noch vor wenigen Wochen war es kaum vorstellbar, doch inzwischen ist klar: Auch dieses Jahr werden die Feiertage wieder durch die Pandemielage bestimmt.
Schuld daran ist die rasche Ausbreitung der Omikron-Variante. Für genau solche gesundheitlichen Notsituationen hat die EU-Kommission erst im Herbst die Krisenbehörde HERA gegründet. Sie ist noch gar nicht mit allen Ressourcen ausgestattet, und dennoch hat HERA bereits die Arbeit aufgenommen, berichtet meine Kollegin Eugenie Ankowitsch. Selbst mit angezogener Handbremse übernimmt die Behörde schon Aufgaben, die dabei helfen könnten, diese Pandemie irgendwann einmal hinter uns zu lassen.
Vor Weihnachten konnte sich die neue Bundesregierung nicht abschließend auf die neue Digitalverteilung einigen. Allerdings sind nun weitere Zuständigkeiten klarer, die auch europapolitisch relevant sind. Falk Steiner zeigt Ihnen, wie weit die Ampel-Parteien gekommen sind und welche Fragen noch offen sind.
Und nun viel Freude beim Lesen der letzten planmäßigen Ausgabe des Europe.Table Professional Briefing im Jahr 2021. Mit unserem regelmäßigen werktäglichen Briefing sind wir am 3. Januar 2022 zurück. In Ausnahmefällen und bei besonderen Entwicklungen halten wir Sie gegebenenfalls mit Sonderausgaben auf dem Laufenden.
Bleiben Sie gesund, genießen Sie die Ruhe und erholen Sie sich gut über die Feiertage.
Die Corona-Variante Omikron breitet sich in Europa immer weiter aus. Neben Großbritannien ist das deutsche Nachbarland Dänemark besonders betroffen. Trotz Impfquote von über 80 Prozent ist Omikron inzwischen die dominante Variante. In weiteren Ländern wie Spanien, Portugal und Frankreich steigen die Infektionszahlen ebenfalls rasant. Bis auf Luxemburg gelten alle deutschen Nachbarn nun als Hochinzidenzgebiete.
Um die Ausbreitung der hochansteckenden Omikron-Variante zu verlangsamen, schränkte Deutschland inzwischen den grenzüberschreitenden Reiseverkehr weiter ein. Großbritannien ist seit Montag als sogenanntes Virusvariantengebiet eingestuft. Auch Frankreich lässt inzwischen keine Menschen aus dem Vereinigten Königreich mehr ohne Impfung und Test einreisen.
Portugal, Irland, Griechenland und Italien verlangen auch von den EU-Bürgern neben einer Impfung gegen Corona einen negativen Test. Wer noch keine Booster-Impfung hat, braucht in Österreich einen 2G-Nachweis und zusätzlich einen negativen PCR-Test, um nicht in Quarantäne zu müssen.
Genau für solche gesundheitlichen Ausnahmesituationen wurde Ende September die neue europäische Krisenbehörde HERA (Health Emergency Preparedness and Response Authority) gegründet. Sie soll gesundheitliche Notstände verhindern, gefährliche Erreger schneller entdecken sowie im Krisenfall zügig reagieren. Vor allem eine rasche Entwicklung, Herstellung und Verteilung von Arzneimitteln, Impfstoffen und medizinischer Ausrüstung sollen in einer Notlage sichergestellt werden.
Zuletzt rangen jedoch die Mitgliedstaaten und die EU-Kommission über Wochen hinweg um den sogenannten Notfallrahmen für medizinische Gegenmaßnahmen (Europe.Table berichtete), der die Rechtsgrundlage für die Arbeit von HERA bildet. Dabei hat die Krisenbehörde ihre Arbeit abseits der großen politischen Bühne längst aufgenommen, wenn auch mit angezogener Handbremse. Noch verfügt HERA nicht über die gesamten finanziellen und personellen Ressourcen. Erst im Frühjahr 2022 soll die Behörde in der geplanten Mannschaftsstärke und mit erheblichen finanziellen Mitteln ausgestattet voll einsatzfähig sein.
In der Übergangsphase ist HERA bereits aktiv, teilte die EU-Kommission mit. In einer Vorläuferorganisation wurde im ersten Halbjahr 2021 eine Expertengruppe ins Leben gerufen, die über die Notwendigkeit von neuen oder angepassten Impfstoffen sowie über die Entwicklung zusätzlicher Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit auf EU-Ebene berät. Nach ersten Berichten aus Südafrika über die neue Corona-Variante Omikron habe sich diese HERA-Sachverständigengruppe umgehend getroffen, um die nächsten Schritte zu besprechen, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission.
Anschließend wurden drei europäische Labore mit der Charakterisierung der neuen Corona-Variante beauftragt, finanziert durch HERA. Derzeit werde intensiv daran gearbeitet, möglichst viel über die Mutante herauszufinden. Noch immer ist unklar, wie ansteckend die Mutante tatsächlich ist und ob sie seltener zu schweren Krankheitsverläufen führt.
Nach Angaben der EU-Kommission stand HERA seit dem Auftauchen der Corona-Variante Omikron in engem Kontakt mit Impfstoffherstellern, um sich über die Notwendigkeit einer Impfstoffanpassung auszutauschen. Außerdem soll die Behörde eng mit den Mitgliedstaaten kooperieren, um so bald wie möglich mit der gemeinsamen Beschaffung von Medikamenten gegen Covid-19 zu beginnen. Des Weiteren unterstütze HERA Mitgliedstaaten bei der Genomsequenzierung. Es werde zudem nach Wegen gesucht, die EU-Ländern bei der Kontaktnachverfolgung und beim Abwassermonitoring zu helfen.
Aus finanzieller Sicht kann HERA künftig aus dem Vollen schöpfen. Die EU-Behörde erhält für sechs Jahre insgesamt sechs Milliarden Euro aus dem mehrjährigen Finanzrahmen der EU und dem Wiederaufbauprogramm “Next Generation EU”. Zusätzliche 24 Milliarden Euro kommen aus anderen EU-Programmen wie etwa EU4Health, was zuletzt vor allem von den Abgeordneten des EU-Parlaments heftig kritisiert wurde. Einige Abgeordnete fürchteten, dass nicht genug Geld für andere Prioritäten des Programms übrig bleiben könnte.
