Table.Briefing: China

Wasserstoffautos + ZEW-Leiter im Interview

  • Wasserstoffautos gehen erstmals in Serie
  • Achim Wambach plädiert für Freihandel
  • VW verteidigt Investitionsstandort Xinjiang
  • Tesla und VW halten am Closed Loop fest
  • Regierung senkt Umsatzsteuer für emissionsarme Pkw
  • China sperrt Luftraum für russische Flugzeuge
  • Im Portrait: Christoph Rehage hat China laufend erkundet
  • Personalien: Urs Thoma ist neuer Koordinator für Denso
Liebe Leserin, lieber Leser,

seit April stellt der Autobauer Changan mit dem “C385” Chinas erstes serienmäßiges Brennstoffzellenauto her. Für die Wasserstoff-Industrie könnte das zum Meilenstein werden. Die Technologie, die eine noch bessere Umweltbilanz als E-Autos und ein noch schnelleres Auftanken verspricht, galt bislang als zu ineffizient für den Einsatz in normalen Pkws. Im Westen haben viele Hersteller wie Daimler die Technik bereits abgeschrieben. Dass die chinesischen Autobauer die Brennstoffzelle zur Marktreife gebracht haben, liegt vor allem am politischen Willen der Regierung, schreibt Frank Sieren. Wie schon in der E-Mobilität will das Land globale Standards setzen – auch, wenn es zwischendurch teuer wird.

Zuerst die Corona-Pandemie, dann der Krieg in der Ukraine – die globalen Lieferketten stehen dieser Tage gehörig unter Druck. So erstaunt es nicht, dass immer mehr Regierungen über eine Entflechtung der globalen Wirtschaftszweige nachdenken. Auch im Hinblick auf China stellt die deutsche Regierung aktuell eine zu große Abhängigkeit fest. Immer häufiger wird deshalb die Re-Nationalisierung einzelner Lieferketten gefordert. Wirtschaftsexperte Achim Wambach kann einer solchen Politik nichts abgewinnen. Im Interview erklärt der Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts ZEW, warum das Gegenteil die Lösung wäre. Wambachs Empfehlung: Mehr Freihandel wagen. Es gäbe noch viele Regionen auf der Welt, die eine Phase hohen Wirtschaftswachstums noch vor sich hätten und wo deutsche Unternehmen sich sehr gut positioniert könnten. Ein weiterer Vorteil gegenüber China: Nicht alle dieser Länder sind Autokratien. 

Und weil Mobilität nicht nur Fahren oder Fliegen ist, stellen wir Ihnen in dieser Ausgabe mit Christoph Rehage jemanden vor, der China laufend erkundet.

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!

Ihr
Felix Lee
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Analyse

Wasserstoff soll künftig auch Pkws antreiben

Der Maxus Euniq 7 von SAIC auf einer Technikmesse in Shanghai: Chinesische Staatsbetriebe entdecken die Brennstoffzelle - mit Wasserstoff betriebene Autos.
Der Maxus Euniq 7 von SAIC auf einer Technikmesse in Shanghai: Staatsbetriebe entdecken die Brennstoffzelle.

Mitten im schlimmsten Lockdown-Monat April hat Changan Automobile mit der Herstellung des ersten chinesischen Wasserstoffautos begonnen. Was da in der westchinesischen 32-Millionen-Menschen-Metropole Chongqing geschieht, machen bisher im kleinen Stil nur Toyota in Japan und Hyundai in Südkorea. Das unter dem Code “C385” laufende Fahrzeug soll unter der Marke “Changan Automobile DeepBlue” vermarktet werden. Changan ist der viertgrößte staatliche Autohersteller.

Wenn der Verkauf des Autos noch in der zweiten Hälfte dieses Jahres beginnt, ist dies sehr wahrscheinlich der Startpunkt eines neuen chinesischen Trends zu mehr Wasserstoffmobilität. Anfang des Jahres hat Peking verkündet, dass bis 2025 auf Chinas Straßen 50.000 Brennstoffzellenautos fahren sollen. Um das Ziel zu erreichen, subventioniert der Staat die Hersteller, die in diesem Bereich investieren.

Eine Brennstoffzelle gewinnt Strom aus Wasserstoff und Luftsauerstoff. Der englische Name der Technik lautet Hydrogen Fuel Cell Electric Vehicle, daher ist in Fachkreisen die Abkürzung FCEV verbreitet. Es handelt sich bisher um einen winzigen Nischenmarkt. Im vergangenen Jahr wurden nur rund 17.000 FCEVs weltweit verkauft, davon knapp 1.600 in China. Unter den Brennstoffzellen-Pkw teilen sich Toyota und Hyundai 98 Prozent des Marktes.

Westliche Autohersteller spielen bislang keine Rolle. BMW plant allerdings, noch in diesem Jahr 100 Test-Exemplare einer Wasserstoffvariante des X5 auf den Markt zu bringen. Im Volkswagen-Konzern forscht Audi zu diesem Thema. Daimler hat sein Wasserstoff SUV GLC F-Cell nach nur 3.000 produzierten Einheiten wieder eingestellt und konzentriert sich nun auf die LKW. Eine Serienproduktion wie bei Changan hat in Deutschland noch niemand angekündigt. Gerät Deutschland, wie bei den Batterien, in die Defensive?

Schwachstellen der Wasserstoffmobilität

Der C835 soll nach unbestätigten Medienberichten umgerechnet rund 34.000 Euro kosten. Das sind rund 12.000 Euro mehr als das gleiche Auto mit LFP-Batterie. Klar ist also bereits jetzt: Ohne noch höhere staatliche Subventionen ist das Auto kaum verkäuflich. Changan Auto hat für das Projekt gemeinsam mit Huawei und dem Batterien-Weltmarktführer CATL drei Plattformen unter dem Label “CHN-Project” entwickelt. Der C835 wird mit Huaweis “Harmony Smart Cockpit” ausgestattet sein, also der Software und der Anzeigetechnik des Elektronikkonzerns. Mit einem Radstand von 2,90 Metern ist es ein Mittelklassefahrzeug. Das Design soll eine hochwertige Anmutung vermitteln.

Das Fahrzeug soll eine Reichweite von etwas mehr als 700 Kilometern haben und in nur drei Minuten vollgetankt sein, wenn man denn eine Wasserstoff-Tankstelle gefunden hat. Immerhin liegt dann der Verbrauch nur bei 0,65 Kilogramm pro 100 Kilometer. Damit wäre das Auto zumindest in diesem Bereich wettbewerbsfähig. Am Ende spielen fünf Faktoren bei den FCEVs zusammen:

  • der Kaufpreis,
  • die Tankstellendichte,
  • die Sicherheit bei der Handhabung, eine schwere Aufgabe für die Ingenieure
  • die Umweltfreundlichkeit der Herstellung des Wasserstoffs und
  • die laufenden Kosten.

Den Fahrern von Wasserstoffautos bereitet derzeit noch die geringe Zahl der Tankstellen die größten Probleme. Das ist trotz aller Investitionen der Regierung auch in Japan noch so. Während man eine Ladestation für Batterien in die Garage einbauen kann, geht das bei Wasserstofftankstellen nicht. Ohne Tankstellennetz kaufen nur Tech-Freaks ein solches Fahrzeug. Deshalb hat selbst die chinesische Regierung lange nur auf Wasserstoff-LKW gesetzt. Für eine Spedition mit einem großen Fuhrpark lohnt sich eine eigene Tankstelle und bei LKWs reichen Tankstellen an den wichtigsten Knotenpunkten.

In der Fahrpraxis unsichtbar, für die Positionierung des Produkts in der Klimadiskussion entscheidend, ist die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff. Dieser wird mit erneuerbarer Energie gewonnen, statt wie bisher aus Erdgas oder Kohlestrom. Nur mit der grünen Variante ist das FCEV klimafreundlicher als ein Benziner.

