Table.Briefing: China

Was passiert mit Peng Shuai? – DOSB lehnt politische Verantwortung ab

  • Ex-Häftling beschreibt Druck auf verschleppten Tennisstar
  • Sportverbände äußern sich zurückhaltend im Fall Peng
  • 20-jähriger Demokratie-Aktivist verurteilt
  • Acht Chinesen in der DR Kongo entführt
  • Putin als “guter Freund” zu den Olympischen Spielen
  • Warnungen vor Atomkrieg um Taiwan
  • Im Portrait: Hongkong-Aktivistin Glacier Kwong
Liebe Leserin, lieber Leser,

der Fall Peng Shuai beschäftigt uns auch in der zweiten Ausgabe von China.Table Human Rights. Wir haben mit dem chinesischen Menschenrechtsanwalt Teng Biao gesprochen, der aus eigener Erfahrung weiß, mit welchen Mitteln die Staatssicherheit verschleppte Personen psychisch unter Druck setzt.

Wenn man den Ausführungen von Teng lauscht, dann möchte man sich nicht vorstellen, selbst in eine solche Situation zu geraten. In China gehören sie zum Alltag. Zehntausende Betroffene hat allein die Menschenrechtsorganisation Chinese Human Rights Defenders dokumentiert.

Dass die Olympischen Winterspiele demnächst in Peking eröffnet werden, sorgt unter diesen Voraussetzungen natürlich für Kontroversen. Man spürt regelrecht, wie ungern sich der deutsche Sport in dieser Kontroverse positionieren will. Der Deutsche Olympische Sportbund betonte jüngst zwar seine “gesellschaftspolitische Verantwortung”. Doch wenn es konkret wird, lässt der Verband doch lieber den Athleten den Vortritt, um Chinas eklatante Menschenrechtsverletzungen zu verurteilen.

Der Deutsche Olympische Sportbund lässt eine Chance liegen, Deutschland zu zeigen, dass wir nicht um jeden Preis Gold, Silber oder Bronze gewinnen wollen. Oder was soll “gesellschaftspolitische Verantwortung” sonst bedeuten?

Ein freundlicher Gruß

Ihr
Marcel Grzanna
Bild von Marcel  Grzanna

Analyse

Peng Shuai verschleppt – Freiheit erst nach Selbstkritik?

Schlafentzug, Schläge und stundenlanger Schneidersitz: 70 Tage lang wurde der Menschenrechtsanwalt Teng Biao im Jahr 2011 von chinesischen Sicherheitskräften psychisch und physisch gefoltert. 70 Tage lang blieb der heute 48-Jährige wie vom Erdboden verschluckt – weggesperrt in einem Hotel, das Polizei und Staatssicherheit für ihre Zwecke umfunktioniert hatten. Familie und Freunde wussten nichts über Tengs Verbleib. Sein Vergehen: Er hatte versucht, chinesische Gesetze beim Wort zu nehmen und Opfer von Menschenrechtsverletzungen gegenüber dem Staat zu verteidigen.

Zehn Jahre später blickt Teng aus seinem US-amerikanischen Exil auf den Fall der Tennisspielerin Peng Shuai. “Sie ist eine sehr prominente Persönlichkeit. Ich glaube daher nicht, dass man sie körperlich foltert. Aus eigener Erfahrung aber weiß ich, dass man sie unter enormen psychischen Druck setzt“, sagt Teng im Gespräch mit China.Table.

Peng wirft einem der mächtigsten Politiker des Landes vor, sie vergewaltigt zu haben. Ihre öffentliche Anklage über den Kurznachrichtendienst Weibo war Anfang November der Auslöser für ihr Verschwinden. Zwar legen über Staatsmedien verbreitete Fotos und Videos in den vergangenen Tagen den Eindruck nahe, dass Peng körperlich unversehrt ist. Dass sie sich jedoch frei bewegen kann, wie die Bilder suggerieren, glaubt außerhalb Chinas niemand. “Ich gehe davon aus, dass sie in einem Hotel festgehalten wird und nicht weiß, was draußen vor sich geht”, sagt Teng.

Der Jurist ist sicher, dass Peng weder ihr Mobiltelefon zur Verfügung steht, noch dass sie anderweitigen Zugang zu Informationen bekommt. Abgeschottet von der Außenwelt sei es ein probates Mittel der Staatssicherheit, den Opfern ihrer Willkür ein Angstszenario zu zeichnen. Die Festgehaltenen sollen die Ernsthaftigkeit ihrer Situation so intensiv verinnerlichen, dass sie anschließend bereitwillig Zugeständnisse machen. Ihnen wird mit langen Haftstrafen und mit Konsequenzen für Familienmitglieder gedroht, sollten sie nicht kooperieren.

Stockholm-Syndrom

Die Methode führe nicht selten dazu, dass Betroffene ausgerechnet ihre Peiniger als letzte Rettung in einer ausweglosen Situation sehen würden. Teng erinnert an das sogenannte Stockholm-Syndrom, das ein wachsendes Vertrauensverhältnis einer Geisel mit ihrem Entführer beschreibt. “Ziel ist es, dass die Angst der Opfer so groß wird, bis sie bereit sind, alles zu tun, um die Konsequenzen zu vermeiden“, sagt Teng.

Dafür sei es nötig, Festgehaltene wie Peng über einen längeren Zeitraum über ihre Situation im Ungewissen zu halten. “Die Staatssicherheit lässt sich gerne etwas Zeit, um den Opfern einen Ausweg anzubieten. Sie denkt sich: Wer sich schon nach zwei Tagen mit einer Unterschrift aus seiner Lage befreien kann, der kann seine Zusagen nicht ernst meinen.” Auch Peng Shuai werde vermutlich nicht wissen, wie lange sie noch unter Kontrolle gehalten wird.

Teng selbst wurde während seiner geheimen Gefangenschaft “50 bis 60 Mal” ins Gesicht geschlagen. Nachdem er zwei Wochen lang keine Anstalten gemacht hatte, mit den Behörden zusammenzuarbeiten, wurde er gezwungen, täglich regungslos im Schneidersitz zu verharren und die Augen offenzuhalten, von morgens um sechs Uhr bis Mitternacht, wie er sagt. Wenn die Schmerzen so groß wurden, dass er um Erleichterung bettelte, gewährten ihm die Wächter, für wenige Minuten aufzustehen. Fünf Wochen am Stück musste er dazu rund um die Uhr Handschellen tragen.

Gebrochen habe man ihn nicht, erzählt Teng. Aber nach 70 Tagen sei seine Sehnsucht nach Frau und Kindern so groß gewesen, dass er bereitwillig ein Einverständnis unterschrieb. Darin verpflichtete er sich dazu, seine Arbeit als Menschenrechtsanwalt einzustellen und jede Form des Aktivismus zu unterlassen. Wenige Monate hielt er sich nach seiner Freilassung an seine Zusage, ehe er doch wieder begann, kritische Texte zur Menschenrechtssituation in der Volksrepublik zu veröffentlichen. Seine anfängliche Angst wurde von seiner Überzeugung vertrieben, das Richtige zu tun. Nach weiteren Gängelungen und einer erneuten Festnahme im Jahr 2013 gelang Teng ein Jahr später die Flucht in die USA.

Situation für Peking “sehr kompliziert”

Das Delikate an dem Fall Peng Shuai ist die Tatsache, dass Peng eine bewunderte Sportlerin in China ist. Mit ihren Grand-Slam-Titeln im Doppel, unter anderem beim bedeutendsten Turnier der Welt in Wimbledon, hat sie dem chinesischen Sport große Dienste erwiesen. Wegen ihrer Erfolge im Namen des Vaterlandes stand sie auch bei der Kommunistischen Partei hoch im Kurs. Ihre Vorwürfe gegen Zhang Gaoli, einem früheren Mitglied im Ständigen Ausschuss des Politbüros, werfen jetzt aber einen Schatten auf die chinesische Führung. Sie haben das Potenzial, Moral und Charakter der mächtigsten Männer des Landes ins Scheinwerferlicht zu zerren. Entsprechend streng radiert die Zensur alle Hinweise auf das Thema umgehend aus.

