Table.Briefing: Europe

Tankrabatt + Einigung bei CBAM + DSA: Big Tech soll zahlen + ETS-Reform + Taxonomie

  • Benzin-Rabatt: Lindner spielt über Bande in Brüssel
  • CBAM-Einigung beim ECOFIN mit großen Lücken
  • Sanktionsmonitoring
  • DSA: Vestager will Big Tech für Aufsicht zahlen lassen
  • BSI warnt vor Kaspersky
  • Intel: Mega-Fab für Magdeburg
  • ENVI: Überarbeitung der ETS-Marktstabilitätsreserve angenommen
  • Taxonomie: EU-Berater schlagen zusätzliche Kategorie für nachhaltige Investments vor
  • Gaskrise: Liberale vermissen Zwischenziele
  • China verkauft US-Erdgas an Europa weiter
  • Portrait: Florian Drücke – Die Stimme der Musikwirtschaft
Liebe Leserin, lieber Leser,

die EU-Finanzminister haben sich bei dem gestrigen Treffen in Brüssel auf eine gemeinsame Linie im Umgang mit den rasant steigenden Energiepreisen infolge der Ukrainekrise geeinigt. Im Vordergrund steht die Entlastung der Bürger:innen und Unternehmen, basierend auf Rabatten, Beihilfen und einer energiepolitischen Unabhängigkeit von Russland. Eric Bonse hat die Maßnahmen analysiert.

Ebenso eine Einigung hat es bei der generellen Ausrichtung beim CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) gegeben. Die Mitgliedstaaten unterstützen größtenteils eine stärkere Zentralisierung der CBAM-Verwaltung. So soll das Melderegister auf EU-Ebene und nicht bei den Mitgliedstaaten angesiedelt werden. Es blieben allerdings wichtige Punkte offen, so zum Beispiel die Frage, wie mit Exporten umgegangen werden soll. Lukas Scheid erklärt, wo es noch hakt.

Kaum Fortschritte hat es dagegen bei den regulären Tagesordnungspunkten des Digital Services Act gegeben. Diese betrafen die Anforderungen an Online-Marktplatz-Betreiber und die Frage der Regulierung sogenannter Deep Fakes. Bei einem anderen Punkt allerdings gab es eine Überraschung. Mehr dazu lesen Sie in den News.

Im Portrait ist heute Florian Drücke, der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Musikindustrie (BVMI). 2006 begann er beim BMVI, also zu einer Zeit, in der die Musikindustrie vor großen Herausforderungen stand. Rahmenbedingungen mitgestalten, Diskussionen führen, der Kreativwirtschaft eine Stimme geben, das spornt den Heidelberger an.

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Lisa-Martina Klein
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Analyse

Benzin-Rabatt: Lindner spielt über Bande in Brüssel

Die EU will die rasant steigenden Energiepreise und andere negative Folgen des Ukraine-Krieges für Bürger und Unternehmen abfedern. Man habe sich auf eine gemeinsame Strategie geeinigt, sagte der amtierende Ratsvorsitzende Bruno Le Maire (Frankreich) nach einem Treffen der EU-Finanzminister in Brüssel.

Diese Strategie soll auf drei Säulen ruhen:

1. Eine finanzielle Unterstützung für alle Haushalte – etwa in Form eines Tankrabatts, wie er auch in Deutschland diskutiert wird.

2. Gezielte Hilfen für besonders betroffene Unternehmen. Hier wird an staatlich garantierte Kredite oder Beihilfen gedacht.

3. Die “energiepolitische Unabhängigkeit” – durch den schrittweisen Ausstieg aus Gas und Öl aus Russland, aber auch durch den Ausbau erneuerbarer Energien.

Beschlüsse wurden nicht gefasst. Die Strategie soll zunächst detaillierter ausgearbeitet werden – mithilfe der EU-Kommission, die mit mehreren Arbeitsaufträgen beglückt wurde. So soll Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager speziell auf die Energiekrise zugeschnittene Beihilfe-Regeln ausarbeiten.

Es gehe um “schnelle, gezielte und befristete Hilfe”, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Dazu könne auch der umstrittene Tankrabatt zählen. Andere Vorschläge wie eine Senkung der Mehrwertsteuer hätten kaum Aussicht auf Erfolg, sagte Lindner unter Verweis auf die Debatte im ECOFIN-Rat.

Le Maire habe sich ausdrücklich gegen Steuersenkungen ausgesprochen und für das “französische Modell” des Tankrabatts geworben, so Lindner. Die französische Regierung hatte am Wochenende eine “Remise” von 15 Cent pro Liter Benzin angekündigt. Diese Stützungsmaßnahme soll am 1. April beginnen und vier Monate dauern. “Wer mit 60 Litern volltankt, spart neun Euro”, erklärte Premierminister Jean Castex.

Lindner will fixen Krisenrabatt

Lindner verfolgt ähnliche Pläne. Ein “fixer Krisenrabatt” könnte 30 oder 40 Cent betragen, sagte er am Montagabend im ZDF-“heute journal”. Er könnte schnell und unbürokratisch gewährt werden und würde auch nicht mit den strikten EU-Regeln zur Besteuerung in Konflikt geraten. Außerdem würde eine Verzerrung des Marktes vermieden, denn das “Preissignal” an der Zapfsäule bleibe erhalten.

Die deutsche Debatte über Steuersenkungen stehe “quer” zu den Diskussionen in der EU, betonte Lindner am Dienstag nach seinen Beratungen in Brüssel. Tatsächlich befindet sich der Minister aus europäischer Sicht in guter Gesellschaft. Neben Frankreich hat sich gerade auch Belgien für einen Tankrabatt entschieden.

Die Föderalregierung in Brüssel beschloss am Montag ein Maßnahmenpaket, das jedem Haushalt Einsparungen von 300 Euro im Jahr sichern soll – unter anderem durch eine niedrigere Mehrwertsteuer auf Gas. Die Einigung sieht auch einen Nachlass auf Benzin und Diesel von 17,5 Cent pro Liter vor.

6,6 Milliarden Euro staatlicher Zuschuss

Ganz anders sieht es in Deutschland aus – dort wirkt Lindner isoliert. Sowohl Sozialdemokraten als auch Grüne laufen Sturm gegen den geplanten Benzin-Rabatt. “Ich hätte mir gewünscht, dass der Bundesfinanzminister mit uns gemeinsam in Koalition und Regierung einen abgestimmten Vorschlag auf die Strecke bringt”, sagte SPD-Fraktionschef Wolf Mützenich in Berlin.

Finanz- und Wirtschaftsminister müssten zunächst klären, ob es sich bei den Benzinpreisen nicht auch um eine Marktmanipulation handele, weil es keine Veränderung bei der Versorgungslage gebe, forderte Mützenich. Ein Entlastungspaket müsse zudem sozial ausgewogen sein. Das sei vor allem für die SPD wichtig.

Die Sozialdemokraten vermieden es allerdings, Lindners Vorstoß abzuschießen. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, man werde über finanzielle Unterstützungsmaßnahmen sprechen, “wo sie hilfreich und notwendig ist”. Dies werde parallel zum normalen Haushalt diskutiert, der am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen werden soll. Ein staatlicher Zuschuss von 40 Cents pro Liter für drei Monate würde den Staat rund 6,6 Milliarden Euro kosten. Das ist deutlich mehr, als Belgien und Frankreich für diese Stützungsmaßnahme veranschlagen.

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CBAM-Einigung beim ECOFIN mit großen Lücken

Der Rat für Wirtschaft und Finanzen der Europäischen Union (ECOFIN) verständigte sich größtenteils auf den Kompromissvorschlag der französischen Ratspräsidentschaft, der vergangene Woche öffentlich wurde (Europe.Table berichtete). Zwar hatten einige Mitgliedstaaten noch offene Fragen und verlangten weitere Analysen und Folgenabschätzungen durch die Einführung des CBAM. Doch nahezu alle Minister:innen oder deren Vertreter:innen zeigten sich bemüht, die allgemeine Ausrichtung des Rates festzulegen. Der CBAM gilt als zentraler Bestandteil des Fit-for-55-Pakets und der Strategie für die Dekarbonisierung der Industrie.

So sprachen sich die Mitgliedstaaten für eine stärkere Zentralisierung der CBAM-Verwaltung aus. Das Melderegister für Importeure in die EU soll nicht bei den Mitgliedstaaten, sondern zentral auf EU-Ebene verantwortet werden. Der Rat sieht auch eine Untergrenze für die Gültigkeit des CBAM vor. Einfuhren mit einem Wert von weniger als 150 Euro sollen von der CO2-Grenzabgabe ausgenommen sein. Die Liste der vom CBAM betroffenen Sektoren wurde im Vergleich zum Kommissionsvorschlag nicht erweitert.

Polen unterstützt die CBAM-Ausrichtung nicht

Lediglich Polen erklärte, den Text nicht zu unterstützen. Warschau will, dass das Dossier zusammen mit der ETS-Reform verhandelt wird, da die Einführung des CBAM mit dem schrittweisen Herunterfahren der kostenlosen Emissionsrechte für die Industrie einhergeht. Das möchte Polen verhindern, da dies bedeuten würde, dass die unter den CBAM fallenden Industriesektoren CO2-Zertifikate am ETS einkaufen müssten. Sie fürchten einen kompetitiven Nachteil europäischer Produkte und wollen die freien Zuteilungen erst herunterfahren, wenn “hinreichend bewiesen ist, dass der CBAM vor Carbon Leakage schützt”.