Doch auch die technischen Herausforderungen sind nicht zu unterschätzen. Ein normaler Tank reicht für Wasserstoff nicht. Ist der Wasserstoff gasförmig, muss der Behälter einen hohen Druck aushalten. Flüssig wird er bei minus 253 Grad gespeichert. Bei einem Gas, das zusammen mit Luft leicht explodiert und sich durch viele Materialien durchdrücken kann, gibt es keine Toleranz für Fehler.

China treibt seine Wasserstoffauto-Pläne schnell voran

Die beiden größten Schwachstellen der Wasserstoffmobilität werden in China nun angegangen. Im Februar vergangenen Jahres hat der chinesische Ölkonzern Sinopec bereits verkündet, in den kommenden fünf Jahren mindestens 1.000 Wasserstoff-Tankstellen zu bauen. Und ebenfalls im Mai hat Sinopec die erste Anlage eröffnet, die angeblich umweltfreundlichen Wasserstoff liefert. Es handelt sich jedoch um sogenannten braunen Wasserstoff aus der Vergasung von Kohle. Klimafreundlich soll er werden, indem die Anlage die schädlichen Gase auffängt und einlagert. Das Vorgehen ist in Deutschland umstritten. Die Strategie der Bundesregierung setzt auf die Herstellung von grünem Wasserstoff, bei dessen Entstehung Kohle und Gas keine Rolle spielen.

Was die PKW angeht, ziehen in China immer mehr Hersteller mit: Dongfeng Motor hat im April seine Pläne vorgestellt. Der Verbrauch des Modells “H2-e” soll mit 0,75 kg Wasserstoff per 100 Kilometer etwas höher sein als der von Changan. Allerdings liegen unabhängige Testergebnisse von chinesischen Herstellern von Wasserstoffmobilität noch nicht vor. Great Wall Motor hat ein SUV mit Brennstoffzelle für seine C-Klasse angekündigt. Haima Motor hat mit der Forschung und Entwicklung eines Prototyps mit Brennstoffzellen begonnen.

Der “AION LX“, ein Pkw mit Brennstoffzelle von der Guangzhou Automobile Group (GAC), wird gerade getestet. Und der größte staatliche Autohersteller SAIC Motor aus Shanghai hat bereits im vergangenen September ein “MPV”, also einen kleinen Minivan für bis zu sieben Personen mit Brennstoffzelle namens “EUNIQ7” angekündigt. Der Westen sollte diese Welle nicht unterschätzen, auch wenn sie aus der Ferne noch ganz niedlich aussieht.  

  • Autoindustrie

“Von Abhängigkeiten lösen, aber nicht von China an sich”

ZEW-Präsident Achim Wambach, Copyright Anna Logue Fotografie
ZEW-Präsident Achim Wambach, Copyright Anna Logue Fotografie

Herr Wambach, vier Tage sollte Shanghais Lockdown zur Bekämpfung der Pandemie dauern. Jetzt sind es mehr als zwei Monate – während sich das Leben im Rest der Welt wieder normalisiert. Wie groß ist der Schaden für die deutsche Wirtschaft?

Chinas Lockdowns werden auf die globalen Lieferketten massive Auswirkungen haben. Wir werden in den nächsten Wochen zwar keinen abrupten Schock erleben, aber wir werden mit immer größeren Verzögerungen der Lieferzeiten konfrontiert. Außerdem werden die Preise dadurch wohl weiter steigen. Finanzmarkt-Experten, die wir regelmäßig befragen, erwarten zwar, dass sich die Lage in China in den nächsten sechs Monaten wieder leicht bessern wird. Aber auf einem niedrigen Niveau. Denn mit dem Ende der Corona-Maßnahmen werden die Probleme ja nicht vorbei sein. Es wird Monate dauern, bis der Handel wieder normal läuft.

Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine zeigt uns einmal mehr, wie riskant es ist, sich zu sehr auf ein autoritäres Land einzulassen. Sollte uns Russland nicht auch mit Blick auf China eine Lehre sein?

Es gibt eine Reihe aktueller Studien, die sich anschauen, was auf uns zukäme, wenn wir aufhören würden, mit China zu handeln. Wir reden von einem Minus von etwa einem bis vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Der chinesische und der europäische Wirtschaftsraum sind stark verflochten.

Das klingt doch gar nicht so schlimm.

Wäre es aber. Etwa zehn Prozent der deutschen Exporte gehen nach China. Viele Absatz- und Beschaffungswege müssten im Falle scharfer Konflikte umgestellt werden. Der Verlust für die betroffenen Firmen wäre deutlich höher. Hinzu kommen die Investitionen deutscher Unternehmer im Land selbst. Sollte ihre Produktion dort beeinträchtigt werden, würde das zumindest ihren Firmenwert treffen. Ein Stopp des China-Geschäfts ist zwar machbar, würde der deutschen Wirtschaft aber sehr wehtun. Im Moment sehe ich eine solche Entwicklung aber nicht. Große deutsche Unternehmen investieren weiter in China. Es sind eher kleine Unternehmen, die wegen der vielen Sicherheitsauflagen ihre China-Geschäfte überdenken.

Verständlich, oder?

Sicherlich sollten wir nach den Erfahrungen der jüngeren Zeit jetzt genau schauen, in welchen Bereichen wir uns von bestimmten Ländern zu abhängig gemacht haben und wo wir neue Lieferketten aufbauen können. Das sind die Lehren aus dem Russland-Konflikt. Und diese Frage stellt sich jetzt auch jedes größere Unternehmen, das in China engagiert ist. Den meisten geht es aber darum, sich von den Abhängigkeiten zu lösen, nicht von China an sich.

Sind einige Firmen nicht längst von China an die Kandare genommen worden? VW und Daimler erwirtschaften mehr als die Hälfte ihres Umsatzes in der Volksrepublik.

Es wäre falsch, wenn VW jetzt sagen würde: Wir gehen komplett raus. Der Handel hat vielleicht nicht zu einem Wandel geführt, wie einst erhofft. Eine gewisse Stabilität in den Beziehungen hat der intensive Austausch aber schon gebracht. Ich denke, Volkswagen und andere Unternehmen werden nun genau ermitteln, wie verletzlich sie sind, sollte es irgendwann zu umfassenderen Sanktionen des Westens gegenüber China kommen.

Wie genau?

Ich empfehle den Unternehmen die Arbeit mit Belastungsszenarien. Jedes Unternehmen sollte alle möglichen Risiken durchgehen. Russland etwa hatte kaum jemand als Risiko auf dem Schirm. Sonst hätten wir nicht diese Gas-Abhängigkeit. Auch bei anderen Rohstoffen, etwa Seltene Erden oder auch Computerchips, gibt es zu große Abhängigkeiten von einigen wenigen Ländern.

Nur was folgt aus solchen Erkenntnissen?

Die deutschen Unternehmen sollten andere geografische Räume wieder stärker ins Auge nehmen: Indien und Südamerika etwa, im Falle von VW auch Nordamerika. Das heißt aber nicht, dass für VW in China alle Maschinen still stehen sollen. Ich plädiere dafür, weiter Handel zu betreiben, aber konsequent Abhängigkeiten zu reduzieren. Es reicht aber nicht aus, dass nur Unternehmen Risiko-Management betreiben. Wie wir zuletzt gesehen haben, gibt es systemische Risiken, die Unternehmen allein nicht angehen können. Und da ist die Politik gefragt, bei der Suche nach neuen Rohstoffquellen etwa, aber eben auch bei der Suche nach neuen Absatzmärkten, etwa durch mehr Handelsverträge.

Statt Renationalisierung plädieren Sie für mehr Freihandel?

Zumindest für einen diversifizierteren Handel. Um Abhängigkeiten zu vermeiden, sollte man nicht nur mit einem Partner handeln, sondern mit vielen. Es gibt noch viele Regionen auf der Welt, die eine Phase hohen Wirtschaftswachstums vor sich haben und wo deutsche Unternehmen, die viel Erfahrung mit internationalem Handel haben, sehr gut positioniert wären. Und nicht alle davon sind Autokratien. 

