wenn es überhaupt noch erreicht werden soll, dann benötigt das 1,5 Grad-Klimaziel massive Anstrengungen in den kommenden Jahren. Doch befindet sich Europa überhaupt auf dem Pfad dahin? Kritiker bezweifeln das – doch es gibt auch andere Stimmen. Mein Kollege Lukas Scheid hat mit Optimisten und auch Skeptikern gesprochen. Haben sich manche Experten in den vielen Berechnungen verheddert?
In zwei Monaten wird es sie spätestens geben: die geschäftsführende Bundesregierung, das Kabinett Merkel IV im sachwaltenden Übergangsmodus. Keine grundlegenden Weichenstellungen mehr, keine großen Vorhaben – während Europa viel tut, tun will, tun muss. Droht gar europäische Instabilität durch die lahme Ente Deutschland? Till Hoppe hört in den Berliner Ministerien Sorgen darüber, dass Emmanuel Macron versucht sein könnte, auf die Koalitionsverhandlungen Einfluss zu nehmen.
Bis zur Bundestagswahl sind es nur noch gut fünf Wochen. Sobald sich der neue Bundestag konstituiert hat, werden Kanzlerin Angela Merkel und ihr Kabinett nur noch geschäftsführend im Amt sein. Und Deutschland damit auf europäischer Ebene nur eingeschränkt sprechfähig (Europe.Table berichtete).
In Berlin wächst die Sorge, andere EU-Staaten könnten diese Phase für eine Initiative zur Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes nutzen. Zugetraut wird dies Emmanuel Macron: Frankreichs Staatspräsident muss um seine Wiederwahl im Mai 2022 kämpfen und braucht dafür auch in Europa Erfolge. Zudem übernimmt Paris zum Jahreswechsel den EU-Ratsvorsitz. Macron könnte ein Sorbonne II im Sinn haben, so die Befürchtung: eine zweite europapolitische Grundsatzrede, in der er seine Reforminitiative verkündet.
Vertreter der Bundesregierung wirken nach Informationen von Europe.Table daher bereits auf Paris ein, diskret und auf unterschiedlichen Ebenen. Ihre Botschaft: Ein Vorstoß während der Koalitionsverhandlungen könne heftige Gegenreaktionen auslösen – und damit den Spielraum der neuen Bundesregierung für Kompromisse verkleinern. Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums sagte dazu lediglich, die Bundesregierung werde sich bei der anstehenden Überprüfung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes in die Debatte einbringen.
Das Thema bietet auch Konfliktstoff für die Koalitionsunterhändler der Parteien. Die FDP lehnt jegliche Änderungen an dem Regelwerk ab, die den Mitgliedsstaaten mehr Spielraum zur Schuldenaufnahme geben würden: “Eine Reform im Sinne einer Aufweichung der Regeln wäre das völlig falsche Signal“, sagt die stellvertretende Bundesvorsitzende Nicola Beer. Auch in der Union gibt es starke Vorbehalte.
Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber stellt sich auf eine unangenehme Debatte im Herbst ein: “Da braut sich etwas zusammen, dass uns in den Koalitionsverhandlungen hart treffen kann”, sagt der Koordinator der EVP-Fraktion im Wirtschafts- und Währungsausschuss. Schließlich plane die EU-Kommission überdies, im Herbst eine neue Konsultation zur Reform des Paktes zu starten.
Ferber befürchtet, Macron könne während der Regierungsbildung in Berlin den Schulterschluss mit den Grünen suchen, um die deutsche Position in seinem Sinne zu prägen. Die Partei spricht sich in ihrem Wahlprogramm dafür aus, im Stabilitätspakt mehr Raum für Zukunftsinvestitionen in Klimaschutz und Digitalisierung zu schaffen. Den über Anleihen finanzierten EU-Wiederaufbaufonds wollen die Grünen “in ein permanentes Investitions- und Stabilisierungsinstrument” überführen.
Beide Positionen sind nahe an dem, was der französische Finanz- und Wirtschaftsminister Bruno Le Maire oder Europastaatssekretär Clément Beaune bereits seit einiger Zeit ventilieren. Die Fiskalregeln müssten die neuen Realitäten berücksichtigen, sagte Le Maire: “die höchsten Schuldenniveaus unserer Geschichte, die niedrigsten Zinsen unserer Geschichte und die höchsten Investitionsbedarfe unserer Geschichte”.
Auch EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni hält eine Reform der Regeln für nötig, die im Zuge der Pandemie bis Ende 2022 ausgesetzt sind. An den Grundfesten will auch der Italiener nicht rütteln – die Obergrenzen von drei Prozent für das Budgetdefizit und 60 Prozent für die Staatsverschuldung sind im EU-Vertrag festgeschrieben.
Aber der vorgegebene Pfad zum Abbau der Schulden soll weniger steil ausfallen als dies ab 2023 nach den jetzigen Regeln der Fall wäre. Zur Begründung verweist Gentiloni darauf, die Pandemie habe die durchschnittliche Staatsverschuldung in der Euro-Zone von 85 auf über 100 Prozent des BIP getrieben. Zudem sollten die Staaten mehr Spielraum für öffentliche Investitionen etwa in Klimaschutz und Digitalisierung erhalten.
Ihre konkreten Vorschläge will die Kommission im kommenden Frühjahr vorlegen, und dabei die Erkenntnisse der Konsultation berücksichtigen. Widerstand gegen weitreichende Reformen haben bereits die Regierungen Österreichs und skandinavischer Länder angekündigt. Die Positionierung Deutschlands dürfte erheblichen Einfluss auf die potenziell toxische Debatte haben.
Wie sich Berlin aufstellt, ist angesichts der ungewissen Kräfteverhältnisse nach der Bundestagswahl offen. Dass die neue Bundesregierung den stabilitätsorientierten Kurs völlig aufgibt, ist allerdings unwahrscheinlich. Auch SPD-Kanzlerkandidat und Bundesfinanzminister Olaf Scholz zeigte sich bislang zurückhaltend über die Aussichten einer großangelegten Reform.
FDP-Vertreterin Beer pocht darauf, den Stabilitätspakt robuster zu gestalten: Die Vizepräsidentin des Europaparlaments spricht sich dafür aus, die im Zuge des Wiederaufbaupaketes aufgenommenen EU-Schulden miteinzubeziehen und fordert “verstärkte Sanktionen für diejenigen Länder, die dauerhaft gegen die Prinzipien der öffentlichen Haushaltsführung verstoßen”.
Die widersprüchlichen Ansichten ziehen sich teils mitten durch die politischen Lager im Straßburger Parlament – die FDP gehört wie Macrons La République en Marche der Renew-Fraktion an. Die EVP-Fraktion wiederum will nach der Sommerpause ihre einheitliche Position formulieren.
Ein von Ferber verantworteter Diskussionsentwurf fordert etwa, das hochkomplexe Regelwerk zu entschlacken und den Ermessensspielraum der Kommission über wenige klare Kriterien zu begrenzen. Dazu zähle, dass die öffentlichen Ausgaben langsamer ansteigen müssten als die Wirtschaftsleistung mittelfristig wachse. Der Pfad zum Schuldenabbau solle über langfristige Vereinbarungen zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten und der Kommission festgelegt werden, heißt es in dem Papier.
