzeitbegrenzung ans Netz.

                  Denn aus dem “Und” im letzten Taxonomie-Entwurf ist inzwischen ein “Oder” geworden: Anlagenbetreiber können sich entscheiden, ob sie den Grenzwert von 270g/kWh einhalten oder 550 kg CO2 pro Jahr emittieren. Zwar wird die Zahl im Durchschnitt auf 20 Jahre gemittelt. Ein Gaskraftwerk kann also im ersten Jahr erheblich mehr ausstoßen, sofern dies in den Folgejahren kompensiert wird.

                  Dennoch kommt der Wert einer Laufzeitbeschränkung gleich und findet seinen Ursprung im Kapazitätsmarkt der Strom-Markt-Verordnung: Der Deckel für die CO2-Intensität von fossilen Kraftwerken fördert den Kohleausstieg, ermöglicht aber Gas zumindest zur zeitweisen Absicherung der Energieversorgung.

                  Schrittweiser Brennstoffwechsel

                  Zusätzlich sieht der Taxonomie-Entwurf einen schrittweisen Brennstoffwechsel vor. Demzufolge können neue Kraftwerke zu Beginn theoretisch rein fossiles Erdgas einsetzen, sofern der direkte Grenzwert oder das Jahresbudget eingehalten werden. Ab 2026 müssen jedoch mindestens 30 Prozent, ab 2030 mindestens 55 Prozent und ab 2035 ausschließlich “low carbon fuels” verwendet werden.

                  Unklar ist allerdings, wie diese definiert werden. In ihrem Gaspaket vom vergangenen Dezember spricht die EU-Kommission von einer Treibhausgasreduktion von 70 Prozent gegenüber dem herkömmlichen fossilen Brennstoff. Welcher genau damit gemeint ist, bleibt weiter offen. Ebenso, ob sich das Reduktionsziel auf die direkten Emissionen bezieht, die bei der Stromproduktion anfallen, oder auch die Lieferkette berücksichtigt.

                  So gilt beispielsweise blauer Wasserstoff grundsätzlich als kohlenstoffarmes Gas. Bei der Verbrennung entsteht lediglich Wasserdampf, und das bei der Produktion aus Erdgas anfallende CO2 wird mittels CCS abgeschieden und gespeichert. Beim Transport des Erdgases entweichen jedoch große Mengen Methan durch Leckagen in die Luft und die Methanverordnung der EU adressiert lediglich die innereuropäische Infrastruktur (Europe.Table berichtete). Mehr als 80 Prozent werden allerdings importiert. Offene Fragen wie diese lassen die Aufnahme von Erdgas in die EU-Taxonomie für Kritiker zusätzlich fragwürdig erscheinen.

                  Auch Matthias Buck, Direktor Europa beim Thinktank Agora Energiewende, hält den Schritt für falsch. Die Klassifizierung von fossilem Gas als “grün” mindere nicht die Risiken, die in einem absehbar klimaneutralen Europa mit Gasprojekten einhergehen. “Sie mindert aber die Glaubwürdigkeit der Taxonomie, die als wissenschaftsfundierter Referenzpunkt für nachhaltige Investitionen dienen sollte.”

                  Natürlich könne auch ohne EU-Taxonomie-Siegel in Erdgas investiert werden, was aber die Kapitalbeschaffung und damit die Energiepreise verteuere, kontert Markus Pieper. Wenn mit CO2-Abscheidung aus blauem Wasserstoff der Übergang zu grünem Wasserstoff leichter zu finanzieren sei, weil der Markthochlauf gelinge, “warum denn nicht Gas als nachhaltig klassifizieren?”, so der Europaabgeordnete.

                  Einbeziehung von Erdgas in EU-Taxonomie kein Freifahrtschein

                  Kritik an der Vermengung von unterschiedlichen Erwägungen in dem Rechtsakt kommt aber auch von Investorenseite. “Die EU-Taxonomie ist eine Liste von Wirtschaftstätigkeiten, die als nachhaltig gelten, weil sie nach wissenschaftlichen Kriterien mit bestimmten Umweltzielen übereinstimmen”, sagt Victor van Hoorn, Exekutivdirektor des European Sustainable Investment Forum (Eurosif), das mehr als 400 Organisationen vertritt. “Leider können verschiedene politische Überlegungen die Glaubwürdigkeit der Taxonomie für Investoren untergraben.”