Stichwort Lieferkettengesetz: Auch wenn China in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte bei der Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards gemacht hat, dürfte es für deutsche Unternehmen schwierig werden, die Einhaltung entlang aller Lieferketten gewährleisten zu können. In China fehlt es an unabhängigen Prüfstellen.

Die deutschen Unternehmen mussten ja auch schon vorher darlegen, was sie für Standards einhalten. Insofern ist das Thema nicht neu für sie. Ich halte das deutsche Lieferkettengesetz für einen guten Kompromiss. Es ist relativ vorsichtig in Hinblick auf die Anforderungen und die Tiefe, bis zu der man die Lieferkette kontrollieren kann. Aber demnächst kommt ja das europäische Pendant, was deutlich schärfer ausfallen soll. Das stellt manche deutsche Unternehmen schon vor größere Probleme.

Die USA fordern immer stärker von ihren Verbündeten, sich zu entscheiden: China oder die USA. Deutschland wirkt in der Frage unentschieden.

Wenn es darauf ankam, hat sich Deutschland immer entschieden. Und zwar für die USA. Das war bei den Sanktionen gegen Iran so, das ist aktuell bei Russland der Fall. Dafür ist der amerikanische Markt zu wichtig, die USA sind als unser wichtigster Nato-Partner auch die relevante Schutzmacht. Für mich stellt sich die Frage, was eine solche Aufforderung der USA am Ende bedeutet? Auch amerikanische Unternehmen sind in China tätig. Und auch sie haben keine Pläne, das Land zu verlassen. Ich denke, den USA geht es vor allem um sicherheitsrelevante Technologien. Und da haben sich die Deutschen längst auf die Seite der USA geschlagen.

Droht kein Gegenschlag?

Die Spirale aus Sanktionen und Gegensanktionen ist altbekannt. Wenn wir Telekommunikationsunternehmen in Europa ausschließen, dann ist zu erwarten, dass China ähnlich reagiert. 

Wird das so bleiben?

Ich denke schon. Sollte Chinas Führung überreagieren und auch die Lieferung von Maschinen, Autos und Pharma aus Europa verbieten, würde das ja die Versorgung des eigenen Volkes stark beschneiden. Ich gehe davon aus, dass Gegensanktionen dosiert erfolgen.

Achim Wambach ist seit 2016 Präsident des ZEW, dem Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. Der promovierte Physiker ist zudem Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Mannheim.

  • Handel
  • Lieferketten
  • Russland
  • USA

News

VW-Chef: “Volkswagen verbessert Situation der Uiguren”

Volkswagen will trotz der neuen Enthüllungen über Menschenrechtsverletzungen an der muslimischen Minderheit der Uiguren in China sein Werk in der Provinz Xinjiang weiter betreiben. “Ich glaube, dass die Präsenz der SAIC Volkswagen dazu führt, dass sich die Situation für die Menschen verbessert“, sagte Volkswagen-Chef Herbert Diess der Zeitung “Handelsblatt” (Montagausgabe) mit Blick auf das dortige Gemeinschaftsunternehmen Saic Volkswagen. “Wir reisen dort hin, stellen wie überall auf der Welt sicher, dass unsere Arbeitsstandards durchgesetzt, kulturelle und religiöse Unterschiede respektiert werden.” Gäbe es Ansatzpunkte für Vergehen, würde dagegen vorgegangen, sagte Diess weiter.

VW steht immer wieder in der Kritik, weil der Autohersteller zusammen mit dem chinesischen Staatskonzern Saic seit 2013 eine Fabrik in der Stadt Urumqi betreibt. Jüngst sollen dem Dax-Konzern dort vom Bund Investitionsgarantien verwehrt worden sein (China.Table berichtete). Das bedeutet, dass der Autobauer die finanziellen Risiken selbst tragen muss.

Erst in der vergangenen Woche drangen neue Beweise für schwere Menschenrechtsverbrechen an den Uiguren an die Öffentlichkeit (China.Table berichtete). Zahlreiche Regierungen und Parlamente demokratischer Staaten sowie Menschenrechtsorganisationen werfen China vor, mindestens eine Million Muslime in Lagern in der westlichen Provinz Xinjiang gegen deren Willen festzuhalten. Die US-Regierung spricht wegen des systematisch gesteuerten Rückgangs der Geburtenzahlen unter Uiguren sowie Gewalt, Folterungen und Mord durch chinesische Behörden von einem Genozid. Die Regierung in Peking weist die Vorwürfe als Lügen kategorisch zurück.

Der chinesische Markt ist für Volkswagen jedoch extrem wichtig. Die Wolfsburger sind dort Branchenprimus. Konzernchef Diess ist trotz der jüngsten Corona-Lockdowns und der Wirtschaftsabkühlung in China zuversichtlich, dass die Volksrepublik Wachstumsmotor bleiben wird: “Obwohl China schon heute der größte Automarkt der Welt ist, werden in Relation zur Bevölkerung immer noch vergleichsweise wenige Fahrzeuge verkauft”, erläuterte Diess. So komme China beim Bestand auf 250 bis 300 Autos pro 1000 Einwohner. In Deutschland liege der Bestand bei etwa 600, in den USA seien es ungefähr 800. “Allein diese Zahlen machen deutlich, dass China mit Abstand der größte Wachstumsmarkt bleiben wird”, sagte Diess. rtr

  • Autoindustrie

Trotz Corona-Lockerung: Tesla und VW halten Arbeiter weiter in Isolation

Während der Lockdown in Shanghai ab heute weitgehend aufgehoben wird, haben die Autobauer Tesla und VW entschieden, die Arbeiter in ihren Shanghaier Fabriken weiter in einem Closed Loop zu isolieren. Beim sogenannten “geschlossenen Kreislauf” werden die Arbeiter vom Rest der Gesellschaft abgeschottet. Sie leben, arbeiten und schlafen in der Fabrik oder im Büro. Damit soll die jeweilige Fabrik virenfrei bleiben, die Fertigung so normal wie möglich weiterlaufen (China.Table berichtete).

In Teslas Shanghaier Giga-Factory – dem größten Produktionswerk des Unternehmens – arbeiten rund 10.000 Menschen. Sie sollen noch bis zum 10. Juni in der “Blase” verbleiben. Das Tesla-Werk in Shanghai wurde Ende März aufgrund des Covid-Ausbruchs für drei Wochen geschlossen. Um die Produktion wieder auf Normalniveau zu bringen, wurden die Arbeiter anschließend in stillgelegten Fabriken und einem alten Militärlager nahe den Produktionsanlagen untergebracht, wobei sich Tag- und Nachtschichtarbeiter offenbar dieselben Betten in provisorischen Schlafsälen teilen müssen (China.Table berichtete).

VW betreibt in Shanghai eine Fabrik mit dem chinesischen Joint-Venture-Partner SAIC Motor. Ein Sprecher von VW erklärte, dass SAIC-VW sich noch immer “in einem geschlossenen Produktionssystem befinde und die Produktionspläne auf der Grundlage relevanter Richtlinien weiter anpassen” wird. Ein Zeitrahmen für ein Ende des Closed Loop wurde nicht genannt. Wie Bloomberg berichtet, wurde in Shanghai im vergangenen Monat kein einziges Fahrzeug verkauft. fpe

  • Autoindustrie

Peking schafft Steueranreize für Autos mit größeren Motoren

China wird die Umsatzsteuer für einige emissionsarme Pkw um die Hälfte auf fünf Prozent senken. Die Zentralregierung will damit nach dem langen Lockdown in Shanghai den Konsum steigern. Aufgrund des zweimonatigen Lockdowns in Shanghai sind im ersten Quartal, laut der Shanghai Automobile Sales Trade Association (SASTA), die Autoverkäufe in der Metropole um über 30 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum eingebrochen.

Cui Dongshu, Generalsekretär der China Passenger Car Association (CPCA) erwartet, dass die nun angekündigten Steuersenkungen den Verkauf in diesem Jahr um etwa zwei Millionen Fahrzeuge erhöhen werde, berichtete das Wirtschaftsmagazin Caixin.