Angesichts der rasant steigenden Infektionszahlen wächst in vielen EU-Ländern die Sorge vor Personalausfällen. In Deutschland warnte der Virologe Christian Drosten vor massiven krankheitsbedingten Arbeitsausfällen. Dabei bezog er sich auf die Lage in Großbritannien, wo die Omikron-Variante längst grassiert.
Wie die britische Zeitung “The Guardian” berichtete, könnten ohne verschärfte Maßnahmen 32.000 bis 130.000 Beschäftigte im Nationalen Gesundheitsdienst (NHS) an Weihnachten fehlen. Der Guy’s und St Thomas’ Trust (GSTT), der in London mehrere Krankenhäuser betreibt, habe bereits mit mehreren hundert Krankmeldungen zu tun. In ganz Großbritannien fallen etliche Züge wegen Corona-Infektionsfällen aus, wie die BBC berichtete.
“Sollte sich die Ausbreitung der Omikron-Variante in Deutschland so fortsetzen, wäre ein relevanter Teil der Bevölkerung zeitgleich erkrankt und/oder in Quarantäne”, heißt es auch in der Pressemitteilung des Corona-Expertenrates der Bundesregierung. “Dadurch wäre das Gesundheitssystem und die gesamte kritische Infrastruktur unseres Landes extrem belastet.”
In Österreich könnten bis zu 30 Prozent der Arbeitnehmer ausfallen, weil sie infiziert zu Hause sitzen, warnte der Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes, Gerry Foitik. Erschwerend komme hinzu, dass für Kontaktpersonen der Kategorie 1 wegen Omikron deutlich schärfere Quarantäneregeln gelten. Egal ob geimpft, geboostert oder genesen müssen sie volle 14 Tage in Quarantäne ohne eine Freitestungsmöglichkeit.
Klar ist: Teile der Digitalabteilung des Bundeswirtschaftsministeriums werden in das BMDV umziehen. Bis heute sind die Verhandlungen dazu nicht abgeschlossen, allerdings soll das BMDV künftig mit zwei Abteilungen unter dem neuen Staatssekretär Stefan Schnorr zum einen die digitalen Infrastrukturfragen, zum anderen Telekommunikation und auch weite Teile der Telemedien federführend behandeln.
Schnorr war zuvor im BMWi bereits Abteilungsleiter für Digital- und Innovationspolitik und ist in den Dossiers bewandert. Abteilungsleiter für Fragen der digitalen Infrastruktur soll vorerst Tobias Miethaner bleiben. Der wurde 2015 von Alexander Dobrindt direkt aus der CSU-Landesleitung ins Haus geholt, gilt aber unter Experten als fachlich versierter Jurist.
Mit dem Umzug der digitalpolitischen Zuständigkeiten aus Schnorrs alter Abteilung ins BMDV kommt auch eine Veränderung mit unmittelbarer europapolitischer Auswirkung: Die Zuständigkeit innerhalb der Bundesregierung für das Dossier Digital Services Act (DSA) wechselt auf die andere Seite des Invalidenparks ins BMDV. Damit dürfte das von FDP-Mann Volker Wissing geführte Ministerium auch die Federführung in der Frage bekommen, welche deutsche Behörde die nach DSA notwendige Rolle einer digitalen Superaufsicht ausfüllen soll: Bislang werden Teile des Regelungsgehalts des DSA von unterschiedlichen Akteuren durchgesetzt – vom Bundesamt für Justiz bis hin zur Bundesnetzagentur.
Der Digital Markets Act verbleibt als Teil der Wettbewerbspolitik aber weiter im Wirtschaftsministerium unter dem ebenfalls auf seinem Posten bleibenden Philipp Steinberg. Dort werden zudem Udo Philipp als zuständiger beamteter Staatssekretär und Franziska Brantner als parlamentarische Staatssekretärin künftig maßgeblich an den dort ressortierenden Digitalvorhaben beteiligt sein.
Brantner ist nicht zuletzt durch ihre Vergangenheit im Europäischen Parlament in Brüssel wohlbekannt. Der Frankreichkenner Philipp war zuletzt Finanzministeriums-Staatssekretär in Schleswig-Holstein. Vor seinem politischen Engagement, für das Philipp als Erweckungserlebnis die Finanzkrise 2009 angibt, verbrachte er jedoch einen Großteil seines Berufslebens beim Investor EQT Partners und noch vorher bei der Stiftung Bertelsmann. Von 1993 bis 1995 war er jedoch bereits einmal im BMWi: als persönlicher Referent von Günter Rexrodt (FDP). Größere Digitalaffinität ist von Philipp nicht bekannt. Das Thema einer faireren Besteuerung international verteilter und digitaler Wirtschaftsmodelle beschäftigt ihn allerdings schon seit längerem.
Die Zuständigkeit für die Vorratsdatenspeicherung – die Minister Marco Buschmann abschaffen will (Europe.Table berichtete) – soll auch weiterhin im BMJ verbleiben. Die Digitalzuständigkeiten beim Verbraucherrecht werden in Teilen ins BMUV verschoben, allerdings verbleiben die klassischen Zuständigkeiten im Bereich des Vertragsrechts und der Kollektivrechtsdurchsetzung wohl weiterhin an der Mohrenstraße und auch ansonsten ist die künftige Aufteilung zwischen diesen Häusern noch nicht geklärt. Die KI-Verordnung wird aber auch weiterhin von mehreren Ressorts bearbeitet. Gleiches gilt für die allgemeine Datenpolitik, also dem Digital Governance Act und dem kommenden Data Act: auch hier soll das Wirtschaftsministerium Hauptansprechpartner bleiben.
BMUV, BMDV, und ihren fachlichen Zuständigkeiten entsprechend BMJ, BMI und BMAS sollen jedoch ebenfalls weiterhin Mitspracherechte haben. Weitgehend exklusiv dürfte weiterhin die Zuständigkeit des Habeck-Ressorts für die großen Chipfabrikpläne Deutschlands und der EU bleiben, mit Teilüberschneidungen zum BMBF im Bereich der Forschungsförderung.
Weiterhin ungeklärt bleibt wohl bis zum neuen Jahr, ob die Grundsatzfragen der Digitalpolitik das Kanzleramt nun verlassen – und dann wohl in Richtung BMDV – oder dort verbleiben werden.