Dies dürfte allerdings zu Problemen mit den Handelsregularien der WTO führen: EU-Hersteller hätten einen Handelsvorteil, wenn sie weiterhin kostenlose Zertifikate bekämen, während Importeure einen Grenzausgleich zahlen müssten.

Auch andere Länder betonten weiteren Diskussionsbedarf bei der Frage, ab wann und wie schnell die freien Zuteilungen heruntergefahren werden sollen – genauso bei der Frage nach der Verwendung der CBAM-Einnahmen. Doch die Fortführung der Diskussionen wurden auf künftige Ministertreffen aus dem Umweltressort vertagt und sind nicht Teil der gestrigen Einigung. Im Anhang der allgemeinen Ausrichtung wird zudem auf notwendige Einigungen bei anderen Dossiers verwiesen, die zwar mit dem CBAM verknüpft, aber nicht Teil des CBAM-Legislativtexts sind – allen voran die ETS-Reform.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) forderte beispielsweise für die künftigen Verhandlungen, dass die Rolle der kostenlosen Zertifikate “angepasst” werden müsse. Wie diese Anpassung aussehen soll, führte er nicht aus. Zudem betonte Lindner die Notwendigkeit, den CBAM in das Konzept “offener und kooperative Klimaclubs einzubetten”, wie sie Bundeskanzler Olaf Scholz während der G7-Präsidentschaft etablieren möchte.

“Klimazielerreichung in der Industrie zu wenig im Blick”

Die Einigung trotz fehlender Klärung aller offenen Fragen sorgt für Kritik aus der Industrie und von Umweltorganisationen – allerdings aus gänzlich unterschiedlichen Gründen. “Was wir heute gebraucht hätten, war das klare Bekenntnis zu einem schnellen Ende der kostenlosen Zuteilung, damit endlich Tempo in die Industrietransformation kommt”, sagt Anne Gläser, Referentin für CO2-Preise bei Germanwatch. Die Ratsposition habe die Klimazielerreichung in der Industrie zu wenig im Blick und könne aufgrund fehlender Kooperationsangebote problematische Gegenreaktionen in Handelspartnerländern auslösen.

Gläser fordert, dass die freien Zuteilungen schneller reduziert werden. Die Kommission hatte vorgeschlagen, den CBAM ab 2026 über zehn Jahre hinweg schrittweise einzuführen, während die freien Zuteilungen jeweils in gleichem Umfang und Tempo heruntergefahren werden. Laut Gläser müsse dieses Tempo verdoppelt werden.

Die Wirtschaftsvereinigung Stahl (WV Stahl) fürchtet um eben jene kostenlose Zertifikate. Aus Sicht der Stahlindustrie müsse der “unerprobte und mit erheblichen Risiken behaftete Grenzausgleich zunächst in einem ausreichend langen Zeitraum bis 2030 getestet und die freie Zuteilung so lange aufrechterhalten werden”, sagt Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der WV Stahl.

Carbon Leakage-Schutz für Exporte weiter ungeklärt

Weiterhin offen ist auch die Frage nach dem Umgang mit Exporten. Finnland, Kroatien und die Slowakei riefen die Kommission auf, eine Folgenabschätzung für die Exportwirtschaft bei Einführung des CBAM vorzulegen. Der CBAM sieht zwar eine Grenzabgabe für Importe aus Drittstaaten vor, um den Wettbewerbsnachteil der EU-Wirtschaft durch die steigenden CO2-Preise am ETS auszugleichen. Doch wie Nachteile europäischer Exporteure im globalen Wettbewerb verhindert werden sollen, ist nicht geklärt.

Der Umsatz der Stahlbranche durch Exporte macht knapp 20 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Das geht aus einer Analyse der Prognos AG im Auftrag der WV Stahl hervor. Ohne entsprechenden Exportschutz durch den CBAM würde die europäische Produktion nur noch für den Binnenmarkt stattfinden, heißt es – der Abbau von Produktionskapazitäten wäre die Folge. Auch grüner Stahl hätte so keine Exportperspektiven, prognostizieren die Autoren.

Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni begrüßt dagegen den Kompromiss des Rats. Mit einer offiziellen Bewertung der Position des Ministerrats muss die Kommission jedoch warten, bis auch die erste Lesung im EU-Parlament durchgeführt wurde. Im Parlament laufen derzeit noch die Verhandlungen zwischen den Berichterstattern für die ETS-Reform (Peter Liese, EVP) und den CBAM (Mohammed Chahim, S&D). Sobald das Parlament eine Einigung über beide Dossiers erzielt hat, können auch die Verhandlungen zwischen den Institutionen beginnen.

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Sanktionsmonitoring

16.03.2022_Sanktionsmonitoring

Die Europäische Union, die USA und die Schweiz haben mit verschiedenen Sanktionen auf die Invasion Russlands in der Ukraine reagiert. Hier finden Sie die aktuell verhängten EU-Sanktionen (soweit im Amtsblatt der EU veröffentlicht). Eine Übersicht über alle seit Beginn des Ukraine-Kriegs durch die EU, die USA und die Schweiz verhängten Sanktionen finden Sie hier.

Rechtsvorschrift L87 I
Durchführungsverordnung (EU) 2022/427 des Rates vom 15. März 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen

Verordnung (EU) 2022/428 des Rates vom 15. März 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren

Beschluss (GASP) 2022/429 des Rates vom 15. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen

Beschluss (GASP) 2022/430 des Rates vom 15. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren
Details der Rechtsvorschrift

News

DSA: Vestager will Big Tech für Aufsicht zahlen lassen

Beim zweiten Trilog zum Digital Services Act (DSA) haben Parlament, Rat und Kommission sich gestern zu einigen großen Themen des DSA ausgetauscht. Der eigentliche Kracher stand jedoch nicht direkt auf der Trilog-Tagesordnung: EU-Vizepräsidentin Margrethe Vestager will die Kosten für die Aufsicht der besonders großen Plattformen diesen auferlegen. Gegenüber Abgeordneten und Vertretern der französischen Ratspräsidentschaft brachte Vestager das sogenannte Polluter Pays-Prinzip für den DSA zur Sprache. Demnach werden Aufsichtskosten denjenigen auferlegt, die von Regulierung betroffen sind.

Für die erwartbar aufwändige Kontrolle der besonders großen Online-Plattformen (VLOPS) wäre damit ein Mechanismus gefunden, wie die Kommission, die für diese primär zuständig sein soll, den notwendigen Aufwuchs refinanzieren könnte. Vergleichbare Mechanismen gibt es etwa auch in der Bankenaufsicht.

Laut Teilnehmerkreisen wurden bei der Arbeit an den bisherigen Vorschlägen unter anderem die Anforderungen an Online-Marktplatz-Betreiber und die Frage der Regulierung sogenannter Deep Fakes thematisiert. Auch die Dark Patterns genannten Einwilligungs-Unterschiebegestaltungen waren Gegenstand der Beratungen. Zu diesen veranstaltet der Binnenmarktausschuss des Europaparlaments am heutigen Mittwoch eine Expertenanhörung.

Thema war zudem, ob besonders große Suchmaschinen (VLOSE) unter besondere Regulierungen fallen sollen, ein Wunsch des Rates, und die Frage eines besonders hohen Datenschutzniveaus für Minderjährige, wie vom EP gewünscht.

Kaum Fortschritte – nächste Runde soll bald stattfinden

Auch in der zweiten politischen Verhandlungsrunde wurden keine größeren Fortschritte erzielt. Einzig bei der Frage der Verbraucherentschädigungen im Fall von DSA-Verstößen zeigten sich erste Ansätze einer Einigung.

In Anwesenheit des französischen Digitalministers Cedric O zeigte sich erneut, dass der derzeitigen Ratspräsidentschaft eine schnelle Verabschiedung wichtig ist. Zugleich aber sind immer noch fast alle wichtigen Fragen unbeantwortet. Diese sollen nun von der Mitarbeiterebene in den kommenden Wochen mit Kompromissvorschlägen unterfüttert werden, auch die EU-Kommission soll mit Lösungsvorschlägen zu strittigen Fragen aktiv zuarbeiten.

Wann genau die nächste Verhandlungsrunde auf politischer Ebene stattfinden soll, ist derzeit noch offen, geplant wurde bislang mit dem 04.04.2022 – und damit kurz vor der Osterpause. Spätestens dann sollten sich erste Kompromisse zu den Streitfragen des DSA abzeichnen. fst

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BSI warnt vor Kaspersky

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat eine Warnung vor Antivirus-Lösungen des russischen Anbieters Kaspersky ausgesprochen. Grund dafür ist der anhaltende Ukraine-Krieg der Russischen Föderation. Das BSI sieht die Möglichkeit als gegeben an, dass Kaspersky aus eigenem Antrieb oder auch gegen seinen Willen mit russischen Sicherheitsbehörden kooperieren oder von diesen für eigene Zwecke missbraucht werden könnte. Damit bestünden Zweifel an der Zuverlässigkeit des Herstellers.

Antivirus-Lösungen sind deshalb besonders problematisch, da diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben tief in den Systemen integriert sein müssen und alle laufenden Prozesse sowie Datenverkehre überwachen und damit theoretisch auch ausspionieren oder manipulieren können. Anwender sollten auf andere Lösungen umsteigen, so das BSI, allerdings nicht im Hau-Ruck-Verfahren, da bei einem ersatzlosen Abschalten Angriffe aus dem Netz womöglich schlechter abgewehrt werden könnten.