                  Für den Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG)  ist die Aufnahme von Erdgas in die EU-Taxonomie hingegen die “logische Konsequenz aus der Erkenntnis, dass erhebliche Investitionen in Gaskraftwerke erforderlich sind”. Die Einbeziehung von Erdgas sei dennoch kein Freifahrtschein für künftige Erdgasinvestitionen, sagt BVEG-Geschäftsführer Ludwig Möhring zu Europe.Table. “Die EU hat in meinen Augen sehr klar und nur in engen Grenzen Investitionen in Erdgasinfrastruktur erfasst: nämlich dort, wo die Investitionen dem Klimaschutz dienen.” Dabei gehe es um die Erhaltung der Versorgungssicherheit bei gleichzeitiger CO2-Reduzierung.

                  Ursprünglich weder Kernenergie noch Erdgas in der EU-Taxonomie

                  Der Taxonomie zugrunde liegt eine EU-Verordnung zur nachhaltigen Finanzierung aus dem Jahr 2020. Darin sollte festgelegt werden, welche Aktivitäten und Produkte grundsätzlich einen wesentlichen Beitrag zum Erreichen der EU-Klimaziele leisten können. Unterschieden wird in dem Papier zwischen Technologien, die dauerhaft einen Beitrag leisten, und solchen, die das nur vorübergehend tun. Die sogenannten Brückentechnologien.

                  Ein entsprechendes Expertengremium erstellte einen wissenschaftlichen Bericht, der weder Kernenergie noch Erdgas enthielt. Das war ursprünglich auch überhaupt nicht vorgesehen, denn die Taxonomie sollte lediglich Anhaltspunkte für private Investoren liefern: Welche Investitionen sind kompatibel mit den EU-Klima- und Naturschutzzielen? Aus wissenschaftlicher Sicht konnten fossiles Erdgas und Kernenergie hierbei keine Rolle spielen.

                  Als die EU-Staaten jedoch beschlossen, das Corona-Wiederaufbauprogramm an klimafreundliche Bedingungen zu knüpfen, kam die Frage nach entsprechenden Anhaltspunkten für grüne Produkte auf. Naheliegender und auch so ziemlich der einzige verfügbare Referenzrahmen: die EU-Taxonomie. Und auch wenn diese hinsichtlich der staatlichen Förderung keinerlei bindenden Charakter hat, störten sich einige Mitgliedsstaaten am Fehlen von Erdgas und Atomkraft in der EU-Taxonomie, die für viele Länder alternativlose Brückentechnologien darstellen. Aus einer wissenschaftsbasierten Auflistung für nachhaltige Privatinvestitionen wurde eine ordnungspolitische Grundsatzdebatte.

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                    Digitalpolitischer Ausblick: Die Vorhaben der EU-Kommission

                    Grundsätze der “Digitalen Dekade” der EU-Kommission (Empfehlung & Mitteilung)

                    Kommissionsvorschlag (tbc): 26.01.22
                    Inhalt: Als Teil des “Digitalen Kompass”, den die Kommission im März 2021 präsentiert hat, will die Behörde digitale Rechte und Grundsätze definieren. So soll sichergestellt werden, dass die Vorteile und Chancen der Digitalisierung allen EU-Einwohner:innen zugutekommen und europäische Werte auch online gewährleistet sind. Die digitalen Rechte und Grundsätze betreffen unter anderem folgende Aspekte:

                    • universeller Zugang zum Internet;
                    • sicheres und vertrauenswürdiges Online-Umfeld;
                    • allgemeine digitale Bildung und Kompetenzen;
                    • ethische Grundsätze für menschenzentrierte Algorithmen;
                    • Schutz von personenbezogenen Daten und der Privatsphäre;
                    • Zugang zu digitalen Gesundheitsdiensten.

                    Zusammen mit den digitalen Rechten und Grundsätzen will die Kommission auch einen Vorschlag für eine interinstitutionelle Erklärung mit dem Europäischen Parlament und dem Rat präsentieren. Diese soll einen europäischen Standard für Grundrechte und Werte im digitalen Raum darstellen.

