der Griff zum Telefonhörer hat offenbar geholfen: Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron und US-Präsident Joe Biden nähern sich nach dem U-Boot-Streit an. In einer gemeinsamen Presseerklärung räumte die US-Seite ungewöhnlich deutlich Fehler ein. Ende Oktober wollen sich die beiden persönlich treffen, von “Schaffung von Vertrauen” und “gemeinsamen Zielen” ist die Rede. Mehr dazu lesen Sie in unseren Nachrichten.
Mit mehr als 44 Milliarden Euro haben die chinesischen Entwicklungsbanken in den vergangenen 20 Jahren Kohlekraft im Ausland finanziert. Damit könnte bald Schluss sein: Xi Jinpings Ankündigung, den Bau neuer Kohlekraftwerke im Ausland zu beenden, könnte auch das Ende der chinesischen Finanzierung in anderen Ländern bedeuten. Warum es dabei aber – wie so oft – auf die Details ankommt, haben Nico Beckert und Charlotte Wirth analysiert.
Wie stellen sich die Bundesministerien in den kommenden Monaten des Interregnum in Sachen Digitales auf? Falk Steiner hat bei den zuständigen Häusern nachgefragt, was in diesem Herbst auf der Agenda steht.
Wir schauen außerdem nach Griechenland, wo angesichts Angela Merkels angekündigtem Abschied nicht gerade Tränen der Trauer fließen. Das Land hofft auf einen Kurswechsel in der deutschen Politik und blickt dabei auch zurück auf seine schmerzhafte Vergangenheit, wie Chrissi Wilkens aus Athen berichtet.
China will den Bau neuer Kohlekraftwerke im Ausland beenden. Das bedeutet womöglich auch das Ende der Finanzierung von Kohlekraft durch chinesische Entwicklungsbanken. Ein wichtiger Schritt im Kampf gegen den Klimawandel, denn Peking hatte Milliarden in den Sektor investiert. Doch der Teufel steckt im Detail.
“China wird keine neuen Kohlekraftwerke im Ausland bauen.” Stattdessen wolle die Volksrepublik “andere Entwicklungsländer bei der Entwicklung grüner und kohlenstoffarmer Energieprojekte stärker unterstützen“. Das kündigte Präsident Xi Jinping am Dienstag in seiner Rede vor der UN-Vollversammlung an. Klima- und Energieexpert:innen sehen die Ankündigung als wichtigen Schritt. Die Volksrepublik war der letzte namhafte Staat, der Kohleprojekte im Ausland finanziert.
Südkorea und Japan hatten in jüngster Vergangenheit ebenfalls den Ausstieg aus der Kohlefinanzierung im Ausland bekannt gegeben. Westliche Staaten und Entwicklungsorganisationen hatten sich bereits in den vergangenen Jahren verpflichtet, keine besonders klimaschädlichen Projekte mehr zu finanzieren.
China war in den vergangenen Jahren zum größten öffentlichen Geldgeber für Kohlekraftwerke im Ausland geworden. Mit über 44 Milliarden Euro haben die beiden großen chinesischen Entwicklungsbanken, die Export-Import Bank of China und die China Development Bank, in den vergangenen 20 Jahren Kohlekraft im Ausland finanziert. Damit wurden 66 Kraftwerke gebaut, wie eine Datenbank der Boston University zeigt. Ohne diese Exportkredite, Darlehen und Zuschüsse könnten viele der Projekte nicht realisiert werden.
Die Klimafolgen von Xis Ankündigung sind nicht zu unterschätzen. Die seit dem Jahr 2000 mit chinesischen Staatsgeldern gebauten Kohlekraftwerke im Ausland werden während ihrer 40-jährigen Lebensdauer 12 Gigatonnen CO2 ausstoßen (China.Table berichtete). Das ist mehr als die jährlichen CO2-Emissionen Chinas.
Derzeit befinden sich noch Kohleprojekte mit chinesischer Finanzierung mit einer Kapazität von 40 Gigawatt in der Entwicklung, so Byford Tsang, Analyst des Klima-Think-Tanks E3G. Das entspricht der derzeitigen Kohlekapazität Deutschlands.
Die Finanzierung von Kohlekraftwerken im Ausland diente bislang auch industriepolitischen Zielen Chinas. Bei einem Großteil der Projekte wurden chinesische Heizkessel, Dampfturbinen und Generatoren eingesetzt. In zwei von drei Projekten kamen chinesische Auftragnehmer zum Zug. Damit sollten Überkapazitäten der chinesischen Industrie nutzbar gemacht werden. Xis Ankündigung ist also auch ein Zeichen an die eigene Industrie.
Die Ankündigung, grüne und kohlenstoffarme Energieprojekte stärker unterstützen zu wollen, wird bei den ausländischen Partnern auf offene Ohren treffen. Seit dem Jahr 2000 haben die großen Entwicklungsbanken der Volksrepublik Solarprojekte im Ausland lediglich mit umgerechnet 2,2 Milliarden Euro und Windenergie-Projekte lediglich mit einer Milliarde Euro finanziert. Allerdings flossen 37,5 Milliarden Euro in Wasserkraft-Projekte.
Analysten sehen die Ankündigung Xis auch als “Geschäftschance“. China ist weltweit der größte Produzent von Solar- und Windkraftanlagen und hat in der Vergangenheit angekündigt, die Belt and Road Initiative nachhaltiger zu machen.
Klimaexpertinnen und Aktivisten loben Chinas Ankündigung als wichtigen Schritt im Kampf gegen den Klimawandel. Li Shuo von Greenpeace Ostasien sieht Xis Versprechen als “guten Schritt nach vorn”. Es käme jetzt jedoch auf die Details an: “Gilt die Ankündigung sofort? Bezieht sich die Ankündigung nur auf staatliche Akteure?”
Auch Byford Tsang von E3G ist auf die Details gespannt. Es sei entscheidend, ob die Ankündigung auch staatliche und Geschäftsbanken umfasse – das wäre dann sogar ein Schritt mehr als die von G7-Staaten eingegangenen Verpflichtungen. Denn westliche Geschäftsbanken finanzieren weiterhin Kohleprojekte im Ausland.
Chinesische Banken haben sich in den letzten Monaten nach Vorgaben der politischen Führung schon “von Kohleprojekten im Ausland distanziert”, sagt Lauri Myllyvirta, Energie-Analyst beim Think-Tank Centre for Research on Energy and Clean Air. Doch auch Myllyvirta weist darauf hin, dass China die Ankündigung präzisieren müsse: “Chinesische Banken und Unternehmen spielen [im Kohlesektor] eine wichtige Rolle bei der öffentlichen und privaten Finanzierung, bei Kapitalbeteiligungen und bei der Bereitstellung von Ausrüstungen”, so Myllyvirta.
Die wichtigste Konsequenz aus Xis Äußerung sei ihm zufolge, dass “jede neue Finanzierung oder Kapitalbeteiligung an Kohlekraftwerksprojekten in Übersee für jede chinesische Bank oder jedes chinesische Energieunternehmen schädlich wäre.”
Die Klimajournalistin und Beraterin, Liu Hongqiao mahnt jedoch zur Zurückhaltung. Xi habe nicht direkt von Finanzierungen gesprochen. Man “müsse die offiziellen chinesischen Verlautbarungen” in dieser Frage abwarten.
Alle Expert:innen sind sich einig: Klimapolitisch ist es noch wichtiger, welche Pläne China künftig im Inland verfolgt. Die Volksrepublik ist der größte CO2-Emittent der Welt. Kohlestrom deckt zwei Drittel des chinesischen Energiehungers. Die Hälfte des weltweit erzeugten Kohlestroms geht auf China zurück. Infolge der Corona-Pandemie wurde die Kapazität sogar weiter ausgebaut, um die Wirtschaft anzukurbeln.
Im April hatte Xi auf einem hochrangigen Klimagipfel ankündigt, den Kohleverbrauch bis 2025 “streng zu kontrollieren”. Bis 2030 wolle die Volksrepublik einen “schrittweisen Abbau des Kohleverbrauchs” einleiten, so Xi. Das war das erste Mal, dass China ein konkretes Datum für das Absinken des eigenen Kohleverbrauchs nannte. Um seinen Beitrag zur Erreichung des 2-Grad-Ziels zu erreichen, müsste China den Kohleverbrauch jedoch “in einem viel schnelleren Tempo als derzeit geplant” reduzieren, schreiben die Expert:innen des Climate Action Tracker.
Es wird entscheidend sein, ob Xi auch auf der Klimakonferenz Anfang November in Glasgow neue Verpflichtungen eingeht, beziehungsweise die eigenen Klimapläne konkretisiert.
Die EU hat sich ihrerseits mit dem neuen Finanzierungsinstrument für Außen- und Entwicklungspolitik, Global Europe (2021-27), explizit gegen eine Finanzierung von fossilen Brennstoffen – demnach auch Kohle – entschieden. So umfasst das Gesetz des 76 Milliarden schweren Instrumentes eine Ausschlussklausel: Tätigkeiten, die “im Rahmen des Übereinkommens von Paris nicht vereinbar sind oder Investitionen in fossile Brennstoffe fördern”, dürfen keine Gelder erhalten. Stattdessen sollen die Gelder in die Entwicklung erneuerbarer Energien fließen.
Insbesondere der mit 53,5 Milliarden gespickte Europäische Fonds für nachhaltige Entwicklung (EFSD+), über den etwa Finanzmittel, Haushaltsgarantien, oder Mischfinanzierungen (Blending) getätigt werden, lässt lediglich “ökologisch nachhaltige” Investitionen zu, für die eine strenge Sorgfaltspflicht gilt.
Die Europäische Investitionsbank EIB hat bereits 2019 entschieden, ab 2021 keine neuen Finanzierungen für Projekte mit fossilen Energieträgern zu unterstützen. Demnach sollen die Gelder vermehrt die Entwicklung von saubere Energien, Energieeffizienz und erneuerbare Energien vorantreiben. Nico Beckert/Charlotte Wirth
Im Interregnum zwischen alter und neuer Regierung wird in der EU an den Digitalvorhaben weiterverhandelt. Vorerst definiert die dann geschäftsführende Bundesregierung, welche Prioritäten verfolgt werden. Ein Überblick, welche Dossiers welche Ministerien dabei besonders im Auge haben und worauf sie inhaltlich Wert legen – Teil 3 des Herbstausblicks zur Digitalpolitik.
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi)
Die Umsetzung des “Digitalen Kompass 2030” ist einer der beiden Hauptpunkte, mit denen sich das BMWi beschäftigen möchte: “Zentral sind die Erhöhung der digitalen Souveränität, die Stärkung der Halbleiterindustrie, die Sicherung von Fachkräften im IKT-Bereich, die Verbesserung der Infrastrukturen, die Verbreitung von Digitalen Technologien wie Cloud-Computing, Big Data und Künstlicher Intelligenz, der Einsatz von Lösungen für digitale Identitäten sowie ein geeignetes Monitoring für die Umsetzung der Ziele.”
Der zweite wesentliche Punkt: die Umsetzung der anstehenden Legislativakte. “Faire Wettbewerbsbedingungen innerhalb und außerhalb der EU zu erhalten und Innovationen zu fördern”, sei besonders wichtig. Der Fokus liege daher auf KI-Verordnung, Data Governance Act, Digital Markets und Digital Services Act, aber auch Roaming und Cybersicherheit seien aus eigener Sicht zentral, teilt das Ministerium mit.