Der IT-Wirtschaftsverband Bitkom verwies darauf, dass er grundsätzlich keine Empfehlungen abgeben dürfe. Unternehmen sollten jedoch grundsätzlich “unbedingt ihre IT-Sicherheitsmaßnahmen überprüfen und wo nötig nachjustieren”.

Kaspersky wies die Darstellung des BSI zurück. Der Konzern habe keine Verbindungen zur russischen Regierung. Man arbeite mit dem BSI zusammen, um die Bedenken auszuräumen. Die Entscheidung des BSI sei politisch motiviert und beruhe nicht auf einer technischen Bewertung der Antivirensoftware. Schädliche oder verdächtige Dateien von deutschen Nutzern würden in Rechenzentren in Zürich verarbeitet. Auf Wunsch könnten die Kunden unter anderem den Quellcode der verwendeten Software einsehen.

In den USA ist Behörden bereits seit 2017 die Verwendung von Kaspersky-Anwendungen untersagt. Grund war schon damals die Einschätzung der Trump-Administration, dass die Nähe zum Kreml zu groß sei. fst/rtr

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Intel: Mega-Fab für Magdeburg

Der US-Konzern Intel baut seine neue Chipfabrik in Magdeburg. 17 Milliarden Euro würden in den Bau zweier Halbleiter-Werke investiert, kündigte Intel-Chef Pat Gelsinger am Dienstag an. “Es wird die größte Investition in der Geschichte Sachsen-Anhalts”, sagte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Die Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt setzte sich damit gegen Dresden durch, wo schon Bosch, Infineon und Globalfoundries Halbleiterstandorte haben, sowie Penzing in Bayern. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sprach von einem wichtigen Impuls in schwierigen Zeiten.

Intel befindet sich mitten in der aktuellen Chipkrise, die vor allem Autokonzerne und Technologiefirmen umtreibt, auf Expansionskurs. Der Konzern will in der EU ein neues Forschungszentrum in Frankreich errichten sowie in Italien, Polen und Spanien und in Irland investieren, wo Intel seine bisher einzige Europa-Fab betreibt. Vom Design über Produktion bis zur Montage sollen künftig alle Schritte in Europa erfolgen können.

Vor allem in Irland will Intel laut Gelsinger auch Aufträge anderer Firmen bedienen und damit den größten globalen Auftragsfertigern TSMC und Samsung verstärkt Konkurrenz machen. Insgesamt sollen in Europa zunächst 33 Milliarden Euro investiert werden. In den kommenden zehn Jahren sollen es bis zu 80 Milliarden Euro werden. Intel errichtet bereits eine Produktionsstätte in Ohio, für zunächst 20 Milliarden US-Dollar, und kaufte kürzlich den Chiphersteller Tower Semiconductor aus Israel für 5,4 Milliarden US-Dollar.

Chipansiedlungen werden stark subventioniert

Ursprünglich wollte Intel die Standortentscheidungen schon Ende 2021 bekannt geben, wartete dann aber auf den Startschuss für den “European Chips Act” Anfang Februar, der den Weg für milliardenschwere Subventionen freimachen soll. EU-Industriekommissar Thierry Breton nannte Intels Ankündigung das “erste sichtbare Ergebnis” des Vorhabens, weitere würden folgen. TSMC aus Taiwan und Samsung aus Südkorea haben ebenfalls Interesse angemeldet. Derzeit werden mehr als zwei Drittel aller modernen Halbleiter in Asien hergestellt. EU-Kommission und USA, wo ebenfalls an einem milliardenschweren Chips Act gearbeitet wird, wollen dies ändern. Entsprechende Hoffnungen äußerte Bundeskanzler Olaf Scholz: “Die erste Produktionsstätte ihrer Art in der EU wird dazu beitragen, die globalen Siliziumkapazitäten wieder ins Gleichgewicht zu bringen und eine widerstandsfähigere Lieferkette aufzubauen.”

Deutschland dürfte Intel mit hohen Förderbeträgen gelockt haben. Konkrete Zahlen wollte Ministerpräsident Haseloff auch auf Nachfrage nicht nennen. Für Magdeburg sprach im Rennen mit anderen Orten die große Fläche im Industriegebiet Eulenberg im Südwesten der Stadt, die Nähe zu Berlin und die Verfügbarkeit von Fachkräften. Chipfabriken benötigen zudem eine große Menge Wasser und Stromkapazitäten. Diese stehen in Magdeburg mit der Elbe und dem Hochspannungsleitungs-Knoten Wolmirstedt für günstigen Windstrom aus dem Norden Deutschlands zur Verfügung.

Erste Chips von der Börde erst 2027

Intel gab bekannt, zunächst 3000 Hightech-Stellen in Magdeburg zu schaffen. Bereits jetzt beschäftigen die US-Amerikaner rund 10.000 Mitarbeiter in mehreren europäischen Ländern. Trotz des Tempos, das alle Seiten vorlegen wollen, dürfte es noch dauern, bis erste Intel-Chips in Deutschland entstehen. Der Bau soll in der ersten Jahreshälfte 2023 starten, vier Jahre später soll die Produktion beginnen. Rechtzeitig zum erwarteten Baustart könnte damit auch der europäische Chips Act fertig werden, den Parlament und Rat erst noch beraten müssen. rtr/fst

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ENVI: Überarbeitung der ETS-Marktstabilitätsreserve angenommen

Als erstes Dossier des Fit-for-55-Pakets hat die Überarbeitung der Marktstabilitätsreserve (MSR) die Hürde des Parlamentsausschusses genommen. Am Dienstag stimmten die Abgeordneten des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) mehrheitlich für den Bericht des maltesischen Sozialdemokraten Cyrus Engerer, nachdem zunächst über einige Änderungsanträge abgestimmt wurde.

Die Überarbeitung MSR ist Teil der Reform des EU-Emissionshandelssystem (ETS). Sie soll den ETS vor Markterschütterungen schützen und gleichzeitig überschüssige Zertifikate vom Markt nehmen, ohne sie direkt zu löschen. Der Kommissionsvorschlag für die MSR-Überarbeitung sieht vor, dass 24 Prozent der am Markt erhältlichen Zertifikate bis 2023 in die Reserve überführt werden. Anschließend würde der Anteil auf 12 Prozent sinken.

Der ENVI-Bericht beinhaltet, dass der Zeitraum, in dem die 24 Prozent gelten, bis 2030 erweitert wird. Außerdem soll die Mindestanzahl von Zertifikaten in der MSR von 100 auf 200 Millionen erhöht werden. Damit soll ein zu starker Überschuss an verfügbaren Zertifikaten verhindert und ein Preissignal ausgesendet werden, um eine “kosteneffiziente Verringerung der Treibhausgasemissionen” für die vom ETS betroffenen Sektoren zu ermöglichen, heißt es in dem Bericht. Die Abgeordneten fordern die Kommission zudem auf, die Wirkung der Reserve zu überwachen und sie für den Fall künftiger unvorhersehbarer externer Marktschocks einsatzfähig zu halten.

In diesen beispiellosen Zeiten sei ein stabiles ETS von entscheidender Bedeutung, erklärte Berichterstatter Engerer. Der MSR biete dem Emissionshandel die Möglichkeit, sich den dynamischen Bedürfnissen des Marktes anzupassen. Zudem soll er Wirtschaftskrisen, wie während der Coronapandemie, vorbeugen und Unternehmen sowie Verbraucher besser vor zu hohen Preisen schützen.

65 Abgeordnete stimmten schlussendlich für den Bericht, bei 20 Gegenstimmen und einer Enthaltung. In der ersten Sitzungswoche im April soll der Bericht dem Plenum zur Abstimmung vorgelegt werden. luk

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Taxonomie: EU-Berater schlagen zusätzliche Kategorie für nachhaltige Investments vor

Berater der Europäischen Union empfehlen, die umstrittene Taxonomie zur Klassifizierung nachhaltiger Investments in der EU um eine weitere Kategorie zu ergänzen. Eine bernsteinfarbene Einordnung könnte Energieformen kennzeichnen, die auf dem Weg zu Klimaneutralität als Übergangslösung noch gebraucht werden, sagte EU-Berater Nathan Fabian am Dienstag den Umwelt- und Wirtschaftsausschüssen im Europäischen Parlament.

Die EU-Kommission will trotz scharfer Kritik aus vielen Ländern bei ihren Plänen bleiben, Atomkraft und Erdgas zumindest unter bestimmten Kriterien ein Öko-Label zu verleihen. Mit der sogenannten Taxonomie sollen Finanzströme gezielt in nachhaltige Technologien fließen. Gas sehen einige EU-Staaten als Brücke hin zu Klimaneutralität an, weil hier weniger CO2-Emissionen entstehen als beim Einsatz von Öl und Kohle. Bei der Atomkraft bemängeln Kritiker den radioaktiven Abfall, weswegen die Energieform nicht nachhaltig sein könne.

Fabian betonte jedoch, dass die Kommissionspläne nicht mit dem 1,5 Grad-Ziel vereinbar seien, da sie zu hohe Emissionen durch die Nutzung von Gas zuließen. Dadurch gehe ein Signal an den Markt, dass eine Technologie, die mehr CO2 ausstößt, als der Durchschnitt der Energiemixes, als nachhaltig bezeichnet wird. rtr/luk

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Gaskrise: Liberale vermissen Zwischenziele

Die Liberalen im Europaparlament haben die Kommission aufgefordert, schnell einen genaueren Zeitplan für eine höhere Unabhängigkeit von russischen Gasimporten vorzulegen. “Was sind die notwendigen Ziele und Meilensteine, die in den nächsten Wochen und Monaten erreicht werden sollen”, fragte die tschechische Abgeordnete Martina Dlabajová (Renew) am Dienstag im Industrieausschuss. Energiekommissarin Kadri Simson stellte den Abgeordneten dort die Strategie REPowerEU vor, die einen Rahmen für die Versorgungssicherheit im nächsten Winter und Langfristmaßnahmen bis 2030 umreißt. Die nächsten Schritte hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für Ende März angekündigt.