                    In ihrem Vorschlag will die Kommission auch die Ergebnisse einer Eurobarometer-Sonderumfrage berücksichtigen. Laut dieser halten es 82 Prozent der befragten Bürger:innen für sinnvoll, dass die EU eine gemeinsame europäische Vision für digitale Rechte und Grundsätze definiert. 90 Prozent der Befragten sprechen sich außerdem dafür aus, den Grundsatz aufzunehmen, dass auch Menschen, die behindert oder von Ausgrenzung bedroht sind, in den Genuss leicht zugänglicher und benutzerfreundlicher digitaler öffentlicher Dienste kommen sollten.

                    Ursprünglich wollte die Kommission die interinstitutionelle Erklärung bis Ende 2021 vorlegen. Die Umsetzung der Digitalgrundsätze soll zudem im “Jahresbericht über den Stand der Digitalen Dekade” (Europe.Table berichtete) der EU-Kommission bewertet werden.

                    Normungsstrategie (Mitteilung)

                    Kommissionsvorschlag (tbc): 02.02.22
                    Inhalt: Mit dieser Initiative will die Kommission die Herausforderungen angehen, vor denen das europäische Normungssystem steht. Die Behörde will sicherstellen, dass die EU in diesem Bereich auf internationaler Ebene entschlossener und strategischer auftreten kann. Die Kommission will einen Fokus auf den Normungsbedarf legen, der durch die “Twin Transition” (Digitalisierung und Green Deal) in industriellen Ökosystemen zustande kommt oder sie fördern kann.

                    Die Strategie soll zudem Wege aufzeigen, wie die EU in Bereichen, in denen ähnliche Interessen verfolgt werden, mit internationalen Partnern zusammenarbeiten kann. Ein Beispiel ist die Kooperation mit den USA und Kanada in der Frage, wie Künstliche Intelligenz rechtmäßig und ethisch genutzt werden kann. Die Kommission will daher prüfen, ob die Verordnung zur europäischen Normung überarbeitet werden muss. Eine Task Force, die aus Kommissionsvertretern und Vertretern der Europäischen Normungsorganisationen (CEN, CENELEC, ETSI) besteht, soll die Umsetzung von zentralen Normen vorantreiben.

                    Fahrplan für Sicherheits- und Verteidigungstechnologien (Mitteilung)

                    Kommissionsvorschlag (tbc): 09.02.22
                    Inhalt: Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten auf dem EU-Gipfel vom 25./26. Februar 2021 die Kommission dazu aufgefordert “bis Oktober 2021 einen Technologie-Fahrplan vorzulegen, mit dem Forschung, technologische Entwicklung und Innovation angekurbelt und unsere strategischen Abhängigkeiten bei kritischen Technologien und Wertschöpfungsketten verringert werden”. Die Kommission will den Fahrplan nun als Bestandteil des Verteidigungspakets im Februar vorstellen. Er soll die strategischen Abhängigkeiten gezielt im Sicherheits- und Verteidigungssektor reduzieren.

                    Damit ergänzt er den Chips Act, den die Institution nach derzeitiger Planung nicht vor der Sommerpause vorstellen will. Dieser soll Europa zu mehr technologischer Souveränität verhelfen, indem er eine europäische Halbleiter-Ökonomie aufbaut (Europe.Table berichtete).

                    Kernelemente: Einsatzbereitschaft des Europäischen Verteidigungsfonds; Förderung von Synergien zwischen ziviler, Verteidigungs- und Raumfahrtindustrie, inklusive Künstlicher Intelligenz und disruptiven Technologien; Beteiligung von KMU

                    Strategie für Weltraumverkehrsmanagement (Mitteilung)

                    Kommissionsvorschlag (tbc): 09.02.22
                    Inhalt: Das Weltraumverkehrsmanagement ist eine der elf gezielten Maßnahmen, die die Kommission in ihrem Aktionsplan für Synergien zwischen der zivilen, der Verteidigungs- und der Weltraumindustrie vorgeschlagen hat. Weil die Anzahl der Satelliten im Weltraum in den vergangenen Jahren stark gestiegen ist, unter anderem durch die Entwicklung wiederverwendbarer Trägerraketen und kleiner Satelliten, werden Zusammenstöße im All immer wahrscheinlicher. Dadurch können weltraumbasierte Systeme wie Satellitenkommunikation beeinträchtigt werden.

                    Die Strategie soll dabei helfen, Kollisionen zu vermeiden und eine nachhaltige Nutzung des Weltraums gewährleisten. Zugleich soll sie verhindern, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Weltraumindustrie in der EU beeinträchtigt wird.

