Thema des Tages | ASEAN
Erscheinungsdatum: 23. Oktober 2025

Gipfel in Kuala Lumpur: Wie der Handelsstreit ASEANs Fragmentierung offenlegt

August 31, 2025, Putrajaya, Kuala Lumpur, Malaysia: ASEAN car contingent seen during the 68th Malaysia Independence day celebration.

Der ASEAN-Gipfel in Kuala Lumpur bietet eine Bühne für globale Führungstreffen. Doch die interne Abstimmung in Handelsfragen dürfte mit Trumps Besuch noch schwieriger werden. Auf dem Programm steht auch die Aktualisierung des ASEAN-China-Handelsabkommens.

Mit weiträumigen Straßenabsperrungen und umfassenden Sicherheitsvorkehrungen bereitet sich Kuala Lumpur auf eines der größten politischen Ereignisse seiner Geschichte vor. Rund 30 Staats- und Regierungschefs reisen ab Sonntag für den ASEAN-Gipfel in die malaysische Hauptstadt. Unter den Gästen sind US-Präsident Donald Trump, Chinas Premierminister Li Qiang, Brasiliens Staatschef Lula und Russlands Vizepremier Alexander Novak.

ASEANs außenpolitische Ausrichtung wird durch das diesjährige Vorsitz-Land Malaysia geprägt. Unter der Führung von dessen Premierminister Anwar Ibrahim positioniert sich ASEAN als neutrale Kraft mit einer breiten Palette an internationalen Partnerschaften. Beim ersten der zwei jährlichen Gipfel im Mai hatte Anwar zusätzlich die Golfstaaten und China eingeladen.

Doch der Handelsstreit hat die politische Fragmentierung der ASEAN-Länder offengelegt. Die US-Zölle der vergangenen Monate trafen die exportabhängigen Staaten Südostasiens besonders hart. Trotz Appellen Malaysias scheiterte eine gemeinsame Strategiefindung; jedes Land verhandelt für sich. Trumps Anwesenheit in Kuala Lumpur dürfte implizit Druck auf die ASEAN-Staaten aufbauen, keine Maßnahmen gegen die USA untereinander abzustimmen.

Auch die wirtschaftlichen Ausgangspositionen innerhalb des Staatenbunds liegen weit auseinander. „Jeder Mitgliedsstaat hat ein anderes Exportprofil und eine andere Präsenz auf dem US-Markt – von Malaysias Elektronik über Kambodschas Bekleidungsindustrie bis hin zu Indonesiens Rohstoffen. Das erschwert die Entwicklung einer einheitlichen Strategie“, so Joanne Lin, ehemalige Beauftragte für Außenbeziehungen im Asean-Sekretariat und Senior Fellow am ISEAS-Yusof-Ishak-Institut in Singapur, gegenüber Table.Briefings.

Vor allem bleibt die ASEAN-Region gegenüber externen Handelsschocks empfindlich abhängig. Der Binnenhandel zwischen den 670 Millionen Bewohnern macht nur etwas mehr als 20 Prozent der Handelsströme aus. In der EU liegt der Anteil bei 66 Prozent. Auch 58 Jahre nach seiner Gründung ist aus dem ASEAN-Bund kein einheitlicher Binnenmarkt erwachsen. Zölle sind weitgehend abgebaut, doch viele nicht tarifäre Handelshemmnisse wie uneinheitliche Industriestandards bestehen weiter. Das ASEAN-Sekretariat in Jakarta gilt als unterfinanziert und kann interne Regeln kaum durchsetzen.

In Handelsfragen könnte der ASEAN-Gipfel zumindest graduelle Annäherungen bringen. In Kuala Lumpur steht die Verabschiedung des DEFA-Abkommens an, das durch digitale Standards mehr regionale Interoperabilität schaffen soll. Joanne Lin sieht zudem einen Fortschritt in der jüngsten Gründung einer ASEAN-eigenen Taskforce für Geoökonomie. Die Plattform bringt politische Entscheidungsträger und Handelsexperten aus der Region zur informellen Beratung zusammen.

In Kuala Lumpur wird auch eine Aktualisierung des Freihandelsabkommens der ASEAN-Region mit China erwartet. Das bereits ausgehandelte ACFTA-3.0-Abkommen zielt vor allem auf Vereinfachungen im digitalen Handel sowie im Daten- und Zahlungsverkehr. Seit 2010 haben ASEAN und China stetig Handelsbarrieren abgebaut. Auch Südkorea, Japan und Australien haben Freihandelsabkommen mit der Region abgeschlossen.

Die EU setzt nach erfolglosen Blockverhandlungen seit 2009 ebenfalls auf einzelne Abkommen mit südostasiatischen Ländern. Doch Europa droht gegenüber anderen Handelsmächten ins Hintertreffen zu geraten. Das zeigt die jüngste Geschäftsklimaumfrage des EU-ASEAN Business Council. Laut der unabhängigen Organisation mit Sitz in Singapur empfinden sich fast 80 Prozent der befragten EU-Unternehmen im Vergleich zu Wettbewerbern aus Ländern mit ASEAN-Freihandelsabkommen benachteiligt.

Chancen für eine Zusammenarbeit und Geschäftschancen zwischen EU und ASEAN gebe es insbesondere bei grünen Technologien und digitaler Governance. Zugleich mahnt der Business Council eine höhere politische Präsenz der EU in der Region an. Am Gipfel in Kuala Lumpur wird möglicherweise auch EU-Ratspräsident António Costa teilnehmen. Dennoch spielt die EU als politischer Akteur in der Wahrnehmung in der Region nur eine Nebenrolle.

Der Gipfel bietet außerdem eine Bühne für informelle Abstimmungen auf hochrangiger Ebene. Unter anderem wird Chinas Vizepremier He Lifeng bei Handelsgesprächen mit US-Finanzminister Scott Bessent und dem Handelsbeauftragten Jamieson Greer den Ton für das Trump-Xi-Treffen am Monatsende setzen.

Trump wiederum will in Kuala Lumpur seine Verdienste zur Beendung des jüngsten Grenzkriegs zwischen Thailand und Kambodscha gewürdigt sehen. Am Sonntag soll in seinem Beisein ein Friedensabkommen unterzeichnet werden. Laut Medienberichten besteht Trump darauf, chinesische Vertreter von der Zeremonie auszuschließen. Ob Trump tatsächlich mit seinen Drohungen gegen Thailand und Kambodscha – Waffenruhe oder hohe Strafzölle – entscheidend zur Feuerpause Ende Juli beigetragen hat, ist unklar.

Letzte Aktualisierung: 23. Oktober 2025

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