“Der Fall Peng ist ein sehr spezieller. Ich vermute, dass die Regierung noch immer an einer Lösung bastelt, wie sie die Angelegenheit am besten regeln will“, sagt William Nee von Chinese Human Rights Defenders (CHRD), einem internationalen Netzwerk von Menschenrechtsorganisationen. Wenige Monate vor dem Beginn der Olympischen Winterspiele in Peking sei die Situation “sehr kompliziert” für die Parteispitze. Auch weil der Umgang mit Zhang Gaoli dem Regime Kopfzerbrechen bereiten dürfte, wie Nee glaubt. Zhang gilt als einer der treibenden Kräfte hinter der erfolgreichen Bewerbung Pekings für die Winterspiele.

Wann Peng Shuai wieder freigelassen wird, wagt auch Nee nicht zu beurteilen. Seine Organisation dokumentiert vergleichbare Fälle, in denen Menschen entführt und ohne formelle Anklage vom chinesischen Staat festgehalten werden. In der Regel bedienen sich die Sicherheitskräfte dabei einer Maßnahme namens Residential Surveillance at a Designated Location (RSDL), die seit 1954 existiert und seit 1979 Teil des chinesischen Strafgesetzes ist.

Ursprünglich war RSDL dafür vorgesehen, Kranke oder Schwangere, die das eigene Haus nicht verlassen konnten, rechtmäßig in deren eigenen vier Wänden festzusetzen. Heute ermöglicht es RSDL den Behörden, Menschen für sechs Monate regelrecht verschwinden zu lassen. Während dieser Zeit müssen weder Verwandte über die Ingewahrsamnahme informiert, noch muss den Verschleppten rechtlicher Beistand gewährt werden.

Pengs Tennislaufbahn vor dem Aus?

Seit 2015 verzeichnen Menschenrechtsorganisationen eine drastisch steigende Zahl an RSDL-Verfahren. Angewendet wurde die Maßnahme auch bei den beiden Kanadiern Michael Kovrig und Michael Spavor. Die beiden waren von chinesischen Behörden festgenommen worden – im Gegenzug für den Hausarrest der Huawei-Managerin Meng Wanzhou in Kanada.

Menschenrechtsaktivist Nee glaubt jedoch nicht, dass Peng unter RSDL steht, weil die Maßnahme normalerweise auf politische Aktivisten oder korrupte Beamte abzielt. “Das geheime Wegsperren von Menschen ist in China ein inzwischen übliches Mittel. Die Vereinten Nationen drängen China zwar zur Aufgabe dieser Praxis. Aber Peking lehnt das ab”, sagt Nee.

Mit den Olympischen Spielen im Blick hofft man im Ausland, dass in Kürze Klarheit herrscht über den Verbleib von Peng Shuai. Mit welchen Mitteln ihre Kooperation letztlich erzwungen werden könnte, bleibt auch für Anwalt Teng Biao Spekulation. “Vielleicht wirft man ihr Steuerhinterziehung vor”, sagt Teng. Dass die 35-Jährige in den internationalen Tenniszirkus zurückkehrt, hält er derweil für unwahrscheinlich. “Ich vermute, dass die professionelle Laufbahn von Peng Shuai beendet ist.”

Lesen Sie jetzt auch:

    • Menschenrechte
    • Olympia
    • Peng Shuai
    • Teng Biao

    Peng Shuai: Kritik an China überlässt der Sportbund den Sportlern

    Der Fall Peng Shuai bringt den deutschen Sport wenige Monate vor den Olympischen Winterspielen in Peking (4. bis 20. Februar 2022) in die Zwickmühle. Zwar äußert sich der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) in einer Stellungnahme gegenüber China.Table. Doch die liest sich alles andere als eindeutig. Gefangen zwischen “Verantwortung gegenüber den Athlet:innen” und seiner “gesellschaftspolitischen Verantwortung” bemüht sich der Verband um eine Positionierung. Sportlicher Boykott: keinesfalls. Diplomatischer Boykott: müssen andere entscheiden.

    Der Sportbund wehrt sich dagegen, in Angelegenheiten der Politik hineingezogen zu werden. “Ein sportlicher Boykott würde unserer Meinung nach dazu dienen, die Sportler:innen als Werkzeug zu instrumentalisieren, um Ziele zu verfolgen, die die Politik bisher nicht erreichen konnte”, so der DOSB in der Stellungnahme. “Es wäre somit mehr als unsportlich, die Olympischen und Paralympischen Teams quasi vorzuschicken und auf ihre Kosten ein symbolisches Zeichen zu setzen, das man aus politischen, strategischen und wirtschaftlichen Gründen selbst meidet.”

    Stattdessen informiere man sich “umfassend in Gesprächen mit dem Auswärtigen Amt, Menschenrechtsexpert:innen und NGOs, wie etwa Human Rights Watch, Reporter ohne Grenzen und der Gesellschaft für bedrohte Völker”. Dies geschehe “insbesondere mit Blick auf die bevorstehenden Olympischen Winterspiele in Peking und der menschenrechtspolitischen Situation im Gastgeberland”. Gleichzeitig sei es dem Verband ein Anliegen, “unsere Sportler:innen über kritische Themen zu informieren, damit diese sich eine eigene Meinung dazu bilden und sich entsprechend äußern können, wenn sie darauf angesprochen werden”.

    DOSB folgt beim Fall Peng Shuai der Richtung des IOC

    Das klingt gut, bedeutet in der Praxis aber auch, dass der DOSB Kritik an der chinesischen Regierung lieber seine Sportler:innen üben lässt, statt seine “gesellschaftspolitische Verantwortung” in öffentlichkeitswirksame Rhetorik umzusetzen. Mehr als der Ausdruck der Sorge und die Forderung um Klarheit im Fall Peng Shuai hat der DOSB bislang nicht in Richtung der chinesischen Regierung geäußert. Damit begibt sich der DOSB ins Fahrwasser des Internationalen Olympische Komitees (IOC), das offene Kritik an der Pekinger Führung vermeidet.

    Die 35 Jahre alte Peng Shuai hatte am 2. November in einem Posting auf dem chinesischen Kurznachrichtendienst Weibo ihre Affäre mit dem früheren Vizepremierminister Zhang Gaoli öffentlich gemacht. Sie warf dem mächtigen Politiker, der bis 2017 als Mitglied im Ständigen Ausschuss des Politbüros zum innersten Machtzirkel der Kommunistischen Partei gehörte, darin vor, sie mindestens einmal zum Sex gezwungen zu haben.

    Unmittelbar danach verschwand die ehemalige Weltranglistenerste im Doppel von der Bildfläche und tauchte erst wieder auf, nachdem im Ausland zunehmend Fragen über ihren Verbleib laut wurden (China.Table berichtete). Fotos und Videosequenzen sollten dokumentieren, dass Peng einem normalen Tagesablauf nachgehe und um Privatsphäre bitte. Während Peking darin ausreichend Belege erkennen will, dass Peng wegen ihrer Anschuldigungen im Land nichts zu befürchten habe, bleibt man außerhalb Chinas skeptisch.

    Andere internationale Verbände sprechen Klartext

    Die noch relativ junge Athletenvereinigung Global Athlete forderte das IOC auf, “das Chinesische Olympische Komitee sofort zu suspendieren”, bis Peng Shuai sicher aus China ausreisen könne und eine vollständige und transparente Untersuchung ihrer Vorwürfe der sexuellen Nötigung durchgeführt würde. Die Organisation betonte, dass eine Videoschalte nicht garantiere, dass sich Peng tatsächlich in Sicherheit befinde und wohlauf sei. Global Athlete warf IOC-Präsident Thomas Bach vor, er habe die “todernste Situation verspottet, die leider zu vielen weiblichen Athleten sehr vertraut ist”. Bach hatte Peng im Rahmen der IOC-Videoschalte im Beisein einer chinesischen Funktionärin zu einem gemeinsamen Abendessen in Peking eingeladen.

    Unzweifelhaft sind das Verschwinden der zweimaligen Grand-Slam-Siegerin und ihre mysteriösen Lebenszeichen der vergangenen Tage ein unangenehmes Thema, mit dem sich die Verbände nicht intensiv befassen wollen. Beim Deutschen Skiverband (DSV) nimmt man die Ereignisse um Peng “zwar wahr”, aber man bittet auch um Verständnis dafür, dass man momentan gerade “sehr viel zu tun habe”, nachdem im vergangenen Monat die Wettkampf-Saison begonnen hat. Als Teil des DOSB fühlt sich der DSV “nicht berufen, die Vorkommnisse politisch einzuordnen”, wie ein Sprecher im Gespräch mit China.Table betont. Der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) ließ eine Anfrage zunächst unbeantwortet.