Bundesministerium des Innern, Heimat und Bauen (BMI)
Auch am Spreebogen stehen die Digitalpaket-Inhalte im Zentrum der Aufmerksamkeit: Digital Services Act und KI-Verordnung, aber auch der Data Governance Act werden vom BMI aktiv begleitet. Dazu kommt auch die eIDAS-Verordnung über Digitale Identitäten, die weiteren Schritte im Rahmen der Cybersicherheitsstrategie der EU und die Überarbeitung der Netzwerk- und Informationssicherheitsrichtlinie (NIS).
Zur eigenen inhaltlichen Positionierung will man sich im BMI nicht äußern. Bei der Cybersicherheit sieht das BMI zwar eine Notwendigkeit für mehr europäisches Engagement, Deutschland betrachtet sich selbst jedoch besser aufgestellt als die meisten anderen europäischen Staaten. Bei der eID liegt Deutschland zwar bislang technisch im Hinterland Europas, will aber nun zur Aufholjagd blasen.
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV)
Das BMJV erläutert seine Prioritäten auch inhaltlich: Beim Digital Services Act (DSA) sei die effektive und einheitliche Bekämpfung von strafbaren Online-Inhalten in der Europäischen Union wesentliches Ziel. Wenn strafbare Inhalte von Nutzerinnen und Nutzern gemeldet werden, müssten konkrete Löschpflichten und -fristen gelten – bei offensichtlich strafbaren Inhalten soll eine Löschung innerhalb von 24 Stunden erfolgen. Sollten diese nicht im DSA selbst geregelt werden, müssten den Mitgliedstaaten eigene Regelungsspielräume bleiben.
Zudem fordert das BMJV, dass auch “demokratiegefährdende Straftaten wie die Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen oder die Leugnung des Holocaust an die Strafverfolgungsbehörden” gemeldet werden müssten. Das BMJV legt zudem auch großen Wert auf neue und schärfere Regeln für Handelsplattformen: “proaktive Sorgfaltspflichten der Plattformen zur Identifizierung und Entfernung von illegalen Produkten und Dienstleistungen” seien dem Ministerium bei den Verhandlungen wichtig.
Bei der KI-Verordnung vermisst das BMJV eine stärkere Position der Verbraucherinnen und Verbraucher: Social Scoring sollte auch durch Private untersagt sein – und das Verbot des Einsatzes von sogenannten “Dark Patterns“, also nicht erkennbaren Mechanismen zur Nutzersteuerung, sollte “auch auf wirtschaftliche Schäden bei Verbraucherinnen und Verbrauchern ausgeweitet werden”. Zudem solle die Verordnung auch auf den Versicherungssektor Anwendung finden.
Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Das BMAS interessiert sich für die KI-Verordnung, DSA und DMA, Data Act und Data Governance Act, will sich inhaltlich dazu aber nicht öffentlich verhalten. Diese Themen und Dossiers beträfen “zentrale Themen des Hauses. Entsprechend bringt sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales aktiv in die Verhandlungen bzw. Gespräche auf EU-Ebene ein. Die Positionierung innerhalb der Bundesregierung zu den genannten Dossiers bzw. Themen ist jedoch noch nicht abgeschlossen.”
Zum Vorschlag zur Plattformarbeit, der im Dezember von der Kommission erwartet wird, verweist das Haus auf seine Eckpunkte vom Dezember 2020.
Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastrukturen
Im Haus an der Invalidenstraße ist man in seinen Prioritäten klarer, was auch den Zuständigkeiten geschuldet sein kann: Bereits erfüllt wurden einige Wünsche an das Umsetzungsprogramm zur digitalen Dekade – der Kommissions-Vorschlag deckt sich weitgehend mit den BMVI-Wünschen zur digitalen Infrastruktur (Gigabit für alle Haushalte bis 2030, 5G für bevölkerte Gebiete und 10.000 Edge-Computing-Netzknoten).
Darüber hinaus erwartet das BMVI, dass bei der KI-Verordnung, die unter anderem auch für den Bereich des automatisierten und autonomen Fahrens eine wichtige Rolle spielt, noch unter der slowenischen Ratspräsidentschaft “größtmögliche Fortschritte” erzielt werden sollten – und dass beim Data Governance Act schnellstmöglich die “Allgemeine Ausrichtung” stattfindet, also die Einigung im Rat auf eine Verhandlungsposition gegenüber dem Parlament.
Zudem hofft das BMVI auf einen zügigen Start der Verhandlungen mit dem Parlament zur Roaming-Verordnung, die Ratsposition hierzu ist seit Mitte Juni konsentiert.
Über die bereits laufenden Vorhaben hinaus erwartet das BMVI vor allem die Vorlage überarbeiteter Beihilfeleitlinien für den Breitbandausbau. Die Leitlinien aus dem Jahr 2013 müssten dringend aktualisiert und vereinfacht werden, so das BMVI: Die Gigabitziele müssten darin berücksichtigt werden, auch sonst bestehe technischer Änderungsbedarf.
Ebenfalls aus Sicht des Ministeriums wesentlich: Die “unterschiedlichen Zweckrichtungen” bei Mobilfunk und Festnetz sollten in den Beihilfeleitlinien stärker berücksichtigt werden und mögliche Synergien, aber auch Unterschiede darin Niederschlag finden. Dies sei für künftige Förderprogramme von großer Wichtigkeit.
Die vorangegangenen Teile des digitalpolitischen Herbst-Ausblicks:
Teil I: Welche Vorhaben in diesem Herbst Fortschritte erzielen könnten
Teil II : Die Vorhaben der Kommission
24.09.2021 – 15.00-17.00 Uhr, online
Eco, Podiumsdiskussion Allianz digitale Infrastrukturen – Bedeutung digitaler Ökosysteme für den Standort Berlin
Wie können Klimaziele erreicht, wirtschaftlicher Erfolg gesichert und Rahmenbedingung für die Digitalisierung geschaffen werden? Die Referent:innen des Verbandes der Internetwirtschaft (Eco) diskutieren, wie dieses Spannungsfeld gelöst und Unternehmen frühzeitig auf einen digitalen und nachhaltigen Wandel vorbereitet werden können. INFOS & LIVESTREAM
27.09.2021 – 09:00-17:00 Uhr, Stuttgart/online
VDI, Seminar Fit für die Digitale Transformation
Das Seminar des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) gibt einen Einblick in die Einflüsse der Digitalisierung und will Führungspersonen Wissen liefern, um eine digitale Transformation im eigenen Unternehmen gestalten zu können. INFOS & ANMELDUNG
27.09.-29.09.2021, online
EUSH, Konferenz Water-Energy-Food-Ecosystems (WEFE) Nexus scientific advances in the Mediterranean region
Scientists, practitioners, and decision makers from WEFE sectors will explore new approaches and practices for managing water, energy, food, and ecosystem resources across sectors. A collaborative response across the Mediterranean region will integrate new directions in research and planning. INFOS
28.09.2021, online
TÜV Rheinland, Workshop Cyber Security in der industriellen Automation
In diesem Workshop des TÜV Rheinland werden die Grundlagen und Anforderungen der Industrial Security vermittelt, Begriffe und Anforderungen der Norm erklärt sowie der Aufwand einer Entwicklung eingeschätzt. INFOS & ANMELDUNG
28.09.-29.09.2021, online
Konferenz Metering days digital 2021
Die Metering Days geben einen Einblick in die neuesten Metering-Entwicklungen und bieten Expert:innen und Praktiker:innen aus Stadtwerken und von Netzbetreibern eine Möglichkeit des Austausches. INFOS & ANMELDUNG
28.09.-30.09.2021, online
Konferenz Digital Future Congress
Der virtuelle Kongress für Digitalisierung im Mittelstand beschäftigt sich unter anderem mit den Themen Kompetenzen in der neuen Arbeitswelt, Archivierungs- und Informationsmanagement-Services, User Interfaces iterativ und der Erleichterung und Optimierung von Arbeitsprozessen mit digitalen Lösungen. INFOS & TICKETS
Griechenland blickt mit Neugier nach Berlin und hofft nach den Bundestagswahlen auf neue Akzente in den griechisch-deutschen Beziehungen. Eine Rolle spielen dabei die Wunden aus den Zeiten des harten Spardiktats und des Zweiten Weltkriegs.
Es wird kein schwieriger Abschied. Nach langer Zeit war Angela Merkel zuletzt wieder stark präsent in der griechischen Berichterstattung. Diesmal ging es nicht um Sparauflagen, wie während des Höhepunkts der Schuldenkrise im Jahr 2015. Sondern um ihre Aussage bei einer Diskussion im Düsseldorfer Schauspielhaus vor ein paar Tagen. Als Merkel zum schwersten Moment ihrer Zeit als Kanzlerin befragt wurde, antwortete sie: Dieser sei die Eurokrise gewesen, als sie den Bürgern in Griechenland so viel zugemutet habe. Merkel habe nicht das Bedürfnis, sich zu entschuldigen, kommentierte die Wirtschaftszeitung “Naftemporiki” verbittert: “Sie ist sparsam, auch mit ihren Gefühlen”.
Die Hoffnung, die das Land mit einem Post-Merkel-Deutschland verbindet, ist, dass Berlin nicht mehr mit erhobenem Zeigefinger daherkommt. Man ist sich auch bewusst, dass die neue deutsche Führung eine wichtige Rolle spielen wird bei der Frage, ob und inwieweit sich die Regeln des Europäischen Stabilitätspakts für Defizite und Schulden ändern werden (Europe.Table berichtete), der bis Ende 2022 außer Kraft ist wegen der Corona-Krise. Die Situation in Griechenland ist trotz positiver Konjunkturdaten schwierig. Die Corona-Krise hat die Staatsverschuldung weiter ansteigen lassen, die Schuldenquote liegt bei mehr als 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Neue Spar-Memoranden zu verhängen, will die konservative Regierung von Premier Kyriakos Mitsotakis auf jeden Fall vermeiden. Die Umfragen registrieren ohnehin wachsende Unzufriedenheit mit dem Krisenmanagement der Regierung, in der Corona-Krise und auch im Umgang mit den verheerenden Waldbränden im Sommer (Europe.Table berichtete). Im Rahmen der Internationalen Messe Thessaloniki (DETh) vor ein paar Tagen hat der Premierminister das Wachstumsziel nach oben korrigiert – von 3,6 Prozent auf 5,9 Prozent – und über einen “Aufschwung für alle” gesprochen, mit gezielten Steuersenkungen und Sozialleistungen.
Athen wartet jetzt selbstbewusster auf die neue deutsche Führung. “Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern haben sich in den letzten Jahren verbessert”, sagt Jens Bastian, Politikberater bei der Denkfabrik ELIAMEP (Griechische Stiftung für Europäische und Auswärtige Politik). “Es hat eine Konzentration auf Sachthemen gegeben. Die Neugier überwiegt und man erwartet in Athen, dass neue Initiativen ergriffen und neue Akzente gesetzt werden können.”
In drei Bereichen könne die neue Bundesregierung die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern verstärken, so der Analyst: in der Migrationspolitik, etwa durch eine materielle Unterstützung Griechenlands und die fortgesetzte Umverteilung von Flüchtlingen. Zweitens könne Deutschland konkreten Beistand beim Umgang mit dem Klimawandel leisten (Europe.Table berichtete), etwa bei Projekten der Wiederaufforstung in Griechenland.