In Frage stellen die Liberalen die Schätzung der Kommission, die EU könne innerhalb des nächsten Jahres 50 Milliarden Kubikmeter (bcm) verflüssigtes Erdgas (LNG) aus alternativen Quellen beziehen. “Auf welcher Basis haben Sie die 50 bcm berechnet”, wollte Dlabajová wissen. Hindernisse sehe sie in der weltweiten Verfügbarkeit von LNG-Tankern und Verflüssigungskapazitäten für Erdgas.

Fraktionen fordern Preisdeckel

Angesichts gestiegener Preise für Gas, Strom und Kraftstoffe forderten Abgeordnete mehrerer Fraktionen Preisdeckel. Die Energiepreise sollten auf den Niveaus von September eingefroren werden, sagte der Belgier Marc Botenga (Linke) und schlug vor, auf europaweit harmonisierte Mindestsätze bei den Energiesteuern zu verzichten und die Steuersätze komplett den Mitgliedsstaaten zu überlassen. Auch die rechtsgerichtete Fraktion Identität und Demokratie forderte, über Preisgrenzen nachzudenken.

“Überwachen Sie den Strommarkt und legen Sie strenge Regeln vor, um diese Wucherei zu verhindern”, sagte der Rumäne Dan Nica von den Sozialdemokraten an die Kommission gerichtet. Nica verwies auf das Wettbewerbsrecht im Telekommunikationsbereich, ohne einen genauen Vorschlag zu formulieren. Die Regulierungsbehörde für den Strommarkt ACER will in Kürze einen Bericht mit Möglichkeiten vorlegen, das Marktdesign für Elektrizität weiterzuentwickeln.

Bisher habe allerdings niemand Vorschläge für ein besseres Design vorgelegt, entgegnete Simson. Die Regeln für den Strommarkt müssten Investitionen in erneuerbare Energien anreizen, Preisschwankungen eindämmen und Verbraucher schützen. ber

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China verkauft US-Erdgas an Europa weiter

China hat Flüssigerdgas (LNG) aus den USA an Europa geliefert. Unipec, der Handelszweig des staatlichen chinesischen Öl- und Gasunternehmens Sinopec, hat drei Lieferungen an Häfen in Europa weiterverkauft und dabei Gewinn gemacht, wie Bloomberg berichtet.

Der Weiterverkauf der Lieferungen an Europa zeigt die Auswirkungen der hohen Energiepreise auf globale Handelsströme. Denn China ist mittlerweile der größte Importeur von LNG-Gas. Auch der Gas-Bedarf der Volksrepublik steigt. Dem Brennstoff soll mittelfristig eine größere Rolle zukommen, um den Kohleverbrauch zu reduzieren und die Klimaziele der Volksrepublik zu erreichen.

In der vergangenen Woche stiegen die Erdgaspreise in Europa auf einen neuen Höchststand. Ursache sind unsichere Lieferungen aus Russland. Der Preisanstieg veranlasste die Händler von Unipec laut Bloomberg, sich vom chinesischen Markt mit niedrigeren Preisen abzuwenden. Das ist überraschend, da Peking Importeure erst kürzlich in die Pflicht genommen hatte, den Import von Energierohstoffen und Nahrungsmitteln sicherzustellen (unsere Schwesterpublikation China.Table berichtete). nib

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Presseschau

Russland will Europarat verlassen NTV
Regierungschefs von Polen, Tschechien und Slowenien mit Zug nach Kiew gereist WELT
Folgen des Krieges für die EU: “Viele Familien können ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen” TAGESSPIEGEL
Bundesamt warnt jetzt doch vor russischer Kaspersky-Software SPIEGEL
EU-Staaten einigen sich auf CO2-Abgabe auf Importe HANDELSBLATT
EU-Länder setzen auf Kohle aus Sorge um Gasversorgung EURACTIV
Söder will “500 plus X” neue Windräder in Bayern – aber an Abstandsregel festhalten HANDELSBLATT
Europas Permafrost taut unweigerlich auf SPIEGEL
Deutschland verfehlt Klimaziel zum wiederholten Mal WELT
Regierung will Strom-Neukunden schützen NTV

Portrait

Florian Drücke: Die Stimme der Musikwirtschaft

Florian Drücke ist seit  2017 Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Musikindustrie.
Florian Drücke ist seit 2017 Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Musikindustrie

Selbstverständlich ist es für Florian Drücke (47) eine große Ehre gewesen, von der französischen Kulturministerin den Ritterschlag zu erhalten. Doch auf einen Wunsch beharrte der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands Musikindustrie (BVMI) und Ko-Präsident des deutsch-französischen Kulturrates dann doch. Dass man die Zeremonie bitte in seiner Heimat Heidelberg durchführe, statt, wie sonst üblich, in der französischen Botschaft am Pariser Platz in Berlin. “Ich finde, vieles erzählt sich im Kleinen viel besser und stringenter. Alles andere wäre mir insofern etwas entkoppelt vorgekommen.”

Bodenhaftung bewahren und Veränderung mitprägen: Zwei Grundmotive der Karriere Drückes. Er begann 2006 als Justitiar beim BVMI, in einer Zeit also, als der Musikindustrie ein Abgesang bereitet wurde. CD-Erlöse brachen ein, die Netzpiraterie stand in voller Blüte, die Kopiermöglichkeiten des MP3-Formats entfalteten ihre volle Kraft und die Musikwirtschaft war bei vielen Peer-to-Peer-Sharing-Nutzern verhasst. 2006 war aber auch das Jahr, in dem Spotify gegründet wurde. Drücke war früh klar, dass hier ein großer Prozess ins Rollen kommt, an dessen Ende Urheberrecht und Monetarisierung von Inhalten deutlich anders gestaltet sein würden.

Mittlerweile hat sich die Musikindustrie neu erfunden. Audio-Streaming war 2021 mit 68 Prozent Umsatzanteil ihre tragende Säule. “Die Rahmenbedingungen mitzugestalten, die Diskussionen über die Wege dahin zu führen – das ist, was mich all die Jahre dabei gehalten hat.” Besonders spannend für Drücke hierbei: dass die Musikbranche immer wieder eine Pionierrolle einnimmt. Auch deshalb würden Grundsatzfragen häufig an ihr durchdekliniert, etwa bei Algorithmen, Filtern und Haftungsfragen.

Drücke hat das BVMI-Image verändert

Als Vorsitzender des BVMI begleitet Drücke diese Prozesse als Repräsentant der Musikfirmen: “Dahinter steckt immer Übersetzungstätigkeit. Wie kann ich erklären, was juristisch total schwierig ist? Wie kann ich erklären, wie die Branche funktioniert, also das große Ganze?”. Drücke ist erfahren darin, Interessen zu moderieren, um gemeinsame Linien ausarbeiten zu können. Kreativität spielt dabei eine große Rolle, Drücke greift in Diskussionen auf sein tiefes Verständnis der komplizierten Mechanismen der Musikwirtschaft zurück. Auf allzu aggressive Kampagnen gegen die Endnutzer verzichtet der Verband inzwischen, appelliert häufiger an die Solidarität mit Künstlerinnen und Künstler.

Drücke ist sich sehr bewusst, dass das Abmahnwesen dem Ruf der Branche geschadet hat – selbst wenn man es als wirtschaftlich erfolgreich betrachten könnte. Stattdessen fokussiert sich der Verband stärker auf die Frage, wer im Internet Geld verdient: Plattformbetreiber wie Spotify, Apple oder Amazon – oder die Musikwirtschaft und damit vielleicht auch die Kreativen? Immer wieder steht die Frage im Raum, wer welchen Anteil vom Einnahmekuchen erhalten soll, ob Algorithmen dabei für eine unfaire Verteilung sorgen. Und wie illegale Inhalte auf Plattformen und bei Hosting-Anbietern reguliert werden, das ist für Drücke auch jenseits des Digital Services Act ein Dauerthema.

Worum es ihm in Zukunft gehen wird? Da wäre erst einmal die Arbeit daran, dass die Kreativwirtschaft in Deutschland als eigener Wirtschaftszweig begriffen werden soll. In den Jahren der Pandemiekrise ging es für ihn da schon in die richtige Richtung, besonders auch durch die Initiative k3d, bei der vom Architekten bis zum Zeitschriftenverleger alle mal an einem Strang gezogen haben. Eine Ansprechperson der Regierung für die Kreativwirtschaft ist aber trotz aller Beteuerungen immer noch nicht aufgetaucht, hier bestehe dringender Handlungsbedarf.