Allerdings gibt es gerade bei Christdemokraten aus Südeuropa ebenfalls Sympathien für eine Lockerung der Regeln, wie Ferber einräumt: “Es ist inzwischen mühsam geworden, in Europa für ordnungspolitische Grundsätze und einen stabilitätsorientierten Ansatz zu kämpfen“.
Im April einigten sich EU-Parlament und Rat auf eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 55 Prozent bis 2030. Mit dem Gesetzespaket “Fit for 55” hat die Kommission im Juli schließlich konkrete Vorschläge für eine klimafreundliche Wirtschaft vorgelegt (Europe.Table berichtete). Es soll Europas Beitrag sein, um das 1,5 Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens einzuhalten.
Nachdem der Weltklimarat (IPCC) vergangene Woche seinen neuesten Bericht über die wissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels veröffentlichte, wurden allerdings Stimmen lauter, dass die Vorschläge der EU-Kommission für dieses Ziel nicht ausreichend seien. Allen voran die Grünen halten die Pläne für nicht ambitioniert genug. Auch Peter Liese, der umweltpolitischen Sprecher der EVP-Fraktion, forderte Nachschärfungen (Europe.Table berichtete).
Ein allgemein zu geringes Ambitionsniveau der EU und ihrer Mitgliedsstaaten unterstellen NGOs wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) oder der Climate Action Tracker (CAT). Um das 1,5-Grad-Limit einzuhalten, sei ein Zwischenziel von 65 Prozent nötig, lautet die Analyse beider Organisationen. Oliver Geden von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) hingegen hält das europäische Klimagesetz für “vollkommen kompatibel mit dem 1,5-Grad-Ziel”.
Den unterschiedlichen Analyseergebnissen liegen verschiedene Annahmen zugrunde. So nimmt etwa die DUH das Zwischenziel in den Fokus und betrachtet dabei hauptsächlich den Kommissionsvorschlag für ein europäisches Emissionshandelssystem (EU-ETS) für Gebäude und Verkehr, wie ihn das “Fit for 55”-Paket vorsieht. Hier kritisiert sie einen zu niedrigen CO2-Preis, da dieser keine ausreichenden Anreize für eine klimafreundliche Transformation biete. Höhere Brennstoffpreise würden zudem vor allem zulasten sozial schwacher Haushalte gehen, so die Kritik.
Geden, einer der Leitautoren des kommenden IPCC-Berichts, begründet seinen Optimismus hingegen mit der Aussicht auf das langfristige Ziel einer klimaneutralen EU bis 2050. Er verweist dabei auf ein geläufiges Missverständnis zu den Schlussfolgerungen des IPCC. Dieser verlangte in seinem Sonderbericht über 1,5 Grad globale Erwärmung von 2018 die weltweite Treibhausgasneutralität bis 2067 und anschließend netto-negative Emissionen. Bis 2050 müsste der Planet für das Erreichen des 1,5 Grad-Ziels laut Weltklimarat “lediglich” CO2-neutral sein – ein entscheidender Unterschied.
Das EU-Ziel ist demnach vereinbar mit dem Pariser Ziel, da es deutlich weiter geht als die Forderungen des Weltklimarats. Europa soll schließlich bis 2050 klimaneutral (=treibhausgasneutral) werden. Der neueste IPCC-Bericht von vergangener Woche ändert nichts an den Zielvorgaben aus dem Bericht von 2018. Durch “Fit for 55” soll ein Zwischenziel auf dem Weg zur Klimaneutralität der EU erreicht werden. Deshalb sollte das Paket laut Geden danach bewertet werden, wie steil der Pfad zu den 100 Prozent nach 2030 wird.
Den grundsätzlichen Optimismus für das Erreichen der langfristigen EU-Klimaziele teilen auch zwei andere klimapolitische Experten. Das liegt vor allem am wichtigsten Tool der EU zur Emissionsreduzierung: Das EU-ETS habe im Energiesektor bereits für eine deutliche Reduzierung der Emissionen gesorgt, sagt Oldag Caspar, Teamleiter Deutsche und Europäische Klimapolitik bei Germanwatch. Mit einer engagierten Weiterentwicklung des Emissionshandels und einer Preissteigerung hält er den Kohleausstieg bis etwa 2030 EU-weit für durchaus möglich. Beim europäischen Energiesektor, der derzeit 23 Prozent der Gesamtemissionen verursacht, sei das Einsparungspotential riesig. Wie groß die Einsparungen schlussendlich sind, hängt von der Ausgestaltung des Energiemix und dem Anteil der Erneuerbaren ab.
Größeren Nachholbedarf sieht Caspar beim Emissionshandel der europäischen Industrie. In einer emissionsfreien Industrie lägen laut einer Studie der Beratungsfirma McKinsey weitere 26 Prozent Einsparpotenzial, die ebenfalls für das langfristige Ziel des klimaneutralen Kontinents eintragen könnten.
Ein Instrument aus dem Fit for 55-Paket, um die ökologische Transformation der Industrie voranzutreiben, ist das Auslaufen der kostenlosen Zuteilung von Emissionsrechten für besonders energieintensive Industrien. Mit den kostenlosen Zertifikaten sollte ursprünglich verhindert werden, dass Produktionsstätten ins außereuropäische Ausland abwandern (Carbon Leakage). Gemäß der Reformvorschläge der EU-Kommission soll die kostenlose Zuteilung durch einen Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) ersetzt werden, der klimaschädliche Importe aus dem außereuropäischen Ausland mit einem Zoll belegt, sodass die Preise der europäischen Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben. Allerdings soll die kostenlose Zuteilung erst ab 2026 schrittweise und über zehn Jahre hinweg runtergefahren werden, während der CBAM zeitgleich im selben Tempo hochgefahren wird.
Für Caspar ist das zu langsam: “Ohne ein schnelleres Auslaufen der Gratisvergabe kommt das Preissignal des Emissionshandels nur sehr begrenzt bei vielen Unternehmen an. So kann die Transformation der Industrie ganz offensichtlich nicht ausreichend schnell gelingen. Andere Maßnahmen zum Schutz der Industrie vor internationaler Konkurrenz sollten dafür jetzt entwickelt werden, darunter ein starker Grenzausgleich.”
Matthias Buck, Direktor Europäische Energiepolitik bei Agora Energiewende, sieht einen Beginn des CBAM in 2026 mit schrittweiser Implementierung innerhalb von zehn Jahren dagegen als den richtigen Weg an. “Mit dem CBAM ist Europa seinen Handelspartnern in der konkreten Maßnahmendiskussion einen Schritt voraus”, sagt Buck. “Ich bin überzeugt, dass wir bereits in zwei Jahren mit wichtigen Handelspartnern konkrete Gespräche darüber führen werden, wie der geplante europäische CBAM mit weiteren Maßnahmen gegen die Verlagerung von CO2-Emissionen zusammenwirken kann.” Kurzfristig brauche es dafür belastbare und transparente Methoden zum Ausweis der Treibhausgasbilanzen von Grundstoffen wie Stahl oder Zement.