                    Kernelemente: technische Aktivitäten wie EU-SST; regulatorische Aspekte wie Normsetzung; internationale Kooperationsmechanismen

                    Gesetzesvorschlag zum Aufbau eines weltraumgestützten, globalen und sicheren EU-Kommunikationssystems

                    Kommissionsvorschlag (tbc): 09.02.22
                    Inhalt: Auch das weltraumgestützte, globale und sichere EU-Kommunikationssystem entspringt dem Aktionsplan für Synergien zwischen der zivilen, der Verteidigungs- und der Weltraumindustrie. Das System soll in der EU für eine hohe Übertragungsrate auf der Grundlage von Quantenverschlüsselung sorgen und dort, wo diese noch fehlt, eine Breitbandanbindung schaffen. Das System soll unter anderem den Schutz von kritischer Infrastruktur, Krisenmanagement und der Überwachung von Luftraum und Meeren unterstützen.

                    Für KMUs beinhaltet das Kommunikationssystem laut Kommission eine große wirtschaftliche Chance, da sie sich um Verträge bewerben können, die den Ausbau des Systems vorantreiben. Binnenmarktkommissar Thierry Breton will die Initiative schnell voranbringen und zählt dabei auf die Unterstützung der französischen Ratspräsidentschaft.

                    Data Act, inklusive Überarbeitung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz von Datenbanken (Database Directive)

                    Kommissionsvorschlag (tbc): 23.02.22
                    Inhalt: Während der Data Governance Act die Datenbörsen regulieren soll, zielt der Data Act auf den rechtmäßigen Zugang und die Nutzung der Daten ab. Oberstes Ziel: der Aufbau einer fairen Datenwirtschaft, denn der Digitalwirtschaft fehlen aus Sicht der Kommission Daten. So sollen Innovationen angetrieben werden. Konkret will die Kommission mit dem Data Act vorschreiben, wie Unternehmen ihre Daten nutzbar machen können. Der Gesetzesentwurf war zuletzt für den 1. Dezember 2021 vorgesehen, fiel aber wegen vieler offener Fragen durch den Ausschuss für Regulierungskontrolle (Europe.Table berichtete).

                    Während der Konsultationsphase hatte auch die deutsche Wirtschaft Bedenken an dem Gesetzesentwurf angemeldet. Die offenen Fragen: Wann unterliegen Unternehmen Datenteilungspflichten? Wie können die Interessen von Datenproduzenten und Nutzern gleichermaßen berücksichtigt werden? Wird es spezifische Rechtsakte für einzelne Sektoren geben oder ausschließlich horizontale Regeln? Wie verhält sich der Data Act zu anderen Gesetzesvorhaben, die Schnittmengen aufweisen?

                    Damit die Richtlinie über den rechtlichen Schutz von Datenbanken (Database Directive) kein Hindernis für den Zugang und die Nutzung von Daten bildet, will die Kommission sie innerhalb des Gesetzesvorschlags zum Data Act überarbeiten.

                    Gesetzesvorschlag zur wirksameren Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern

                    Kommissionsvorschlag (tbc): 02.03.22
                    Inhalt: In der EU-Strategie für eine wirksamere Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern (2020) hatte die Kommission angekündigt, einen neuen Gesetzesvorschlag zu präsentieren, der dabei helfen soll, den sexuellen Missbrauchs von Kindern online und offline zu bekämpfen.

                    Laut der Behörde hat der sexuelle Missbrauch von Kindern aufgrund physischer Isolierung und wachsender Online-Aktivitäten innerhalb der Corona-Pandemie nachweislich zugenommen. Online-Plattformen sollen künftig verpflichtet werden, bekanntes Material über sexuellen Kindesmissbrauch aufzudecken und öffentlichen Behörden zu melden. Das Gesetz soll die Übergangsregelung für freiwillige Aufdeckungsmaßnahmen von Online-Diensteanbietern ersetzen. Umstritten wird dabei erneut sein, welche Maßnahmen welche Anbieter konkret ergreifen dürfen oder müssen, um Abbildungen sexuellen Kindesmissbrauchs (CSAM) in ihrem Zugriffsbereich zu detektieren.