Nötig, so Bastian, sei zudem “eine gezielte Bereitschaft seitens Berlins, sich verstärkt mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen und über die Forderungen Griechenlands nach Reparationen und Entschädigungen für die begangenen Verbrechen während der Okkupation zwischen 1941 und 1944 zu sprechen”. Bei Letzterem könne Athen auf die Hilfe der Grünen und der Linkspartei hoffen, falls sie an einer neuen Koalitionsregierung beteiligt wären. Im März 2021 hatten beide Bundestagsfraktionen in getrennten Anträgen gefordert, dass auf griechische Reparationsforderungen konkret und zeitnah geantwortet wird.
Mit Spannung wartet man in Athen, ob sich die Prognosen eines Sieges der Sozialdemokraten bestätigen. SPD-Kandidat Olaf Scholz ist bereits durch seine Funktion als Bundesfinanzminister ein bekanntes Gesicht in Griechenland. In den griechischen Medien wird Scholz’ differenzierter Stil gelobt, ebenso die Tatsache, dass er sich für gemeinsame Schulden im EU-Aufbaufonds ausgesprochen hat. Es besteht die Hoffnung, dass er als Kanzler gemeinsam mit dem französischen Präsidenten wichtige Entscheidungen für die wirtschaftspolitische Steuerung Europas durchsetzen könnte – falls Emmanuel Macron wiedergewählt wird.
Seraphim Seferiades, Professor für Politikwissenschaft an der Panteion Hochschule und Direktor des Labors für politische Konflikte, bleibt aber skeptisch: “Griechenland wartet eigentlich auf einen Kurswechsel in Berlin, der zwar im Moment nicht möglich erscheint, aber eine Veränderung könnte langsam stattfinden, sie ist im Gange.” Viele Menschen in Deutschland seien auf der Suche nach einer anderen Politik wegen der starken sozialen Ungleichheit und der steigenden Armut. “Wenn es zu einem Bruch im politischen Denken in Deutschland kommt, wird dies nicht nur für Griechenland und den europäischen Süden, sondern für ganz Europa von großer Bedeutung sein.”
Von der neuen Führung in Berlin erhofft sich Griechenland auch einen Kurswechsel, was Ankaras Provokationen im östlichen Mittelmeerraum angeht. Man wünscht sich, dass Berlin dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan entschlossener entgegentritt als in der Regierungszeit Merkels. “Griechenland will mehr als nur den Satz: ‘Einigt euch mit der Türkei.’ Für die griechische öffentliche Meinung sind die Provokationen der Türkei eine rote Linie und man erwartet mehr Unterstützung aus Deutschland“, betont Giorgos Tzogopoulos, Lektor für Internationale Beziehungen bei der Demokrit-Universität Thrakien. Chrissi Wilkens
Die Wogen glätten sich wieder: Nach einem Telefonat zwischen dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron und dem US-Präsidenten Joe Biden veröffentlichten Élysée-Palast und Weißes Haus am Abend eine gemeinsame Presseerklärung. Darin räumt die US-Seite ungewöhnlich deutlich Fehler ein: “Offene Konsultationen zwischen den Alliierten zu strategischen Interessen Frankreichs und der europäischen Partner wären der Situation zuträglich gewesen”. Dass diese rund um den U-Boot-Deal mit Australien und Großbritannien zulasten Frankreichs nicht stattgefunden hatten, scheint im Weißen Haus inzwischen als Versäumnis erkannt: Biden hatte Macron um das gestrige Telefonat gebeten.
Ende Oktober wollen sich die beiden Präsidenten nun persönlich treffen. Dies sei Teil eines Prozesses, um die Voraussetzungen für neues Vertrauen zu schaffen und “konkrete Maßnahmen für gemeinsame Ziele” vorzuschlagen. Frankreichs Botschafter, den Macron am vergangenen Freitag zurückbeorderte, soll kommende Woche nach Washington D.C. zurückkehren.
Damit dürfte auch die Verschiebung der Auftaktveranstaltung des EU-US-Trade and Technology-Councils (TTC) in Pittsburgh am 29. September vom Tisch sein. Die EU-Seite hatte den Termin auf Drängen Frankreichs zuletzt infrage gestellt. Die am Dienstag demonstrierte Geschlossenheit der EU und ihrer Mitgliedstaaten erfuhr am Mittwoch einen deutlichen Riss: Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen gab der dänischen Zeitung Politiken ein Interview, in dem sie deutlich ihr Unverständnis über die französische Kritik am US-Verhalten äußerte: Sie verstehe diese “überhaupt nicht”.
Der britische Premier Boris Johnson, im Aukus-Bündnis auf der Seite Australiens und der USA, teilte ebenfalls gegen Paris aus. Er forderte Frankreich auf, “sich zu besinnen” (“prenez un grip”) und “ihm eine Pause zu gönnen” (“donnez-moi un break”). Der australische Handelsminister Dan Tehan forderte die EU auf, die Arbeit am Freihandelsabkommen fortzusetzen. Die sei im Interesse aller Beteiligten. Die nächste Verhandlungsrunde ist derzeit für den 12. Oktober vorgesehen. fst/rtr
Die Europäische Kommission wird ein Maßnahmenbündel erarbeiten, das den Mitgliedstaaten helfen soll, auf den jüngsten Anstieg der Gas- und Strompreise zu reagieren. Das kündigte Energiekommissarin Kadri Simson bei einem Treffen der EU-Energieminister am Mittwoch an.
Mehrfach sei die Frage aufgekommen, welche möglichen Schritte im Einklang mit den EU-Vorschriften unternommen werden könnten, so Simson. Innerhalb der nächsten Wochen will die Kommission deshalb eine “Toolbox” erarbeiten und den Ländern als Leitfaden zur Verfügung stellen. Simson fügte an, die Regierungen könnten die Mehrwertsteuer, Verbrauchssteuern sowie die Möglichkeit der Direkthilfen nutzen, um Verbraucher und Industrie kurzfristig vor den hohen Kosten zu schützen.
Innerhalb weniger Monate hat sich der Gaspreis mehr als verdreifacht, was auch die Stromkosten nach oben treibt und europaweit für Verunsicherung sorgt. Etliche Länder haben bereits Sofortmaßnahmen eingeleitet, darunter Spanien und Italien. Die Bundesregierung erklärte hingegen, sie sehe keine Notwendigkeit für ein staatliches Eingreifen. Auch die Versorgungssicherheit sei nicht gefährdet, so eine BMWi-Sprecherin.
Hauptgrund für die explodierenden Preise ist die Furcht vor möglichen Gas-Engpässen im bevorstehenden Winter. Aufgrund der steigenden Gasnachfrage in Asien fallen die Lieferungen nach Europa in jüngster Zeit geringer aus. Vor allem aus Russland floss weniger Gas gen Westen.
Auf lange Sicht sei deshalb der zügige Ausbau der erneuerbaren Energien die einzige Lösung, um “so schnell wie möglich die Abhängigkeit von volatilen, fossilen Brennstoffen aus dem Ausland zu verringern”, sagte Simson. In manchen Ländern seien regenerative Energien bereits jetzt die günstigste Alternative. Nun gehe es darum, weiter in den Ausbau zu investieren, um grüne Energien für jeden zugänglich zu machen.
Außerdem seien sich die EU-Minister einig, die Energieeffizienz und die nationalen Einsparziele signifikant zu erhöhen. Österreichs Ministerin für Umwelt, Energie und Mobilität, Leonore Gewessler, sagte am Rande des Treffens, das Ziel müsse sein, widerstandsfähiger gegenüber Preisschwankungen und unabhängiger von privatwirtschaftlichen Interessen zu werden. til
Apple verbannt das erfolgreiche Spiel “Fortnite” des Entwicklers Epic Games erneut aus seinem App-Store. Das geht aus einem Schreiben der Apple-Anwälte hervor, das Epic-CEO Tim Sweeney auf Twitter veröffentlichte. Darin kündigt der iPhone-Hersteller an, “Fortnite” so lange auszuschließen, bis der Rechtsstreit der beiden Unternehmen letztinstanzlich entschieden ist. Das aber kann Jahre dauern.
Sweeney kritisierte den Schritt scharf: “Apple hat gelogen”, schrieb er auf Twitter. Der Konzern habe zugesagt, Epic wieder zuzulassen, wenn das Unternehmen die App-Store-Regeln akzeptiere. Dazu aber habe Epic sich bekannt. Die Entscheidung zeige erneut, welche Macht Apple habe.
Die beiden Unternehmen führen einen erbitterten Rechtsstreit um die Konditionen, die Apple Entwicklern im App-Store vorgibt. Kürzlich hatte eine US-Richterin in erster Instanz entschieden, dass der Konzern App-Entwicklern die Nutzung fremder Bezahlsysteme erlauben muss. Epic reicht das aber nicht, das Unternehmen legte Berufung ein. Der Fall wird auch in Europa genau beobachtet, wo die EU-Kommission und das Bundeskartellamt ähnlich gelagerte Verfahren gegen Apple eingeleitet haben. tho
Die deutsche Wirtschaft investiert immer stärker in den Klimaschutz. Zugleich nimmt die Verunsicherung wegen unklarer Rahmenbedingungen zu und die Bedenken richten sich auch an Europa. Das geht aus dem Energiewende-Barometer des DIHK hervor, der am Mittwoch vorgestellt wurde.
Demnach stieg der Anteil der Unternehmen, die Maßnahmen zur besseren Energieeffizienz eingeleitet haben, von 35 auf 38 Prozent. Besonders deutlich nehme die Nutzung der Elektromobilität zu, teilt der DIHK mit: 65 Prozent der Betriebe hätten sich bereits entsprechende Fahrzeuge angeschafft oder planen dies – ein Plus von fünf Prozentpunkten.
Allerdings blicken zahlreiche Unternehmen mit Sorge auf die Auswirkungen der Transformation auf die eigene Wettbewerbsfähigkeit: Für 30 Prozent wirkt sich die Energiewende laut Barometer negativ auf das Geschäft aus – vier Prozent mehr als im Vorjahr. In der besonders energieintensiven Industrie seien sogar 43 Prozent der Betriebe negativ betroffen.
Auch der VDI warnt vor der zunehmenden Gefahr des Carbon Leakage, besonders vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Energiepreise. Der Verband appelliert an die EU-Kommission, dies bei der derzeitigen Überarbeitung der Beihilfeleitlinien zu bedenken.
Daneben sei auch die CO2-Bepreisung ein Problem, besonders für im internationalen Wettbewerb tätige Mittelständler, sagt DIHK-Präsident Peter Adrian. Vier von fünf Unternehmen seien dafür, die nationale CO2-Bepreisung in ein europäisches System zu überführen und damit zumindest in Europa vergleichbare Wettbewerbsbedingungen schaffen. In einem weiteren Schritt müsse auch auf globaler Ebene die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen gesichert werden. til
Die EU-Kommission hat am Mittwoch eine Überprüfung der EU-Richtlinien für Versicherungen beschlossen. Darunter fallen auch Anpassungen im Zusammenhang mit dem Green Deal: Versicherer sollten künftig stärker Klimawandel-Szenarien in ihre Risikoanalysen mit aufnehmen, kündigte Handelskommissar Valdis Dombrovskis an.