Die Debatte um das europäische Urheberrecht hingegen befindet sich jetzt auf der Zielgeraden, nach einem Vorlauf von zwanzig Jahren. Die vergangene deutsche Regierung habe aber durch die Entscheidung für einen Sonderweg eine Wahl getroffen, die die Kooperation für Partner im digitalen Binnenmarkt Europa erschweren werde. Umso wichtiger sei es, so Drücke, schon jetzt die nächsten Schritte der Innovation zu vermitteln, um auch zukünftig nachhaltig aufgestellt zu sein. Das also, was seit knapp über fünfzehn Jahren sein Tagesgeschäft ausmacht. Julius Schwarzwälder

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Europe.Table Redaktion

EUROPE.TABLE REDAKTION

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    • ENVI: Überarbeitung der ETS-Marktstabilitätsreserve angenommen
    • Taxonomie: EU-Berater schlagen zusätzliche Kategorie für nachhaltige Investments vor
    • Gaskrise: Liberale vermissen Zwischenziele
    • China verkauft US-Erdgas an Europa weiter
    • Portrait: Florian Drücke – Die Stimme der Musikwirtschaft
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    die EU-Finanzminister haben sich bei dem gestrigen Treffen in Brüssel auf eine gemeinsame Linie im Umgang mit den rasant steigenden Energiepreisen infolge der Ukrainekrise geeinigt. Im Vordergrund steht die Entlastung der Bürger:innen und Unternehmen, basierend auf Rabatten, Beihilfen und einer energiepolitischen Unabhängigkeit von Russland. Eric Bonse hat die Maßnahmen analysiert.

    Ebenso eine Einigung hat es bei der generellen Ausrichtung beim CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) gegeben. Die Mitgliedstaaten unterstützen größtenteils eine stärkere Zentralisierung der CBAM-Verwaltung. So soll das Melderegister auf EU-Ebene und nicht bei den Mitgliedstaaten angesiedelt werden. Es blieben allerdings wichtige Punkte offen, so zum Beispiel die Frage, wie mit Exporten umgegangen werden soll. Lukas Scheid erklärt, wo es noch hakt.

    Kaum Fortschritte hat es dagegen bei den regulären Tagesordnungspunkten des Digital Services Act gegeben. Diese betrafen die Anforderungen an Online-Marktplatz-Betreiber und die Frage der Regulierung sogenannter Deep Fakes. Bei einem anderen Punkt allerdings gab es eine Überraschung. Mehr dazu lesen Sie in den News.

    Im Portrait ist heute Florian Drücke, der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Musikindustrie (BVMI). 2006 begann er beim BMVI, also zu einer Zeit, in der die Musikindustrie vor großen Herausforderungen stand. Rahmenbedingungen mitgestalten, Diskussionen führen, der Kreativwirtschaft eine Stimme geben, das spornt den Heidelberger an.

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    Lisa-Martina Klein
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    Analyse

    Benzin-Rabatt: Lindner spielt über Bande in Brüssel

    Die EU will die rasant steigenden Energiepreise und andere negative Folgen des Ukraine-Krieges für Bürger und Unternehmen abfedern. Man habe sich auf eine gemeinsame Strategie geeinigt, sagte der amtierende Ratsvorsitzende Bruno Le Maire (Frankreich) nach einem Treffen der EU-Finanzminister in Brüssel.

    Diese Strategie soll auf drei Säulen ruhen:

    1. Eine finanzielle Unterstützung für alle Haushalte – etwa in Form eines Tankrabatts, wie er auch in Deutschland diskutiert wird.

    2. Gezielte Hilfen für besonders betroffene Unternehmen. Hier wird an staatlich garantierte Kredite oder Beihilfen gedacht.

    3. Die “energiepolitische Unabhängigkeit” – durch den schrittweisen Ausstieg aus Gas und Öl aus Russland, aber auch durch den Ausbau erneuerbarer Energien.

    Beschlüsse wurden nicht gefasst. Die Strategie soll zunächst detaillierter ausgearbeitet werden – mithilfe der EU-Kommission, die mit mehreren Arbeitsaufträgen beglückt wurde. So soll Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager speziell auf die Energiekrise zugeschnittene Beihilfe-Regeln ausarbeiten.

    Es gehe um “schnelle, gezielte und befristete Hilfe”, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Dazu könne auch der umstrittene Tankrabatt zählen. Andere Vorschläge wie eine Senkung der Mehrwertsteuer hätten kaum Aussicht auf Erfolg, sagte Lindner unter Verweis auf die Debatte im ECOFIN-Rat.

    Le Maire habe sich ausdrücklich gegen Steuersenkungen ausgesprochen und für das “französische Modell” des Tankrabatts geworben, so Lindner. Die französische Regierung hatte am Wochenende eine “Remise” von 15 Cent pro Liter Benzin angekündigt. Diese Stützungsmaßnahme soll am 1. April beginnen und vier Monate dauern. “Wer mit 60 Litern volltankt, spart neun Euro”, erklärte Premierminister Jean Castex.

    Lindner will fixen Krisenrabatt

    Lindner verfolgt ähnliche Pläne. Ein “fixer Krisenrabatt” könnte 30 oder 40 Cent betragen, sagte er am Montagabend im ZDF-“heute journal”. Er könnte schnell und unbürokratisch gewährt werden und würde auch nicht mit den strikten EU-Regeln zur Besteuerung in Konflikt geraten. Außerdem würde eine Verzerrung des Marktes vermieden, denn das “Preissignal” an der Zapfsäule bleibe erhalten.

    Die deutsche Debatte über Steuersenkungen stehe “quer” zu den Diskussionen in der EU, betonte Lindner am Dienstag nach seinen Beratungen in Brüssel. Tatsächlich befindet sich der Minister aus europäischer Sicht in guter Gesellschaft. Neben Frankreich hat sich gerade auch Belgien für einen Tankrabatt entschieden.

    Die Föderalregierung in Brüssel beschloss am Montag ein Maßnahmenpaket, das jedem Haushalt Einsparungen von 300 Euro im Jahr sichern soll – unter anderem durch eine niedrigere Mehrwertsteuer auf Gas. Die Einigung sieht auch einen Nachlass auf Benzin und Diesel von 17,5 Cent pro Liter vor.

    6,6 Milliarden Euro staatlicher Zuschuss

    Ganz anders sieht es in Deutschland aus – dort wirkt Lindner isoliert. Sowohl Sozialdemokraten als auch Grüne laufen Sturm gegen den geplanten Benzin-Rabatt. “Ich hätte mir gewünscht, dass der Bundesfinanzminister mit uns gemeinsam in Koalition und Regierung einen abgestimmten Vorschlag auf die Strecke bringt”, sagte SPD-Fraktionschef Wolf Mützenich in Berlin.

    Finanz- und Wirtschaftsminister müssten zunächst klären, ob es sich bei den Benzinpreisen nicht auch um eine Marktmanipulation handele, weil es keine Veränderung bei der Versorgungslage gebe, forderte Mützenich. Ein Entlastungspaket müsse zudem sozial ausgewogen sein. Das sei vor allem für die SPD wichtig.

    Die Sozialdemokraten vermieden es allerdings, Lindners Vorstoß abzuschießen. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, man werde über finanzielle Unterstützungsmaßnahmen sprechen, “wo sie hilfreich und notwendig ist”. Dies werde parallel zum normalen Haushalt diskutiert, der am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen werden soll. Ein staatlicher Zuschuss von 40 Cents pro Liter für drei Monate würde den Staat rund 6,6 Milliarden Euro kosten. Das ist deutlich mehr, als Belgien und Frankreich für diese Stützungsmaßnahme veranschlagen.

    • Energie
    • Europapolitik

    CBAM-Einigung beim ECOFIN mit großen Lücken

    Der Rat für Wirtschaft und Finanzen der Europäischen Union (ECOFIN) verständigte sich größtenteils auf den Kompromissvorschlag der französischen Ratspräsidentschaft, der vergangene Woche öffentlich wurde (Europe.Table berichtete). Zwar hatten einige Mitgliedstaaten noch offene Fragen und verlangten weitere Analysen und Folgenabschätzungen durch die Einführung des CBAM. Doch nahezu alle Minister:innen oder deren Vertreter:innen zeigten sich bemüht, die allgemeine Ausrichtung des Rates festzulegen. Der CBAM gilt als zentraler Bestandteil des Fit-for-55-Pakets und der Strategie für die Dekarbonisierung der Industrie.

    So sprachen sich die Mitgliedstaaten für eine stärkere Zentralisierung der CBAM-Verwaltung aus. Das Melderegister für Importeure in die EU soll nicht bei den Mitgliedstaaten, sondern zentral auf EU-Ebene verantwortet werden. Der Rat sieht auch eine Untergrenze für die Gültigkeit des CBAM vor. Einfuhren mit einem Wert von weniger als 150 Euro sollen von der CO2-Grenzabgabe ausgenommen sein. Die Liste der vom CBAM betroffenen Sektoren wurde im Vergleich zum Kommissionsvorschlag nicht erweitert.

    Polen unterstützt die CBAM-Ausrichtung nicht

    Lediglich Polen erklärte, den Text nicht zu unterstützen. Warschau will, dass das Dossier zusammen mit der ETS-Reform verhandelt wird, da die Einführung des CBAM mit dem schrittweisen Herunterfahren der kostenlosen Emissionsrechte für die Industrie einhergeht. Das möchte Polen verhindern, da dies bedeuten würde, dass die unter den CBAM fallenden Industriesektoren CO2-Zertifikate am ETS einkaufen müssten. Sie fürchten einen kompetitiven Nachteil europäischer Produkte und wollen die freien Zuteilungen erst herunterfahren, wenn “hinreichend bewiesen ist, dass der CBAM vor Carbon Leakage schützt”.

    Dies dürfte allerdings zu Problemen mit den Handelsregularien der WTO führen: EU-Hersteller hätten einen Handelsvorteil, wenn sie weiterhin kostenlose Zertifikate bekämen, während Importeure einen Grenzausgleich zahlen müssten.