China hat bereits zweimal eine bevorzugte Steuerpolitik für Autos mit Motoren von 1,6 Litern Hubraum oder weniger eingeführt. Die neue Kürzung erstreckt sich laut einer Mitteilung auf der Website des Finanzministeriums auf Modelle mit Hubraum bis zu 2,0 Litern. Laut Zulassungsdaten machten Pkw mit Motoren unter 1,6 Litern im vergangenen Jahr 68 Prozent des Marktes aus, während Autos mit 1,6 bis 2 Litern Hubraum etwa 30 Prozent der zugelassenen Fahrzeuge ausmachten.  

Chinas Automarkt leidet unter den strengen Coronavirus-Maßnahmen im Land. Im April brachen die Auto-Verkäufe gegenüber dem Vorjahr um fast 48 Prozent auf 1,18 Millionen Einheiten ein, während die Produktion um 46 Prozent auf 1,2 Millionen zurückging. niw

  • Autoindustrie

China sperrt Luftraum für russische Flugzeuge

China hat seinen Luftraum für russische Flugzeuge gesperrt, deren rechtlicher Status derzeit nicht geklärt ist. Flugzeugen von Boeing und Airbus werde demnach die Lande- und Überflugerlaubnis entzogen. Damit reagiert China auf die westlichen Sanktionen gegenüber russischen Fluggesellschaften.

Die EU und die USA hatten nach der russischen Invasion in die Ukraine die Lieferung von Zivilflugzeugen und Ersatzteilen nach Russland sowie deren Wartung und Versicherung verboten. Ein Großteil der in Russland betriebenen Luftflotte wird von westlichen Leasingfirmen bereitgestellt. Moskau weigert sich, die Flugzeuge zurückzugeben und hat die Maschinen zur Umgehung der Sanktionen umregistriert.

Seit diesem Monat fordert China von den russischen Airlines einen Registrierungsnachweis, der einwandfrei nachweist, dass die Flugzeuge nicht mehr im Ausland gelistet seien. Entsprechende Dokumente haben jedoch nicht vorgelegt werden können, berichtet die russische Nachrichtenagentur RBK.

Seit Monaten steht China in der Kritik, keine eindeutige Position gegenüber dem russischen Angriffskrieg einzunehmen und die westlichen Sanktionen gegen Russland nicht mittragen zu wollen. Chinas normaler Handel mit Moskau dürfe “nicht beeinträchtigt werden”, hatte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums noch im vergangenen Monat erklärt. fpe

  • EU
  • Geopolitik
  • Handel
  • Russland
  • Ukraine
  • USA

Portrait

Christoph Rehage – Zu Fuß durch China

Christoph Rehage begann seine Wandertour vor 15 Jahren in Peking, China.
Christoph Rehage begann seine Wandertour vor 15 Jahren in Peking

Christoph Rehage ist Wanderer, Reiseblogger und Autor. Seit 15 Jahren läuft er zu Fuß durch Asien und Osteuropa. Und er schreibt seine Erlebnisse auf. Sein erstes Buch “The Longest Way” erzählt vom Mosaik eines vielschichtigen Chinas und dem Fluch, weiterlaufen zu wollen, was immer auch geschieht.

Angefangen hat die Reise am 9. November 2007, seinem 26. Geburtstag. Rehage hatte zuvor zwei Jahre in Peking verbracht und dort studiert. Nach Deutschland wollte er zu Fuß zurückkehren. Es war der Beginn einer Reise zu sich selbst, die noch immer nicht zu Ende ist. Nur wenn es dringende persönliche Anlässe gibt, setzt er sich in den Flieger oder den Zug in Richtung Deutschland – familiäre Dinge, Arztbesuche, Lesetouren. Sind die erledigt, geht es dorthin zurück, wo der Trip unterbrochen wurde.

China habe ihn von Beginn an fasziniert: “Die Esskultur war großartig, die Menschen unglaublich kreativ, gastfreundlich, hilfsbereit.” Und je länger er lief, desto mehr lernte er das Land und all seine Widersprüche kennen.

“Sie wissen immer, wo ich bin”

Überall wurde der Mann mit offenen Armen empfangen. Während sein Bart immer weiter wuchs, kam er bei Familien unter, schlief auf Feldern, in Tempeln oder im Hinterzimmer eines Restaurants. Beim Wandern bekam er die Chance, sich intensiv mit Mönchen, Polizeibeamten oder Sexarbeiterinnen auszutauschen, die seinen Weg kreuzten. Auf ausgetrampelten Touristenpfaden hätte er diese Menschen vielleicht auch getroffen, doch die Gelegenheit zum intensiven Austausch hätte sich wohl kaum ergeben.

Rehage lernte die Weltoffenheit der Chinesen auf der einen, ihre Vorsicht im eigenen Land auf der anderen Seite hautnah kennen. “Ich hatte immer das Gefühl, in China liege etwas Tragisches, dass die Menschen dort einander weniger vertrauten als mir.”

Mit der lokalen und sozialen Überwachung, mit der die Chinesen täglich leben müssen, kam Rehage selbst zum ersten Mal 2010 in Konflikt, als er sich mit der lokalen Polizei in Kuytun und Wusu stritt. “Mir wurde der Pass weggenommen, und ich musste ein paar Tage im Hotel bleiben. Damals habe ich verstanden: Sie wissen immer, wo ich bin.” Kontrolle und Autoritarismus sind aus seiner Sicht seit 2010 kontinuierlich schlimmer geworden. “Als ich das erste Mal 2005 in Peking ankam, haben die Leute noch offen gesprochen. Das ist völlig vorbei.”

Als er 2012 durch seine Bücher in China zu einer öffentlichen Person wurde, spürte er das mehr denn je. “Ich hatte plötzlich Einblicke hinter die Kulissen, die man als Tourist nicht bekommt. Ich bekam das Gefühl, es gibt viele Mitläufer in China, die das System selbst nicht gut finden.” Er habe sich lange an die rote Linie der Zensur gehalten. Mit dem Machtantritt von Xi Jinping wurde diese aber immer restriktiver. “Ich konnte und wollte nicht länger schweigen. Deshalb fing ich an, zu reden.” Über Taiwan, Genozide, “alles, was sie nicht hören wollten.” Was Rehage aber auf dem Herzen lag.

Der Kontakt nach China ist abgerissen

Heute sind Rehages Kanäle aufgrund seiner politischen Meinungen in China gesperrt. Zu den meisten seiner Bekannten dort hat er keinen Kontakt mehr. “Ich will sie nicht in Gefahr bringen.” Drei seiner Freunde, von denen er im Buch erzählt, sind verstorben. Ein anderer war – wie er später erfuhr – zwei Jahre in einem Internierungslager in Xinjiang. “Ich trage China immer in meinem Herzen, aber hinter mir stürzen die Brücken ein.”

So zwiespältig wie sein Verhältnis zu China ist auch das zum Laufen. Er würde gern irgendwo ankommen, sagt er, “aber bisher musste ich immer wieder los”. Nach China durchwanderte er Kasachstan, Kirgistan, Usbekistan, Iran, Türkei und Georgien. Weder die Pandemie noch die Diagnose einer Multiplen Sklerose hinderten ihn lange daran, weiterzulaufen. Zurzeit ist Rehage in Serbien. Auf Instagram kann man seinen Trip mitverfolgen.