Neu werde sein, dass auch langfristige Folgen des Klimawandels, die in der Vergangenheit meist nicht berücksichtigt wurden, in die internen Risikobewertungen einfließen. Dadurch sollen Versicherungen und Versicherte vor existenziellen Notlagen durch den Klimawandel besser geschützt werden, erklärte der Kommissar.
Außerdem plant die Kommission, Versicherer und Rückversicherer künftig zu belohnen, wenn sie Eigenkapital in nachhaltige Anlagen investieren. Die Risikomarge bei den versicherungstechnischen Rückstellungen soll dafür unter anderem gesenkt werden, sodass Kapital – insgesamt 90 Milliarden Euro – für Investitionen frei wird.
Dafür will die Kommission die sogenannte Solvency-II-Regelung ändern. Sie legt den Rahmen für die Solvabilitätsanforderungen von Versicherern und Rückversicherern fest. Mit ihr wurden 2016 neue Bewertungsvorschriften für risikoreiche Versicherungs- und Kapitalanlagegeschäfte eingeführt.
Die Kommission hat die Europäische Versicherungsaufsicht (EIOPA) beauftragt, bis 2023 einen Bericht über die neusten Erkenntnisse zu umwelt- oder sozialschädlichen Investitionen zu verfassen. EIOPA soll Vorschläge für potenzielle Änderungen von Solvency II machen, wie Versicherer für grüne Kapitalanlagen belohnt werden könnten.
Die Idee dahinter ist, Anreize für Versicherungsunternehmen zu schaffen, ihr Kapital in nachhaltige Einlagen zu investieren, um somit Geld vom Kapitalmarkt für den Green Deal aufzubringen. Der Versicherungssektor könne auf diese Weise einen Beitrag zum Green Deal leisten, sagte Dombrovskis. Mairead McGuinness, Kommissarin für Finanzdienstleistungen, ergänzte, dass dies die Möglichkeit für Unternehmen erhöhe, Zugang zu Finanzmitteln zu erhalten, jenseits von Bankkrediten.
Versicherer halten laut der Kommission Vermögenswerte im Gesamtwert von mehr als 10 Billionen Euro. Damit ist der Sektor einer der größten unter den institutionellen Anlegern. Die Kommission erhofft sich nachhaltige Investitionen in Milliardenhöhe.
Dem finanzpolitischen Sprecher der europäischen Grünen im Parlament, Sven Giegold, gehen die Änderungen nicht weit genug. Zwar betont auch er, dass Versicherungen als langfristige Investoren “eine bedeutende Rolle für den europäischen Green Deal” spielen könnten, jedoch gingen die Kommissionsvorschläge “in eine falsche Richtung”. Er bezeichnet die Pläne für die Verringerung der Risikomarge als Geschenk für die Versicherungsbranche, die damit 90 Milliarden Euro Kapitalerleichterung erhalte.
Die Berücksichtigung von Klimarisiken im internen Risikomanagement der Versicherer genüge ebenfalls nicht, erklärte er. Stattdessen sollten Aufsichtsbehörden Nachhaltigkeitsrisiken bewerten “und bei Bedarf Kapitalaufschläge verhängen”.
McGuinness entgegnete, dass die Überarbeitung der Regularien kein Geschenk an die Versicherer sei. Man stelle sicher, dass die Versicherungsbranche und das dort liegende Kapital den Europäern zugutekommen. Das Parlament sowie der Europäische Rat werden nun über den Kommissionsvorschlag beraten und gegebenenfalls eigene Änderungsvorschläge machen. Lukas Scheid
Klimaneutralität bis 2050 sei “absolut realisierbar”, schreibt Mads Nipper, CEO von Ørsted, im Standpunkt. Doch dazu seien konkrete Schritte nötig, die Regierungen und Unternehmen jetzt gehen müssten.
Beim Kampf gegen den Klimawandel gibt es ermutigende Zeichen des Fortschritts. Tausende von Unternehmen haben sich der Race to Zero-Kampagne angeschlossen, und die Länder haben ihre national festgelegten Beiträge (NDCs) entsprechend dem Pariser Klimaabkommen von 2015 verstärkt. Aber immer noch klafft zwischen guten Absichten und sinnvollen Taten eine erhebliche Lücke: Wie die jüngsten Untersuchungen des Climate Action Tracker zeigen, wird die aktuelle staatliche Politik bis Ende des Jahrhunderts vermutlich zu einer Erwärmung von 2,9 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau führen – erheblich mehr als das Ziel des Pariser Klimaabkommens von 1,5 Grad.
In diesem klimapolitischen Jahrzehnt wird die Klimakonferenz (COP26) der Vereinten Nationen im November zu einer Nagelprobe für die weltweiten Bemühungen. Das Ziel, bis 2050 eine Gesellschaft mit Nettonullemissionen aufzubauen, ist ehrgeizig und herausfordernd, aber es ist absolut realisierbar.
Da die Erzeugung und Verwendung von Energie für etwa 73 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich ist, ist ein Erfolg in diesem Sektor unsere beste Chance, einen Quantensprung Richtung Nettonull zu erreichen. Es ist gut dokumentiert, dass die Kosten erneuerbarer Energien – insbesondere für Sonnen- und Windenergie – im letzten Jahrzehnt stark gefallen sind, was die Erneuerbaren in über zwei Dritteln der Welt zur günstigsten Energiequelle macht. Aber warum kommt dann die Energiewende so langsam voran?
Einfach ausgedrückt wird der grüne Wandel durch einen Mangel an angemessenen regulatorischen und institutionellen Rahmenbedingungen und Maßnahmen verzögert, die dazu dienen, die richtigen Marktsignale zu senden. Darüber hinaus müssen die Regierungen Ziele und Marktinstrumente für erneuerbare Energien einführen, die den Weg hin zur Risikominderung, zu besseren Planungs- und Genehmigungsprozessen sowie zu Investitionen in moderne Stromnetze und Infrastruktur bereiten.
Die Energiewende wird erhebliche Investitionen benötigen – laut einer Schätzung der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien von heute bis 2050 in Höhe von 131 Billionen Dollar. Da der größte Teil dieser Investitionen wohl durch den privaten Sektor erfolgt, werden enge Partnerschaften zwischen öffentlichen und privaten Akteuren entscheidend dafür sein, die nötige Größenordnung zu erreichen.
Die Regierungen können sich zu ehrgeizigen, verbindlichen Klimamaßnahmen und Zielen für erneuerbare Energien verpflichten, um den Investoren und dem Markt zu signalisieren, dass die Energiewende sowohl jetzt als auch langfristig Priorität hat. Verbinden wir diese Ziele mit den richtigen Märkten und Vertragsformen, können wir das Potenzial neuer Projekte erhöhen, private Investitionen auf sich zu ziehen.
Die zunehmenden Investitionen in erneuerbare Energien müssen auch so gestaltet werden, dass der Wandel in Harmonie mit Mensch und Natur stattfinden kann. Um zu gewährleisten, dass die entsprechenden Vorteile – wie die Schaffung guter Arbeitsplätze – allen Teilen der Gemeinschaft zugutekommen, ist es entscheidend, frühzeitig lokale Akteure zu beteiligen. Ebenso wichtig ist es, Nachhaltigkeit ins Zentrum des Wandels zu stellen, etwa in Bezug auf die Artenvielfalt.
Außerdem müssen die Regierungen gewährleisten, dass die Leasing-Verträge für Meeresflächen zum Bau von Offshore-Windanlagen verfügbar, bezahlbar und verlässlich sind. Wollen wir die Ziele des Pariser Abkommens erreichen, muss der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung achtmal schneller steigen als momentan.
Und schließlich müssen die Regierungen sicherstellen, dass die Systeme erneuerbarer Energien modern und zukunftssicher sind. Wind- und Solarkraftprojekte bekommen in den Medien die meiste Aufmerksamkeit, aber Investitionen zur Verbesserung und Erweiterung der Stromnetze innerhalb einzelner Rechtsräume und zwischen ihnen sind ebenso wichtig. Diese Infrastruktur ist nicht nur entscheidend für den Transport und die Verteilung von Strom dorthin, wo er benötigt wird, sondern macht das Energiesystem auch flexibler und resilienter.
Mit Wind- und Solarenergie können wir – gemeinsam mit erweiterter Elektrifizierung – den größten Teil des Weges hin zu unseren Dekarbonisierungszielen gehen; aber diese Technologien allein werden nicht ausreichen. Für schwer zu dekarbonisierende Sektoren wie Schwertransporte, Stahl oder Ammoniak – die für etwa 20 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich sind – müssen große Mengen Wasserstoff und grüne Energieträger verfügbar gemacht werden.
Ähnlich wie bei der Offshore-Windkraft können die Kosten für Wasserstoff und erneuerbare Energieträger durch Industrialisierung und großflächige Produktion verringert werden. In einem Weißbuch über “Power-to-X” (Prozesse, die Strom in andere Energieträger umwandeln) empfehlen wir den Regierungen, regulatorische Rahmenbedingungen einzuführen, um Pilotprojekte zu fördern, Power-to-X-Einrichtungen in die Infrastrukturplanung zu integrieren und die Bereitstellung erneuerbarer Energien zu beschleunigen, um stabile und günstige Energie für die nachhaltige Herstellung sauberen Wasserstoffs bereitzustellen.
Der grüne Wandel erfordert den Einsatz der ganzen Gesellschaft. Der private Sektor spielt dabei die Schlüsselrolle, den Prozess dadurch zu beschleunigen, dass er Milliarden von Dollar in die Energiewende investiert, technologiebedingte Kosten senkt, seine Aktivitäten dekarbonisiert und sich für verstärktes Handeln aller relevanten Akteure einsetzt. Die Maßnahmen des privaten und öffentlichen Sektors können sich gegenseitig verstärken, um “Ehrgeizschleifen” zu erzeugen.
Ich sehe mindestens fünf Schritte, die die Unternehmen gehen können, um zu zeigen, dass sie zu effektivem Handeln bereit sind: Erstens müssen sich die Manager ihre Betriebsabläufe und ihre Lieferketten anschauen und sich Emissionsminderungsziele setzen, die mit dem 1,5-Grad-Ziel vereinbar sind. Zweitens müssen die Unternehmen gewährleisten, dass langfristige Ziele im Einklang mit kurzfristigem Handeln und klimabezogenen Investitionen stehen.
Drittens sollten die Firmenchefs dafür sorgen, dass ihre Klima- und Nachhaltigkeitspläne auch Ziele für die Artenvielfalt beinhalten. Viertens dürfen sie Zertifikate zum Emissionsausgleich nicht als Wunderwaffe betrachten. Diese sollten nur für Emissionen verwendet werden, die momentan noch schwer zu vermeiden sind. Und zum Schluss müssen die Unternehmen durch Effizienzmaßnahmen ihren Gesamtenergieverbrauch verringern und ihren dann noch verbleibenden Verbrauch auf erneuerbare Energien umstellen.
Im Vorfeld von COP26 hoffen wir bei Ørsted, dass weitere Länder ihre NDCs entsprechend des Pariser Abkommens verbessern und Maßnahmen treffen, die unsere Möglichkeiten zur Minderung, Anpassung, Finanzierung und verstärkten Zusammenarbeit verbessern. Die benötigten Investitionen sind erheblich, aber unter den richtigen Rahmenbedingungen hervorragend handhabbar. Nun müssen wir alles auf eine Karte setzen.