Die Europäische Kommission will einen größeren Anteil der Einnahmen aus dem Emissionshandel in den EU-Haushalt umlenken, um die Mittel des kreditfinanzierten Corona-Aufbauprogramms zurückzuzahlen. Nach dem Vorschlag von Haushaltskommissar Johannes Hahn würden künftig 25 Prozent der Einnahmen aus dem existierenden ETS in das gemeinsame Budget fließen. Bislang wandern die Erlöse aus dem Verkauf der Verschmutzungszertifikate großteils in die nationalen Haushalte.
Die Kommission schätzt die Einnahmen daraus für den Zeitraum 2026-2030 auf rund 12 Milliarden Euro pro Jahr. Zusätzliche Mittel für den EU-Haushalt soll der neue Emissionshandel für die Sektoren Gebäude und Verkehr bringen, den die Behörde im Rahmen des Fit for 55-Pakets vorgeschlagen hat. Ein Viertel der Erlöse daraus soll in den Klima-Sozialfonds fließen (Europe.Table berichtete), der die Folgen steigender CO₂-Preise abfedern soll.
Die Pläne sind der Kern eines Vorschlags zu neuen Eigenmitteln für den EU-Haushalt, den Hahn am Mittwoch vorstellte. Als weitere Einnahmequelle ist der geplante CO₂-Grenzausgleichsmechanismus vorgesehen: 75 Prozent der Einnahmen aus dem CBAM sollen dem EU-Budget zugutekommen, rund eine Milliarde Euro ab 2026.
Dritte neue Einnahmequelle soll die auf OECD-Ebene vereinbarte Mindeststeuer für internationale Konzerne werden. Die erste Säule des Abkommens will eine adäquate Verteilung des Steueraufkommens zwischen den betreffenden Staaten sicherstellen (Europe.Table berichtete). 15 Prozent der zusätzlichen Steuereinnahmen, die dadurch den EU-Staaten zufließen, beansprucht die Kommission für den gemeinsamen Haushalt. Dies könne 2,5 bis 4 Milliarden Euro einbringen, schätzt die Behörde.
Zusammengenommen würden die neuen Eigenmittel also ab 2026 15,5 bis 17 Milliarden Euro ausmachen. Das Aufbauprogramm Next Generation EU sieht Ausgaben von 800 Milliarden Euro (nach heutigen Preisen) vor, die über EU-Anleihen aufgebracht und ab 2026 zurückgezahlt werden sollen.
Sollten die Eigenmittel nicht ausreichen, müsste das EU-Budget gekürzt werden oder die Regierungen müssten ihre nationalen Beiträge entsprechend erhöhen. Die neue Ampel-Koalition in Berlin hat sich im Koalitionsvertrag ausdrücklich gegen Kürzungen im EU-Budget ausgesprochen. Dennoch dürften die Vorschläge Hahns für Konflikte mit den Mitgliedsstaaten sorgen. Der Rat muss diesen einstimmig zustimmen.
Das Europaparlament drückt aufs Tempo: Die Vorschläge kämen später als 2020 zwischen Rat und Parlament vereinbart, kritisierten die EP-Berichterstatter José Manuel Fernandes (EVP) und Valérie Hayer (Renew). “Jetzt sollte der Rat schnell die Arbeit aufnehmen.”
Der Industrieverband Business Europe mahnte, die geplanten Mehreinnahmen dürften nicht zulasten der Wirtschaft gehen. “Wir begrüßen die Entscheidung der EU, keine Digitalsteuer vorzuschlagen”, sagte Generaldirektor Markus Beyrer. Aber man befürchte weiter, dass eine Binnenmarkt-Steuer eingeführt werden könnte. tho
Im Kampf gegen missbräuchliche Nutzung von Briefkastenfirmen für Steuerzwecke hat die EU-Kommission am Mittwoch einen Vorschlag für einen neuen Rechtsakt vorgelegt. Unternehmen in der EU, die keine oder nur eine geringfügige Geschäftstätigkeit unterhalten, sollen keine Steuervorteile in Anspruch nehmen können, damit die Steuerzahler nicht finanziell belastet werden.
“Durch die künftigen Überwachungs- und Berichterstattungspflichten für Briefkastenfirmen wird es für diese schwieriger sein, sich unfaire Steuervorteile zunutze zu machen, und für die nationalen Behörden leichter, missbräuchliche Nutzungen von Briefkastenfirmen aufzudecken”, so Exekutiv-Vizepräsident Valdis Dombrovskis. “Wer zum Zweck der Steuerhinterziehung, Steuervermeidung oder Geldwäsche die Vorschriften ausnutzen will, der hat in Europa keinen Platz: Jeder sollte seinen fairen Anteil an Steuern zahlen.”
Briefkastenfirmen könnten nützliche gewerbliche und geschäftliche Funktionen erfüllen, erklärt die EU-Kommission. Allerdings würden sie auch von “einigen internationalen Konzernen und auch von Einzelpersonen missbräuchlich dazu genutzt, um eine aggressive Steuerplanung zu betreiben oder Steuern zu hinterziehen“.
Nehmen die Mitgliedstaaten den Vorschlag der Kommission an, tritt er am 1. Januar 2024 in Kraft. luk
Im Streit über den Vorrang von EU-Recht vor nationalem Recht hat die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen eingeleitet. Die Entscheidung des polnischen Verfassungsgerichts vom 14. Juli und 7. Oktober verstießen gegen die allgemeinen Grundsätze des Vorrangs und der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts sowie der Bindungswirkung der Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH), erklärte die Brüsseler Behörde.
Das polnische Verfassungsgericht hatte am 7. Oktober unterstrichen, dass es nicht nur das Recht habe, die Verfassungsmäßigkeit des EU-Rechts zu überprüfen, sondern auch die Urteile des EuGH. Der stellvertretende Justizminister Sebastian Kaleta bezeichnete das Vertragsverletzungsverfahren am Mittwoch als einen Angriff auf Polens Verfassung und Souveränität. rtr
Das Bundeskartellamt will in seinen Verfahren gegen die Online-Riesen Amazon, Apple, Google und Meta rasch Ergebnisse präsentieren. Die Verfahren würden “mit viel Nachdruck” betrieben, sagte Kartellamtschef Andreas Mundt am Mittwoch. Die Wettbewerbshüter wollten “im neuen Jahr schnell erste Ergebnisse vorlegen”. Der Gesetzgeber hatte dem Kartellamt Anfang des Jahres neue Instrumente in die Hand gegeben. Das Kartellamt kann danach eine marktbeherrschende Stellung von Unternehmen künftig leichter feststellen und eingreifen, um bestimmte Verhaltensweisen zu untersagen. Die Behörde könne nun “gegen wettbewerbsschädliche Praktiken von großen Digitalkonzernen schneller und effektiver vorgehen”, unterstrich Mundt.