Die These hier: Ein Drittstaat würde die heimische Industrie eher mit einer Ausfuhr-Gebühr belasten, die in den eigenen Klimaschutz reinvestiert werden kann, als Zölle in die Kassen der EU zu bezahlen. Entsprechend könnte der CBAM ein Anreiz für Europas Handelspartner sein, ebenfalls in eine klimafreundliche Industrie zu investieren. Dem globalen Klimaziel wäre somit ein größerer Beitrag geleistet als bei einem Alleingang Europas. Oliver Geden von der SWP argumentiert ähnlich: “Das 1,5 Grad-Ziel scheitert ja nicht an der EU, sondern eher an den USA und den großen Schwellenländern”.
23.08.2021 – 10:00-11:30 Uhr, online
Eco, Seminar Was können KI und Co gegen illegalen Internet-Content leisten?
Das Webinar des Verbandes der Internetwirtschaft (Eco) beschäftigt sich mit den Möglichkeiten digitaler Technologien und Ansätzen zur Bekämpfung illegaler Internetinhalte. INFOS & ANMELDUNG
23.08.2021 – 13:00-14:00 Uhr, online
Eon, Panel Discussion Energy Talk
Stefan Håkansson (Eon SE), Francis Ugboma (Islington Council) and Larissa Suzuki (Google Cloud) will talk with Christian Rudolph (Codify) about Circular Economy and the “take, make, dispose” model. INFORMATION & REGISTRATION
24.08.2021 – 15:15-16:00 Uhr, online
Irights Lab, Diskussion 100 Fragen Digitalpolitik – mit Thomas Jarzombek
Thomas Jarzombek, Beauftragter des BMWi für die Digitale Wirtschaft und Start-ups, stellt sich 100 Fragen zu Digitalthemen. INFOS & ANMELDUNG
24.08.2021 – 18:00-19:45 Uhr, online
Eco, Podiumsdiskussion Wahl/ Digital 2021 – Digitale Sicherheit
Was sind die Ziele und Pläne der Parteien im Bereich Digitale Sicherheit und Digitalpolitik für die nächste Legislaturperiode? Mit dieser Frage beschäftigt sich der Parteiencheck zur Bundestagswahl 2021 des Verbandes der Internetwirtschaft (Eco). INFOS & ANMELDUNG
25.08.2021 – 09:00-09:45 Uhr, online
IBM, Roundtable Let’s Talk Nachhaltigkeit
Die Let’s Talks von IBM gewähren Einblicke in zukunftsrelevante Themen, ihre Herausforderungen und Lösungen, sowie in Technologien und praktische Erfahrungen. INFOS & ANMELDUNG
25.08.2021 – 10:00-11:30 Uhr, online
BDI, Podiumsdiskussion Autokratien: Handelspartner oder geoökonomische Rivalen?
Jürgen Hardt (CDU), Nils Schmid (SPD), Sandra Weeser (FDP), Dieter Janecek (Bündnis 90/Die Grünen) und Wolfgang Niedermark vom Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) diskutieren über die Perspektiven der Industrie in Deutschland und Europa in einer globalisierten Welt. INFOS & ANMELDUNG
25.08.2021 – 11:00-12:30 Uhr, online
BDI, Podiumsdiskussion Nachhaltigkeit in der sozialen Marktwirtschaft
Welche Rolle spielt die soziale Marktwirtschaft bei aktuellen Herausforderungen wie Klimawandel und Coronakrise? Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) präsentiert Umfrageergebnisse und lädt zur anschließenden Podiumsdiskussion ein. INFOS & ANMELDUNG
25.08.2021 – 12:00-18:00 Uhr, Frankfurt am Main/online
Deutsche Medienakademie, Roundtable Next-Gen-Networks: Gezeitenwechsel?
In dem Experten-Roundtable der Deutschen Medienakademie wird die Zukunftsfähigkeit diverser Internet-Netze sowie der Wandel der digitalen Infrastruktur diskutiert. INFOS & ANMELDUNG
25.08.2021 – 16:00-17:30 Uhr, online
BMWi, Seminar Mittelstand-Digital Spotlight: Blockchain
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) lädt Unternehmer:innen ein, die über konkrete Anwendungsfälle der Blockchain-Technologie im Mittelstand berichten. INFOS & ANMELDUNG
25.08.2021 – 18:00-21:00 Uhr, Münster
BVMW, Vortrag Corporate CarSharing – Potenziale und Erfolgsfaktoren für geteilte (E-)Mobilität
Die Referenten des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) gehen den Fragen nach, was (E-)Corporate-Carsharing für Unternehmen leisten und wie eine Antwort auf die zukünftige nachhaltige Gestaltung des Mobilitätsangebots aussehen kann. INFOS & ANMELDUNG
26.08.2021 – 16:00-18:00, online
BIM-Cluster-NRW, Vortrag Green BIM – Neues aus Wissenschaft und Forschung
Die Referenten des BIM-Cluster-NRW werden erörtern, welche Rolle Building Information Modeling (BIM) bei der Bewertung von Schad- und Risikostoffen spielt, welche Bedeutung die Entwurfsphase im digitalen Planungsprozess hat und was die Basis für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft ist. INFOS & ANMELDUNG
Um die Transformation in der Automobilindustrie zu begleiten und Arbeitsplätze zu sichern hat die Bundesregierung einen eine Milliarde Euro schweren Zukunftsfonds für den Zeitraum bis 2025 auf den Weg gebracht. Das Ziel sei, dass die deutsche Automobilindustrie die klimafreundlichen Autos der Zukunft baut, neue Arbeitsplätze entstehen und Wertschöpfung erhalten bleibt, sagte Finanzminister Olaf Scholz (SPD).
Beschlossen wurde der Zukunftsfonds bereits im November 2020, am Mittwoch stellte ein Expertengremium eine Empfehlung für die genaue Ausgestaltung vor. Daraus ergibt sich der besondere Fokus auf die Digitalisierung und die Elektrifizierung der Automobilindustrie. Drei Förderschwerpunkte werden benannt:
Das Expertengremium warnt in seinem Bericht allerdings auch, dass die Digitalisierung und Elektrifizierung der Automobilindustrie “eine radikale Veränderung” mit zunehmender Geschwindigkeit mit sich bringe. Die vorgestellten Ziele und Maßnahmen stellten zudem “erst den Anfang eines tiefgreifenden Umbaus dar”, bei dem vor allem Unternehmen die Verantwortung tragen, den Strukturwandel zu meistern, heißt es in dem Bericht. luk
Die Bundesregierung hat Georg Graf Waldersee erneut zum Sonderbeauftragten für den Ukraine-Gastransit bestellt. Im Streit um die Ostseepipeline Nord Stream 2 hatte sich Deutschland zuvor in einer gemeinsamen Erklärung mit den USA “zur Unterstützung der Ukraine, der europäischen Energiesicherheit und der Klimaziele” verpflichtet und die Ernennung eines Sonderbeauftragten zugesagt.