                    Gesetzesvorschlag für ein Notfallinstrument für den Binnenmarkt

                    Kommissionsvorschlag (tbc): 16.03.22
                    Inhalt: Als “Lessons Learnt” der COVID-19 Pandemie soll dieses neue Instrument dafür sorgen, dass der europäische Binnenmarkt besser vor künftigen Krisen geschützt ist und es beispielsweise nicht erneut zu gerissenen Lieferketten kommt. Aber auch der freie Personen- und Dienstleistungsverkehr soll so künftig auch während Krisenfällen gewährt sein. Wie bei der Aktualisierung der Industriestrategie angekündigt, will die Kommission daher Regeln und Instrumente des Binnenmarkts überarbeiten.

                    Das Notfallinstrument soll dazu beitragen, kritische Produktengpässe durch eine Beschleunigung der Verfügbarkeit zu beseitigen. Das Instrument soll auch die Zusammenarbeit bei der Vergabe öffentlicher Aufträge stärken.

                    Kernelemente: Transparenzverpflichtungen; digitale Lösungen für die Festlegung von Normen; beschleunigte Konformitätsprüfungen; Zusammenarbeit im öffentlichen Auftragswesen

                    Richtlinie für nachhaltige Produkte und Überarbeitung der Ökodesign-Richtlinie

                    Kommissionsvorschlag (tbc): 30.03.22
                    Inhalt: Wie im Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft angekündigt, will die Kommission eine Richtlinie für nachhaltige Produkte vorschlagen und gleichzeitig die Ökodesign-Richtlinie von 2009 überarbeiten. Der Vorschlag war ursprünglich für das Jahresende 2021 vorgesehen (Europe.Table berichtete). Die Behörde will so gewährleisten, dass Produkte innerhalb der EU so konzipiert sind, dass sie über eine längere Lebensdauer verfügen und leichter wiederverwendet, repariert und recycelt werden können. Sie sollen auch einen größtmöglichen Anteil recycelter Materialien statt Primärrohstoffen enthalten.

                    Auf Basis der Ökodesign-Richtlinie wurden bereits 31 Produktgruppen überprüft und auf Energieeffizienz getrimmt. Nächster Schritt: Smartphones und Tablets. Die Kommission will auch den Anwendungsbereich der Ökodesign-Richtlinie über energiebetriebene Produkte hinaus ausweiten, denn auch andere Faktoren wie Rohstoffe und Produktionsweise sind für die Nachhaltigkeit von Produkten relevant.

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                      Italiens Parlament wählt ab 24. Januar neuen Präsidenten

                      Italien stellt noch in diesem Monat die Weichen für die Nachfolge von Präsident Sergio Mattarella und damit womöglich auch für die Zukunft von Regierungschef Mario Draghi. Das Parlament kündigte am Dienstag an, am 24. Januar zur Wahl eines neuen Staatsoberhaupts zusammenkommen.

                      Der Ausgang kann große Auswirkungen auf die Regierung Draghi haben, der als aussichtsreicher Kandidat gilt. Würde der Ex-Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) Präsident, bedeutet es das Ende seiner Regierung. Italien müsste dann inmitten der verschärften Pandemielage einen neuen Regierungschef finden oder die Parlamentswahl ein Jahr vorziehen. Draghi hatte Anfang 2021 die Führung einer Einheitsregierung in Italien übernommen, die fast alle Parteien aus dem politischen Spektrum unterstützen.

                      Favorit der Mitte-Rechts-Parteien für das Präsidentenamt ist aber der 85-jährige Silvio Berlusconi, der schon vier Mal Regierungschef war. Auch dem ehemaligen Präsidenten der Abgeordnetenkammer, Pier Ferdinando Casini, Ex-Ministerpräsident Giuliano Amato und Justizministerin Marta Cartabia werden Chancen eingeräumt.

                      Die Wahl in geheimer Abstimmung dauert oft mehrere Tage. Das Staatsoberhaupt in Italien wird für eine Amtszeit von sieben Jahren gewählt und hat wie in Deutschland weitgehend repräsentative und zeremonielle Aufgaben. Das Amt ist in den vergangenen Jahren aber immer wichtiger geworden. So musste Amtsinhaber Mattarella mehrfach eingreifen, um in politischen Krisen zu vermitteln. rtr

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                        • Italien

                        Deutschland und Frankreich beraten mit Russland und Ukraine

                        Die außenpolitischen Chefberater von Kanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron werden am Donnerstag in Moskau mit ihrem russischen Kollegen über die Spannungen an der ukrainisch-russischen Grenze beraten. Das erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag aus den teilnehmenden Regierungen. Für Dienstag war zudem eine Videoschalte der deutschen und französischen Chefdiplomaten mit der ukrainischen Seite geplant.