In Kooperation mit Project Syndicate, 2021. Aus dem Englischen von Harald Eckhoff.
der Griff zum Telefonhörer hat offenbar geholfen: Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron und US-Präsident Joe Biden nähern sich nach dem U-Boot-Streit an. In einer gemeinsamen Presseerklärung räumte die US-Seite ungewöhnlich deutlich Fehler ein. Ende Oktober wollen sich die beiden persönlich treffen, von “Schaffung von Vertrauen” und “gemeinsamen Zielen” ist die Rede. Mehr dazu lesen Sie in unseren Nachrichten.
Mit mehr als 44 Milliarden Euro haben die chinesischen Entwicklungsbanken in den vergangenen 20 Jahren Kohlekraft im Ausland finanziert. Damit könnte bald Schluss sein: Xi Jinpings Ankündigung, den Bau neuer Kohlekraftwerke im Ausland zu beenden, könnte auch das Ende der chinesischen Finanzierung in anderen Ländern bedeuten. Warum es dabei aber – wie so oft – auf die Details ankommt, haben Nico Beckert und Charlotte Wirth analysiert.
Wie stellen sich die Bundesministerien in den kommenden Monaten des Interregnum in Sachen Digitales auf? Falk Steiner hat bei den zuständigen Häusern nachgefragt, was in diesem Herbst auf der Agenda steht.
Wir schauen außerdem nach Griechenland, wo angesichts Angela Merkels angekündigtem Abschied nicht gerade Tränen der Trauer fließen. Das Land hofft auf einen Kurswechsel in der deutschen Politik und blickt dabei auch zurück auf seine schmerzhafte Vergangenheit, wie Chrissi Wilkens aus Athen berichtet.
China will den Bau neuer Kohlekraftwerke im Ausland beenden. Das bedeutet womöglich auch das Ende der Finanzierung von Kohlekraft durch chinesische Entwicklungsbanken. Ein wichtiger Schritt im Kampf gegen den Klimawandel, denn Peking hatte Milliarden in den Sektor investiert. Doch der Teufel steckt im Detail.
“China wird keine neuen Kohlekraftwerke im Ausland bauen.” Stattdessen wolle die Volksrepublik “andere Entwicklungsländer bei der Entwicklung grüner und kohlenstoffarmer Energieprojekte stärker unterstützen“. Das kündigte Präsident Xi Jinping am Dienstag in seiner Rede vor der UN-Vollversammlung an. Klima- und Energieexpert:innen sehen die Ankündigung als wichtigen Schritt. Die Volksrepublik war der letzte namhafte Staat, der Kohleprojekte im Ausland finanziert.
Südkorea und Japan hatten in jüngster Vergangenheit ebenfalls den Ausstieg aus der Kohlefinanzierung im Ausland bekannt gegeben. Westliche Staaten und Entwicklungsorganisationen hatten sich bereits in den vergangenen Jahren verpflichtet, keine besonders klimaschädlichen Projekte mehr zu finanzieren.
China war in den vergangenen Jahren zum größten öffentlichen Geldgeber für Kohlekraftwerke im Ausland geworden. Mit über 44 Milliarden Euro haben die beiden großen chinesischen Entwicklungsbanken, die Export-Import Bank of China und die China Development Bank, in den vergangenen 20 Jahren Kohlekraft im Ausland finanziert. Damit wurden 66 Kraftwerke gebaut, wie eine Datenbank der Boston University zeigt. Ohne diese Exportkredite, Darlehen und Zuschüsse könnten viele der Projekte nicht realisiert werden.
Die Klimafolgen von Xis Ankündigung sind nicht zu unterschätzen. Die seit dem Jahr 2000 mit chinesischen Staatsgeldern gebauten Kohlekraftwerke im Ausland werden während ihrer 40-jährigen Lebensdauer 12 Gigatonnen CO2 ausstoßen (China.Table berichtete). Das ist mehr als die jährlichen CO2-Emissionen Chinas.
Derzeit befinden sich noch Kohleprojekte mit chinesischer Finanzierung mit einer Kapazität von 40 Gigawatt in der Entwicklung, so Byford Tsang, Analyst des Klima-Think-Tanks E3G. Das entspricht der derzeitigen Kohlekapazität Deutschlands.
Die Finanzierung von Kohlekraftwerken im Ausland diente bislang auch industriepolitischen Zielen Chinas. Bei einem Großteil der Projekte wurden chinesische Heizkessel, Dampfturbinen und Generatoren eingesetzt. In zwei von drei Projekten kamen chinesische Auftragnehmer zum Zug. Damit sollten Überkapazitäten der chinesischen Industrie nutzbar gemacht werden. Xis Ankündigung ist also auch ein Zeichen an die eigene Industrie.
Die Ankündigung, grüne und kohlenstoffarme Energieprojekte stärker unterstützen zu wollen, wird bei den ausländischen Partnern auf offene Ohren treffen. Seit dem Jahr 2000 haben die großen Entwicklungsbanken der Volksrepublik Solarprojekte im Ausland lediglich mit umgerechnet 2,2 Milliarden Euro und Windenergie-Projekte lediglich mit einer Milliarde Euro finanziert. Allerdings flossen 37,5 Milliarden Euro in Wasserkraft-Projekte.
Analysten sehen die Ankündigung Xis auch als “Geschäftschance“. China ist weltweit der größte Produzent von Solar- und Windkraftanlagen und hat in der Vergangenheit angekündigt, die Belt and Road Initiative nachhaltiger zu machen.
Klimaexpertinnen und Aktivisten loben Chinas Ankündigung als wichtigen Schritt im Kampf gegen den Klimawandel. Li Shuo von Greenpeace Ostasien sieht Xis Versprechen als “guten Schritt nach vorn”. Es käme jetzt jedoch auf die Details an: “Gilt die Ankündigung sofort? Bezieht sich die Ankündigung nur auf staatliche Akteure?”
Auch Byford Tsang von E3G ist auf die Details gespannt. Es sei entscheidend, ob die Ankündigung auch staatliche und Geschäftsbanken umfasse – das wäre dann sogar ein Schritt mehr als die von G7-Staaten eingegangenen Verpflichtungen. Denn westliche Geschäftsbanken finanzieren weiterhin Kohleprojekte im Ausland.
Chinesische Banken haben sich in den letzten Monaten nach Vorgaben der politischen Führung schon “von Kohleprojekten im Ausland distanziert”, sagt Lauri Myllyvirta, Energie-Analyst beim Think-Tank Centre for Research on Energy and Clean Air. Doch auch Myllyvirta weist darauf hin, dass China die Ankündigung präzisieren müsse: “Chinesische Banken und Unternehmen spielen [im Kohlesektor] eine wichtige Rolle bei der öffentlichen und privaten Finanzierung, bei Kapitalbeteiligungen und bei der Bereitstellung von Ausrüstungen”, so Myllyvirta.
Die wichtigste Konsequenz aus Xis Äußerung sei ihm zufolge, dass “jede neue Finanzierung oder Kapitalbeteiligung an Kohlekraftwerksprojekten in Übersee für jede chinesische Bank oder jedes chinesische Energieunternehmen schädlich wäre.”
Die Klimajournalistin und Beraterin, Liu Hongqiao mahnt jedoch zur Zurückhaltung. Xi habe nicht direkt von Finanzierungen gesprochen. Man “müsse die offiziellen chinesischen Verlautbarungen” in dieser Frage abwarten.
Alle Expert:innen sind sich einig: Klimapolitisch ist es noch wichtiger, welche Pläne China künftig im Inland verfolgt. Die Volksrepublik ist der größte CO2-Emittent der Welt. Kohlestrom deckt zwei Drittel des chinesischen Energiehungers. Die Hälfte des weltweit erzeugten Kohlestroms geht auf China zurück. Infolge der Corona-Pandemie wurde die Kapazität sogar weiter ausgebaut, um die Wirtschaft anzukurbeln.
Im April hatte Xi auf einem hochrangigen Klimagipfel ankündigt, den Kohleverbrauch bis 2025 “streng zu kontrollieren”. Bis 2030 wolle die Volksrepublik einen “schrittweisen Abbau des Kohleverbrauchs” einleiten, so Xi. Das war das erste Mal, dass China ein konkretes Datum für das Absinken des eigenen Kohleverbrauchs nannte. Um seinen Beitrag zur Erreichung des 2-Grad-Ziels zu erreichen, müsste China den Kohleverbrauch jedoch “in einem viel schnelleren Tempo als derzeit geplant” reduzieren, schreiben die Expert:innen des Climate Action Tracker.
Es wird entscheidend sein, ob Xi auch auf der Klimakonferenz Anfang November in Glasgow neue Verpflichtungen eingeht, beziehungsweise die eigenen Klimapläne konkretisiert.
Die EU hat sich ihrerseits mit dem neuen Finanzierungsinstrument für Außen- und Entwicklungspolitik, Global Europe (2021-27), explizit gegen eine Finanzierung von fossilen Brennstoffen – demnach auch Kohle – entschieden. So umfasst das Gesetz des 76 Milliarden schweren Instrumentes eine Ausschlussklausel: Tätigkeiten, die “im Rahmen des Übereinkommens von Paris nicht vereinbar sind oder Investitionen in fossile Brennstoffe fördern”, dürfen keine Gelder erhalten. Stattdessen sollen die Gelder in die Entwicklung erneuerbarer Energien fließen.
Insbesondere der mit 53,5 Milliarden gespickte Europäische Fonds für nachhaltige Entwicklung (EFSD+), über den etwa Finanzmittel, Haushaltsgarantien, oder Mischfinanzierungen (Blending) getätigt werden, lässt lediglich “ökologisch nachhaltige” Investitionen zu, für die eine strenge Sorgfaltspflicht gilt.
Die Europäische Investitionsbank EIB hat bereits 2019 entschieden, ab 2021 keine neuen Finanzierungen für Projekte mit fossilen Energieträgern zu unterstützen. Demnach sollen die Gelder vermehrt die Entwicklung von saubere Energien, Energieeffizienz und erneuerbare Energien vorantreiben. Nico Beckert/Charlotte Wirth
Im Interregnum zwischen alter und neuer Regierung wird in der EU an den Digitalvorhaben weiterverhandelt. Vorerst definiert die dann geschäftsführende Bundesregierung, welche Prioritäten verfolgt werden. Ein Überblick, welche Dossiers welche Ministerien dabei besonders im Auge haben und worauf sie inhaltlich Wert legen – Teil 3 des Herbstausblicks zur Digitalpolitik.
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi)
Die Umsetzung des “Digitalen Kompass 2030” ist einer der beiden Hauptpunkte, mit denen sich das BMWi beschäftigen möchte: “Zentral sind die Erhöhung der digitalen Souveränität, die Stärkung der Halbleiterindustrie, die Sicherung von Fachkräften im IKT-Bereich, die Verbesserung der Infrastrukturen, die Verbreitung von Digitalen Technologien wie Cloud-Computing, Big Data und Künstlicher Intelligenz, der Einsatz von Lösungen für digitale Identitäten sowie ein geeignetes Monitoring für die Umsetzung der Ziele.”
Der zweite wesentliche Punkt: die Umsetzung der anstehenden Legislativakte. “Faire Wettbewerbsbedingungen innerhalb und außerhalb der EU zu erhalten und Innovationen zu fördern”, sei besonders wichtig. Der Fokus liege daher auf KI-Verordnung, Data Governance Act, Digital Markets und Digital Services Act, aber auch Roaming und Cybersicherheit seien aus eigener Sicht zentral, teilt das Ministerium mit.