    Konsequenzen aus der Welt des Sports drohen der Volksrepublik bislang nur vom Frauentennis-Weltverband WTA. Verbandsboss Steve Simon schließt einen Abzug aller WTA-Turniere aus China nicht aus. Unterstützung erhält er nicht nur von Stars der Szene, sondern auch vom Deutschen Tennis Bund (DTB). Dessen Präsident Dietloff von Arnim hält das für “eine klare positive Äußerung zu Menschenrechten”. Der DTB unterstütze die Haltung des Weltverbandes. “Wichtiger als das Geschäft sind die moralischen Werte, für die wir einstehen. Aber die wenigsten agieren so. Aber so langsam hat man das Gefühl, die Uhr schlägt ein bisschen um”, sagte von Arnim im Deutschlandfunk.

    Der Staat unterdrückt die MeToo-Bewegung

    Anlass genug zu einer kritischen Bewertung von Geschäftsinteressen im Land des Olympia-Gastgebers hätte es aber schon vor dem Fall Peng Shuai ausreichend gegeben. Die Tennisspielerin ist nicht die erste Frau in China, die in jüngster Vergangenheit auf sexuelle Übergriffe durch Männer aufmerksam gemacht hat. Eine Handvoll weiterer Fälle ist ans Licht gekommen. Doch deren Aufarbeitung wird vom Staat mit allen Mitteln verhindert.

    So werden die beiden Aktivistinnen Huang Xueqin und Wang Jianbing seit einigen Wochen ebenfalls vermisst. Sie unterstützten und berieten andere Frauen darin, ihre Erfahrungen mit der Öffentlichkeit zu teilen. Gegen weitere Aktivistinnen sind Schmutzkampagnen in sozialen Medien losgetreten worden. Sie müssen sich dort vorwerfen lassen, als Werkzeuge des Auslands zu handeln, um dem Mutterland zu schaden.

    Zhou Xiaoxuan, die den bekannten TV-Moderator Zhu Jun beschuldigt, sie begrapscht zu haben, erhielt beispielsweise eine Nachricht, in der ihr nahegelegt wird, das Land zu verlassen. “Raus aus China. Ich bin angeekelt, mit einem Typ Mensch auf dem gleichen Fleck Erde zu leben wie du”, zitiert die Nachrichtenagentur AP aus einer privaten Nachricht an Zhou.

    Ob der Staat mit seiner Armee an Sozialmedien-Kommentatoren solche Kampagnen unterstützt, ist nicht nachzuweisen. Doch während er Vorwürfe sexuellen Missbrauchs scharf und schnell zensiert, lässt er Beleidigungen gegen Frauenrechtlerinnen zu und sperrt deren Konten. Damit beraubt er sie der Möglichkeit einer offenen Auseinandersetzung mit ihren Kritiker:innen. Und verhindert gleichzeitig, dass sich andere Nutzer solidarisch zeigen können.

    Lesen Sie jetzt auch:

      • IOC
      • Menschenrechte
      • MeToo
      • Olympia
      • Peng Shuai
      • Sport
      • WTA
      • Zhang Gaoli

      News

      Dreieinhalb Jahre Haft für Aktivist Tony Chung

      Sein Kampf für ein unabhängiges Hongkong endet für den 20-jährigen Tony Chung vorläufig mit einer jahrelangen Gefängnisstrafe. Ein Gericht verurteilte den Aktivisten zu dreieinhalb Jahren hinter Gittern, nachdem er sich zum Vorwurf der Sezession schuldig bekannt hatte. Chung war Gründer und Vorsitzender der Bewegung Student Localism. Diese hatte seit 2016 eine Abspaltung der Stadt von der Volksrepublik China gefordert. 2020 war Chung von Zivilbeamten vor dem US-Konsulat in Hongkong festgenommen worden, als er offenbar versuchte, politisches Asyl zu beantragen.

      Chung ist bislang der jüngste pro-demokratische Aktivist, der auf Grundlage des Nationalen Sicherheitsgesetzes in Hongkong verurteilt worden ist. Wegen seines Geständnisses ließ das Gericht zwei weitere Anklagen wegen Geldwäsche und Volksverhetzung gegen ihn fallen. Die Staatsanwaltschaft hatte ihm vorgeworfen, mehr als 1.000 Postings in sozialen Medien abgesetzt zu haben, die Hongkongs Unabhängigkeit von Peking forderten.

      Trotz der Zusage der Behörden, dass das Nationale Sicherheitsgesetz nicht rückwirkend angewendet wird, waren auch Online-Beiträge Teil der Anklage, die vor der Implementierung des neuen Rechtsrahmens geschrieben wurden. “Obwohl er keinen konkreten Plan verfolgt hat, waren seine Ziele eindeutig”, begründete Richter Stanley Chan sein Urteil. grz

      Lesen Sie jetzt auch:

        • Hongkong
        • Justiz
        • Menschenrechte
        • Nationales Sicherheitsgesetz

        Chinesen aus Goldmine in der DR Kongo entführt

        Aus einer Goldmine in der Demokratischen Republik Kongo sind am Samstagabend acht Chinesen entführt worden. Eine bislang unbekannte bewaffnete Miliz habe die Mine in der Ortschaft Mukera in der Region Fizi im Osten des Landes überfallen und dabei mindestens zwei kongolesische Sicherheitskräfte getötet, sagte die Regionalverwalterin von Fizi, Aimé Kawaya, der Deutschen Presse-Agentur. Die Goldmine wurde offenbar von Chinesen betrieben. Ob es sich bei den Entführten um Arbeiter handelt, war zunächst unklar.

        Die ehemalige belgische Kolonie mit ihren 90 Millionen Einwohnern ist reich an Bodenschätzen wie Kupfer, Kobalt, Gold und Diamanten. China hat sich dort unter dem ehemaligen Präsidenten Joseph Kabila viele Rechte an Minen gesichert, die es durch eigene Firmen ausbeuten lässt. Kobalt aus dem Kongo ist unter anderem ein wichtiger Rohstoff für die Elektromobilität. Doch der Unmut der Bevölkerung gegenüber Chinas Investitionen in der Bergbauindustrie wächst. Besonders umstritten ist ein Abkommen von 2008 mit einem Volumen von umgerechnet acht Milliarden Euro, das China Bergbaurechte im Gegenzug für Infrastruktur-Projekte garantiert. Der amtierende Präsident Felix Tshisekedi hat vor wenigen Wochen die Überprüfung des Abkommens und “fairere Geschäfte” gefordert (China.Table berichtete).

        Die ostkongolesische Provinz Süd-Kivu hatte im August nach einer Meldung der Nachrichtenagentur AFP mehrere chinesische Goldminen-Operationen suspendiert. Ihnen werden massive Umweltzerstörung sowie undurchsichtige Geschäfte vorgeworfen. Das Schicksal der chinesischen Unternehmen liegt nach einer parlamentarischen Untersuchung nun in den Händen der Bundesregierung in Kinshasa. ck

        Lesen Sie jetzt auch:

          • DR Kongo
          • Geopolitik
          • Rohstoffe

          Putin kommt als “guter Freund” zu den Spielen

          Der russische Präsident Wladimir Putin hat seine Anwesenheit beim Auftakt der Olympischen Winterspiele in Peking zugesagt. “Xi Jinping lädt seinen guten Freund, Präsident Putin, zur Teilnahme an den Veranstaltungen der Olympischen Winterspiele in Peking ein”, sagte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums am Dienstag. Das zeige erneut, wie tief die Partnerschaft zwischen China und Russland sei. “China und Russland haben eine gute Tradition, Großereignisse zusammen zu feiern.”

          Peking betont den Besuch aus Moskau so auffällig, weil US-Präsident Joe Biden bereits laut über einen diplomatischen Olympia-Boykott aufgrund von Menschenrechtsverletzungen in China nachgedacht hat. Großbritannien würde sich diesem Boykott möglicherweise anschließen. Dies bedeutet, dass keine offizielle Regierungsdelegation beider Staaten nach Peking reisen würde. Putin betonte dagegen den Berichten in Staatsmedien zufolge, die chinesisch-russischen Beziehungen seien “stärker denn je”. Die Winterspiele finden im Februar 2022 statt. fin

          Lesen Sie jetzt auch:

            • Boykott
            • Geopolitik
            • Olympia
            • Russland
            • Sport
            • Wladimir Putin

            Mahbubani warnt vor Atomkrieg wegen Taiwan

            Der ehemalige Botschafter Singapurs bei den Vereinten Nationen, Kishore Mahbubani, hat vor der Möglichkeit eines Atomkriegs zwischen den USA und China gewarnt. Der Taiwan-Konflikt könne eskalieren, wenn Washington nicht an seiner Ein-China-Politik festhalte, sagte Mahbubani bei einer Veranstaltung zum 25. Geburtstag des Media Programme Asia der Konrad Adenauer Stiftung in Singapur. China sei “auf allen Feldern ein rationaler Akteur, mit einer Ausnahme: bei Taiwan ist China ein emotionaler Akteur“. Sollten Washington oder Taipeh hingegen entgegen den Versicherungen von US-Präsident Joe Biden die Unabhängigkeit Taiwans durchzusetzen versuchen, werde für Peking eine “rote Linie” überschritten, warnt der profilierte, zum Teil aber auch umstrittene Politikbeobachter.