                        Die Gespräche sind Teil einer intensiven Ost-West-Diplomatie in dieser und der kommenden Woche. Am Dienstag begann der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell einen zweitägigen Besuch in der Ukraine. Die EU dürfe kein neutraler Zuschauer bei den Verhandlungen sein, wenn Russland wirklich über die europäische Sicherheitsarchitektur diskutieren wolle, sagte ein EU-Sprecher zur Begründung.

                        Die Ukraine sei für die EU ein “strategischer Partner”. Borrell wird während seines Besuchs in Begleitung des ukrainischen Außenministers Dmytro Kuleba die Kontaktlinie zwischen der Ukraine und den von Russland unterstützten separatistischen Rebellen besuchen.

                        Russland will Nato-Mitgliedschaft der Ukraine verhindern

                        Am Mittwoch will Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nach Washington fliegen, um dort mit ihrem Kollegen Antony Blinken über die Lage an der ukrainisch-russischen Grenze zu beraten. Kommende Woche sind Gespräche zwischen den USA und Russland geplant. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg wiederum beraumte für nächste Woche eine Sondersitzung der Botschafter der Nato-Staaten und hochrangiger russischer Beamter an. Auch dabei gehe es darum, einen offenen Konflikt über die Ukraine zu verhindern, sagte ein Nato-Beamter.

                        Russland fordert vom Westen Sicherheitsgarantien, zu denen eine Zusage gehört, dass die Ukraine kein Nato-Mitglied wird. Die USA und die EU-Staaten lehnen dies mit Verweis auf das Selbstbestimmungsrecht unabhängiger Staaten ab, auch wenn es keine aktuellen Pläne für einen Beitritt gibt. rtr

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                          BDI dringt bei Ampel-Koalition auf Förderung von Quantentechnologie

                          Die deutsche Industrie fordert von der Ampel-Regierung einen Push für die Quantentechnologie. Diese sei für die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Firmen von zentraler Bedeutung, sagte Iris Plöger vom Branchenverband BDI am Dienstag in Berlin. Sie forderte angesichts hoher Investitionen in China und den USA, dass auch Europa eine führende Rolle einnehmen müsse.

                          “Ziel muss sein, europäische Kompetenzen in diesem Bereich langfristig zu sichern und dauerhaft selbstbestimmt zu handeln.” Hintergrund ist der Vorsprung von Firmen aus China und den USA. China gebe staatlicherseits pro Jahr 2,5 Milliarden Dollar aus, schreibt der BDI in einer Studie über die Quantentechnologie. Deutschland und die übrigen EU-Länder sollten Ressourcen deshalb bündeln und Forschungsvorhaben koordinieren.

                          Ankündigung der Bundesregierung in Quantentechnologie zu investieren

                          Plöger lobte, dass die Bundesregierung verstärkt in Quantentechnologien investieren wolle. “Nun kommt es darauf an, die Ankündigungen rasch mit konkreten Maßnahmen zu unterfüttern.” Dafür seien unbürokratische Förderinstrumente nötig. Die alte Bundesregierung hatte zwei Milliarden Euro für die Entwicklung der Quantentechnologie bereitgestellt. Deutschland will mit einem Firmen-Konsortium in den kommenden zwei Jahren einen eigenen Quantencomputer-Demonstrator entwickeln. Quantencomputer gelten als wesentlich leistungsstärker als herkömmliche Supercomputer. rtr

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                            Neue Explorationslizenzen für Lithium-Förderer im Oberrheingraben

                            Die auf Lithium spezialisierte Vulcan Energie GmbH hat sich fünf neue Lizenzen im Oberrheingraben gesichert. Dabei handele es sich um eine Gewinnungslizenz für Erdwärme und vier Explorationslizenzen für die geothermische Energiegewinnung und Lithium, teilte das Unternehmen am Dienstag mit.