Das Kartellamt hatte auf dieser Basis Verfahren gegen die vier US-Riesen Amazon, Apple, Google und Meta eingeleitet. Die Wettbewerbshüter prüfen aber auch andere Praktiken von Internet-Konzernen, unter anderem, ob Amazon die Preise seiner Händler auf dem Amazon Market Place kontrolliert und vielleicht beeinflusse. “Der Wettbewerbsschutz in der Digitalwirtschaft bleibt eine Top-Priorität für das Bundeskartellamt”, bilanzierte Mundt. rtr
Es sei mehr ein Zufall gewesen, dass er 1986 zur Jungen Union gekommen ist, sagt David McAllister. Durch seine Kindheit in West-Berlin habe er schon früh politisches Interesse entwickelt. Nach dem Umzug ins niedersächsische Bad Bederkesa, Anfang der 1980er Jahre, wird aus diesem Interesse parteipolitisches Engagement.
Seit 2014 ist David McAllister Abgeordneter des Europaparlaments in Brüssel und Straßburg. Wenn er am Wochenende nach Hause kommt, liest er dennoch zuerst “den Stapel meiner Lokalzeitungen”, um herauszufinden, was in der regionalen Politik los ist.
Von Bad Bederkesa aus wird er 1998 in den Niedersächsischen Landtag und später zum Vorsitzenden der CDU-Fraktion gewählt. 2010 tritt er die Nachfolge von Christian Wulff als Ministerpräsident von Niedersachsen an – der erste mit doppelter Staatsbürgerschaft. McAllister hat neben dem deutschen auch einen britischen Pass.
Das Jahr 2013 wird durch den Regierungswechsel zu Rot-Grün nicht nur für die CDU in Niedersachsen eine Zäsur. “Ich habe ernsthaft überlegt, etwas ganz anderes zu machen”, sagt McAllister. Nach einiger Bedenkzeit tritt David McAllister dann allerdings doch die Nachfolge von Hans-Gert Pöttering als Spitzenkandidat der CDU für das Europaparlament an.
“Ich bin überzeugter Europäer”, sagt McAllister über sich selbst. Auch wenn Deutschland seine Heimat ist, sei er sich seiner britischen Prägung bewusst. Aus den innenpolitischen Debatten des Vereinigten Königreichs halte er sich allerdings heraus. Der Brexit sei für ihn ein “historischer Fehler”.
David McAllister ist im Europaparlament der Ansprechpartner für alle Fragen rund um die Beziehung zu Großbritannien. Dazu gehöre auch, “zu versuchen, wo es nur geht, das Beste aus der Situation zu machen”, sagt er.
David McAllister ist zudem Vorsitzender des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten. Dieser beschäftigt sich unter anderem mit der Stärkung politischer Beziehungen zu Drittländern und den Verhandlungen über den Beitritt zur EU.
Einen Schwerpunkt legt McAllister auf die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Wirtschaftlich sei Europa zwar sehr weit entwickelt, außenpolitisch jedoch noch nicht. Um auf Augenhöhe mit Mächten wie den USA oder Russland sprechen zu können, müssten die Mitgliedsstaaten daher mehr an einem Strang ziehen, sagt er. “Die EU ist am Ende immer ein einzigartiger Prozess, Konsens und Kompromiss zu finden.”
Als einer von drei CDU-Abgeordneten aus Niedersachsen im EU-Parlament vertritt er außerdem die Interessen seiner Heimat in Brüssel und Straßburg. “Ich bin zuständig für den Elbe-Weser-Raum plus das Gebiet rund um Hannover“, erklärt er.
Am Wochenende sei er im Regelfall zu Hause. Auch, um die Verbindung zu Norddeutschland zu halten. Zum Entspannen spielt er dann Tennis mit seinen Töchtern, berichtet er. Gleich nachdem ihm der Stapel Lokalzeitungen verraten hat, was in der vergangenen Woche zwischen Elbe und Weser passiert ist. Mirja Mader
Institutionenkommunikation ist eh schon ein schwieriges Geschäft. Kann eine Institution reden? Sprechen? Hat sie ein eigenes Leben? Natürlich nicht, aber die Menschen, die für sie kommunizieren. Und auch die freuen sich auf die anstehenden Tage der Einkehr, auf Ruhe, Besinnlichkeit und Lockdowns im Kreise ihrer Liebsten.
Doch genau jetzt ist die Hochsaison der Komplexität: Eigentlich sind alle urlaubsreif, wollen Dominosteine, Mince Pies, Verivorst, ein Stückchen Buccellato oder gleich die ganze Wigilia aufknabbern.
Bloß: zwar ist die EU historisch christlich-westlich geprägt. Aber sie ist in sich bunt, vereint ganz unterschiedliche Traditionen. Und das reicht vom Essen bis hin zum Datum des Weihnachtsfestes. Das findet in christlich-orthodoxen Kreisen seit dem Kalendersplit vor 439 Jahren eben erst zum gregorianisch terminierten Epiphanias im Januar 2022 statt (Sie wissen schon, der erste biblisch verbürgte Trilog).
Und natürlich spielen auch in diesem Jahr in fast allen Mitgliedstaaten die Rechtsaußenpopulisten wieder ihre Agitprop-Spielchen rund um die Frage, ob Weihnachtsmärkte noch Wintermärkte heißen dürfen, selbst wenn sie Covid-bedingt abgesagt werden.
Wünscht man nun also frohe Festtage? Frohe Weihnachten? Fröhliche gar? Eine herausfordernde Aufgabe also. Was tun? Die Antwort der Kommunikatoren für den Europäischen Rat: Eine Spotify-Playlist mit vielen mitgliedstaatlichen Weihnachtsklassikern, die die europäische Vielfalt irgendwie abbilden. Deutschlands Beitrag ist etwas herzhafter geraten, die Bockwurst unter den europäischen Weihnachtssongs. Damit wird es alles Mögliche, nur eines ganz sicher nicht, um es estnisch zu formulieren: Püha Öö. Falk Steiner
noch vor wenigen Wochen war es kaum vorstellbar, doch inzwischen ist klar: Auch dieses Jahr werden die Feiertage wieder durch die Pandemielage bestimmt.