            Mahbubani diskutierte auf der Veranstaltung mit dem ehemaligen Spiegel-Chef Stefan Aust, der seinerseits gerade ein Buch zu Xi Jinping veröffentlicht hat. Aust zufolge sei es China, das den Status quo ändern will. Mahbubani widersprach: “Die Chinesen werden von sich aus nicht losziehen und Taiwan besetzen.” Ohne äußere Provokationen werde China entsprechende Ambitionen noch einige Jahre zurückstellen, bis es “die größte Wirtschaftsmacht der Welt” sei. Für die Zeit danach deutete Mahbubani dann eine Bereitschaft Taipehs an, sich dem Festland doch wieder anzuschließen.

            Die Lage um Taiwan wirkt derzeit angespannt: Von chinesischer Seite aus häufen sich die kleinen und großen Provokationen (China.Table berichtete), während Biden im Zusammenhang mit der Insel das Wort “Unabhängigkeit” verwendet hat. Seine Mitarbeiter haben die Äußerung als ein Versehen gedeutet. Doch Peking könnte den Wechsel im Sprachgebrauch als Andeutung einer politischen Kursänderung verstehen. fin

            Lesen Sie jetzt auch:

              • Geopolitik
              • Taiwan
              • Technologie
              • USA

              Portrait

              Glacier Kwong – kämpft im Exil für politisch Verfolgte

              Aktivistin aus Hongkong Glacier Kwong

              Zum Gesicht der Hongkonger Protest-Bewegung in Deutschland zu werden, hatte Glacier Kwong nicht geplant. Als die pro-demokratischen Proteste in ihrer Heimatstadt vor zwei Jahren eskalierten, weilte die heute 25-Jährige gerade in Hamburg, wo sie seit 2018 an der Universität eingeschrieben ist. Aus der Ferne verfolgte sie, wie ehemalige Klassenkameraden unter Tränengassalven von der Polizei eingekesselt wurden. Viele ihrer engsten Freunde wurden festgenommen.

              Kwong, die bereits als Teenager politisch aktiv war, sah machtlos zu. Als Joshua Wong, den sie noch aus Zeiten der Regenschirm-Proteste von 2014 kennt, kurz darauf eine Vortragsreihe in Europa ankündigte, ließ sich Kwong nicht lange bitten: An Orten wie der Berliner Humboldt-Uni oder der Bundespressekonferenz saß sie neben dem bekanntesten Hongkonger Aktivisten auf dem Podium, und sprach über ihre Spezialgebiete: Pekings wachsende Überwachung und die Möglichkeiten des digitalen Widerstands.  

              Joshua Wong wurde nicht lange nach seiner Rückkehr nach Hongkong abermals verhaftet. Glacier Kwong blieb in Deutschland, wo sie zur gefragtesten Hongkonger Exilantin wurde. Sie gibt Interviews, hält Vorträge, schreibt Zeitungskolumnen und hat im Deutschen Bundestag eine Petition initiiert, die Sanktionen gegen chinesische Beamte durchsetzen soll. “Manchmal wünsche ich mir, nicht so sichtbar zu sein”, sagt die Aktivistin, die derzeit an der Universität Hamburg ihre Doktorarbeit zum Thema Datenschutz schreibt. “Aber gleichzeitig weiß ich, dass ich mit meiner Bekanntheit ziemlich privilegiert bin. Wenn ich in Schwierigkeiten gerate, wird es immer Leute geben, die mir helfen.”

              Treffen und Interviews nur mit Faradayscher Tasche

              Durch die Corona-Beschränkungen und vor allem durch das neue Nationale Sicherheitsgesetz ist die Hongkonger Demokratie-Bewegung vor Ort kaum mehr sichtbar. “Zum jetzigen Zeitpunkt sind alle Grundfreiheiten, die das Prinzip von “Ein Land, zwei Systeme” garantiert, ausgehöhlt. Hongkongs Zivilgesellschaft schrumpft und mit dem Nationalen Sicherheitsgesetz haben wir auch unsere Rede- und Pressefreiheit eingebüßt.” Deshalb sei es nun umso wichtiger, dass die Diaspora sich zusammenschließt, so Kwong. “Wir versuchen neue Wege zu finden, um den Kampf aufrechtzuerhalten.” Zusammen mit anderen Exilanten gibt die Doktorandin seit Anfang des Jahres das Magazin “The Flow” heraus, dass sich an politisch Verfolgte richtet: “Wir wollen eine Plattform für Diskussionen schaffen, die es so in Hongkong nicht mehr geben kann.” 

              Sie selbst hat mehrere Artikel zu den Themen Online-Aktivismus und Zensur beigetragen, zuletzt einen mit dem Titel: “Stiller Krieg.” Mittlerweile berät Kwong auch andere Aktivisten, wie sie sich am besten vor Überwachung schützen können. Wenn sie sich mit Freunden oder zu Interviews verabredet, steckt sie ihr Mobiltelefon in eine sogenannte Faradaysche Tasche, die mit einer metallisierten Schutzhülle alle Signale blockiert und eine Abhörung unmöglich machen soll. 

              Das bislang noch freie Internet sei nach dem Verbot pro-demokratischer Publikationen wie “Apple Daily” das nächste Ziel von Pekings Griff nach Hongkong, glaubt Kwong. “Es würde mich nicht wundern, wenn die Regierung bald noch mehr Webseiten blockiert und den Zugang zu VPN-Kanälen verbietet. Die Stadt wird zu einer Art Black Box, aus der keine Informationen hinaus oder hineingelangen können. Die Welt soll die demokratische Community Hongkongs auf diese Weise langsam vergessen.”

              Pekings Versuch, Hongkong noch stärker mit dem Wirtschaftscluster der “Greater Bay Area” auf dem südchinesischen Festland zu verzahnen, etwa mit neuen Zugverbindungen und grenzüberschreitenden Job-Programmen, ziele ebenfalls darauf ab, den letzten politischen Widerständlern Hongkongs das Wasser abzugraben. Darüber, dass die Stadt wirtschaftlich so frei bleibt wie zuvor, solle man sich jedoch keine Illusionen machen. “Ich denke, der jüngste Crackdown der Regierung gegen Tech-Unternehmen wie Alibaba hat klar gezeigt, dass auf Chinas Märkten immer eine unsichtbare Hand die Fäden zieht.”

              Risiko einer Rückkehr zu groß

              Eine Rückkehr nach Hongkong will Kwong bis auf Weiteres nicht riskieren. “Ich glaube, die Behörden würden mich sofort verhaften, wenn ich aus dem Flugzeug steige. In ihren Augen bin ich definitiv eine Verbrecherin, weil ich mich im Ausland für die Freiheit und Demokratie in Hongkong einsetze”.

              Den Kontakt zu ihren Eltern und Geschwistern hat Kwong mittlerweile abgebrochen – um sie zu schützen, wie sie sagt. “Normalerweise bin ich kein Mensch, der schnell Heimweh bekommt. Aber in letzter Zeit überwältigen mich oft die Emotionen. Nach mehr als einem Jahr im Exil muss ich die Möglichkeit akzeptieren, dass ich mein Zuhause vielleicht nie mehr wiedersehe.” Fabian Peltsch

              Lesen Sie jetzt auch:

                • Demokratie
                • Hongkong
                • Menschenrechte

                China.Table Redaktion

                CHINA.TABLE REDAKTION

                Licenses:
                  • Ex-Häftling beschreibt Druck auf verschleppten Tennisstar
                  • Sportverbände äußern sich zurückhaltend im Fall Peng
                  • 20-jähriger Demokratie-Aktivist verurteilt
                  • Acht Chinesen in der DR Kongo entführt
                  • Putin als “guter Freund” zu den Olympischen Spielen
                  • Warnungen vor Atomkrieg um Taiwan
                  • Im Portrait: Hongkong-Aktivistin Glacier Kwong
                  Liebe Leserin, lieber Leser,

                  der Fall Peng Shuai beschäftigt uns auch in der zweiten Ausgabe von China.Table Human Rights. Wir haben mit dem chinesischen Menschenrechtsanwalt Teng Biao gesprochen, der aus eigener Erfahrung weiß, mit welchen Mitteln die Staatssicherheit verschleppte Personen psychisch unter Druck setzt.