Man werde sich für eine Verlängerung des Abkommens der Ukraine mit Russland um bis zu zehn Jahre einsetzen, um den Gastransit über die Ukraine auch nach Auslaufen des derzeitigen Vertrags Ende 2024 zu sichern, teilte das Wirtschaftsministerium mit. Das laufende Abkommen trat nach intensiven Verhandlungen im Januar 2020 in Kraft und gilt als wichtiger Baustein für die Gewährleistung der europäischen Gasversorgungssicherheit sowie als vertrauensbildende Maßnahme zwischen den beiden Staaten. Die Gespräche fanden unter Vermittlung der EU-Kommission statt. Waldersee wurde im September 2019 erstmals zum Sonderbeauftragten der Bundesregierung ernannt und hatte die Gespräche begleitet.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte der Ukraine jüngst Unterstützung zugesagt. Bei einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Juli in Berlin erklärte sie, dass der Energietransit durch die Ukraine auch nach der Fertigstellung von Nord Stream 2 für Deutschland entscheidend sei. Die Ukraine befürchtet unter anderem den Verlust der Transitgebühren. til
Das Bundeswirtschaftsministerium hat im Vergabeportal des Bundes eine Forschungsarbeit ausgeschrieben, die rechtliche und technische Kriterien für ein breit nutzbares Online-Einwilligungsmanagement prüfen und Vorschläge zur Umsetzung bieten soll. Dies soll laut Ausschreibungsunterlagen Vorarbeit für eine Verordnung zum Telemedien-Teledienste-Datenschutzgesetz (TTDSG) sein, das im Frühjahr beschlossen worden war. Das Gesetz tritt zum 1.Dezember in Kraft, die Ausführungsverordnung ist noch in Vorbereitung.
Gesucht wird nun nach Lösungen, die “im Sinne der Erteilung einer wirksamen Einwilligung entsprechend den Anforderungen der DSGVO rechtssichere Einwilligungsverwaltung” enthalten. Das meint einen Standard zur Verwaltung von Einwilligungen in Datennutzung, die rechtsverbindlich für Betreiber von Angeboten im Netz sein können. Dabei sollen Inhalte- und Browseranbieter in die Untersuchung einbezogen werden.
Bereits heute bieten die meisten Browser die Option, Anbietern mitzuteilen, dass man keine Datennutzung möchte. Ob dieses Do not Track (DNT) genannte System rechtlich verbindlich sein kann, ist umstritten. Zudem setzen Nutzer verstärkt auf Erweiterungen für Browser, sogenannte Privacy Enhancing Technologies (PETs), die das Tracking auch aktiv unterbinden. Zugleich versuchen Anbieter per sogenannten Cookie-Bannern, aktiv die Einwilligung von Nutzern zu befördern – auch hier sind viele Formen rechtlich umstritten, insbesondere wenn Nutzer vor die Wahl zur Einwilligung in Werbe-Tracking oder alternativ zu Zahlungen aufgefordert werden.
Ursprünglich hatte die Bundesregierung auf ein schnelles Ende der Verhandlungen zur E-Privacy-Verordnung gehofft, um keine weiteren Fakten schaffen zu müssen, bevor europaweit einheitliche Regeln in Kraft treten. Nach jahrelanger Verzögerung könnte diese tatsächlich in näherer Zukunft stattfinden. fst
Eine der wichtigsten Entwicklungen, die mit dem “Fit for 55” – Klimapaket einhergehen, ist die Überarbeitung des Europäischen Emissionshandelssystems (ETS). Der ETS-Mechanismus hat sich als wirksames Instrument zur Verringerung der Emissionen in den von ihm abgedeckten Sektoren erwiesen. Aus diesem Grund enthält der Vorschlag der EU-Kommission nun einen analogen Mechanismus für den Handel mit CO2-Emissionsrechten für Gebäude und Verkehr (das so genannte Mini-ETS).
Es besteht zwar ein Konsens darüber, dass die Einführung eines Mini-ETS notwendig erscheint, doch die vorgeschlagenen Änderungen bergen auch erhebliche Nachteile. Die Einbeziehung des Verkehrs, vor allem aber der Gebäude, bringt enorme Kosten für die Haushalte mit sich. Und Länder mit hohem Energieverbrauch wären am stärksten von den Auswirkungen einer solchen ETS-Ausweitung betroffen.
Polnische Experten schätzen, dass sich der Anteil der Energiekosten für die ärmsten polnischen Haushalte nach der Einführung von Emissionsgebühren im Individualverkehr um 50 Prozent und durch die Einbeziehung von Gebäuden sogar um 108 Prozent erhöhen könnte. Im europaweiten Durchschnitt belaufen sich die Schätzungen auf 44 Prozent (Verkehr) beziehungsweise 50 (Gebäude) Kostensteigerung. Dies bedeutet, dass der durchschnittliche Haushalt insgesamt 4,3 Prozent seines Einkommens für die “neuen” Emissionskosten aufwenden müsste.
Polen lehnt die vorgeschlagenen Änderungen inoffiziell ab und verweist auf die zu erwartende übermäßige Belastung der Haushalte und die Verschärfung der Energiearmut in der EU. Die französischen Erfahrungen im Zusammenhang mit den Protesten der “Gelbwesten” im Jahr 2018 werden ebenfalls als Gegenargument für die Ausweitung des ETS angeführt. Zumindest aus polnischer Sicht erfordert die CO2-Bepreisung auf einem politisch akzeptablen Niveau in den neuen Sektoren deshalb den Einsatz ergänzender Maßnahmen. So könnten verschiedene Unterstützungsmechanismen eingeführt werden, beispielsweise zur Umverteilung von Mitteln für die am meisten gefährdeten Gruppen.
Daneben könnte die Einführung eines Mini-ETS in Polen die Umsetzung neuer politischer Maßnahmen in den Bereichen Energieeffizienz und erneuerbare Energien sowie eine Verbesserung der existenten Maßnahmen auslösen. In diesem Zusammenhang ist es von entscheidender Bedeutung, auch die bestehenden EU-Instrumente beizubehalten und zu stärken. Darunter die Aufstockung der Mittel und des Umfangs der Aktivitäten im Rahmen des Modernisierungsfonds, um die Auswirkungen der Ausweitung des ETS in Ländern abzumildern, in denen die Energiewende die größte Herausforderung darstellt.
Das “Fit for 55” – Paket ist immer noch ein Vorschlag, der zur Diskussion steht. Belastbare Argumente können dazu beitragen, die besondere Lage Polens zu berücksichtigen und die Kosten der Transformation abzumildern. Eine entsprechende Planung, die Geldströme aus der EU und speziell aus dem Emissionshandelssystem effektiv einzusetzen, könnte das beste Argument sein, um zu zeigen, dass Polen die Klimapolitik ernst nimmt und dass es sich lohnt, unsere Maßnahmen zu unterstützen. Nur ein erfolgreicher Investitionsplan wird dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit der polnischen Wirtschaft zu stärken und das Risiko der Energiearmut zu vermeiden.
“Europas Telefonnummer” ist seit Henry Kissinger als Problem bekannt: Eine gemeinsame EU-Außenpolitik ist vor allem Sonntagsredenstoff und darf auf keinem Gute-Absichten-EU-Bingozettel fehlen. José Manuel Barroso verkündete 2008 stolz: Jetzt endlich gebe es sie, die Telefonnummer. Catherine Ashton war damals die erste Hohe Repräsentantin und Kommissionsvizepräsidentin.
Der aktuelle Amtsinhaber heißt Josep Borrell. Wenn Sie sich jetzt fragen: “Wer?”, dann sind Sie damit nicht alleine. Er repräsentiert Europas gemeinsames außenpolitisches Gewicht in Perfektion: Prädikat besonders leicht, Fliegengewicht wäre die Klasse im Boxen.