    Auch andere Länder betonten weiteren Diskussionsbedarf bei der Frage, ab wann und wie schnell die freien Zuteilungen heruntergefahren werden sollen – genauso bei der Frage nach der Verwendung der CBAM-Einnahmen. Doch die Fortführung der Diskussionen wurden auf künftige Ministertreffen aus dem Umweltressort vertagt und sind nicht Teil der gestrigen Einigung. Im Anhang der allgemeinen Ausrichtung wird zudem auf notwendige Einigungen bei anderen Dossiers verwiesen, die zwar mit dem CBAM verknüpft, aber nicht Teil des CBAM-Legislativtexts sind – allen voran die ETS-Reform.

    Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) forderte beispielsweise für die künftigen Verhandlungen, dass die Rolle der kostenlosen Zertifikate “angepasst” werden müsse. Wie diese Anpassung aussehen soll, führte er nicht aus. Zudem betonte Lindner die Notwendigkeit, den CBAM in das Konzept “offener und kooperative Klimaclubs einzubetten”, wie sie Bundeskanzler Olaf Scholz während der G7-Präsidentschaft etablieren möchte.

    “Klimazielerreichung in der Industrie zu wenig im Blick”

    Die Einigung trotz fehlender Klärung aller offenen Fragen sorgt für Kritik aus der Industrie und von Umweltorganisationen – allerdings aus gänzlich unterschiedlichen Gründen. “Was wir heute gebraucht hätten, war das klare Bekenntnis zu einem schnellen Ende der kostenlosen Zuteilung, damit endlich Tempo in die Industrietransformation kommt”, sagt Anne Gläser, Referentin für CO2-Preise bei Germanwatch. Die Ratsposition habe die Klimazielerreichung in der Industrie zu wenig im Blick und könne aufgrund fehlender Kooperationsangebote problematische Gegenreaktionen in Handelspartnerländern auslösen.

    Gläser fordert, dass die freien Zuteilungen schneller reduziert werden. Die Kommission hatte vorgeschlagen, den CBAM ab 2026 über zehn Jahre hinweg schrittweise einzuführen, während die freien Zuteilungen jeweils in gleichem Umfang und Tempo heruntergefahren werden. Laut Gläser müsse dieses Tempo verdoppelt werden.

    Die Wirtschaftsvereinigung Stahl (WV Stahl) fürchtet um eben jene kostenlose Zertifikate. Aus Sicht der Stahlindustrie müsse der “unerprobte und mit erheblichen Risiken behaftete Grenzausgleich zunächst in einem ausreichend langen Zeitraum bis 2030 getestet und die freie Zuteilung so lange aufrechterhalten werden”, sagt Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der WV Stahl.

    Carbon Leakage-Schutz für Exporte weiter ungeklärt

    Weiterhin offen ist auch die Frage nach dem Umgang mit Exporten. Finnland, Kroatien und die Slowakei riefen die Kommission auf, eine Folgenabschätzung für die Exportwirtschaft bei Einführung des CBAM vorzulegen. Der CBAM sieht zwar eine Grenzabgabe für Importe aus Drittstaaten vor, um den Wettbewerbsnachteil der EU-Wirtschaft durch die steigenden CO2-Preise am ETS auszugleichen. Doch wie Nachteile europäischer Exporteure im globalen Wettbewerb verhindert werden sollen, ist nicht geklärt.

    Der Umsatz der Stahlbranche durch Exporte macht knapp 20 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Das geht aus einer Analyse der Prognos AG im Auftrag der WV Stahl hervor. Ohne entsprechenden Exportschutz durch den CBAM würde die europäische Produktion nur noch für den Binnenmarkt stattfinden, heißt es – der Abbau von Produktionskapazitäten wäre die Folge. Auch grüner Stahl hätte so keine Exportperspektiven, prognostizieren die Autoren.

    Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni begrüßt dagegen den Kompromiss des Rats. Mit einer offiziellen Bewertung der Position des Ministerrats muss die Kommission jedoch warten, bis auch die erste Lesung im EU-Parlament durchgeführt wurde. Im Parlament laufen derzeit noch die Verhandlungen zwischen den Berichterstattern für die ETS-Reform (Peter Liese, EVP) und den CBAM (Mohammed Chahim, S&D). Sobald das Parlament eine Einigung über beide Dossiers erzielt hat, können auch die Verhandlungen zwischen den Institutionen beginnen.

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    Sanktionsmonitoring

    16.03.2022_Sanktionsmonitoring

    Die Europäische Union, die USA und die Schweiz haben mit verschiedenen Sanktionen auf die Invasion Russlands in der Ukraine reagiert. Hier finden Sie die aktuell verhängten EU-Sanktionen (soweit im Amtsblatt der EU veröffentlicht). Eine Übersicht über alle seit Beginn des Ukraine-Kriegs durch die EU, die USA und die Schweiz verhängten Sanktionen finden Sie hier.

    Rechtsvorschrift L87 I
    Durchführungsverordnung (EU) 2022/427 des Rates vom 15. März 2022 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen

    Verordnung (EU) 2022/428 des Rates vom 15. März 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren

    Beschluss (GASP) 2022/429 des Rates vom 15. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen

    Beschluss (GASP) 2022/430 des Rates vom 15. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren
    Details der Rechtsvorschrift

    News

    DSA: Vestager will Big Tech für Aufsicht zahlen lassen

    Beim zweiten Trilog zum Digital Services Act (DSA) haben Parlament, Rat und Kommission sich gestern zu einigen großen Themen des DSA ausgetauscht. Der eigentliche Kracher stand jedoch nicht direkt auf der Trilog-Tagesordnung: EU-Vizepräsidentin Margrethe Vestager will die Kosten für die Aufsicht der besonders großen Plattformen diesen auferlegen. Gegenüber Abgeordneten und Vertretern der französischen Ratspräsidentschaft brachte Vestager das sogenannte Polluter Pays-Prinzip für den DSA zur Sprache. Demnach werden Aufsichtskosten denjenigen auferlegt, die von Regulierung betroffen sind.

    Für die erwartbar aufwändige Kontrolle der besonders großen Online-Plattformen (VLOPS) wäre damit ein Mechanismus gefunden, wie die Kommission, die für diese primär zuständig sein soll, den notwendigen Aufwuchs refinanzieren könnte. Vergleichbare Mechanismen gibt es etwa auch in der Bankenaufsicht.

    Laut Teilnehmerkreisen wurden bei der Arbeit an den bisherigen Vorschlägen unter anderem die Anforderungen an Online-Marktplatz-Betreiber und die Frage der Regulierung sogenannter Deep Fakes thematisiert. Auch die Dark Patterns genannten Einwilligungs-Unterschiebegestaltungen waren Gegenstand der Beratungen. Zu diesen veranstaltet der Binnenmarktausschuss des Europaparlaments am heutigen Mittwoch eine Expertenanhörung.

    Thema war zudem, ob besonders große Suchmaschinen (VLOSE) unter besondere Regulierungen fallen sollen, ein Wunsch des Rates, und die Frage eines besonders hohen Datenschutzniveaus für Minderjährige, wie vom EP gewünscht.

    Kaum Fortschritte – nächste Runde soll bald stattfinden

    Auch in der zweiten politischen Verhandlungsrunde wurden keine größeren Fortschritte erzielt. Einzig bei der Frage der Verbraucherentschädigungen im Fall von DSA-Verstößen zeigten sich erste Ansätze einer Einigung.

    In Anwesenheit des französischen Digitalministers Cedric O zeigte sich erneut, dass der derzeitigen Ratspräsidentschaft eine schnelle Verabschiedung wichtig ist. Zugleich aber sind immer noch fast alle wichtigen Fragen unbeantwortet. Diese sollen nun von der Mitarbeiterebene in den kommenden Wochen mit Kompromissvorschlägen unterfüttert werden, auch die EU-Kommission soll mit Lösungsvorschlägen zu strittigen Fragen aktiv zuarbeiten.

    Wann genau die nächste Verhandlungsrunde auf politischer Ebene stattfinden soll, ist derzeit noch offen, geplant wurde bislang mit dem 04.04.2022 – und damit kurz vor der Osterpause. Spätestens dann sollten sich erste Kompromisse zu den Streitfragen des DSA abzeichnen. fst

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    BSI warnt vor Kaspersky

    Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat eine Warnung vor Antivirus-Lösungen des russischen Anbieters Kaspersky ausgesprochen. Grund dafür ist der anhaltende Ukraine-Krieg der Russischen Föderation. Das BSI sieht die Möglichkeit als gegeben an, dass Kaspersky aus eigenem Antrieb oder auch gegen seinen Willen mit russischen Sicherheitsbehörden kooperieren oder von diesen für eigene Zwecke missbraucht werden könnte. Damit bestünden Zweifel an der Zuverlässigkeit des Herstellers.

    Antivirus-Lösungen sind deshalb besonders problematisch, da diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben tief in den Systemen integriert sein müssen und alle laufenden Prozesse sowie Datenverkehre überwachen und damit theoretisch auch ausspionieren oder manipulieren können. Anwender sollten auf andere Lösungen umsteigen, so das BSI, allerdings nicht im Hau-Ruck-Verfahren, da bei einem ersatzlosen Abschalten Angriffe aus dem Netz womöglich schlechter abgewehrt werden könnten.

    Der IT-Wirtschaftsverband Bitkom verwies darauf, dass er grundsätzlich keine Empfehlungen abgeben dürfe. Unternehmen sollten jedoch grundsätzlich “unbedingt ihre IT-Sicherheitsmaßnahmen überprüfen und wo nötig nachjustieren”.