                  Wenn man den Ausführungen von Teng lauscht, dann möchte man sich nicht vorstellen, selbst in eine solche Situation zu geraten. In China gehören sie zum Alltag. Zehntausende Betroffene hat allein die Menschenrechtsorganisation Chinese Human Rights Defenders dokumentiert.

                  Dass die Olympischen Winterspiele demnächst in Peking eröffnet werden, sorgt unter diesen Voraussetzungen natürlich für Kontroversen. Man spürt regelrecht, wie ungern sich der deutsche Sport in dieser Kontroverse positionieren will. Der Deutsche Olympische Sportbund betonte jüngst zwar seine “gesellschaftspolitische Verantwortung”. Doch wenn es konkret wird, lässt der Verband doch lieber den Athleten den Vortritt, um Chinas eklatante Menschenrechtsverletzungen zu verurteilen.

                  Der Deutsche Olympische Sportbund lässt eine Chance liegen, Deutschland zu zeigen, dass wir nicht um jeden Preis Gold, Silber oder Bronze gewinnen wollen. Oder was soll “gesellschaftspolitische Verantwortung” sonst bedeuten?

                  Ein freundlicher Gruß

                  Ihr
                  Marcel Grzanna
                  Bild von Marcel  Grzanna

                  Analyse

                  Peng Shuai verschleppt – Freiheit erst nach Selbstkritik?

                  Schlafentzug, Schläge und stundenlanger Schneidersitz: 70 Tage lang wurde der Menschenrechtsanwalt Teng Biao im Jahr 2011 von chinesischen Sicherheitskräften psychisch und physisch gefoltert. 70 Tage lang blieb der heute 48-Jährige wie vom Erdboden verschluckt – weggesperrt in einem Hotel, das Polizei und Staatssicherheit für ihre Zwecke umfunktioniert hatten. Familie und Freunde wussten nichts über Tengs Verbleib. Sein Vergehen: Er hatte versucht, chinesische Gesetze beim Wort zu nehmen und Opfer von Menschenrechtsverletzungen gegenüber dem Staat zu verteidigen.

                  Zehn Jahre später blickt Teng aus seinem US-amerikanischen Exil auf den Fall der Tennisspielerin Peng Shuai. “Sie ist eine sehr prominente Persönlichkeit. Ich glaube daher nicht, dass man sie körperlich foltert. Aus eigener Erfahrung aber weiß ich, dass man sie unter enormen psychischen Druck setzt“, sagt Teng im Gespräch mit China.Table.

                  Peng wirft einem der mächtigsten Politiker des Landes vor, sie vergewaltigt zu haben. Ihre öffentliche Anklage über den Kurznachrichtendienst Weibo war Anfang November der Auslöser für ihr Verschwinden. Zwar legen über Staatsmedien verbreitete Fotos und Videos in den vergangenen Tagen den Eindruck nahe, dass Peng körperlich unversehrt ist. Dass sie sich jedoch frei bewegen kann, wie die Bilder suggerieren, glaubt außerhalb Chinas niemand. “Ich gehe davon aus, dass sie in einem Hotel festgehalten wird und nicht weiß, was draußen vor sich geht”, sagt Teng.

                  Der Jurist ist sicher, dass Peng weder ihr Mobiltelefon zur Verfügung steht, noch dass sie anderweitigen Zugang zu Informationen bekommt. Abgeschottet von der Außenwelt sei es ein probates Mittel der Staatssicherheit, den Opfern ihrer Willkür ein Angstszenario zu zeichnen. Die Festgehaltenen sollen die Ernsthaftigkeit ihrer Situation so intensiv verinnerlichen, dass sie anschließend bereitwillig Zugeständnisse machen. Ihnen wird mit langen Haftstrafen und mit Konsequenzen für Familienmitglieder gedroht, sollten sie nicht kooperieren.

                  Stockholm-Syndrom

                  Die Methode führe nicht selten dazu, dass Betroffene ausgerechnet ihre Peiniger als letzte Rettung in einer ausweglosen Situation sehen würden. Teng erinnert an das sogenannte Stockholm-Syndrom, das ein wachsendes Vertrauensverhältnis einer Geisel mit ihrem Entführer beschreibt. “Ziel ist es, dass die Angst der Opfer so groß wird, bis sie bereit sind, alles zu tun, um die Konsequenzen zu vermeiden“, sagt Teng.

                  Dafür sei es nötig, Festgehaltene wie Peng über einen längeren Zeitraum über ihre Situation im Ungewissen zu halten. “Die Staatssicherheit lässt sich gerne etwas Zeit, um den Opfern einen Ausweg anzubieten. Sie denkt sich: Wer sich schon nach zwei Tagen mit einer Unterschrift aus seiner Lage befreien kann, der kann seine Zusagen nicht ernst meinen.” Auch Peng Shuai werde vermutlich nicht wissen, wie lange sie noch unter Kontrolle gehalten wird.

                  Teng selbst wurde während seiner geheimen Gefangenschaft “50 bis 60 Mal” ins Gesicht geschlagen. Nachdem er zwei Wochen lang keine Anstalten gemacht hatte, mit den Behörden zusammenzuarbeiten, wurde er gezwungen, täglich regungslos im Schneidersitz zu verharren und die Augen offenzuhalten, von morgens um sechs Uhr bis Mitternacht, wie er sagt. Wenn die Schmerzen so groß wurden, dass er um Erleichterung bettelte, gewährten ihm die Wächter, für wenige Minuten aufzustehen. Fünf Wochen am Stück musste er dazu rund um die Uhr Handschellen tragen.

                  Gebrochen habe man ihn nicht, erzählt Teng. Aber nach 70 Tagen sei seine Sehnsucht nach Frau und Kindern so groß gewesen, dass er bereitwillig ein Einverständnis unterschrieb. Darin verpflichtete er sich dazu, seine Arbeit als Menschenrechtsanwalt einzustellen und jede Form des Aktivismus zu unterlassen. Wenige Monate hielt er sich nach seiner Freilassung an seine Zusage, ehe er doch wieder begann, kritische Texte zur Menschenrechtssituation in der Volksrepublik zu veröffentlichen. Seine anfängliche Angst wurde von seiner Überzeugung vertrieben, das Richtige zu tun. Nach weiteren Gängelungen und einer erneuten Festnahme im Jahr 2013 gelang Teng ein Jahr später die Flucht in die USA.

                  Situation für Peking “sehr kompliziert”

                  Das Delikate an dem Fall Peng Shuai ist die Tatsache, dass Peng eine bewunderte Sportlerin in China ist. Mit ihren Grand-Slam-Titeln im Doppel, unter anderem beim bedeutendsten Turnier der Welt in Wimbledon, hat sie dem chinesischen Sport große Dienste erwiesen. Wegen ihrer Erfolge im Namen des Vaterlandes stand sie auch bei der Kommunistischen Partei hoch im Kurs. Ihre Vorwürfe gegen Zhang Gaoli, einem früheren Mitglied im Ständigen Ausschuss des Politbüros, werfen jetzt aber einen Schatten auf die chinesische Führung. Sie haben das Potenzial, Moral und Charakter der mächtigsten Männer des Landes ins Scheinwerferlicht zu zerren. Entsprechend streng radiert die Zensur alle Hinweise auf das Thema umgehend aus.

                  “Der Fall Peng ist ein sehr spezieller. Ich vermute, dass die Regierung noch immer an einer Lösung bastelt, wie sie die Angelegenheit am besten regeln will“, sagt William Nee von Chinese Human Rights Defenders (CHRD), einem internationalen Netzwerk von Menschenrechtsorganisationen. Wenige Monate vor dem Beginn der Olympischen Winterspiele in Peking sei die Situation “sehr kompliziert” für die Parteispitze. Auch weil der Umgang mit Zhang Gaoli dem Regime Kopfzerbrechen bereiten dürfte, wie Nee glaubt. Zhang gilt als einer der treibenden Kräfte hinter der erfolgreichen Bewerbung Pekings für die Winterspiele.