In der Praxis sieht EU-Außenpolitik weiter so aus: Kleinster gemeinsamer Nenner, dem Einstimmigkeitsprinzip sei Dank. Große Schlagzeilen machte die europäische Außenpolitik zuletzt nur mit dem Sofagate: Ratspräsident Charles Michel überließ EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nur einen Platz auf dem Sofa des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, während er selbst auf dem Stuhl Platz nahm. Noch schlimmer war nur, was Borrell im Februar in Moskau widerfuhr: Ausgerechnet als Europas Cheftelefonist mit Russlands erfahrenem Außenminister Sergej Lawrow zusammensaß, ließ Moskau drei europäische Diplomaten ausweisen – und Borrell wusste von: nichts. Eine Demütigung durch den Kreml.
Doch vielleicht ist es auch besser so, wenn nicht jeder so genau hinhört, was der Hohe Repräsentant so verkündet. “Die Taliban haben den Krieg gewonnen”, sagte er gestern aus Madrid nach einer Videokonferenz der EU-Außenminister. Deshalb müsse man mit ihnen reden. Krieg? War da nicht etwas?
Der eine oder andere erinnert sich an die deutsche Debatte darum, was das in Afghanistan sei. “Bewaffneter Konflikt” war die offizielle Lesart nach den ersten zehn Jahren. Umgangssprachlich könne man aber auch Krieg sagen, versuchte der einstige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg die völkerrechtlichen Verrenkungen 2010 zu lösen. Für Europas Chefdiplomaten ist das offenbar eine lässliche Petitesse.
Die Aufgabe des Nation Building sei leider nicht erfolgreich gewesen, so Borrell weiter. Nation Building? US-Präsident Joe Biden hatte genau das verneint: Man sei nie in Afghanistan gewesen, um Nation Building zu betreiben. Erneut eine diplomatisch erstaunliche Einlassung des europäischen Außenbeauftragten.
Borrell sticht damit aus dem eh schon unglücklichen Außenministerwirken rund um Afghanistan noch einmal heraus – doch interessiert das derzeit niemanden so recht, mangels Relevanz. Vielleicht sollte Europa doch erst einmal mit unterdrückter Rufnummer außenpolitisch wirken. fs
wenn es überhaupt noch erreicht werden soll, dann benötigt das 1,5 Grad-Klimaziel massive Anstrengungen in den kommenden Jahren. Doch befindet sich Europa überhaupt auf dem Pfad dahin? Kritiker bezweifeln das – doch es gibt auch andere Stimmen. Mein Kollege Lukas Scheid hat mit Optimisten und auch Skeptikern gesprochen. Haben sich manche Experten in den vielen Berechnungen verheddert?
In zwei Monaten wird es sie spätestens geben: die geschäftsführende Bundesregierung, das Kabinett Merkel IV im sachwaltenden Übergangsmodus. Keine grundlegenden Weichenstellungen mehr, keine großen Vorhaben – während Europa viel tut, tun will, tun muss. Droht gar europäische Instabilität durch die lahme Ente Deutschland? Till Hoppe hört in den Berliner Ministerien Sorgen darüber, dass Emmanuel Macron versucht sein könnte, auf die Koalitionsverhandlungen Einfluss zu nehmen.
Bis zur Bundestagswahl sind es nur noch gut fünf Wochen. Sobald sich der neue Bundestag konstituiert hat, werden Kanzlerin Angela Merkel und ihr Kabinett nur noch geschäftsführend im Amt sein. Und Deutschland damit auf europäischer Ebene nur eingeschränkt sprechfähig (Europe.Table berichtete).
In Berlin wächst die Sorge, andere EU-Staaten könnten diese Phase für eine Initiative zur Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes nutzen. Zugetraut wird dies Emmanuel Macron: Frankreichs Staatspräsident muss um seine Wiederwahl im Mai 2022 kämpfen und braucht dafür auch in Europa Erfolge. Zudem übernimmt Paris zum Jahreswechsel den EU-Ratsvorsitz. Macron könnte ein Sorbonne II im Sinn haben, so die Befürchtung: eine zweite europapolitische Grundsatzrede, in der er seine Reforminitiative verkündet.
Vertreter der Bundesregierung wirken nach Informationen von Europe.Table daher bereits auf Paris ein, diskret und auf unterschiedlichen Ebenen. Ihre Botschaft: Ein Vorstoß während der Koalitionsverhandlungen könne heftige Gegenreaktionen auslösen – und damit den Spielraum der neuen Bundesregierung für Kompromisse verkleinern. Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums sagte dazu lediglich, die Bundesregierung werde sich bei der anstehenden Überprüfung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes in die Debatte einbringen.
Das Thema bietet auch Konfliktstoff für die Koalitionsunterhändler der Parteien. Die FDP lehnt jegliche Änderungen an dem Regelwerk ab, die den Mitgliedsstaaten mehr Spielraum zur Schuldenaufnahme geben würden: “Eine Reform im Sinne einer Aufweichung der Regeln wäre das völlig falsche Signal“, sagt die stellvertretende Bundesvorsitzende Nicola Beer. Auch in der Union gibt es starke Vorbehalte.
Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber stellt sich auf eine unangenehme Debatte im Herbst ein: “Da braut sich etwas zusammen, dass uns in den Koalitionsverhandlungen hart treffen kann”, sagt der Koordinator der EVP-Fraktion im Wirtschafts- und Währungsausschuss. Schließlich plane die EU-Kommission überdies, im Herbst eine neue Konsultation zur Reform des Paktes zu starten.
Ferber befürchtet, Macron könne während der Regierungsbildung in Berlin den Schulterschluss mit den Grünen suchen, um die deutsche Position in seinem Sinne zu prägen. Die Partei spricht sich in ihrem Wahlprogramm dafür aus, im Stabilitätspakt mehr Raum für Zukunftsinvestitionen in Klimaschutz und Digitalisierung zu schaffen. Den über Anleihen finanzierten EU-Wiederaufbaufonds wollen die Grünen “in ein permanentes Investitions- und Stabilisierungsinstrument” überführen.
Beide Positionen sind nahe an dem, was der französische Finanz- und Wirtschaftsminister Bruno Le Maire oder Europastaatssekretär Clément Beaune bereits seit einiger Zeit ventilieren. Die Fiskalregeln müssten die neuen Realitäten berücksichtigen, sagte Le Maire: “die höchsten Schuldenniveaus unserer Geschichte, die niedrigsten Zinsen unserer Geschichte und die höchsten Investitionsbedarfe unserer Geschichte”.
Auch EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni hält eine Reform der Regeln für nötig, die im Zuge der Pandemie bis Ende 2022 ausgesetzt sind. An den Grundfesten will auch der Italiener nicht rütteln – die Obergrenzen von drei Prozent für das Budgetdefizit und 60 Prozent für die Staatsverschuldung sind im EU-Vertrag festgeschrieben.
Aber der vorgegebene Pfad zum Abbau der Schulden soll weniger steil ausfallen als dies ab 2023 nach den jetzigen Regeln der Fall wäre. Zur Begründung verweist Gentiloni darauf, die Pandemie habe die durchschnittliche Staatsverschuldung in der Euro-Zone von 85 auf über 100 Prozent des BIP getrieben. Zudem sollten die Staaten mehr Spielraum für öffentliche Investitionen etwa in Klimaschutz und Digitalisierung erhalten.