Bundesministerium des Innern, Heimat und Bauen (BMI)
Auch am Spreebogen stehen die Digitalpaket-Inhalte im Zentrum der Aufmerksamkeit: Digital Services Act und KI-Verordnung, aber auch der Data Governance Act werden vom BMI aktiv begleitet. Dazu kommt auch die eIDAS-Verordnung über Digitale Identitäten, die weiteren Schritte im Rahmen der Cybersicherheitsstrategie der EU und die Überarbeitung der Netzwerk- und Informationssicherheitsrichtlinie (NIS).
Zur eigenen inhaltlichen Positionierung will man sich im BMI nicht äußern. Bei der Cybersicherheit sieht das BMI zwar eine Notwendigkeit für mehr europäisches Engagement, Deutschland betrachtet sich selbst jedoch besser aufgestellt als die meisten anderen europäischen Staaten. Bei der eID liegt Deutschland zwar bislang technisch im Hinterland Europas, will aber nun zur Aufholjagd blasen.
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV)
Das BMJV erläutert seine Prioritäten auch inhaltlich: Beim Digital Services Act (DSA) sei die effektive und einheitliche Bekämpfung von strafbaren Online-Inhalten in der Europäischen Union wesentliches Ziel. Wenn strafbare Inhalte von Nutzerinnen und Nutzern gemeldet werden, müssten konkrete Löschpflichten und -fristen gelten – bei offensichtlich strafbaren Inhalten soll eine Löschung innerhalb von 24 Stunden erfolgen. Sollten diese nicht im DSA selbst geregelt werden, müssten den Mitgliedstaaten eigene Regelungsspielräume bleiben.
Zudem fordert das BMJV, dass auch “demokratiegefährdende Straftaten wie die Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen oder die Leugnung des Holocaust an die Strafverfolgungsbehörden” gemeldet werden müssten. Das BMJV legt zudem auch großen Wert auf neue und schärfere Regeln für Handelsplattformen: “proaktive Sorgfaltspflichten der Plattformen zur Identifizierung und Entfernung von illegalen Produkten und Dienstleistungen” seien dem Ministerium bei den Verhandlungen wichtig.
Bei der KI-Verordnung vermisst das BMJV eine stärkere Position der Verbraucherinnen und Verbraucher: Social Scoring sollte auch durch Private untersagt sein – und das Verbot des Einsatzes von sogenannten “Dark Patterns“, also nicht erkennbaren Mechanismen zur Nutzersteuerung, sollte “auch auf wirtschaftliche Schäden bei Verbraucherinnen und Verbrauchern ausgeweitet werden”. Zudem solle die Verordnung auch auf den Versicherungssektor Anwendung finden.
Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Das BMAS interessiert sich für die KI-Verordnung, DSA und DMA, Data Act und Data Governance Act, will sich inhaltlich dazu aber nicht öffentlich verhalten. Diese Themen und Dossiers beträfen “zentrale Themen des Hauses. Entsprechend bringt sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales aktiv in die Verhandlungen bzw. Gespräche auf EU-Ebene ein. Die Positionierung innerhalb der Bundesregierung zu den genannten Dossiers bzw. Themen ist jedoch noch nicht abgeschlossen.”
Zum Vorschlag zur Plattformarbeit, der im Dezember von der Kommission erwartet wird, verweist das Haus auf seine Eckpunkte vom Dezember 2020.
Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastrukturen
Im Haus an der Invalidenstraße ist man in seinen Prioritäten klarer, was auch den Zuständigkeiten geschuldet sein kann: Bereits erfüllt wurden einige Wünsche an das Umsetzungsprogramm zur digitalen Dekade – der Kommissions-Vorschlag deckt sich weitgehend mit den BMVI-Wünschen zur digitalen Infrastruktur (Gigabit für alle Haushalte bis 2030, 5G für bevölkerte Gebiete und 10.000 Edge-Computing-Netzknoten).
Darüber hinaus erwartet das BMVI, dass bei der KI-Verordnung, die unter anderem auch für den Bereich des automatisierten und autonomen Fahrens eine wichtige Rolle spielt, noch unter der slowenischen Ratspräsidentschaft “größtmögliche Fortschritte” erzielt werden sollten – und dass beim Data Governance Act schnellstmöglich die “Allgemeine Ausrichtung” stattfindet, also die Einigung im Rat auf eine Verhandlungsposition gegenüber dem Parlament.
Zudem hofft das BMVI auf einen zügigen Start der Verhandlungen mit dem Parlament zur Roaming-Verordnung, die Ratsposition hierzu ist seit Mitte Juni konsentiert.
Über die bereits laufenden Vorhaben hinaus erwartet das BMVI vor allem die Vorlage überarbeiteter Beihilfeleitlinien für den Breitbandausbau. Die Leitlinien aus dem Jahr 2013 müssten dringend aktualisiert und vereinfacht werden, so das BMVI: Die Gigabitziele müssten darin berücksichtigt werden, auch sonst bestehe technischer Änderungsbedarf.
Ebenfalls aus Sicht des Ministeriums wesentlich: Die “unterschiedlichen Zweckrichtungen” bei Mobilfunk und Festnetz sollten in den Beihilfeleitlinien stärker berücksichtigt werden und mögliche Synergien, aber auch Unterschiede darin Niederschlag finden. Dies sei für künftige Förderprogramme von großer Wichtigkeit.
Die vorangegangenen Teile des digitalpolitischen Herbst-Ausblicks:
Teil I: Welche Vorhaben in diesem Herbst Fortschritte erzielen könnten
Teil II : Die Vorhaben der Kommission
24.09.2021 – 15.00-17.00 Uhr, online
Eco, Podiumsdiskussion Allianz digitale Infrastrukturen – Bedeutung digitaler Ökosysteme für den Standort Berlin
Wie können Klimaziele erreicht, wirtschaftlicher Erfolg gesichert und Rahmenbedingung für die Digitalisierung geschaffen werden? Die Referent:innen des Verbandes der Internetwirtschaft (Eco) diskutieren, wie dieses Spannungsfeld gelöst und Unternehmen frühzeitig auf einen digitalen und nachhaltigen Wandel vorbereitet werden können. INFOS & LIVESTREAM
27.09.2021 – 09:00-17:00 Uhr, Stuttgart/online
VDI, Seminar Fit für die Digitale Transformation
Das Seminar des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) gibt einen Einblick in die Einflüsse der Digitalisierung und will Führungspersonen Wissen liefern, um eine digitale Transformation im eigenen Unternehmen gestalten zu können. INFOS & ANMELDUNG
27.09.-29.09.2021, online
EUSH, Konferenz Water-Energy-Food-Ecosystems (WEFE) Nexus scientific advances in the Mediterranean region
Scientists, practitioners, and decision makers from WEFE sectors will explore new approaches and practices for managing water, energy, food, and ecosystem resources across sectors. A collaborative response across the Mediterranean region will integrate new directions in research and planning. INFOS
28.09.2021, online
TÜV Rheinland, Workshop Cyber Security in der industriellen Automation
In diesem Workshop des TÜV Rheinland werden die Grundlagen und Anforderungen der Industrial Security vermittelt, Begriffe und Anforderungen der Norm erklärt sowie der Aufwand einer Entwicklung eingeschätzt. INFOS & ANMELDUNG
28.09.-29.09.2021, online
Konferenz Metering days digital 2021
Die Metering Days geben einen Einblick in die neuesten Metering-Entwicklungen und bieten Expert:innen und Praktiker:innen aus Stadtwerken und von Netzbetreibern eine Möglichkeit des Austausches. INFOS & ANMELDUNG
28.09.-30.09.2021, online
Konferenz Digital Future Congress
Der virtuelle Kongress für Digitalisierung im Mittelstand beschäftigt sich unter anderem mit den Themen Kompetenzen in der neuen Arbeitswelt, Archivierungs- und Informationsmanagement-Services, User Interfaces iterativ und der Erleichterung und Optimierung von Arbeitsprozessen mit digitalen Lösungen. INFOS & TICKETS
Griechenland blickt mit Neugier nach Berlin und hofft nach den Bundestagswahlen auf neue Akzente in den griechisch-deutschen Beziehungen. Eine Rolle spielen dabei die Wunden aus den Zeiten des harten Spardiktats und des Zweiten Weltkriegs.
Es wird kein schwieriger Abschied. Nach langer Zeit war Angela Merkel zuletzt wieder stark präsent in der griechischen Berichterstattung. Diesmal ging es nicht um Sparauflagen, wie während des Höhepunkts der Schuldenkrise im Jahr 2015. Sondern um ihre Aussage bei einer Diskussion im Düsseldorfer Schauspielhaus vor ein paar Tagen. Als Merkel zum schwersten Moment ihrer Zeit als Kanzlerin befragt wurde, antwortete sie: Dieser sei die Eurokrise gewesen, als sie den Bürgern in Griechenland so viel zugemutet habe. Merkel habe nicht das Bedürfnis, sich zu entschuldigen, kommentierte die Wirtschaftszeitung “Naftemporiki” verbittert: “Sie ist sparsam, auch mit ihren Gefühlen”.
Die Hoffnung, die das Land mit einem Post-Merkel-Deutschland verbindet, ist, dass Berlin nicht mehr mit erhobenem Zeigefinger daherkommt. Man ist sich auch bewusst, dass die neue deutsche Führung eine wichtige Rolle spielen wird bei der Frage, ob und inwieweit sich die Regeln des Europäischen Stabilitätspakts für Defizite und Schulden ändern werden (Europe.Table berichtete), der bis Ende 2022 außer Kraft ist wegen der Corona-Krise. Die Situation in Griechenland ist trotz positiver Konjunkturdaten schwierig. Die Corona-Krise hat die Staatsverschuldung weiter ansteigen lassen, die Schuldenquote liegt bei mehr als 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Neue Spar-Memoranden zu verhängen, will die konservative Regierung von Premier Kyriakos Mitsotakis auf jeden Fall vermeiden. Die Umfragen registrieren ohnehin wachsende Unzufriedenheit mit dem Krisenmanagement der Regierung, in der Corona-Krise und auch im Umgang mit den verheerenden Waldbränden im Sommer (Europe.Table berichtete). Im Rahmen der Internationalen Messe Thessaloniki (DETh) vor ein paar Tagen hat der Premierminister das Wachstumsziel nach oben korrigiert – von 3,6 Prozent auf 5,9 Prozent – und über einen “Aufschwung für alle” gesprochen, mit gezielten Steuersenkungen und Sozialleistungen.
Athen wartet jetzt selbstbewusster auf die neue deutsche Führung. “Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern haben sich in den letzten Jahren verbessert”, sagt Jens Bastian, Politikberater bei der Denkfabrik ELIAMEP (Griechische Stiftung für Europäische und Auswärtige Politik). “Es hat eine Konzentration auf Sachthemen gegeben. Die Neugier überwiegt und man erwartet in Athen, dass neue Initiativen ergriffen und neue Akzente gesetzt werden können.”
In drei Bereichen könne die neue Bundesregierung die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern verstärken, so der Analyst: in der Migrationspolitik, etwa durch eine materielle Unterstützung Griechenlands und die fortgesetzte Umverteilung von Flüchtlingen. Zweitens könne Deutschland konkreten Beistand beim Umgang mit dem Klimawandel leisten (Europe.Table berichtete), etwa bei Projekten der Wiederaufforstung in Griechenland.