                  Wann Peng Shuai wieder freigelassen wird, wagt auch Nee nicht zu beurteilen. Seine Organisation dokumentiert vergleichbare Fälle, in denen Menschen entführt und ohne formelle Anklage vom chinesischen Staat festgehalten werden. In der Regel bedienen sich die Sicherheitskräfte dabei einer Maßnahme namens Residential Surveillance at a Designated Location (RSDL), die seit 1954 existiert und seit 1979 Teil des chinesischen Strafgesetzes ist.

                  Ursprünglich war RSDL dafür vorgesehen, Kranke oder Schwangere, die das eigene Haus nicht verlassen konnten, rechtmäßig in deren eigenen vier Wänden festzusetzen. Heute ermöglicht es RSDL den Behörden, Menschen für sechs Monate regelrecht verschwinden zu lassen. Während dieser Zeit müssen weder Verwandte über die Ingewahrsamnahme informiert, noch muss den Verschleppten rechtlicher Beistand gewährt werden.

                  Pengs Tennislaufbahn vor dem Aus?

                  Seit 2015 verzeichnen Menschenrechtsorganisationen eine drastisch steigende Zahl an RSDL-Verfahren. Angewendet wurde die Maßnahme auch bei den beiden Kanadiern Michael Kovrig und Michael Spavor. Die beiden waren von chinesischen Behörden festgenommen worden – im Gegenzug für den Hausarrest der Huawei-Managerin Meng Wanzhou in Kanada.

                  Menschenrechtsaktivist Nee glaubt jedoch nicht, dass Peng unter RSDL steht, weil die Maßnahme normalerweise auf politische Aktivisten oder korrupte Beamte abzielt. “Das geheime Wegsperren von Menschen ist in China ein inzwischen übliches Mittel. Die Vereinten Nationen drängen China zwar zur Aufgabe dieser Praxis. Aber Peking lehnt das ab”, sagt Nee.

                  Mit den Olympischen Spielen im Blick hofft man im Ausland, dass in Kürze Klarheit herrscht über den Verbleib von Peng Shuai. Mit welchen Mitteln ihre Kooperation letztlich erzwungen werden könnte, bleibt auch für Anwalt Teng Biao Spekulation. “Vielleicht wirft man ihr Steuerhinterziehung vor”, sagt Teng. Dass die 35-Jährige in den internationalen Tenniszirkus zurückkehrt, hält er derweil für unwahrscheinlich. “Ich vermute, dass die professionelle Laufbahn von Peng Shuai beendet ist.”

                  Lesen Sie jetzt auch:

                    • Menschenrechte
                    • Olympia
                    • Peng Shuai
                    • Teng Biao

                    Peng Shuai: Kritik an China überlässt der Sportbund den Sportlern

                    Der Fall Peng Shuai bringt den deutschen Sport wenige Monate vor den Olympischen Winterspielen in Peking (4. bis 20. Februar 2022) in die Zwickmühle. Zwar äußert sich der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) in einer Stellungnahme gegenüber China.Table. Doch die liest sich alles andere als eindeutig. Gefangen zwischen “Verantwortung gegenüber den Athlet:innen” und seiner “gesellschaftspolitischen Verantwortung” bemüht sich der Verband um eine Positionierung. Sportlicher Boykott: keinesfalls. Diplomatischer Boykott: müssen andere entscheiden.

                    Der Sportbund wehrt sich dagegen, in Angelegenheiten der Politik hineingezogen zu werden. “Ein sportlicher Boykott würde unserer Meinung nach dazu dienen, die Sportler:innen als Werkzeug zu instrumentalisieren, um Ziele zu verfolgen, die die Politik bisher nicht erreichen konnte”, so der DOSB in der Stellungnahme. “Es wäre somit mehr als unsportlich, die Olympischen und Paralympischen Teams quasi vorzuschicken und auf ihre Kosten ein symbolisches Zeichen zu setzen, das man aus politischen, strategischen und wirtschaftlichen Gründen selbst meidet.”

                    Stattdessen informiere man sich “umfassend in Gesprächen mit dem Auswärtigen Amt, Menschenrechtsexpert:innen und NGOs, wie etwa Human Rights Watch, Reporter ohne Grenzen und der Gesellschaft für bedrohte Völker”. Dies geschehe “insbesondere mit Blick auf die bevorstehenden Olympischen Winterspiele in Peking und der menschenrechtspolitischen Situation im Gastgeberland”. Gleichzeitig sei es dem Verband ein Anliegen, “unsere Sportler:innen über kritische Themen zu informieren, damit diese sich eine eigene Meinung dazu bilden und sich entsprechend äußern können, wenn sie darauf angesprochen werden”.

                    DOSB folgt beim Fall Peng Shuai der Richtung des IOC

                    Das klingt gut, bedeutet in der Praxis aber auch, dass der DOSB Kritik an der chinesischen Regierung lieber seine Sportler:innen üben lässt, statt seine “gesellschaftspolitische Verantwortung” in öffentlichkeitswirksame Rhetorik umzusetzen. Mehr als der Ausdruck der Sorge und die Forderung um Klarheit im Fall Peng Shuai hat der DOSB bislang nicht in Richtung der chinesischen Regierung geäußert. Damit begibt sich der DOSB ins Fahrwasser des Internationalen Olympische Komitees (IOC), das offene Kritik an der Pekinger Führung vermeidet.

                    Die 35 Jahre alte Peng Shuai hatte am 2. November in einem Posting auf dem chinesischen Kurznachrichtendienst Weibo ihre Affäre mit dem früheren Vizepremierminister Zhang Gaoli öffentlich gemacht. Sie warf dem mächtigen Politiker, der bis 2017 als Mitglied im Ständigen Ausschuss des Politbüros zum innersten Machtzirkel der Kommunistischen Partei gehörte, darin vor, sie mindestens einmal zum Sex gezwungen zu haben.

                    Unmittelbar danach verschwand die ehemalige Weltranglistenerste im Doppel von der Bildfläche und tauchte erst wieder auf, nachdem im Ausland zunehmend Fragen über ihren Verbleib laut wurden (China.Table berichtete). Fotos und Videosequenzen sollten dokumentieren, dass Peng einem normalen Tagesablauf nachgehe und um Privatsphäre bitte. Während Peking darin ausreichend Belege erkennen will, dass Peng wegen ihrer Anschuldigungen im Land nichts zu befürchten habe, bleibt man außerhalb Chinas skeptisch.

                    Andere internationale Verbände sprechen Klartext

                    Die noch relativ junge Athletenvereinigung Global Athlete forderte das IOC auf, “das Chinesische Olympische Komitee sofort zu suspendieren”, bis Peng Shuai sicher aus China ausreisen könne und eine vollständige und transparente Untersuchung ihrer Vorwürfe der sexuellen Nötigung durchgeführt würde. Die Organisation betonte, dass eine Videoschalte nicht garantiere, dass sich Peng tatsächlich in Sicherheit befinde und wohlauf sei. Global Athlete warf IOC-Präsident Thomas Bach vor, er habe die “todernste Situation verspottet, die leider zu vielen weiblichen Athleten sehr vertraut ist”. Bach hatte Peng im Rahmen der IOC-Videoschalte im Beisein einer chinesischen Funktionärin zu einem gemeinsamen Abendessen in Peking eingeladen.

                    Unzweifelhaft sind das Verschwinden der zweimaligen Grand-Slam-Siegerin und ihre mysteriösen Lebenszeichen der vergangenen Tage ein unangenehmes Thema, mit dem sich die Verbände nicht intensiv befassen wollen. Beim Deutschen Skiverband (DSV) nimmt man die Ereignisse um Peng “zwar wahr”, aber man bittet auch um Verständnis dafür, dass man momentan gerade “sehr viel zu tun habe”, nachdem im vergangenen Monat die Wettkampf-Saison begonnen hat. Als Teil des DOSB fühlt sich der DSV “nicht berufen, die Vorkommnisse politisch einzuordnen”, wie ein Sprecher im Gespräch mit China.Table betont. Der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) ließ eine Anfrage zunächst unbeantwortet.