Schuld daran ist die rasche Ausbreitung der Omikron-Variante. Für genau solche gesundheitlichen Notsituationen hat die EU-Kommission erst im Herbst die Krisenbehörde HERA gegründet. Sie ist noch gar nicht mit allen Ressourcen ausgestattet, und dennoch hat HERA bereits die Arbeit aufgenommen, berichtet meine Kollegin Eugenie Ankowitsch. Selbst mit angezogener Handbremse übernimmt die Behörde schon Aufgaben, die dabei helfen könnten, diese Pandemie irgendwann einmal hinter uns zu lassen.
Vor Weihnachten konnte sich die neue Bundesregierung nicht abschließend auf die neue Digitalverteilung einigen. Allerdings sind nun weitere Zuständigkeiten klarer, die auch europapolitisch relevant sind. Falk Steiner zeigt Ihnen, wie weit die Ampel-Parteien gekommen sind und welche Fragen noch offen sind.
Und nun viel Freude beim Lesen der letzten planmäßigen Ausgabe des Europe.Table Professional Briefing im Jahr 2021. Mit unserem regelmäßigen werktäglichen Briefing sind wir am 3. Januar 2022 zurück. In Ausnahmefällen und bei besonderen Entwicklungen halten wir Sie gegebenenfalls mit Sonderausgaben auf dem Laufenden.
Bleiben Sie gesund, genießen Sie die Ruhe und erholen Sie sich gut über die Feiertage.
Die Corona-Variante Omikron breitet sich in Europa immer weiter aus. Neben Großbritannien ist das deutsche Nachbarland Dänemark besonders betroffen. Trotz Impfquote von über 80 Prozent ist Omikron inzwischen die dominante Variante. In weiteren Ländern wie Spanien, Portugal und Frankreich steigen die Infektionszahlen ebenfalls rasant. Bis auf Luxemburg gelten alle deutschen Nachbarn nun als Hochinzidenzgebiete.
Um die Ausbreitung der hochansteckenden Omikron-Variante zu verlangsamen, schränkte Deutschland inzwischen den grenzüberschreitenden Reiseverkehr weiter ein. Großbritannien ist seit Montag als sogenanntes Virusvariantengebiet eingestuft. Auch Frankreich lässt inzwischen keine Menschen aus dem Vereinigten Königreich mehr ohne Impfung und Test einreisen.
Portugal, Irland, Griechenland und Italien verlangen auch von den EU-Bürgern neben einer Impfung gegen Corona einen negativen Test. Wer noch keine Booster-Impfung hat, braucht in Österreich einen 2G-Nachweis und zusätzlich einen negativen PCR-Test, um nicht in Quarantäne zu müssen.
Genau für solche gesundheitlichen Ausnahmesituationen wurde Ende September die neue europäische Krisenbehörde HERA (Health Emergency Preparedness and Response Authority) gegründet. Sie soll gesundheitliche Notstände verhindern, gefährliche Erreger schneller entdecken sowie im Krisenfall zügig reagieren. Vor allem eine rasche Entwicklung, Herstellung und Verteilung von Arzneimitteln, Impfstoffen und medizinischer Ausrüstung sollen in einer Notlage sichergestellt werden.
Zuletzt rangen jedoch die Mitgliedstaaten und die EU-Kommission über Wochen hinweg um den sogenannten Notfallrahmen für medizinische Gegenmaßnahmen (Europe.Table berichtete), der die Rechtsgrundlage für die Arbeit von HERA bildet. Dabei hat die Krisenbehörde ihre Arbeit abseits der großen politischen Bühne längst aufgenommen, wenn auch mit angezogener Handbremse. Noch verfügt HERA nicht über die gesamten finanziellen und personellen Ressourcen. Erst im Frühjahr 2022 soll die Behörde in der geplanten Mannschaftsstärke und mit erheblichen finanziellen Mitteln ausgestattet voll einsatzfähig sein.
In der Übergangsphase ist HERA bereits aktiv, teilte die EU-Kommission mit. In einer Vorläuferorganisation wurde im ersten Halbjahr 2021 eine Expertengruppe ins Leben gerufen, die über die Notwendigkeit von neuen oder angepassten Impfstoffen sowie über die Entwicklung zusätzlicher Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit auf EU-Ebene berät. Nach ersten Berichten aus Südafrika über die neue Corona-Variante Omikron habe sich diese HERA-Sachverständigengruppe umgehend getroffen, um die nächsten Schritte zu besprechen, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission.
Anschließend wurden drei europäische Labore mit der Charakterisierung der neuen Corona-Variante beauftragt, finanziert durch HERA. Derzeit werde intensiv daran gearbeitet, möglichst viel über die Mutante herauszufinden. Noch immer ist unklar, wie ansteckend die Mutante tatsächlich ist und ob sie seltener zu schweren Krankheitsverläufen führt.
Nach Angaben der EU-Kommission stand HERA seit dem Auftauchen der Corona-Variante Omikron in engem Kontakt mit Impfstoffherstellern, um sich über die Notwendigkeit einer Impfstoffanpassung auszutauschen. Außerdem soll die Behörde eng mit den Mitgliedstaaten kooperieren, um so bald wie möglich mit der gemeinsamen Beschaffung von Medikamenten gegen Covid-19 zu beginnen. Des Weiteren unterstütze HERA Mitgliedstaaten bei der Genomsequenzierung. Es werde zudem nach Wegen gesucht, die EU-Ländern bei der Kontaktnachverfolgung und beim Abwassermonitoring zu helfen.
Aus finanzieller Sicht kann HERA künftig aus dem Vollen schöpfen. Die EU-Behörde erhält für sechs Jahre insgesamt sechs Milliarden Euro aus dem mehrjährigen Finanzrahmen der EU und dem Wiederaufbauprogramm “Next Generation EU”. Zusätzliche 24 Milliarden Euro kommen aus anderen EU-Programmen wie etwa EU4Health, was zuletzt vor allem von den Abgeordneten des EU-Parlaments heftig kritisiert wurde. Einige Abgeordnete fürchteten, dass nicht genug Geld für andere Prioritäten des Programms übrig bleiben könnte.