    Kaspersky wies die Darstellung des BSI zurück. Der Konzern habe keine Verbindungen zur russischen Regierung. Man arbeite mit dem BSI zusammen, um die Bedenken auszuräumen. Die Entscheidung des BSI sei politisch motiviert und beruhe nicht auf einer technischen Bewertung der Antivirensoftware. Schädliche oder verdächtige Dateien von deutschen Nutzern würden in Rechenzentren in Zürich verarbeitet. Auf Wunsch könnten die Kunden unter anderem den Quellcode der verwendeten Software einsehen.

    In den USA ist Behörden bereits seit 2017 die Verwendung von Kaspersky-Anwendungen untersagt. Grund war schon damals die Einschätzung der Trump-Administration, dass die Nähe zum Kreml zu groß sei. fst/rtr

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    Intel: Mega-Fab für Magdeburg

    Der US-Konzern Intel baut seine neue Chipfabrik in Magdeburg. 17 Milliarden Euro würden in den Bau zweier Halbleiter-Werke investiert, kündigte Intel-Chef Pat Gelsinger am Dienstag an. “Es wird die größte Investition in der Geschichte Sachsen-Anhalts”, sagte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Die Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt setzte sich damit gegen Dresden durch, wo schon Bosch, Infineon und Globalfoundries Halbleiterstandorte haben, sowie Penzing in Bayern. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sprach von einem wichtigen Impuls in schwierigen Zeiten.

    Intel befindet sich mitten in der aktuellen Chipkrise, die vor allem Autokonzerne und Technologiefirmen umtreibt, auf Expansionskurs. Der Konzern will in der EU ein neues Forschungszentrum in Frankreich errichten sowie in Italien, Polen und Spanien und in Irland investieren, wo Intel seine bisher einzige Europa-Fab betreibt. Vom Design über Produktion bis zur Montage sollen künftig alle Schritte in Europa erfolgen können.

    Vor allem in Irland will Intel laut Gelsinger auch Aufträge anderer Firmen bedienen und damit den größten globalen Auftragsfertigern TSMC und Samsung verstärkt Konkurrenz machen. Insgesamt sollen in Europa zunächst 33 Milliarden Euro investiert werden. In den kommenden zehn Jahren sollen es bis zu 80 Milliarden Euro werden. Intel errichtet bereits eine Produktionsstätte in Ohio, für zunächst 20 Milliarden US-Dollar, und kaufte kürzlich den Chiphersteller Tower Semiconductor aus Israel für 5,4 Milliarden US-Dollar.

    Chipansiedlungen werden stark subventioniert

    Ursprünglich wollte Intel die Standortentscheidungen schon Ende 2021 bekannt geben, wartete dann aber auf den Startschuss für den “European Chips Act” Anfang Februar, der den Weg für milliardenschwere Subventionen freimachen soll. EU-Industriekommissar Thierry Breton nannte Intels Ankündigung das “erste sichtbare Ergebnis” des Vorhabens, weitere würden folgen. TSMC aus Taiwan und Samsung aus Südkorea haben ebenfalls Interesse angemeldet. Derzeit werden mehr als zwei Drittel aller modernen Halbleiter in Asien hergestellt. EU-Kommission und USA, wo ebenfalls an einem milliardenschweren Chips Act gearbeitet wird, wollen dies ändern. Entsprechende Hoffnungen äußerte Bundeskanzler Olaf Scholz: “Die erste Produktionsstätte ihrer Art in der EU wird dazu beitragen, die globalen Siliziumkapazitäten wieder ins Gleichgewicht zu bringen und eine widerstandsfähigere Lieferkette aufzubauen.”

    Deutschland dürfte Intel mit hohen Förderbeträgen gelockt haben. Konkrete Zahlen wollte Ministerpräsident Haseloff auch auf Nachfrage nicht nennen. Für Magdeburg sprach im Rennen mit anderen Orten die große Fläche im Industriegebiet Eulenberg im Südwesten der Stadt, die Nähe zu Berlin und die Verfügbarkeit von Fachkräften. Chipfabriken benötigen zudem eine große Menge Wasser und Stromkapazitäten. Diese stehen in Magdeburg mit der Elbe und dem Hochspannungsleitungs-Knoten Wolmirstedt für günstigen Windstrom aus dem Norden Deutschlands zur Verfügung.

    Erste Chips von der Börde erst 2027

    Intel gab bekannt, zunächst 3000 Hightech-Stellen in Magdeburg zu schaffen. Bereits jetzt beschäftigen die US-Amerikaner rund 10.000 Mitarbeiter in mehreren europäischen Ländern. Trotz des Tempos, das alle Seiten vorlegen wollen, dürfte es noch dauern, bis erste Intel-Chips in Deutschland entstehen. Der Bau soll in der ersten Jahreshälfte 2023 starten, vier Jahre später soll die Produktion beginnen. Rechtzeitig zum erwarteten Baustart könnte damit auch der europäische Chips Act fertig werden, den Parlament und Rat erst noch beraten müssen. rtr/fst

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    ENVI: Überarbeitung der ETS-Marktstabilitätsreserve angenommen

    Als erstes Dossier des Fit-for-55-Pakets hat die Überarbeitung der Marktstabilitätsreserve (MSR) die Hürde des Parlamentsausschusses genommen. Am Dienstag stimmten die Abgeordneten des Ausschusses für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) mehrheitlich für den Bericht des maltesischen Sozialdemokraten Cyrus Engerer, nachdem zunächst über einige Änderungsanträge abgestimmt wurde.

    Die Überarbeitung MSR ist Teil der Reform des EU-Emissionshandelssystem (ETS). Sie soll den ETS vor Markterschütterungen schützen und gleichzeitig überschüssige Zertifikate vom Markt nehmen, ohne sie direkt zu löschen. Der Kommissionsvorschlag für die MSR-Überarbeitung sieht vor, dass 24 Prozent der am Markt erhältlichen Zertifikate bis 2023 in die Reserve überführt werden. Anschließend würde der Anteil auf 12 Prozent sinken.

    Der ENVI-Bericht beinhaltet, dass der Zeitraum, in dem die 24 Prozent gelten, bis 2030 erweitert wird. Außerdem soll die Mindestanzahl von Zertifikaten in der MSR von 100 auf 200 Millionen erhöht werden. Damit soll ein zu starker Überschuss an verfügbaren Zertifikaten verhindert und ein Preissignal ausgesendet werden, um eine “kosteneffiziente Verringerung der Treibhausgasemissionen” für die vom ETS betroffenen Sektoren zu ermöglichen, heißt es in dem Bericht. Die Abgeordneten fordern die Kommission zudem auf, die Wirkung der Reserve zu überwachen und sie für den Fall künftiger unvorhersehbarer externer Marktschocks einsatzfähig zu halten.

    In diesen beispiellosen Zeiten sei ein stabiles ETS von entscheidender Bedeutung, erklärte Berichterstatter Engerer. Der MSR biete dem Emissionshandel die Möglichkeit, sich den dynamischen Bedürfnissen des Marktes anzupassen. Zudem soll er Wirtschaftskrisen, wie während der Coronapandemie, vorbeugen und Unternehmen sowie Verbraucher besser vor zu hohen Preisen schützen.

    65 Abgeordnete stimmten schlussendlich für den Bericht, bei 20 Gegenstimmen und einer Enthaltung. In der ersten Sitzungswoche im April soll der Bericht dem Plenum zur Abstimmung vorgelegt werden. luk

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    Taxonomie: EU-Berater schlagen zusätzliche Kategorie für nachhaltige Investments vor

    Berater der Europäischen Union empfehlen, die umstrittene Taxonomie zur Klassifizierung nachhaltiger Investments in der EU um eine weitere Kategorie zu ergänzen. Eine bernsteinfarbene Einordnung könnte Energieformen kennzeichnen, die auf dem Weg zu Klimaneutralität als Übergangslösung noch gebraucht werden, sagte EU-Berater Nathan Fabian am Dienstag den Umwelt- und Wirtschaftsausschüssen im Europäischen Parlament.

    Die EU-Kommission will trotz scharfer Kritik aus vielen Ländern bei ihren Plänen bleiben, Atomkraft und Erdgas zumindest unter bestimmten Kriterien ein Öko-Label zu verleihen. Mit der sogenannten Taxonomie sollen Finanzströme gezielt in nachhaltige Technologien fließen. Gas sehen einige EU-Staaten als Brücke hin zu Klimaneutralität an, weil hier weniger CO2-Emissionen entstehen als beim Einsatz von Öl und Kohle. Bei der Atomkraft bemängeln Kritiker den radioaktiven Abfall, weswegen die Energieform nicht nachhaltig sein könne.

    Fabian betonte jedoch, dass die Kommissionspläne nicht mit dem 1,5 Grad-Ziel vereinbar seien, da sie zu hohe Emissionen durch die Nutzung von Gas zuließen. Dadurch gehe ein Signal an den Markt, dass eine Technologie, die mehr CO2 ausstößt, als der Durchschnitt der Energiemixes, als nachhaltig bezeichnet wird. rtr/luk

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    Gaskrise: Liberale vermissen Zwischenziele

    Die Liberalen im Europaparlament haben die Kommission aufgefordert, schnell einen genaueren Zeitplan für eine höhere Unabhängigkeit von russischen Gasimporten vorzulegen. “Was sind die notwendigen Ziele und Meilensteine, die in den nächsten Wochen und Monaten erreicht werden sollen”, fragte die tschechische Abgeordnete Martina Dlabajová (Renew) am Dienstag im Industrieausschuss. Energiekommissarin Kadri Simson stellte den Abgeordneten dort die Strategie REPowerEU vor, die einen Rahmen für die Versorgungssicherheit im nächsten Winter und Langfristmaßnahmen bis 2030 umreißt. Die nächsten Schritte hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für Ende März angekündigt.