Nötig, so Bastian, sei zudem “eine gezielte Bereitschaft seitens Berlins, sich verstärkt mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen und über die Forderungen Griechenlands nach Reparationen und Entschädigungen für die begangenen Verbrechen während der Okkupation zwischen 1941 und 1944 zu sprechen”. Bei Letzterem könne Athen auf die Hilfe der Grünen und der Linkspartei hoffen, falls sie an einer neuen Koalitionsregierung beteiligt wären. Im März 2021 hatten beide Bundestagsfraktionen in getrennten Anträgen gefordert, dass auf griechische Reparationsforderungen konkret und zeitnah geantwortet wird.
Mit Spannung wartet man in Athen, ob sich die Prognosen eines Sieges der Sozialdemokraten bestätigen. SPD-Kandidat Olaf Scholz ist bereits durch seine Funktion als Bundesfinanzminister ein bekanntes Gesicht in Griechenland. In den griechischen Medien wird Scholz’ differenzierter Stil gelobt, ebenso die Tatsache, dass er sich für gemeinsame Schulden im EU-Aufbaufonds ausgesprochen hat. Es besteht die Hoffnung, dass er als Kanzler gemeinsam mit dem französischen Präsidenten wichtige Entscheidungen für die wirtschaftspolitische Steuerung Europas durchsetzen könnte – falls Emmanuel Macron wiedergewählt wird.
Seraphim Seferiades, Professor für Politikwissenschaft an der Panteion Hochschule und Direktor des Labors für politische Konflikte, bleibt aber skeptisch: “Griechenland wartet eigentlich auf einen Kurswechsel in Berlin, der zwar im Moment nicht möglich erscheint, aber eine Veränderung könnte langsam stattfinden, sie ist im Gange.” Viele Menschen in Deutschland seien auf der Suche nach einer anderen Politik wegen der starken sozialen Ungleichheit und der steigenden Armut. “Wenn es zu einem Bruch im politischen Denken in Deutschland kommt, wird dies nicht nur für Griechenland und den europäischen Süden, sondern für ganz Europa von großer Bedeutung sein.”
Von der neuen Führung in Berlin erhofft sich Griechenland auch einen Kurswechsel, was Ankaras Provokationen im östlichen Mittelmeerraum angeht. Man wünscht sich, dass Berlin dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan entschlossener entgegentritt als in der Regierungszeit Merkels. “Griechenland will mehr als nur den Satz: ‘Einigt euch mit der Türkei.’ Für die griechische öffentliche Meinung sind die Provokationen der Türkei eine rote Linie und man erwartet mehr Unterstützung aus Deutschland“, betont Giorgos Tzogopoulos, Lektor für Internationale Beziehungen bei der Demokrit-Universität Thrakien. Chrissi Wilkens
Die Wogen glätten sich wieder: Nach einem Telefonat zwischen dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron und dem US-Präsidenten Joe Biden veröffentlichten Élysée-Palast und Weißes Haus am Abend eine gemeinsame Presseerklärung. Darin räumt die US-Seite ungewöhnlich deutlich Fehler ein: “Offene Konsultationen zwischen den Alliierten zu strategischen Interessen Frankreichs und der europäischen Partner wären der Situation zuträglich gewesen”. Dass diese rund um den U-Boot-Deal mit Australien und Großbritannien zulasten Frankreichs nicht stattgefunden hatten, scheint im Weißen Haus inzwischen als Versäumnis erkannt: Biden hatte Macron um das gestrige Telefonat gebeten.
Ende Oktober wollen sich die beiden Präsidenten nun persönlich treffen. Dies sei Teil eines Prozesses, um die Voraussetzungen für neues Vertrauen zu schaffen und “konkrete Maßnahmen für gemeinsame Ziele” vorzuschlagen. Frankreichs Botschafter, den Macron am vergangenen Freitag zurückbeorderte, soll kommende Woche nach Washington D.C. zurückkehren.
Damit dürfte auch die Verschiebung der Auftaktveranstaltung des EU-US-Trade and Technology-Councils (TTC) in Pittsburgh am 29. September vom Tisch sein. Die EU-Seite hatte den Termin auf Drängen Frankreichs zuletzt infrage gestellt. Die am Dienstag demonstrierte Geschlossenheit der EU und ihrer Mitgliedstaaten erfuhr am Mittwoch einen deutlichen Riss: Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen gab der dänischen Zeitung Politiken ein Interview, in dem sie deutlich ihr Unverständnis über die französische Kritik am US-Verhalten äußerte: Sie verstehe diese “überhaupt nicht”.
Der britische Premier Boris Johnson, im Aukus-Bündnis auf der Seite Australiens und der USA, teilte ebenfalls gegen Paris aus. Er forderte Frankreich auf, “sich zu besinnen” (“prenez un grip”) und “ihm eine Pause zu gönnen” (“donnez-moi un break”). Der australische Handelsminister Dan Tehan forderte die EU auf, die Arbeit am Freihandelsabkommen fortzusetzen. Die sei im Interesse aller Beteiligten. Die nächste Verhandlungsrunde ist derzeit für den 12. Oktober vorgesehen. fst/rtr
Die Europäische Kommission wird ein Maßnahmenbündel erarbeiten, das den Mitgliedstaaten helfen soll, auf den jüngsten Anstieg der Gas- und Strompreise zu reagieren. Das kündigte Energiekommissarin Kadri Simson bei einem Treffen der EU-Energieminister am Mittwoch an.
Mehrfach sei die Frage aufgekommen, welche möglichen Schritte im Einklang mit den EU-Vorschriften unternommen werden könnten, so Simson. Innerhalb der nächsten Wochen will die Kommission deshalb eine “Toolbox” erarbeiten und den Ländern als Leitfaden zur Verfügung stellen. Simson fügte an, die Regierungen könnten die Mehrwertsteuer, Verbrauchssteuern sowie die Möglichkeit der Direkthilfen nutzen, um Verbraucher und Industrie kurzfristig vor den hohen Kosten zu schützen.
Innerhalb weniger Monate hat sich der Gaspreis mehr als verdreifacht, was auch die Stromkosten nach oben treibt und europaweit für Verunsicherung sorgt. Etliche Länder haben bereits Sofortmaßnahmen eingeleitet, darunter Spanien und Italien. Die Bundesregierung erklärte hingegen, sie sehe keine Notwendigkeit für ein staatliches Eingreifen. Auch die Versorgungssicherheit sei nicht gefährdet, so eine BMWi-Sprecherin.
Hauptgrund für die explodierenden Preise ist die Furcht vor möglichen Gas-Engpässen im bevorstehenden Winter. Aufgrund der steigenden Gasnachfrage in Asien fallen die Lieferungen nach Europa in jüngster Zeit geringer aus. Vor allem aus Russland floss weniger Gas gen Westen.
Auf lange Sicht sei deshalb der zügige Ausbau der erneuerbaren Energien die einzige Lösung, um “so schnell wie möglich die Abhängigkeit von volatilen, fossilen Brennstoffen aus dem Ausland zu verringern”, sagte Simson. In manchen Ländern seien regenerative Energien bereits jetzt die günstigste Alternative. Nun gehe es darum, weiter in den Ausbau zu investieren, um grüne Energien für jeden zugänglich zu machen.
Außerdem seien sich die EU-Minister einig, die Energieeffizienz und die nationalen Einsparziele signifikant zu erhöhen. Österreichs Ministerin für Umwelt, Energie und Mobilität, Leonore Gewessler, sagte am Rande des Treffens, das Ziel müsse sein, widerstandsfähiger gegenüber Preisschwankungen und unabhängiger von privatwirtschaftlichen Interessen zu werden. til
Apple verbannt das erfolgreiche Spiel “Fortnite” des Entwicklers Epic Games erneut aus seinem App-Store. Das geht aus einem Schreiben der Apple-Anwälte hervor, das Epic-CEO Tim Sweeney auf Twitter veröffentlichte. Darin kündigt der iPhone-Hersteller an, “Fortnite” so lange auszuschließen, bis der Rechtsstreit der beiden Unternehmen letztinstanzlich entschieden ist. Das aber kann Jahre dauern.
Sweeney kritisierte den Schritt scharf: “Apple hat gelogen”, schrieb er auf Twitter. Der Konzern habe zugesagt, Epic wieder zuzulassen, wenn das Unternehmen die App-Store-Regeln akzeptiere. Dazu aber habe Epic sich bekannt. Die Entscheidung zeige erneut, welche Macht Apple habe.
Die beiden Unternehmen führen einen erbitterten Rechtsstreit um die Konditionen, die Apple Entwicklern im App-Store vorgibt. Kürzlich hatte eine US-Richterin in erster Instanz entschieden, dass der Konzern App-Entwicklern die Nutzung fremder Bezahlsysteme erlauben muss. Epic reicht das aber nicht, das Unternehmen legte Berufung ein. Der Fall wird auch in Europa genau beobachtet, wo die EU-Kommission und das Bundeskartellamt ähnlich gelagerte Verfahren gegen Apple eingeleitet haben. tho
Die deutsche Wirtschaft investiert immer stärker in den Klimaschutz. Zugleich nimmt die Verunsicherung wegen unklarer Rahmenbedingungen zu und die Bedenken richten sich auch an Europa. Das geht aus dem Energiewende-Barometer des DIHK hervor, der am Mittwoch vorgestellt wurde.
Demnach stieg der Anteil der Unternehmen, die Maßnahmen zur besseren Energieeffizienz eingeleitet haben, von 35 auf 38 Prozent. Besonders deutlich nehme die Nutzung der Elektromobilität zu, teilt der DIHK mit: 65 Prozent der Betriebe hätten sich bereits entsprechende Fahrzeuge angeschafft oder planen dies – ein Plus von fünf Prozentpunkten.
Allerdings blicken zahlreiche Unternehmen mit Sorge auf die Auswirkungen der Transformation auf die eigene Wettbewerbsfähigkeit: Für 30 Prozent wirkt sich die Energiewende laut Barometer negativ auf das Geschäft aus – vier Prozent mehr als im Vorjahr. In der besonders energieintensiven Industrie seien sogar 43 Prozent der Betriebe negativ betroffen.
Auch der VDI warnt vor der zunehmenden Gefahr des Carbon Leakage, besonders vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Energiepreise. Der Verband appelliert an die EU-Kommission, dies bei der derzeitigen Überarbeitung der Beihilfeleitlinien zu bedenken.
Daneben sei auch die CO2-Bepreisung ein Problem, besonders für im internationalen Wettbewerb tätige Mittelständler, sagt DIHK-Präsident Peter Adrian. Vier von fünf Unternehmen seien dafür, die nationale CO2-Bepreisung in ein europäisches System zu überführen und damit zumindest in Europa vergleichbare Wettbewerbsbedingungen schaffen. In einem weiteren Schritt müsse auch auf globaler Ebene die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen gesichert werden. til
Die EU-Kommission hat am Mittwoch eine Überprüfung der EU-Richtlinien für Versicherungen beschlossen. Darunter fallen auch Anpassungen im Zusammenhang mit dem Green Deal: Versicherer sollten künftig stärker Klimawandel-Szenarien in ihre Risikoanalysen mit aufnehmen, kündigte Handelskommissar Valdis Dombrovskis an.