Angesichts der rasant steigenden Infektionszahlen wächst in vielen EU-Ländern die Sorge vor Personalausfällen. In Deutschland warnte der Virologe Christian Drosten vor massiven krankheitsbedingten Arbeitsausfällen. Dabei bezog er sich auf die Lage in Großbritannien, wo die Omikron-Variante längst grassiert.
Wie die britische Zeitung “The Guardian” berichtete, könnten ohne verschärfte Maßnahmen 32.000 bis 130.000 Beschäftigte im Nationalen Gesundheitsdienst (NHS) an Weihnachten fehlen. Der Guy’s und St Thomas’ Trust (GSTT), der in London mehrere Krankenhäuser betreibt, habe bereits mit mehreren hundert Krankmeldungen zu tun. In ganz Großbritannien fallen etliche Züge wegen Corona-Infektionsfällen aus, wie die BBC berichtete.
“Sollte sich die Ausbreitung der Omikron-Variante in Deutschland so fortsetzen, wäre ein relevanter Teil der Bevölkerung zeitgleich erkrankt und/oder in Quarantäne”, heißt es auch in der Pressemitteilung des Corona-Expertenrates der Bundesregierung. “Dadurch wäre das Gesundheitssystem und die gesamte kritische Infrastruktur unseres Landes extrem belastet.”
In Österreich könnten bis zu 30 Prozent der Arbeitnehmer ausfallen, weil sie infiziert zu Hause sitzen, warnte der Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes, Gerry Foitik. Erschwerend komme hinzu, dass für Kontaktpersonen der Kategorie 1 wegen Omikron deutlich schärfere Quarantäneregeln gelten. Egal ob geimpft, geboostert oder genesen müssen sie volle 14 Tage in Quarantäne ohne eine Freitestungsmöglichkeit.
Klar ist: Teile der Digitalabteilung des Bundeswirtschaftsministeriums werden in das BMDV umziehen. Bis heute sind die Verhandlungen dazu nicht abgeschlossen, allerdings soll das BMDV künftig mit zwei Abteilungen unter dem neuen Staatssekretär Stefan Schnorr zum einen die digitalen Infrastrukturfragen, zum anderen Telekommunikation und auch weite Teile der Telemedien federführend behandeln.
Schnorr war zuvor im BMWi bereits Abteilungsleiter für Digital- und Innovationspolitik und ist in den Dossiers bewandert. Abteilungsleiter für Fragen der digitalen Infrastruktur soll vorerst Tobias Miethaner bleiben. Der wurde 2015 von Alexander Dobrindt direkt aus der CSU-Landesleitung ins Haus geholt, gilt aber unter Experten als fachlich versierter Jurist.
Mit dem Umzug der digitalpolitischen Zuständigkeiten aus Schnorrs alter Abteilung ins BMDV kommt auch eine Veränderung mit unmittelbarer europapolitischer Auswirkung: Die Zuständigkeit innerhalb der Bundesregierung für das Dossier Digital Services Act (DSA) wechselt auf die andere Seite des Invalidenparks ins BMDV. Damit dürfte das von FDP-Mann Volker Wissing geführte Ministerium auch die Federführung in der Frage bekommen, welche deutsche Behörde die nach DSA notwendige Rolle einer digitalen Superaufsicht ausfüllen soll: Bislang werden Teile des Regelungsgehalts des DSA von unterschiedlichen Akteuren durchgesetzt – vom Bundesamt für Justiz bis hin zur Bundesnetzagentur.
Der Digital Markets Act verbleibt als Teil der Wettbewerbspolitik aber weiter im Wirtschaftsministerium unter dem ebenfalls auf seinem Posten bleibenden Philipp Steinberg. Dort werden zudem Udo Philipp als zuständiger beamteter Staatssekretär und Franziska Brantner als parlamentarische Staatssekretärin künftig maßgeblich an den dort ressortierenden Digitalvorhaben beteiligt sein.
Brantner ist nicht zuletzt durch ihre Vergangenheit im Europäischen Parlament in Brüssel wohlbekannt. Der Frankreichkenner Philipp war zuletzt Finanzministeriums-Staatssekretär in Schleswig-Holstein. Vor seinem politischen Engagement, für das Philipp als Erweckungserlebnis die Finanzkrise 2009 angibt, verbrachte er jedoch einen Großteil seines Berufslebens beim Investor EQT Partners und noch vorher bei der Stiftung Bertelsmann. Von 1993 bis 1995 war er jedoch bereits einmal im BMWi: als persönlicher Referent von Günter Rexrodt (FDP). Größere Digitalaffinität ist von Philipp nicht bekannt. Das Thema einer faireren Besteuerung international verteilter und digitaler Wirtschaftsmodelle beschäftigt ihn allerdings schon seit längerem.
Die Zuständigkeit für die Vorratsdatenspeicherung – die Minister Marco Buschmann abschaffen will (Europe.Table berichtete) – soll auch weiterhin im BMJ verbleiben. Die Digitalzuständigkeiten beim Verbraucherrecht werden in Teilen ins BMUV verschoben, allerdings verbleiben die klassischen Zuständigkeiten im Bereich des Vertragsrechts und der Kollektivrechtsdurchsetzung wohl weiterhin an der Mohrenstraße und auch ansonsten ist die künftige Aufteilung zwischen diesen Häusern noch nicht geklärt. Die KI-Verordnung wird aber auch weiterhin von mehreren Ressorts bearbeitet. Gleiches gilt für die allgemeine Datenpolitik, also dem Digital Governance Act und dem kommenden Data Act: auch hier soll das Wirtschaftsministerium Hauptansprechpartner bleiben.
BMUV, BMDV, und ihren fachlichen Zuständigkeiten entsprechend BMJ, BMI und BMAS sollen jedoch ebenfalls weiterhin Mitspracherechte haben. Weitgehend exklusiv dürfte weiterhin die Zuständigkeit des Habeck-Ressorts für die großen Chipfabrikpläne Deutschlands und der EU bleiben, mit Teilüberschneidungen zum BMBF im Bereich der Forschungsförderung.
Weiterhin ungeklärt bleibt wohl bis zum neuen Jahr, ob die Grundsatzfragen der Digitalpolitik das Kanzleramt nun verlassen – und dann wohl in Richtung BMDV – oder dort verbleiben werden.