    In Frage stellen die Liberalen die Schätzung der Kommission, die EU könne innerhalb des nächsten Jahres 50 Milliarden Kubikmeter (bcm) verflüssigtes Erdgas (LNG) aus alternativen Quellen beziehen. “Auf welcher Basis haben Sie die 50 bcm berechnet”, wollte Dlabajová wissen. Hindernisse sehe sie in der weltweiten Verfügbarkeit von LNG-Tankern und Verflüssigungskapazitäten für Erdgas.

    Fraktionen fordern Preisdeckel

    Angesichts gestiegener Preise für Gas, Strom und Kraftstoffe forderten Abgeordnete mehrerer Fraktionen Preisdeckel. Die Energiepreise sollten auf den Niveaus von September eingefroren werden, sagte der Belgier Marc Botenga (Linke) und schlug vor, auf europaweit harmonisierte Mindestsätze bei den Energiesteuern zu verzichten und die Steuersätze komplett den Mitgliedsstaaten zu überlassen. Auch die rechtsgerichtete Fraktion Identität und Demokratie forderte, über Preisgrenzen nachzudenken.

    “Überwachen Sie den Strommarkt und legen Sie strenge Regeln vor, um diese Wucherei zu verhindern”, sagte der Rumäne Dan Nica von den Sozialdemokraten an die Kommission gerichtet. Nica verwies auf das Wettbewerbsrecht im Telekommunikationsbereich, ohne einen genauen Vorschlag zu formulieren. Die Regulierungsbehörde für den Strommarkt ACER will in Kürze einen Bericht mit Möglichkeiten vorlegen, das Marktdesign für Elektrizität weiterzuentwickeln.

    Bisher habe allerdings niemand Vorschläge für ein besseres Design vorgelegt, entgegnete Simson. Die Regeln für den Strommarkt müssten Investitionen in erneuerbare Energien anreizen, Preisschwankungen eindämmen und Verbraucher schützen. ber

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    China verkauft US-Erdgas an Europa weiter

    China hat Flüssigerdgas (LNG) aus den USA an Europa geliefert. Unipec, der Handelszweig des staatlichen chinesischen Öl- und Gasunternehmens Sinopec, hat drei Lieferungen an Häfen in Europa weiterverkauft und dabei Gewinn gemacht, wie Bloomberg berichtet.

    Der Weiterverkauf der Lieferungen an Europa zeigt die Auswirkungen der hohen Energiepreise auf globale Handelsströme. Denn China ist mittlerweile der größte Importeur von LNG-Gas. Auch der Gas-Bedarf der Volksrepublik steigt. Dem Brennstoff soll mittelfristig eine größere Rolle zukommen, um den Kohleverbrauch zu reduzieren und die Klimaziele der Volksrepublik zu erreichen.

    In der vergangenen Woche stiegen die Erdgaspreise in Europa auf einen neuen Höchststand. Ursache sind unsichere Lieferungen aus Russland. Der Preisanstieg veranlasste die Händler von Unipec laut Bloomberg, sich vom chinesischen Markt mit niedrigeren Preisen abzuwenden. Das ist überraschend, da Peking Importeure erst kürzlich in die Pflicht genommen hatte, den Import von Energierohstoffen und Nahrungsmitteln sicherzustellen (unsere Schwesterpublikation China.Table berichtete). nib

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    Presseschau

    Russland will Europarat verlassen NTV
    Regierungschefs von Polen, Tschechien und Slowenien mit Zug nach Kiew gereist WELT
    Folgen des Krieges für die EU: “Viele Familien können ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen” TAGESSPIEGEL
    Bundesamt warnt jetzt doch vor russischer Kaspersky-Software SPIEGEL
    EU-Staaten einigen sich auf CO2-Abgabe auf Importe HANDELSBLATT
    EU-Länder setzen auf Kohle aus Sorge um Gasversorgung EURACTIV
    Söder will “500 plus X” neue Windräder in Bayern – aber an Abstandsregel festhalten HANDELSBLATT
    Europas Permafrost taut unweigerlich auf SPIEGEL
    Deutschland verfehlt Klimaziel zum wiederholten Mal WELT
    Regierung will Strom-Neukunden schützen NTV

    Portrait

    Florian Drücke: Die Stimme der Musikwirtschaft

    Florian Drücke ist seit  2017 Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Musikindustrie.
    Florian Drücke ist seit 2017 Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Musikindustrie

    Selbstverständlich ist es für Florian Drücke (47) eine große Ehre gewesen, von der französischen Kulturministerin den Ritterschlag zu erhalten. Doch auf einen Wunsch beharrte der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands Musikindustrie (BVMI) und Ko-Präsident des deutsch-französischen Kulturrates dann doch. Dass man die Zeremonie bitte in seiner Heimat Heidelberg durchführe, statt, wie sonst üblich, in der französischen Botschaft am Pariser Platz in Berlin. “Ich finde, vieles erzählt sich im Kleinen viel besser und stringenter. Alles andere wäre mir insofern etwas entkoppelt vorgekommen.”

    Bodenhaftung bewahren und Veränderung mitprägen: Zwei Grundmotive der Karriere Drückes. Er begann 2006 als Justitiar beim BVMI, in einer Zeit also, als der Musikindustrie ein Abgesang bereitet wurde. CD-Erlöse brachen ein, die Netzpiraterie stand in voller Blüte, die Kopiermöglichkeiten des MP3-Formats entfalteten ihre volle Kraft und die Musikwirtschaft war bei vielen Peer-to-Peer-Sharing-Nutzern verhasst. 2006 war aber auch das Jahr, in dem Spotify gegründet wurde. Drücke war früh klar, dass hier ein großer Prozess ins Rollen kommt, an dessen Ende Urheberrecht und Monetarisierung von Inhalten deutlich anders gestaltet sein würden.

    Mittlerweile hat sich die Musikindustrie neu erfunden. Audio-Streaming war 2021 mit 68 Prozent Umsatzanteil ihre tragende Säule. “Die Rahmenbedingungen mitzugestalten, die Diskussionen über die Wege dahin zu führen – das ist, was mich all die Jahre dabei gehalten hat.” Besonders spannend für Drücke hierbei: dass die Musikbranche immer wieder eine Pionierrolle einnimmt. Auch deshalb würden Grundsatzfragen häufig an ihr durchdekliniert, etwa bei Algorithmen, Filtern und Haftungsfragen.

    Drücke hat das BVMI-Image verändert

    Als Vorsitzender des BVMI begleitet Drücke diese Prozesse als Repräsentant der Musikfirmen: “Dahinter steckt immer Übersetzungstätigkeit. Wie kann ich erklären, was juristisch total schwierig ist? Wie kann ich erklären, wie die Branche funktioniert, also das große Ganze?”. Drücke ist erfahren darin, Interessen zu moderieren, um gemeinsame Linien ausarbeiten zu können. Kreativität spielt dabei eine große Rolle, Drücke greift in Diskussionen auf sein tiefes Verständnis der komplizierten Mechanismen der Musikwirtschaft zurück. Auf allzu aggressive Kampagnen gegen die Endnutzer verzichtet der Verband inzwischen, appelliert häufiger an die Solidarität mit Künstlerinnen und Künstler.

    Drücke ist sich sehr bewusst, dass das Abmahnwesen dem Ruf der Branche geschadet hat – selbst wenn man es als wirtschaftlich erfolgreich betrachten könnte. Stattdessen fokussiert sich der Verband stärker auf die Frage, wer im Internet Geld verdient: Plattformbetreiber wie Spotify, Apple oder Amazon – oder die Musikwirtschaft und damit vielleicht auch die Kreativen? Immer wieder steht die Frage im Raum, wer welchen Anteil vom Einnahmekuchen erhalten soll, ob Algorithmen dabei für eine unfaire Verteilung sorgen. Und wie illegale Inhalte auf Plattformen und bei Hosting-Anbietern reguliert werden, das ist für Drücke auch jenseits des Digital Services Act ein Dauerthema.

    Worum es ihm in Zukunft gehen wird? Da wäre erst einmal die Arbeit daran, dass die Kreativwirtschaft in Deutschland als eigener Wirtschaftszweig begriffen werden soll. In den Jahren der Pandemiekrise ging es für ihn da schon in die richtige Richtung, besonders auch durch die Initiative k3d, bei der vom Architekten bis zum Zeitschriftenverleger alle mal an einem Strang gezogen haben. Eine Ansprechperson der Regierung für die Kreativwirtschaft ist aber trotz aller Beteuerungen immer noch nicht aufgetaucht, hier bestehe dringender Handlungsbedarf.

    Die Debatte um das europäische Urheberrecht hingegen befindet sich jetzt auf der Zielgeraden, nach einem Vorlauf von zwanzig Jahren. Die vergangene deutsche Regierung habe aber durch die Entscheidung für einen Sonderweg eine Wahl getroffen, die die Kooperation für Partner im digitalen Binnenmarkt Europa erschweren werde. Umso wichtiger sei es, so Drücke, schon jetzt die nächsten Schritte der Innovation zu vermitteln, um auch zukünftig nachhaltig aufgestellt zu sein. Das also, was seit knapp über fünfzehn Jahren sein Tagesgeschäft ausmacht. Julius Schwarzwälder

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