                            Vulcan Energie GmbH ist die deutsche Tochter des australischen Unternehmens Vulcan Energy. Unternehmensziel von Vulcan Energie ist die Förderung von Lithium. Der zur Herstellung von Batterien für Elektroautos benötigte Rohstoff soll aus Thermalwasser im Oberrheingraben gewonnen werden. Durch die gleichzeitige Nutzung der Wärme des aus der Tiefe geförderten Wassers ist das Lithium nach Unternehmensangaben CO2-neutral.

                            Vulcan Energie zählt neben Volkswagen auch den Opel-Mutterkonzern Stellantis, den französischen Autobauer Renault, den Recycling-Spezialisten Umicore und den Batteriehersteller LG Chem zu seinen Kunden. rtr

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                              Presseschau

                              Grüne wollen im EU-Parlament gegen EU-Pläne zur Atomkraft stimmen welt.de
                              Rechtsgutachten aus Österreich: Ist Atomkraft unvereinbar mit den EU-Umweltzielen? spiegel.de
                              “Atomkraft ist sehr teuer”: Streit um Nutzung von Kernenergie in der EU de.euronews.com
                              Außenbeauftragter der EU: Borrell pocht auf freie Bündniswahl der Ukraine tagesschau.de
                              Zahl der Flüchtlinge im Ärmelkanal hat sich verdreifacht stern.de
                              Neue EU-Verordnung: Warum Tattoo-Studios Farbe verlieren zdf.de
                              Raus aus der Methusalem-Falle – Was Europa gegen die Überalterung unternimmt handelsblatt.com
                              Litauens Präsident zu Spannungen mit China: “Es war der Name, der nicht mit mir abgestimmt war” spiegel.de
                              Keine neuen Einschränkungen: Johnson bleibt trotz Rekordzahlen bei Plan B n-tv.de
                              Türkische Zentralbank verschiebt Milliarden – Erdogan erklärt: Krise vorbei n-tv.de
                              Leerflüge bei der Lufthansa: EU-Kommission hält an Vorgabe fest fnp.de
                              Brexit: 48.000 .eu-Domains aus britischem Besitz eingezogen und wieder verfügbar heise.de

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                              Holger Kunze: Stimme der Maschinenbauer in Brüssel

                              Holger Kunze ist Geschäftsführer des Brüsseler Büros des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA

                              Holger Kunze ist Geschäftsführer des Brüsseler Büros des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA

                              Eigentlich lebt Holger Kunzes Arbeit vom persönlichen Kontakt mit den oberen Etagen der EU-Kommission: Der 54-jährige Jurist ist seit 2005 Geschäftsführer des Brüsseler Büros des größten Industrieverbandes Europa: dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA. Doch nun muss er wegen der Corona-Pandemie sein Netzwerk von zu Hause aus pflegen. “Überraschenderweise hat der Kontakt zu den Entscheidungsträgern kaum gelitten”, sagt Kunze. “Tatsächlich sind wir derzeit sogar besonders aktiv in Gesprächen.”

                              Denn das Interesse der Maschinenbauer an der Europapolitik ist enorm: Der Maschinenbau ist von der grünen Transformation und der Digitalisierung unmittelbar betroffen. Gleichzeitig hat die Branche ein riesiges Potenzial, diese Transformation zu gestalten: “Unsere Unternehmen produzieren Technologien, die absolut notwendig sind, damit die EU ihre Ziele erreichen kann”, sagt Kunze. “Sie sind die Ausrüster sämtlicher Industrien und ermöglichen so erst die enormen Umwälzungen.” 

                              “Hidden Champions” nicht mehr das Vorbild

                              Doch ausgerechnet jetzt falle das Wirtschaftsmodell der rund 3300 VDMA-Unternehmen bei der EU-Kommission verstärkt “hinten runter”, sagt Holger Kunze. Vorbei seien die Zeiten, als mittelständische Industrieunternehmen mit hoher Exportquote in Brüssel als Vorbild galten – und der Verband etwa beim damaligen Kommissar Günther Oettinger stets mit seinen Forderungen auf offene Ohren stieß. Heute würden sich viele Regulierungen an Großunternehmen à la Facebook und Google ausrichten, die öffentlich sichtbarer sind. Und nicht an den zahlreichen “Hidden Champions”, die in einer hoch spezialisierten Nische Weltmarktführer sind. 