Die Europäische Kommission will einen größeren Anteil der Einnahmen aus dem Emissionshandel in den EU-Haushalt umlenken, um die Mittel des kreditfinanzierten Corona-Aufbauprogramms zurückzuzahlen. Nach dem Vorschlag von Haushaltskommissar Johannes Hahn würden künftig 25 Prozent der Einnahmen aus dem existierenden ETS in das gemeinsame Budget fließen. Bislang wandern die Erlöse aus dem Verkauf der Verschmutzungszertifikate großteils in die nationalen Haushalte.
Die Kommission schätzt die Einnahmen daraus für den Zeitraum 2026-2030 auf rund 12 Milliarden Euro pro Jahr. Zusätzliche Mittel für den EU-Haushalt soll der neue Emissionshandel für die Sektoren Gebäude und Verkehr bringen, den die Behörde im Rahmen des Fit for 55-Pakets vorgeschlagen hat. Ein Viertel der Erlöse daraus soll in den Klima-Sozialfonds fließen (Europe.Table berichtete), der die Folgen steigender CO₂-Preise abfedern soll.
Die Pläne sind der Kern eines Vorschlags zu neuen Eigenmitteln für den EU-Haushalt, den Hahn am Mittwoch vorstellte. Als weitere Einnahmequelle ist der geplante CO₂-Grenzausgleichsmechanismus vorgesehen: 75 Prozent der Einnahmen aus dem CBAM sollen dem EU-Budget zugutekommen, rund eine Milliarde Euro ab 2026.
Dritte neue Einnahmequelle soll die auf OECD-Ebene vereinbarte Mindeststeuer für internationale Konzerne werden. Die erste Säule des Abkommens will eine adäquate Verteilung des Steueraufkommens zwischen den betreffenden Staaten sicherstellen (Europe.Table berichtete). 15 Prozent der zusätzlichen Steuereinnahmen, die dadurch den EU-Staaten zufließen, beansprucht die Kommission für den gemeinsamen Haushalt. Dies könne 2,5 bis 4 Milliarden Euro einbringen, schätzt die Behörde.
Zusammengenommen würden die neuen Eigenmittel also ab 2026 15,5 bis 17 Milliarden Euro ausmachen. Das Aufbauprogramm Next Generation EU sieht Ausgaben von 800 Milliarden Euro (nach heutigen Preisen) vor, die über EU-Anleihen aufgebracht und ab 2026 zurückgezahlt werden sollen.
Sollten die Eigenmittel nicht ausreichen, müsste das EU-Budget gekürzt werden oder die Regierungen müssten ihre nationalen Beiträge entsprechend erhöhen. Die neue Ampel-Koalition in Berlin hat sich im Koalitionsvertrag ausdrücklich gegen Kürzungen im EU-Budget ausgesprochen. Dennoch dürften die Vorschläge Hahns für Konflikte mit den Mitgliedsstaaten sorgen. Der Rat muss diesen einstimmig zustimmen.
Das Europaparlament drückt aufs Tempo: Die Vorschläge kämen später als 2020 zwischen Rat und Parlament vereinbart, kritisierten die EP-Berichterstatter José Manuel Fernandes (EVP) und Valérie Hayer (Renew). “Jetzt sollte der Rat schnell die Arbeit aufnehmen.”
Der Industrieverband Business Europe mahnte, die geplanten Mehreinnahmen dürften nicht zulasten der Wirtschaft gehen. “Wir begrüßen die Entscheidung der EU, keine Digitalsteuer vorzuschlagen”, sagte Generaldirektor Markus Beyrer. Aber man befürchte weiter, dass eine Binnenmarkt-Steuer eingeführt werden könnte. tho
Im Kampf gegen missbräuchliche Nutzung von Briefkastenfirmen für Steuerzwecke hat die EU-Kommission am Mittwoch einen Vorschlag für einen neuen Rechtsakt vorgelegt. Unternehmen in der EU, die keine oder nur eine geringfügige Geschäftstätigkeit unterhalten, sollen keine Steuervorteile in Anspruch nehmen können, damit die Steuerzahler nicht finanziell belastet werden.
“Durch die künftigen Überwachungs- und Berichterstattungspflichten für Briefkastenfirmen wird es für diese schwieriger sein, sich unfaire Steuervorteile zunutze zu machen, und für die nationalen Behörden leichter, missbräuchliche Nutzungen von Briefkastenfirmen aufzudecken”, so Exekutiv-Vizepräsident Valdis Dombrovskis. “Wer zum Zweck der Steuerhinterziehung, Steuervermeidung oder Geldwäsche die Vorschriften ausnutzen will, der hat in Europa keinen Platz: Jeder sollte seinen fairen Anteil an Steuern zahlen.”
Briefkastenfirmen könnten nützliche gewerbliche und geschäftliche Funktionen erfüllen, erklärt die EU-Kommission. Allerdings würden sie auch von “einigen internationalen Konzernen und auch von Einzelpersonen missbräuchlich dazu genutzt, um eine aggressive Steuerplanung zu betreiben oder Steuern zu hinterziehen“.
Nehmen die Mitgliedstaaten den Vorschlag der Kommission an, tritt er am 1. Januar 2024 in Kraft. luk
Im Streit über den Vorrang von EU-Recht vor nationalem Recht hat die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen eingeleitet. Die Entscheidung des polnischen Verfassungsgerichts vom 14. Juli und 7. Oktober verstießen gegen die allgemeinen Grundsätze des Vorrangs und der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts sowie der Bindungswirkung der Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH), erklärte die Brüsseler Behörde.
Das polnische Verfassungsgericht hatte am 7. Oktober unterstrichen, dass es nicht nur das Recht habe, die Verfassungsmäßigkeit des EU-Rechts zu überprüfen, sondern auch die Urteile des EuGH. Der stellvertretende Justizminister Sebastian Kaleta bezeichnete das Vertragsverletzungsverfahren am Mittwoch als einen Angriff auf Polens Verfassung und Souveränität. rtr
Das Bundeskartellamt will in seinen Verfahren gegen die Online-Riesen Amazon, Apple, Google und Meta rasch Ergebnisse präsentieren. Die Verfahren würden “mit viel Nachdruck” betrieben, sagte Kartellamtschef Andreas Mundt am Mittwoch. Die Wettbewerbshüter wollten “im neuen Jahr schnell erste Ergebnisse vorlegen”. Der Gesetzgeber hatte dem Kartellamt Anfang des Jahres neue Instrumente in die Hand gegeben. Das Kartellamt kann danach eine marktbeherrschende Stellung von Unternehmen künftig leichter feststellen und eingreifen, um bestimmte Verhaltensweisen zu untersagen. Die Behörde könne nun “gegen wettbewerbsschädliche Praktiken von großen Digitalkonzernen schneller und effektiver vorgehen”, unterstrich Mundt.