Inzwischen aber freut er sich darauf, seine Reise bald zu beenden und in Deutschland anzukommen. Gleichzeitig habe er aber auch Angst davor. “Ich habe Angst, dass die Zufriedenheit nicht einsetzt, und ich wieder weiter muss.” Doch vielleicht lässt er sich am Ende auch in Georgien nieder. “Es war das erste Land, wo ich das Gefühl hatte, hier ist Freiheit.” Lisa Marie Jordan

  • Gesellschaft
  • Xinjiang

Personalien

Urs Thoma wurde kürzlich Koordinator für Denso in Peking. Das Unternehmen stellt Automobilkomponenten her.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:

    • Wasserstoffautos gehen erstmals in Serie
    • Achim Wambach plädiert für Freihandel
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    • Tesla und VW halten am Closed Loop fest
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    • China sperrt Luftraum für russische Flugzeuge
    • Im Portrait: Christoph Rehage hat China laufend erkundet
    • Personalien: Urs Thoma ist neuer Koordinator für Denso
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    seit April stellt der Autobauer Changan mit dem “C385” Chinas erstes serienmäßiges Brennstoffzellenauto her. Für die Wasserstoff-Industrie könnte das zum Meilenstein werden. Die Technologie, die eine noch bessere Umweltbilanz als E-Autos und ein noch schnelleres Auftanken verspricht, galt bislang als zu ineffizient für den Einsatz in normalen Pkws. Im Westen haben viele Hersteller wie Daimler die Technik bereits abgeschrieben. Dass die chinesischen Autobauer die Brennstoffzelle zur Marktreife gebracht haben, liegt vor allem am politischen Willen der Regierung, schreibt Frank Sieren. Wie schon in der E-Mobilität will das Land globale Standards setzen – auch, wenn es zwischendurch teuer wird.

    Zuerst die Corona-Pandemie, dann der Krieg in der Ukraine – die globalen Lieferketten stehen dieser Tage gehörig unter Druck. So erstaunt es nicht, dass immer mehr Regierungen über eine Entflechtung der globalen Wirtschaftszweige nachdenken. Auch im Hinblick auf China stellt die deutsche Regierung aktuell eine zu große Abhängigkeit fest. Immer häufiger wird deshalb die Re-Nationalisierung einzelner Lieferketten gefordert. Wirtschaftsexperte Achim Wambach kann einer solchen Politik nichts abgewinnen. Im Interview erklärt der Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts ZEW, warum das Gegenteil die Lösung wäre. Wambachs Empfehlung: Mehr Freihandel wagen. Es gäbe noch viele Regionen auf der Welt, die eine Phase hohen Wirtschaftswachstums noch vor sich hätten und wo deutsche Unternehmen sich sehr gut positioniert könnten. Ein weiterer Vorteil gegenüber China: Nicht alle dieser Länder sind Autokratien. 

    Und weil Mobilität nicht nur Fahren oder Fliegen ist, stellen wir Ihnen in dieser Ausgabe mit Christoph Rehage jemanden vor, der China laufend erkundet.

    Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!

    Ihr
    Felix Lee
    Bild von Felix  Lee

    Analyse

    Wasserstoff soll künftig auch Pkws antreiben

    Der Maxus Euniq 7 von SAIC auf einer Technikmesse in Shanghai: Chinesische Staatsbetriebe entdecken die Brennstoffzelle - mit Wasserstoff betriebene Autos.
    Der Maxus Euniq 7 von SAIC auf einer Technikmesse in Shanghai: Staatsbetriebe entdecken die Brennstoffzelle.

    Mitten im schlimmsten Lockdown-Monat April hat Changan Automobile mit der Herstellung des ersten chinesischen Wasserstoffautos begonnen. Was da in der westchinesischen 32-Millionen-Menschen-Metropole Chongqing geschieht, machen bisher im kleinen Stil nur Toyota in Japan und Hyundai in Südkorea. Das unter dem Code “C385” laufende Fahrzeug soll unter der Marke “Changan Automobile DeepBlue” vermarktet werden. Changan ist der viertgrößte staatliche Autohersteller.

    Wenn der Verkauf des Autos noch in der zweiten Hälfte dieses Jahres beginnt, ist dies sehr wahrscheinlich der Startpunkt eines neuen chinesischen Trends zu mehr Wasserstoffmobilität. Anfang des Jahres hat Peking verkündet, dass bis 2025 auf Chinas Straßen 50.000 Brennstoffzellenautos fahren sollen. Um das Ziel zu erreichen, subventioniert der Staat die Hersteller, die in diesem Bereich investieren.

    Eine Brennstoffzelle gewinnt Strom aus Wasserstoff und Luftsauerstoff. Der englische Name der Technik lautet Hydrogen Fuel Cell Electric Vehicle, daher ist in Fachkreisen die Abkürzung FCEV verbreitet. Es handelt sich bisher um einen winzigen Nischenmarkt. Im vergangenen Jahr wurden nur rund 17.000 FCEVs weltweit verkauft, davon knapp 1.600 in China. Unter den Brennstoffzellen-Pkw teilen sich Toyota und Hyundai 98 Prozent des Marktes.

    Westliche Autohersteller spielen bislang keine Rolle. BMW plant allerdings, noch in diesem Jahr 100 Test-Exemplare einer Wasserstoffvariante des X5 auf den Markt zu bringen. Im Volkswagen-Konzern forscht Audi zu diesem Thema. Daimler hat sein Wasserstoff SUV GLC F-Cell nach nur 3.000 produzierten Einheiten wieder eingestellt und konzentriert sich nun auf die LKW. Eine Serienproduktion wie bei Changan hat in Deutschland noch niemand angekündigt. Gerät Deutschland, wie bei den Batterien, in die Defensive?

    Schwachstellen der Wasserstoffmobilität

    Der C835 soll nach unbestätigten Medienberichten umgerechnet rund 34.000 Euro kosten. Das sind rund 12.000 Euro mehr als das gleiche Auto mit LFP-Batterie. Klar ist also bereits jetzt: Ohne noch höhere staatliche Subventionen ist das Auto kaum verkäuflich. Changan Auto hat für das Projekt gemeinsam mit Huawei und dem Batterien-Weltmarktführer CATL drei Plattformen unter dem Label “CHN-Project” entwickelt. Der C835 wird mit Huaweis “Harmony Smart Cockpit” ausgestattet sein, also der Software und der Anzeigetechnik des Elektronikkonzerns. Mit einem Radstand von 2,90 Metern ist es ein Mittelklassefahrzeug. Das Design soll eine hochwertige Anmutung vermitteln.

    Das Fahrzeug soll eine Reichweite von etwas mehr als 700 Kilometern haben und in nur drei Minuten vollgetankt sein, wenn man denn eine Wasserstoff-Tankstelle gefunden hat. Immerhin liegt dann der Verbrauch nur bei 0,65 Kilogramm pro 100 Kilometer. Damit wäre das Auto zumindest in diesem Bereich wettbewerbsfähig. Am Ende spielen fünf Faktoren bei den FCEVs zusammen:

    • der Kaufpreis,
    • die Tankstellendichte,
    • die Sicherheit bei der Handhabung, eine schwere Aufgabe für die Ingenieure
    • die Umweltfreundlichkeit der Herstellung des Wasserstoffs und
    • die laufenden Kosten.

    Den Fahrern von Wasserstoffautos bereitet derzeit noch die geringe Zahl der Tankstellen die größten Probleme. Das ist trotz aller Investitionen der Regierung auch in Japan noch so. Während man eine Ladestation für Batterien in die Garage einbauen kann, geht das bei Wasserstofftankstellen nicht. Ohne Tankstellennetz kaufen nur Tech-Freaks ein solches Fahrzeug. Deshalb hat selbst die chinesische Regierung lange nur auf Wasserstoff-LKW gesetzt. Für eine Spedition mit einem großen Fuhrpark lohnt sich eine eigene Tankstelle und bei LKWs reichen Tankstellen an den wichtigsten Knotenpunkten.

    In der Fahrpraxis unsichtbar, für die Positionierung des Produkts in der Klimadiskussion entscheidend, ist die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff. Dieser wird mit erneuerbarer Energie gewonnen, statt wie bisher aus Erdgas oder Kohlestrom. Nur mit der grünen Variante ist das FCEV klimafreundlicher als ein Benziner.