Neu werde sein, dass auch langfristige Folgen des Klimawandels, die in der Vergangenheit meist nicht berücksichtigt wurden, in die internen Risikobewertungen einfließen. Dadurch sollen Versicherungen und Versicherte vor existenziellen Notlagen durch den Klimawandel besser geschützt werden, erklärte der Kommissar.
Außerdem plant die Kommission, Versicherer und Rückversicherer künftig zu belohnen, wenn sie Eigenkapital in nachhaltige Anlagen investieren. Die Risikomarge bei den versicherungstechnischen Rückstellungen soll dafür unter anderem gesenkt werden, sodass Kapital – insgesamt 90 Milliarden Euro – für Investitionen frei wird.
Dafür will die Kommission die sogenannte Solvency-II-Regelung ändern. Sie legt den Rahmen für die Solvabilitätsanforderungen von Versicherern und Rückversicherern fest. Mit ihr wurden 2016 neue Bewertungsvorschriften für risikoreiche Versicherungs- und Kapitalanlagegeschäfte eingeführt.
Die Kommission hat die Europäische Versicherungsaufsicht (EIOPA) beauftragt, bis 2023 einen Bericht über die neusten Erkenntnisse zu umwelt- oder sozialschädlichen Investitionen zu verfassen. EIOPA soll Vorschläge für potenzielle Änderungen von Solvency II machen, wie Versicherer für grüne Kapitalanlagen belohnt werden könnten.
Die Idee dahinter ist, Anreize für Versicherungsunternehmen zu schaffen, ihr Kapital in nachhaltige Einlagen zu investieren, um somit Geld vom Kapitalmarkt für den Green Deal aufzubringen. Der Versicherungssektor könne auf diese Weise einen Beitrag zum Green Deal leisten, sagte Dombrovskis. Mairead McGuinness, Kommissarin für Finanzdienstleistungen, ergänzte, dass dies die Möglichkeit für Unternehmen erhöhe, Zugang zu Finanzmitteln zu erhalten, jenseits von Bankkrediten.
Versicherer halten laut der Kommission Vermögenswerte im Gesamtwert von mehr als 10 Billionen Euro. Damit ist der Sektor einer der größten unter den institutionellen Anlegern. Die Kommission erhofft sich nachhaltige Investitionen in Milliardenhöhe.
Dem finanzpolitischen Sprecher der europäischen Grünen im Parlament, Sven Giegold, gehen die Änderungen nicht weit genug. Zwar betont auch er, dass Versicherungen als langfristige Investoren “eine bedeutende Rolle für den europäischen Green Deal” spielen könnten, jedoch gingen die Kommissionsvorschläge “in eine falsche Richtung”. Er bezeichnet die Pläne für die Verringerung der Risikomarge als Geschenk für die Versicherungsbranche, die damit 90 Milliarden Euro Kapitalerleichterung erhalte.
Die Berücksichtigung von Klimarisiken im internen Risikomanagement der Versicherer genüge ebenfalls nicht, erklärte er. Stattdessen sollten Aufsichtsbehörden Nachhaltigkeitsrisiken bewerten “und bei Bedarf Kapitalaufschläge verhängen”.
McGuinness entgegnete, dass die Überarbeitung der Regularien kein Geschenk an die Versicherer sei. Man stelle sicher, dass die Versicherungsbranche und das dort liegende Kapital den Europäern zugutekommen. Das Parlament sowie der Europäische Rat werden nun über den Kommissionsvorschlag beraten und gegebenenfalls eigene Änderungsvorschläge machen. Lukas Scheid
Klimaneutralität bis 2050 sei “absolut realisierbar”, schreibt Mads Nipper, CEO von Ørsted, im Standpunkt. Doch dazu seien konkrete Schritte nötig, die Regierungen und Unternehmen jetzt gehen müssten.
Beim Kampf gegen den Klimawandel gibt es ermutigende Zeichen des Fortschritts. Tausende von Unternehmen haben sich der Race to Zero-Kampagne angeschlossen, und die Länder haben ihre national festgelegten Beiträge (NDCs) entsprechend dem Pariser Klimaabkommen von 2015 verstärkt. Aber immer noch klafft zwischen guten Absichten und sinnvollen Taten eine erhebliche Lücke: Wie die jüngsten Untersuchungen des Climate Action Tracker zeigen, wird die aktuelle staatliche Politik bis Ende des Jahrhunderts vermutlich zu einer Erwärmung von 2,9 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau führen – erheblich mehr als das Ziel des Pariser Klimaabkommens von 1,5 Grad.
In diesem klimapolitischen Jahrzehnt wird die Klimakonferenz (COP26) der Vereinten Nationen im November zu einer Nagelprobe für die weltweiten Bemühungen. Das Ziel, bis 2050 eine Gesellschaft mit Nettonullemissionen aufzubauen, ist ehrgeizig und herausfordernd, aber es ist absolut realisierbar.
Da die Erzeugung und Verwendung von Energie für etwa 73 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich ist, ist ein Erfolg in diesem Sektor unsere beste Chance, einen Quantensprung Richtung Nettonull zu erreichen. Es ist gut dokumentiert, dass die Kosten erneuerbarer Energien – insbesondere für Sonnen- und Windenergie – im letzten Jahrzehnt stark gefallen sind, was die Erneuerbaren in über zwei Dritteln der Welt zur günstigsten Energiequelle macht. Aber warum kommt dann die Energiewende so langsam voran?
Einfach ausgedrückt wird der grüne Wandel durch einen Mangel an angemessenen regulatorischen und institutionellen Rahmenbedingungen und Maßnahmen verzögert, die dazu dienen, die richtigen Marktsignale zu senden. Darüber hinaus müssen die Regierungen Ziele und Marktinstrumente für erneuerbare Energien einführen, die den Weg hin zur Risikominderung, zu besseren Planungs- und Genehmigungsprozessen sowie zu Investitionen in moderne Stromnetze und Infrastruktur bereiten.
Die Energiewende wird erhebliche Investitionen benötigen – laut einer Schätzung der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien von heute bis 2050 in Höhe von 131 Billionen Dollar. Da der größte Teil dieser Investitionen wohl durch den privaten Sektor erfolgt, werden enge Partnerschaften zwischen öffentlichen und privaten Akteuren entscheidend dafür sein, die nötige Größenordnung zu erreichen.
Die Regierungen können sich zu ehrgeizigen, verbindlichen Klimamaßnahmen und Zielen für erneuerbare Energien verpflichten, um den Investoren und dem Markt zu signalisieren, dass die Energiewende sowohl jetzt als auch langfristig Priorität hat. Verbinden wir diese Ziele mit den richtigen Märkten und Vertragsformen, können wir das Potenzial neuer Projekte erhöhen, private Investitionen auf sich zu ziehen.
Die zunehmenden Investitionen in erneuerbare Energien müssen auch so gestaltet werden, dass der Wandel in Harmonie mit Mensch und Natur stattfinden kann. Um zu gewährleisten, dass die entsprechenden Vorteile – wie die Schaffung guter Arbeitsplätze – allen Teilen der Gemeinschaft zugutekommen, ist es entscheidend, frühzeitig lokale Akteure zu beteiligen. Ebenso wichtig ist es, Nachhaltigkeit ins Zentrum des Wandels zu stellen, etwa in Bezug auf die Artenvielfalt.
Außerdem müssen die Regierungen gewährleisten, dass die Leasing-Verträge für Meeresflächen zum Bau von Offshore-Windanlagen verfügbar, bezahlbar und verlässlich sind. Wollen wir die Ziele des Pariser Abkommens erreichen, muss der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung achtmal schneller steigen als momentan.
Und schließlich müssen die Regierungen sicherstellen, dass die Systeme erneuerbarer Energien modern und zukunftssicher sind. Wind- und Solarkraftprojekte bekommen in den Medien die meiste Aufmerksamkeit, aber Investitionen zur Verbesserung und Erweiterung der Stromnetze innerhalb einzelner Rechtsräume und zwischen ihnen sind ebenso wichtig. Diese Infrastruktur ist nicht nur entscheidend für den Transport und die Verteilung von Strom dorthin, wo er benötigt wird, sondern macht das Energiesystem auch flexibler und resilienter.
Mit Wind- und Solarenergie können wir – gemeinsam mit erweiterter Elektrifizierung – den größten Teil des Weges hin zu unseren Dekarbonisierungszielen gehen; aber diese Technologien allein werden nicht ausreichen. Für schwer zu dekarbonisierende Sektoren wie Schwertransporte, Stahl oder Ammoniak – die für etwa 20 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich sind – müssen große Mengen Wasserstoff und grüne Energieträger verfügbar gemacht werden.
Ähnlich wie bei der Offshore-Windkraft können die Kosten für Wasserstoff und erneuerbare Energieträger durch Industrialisierung und großflächige Produktion verringert werden. In einem Weißbuch über “Power-to-X” (Prozesse, die Strom in andere Energieträger umwandeln) empfehlen wir den Regierungen, regulatorische Rahmenbedingungen einzuführen, um Pilotprojekte zu fördern, Power-to-X-Einrichtungen in die Infrastrukturplanung zu integrieren und die Bereitstellung erneuerbarer Energien zu beschleunigen, um stabile und günstige Energie für die nachhaltige Herstellung sauberen Wasserstoffs bereitzustellen.
Der grüne Wandel erfordert den Einsatz der ganzen Gesellschaft. Der private Sektor spielt dabei die Schlüsselrolle, den Prozess dadurch zu beschleunigen, dass er Milliarden von Dollar in die Energiewende investiert, technologiebedingte Kosten senkt, seine Aktivitäten dekarbonisiert und sich für verstärktes Handeln aller relevanten Akteure einsetzt. Die Maßnahmen des privaten und öffentlichen Sektors können sich gegenseitig verstärken, um “Ehrgeizschleifen” zu erzeugen.
Ich sehe mindestens fünf Schritte, die die Unternehmen gehen können, um zu zeigen, dass sie zu effektivem Handeln bereit sind: Erstens müssen sich die Manager ihre Betriebsabläufe und ihre Lieferketten anschauen und sich Emissionsminderungsziele setzen, die mit dem 1,5-Grad-Ziel vereinbar sind. Zweitens müssen die Unternehmen gewährleisten, dass langfristige Ziele im Einklang mit kurzfristigem Handeln und klimabezogenen Investitionen stehen.
Drittens sollten die Firmenchefs dafür sorgen, dass ihre Klima- und Nachhaltigkeitspläne auch Ziele für die Artenvielfalt beinhalten. Viertens dürfen sie Zertifikate zum Emissionsausgleich nicht als Wunderwaffe betrachten. Diese sollten nur für Emissionen verwendet werden, die momentan noch schwer zu vermeiden sind. Und zum Schluss müssen die Unternehmen durch Effizienzmaßnahmen ihren Gesamtenergieverbrauch verringern und ihren dann noch verbleibenden Verbrauch auf erneuerbare Energien umstellen.
Im Vorfeld von COP26 hoffen wir bei Ørsted, dass weitere Länder ihre NDCs entsprechend des Pariser Abkommens verbessern und Maßnahmen treffen, die unsere Möglichkeiten zur Minderung, Anpassung, Finanzierung und verstärkten Zusammenarbeit verbessern. Die benötigten Investitionen sind erheblich, aber unter den richtigen Rahmenbedingungen hervorragend handhabbar. Nun müssen wir alles auf eine Karte setzen.
In Kooperation mit Project Syndicate, 2021. Aus dem Englischen von Harald Eckhoff.