Ihre konkreten Vorschläge will die Kommission im kommenden Frühjahr vorlegen, und dabei die Erkenntnisse der Konsultation berücksichtigen. Widerstand gegen weitreichende Reformen haben bereits die Regierungen Österreichs und skandinavischer Länder angekündigt. Die Positionierung Deutschlands dürfte erheblichen Einfluss auf die potenziell toxische Debatte haben.
Wie sich Berlin aufstellt, ist angesichts der ungewissen Kräfteverhältnisse nach der Bundestagswahl offen. Dass die neue Bundesregierung den stabilitätsorientierten Kurs völlig aufgibt, ist allerdings unwahrscheinlich. Auch SPD-Kanzlerkandidat und Bundesfinanzminister Olaf Scholz zeigte sich bislang zurückhaltend über die Aussichten einer großangelegten Reform.
FDP-Vertreterin Beer pocht darauf, den Stabilitätspakt robuster zu gestalten: Die Vizepräsidentin des Europaparlaments spricht sich dafür aus, die im Zuge des Wiederaufbaupaketes aufgenommenen EU-Schulden miteinzubeziehen und fordert “verstärkte Sanktionen für diejenigen Länder, die dauerhaft gegen die Prinzipien der öffentlichen Haushaltsführung verstoßen”.
Die widersprüchlichen Ansichten ziehen sich teils mitten durch die politischen Lager im Straßburger Parlament – die FDP gehört wie Macrons La République en Marche der Renew-Fraktion an. Die EVP-Fraktion wiederum will nach der Sommerpause ihre einheitliche Position formulieren.
Ein von Ferber verantworteter Diskussionsentwurf fordert etwa, das hochkomplexe Regelwerk zu entschlacken und den Ermessensspielraum der Kommission über wenige klare Kriterien zu begrenzen. Dazu zähle, dass die öffentlichen Ausgaben langsamer ansteigen müssten als die Wirtschaftsleistung mittelfristig wachse. Der Pfad zum Schuldenabbau solle über langfristige Vereinbarungen zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten und der Kommission festgelegt werden, heißt es in dem Papier.
Allerdings gibt es gerade bei Christdemokraten aus Südeuropa ebenfalls Sympathien für eine Lockerung der Regeln, wie Ferber einräumt: “Es ist inzwischen mühsam geworden, in Europa für ordnungspolitische Grundsätze und einen stabilitätsorientierten Ansatz zu kämpfen“.
Im April einigten sich EU-Parlament und Rat auf eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 55 Prozent bis 2030. Mit dem Gesetzespaket “Fit for 55” hat die Kommission im Juli schließlich konkrete Vorschläge für eine klimafreundliche Wirtschaft vorgelegt (Europe.Table berichtete). Es soll Europas Beitrag sein, um das 1,5 Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens einzuhalten.
Nachdem der Weltklimarat (IPCC) vergangene Woche seinen neuesten Bericht über die wissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels veröffentlichte, wurden allerdings Stimmen lauter, dass die Vorschläge der EU-Kommission für dieses Ziel nicht ausreichend seien. Allen voran die Grünen halten die Pläne für nicht ambitioniert genug. Auch Peter Liese, der umweltpolitischen Sprecher der EVP-Fraktion, forderte Nachschärfungen (Europe.Table berichtete).
Ein allgemein zu geringes Ambitionsniveau der EU und ihrer Mitgliedsstaaten unterstellen NGOs wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) oder der Climate Action Tracker (CAT). Um das 1,5-Grad-Limit einzuhalten, sei ein Zwischenziel von 65 Prozent nötig, lautet die Analyse beider Organisationen. Oliver Geden von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) hingegen hält das europäische Klimagesetz für “vollkommen kompatibel mit dem 1,5-Grad-Ziel”.
Den unterschiedlichen Analyseergebnissen liegen verschiedene Annahmen zugrunde. So nimmt etwa die DUH das Zwischenziel in den Fokus und betrachtet dabei hauptsächlich den Kommissionsvorschlag für ein europäisches Emissionshandelssystem (EU-ETS) für Gebäude und Verkehr, wie ihn das “Fit for 55”-Paket vorsieht. Hier kritisiert sie einen zu niedrigen CO2-Preis, da dieser keine ausreichenden Anreize für eine klimafreundliche Transformation biete. Höhere Brennstoffpreise würden zudem vor allem zulasten sozial schwacher Haushalte gehen, so die Kritik.
Geden, einer der Leitautoren des kommenden IPCC-Berichts, begründet seinen Optimismus hingegen mit der Aussicht auf das langfristige Ziel einer klimaneutralen EU bis 2050. Er verweist dabei auf ein geläufiges Missverständnis zu den Schlussfolgerungen des IPCC. Dieser verlangte in seinem Sonderbericht über 1,5 Grad globale Erwärmung von 2018 die weltweite Treibhausgasneutralität bis 2067 und anschließend netto-negative Emissionen. Bis 2050 müsste der Planet für das Erreichen des 1,5 Grad-Ziels laut Weltklimarat “lediglich” CO2-neutral sein – ein entscheidender Unterschied.
Das EU-Ziel ist demnach vereinbar mit dem Pariser Ziel, da es deutlich weiter geht als die Forderungen des Weltklimarats. Europa soll schließlich bis 2050 klimaneutral (=treibhausgasneutral) werden. Der neueste IPCC-Bericht von vergangener Woche ändert nichts an den Zielvorgaben aus dem Bericht von 2018. Durch “Fit for 55” soll ein Zwischenziel auf dem Weg zur Klimaneutralität der EU erreicht werden. Deshalb sollte das Paket laut Geden danach bewertet werden, wie steil der Pfad zu den 100 Prozent nach 2030 wird.
Den grundsätzlichen Optimismus für das Erreichen der langfristigen EU-Klimaziele teilen auch zwei andere klimapolitische Experten. Das liegt vor allem am wichtigsten Tool der EU zur Emissionsreduzierung: Das EU-ETS habe im Energiesektor bereits für eine deutliche Reduzierung der Emissionen gesorgt, sagt Oldag Caspar, Teamleiter Deutsche und Europäische Klimapolitik bei Germanwatch. Mit einer engagierten Weiterentwicklung des Emissionshandels und einer Preissteigerung hält er den Kohleausstieg bis etwa 2030 EU-weit für durchaus möglich. Beim europäischen Energiesektor, der derzeit 23 Prozent der Gesamtemissionen verursacht, sei das Einsparungspotential riesig. Wie groß die Einsparungen schlussendlich sind, hängt von der Ausgestaltung des Energiemix und dem Anteil der Erneuerbaren ab.
Größeren Nachholbedarf sieht Caspar beim Emissionshandel der europäischen Industrie. In einer emissionsfreien Industrie lägen laut einer Studie der Beratungsfirma McKinsey weitere 26 Prozent Einsparpotenzial, die ebenfalls für das langfristige Ziel des klimaneutralen Kontinents eintragen könnten.