    Doch auch die technischen Herausforderungen sind nicht zu unterschätzen. Ein normaler Tank reicht für Wasserstoff nicht. Ist der Wasserstoff gasförmig, muss der Behälter einen hohen Druck aushalten. Flüssig wird er bei minus 253 Grad gespeichert. Bei einem Gas, das zusammen mit Luft leicht explodiert und sich durch viele Materialien durchdrücken kann, gibt es keine Toleranz für Fehler.

    China treibt seine Wasserstoffauto-Pläne schnell voran

    Die beiden größten Schwachstellen der Wasserstoffmobilität werden in China nun angegangen. Im Februar vergangenen Jahres hat der chinesische Ölkonzern Sinopec bereits verkündet, in den kommenden fünf Jahren mindestens 1.000 Wasserstoff-Tankstellen zu bauen. Und ebenfalls im Mai hat Sinopec die erste Anlage eröffnet, die angeblich umweltfreundlichen Wasserstoff liefert. Es handelt sich jedoch um sogenannten braunen Wasserstoff aus der Vergasung von Kohle. Klimafreundlich soll er werden, indem die Anlage die schädlichen Gase auffängt und einlagert. Das Vorgehen ist in Deutschland umstritten. Die Strategie der Bundesregierung setzt auf die Herstellung von grünem Wasserstoff, bei dessen Entstehung Kohle und Gas keine Rolle spielen.

    Was die PKW angeht, ziehen in China immer mehr Hersteller mit: Dongfeng Motor hat im April seine Pläne vorgestellt. Der Verbrauch des Modells “H2-e” soll mit 0,75 kg Wasserstoff per 100 Kilometer etwas höher sein als der von Changan. Allerdings liegen unabhängige Testergebnisse von chinesischen Herstellern von Wasserstoffmobilität noch nicht vor. Great Wall Motor hat ein SUV mit Brennstoffzelle für seine C-Klasse angekündigt. Haima Motor hat mit der Forschung und Entwicklung eines Prototyps mit Brennstoffzellen begonnen.

    Der “AION LX“, ein Pkw mit Brennstoffzelle von der Guangzhou Automobile Group (GAC), wird gerade getestet. Und der größte staatliche Autohersteller SAIC Motor aus Shanghai hat bereits im vergangenen September ein “MPV”, also einen kleinen Minivan für bis zu sieben Personen mit Brennstoffzelle namens “EUNIQ7” angekündigt. Der Westen sollte diese Welle nicht unterschätzen, auch wenn sie aus der Ferne noch ganz niedlich aussieht.  

    • Autoindustrie

    “Von Abhängigkeiten lösen, aber nicht von China an sich”

    ZEW-Präsident Achim Wambach, Copyright Anna Logue Fotografie
    ZEW-Präsident Achim Wambach, Copyright Anna Logue Fotografie

    Herr Wambach, vier Tage sollte Shanghais Lockdown zur Bekämpfung der Pandemie dauern. Jetzt sind es mehr als zwei Monate – während sich das Leben im Rest der Welt wieder normalisiert. Wie groß ist der Schaden für die deutsche Wirtschaft?

    Chinas Lockdowns werden auf die globalen Lieferketten massive Auswirkungen haben. Wir werden in den nächsten Wochen zwar keinen abrupten Schock erleben, aber wir werden mit immer größeren Verzögerungen der Lieferzeiten konfrontiert. Außerdem werden die Preise dadurch wohl weiter steigen. Finanzmarkt-Experten, die wir regelmäßig befragen, erwarten zwar, dass sich die Lage in China in den nächsten sechs Monaten wieder leicht bessern wird. Aber auf einem niedrigen Niveau. Denn mit dem Ende der Corona-Maßnahmen werden die Probleme ja nicht vorbei sein. Es wird Monate dauern, bis der Handel wieder normal läuft.

    Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine zeigt uns einmal mehr, wie riskant es ist, sich zu sehr auf ein autoritäres Land einzulassen. Sollte uns Russland nicht auch mit Blick auf China eine Lehre sein?

    Es gibt eine Reihe aktueller Studien, die sich anschauen, was auf uns zukäme, wenn wir aufhören würden, mit China zu handeln. Wir reden von einem Minus von etwa einem bis vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Der chinesische und der europäische Wirtschaftsraum sind stark verflochten.

    Das klingt doch gar nicht so schlimm.

    Wäre es aber. Etwa zehn Prozent der deutschen Exporte gehen nach China. Viele Absatz- und Beschaffungswege müssten im Falle scharfer Konflikte umgestellt werden. Der Verlust für die betroffenen Firmen wäre deutlich höher. Hinzu kommen die Investitionen deutscher Unternehmer im Land selbst. Sollte ihre Produktion dort beeinträchtigt werden, würde das zumindest ihren Firmenwert treffen. Ein Stopp des China-Geschäfts ist zwar machbar, würde der deutschen Wirtschaft aber sehr wehtun. Im Moment sehe ich eine solche Entwicklung aber nicht. Große deutsche Unternehmen investieren weiter in China. Es sind eher kleine Unternehmen, die wegen der vielen Sicherheitsauflagen ihre China-Geschäfte überdenken.

    Verständlich, oder?

    Sicherlich sollten wir nach den Erfahrungen der jüngeren Zeit jetzt genau schauen, in welchen Bereichen wir uns von bestimmten Ländern zu abhängig gemacht haben und wo wir neue Lieferketten aufbauen können. Das sind die Lehren aus dem Russland-Konflikt. Und diese Frage stellt sich jetzt auch jedes größere Unternehmen, das in China engagiert ist. Den meisten geht es aber darum, sich von den Abhängigkeiten zu lösen, nicht von China an sich.

    Sind einige Firmen nicht längst von China an die Kandare genommen worden? VW und Daimler erwirtschaften mehr als die Hälfte ihres Umsatzes in der Volksrepublik.

    Es wäre falsch, wenn VW jetzt sagen würde: Wir gehen komplett raus. Der Handel hat vielleicht nicht zu einem Wandel geführt, wie einst erhofft. Eine gewisse Stabilität in den Beziehungen hat der intensive Austausch aber schon gebracht. Ich denke, Volkswagen und andere Unternehmen werden nun genau ermitteln, wie verletzlich sie sind, sollte es irgendwann zu umfassenderen Sanktionen des Westens gegenüber China kommen.

    Wie genau?

    Ich empfehle den Unternehmen die Arbeit mit Belastungsszenarien. Jedes Unternehmen sollte alle möglichen Risiken durchgehen. Russland etwa hatte kaum jemand als Risiko auf dem Schirm. Sonst hätten wir nicht diese Gas-Abhängigkeit. Auch bei anderen Rohstoffen, etwa Seltene Erden oder auch Computerchips, gibt es zu große Abhängigkeiten von einigen wenigen Ländern.

    Nur was folgt aus solchen Erkenntnissen?

    Die deutschen Unternehmen sollten andere geografische Räume wieder stärker ins Auge nehmen: Indien und Südamerika etwa, im Falle von VW auch Nordamerika. Das heißt aber nicht, dass für VW in China alle Maschinen still stehen sollen. Ich plädiere dafür, weiter Handel zu betreiben, aber konsequent Abhängigkeiten zu reduzieren. Es reicht aber nicht aus, dass nur Unternehmen Risiko-Management betreiben. Wie wir zuletzt gesehen haben, gibt es systemische Risiken, die Unternehmen allein nicht angehen können. Und da ist die Politik gefragt, bei der Suche nach neuen Rohstoffquellen etwa, aber eben auch bei der Suche nach neuen Absatzmärkten, etwa durch mehr Handelsverträge.

    Statt Renationalisierung plädieren Sie für mehr Freihandel?

    Zumindest für einen diversifizierteren Handel. Um Abhängigkeiten zu vermeiden, sollte man nicht nur mit einem Partner handeln, sondern mit vielen. Es gibt noch viele Regionen auf der Welt, die eine Phase hohen Wirtschaftswachstums vor sich haben und wo deutsche Unternehmen, die viel Erfahrung mit internationalem Handel haben, sehr gut positioniert wären. Und nicht alle davon sind Autokratien. 