                    Konsequenzen aus der Welt des Sports drohen der Volksrepublik bislang nur vom Frauentennis-Weltverband WTA. Verbandsboss Steve Simon schließt einen Abzug aller WTA-Turniere aus China nicht aus. Unterstützung erhält er nicht nur von Stars der Szene, sondern auch vom Deutschen Tennis Bund (DTB). Dessen Präsident Dietloff von Arnim hält das für “eine klare positive Äußerung zu Menschenrechten”. Der DTB unterstütze die Haltung des Weltverbandes. “Wichtiger als das Geschäft sind die moralischen Werte, für die wir einstehen. Aber die wenigsten agieren so. Aber so langsam hat man das Gefühl, die Uhr schlägt ein bisschen um”, sagte von Arnim im Deutschlandfunk.

                    Der Staat unterdrückt die MeToo-Bewegung

                    Anlass genug zu einer kritischen Bewertung von Geschäftsinteressen im Land des Olympia-Gastgebers hätte es aber schon vor dem Fall Peng Shuai ausreichend gegeben. Die Tennisspielerin ist nicht die erste Frau in China, die in jüngster Vergangenheit auf sexuelle Übergriffe durch Männer aufmerksam gemacht hat. Eine Handvoll weiterer Fälle ist ans Licht gekommen. Doch deren Aufarbeitung wird vom Staat mit allen Mitteln verhindert.

                    So werden die beiden Aktivistinnen Huang Xueqin und Wang Jianbing seit einigen Wochen ebenfalls vermisst. Sie unterstützten und berieten andere Frauen darin, ihre Erfahrungen mit der Öffentlichkeit zu teilen. Gegen weitere Aktivistinnen sind Schmutzkampagnen in sozialen Medien losgetreten worden. Sie müssen sich dort vorwerfen lassen, als Werkzeuge des Auslands zu handeln, um dem Mutterland zu schaden.

                    Zhou Xiaoxuan, die den bekannten TV-Moderator Zhu Jun beschuldigt, sie begrapscht zu haben, erhielt beispielsweise eine Nachricht, in der ihr nahegelegt wird, das Land zu verlassen. “Raus aus China. Ich bin angeekelt, mit einem Typ Mensch auf dem gleichen Fleck Erde zu leben wie du”, zitiert die Nachrichtenagentur AP aus einer privaten Nachricht an Zhou.

                    Ob der Staat mit seiner Armee an Sozialmedien-Kommentatoren solche Kampagnen unterstützt, ist nicht nachzuweisen. Doch während er Vorwürfe sexuellen Missbrauchs scharf und schnell zensiert, lässt er Beleidigungen gegen Frauenrechtlerinnen zu und sperrt deren Konten. Damit beraubt er sie der Möglichkeit einer offenen Auseinandersetzung mit ihren Kritiker:innen. Und verhindert gleichzeitig, dass sich andere Nutzer solidarisch zeigen können.

                    Lesen Sie jetzt auch:

                      • IOC
                      • Menschenrechte
                      • MeToo
                      • Olympia
                      • Peng Shuai
                      • Sport
                      • WTA
                      • Zhang Gaoli

                      News

                      Dreieinhalb Jahre Haft für Aktivist Tony Chung

                      Sein Kampf für ein unabhängiges Hongkong endet für den 20-jährigen Tony Chung vorläufig mit einer jahrelangen Gefängnisstrafe. Ein Gericht verurteilte den Aktivisten zu dreieinhalb Jahren hinter Gittern, nachdem er sich zum Vorwurf der Sezession schuldig bekannt hatte. Chung war Gründer und Vorsitzender der Bewegung Student Localism. Diese hatte seit 2016 eine Abspaltung der Stadt von der Volksrepublik China gefordert. 2020 war Chung von Zivilbeamten vor dem US-Konsulat in Hongkong festgenommen worden, als er offenbar versuchte, politisches Asyl zu beantragen.

                      Chung ist bislang der jüngste pro-demokratische Aktivist, der auf Grundlage des Nationalen Sicherheitsgesetzes in Hongkong verurteilt worden ist. Wegen seines Geständnisses ließ das Gericht zwei weitere Anklagen wegen Geldwäsche und Volksverhetzung gegen ihn fallen. Die Staatsanwaltschaft hatte ihm vorgeworfen, mehr als 1.000 Postings in sozialen Medien abgesetzt zu haben, die Hongkongs Unabhängigkeit von Peking forderten.

                      Trotz der Zusage der Behörden, dass das Nationale Sicherheitsgesetz nicht rückwirkend angewendet wird, waren auch Online-Beiträge Teil der Anklage, die vor der Implementierung des neuen Rechtsrahmens geschrieben wurden. “Obwohl er keinen konkreten Plan verfolgt hat, waren seine Ziele eindeutig”, begründete Richter Stanley Chan sein Urteil. grz

                      Lesen Sie jetzt auch:

                        • Hongkong
                        • Justiz
                        • Menschenrechte
                        • Nationales Sicherheitsgesetz

                        Chinesen aus Goldmine in der DR Kongo entführt

                        Aus einer Goldmine in der Demokratischen Republik Kongo sind am Samstagabend acht Chinesen entführt worden. Eine bislang unbekannte bewaffnete Miliz habe die Mine in der Ortschaft Mukera in der Region Fizi im Osten des Landes überfallen und dabei mindestens zwei kongolesische Sicherheitskräfte getötet, sagte die Regionalverwalterin von Fizi, Aimé Kawaya, der Deutschen Presse-Agentur. Die Goldmine wurde offenbar von Chinesen betrieben. Ob es sich bei den Entführten um Arbeiter handelt, war zunächst unklar.

                        Die ehemalige belgische Kolonie mit ihren 90 Millionen Einwohnern ist reich an Bodenschätzen wie Kupfer, Kobalt, Gold und Diamanten. China hat sich dort unter dem ehemaligen Präsidenten Joseph Kabila viele Rechte an Minen gesichert, die es durch eigene Firmen ausbeuten lässt. Kobalt aus dem Kongo ist unter anderem ein wichtiger Rohstoff für die Elektromobilität. Doch der Unmut der Bevölkerung gegenüber Chinas Investitionen in der Bergbauindustrie wächst. Besonders umstritten ist ein Abkommen von 2008 mit einem Volumen von umgerechnet acht Milliarden Euro, das China Bergbaurechte im Gegenzug für Infrastruktur-Projekte garantiert. Der amtierende Präsident Felix Tshisekedi hat vor wenigen Wochen die Überprüfung des Abkommens und “fairere Geschäfte” gefordert (China.Table berichtete).

                        Die ostkongolesische Provinz Süd-Kivu hatte im August nach einer Meldung der Nachrichtenagentur AFP mehrere chinesische Goldminen-Operationen suspendiert. Ihnen werden massive Umweltzerstörung sowie undurchsichtige Geschäfte vorgeworfen. Das Schicksal der chinesischen Unternehmen liegt nach einer parlamentarischen Untersuchung nun in den Händen der Bundesregierung in Kinshasa. ck

                        Lesen Sie jetzt auch:

                          • DR Kongo
                          • Geopolitik
                          • Rohstoffe

                          Putin kommt als “guter Freund” zu den Spielen

                          Der russische Präsident Wladimir Putin hat seine Anwesenheit beim Auftakt der Olympischen Winterspiele in Peking zugesagt. “Xi Jinping lädt seinen guten Freund, Präsident Putin, zur Teilnahme an den Veranstaltungen der Olympischen Winterspiele in Peking ein”, sagte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums am Dienstag. Das zeige erneut, wie tief die Partnerschaft zwischen China und Russland sei. “China und Russland haben eine gute Tradition, Großereignisse zusammen zu feiern.”

                          Peking betont den Besuch aus Moskau so auffällig, weil US-Präsident Joe Biden bereits laut über einen diplomatischen Olympia-Boykott aufgrund von Menschenrechtsverletzungen in China nachgedacht hat. Großbritannien würde sich diesem Boykott möglicherweise anschließen. Dies bedeutet, dass keine offizielle Regierungsdelegation beider Staaten nach Peking reisen würde. Putin betonte dagegen den Berichten in Staatsmedien zufolge, die chinesisch-russischen Beziehungen seien “stärker denn je”. Die Winterspiele finden im Februar 2022 statt. fin

                          Lesen Sie jetzt auch:

                            • Boykott
                            • Geopolitik
                            • Olympia
                            • Russland
                            • Sport
                            • Wladimir Putin

                            Mahbubani warnt vor Atomkrieg wegen Taiwan

                            Der ehemalige Botschafter Singapurs bei den Vereinten Nationen, Kishore Mahbubani, hat vor der Möglichkeit eines Atomkriegs zwischen den USA und China gewarnt. Der Taiwan-Konflikt könne eskalieren, wenn Washington nicht an seiner Ein-China-Politik festhalte, sagte Mahbubani bei einer Veranstaltung zum 25. Geburtstag des Media Programme Asia der Konrad Adenauer Stiftung in Singapur. China sei “auf allen Feldern ein rationaler Akteur, mit einer Ausnahme: bei Taiwan ist China ein emotionaler Akteur“. Sollten Washington oder Taipeh hingegen entgegen den Versicherungen von US-Präsident Joe Biden die Unabhängigkeit Taiwans durchzusetzen versuchen, werde für Peking eine “rote Linie” überschritten, warnt der profilierte, zum Teil aber auch umstrittene Politikbeobachter.