                              Daher sucht der VDMA derzeit intensiv das Gespräch mit der Kommission. “Wir sind uns einig darin, was die EU-Ziele bei der Digitalisierung und der Dekarbonisierung angehen”, sagt Kunze. Die Branche begreife die Transformation als Chance. “Daher verstehen wir nicht, warum man uns Knüppel zwischen die Beine wirft.”

                              Holger Kunze beim VDMA & Privat – ein europäisches Leben

                              Besonders frustriert dies Kunze als “Vollblut-Europäer”, wie er sich nennt. Aufgewachsen in Hannover, hatte ihn die Begeisterung für die europäische Idee während eines Erasmus-Studienjahres in Leuven gepackt. Im Brüsseler Büro einer deutschen Kanzlei startete er im Jahr 1998 seine berufliche Laufbahn. Dort beschäftigte er sich mit EU-Wettbewerbsrecht und Umweltrecht. “Das war mir aber zu technisch”, sagt er, “ich wollte einen breiteren, politischeren Blick auf die Themen der EU”. 

                              Als der VDMA im Jahr 2000 sein Büro in Brüssel erweiterte, war dies Holger Kunzes Chance, um näher an Wirtschaft und Politik wirken zu können. Selber sei er zwar kein Schrauber. “Aber mich fasziniert das Geschäftsmodell dieser meist familiengeführten Unternehmen. Wie sie mit Innovation die Welt erobern.” 2005 übernahm er die Leitung des Büros. Nach all den Jahren in Brüssel stellt er fest: “Nie waren die Zeiten spannender als jetzt.”

                              Er führt auch privat ein europäisches Leben: Seine Frau lernte er in Leuven kennen, zu Hause spricht er mit den beiden 19- und 22-jährigen Kindern niederländisch. Kunze, der in seiner Freizeit gerne Tennis spielt und fotografiert, fühlt sich in Belgien verwurzelt. Ein EU-Expat wie viele andere sei er längst nicht mehr. Adrian Meyer

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                                Apéropa

                                Es war – vielleicht nach dem Ahornsirup – das erfolgreichste kanadische Produkt. Wer etwas auf sich hielt, hatte den kleinen Begleiter der Firma Research in Motion zwischen 2000 und 2012 in der Hosentasche: eine Brombeere – englisch: Blackberry.

                                Barack Obama war Blackberry-Nutzer, in Filmen nach der Jahrtausendwende waren die kleinen Geräte mit Tastatur omnipräsent. Und auch in deutschen Unternehmen und sogar in manchen Behörden durften sie eingesetzt werden. Blackberrys entwickelten sich zum Standard für Geschäftskommunikation und waren die letzte Evolutionsstufe vor dem Touchscreen-Smartphone.

                                Wer mehr als SMS wollte, aber wem der Nokia Communicator zu klobig war, kam um Blackberry nicht herum. Früh konnten die Blackberrys nicht nur E-Mails verwalten, Webseiten aufrufen – spartanisch in Nur-Text-Ansicht – oder Termine synchronisieren. Sie galten als rund um die Welt einsetzbar (zu horrenden Kosten) und dabei als besonders sicher, so das Versprechen. Dabei gab es früh Sicherheitsbedenken: Der Datenverkehr lief über die RIM-eigenen Server.

                                Insbesondere bei E-Mails sorgte das für Bedenken, etwa beim damaligen Bundesinnenminister Thomas de Maizère – bis irgendwann das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik doch eine Freigabe mit zusätzlicher Sicherheitssoftware erteilte.

                                Erst mit dem Siegeszug des iPhones und echter Mobilfunkdaten-Verbreitung schwand die Liebe zur Brombeere. Der Hersteller Research in Motion reagierte zu langsam auf die Entwicklungen des Marktes, seine Endgeräte waren zu teuer. Und nun wird – Sie erinnern sich, die Geräte brauchen die Server der Firma – der selbst von RIM hergestellte Blackberry zum digitalen Backstein: Seit gestern ist offiziell vom Hersteller keine Unterstützung mehr verfügbar, die Dienste werden abgeschaltet.

                                Die Firma selbst könnte jedoch noch lange leben: Blackberry ist inzwischen – nach einigen Zukäufen – vor allem ein Softwarespezialist für Embedded Systems wie IoT-Anwendungen und Betriebssysteme für besonders kritische Anwendungen wie Kernkraftwerke, Automobile und in der Sicherheitswirtschaft. Falk Steiner

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