    Stichwort Lieferkettengesetz: Auch wenn China in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte bei der Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards gemacht hat, dürfte es für deutsche Unternehmen schwierig werden, die Einhaltung entlang aller Lieferketten gewährleisten zu können. In China fehlt es an unabhängigen Prüfstellen.

    Die deutschen Unternehmen mussten ja auch schon vorher darlegen, was sie für Standards einhalten. Insofern ist das Thema nicht neu für sie. Ich halte das deutsche Lieferkettengesetz für einen guten Kompromiss. Es ist relativ vorsichtig in Hinblick auf die Anforderungen und die Tiefe, bis zu der man die Lieferkette kontrollieren kann. Aber demnächst kommt ja das europäische Pendant, was deutlich schärfer ausfallen soll. Das stellt manche deutsche Unternehmen schon vor größere Probleme.

    Die USA fordern immer stärker von ihren Verbündeten, sich zu entscheiden: China oder die USA. Deutschland wirkt in der Frage unentschieden.

    Wenn es darauf ankam, hat sich Deutschland immer entschieden. Und zwar für die USA. Das war bei den Sanktionen gegen Iran so, das ist aktuell bei Russland der Fall. Dafür ist der amerikanische Markt zu wichtig, die USA sind als unser wichtigster Nato-Partner auch die relevante Schutzmacht. Für mich stellt sich die Frage, was eine solche Aufforderung der USA am Ende bedeutet? Auch amerikanische Unternehmen sind in China tätig. Und auch sie haben keine Pläne, das Land zu verlassen. Ich denke, den USA geht es vor allem um sicherheitsrelevante Technologien. Und da haben sich die Deutschen längst auf die Seite der USA geschlagen.

    Droht kein Gegenschlag?

    Die Spirale aus Sanktionen und Gegensanktionen ist altbekannt. Wenn wir Telekommunikationsunternehmen in Europa ausschließen, dann ist zu erwarten, dass China ähnlich reagiert. 

    Wird das so bleiben?

    Ich denke schon. Sollte Chinas Führung überreagieren und auch die Lieferung von Maschinen, Autos und Pharma aus Europa verbieten, würde das ja die Versorgung des eigenen Volkes stark beschneiden. Ich gehe davon aus, dass Gegensanktionen dosiert erfolgen.

    Achim Wambach ist seit 2016 Präsident des ZEW, dem Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. Der promovierte Physiker ist zudem Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Mannheim.

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    VW-Chef: “Volkswagen verbessert Situation der Uiguren”

    Volkswagen will trotz der neuen Enthüllungen über Menschenrechtsverletzungen an der muslimischen Minderheit der Uiguren in China sein Werk in der Provinz Xinjiang weiter betreiben. “Ich glaube, dass die Präsenz der SAIC Volkswagen dazu führt, dass sich die Situation für die Menschen verbessert“, sagte Volkswagen-Chef Herbert Diess der Zeitung “Handelsblatt” (Montagausgabe) mit Blick auf das dortige Gemeinschaftsunternehmen Saic Volkswagen. “Wir reisen dort hin, stellen wie überall auf der Welt sicher, dass unsere Arbeitsstandards durchgesetzt, kulturelle und religiöse Unterschiede respektiert werden.” Gäbe es Ansatzpunkte für Vergehen, würde dagegen vorgegangen, sagte Diess weiter.

    VW steht immer wieder in der Kritik, weil der Autohersteller zusammen mit dem chinesischen Staatskonzern Saic seit 2013 eine Fabrik in der Stadt Urumqi betreibt. Jüngst sollen dem Dax-Konzern dort vom Bund Investitionsgarantien verwehrt worden sein (China.Table berichtete). Das bedeutet, dass der Autobauer die finanziellen Risiken selbst tragen muss.

    Erst in der vergangenen Woche drangen neue Beweise für schwere Menschenrechtsverbrechen an den Uiguren an die Öffentlichkeit (China.Table berichtete). Zahlreiche Regierungen und Parlamente demokratischer Staaten sowie Menschenrechtsorganisationen werfen China vor, mindestens eine Million Muslime in Lagern in der westlichen Provinz Xinjiang gegen deren Willen festzuhalten. Die US-Regierung spricht wegen des systematisch gesteuerten Rückgangs der Geburtenzahlen unter Uiguren sowie Gewalt, Folterungen und Mord durch chinesische Behörden von einem Genozid. Die Regierung in Peking weist die Vorwürfe als Lügen kategorisch zurück.

    Der chinesische Markt ist für Volkswagen jedoch extrem wichtig. Die Wolfsburger sind dort Branchenprimus. Konzernchef Diess ist trotz der jüngsten Corona-Lockdowns und der Wirtschaftsabkühlung in China zuversichtlich, dass die Volksrepublik Wachstumsmotor bleiben wird: “Obwohl China schon heute der größte Automarkt der Welt ist, werden in Relation zur Bevölkerung immer noch vergleichsweise wenige Fahrzeuge verkauft”, erläuterte Diess. So komme China beim Bestand auf 250 bis 300 Autos pro 1000 Einwohner. In Deutschland liege der Bestand bei etwa 600, in den USA seien es ungefähr 800. “Allein diese Zahlen machen deutlich, dass China mit Abstand der größte Wachstumsmarkt bleiben wird”, sagte Diess. rtr

    • Autoindustrie

    Trotz Corona-Lockerung: Tesla und VW halten Arbeiter weiter in Isolation

    Während der Lockdown in Shanghai ab heute weitgehend aufgehoben wird, haben die Autobauer Tesla und VW entschieden, die Arbeiter in ihren Shanghaier Fabriken weiter in einem Closed Loop zu isolieren. Beim sogenannten “geschlossenen Kreislauf” werden die Arbeiter vom Rest der Gesellschaft abgeschottet. Sie leben, arbeiten und schlafen in der Fabrik oder im Büro. Damit soll die jeweilige Fabrik virenfrei bleiben, die Fertigung so normal wie möglich weiterlaufen (China.Table berichtete).

    In Teslas Shanghaier Giga-Factory – dem größten Produktionswerk des Unternehmens – arbeiten rund 10.000 Menschen. Sie sollen noch bis zum 10. Juni in der “Blase” verbleiben. Das Tesla-Werk in Shanghai wurde Ende März aufgrund des Covid-Ausbruchs für drei Wochen geschlossen. Um die Produktion wieder auf Normalniveau zu bringen, wurden die Arbeiter anschließend in stillgelegten Fabriken und einem alten Militärlager nahe den Produktionsanlagen untergebracht, wobei sich Tag- und Nachtschichtarbeiter offenbar dieselben Betten in provisorischen Schlafsälen teilen müssen (China.Table berichtete).

    VW betreibt in Shanghai eine Fabrik mit dem chinesischen Joint-Venture-Partner SAIC Motor. Ein Sprecher von VW erklärte, dass SAIC-VW sich noch immer “in einem geschlossenen Produktionssystem befinde und die Produktionspläne auf der Grundlage relevanter Richtlinien weiter anpassen” wird. Ein Zeitrahmen für ein Ende des Closed Loop wurde nicht genannt. Wie Bloomberg berichtet, wurde in Shanghai im vergangenen Monat kein einziges Fahrzeug verkauft. fpe

    • Autoindustrie

    Peking schafft Steueranreize für Autos mit größeren Motoren

    China wird die Umsatzsteuer für einige emissionsarme Pkw um die Hälfte auf fünf Prozent senken. Die Zentralregierung will damit nach dem langen Lockdown in Shanghai den Konsum steigern. Aufgrund des zweimonatigen Lockdowns in Shanghai sind im ersten Quartal, laut der Shanghai Automobile Sales Trade Association (SASTA), die Autoverkäufe in der Metropole um über 30 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum eingebrochen.

    Cui Dongshu, Generalsekretär der China Passenger Car Association (CPCA) erwartet, dass die nun angekündigten Steuersenkungen den Verkauf in diesem Jahr um etwa zwei Millionen Fahrzeuge erhöhen werde, berichtete das Wirtschaftsmagazin Caixin.