                            Mahbubani diskutierte auf der Veranstaltung mit dem ehemaligen Spiegel-Chef Stefan Aust, der seinerseits gerade ein Buch zu Xi Jinping veröffentlicht hat. Aust zufolge sei es China, das den Status quo ändern will. Mahbubani widersprach: “Die Chinesen werden von sich aus nicht losziehen und Taiwan besetzen.” Ohne äußere Provokationen werde China entsprechende Ambitionen noch einige Jahre zurückstellen, bis es “die größte Wirtschaftsmacht der Welt” sei. Für die Zeit danach deutete Mahbubani dann eine Bereitschaft Taipehs an, sich dem Festland doch wieder anzuschließen.

                            Die Lage um Taiwan wirkt derzeit angespannt: Von chinesischer Seite aus häufen sich die kleinen und großen Provokationen (China.Table berichtete), während Biden im Zusammenhang mit der Insel das Wort “Unabhängigkeit” verwendet hat. Seine Mitarbeiter haben die Äußerung als ein Versehen gedeutet. Doch Peking könnte den Wechsel im Sprachgebrauch als Andeutung einer politischen Kursänderung verstehen. fin

                            Lesen Sie jetzt auch:

                              • Geopolitik
                              • Taiwan
                              • Technologie
                              • USA

                              Portrait

                              Glacier Kwong – kämpft im Exil für politisch Verfolgte

                              Aktivistin aus Hongkong Glacier Kwong

                              Zum Gesicht der Hongkonger Protest-Bewegung in Deutschland zu werden, hatte Glacier Kwong nicht geplant. Als die pro-demokratischen Proteste in ihrer Heimatstadt vor zwei Jahren eskalierten, weilte die heute 25-Jährige gerade in Hamburg, wo sie seit 2018 an der Universität eingeschrieben ist. Aus der Ferne verfolgte sie, wie ehemalige Klassenkameraden unter Tränengassalven von der Polizei eingekesselt wurden. Viele ihrer engsten Freunde wurden festgenommen.

                              Kwong, die bereits als Teenager politisch aktiv war, sah machtlos zu. Als Joshua Wong, den sie noch aus Zeiten der Regenschirm-Proteste von 2014 kennt, kurz darauf eine Vortragsreihe in Europa ankündigte, ließ sich Kwong nicht lange bitten: An Orten wie der Berliner Humboldt-Uni oder der Bundespressekonferenz saß sie neben dem bekanntesten Hongkonger Aktivisten auf dem Podium, und sprach über ihre Spezialgebiete: Pekings wachsende Überwachung und die Möglichkeiten des digitalen Widerstands.  

                              Joshua Wong wurde nicht lange nach seiner Rückkehr nach Hongkong abermals verhaftet. Glacier Kwong blieb in Deutschland, wo sie zur gefragtesten Hongkonger Exilantin wurde. Sie gibt Interviews, hält Vorträge, schreibt Zeitungskolumnen und hat im Deutschen Bundestag eine Petition initiiert, die Sanktionen gegen chinesische Beamte durchsetzen soll. “Manchmal wünsche ich mir, nicht so sichtbar zu sein”, sagt die Aktivistin, die derzeit an der Universität Hamburg ihre Doktorarbeit zum Thema Datenschutz schreibt. “Aber gleichzeitig weiß ich, dass ich mit meiner Bekanntheit ziemlich privilegiert bin. Wenn ich in Schwierigkeiten gerate, wird es immer Leute geben, die mir helfen.”

                              Treffen und Interviews nur mit Faradayscher Tasche

                              Durch die Corona-Beschränkungen und vor allem durch das neue Nationale Sicherheitsgesetz ist die Hongkonger Demokratie-Bewegung vor Ort kaum mehr sichtbar. “Zum jetzigen Zeitpunkt sind alle Grundfreiheiten, die das Prinzip von “Ein Land, zwei Systeme” garantiert, ausgehöhlt. Hongkongs Zivilgesellschaft schrumpft und mit dem Nationalen Sicherheitsgesetz haben wir auch unsere Rede- und Pressefreiheit eingebüßt.” Deshalb sei es nun umso wichtiger, dass die Diaspora sich zusammenschließt, so Kwong. “Wir versuchen neue Wege zu finden, um den Kampf aufrechtzuerhalten.” Zusammen mit anderen Exilanten gibt die Doktorandin seit Anfang des Jahres das Magazin “The Flow” heraus, dass sich an politisch Verfolgte richtet: “Wir wollen eine Plattform für Diskussionen schaffen, die es so in Hongkong nicht mehr geben kann.” 

                              Sie selbst hat mehrere Artikel zu den Themen Online-Aktivismus und Zensur beigetragen, zuletzt einen mit dem Titel: “Stiller Krieg.” Mittlerweile berät Kwong auch andere Aktivisten, wie sie sich am besten vor Überwachung schützen können. Wenn sie sich mit Freunden oder zu Interviews verabredet, steckt sie ihr Mobiltelefon in eine sogenannte Faradaysche Tasche, die mit einer metallisierten Schutzhülle alle Signale blockiert und eine Abhörung unmöglich machen soll. 

                              Das bislang noch freie Internet sei nach dem Verbot pro-demokratischer Publikationen wie “Apple Daily” das nächste Ziel von Pekings Griff nach Hongkong, glaubt Kwong. “Es würde mich nicht wundern, wenn die Regierung bald noch mehr Webseiten blockiert und den Zugang zu VPN-Kanälen verbietet. Die Stadt wird zu einer Art Black Box, aus der keine Informationen hinaus oder hineingelangen können. Die Welt soll die demokratische Community Hongkongs auf diese Weise langsam vergessen.”

                              Pekings Versuch, Hongkong noch stärker mit dem Wirtschaftscluster der “Greater Bay Area” auf dem südchinesischen Festland zu verzahnen, etwa mit neuen Zugverbindungen und grenzüberschreitenden Job-Programmen, ziele ebenfalls darauf ab, den letzten politischen Widerständlern Hongkongs das Wasser abzugraben. Darüber, dass die Stadt wirtschaftlich so frei bleibt wie zuvor, solle man sich jedoch keine Illusionen machen. “Ich denke, der jüngste Crackdown der Regierung gegen Tech-Unternehmen wie Alibaba hat klar gezeigt, dass auf Chinas Märkten immer eine unsichtbare Hand die Fäden zieht.”

                              Risiko einer Rückkehr zu groß

                              Eine Rückkehr nach Hongkong will Kwong bis auf Weiteres nicht riskieren. “Ich glaube, die Behörden würden mich sofort verhaften, wenn ich aus dem Flugzeug steige. In ihren Augen bin ich definitiv eine Verbrecherin, weil ich mich im Ausland für die Freiheit und Demokratie in Hongkong einsetze”.

                              Den Kontakt zu ihren Eltern und Geschwistern hat Kwong mittlerweile abgebrochen – um sie zu schützen, wie sie sagt. “Normalerweise bin ich kein Mensch, der schnell Heimweh bekommt. Aber in letzter Zeit überwältigen mich oft die Emotionen. Nach mehr als einem Jahr im Exil muss ich die Möglichkeit akzeptieren, dass ich mein Zuhause vielleicht nie mehr wiedersehe.” Fabian Peltsch

                              Lesen Sie jetzt auch:

                                • Demokratie
                                • Hongkong
                                • Menschenrechte

                                China.Table Redaktion

                                CHINA.TABLE REDAKTION

                                Licenses:

                                  Jetzt kostenlos anmelden und sofort weiterlesen

                                  Keine Bankdaten. Keine automatische Verlängerung.

                                  Sie haben bereits das Table.Briefing Abonnement?

                                  Anmelden und weiterlesen