Ein Instrument aus dem Fit for 55-Paket, um die ökologische Transformation der Industrie voranzutreiben, ist das Auslaufen der kostenlosen Zuteilung von Emissionsrechten für besonders energieintensive Industrien. Mit den kostenlosen Zertifikaten sollte ursprünglich verhindert werden, dass Produktionsstätten ins außereuropäische Ausland abwandern (Carbon Leakage). Gemäß der Reformvorschläge der EU-Kommission soll die kostenlose Zuteilung durch einen Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) ersetzt werden, der klimaschädliche Importe aus dem außereuropäischen Ausland mit einem Zoll belegt, sodass die Preise der europäischen Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben. Allerdings soll die kostenlose Zuteilung erst ab 2026 schrittweise und über zehn Jahre hinweg runtergefahren werden, während der CBAM zeitgleich im selben Tempo hochgefahren wird.
Für Caspar ist das zu langsam: “Ohne ein schnelleres Auslaufen der Gratisvergabe kommt das Preissignal des Emissionshandels nur sehr begrenzt bei vielen Unternehmen an. So kann die Transformation der Industrie ganz offensichtlich nicht ausreichend schnell gelingen. Andere Maßnahmen zum Schutz der Industrie vor internationaler Konkurrenz sollten dafür jetzt entwickelt werden, darunter ein starker Grenzausgleich.”
Matthias Buck, Direktor Europäische Energiepolitik bei Agora Energiewende, sieht einen Beginn des CBAM in 2026 mit schrittweiser Implementierung innerhalb von zehn Jahren dagegen als den richtigen Weg an. “Mit dem CBAM ist Europa seinen Handelspartnern in der konkreten Maßnahmendiskussion einen Schritt voraus”, sagt Buck. “Ich bin überzeugt, dass wir bereits in zwei Jahren mit wichtigen Handelspartnern konkrete Gespräche darüber führen werden, wie der geplante europäische CBAM mit weiteren Maßnahmen gegen die Verlagerung von CO2-Emissionen zusammenwirken kann.” Kurzfristig brauche es dafür belastbare und transparente Methoden zum Ausweis der Treibhausgasbilanzen von Grundstoffen wie Stahl oder Zement.
Die These hier: Ein Drittstaat würde die heimische Industrie eher mit einer Ausfuhr-Gebühr belasten, die in den eigenen Klimaschutz reinvestiert werden kann, als Zölle in die Kassen der EU zu bezahlen. Entsprechend könnte der CBAM ein Anreiz für Europas Handelspartner sein, ebenfalls in eine klimafreundliche Industrie zu investieren. Dem globalen Klimaziel wäre somit ein größerer Beitrag geleistet als bei einem Alleingang Europas. Oliver Geden von der SWP argumentiert ähnlich: “Das 1,5 Grad-Ziel scheitert ja nicht an der EU, sondern eher an den USA und den großen Schwellenländern”.
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Um die Transformation in der Automobilindustrie zu begleiten und Arbeitsplätze zu sichern hat die Bundesregierung einen eine Milliarde Euro schweren Zukunftsfonds für den Zeitraum bis 2025 auf den Weg gebracht. Das Ziel sei, dass die deutsche Automobilindustrie die klimafreundlichen Autos der Zukunft baut, neue Arbeitsplätze entstehen und Wertschöpfung erhalten bleibt, sagte Finanzminister Olaf Scholz (SPD).
Beschlossen wurde der Zukunftsfonds bereits im November 2020, am Mittwoch stellte ein Expertengremium eine Empfehlung für die genaue Ausgestaltung vor. Daraus ergibt sich der besondere Fokus auf die Digitalisierung und die Elektrifizierung der Automobilindustrie. Drei Förderschwerpunkte werden benannt:
Das Expertengremium warnt in seinem Bericht allerdings auch, dass die Digitalisierung und Elektrifizierung der Automobilindustrie “eine radikale Veränderung” mit zunehmender Geschwindigkeit mit sich bringe. Die vorgestellten Ziele und Maßnahmen stellten zudem “erst den Anfang eines tiefgreifenden Umbaus dar”, bei dem vor allem Unternehmen die Verantwortung tragen, den Strukturwandel zu meistern, heißt es in dem Bericht. luk
Die Bundesregierung hat Georg Graf Waldersee erneut zum Sonderbeauftragten für den Ukraine-Gastransit bestellt. Im Streit um die Ostseepipeline Nord Stream 2 hatte sich Deutschland zuvor in einer gemeinsamen Erklärung mit den USA “zur Unterstützung der Ukraine, der europäischen Energiesicherheit und der Klimaziele” verpflichtet und die Ernennung eines Sonderbeauftragten zugesagt.
Man werde sich für eine Verlängerung des Abkommens der Ukraine mit Russland um bis zu zehn Jahre einsetzen, um den Gastransit über die Ukraine auch nach Auslaufen des derzeitigen Vertrags Ende 2024 zu sichern, teilte das Wirtschaftsministerium mit. Das laufende Abkommen trat nach intensiven Verhandlungen im Januar 2020 in Kraft und gilt als wichtiger Baustein für die Gewährleistung der europäischen Gasversorgungssicherheit sowie als vertrauensbildende Maßnahme zwischen den beiden Staaten. Die Gespräche fanden unter Vermittlung der EU-Kommission statt. Waldersee wurde im September 2019 erstmals zum Sonderbeauftragten der Bundesregierung ernannt und hatte die Gespräche begleitet.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte der Ukraine jüngst Unterstützung zugesagt. Bei einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Juli in Berlin erklärte sie, dass der Energietransit durch die Ukraine auch nach der Fertigstellung von Nord Stream 2 für Deutschland entscheidend sei. Die Ukraine befürchtet unter anderem den Verlust der Transitgebühren. til
Das Bundeswirtschaftsministerium hat im Vergabeportal des Bundes eine Forschungsarbeit ausgeschrieben, die rechtliche und technische Kriterien für ein breit nutzbares Online-Einwilligungsmanagement prüfen und Vorschläge zur Umsetzung bieten soll. Dies soll laut Ausschreibungsunterlagen Vorarbeit für eine Verordnung zum Telemedien-Teledienste-Datenschutzgesetz (TTDSG) sein, das im Frühjahr beschlossen worden war. Das Gesetz tritt zum 1.Dezember in Kraft, die Ausführungsverordnung ist noch in Vorbereitung.
Gesucht wird nun nach Lösungen, die “im Sinne der Erteilung einer wirksamen Einwilligung entsprechend den Anforderungen der DSGVO rechtssichere Einwilligungsverwaltung” enthalten. Das meint einen Standard zur Verwaltung von Einwilligungen in Datennutzung, die rechtsverbindlich für Betreiber von Angeboten im Netz sein können. Dabei sollen Inhalte- und Browseranbieter in die Untersuchung einbezogen werden.
Bereits heute bieten die meisten Browser die Option, Anbietern mitzuteilen, dass man keine Datennutzung möchte. Ob dieses Do not Track (DNT) genannte System rechtlich verbindlich sein kann, ist umstritten. Zudem setzen Nutzer verstärkt auf Erweiterungen für Browser, sogenannte Privacy Enhancing Technologies (PETs), die das Tracking auch aktiv unterbinden. Zugleich versuchen Anbieter per sogenannten Cookie-Bannern, aktiv die Einwilligung von Nutzern zu befördern – auch hier sind viele Formen rechtlich umstritten, insbesondere wenn Nutzer vor die Wahl zur Einwilligung in Werbe-Tracking oder alternativ zu Zahlungen aufgefordert werden.