    China hat bereits zweimal eine bevorzugte Steuerpolitik für Autos mit Motoren von 1,6 Litern Hubraum oder weniger eingeführt. Die neue Kürzung erstreckt sich laut einer Mitteilung auf der Website des Finanzministeriums auf Modelle mit Hubraum bis zu 2,0 Litern. Laut Zulassungsdaten machten Pkw mit Motoren unter 1,6 Litern im vergangenen Jahr 68 Prozent des Marktes aus, während Autos mit 1,6 bis 2 Litern Hubraum etwa 30 Prozent der zugelassenen Fahrzeuge ausmachten.  

    Chinas Automarkt leidet unter den strengen Coronavirus-Maßnahmen im Land. Im April brachen die Auto-Verkäufe gegenüber dem Vorjahr um fast 48 Prozent auf 1,18 Millionen Einheiten ein, während die Produktion um 46 Prozent auf 1,2 Millionen zurückging. niw

    • Autoindustrie

    China sperrt Luftraum für russische Flugzeuge

    China hat seinen Luftraum für russische Flugzeuge gesperrt, deren rechtlicher Status derzeit nicht geklärt ist. Flugzeugen von Boeing und Airbus werde demnach die Lande- und Überflugerlaubnis entzogen. Damit reagiert China auf die westlichen Sanktionen gegenüber russischen Fluggesellschaften.

    Die EU und die USA hatten nach der russischen Invasion in die Ukraine die Lieferung von Zivilflugzeugen und Ersatzteilen nach Russland sowie deren Wartung und Versicherung verboten. Ein Großteil der in Russland betriebenen Luftflotte wird von westlichen Leasingfirmen bereitgestellt. Moskau weigert sich, die Flugzeuge zurückzugeben und hat die Maschinen zur Umgehung der Sanktionen umregistriert.

    Seit diesem Monat fordert China von den russischen Airlines einen Registrierungsnachweis, der einwandfrei nachweist, dass die Flugzeuge nicht mehr im Ausland gelistet seien. Entsprechende Dokumente haben jedoch nicht vorgelegt werden können, berichtet die russische Nachrichtenagentur RBK.

    Seit Monaten steht China in der Kritik, keine eindeutige Position gegenüber dem russischen Angriffskrieg einzunehmen und die westlichen Sanktionen gegen Russland nicht mittragen zu wollen. Chinas normaler Handel mit Moskau dürfe “nicht beeinträchtigt werden”, hatte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums noch im vergangenen Monat erklärt. fpe

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    Portrait

    Christoph Rehage – Zu Fuß durch China

    Christoph Rehage begann seine Wandertour vor 15 Jahren in Peking, China.
    Christoph Rehage begann seine Wandertour vor 15 Jahren in Peking

    Christoph Rehage ist Wanderer, Reiseblogger und Autor. Seit 15 Jahren läuft er zu Fuß durch Asien und Osteuropa. Und er schreibt seine Erlebnisse auf. Sein erstes Buch “The Longest Way” erzählt vom Mosaik eines vielschichtigen Chinas und dem Fluch, weiterlaufen zu wollen, was immer auch geschieht.

    Angefangen hat die Reise am 9. November 2007, seinem 26. Geburtstag. Rehage hatte zuvor zwei Jahre in Peking verbracht und dort studiert. Nach Deutschland wollte er zu Fuß zurückkehren. Es war der Beginn einer Reise zu sich selbst, die noch immer nicht zu Ende ist. Nur wenn es dringende persönliche Anlässe gibt, setzt er sich in den Flieger oder den Zug in Richtung Deutschland – familiäre Dinge, Arztbesuche, Lesetouren. Sind die erledigt, geht es dorthin zurück, wo der Trip unterbrochen wurde.

    China habe ihn von Beginn an fasziniert: “Die Esskultur war großartig, die Menschen unglaublich kreativ, gastfreundlich, hilfsbereit.” Und je länger er lief, desto mehr lernte er das Land und all seine Widersprüche kennen.

    “Sie wissen immer, wo ich bin”

    Überall wurde der Mann mit offenen Armen empfangen. Während sein Bart immer weiter wuchs, kam er bei Familien unter, schlief auf Feldern, in Tempeln oder im Hinterzimmer eines Restaurants. Beim Wandern bekam er die Chance, sich intensiv mit Mönchen, Polizeibeamten oder Sexarbeiterinnen auszutauschen, die seinen Weg kreuzten. Auf ausgetrampelten Touristenpfaden hätte er diese Menschen vielleicht auch getroffen, doch die Gelegenheit zum intensiven Austausch hätte sich wohl kaum ergeben.

    Rehage lernte die Weltoffenheit der Chinesen auf der einen, ihre Vorsicht im eigenen Land auf der anderen Seite hautnah kennen. “Ich hatte immer das Gefühl, in China liege etwas Tragisches, dass die Menschen dort einander weniger vertrauten als mir.”

    Mit der lokalen und sozialen Überwachung, mit der die Chinesen täglich leben müssen, kam Rehage selbst zum ersten Mal 2010 in Konflikt, als er sich mit der lokalen Polizei in Kuytun und Wusu stritt. “Mir wurde der Pass weggenommen, und ich musste ein paar Tage im Hotel bleiben. Damals habe ich verstanden: Sie wissen immer, wo ich bin.” Kontrolle und Autoritarismus sind aus seiner Sicht seit 2010 kontinuierlich schlimmer geworden. “Als ich das erste Mal 2005 in Peking ankam, haben die Leute noch offen gesprochen. Das ist völlig vorbei.”

    Als er 2012 durch seine Bücher in China zu einer öffentlichen Person wurde, spürte er das mehr denn je. “Ich hatte plötzlich Einblicke hinter die Kulissen, die man als Tourist nicht bekommt. Ich bekam das Gefühl, es gibt viele Mitläufer in China, die das System selbst nicht gut finden.” Er habe sich lange an die rote Linie der Zensur gehalten. Mit dem Machtantritt von Xi Jinping wurde diese aber immer restriktiver. “Ich konnte und wollte nicht länger schweigen. Deshalb fing ich an, zu reden.” Über Taiwan, Genozide, “alles, was sie nicht hören wollten.” Was Rehage aber auf dem Herzen lag.

    Der Kontakt nach China ist abgerissen

    Heute sind Rehages Kanäle aufgrund seiner politischen Meinungen in China gesperrt. Zu den meisten seiner Bekannten dort hat er keinen Kontakt mehr. “Ich will sie nicht in Gefahr bringen.” Drei seiner Freunde, von denen er im Buch erzählt, sind verstorben. Ein anderer war – wie er später erfuhr – zwei Jahre in einem Internierungslager in Xinjiang. “Ich trage China immer in meinem Herzen, aber hinter mir stürzen die Brücken ein.”

    So zwiespältig wie sein Verhältnis zu China ist auch das zum Laufen. Er würde gern irgendwo ankommen, sagt er, “aber bisher musste ich immer wieder los”. Nach China durchwanderte er Kasachstan, Kirgistan, Usbekistan, Iran, Türkei und Georgien. Weder die Pandemie noch die Diagnose einer Multiplen Sklerose hinderten ihn lange daran, weiterzulaufen. Zurzeit ist Rehage in Serbien. Auf Instagram kann man seinen Trip mitverfolgen.

    Inzwischen aber freut er sich darauf, seine Reise bald zu beenden und in Deutschland anzukommen. Gleichzeitig habe er aber auch Angst davor. “Ich habe Angst, dass die Zufriedenheit nicht einsetzt, und ich wieder weiter muss.” Doch vielleicht lässt er sich am Ende auch in Georgien nieder. “Es war das erste Land, wo ich das Gefühl hatte, hier ist Freiheit.” Lisa Marie Jordan

    • Gesellschaft
    • Xinjiang

    Personalien

    Urs Thoma wurde kürzlich Koordinator für Denso in Peking. Das Unternehmen stellt Automobilkomponenten her.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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