Das Kartellamt hatte auf dieser Basis Verfahren gegen die vier US-Riesen Amazon, Apple, Google und Meta eingeleitet. Die Wettbewerbshüter prüfen aber auch andere Praktiken von Internet-Konzernen, unter anderem, ob Amazon die Preise seiner Händler auf dem Amazon Market Place kontrolliert und vielleicht beeinflusse. “Der Wettbewerbsschutz in der Digitalwirtschaft bleibt eine Top-Priorität für das Bundeskartellamt”, bilanzierte Mundt. rtr
Es sei mehr ein Zufall gewesen, dass er 1986 zur Jungen Union gekommen ist, sagt David McAllister. Durch seine Kindheit in West-Berlin habe er schon früh politisches Interesse entwickelt. Nach dem Umzug ins niedersächsische Bad Bederkesa, Anfang der 1980er Jahre, wird aus diesem Interesse parteipolitisches Engagement.
Seit 2014 ist David McAllister Abgeordneter des Europaparlaments in Brüssel und Straßburg. Wenn er am Wochenende nach Hause kommt, liest er dennoch zuerst “den Stapel meiner Lokalzeitungen”, um herauszufinden, was in der regionalen Politik los ist.
Von Bad Bederkesa aus wird er 1998 in den Niedersächsischen Landtag und später zum Vorsitzenden der CDU-Fraktion gewählt. 2010 tritt er die Nachfolge von Christian Wulff als Ministerpräsident von Niedersachsen an – der erste mit doppelter Staatsbürgerschaft. McAllister hat neben dem deutschen auch einen britischen Pass.
Das Jahr 2013 wird durch den Regierungswechsel zu Rot-Grün nicht nur für die CDU in Niedersachsen eine Zäsur. “Ich habe ernsthaft überlegt, etwas ganz anderes zu machen”, sagt McAllister. Nach einiger Bedenkzeit tritt David McAllister dann allerdings doch die Nachfolge von Hans-Gert Pöttering als Spitzenkandidat der CDU für das Europaparlament an.
“Ich bin überzeugter Europäer”, sagt McAllister über sich selbst. Auch wenn Deutschland seine Heimat ist, sei er sich seiner britischen Prägung bewusst. Aus den innenpolitischen Debatten des Vereinigten Königreichs halte er sich allerdings heraus. Der Brexit sei für ihn ein “historischer Fehler”.
David McAllister ist im Europaparlament der Ansprechpartner für alle Fragen rund um die Beziehung zu Großbritannien. Dazu gehöre auch, “zu versuchen, wo es nur geht, das Beste aus der Situation zu machen”, sagt er.
David McAllister ist zudem Vorsitzender des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten. Dieser beschäftigt sich unter anderem mit der Stärkung politischer Beziehungen zu Drittländern und den Verhandlungen über den Beitritt zur EU.
Einen Schwerpunkt legt McAllister auf die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Wirtschaftlich sei Europa zwar sehr weit entwickelt, außenpolitisch jedoch noch nicht. Um auf Augenhöhe mit Mächten wie den USA oder Russland sprechen zu können, müssten die Mitgliedsstaaten daher mehr an einem Strang ziehen, sagt er. “Die EU ist am Ende immer ein einzigartiger Prozess, Konsens und Kompromiss zu finden.”
Als einer von drei CDU-Abgeordneten aus Niedersachsen im EU-Parlament vertritt er außerdem die Interessen seiner Heimat in Brüssel und Straßburg. “Ich bin zuständig für den Elbe-Weser-Raum plus das Gebiet rund um Hannover“, erklärt er.
Am Wochenende sei er im Regelfall zu Hause. Auch, um die Verbindung zu Norddeutschland zu halten. Zum Entspannen spielt er dann Tennis mit seinen Töchtern, berichtet er. Gleich nachdem ihm der Stapel Lokalzeitungen verraten hat, was in der vergangenen Woche zwischen Elbe und Weser passiert ist. Mirja Mader
Institutionenkommunikation ist eh schon ein schwieriges Geschäft. Kann eine Institution reden? Sprechen? Hat sie ein eigenes Leben? Natürlich nicht, aber die Menschen, die für sie kommunizieren. Und auch die freuen sich auf die anstehenden Tage der Einkehr, auf Ruhe, Besinnlichkeit und Lockdowns im Kreise ihrer Liebsten.
Doch genau jetzt ist die Hochsaison der Komplexität: Eigentlich sind alle urlaubsreif, wollen Dominosteine, Mince Pies, Verivorst, ein Stückchen Buccellato oder gleich die ganze Wigilia aufknabbern.
Bloß: zwar ist die EU historisch christlich-westlich geprägt. Aber sie ist in sich bunt, vereint ganz unterschiedliche Traditionen. Und das reicht vom Essen bis hin zum Datum des Weihnachtsfestes. Das findet in christlich-orthodoxen Kreisen seit dem Kalendersplit vor 439 Jahren eben erst zum gregorianisch terminierten Epiphanias im Januar 2022 statt (Sie wissen schon, der erste biblisch verbürgte Trilog).
Und natürlich spielen auch in diesem Jahr in fast allen Mitgliedstaaten die Rechtsaußenpopulisten wieder ihre Agitprop-Spielchen rund um die Frage, ob Weihnachtsmärkte noch Wintermärkte heißen dürfen, selbst wenn sie Covid-bedingt abgesagt werden.
Wünscht man nun also frohe Festtage? Frohe Weihnachten? Fröhliche gar? Eine herausfordernde Aufgabe also. Was tun? Die Antwort der Kommunikatoren für den Europäischen Rat: Eine Spotify-Playlist mit vielen mitgliedstaatlichen Weihnachtsklassikern, die die europäische Vielfalt irgendwie abbilden. Deutschlands Beitrag ist etwas herzhafter geraten, die Bockwurst unter den europäischen Weihnachtssongs. Damit wird es alles Mögliche, nur eines ganz sicher nicht, um es estnisch zu formulieren: Püha Öö. Falk Steiner