Ursprünglich hatte die Bundesregierung auf ein schnelles Ende der Verhandlungen zur E-Privacy-Verordnung gehofft, um keine weiteren Fakten schaffen zu müssen, bevor europaweit einheitliche Regeln in Kraft treten. Nach jahrelanger Verzögerung könnte diese tatsächlich in näherer Zukunft stattfinden. fst
Eine der wichtigsten Entwicklungen, die mit dem “Fit for 55” – Klimapaket einhergehen, ist die Überarbeitung des Europäischen Emissionshandelssystems (ETS). Der ETS-Mechanismus hat sich als wirksames Instrument zur Verringerung der Emissionen in den von ihm abgedeckten Sektoren erwiesen. Aus diesem Grund enthält der Vorschlag der EU-Kommission nun einen analogen Mechanismus für den Handel mit CO2-Emissionsrechten für Gebäude und Verkehr (das so genannte Mini-ETS).
Es besteht zwar ein Konsens darüber, dass die Einführung eines Mini-ETS notwendig erscheint, doch die vorgeschlagenen Änderungen bergen auch erhebliche Nachteile. Die Einbeziehung des Verkehrs, vor allem aber der Gebäude, bringt enorme Kosten für die Haushalte mit sich. Und Länder mit hohem Energieverbrauch wären am stärksten von den Auswirkungen einer solchen ETS-Ausweitung betroffen.
Polnische Experten schätzen, dass sich der Anteil der Energiekosten für die ärmsten polnischen Haushalte nach der Einführung von Emissionsgebühren im Individualverkehr um 50 Prozent und durch die Einbeziehung von Gebäuden sogar um 108 Prozent erhöhen könnte. Im europaweiten Durchschnitt belaufen sich die Schätzungen auf 44 Prozent (Verkehr) beziehungsweise 50 (Gebäude) Kostensteigerung. Dies bedeutet, dass der durchschnittliche Haushalt insgesamt 4,3 Prozent seines Einkommens für die “neuen” Emissionskosten aufwenden müsste.
Polen lehnt die vorgeschlagenen Änderungen inoffiziell ab und verweist auf die zu erwartende übermäßige Belastung der Haushalte und die Verschärfung der Energiearmut in der EU. Die französischen Erfahrungen im Zusammenhang mit den Protesten der “Gelbwesten” im Jahr 2018 werden ebenfalls als Gegenargument für die Ausweitung des ETS angeführt. Zumindest aus polnischer Sicht erfordert die CO2-Bepreisung auf einem politisch akzeptablen Niveau in den neuen Sektoren deshalb den Einsatz ergänzender Maßnahmen. So könnten verschiedene Unterstützungsmechanismen eingeführt werden, beispielsweise zur Umverteilung von Mitteln für die am meisten gefährdeten Gruppen.
Daneben könnte die Einführung eines Mini-ETS in Polen die Umsetzung neuer politischer Maßnahmen in den Bereichen Energieeffizienz und erneuerbare Energien sowie eine Verbesserung der existenten Maßnahmen auslösen. In diesem Zusammenhang ist es von entscheidender Bedeutung, auch die bestehenden EU-Instrumente beizubehalten und zu stärken. Darunter die Aufstockung der Mittel und des Umfangs der Aktivitäten im Rahmen des Modernisierungsfonds, um die Auswirkungen der Ausweitung des ETS in Ländern abzumildern, in denen die Energiewende die größte Herausforderung darstellt.
Das “Fit for 55” – Paket ist immer noch ein Vorschlag, der zur Diskussion steht. Belastbare Argumente können dazu beitragen, die besondere Lage Polens zu berücksichtigen und die Kosten der Transformation abzumildern. Eine entsprechende Planung, die Geldströme aus der EU und speziell aus dem Emissionshandelssystem effektiv einzusetzen, könnte das beste Argument sein, um zu zeigen, dass Polen die Klimapolitik ernst nimmt und dass es sich lohnt, unsere Maßnahmen zu unterstützen. Nur ein erfolgreicher Investitionsplan wird dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit der polnischen Wirtschaft zu stärken und das Risiko der Energiearmut zu vermeiden.
“Europas Telefonnummer” ist seit Henry Kissinger als Problem bekannt: Eine gemeinsame EU-Außenpolitik ist vor allem Sonntagsredenstoff und darf auf keinem Gute-Absichten-EU-Bingozettel fehlen. José Manuel Barroso verkündete 2008 stolz: Jetzt endlich gebe es sie, die Telefonnummer. Catherine Ashton war damals die erste Hohe Repräsentantin und Kommissionsvizepräsidentin.
Der aktuelle Amtsinhaber heißt Josep Borrell. Wenn Sie sich jetzt fragen: “Wer?”, dann sind Sie damit nicht alleine. Er repräsentiert Europas gemeinsames außenpolitisches Gewicht in Perfektion: Prädikat besonders leicht, Fliegengewicht wäre die Klasse im Boxen.
In der Praxis sieht EU-Außenpolitik weiter so aus: Kleinster gemeinsamer Nenner, dem Einstimmigkeitsprinzip sei Dank. Große Schlagzeilen machte die europäische Außenpolitik zuletzt nur mit dem Sofagate: Ratspräsident Charles Michel überließ EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nur einen Platz auf dem Sofa des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, während er selbst auf dem Stuhl Platz nahm. Noch schlimmer war nur, was Borrell im Februar in Moskau widerfuhr: Ausgerechnet als Europas Cheftelefonist mit Russlands erfahrenem Außenminister Sergej Lawrow zusammensaß, ließ Moskau drei europäische Diplomaten ausweisen – und Borrell wusste von: nichts. Eine Demütigung durch den Kreml.
Doch vielleicht ist es auch besser so, wenn nicht jeder so genau hinhört, was der Hohe Repräsentant so verkündet. “Die Taliban haben den Krieg gewonnen”, sagte er gestern aus Madrid nach einer Videokonferenz der EU-Außenminister. Deshalb müsse man mit ihnen reden. Krieg? War da nicht etwas?
Der eine oder andere erinnert sich an die deutsche Debatte darum, was das in Afghanistan sei. “Bewaffneter Konflikt” war die offizielle Lesart nach den ersten zehn Jahren. Umgangssprachlich könne man aber auch Krieg sagen, versuchte der einstige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg die völkerrechtlichen Verrenkungen 2010 zu lösen. Für Europas Chefdiplomaten ist das offenbar eine lässliche Petitesse.
Die Aufgabe des Nation Building sei leider nicht erfolgreich gewesen, so Borrell weiter. Nation Building? US-Präsident Joe Biden hatte genau das verneint: Man sei nie in Afghanistan gewesen, um Nation Building zu betreiben. Erneut eine diplomatisch erstaunliche Einlassung des europäischen Außenbeauftragten.
Borrell sticht damit aus dem eh schon unglücklichen Außenministerwirken rund um Afghanistan noch einmal heraus – doch interessiert das derzeit niemanden so recht, mangels Relevanz. Vielleicht sollte Europa doch erst einmal mit unterdrückter Rufnummer außenpolitisch wirken. fs