Table.Briefing: China

Umfrage zu VW-Werk in Xinjiang + Vorteile des Batteriewechsels

  • Civey-Umfrage: Mehrheit will Schließung des VW-Werks in Xinjiang
  • Chinesische Anbieter führen Batteriewechsel in den Markt ein
  • Autobauer leiden weiter unter Chip-Mangel
  • Förderung für E-Autos könnte bleiben
  • Audi legt Grundstein für neues E-Werk
  • BMW startet Produktion in dritter Fabrik
  • E-Auto von Nio stürzt von Firmengebäude
  • Personalien: Frank Fang Yang wird neuer CEO bei VW für digitalen Verkauf 
Liebe Leserin, lieber Leser,

Lagerhaft und Zwangsarbeit sind nicht so weit von deutschen Akteuren entfernt, wie diese vielleicht meinen. Die globalisierte Wirtschaft verbindet schließlich heute alle Weltgegenden.

Spätestens seit den Enthüllungen der Xinjiang-Files ist das Thema auch in den westlichen Gesellschaften angekommen. Zunehmend geraten dadurch auch die Unternehmen unter Druck – beispielsweise der deutsche Autohersteller Volkswagen, der in der Region Xinjiang ein Werk betreibt. Table.Media wollte deshalb wissen, was die deutsche Öffentlichkeit über das Thema und unser eigenes Verhalten denkt. Die Ergebnisse der vom Marktforschungsinstitut Civey durchgeführten Umfrage stellt Marcel Grzanna vor: VW sollte sein Werk in Xinjiang schließen, sagt eine Mehrheit der BefragtenGanz unabhängig davon ist eine Mehrheit der Meinung, dass die Einfuhr von Produkten aus Zwangsarbeit verboten werden sollte, wie die USA es bereits vormachen. Entsprechende Vorstöße der Politik erhalten also breite Unterstützung.

Weniger eindeutig ist die Frage, welche Energiequelle für Autos künftig das Rennen machen wird. Sie betrifft nicht nur das große Thema Wasserstoff gegen Batterie. Auch innerhalb der Welt der Akkus gibt es unterschiedliche Standards und Technologien.

Zwischen Deutschland und China herrschte hier eine Meinungsverschiedenheit in der Einschätzung der Idee von Batteriewechselstationen. Die deutschen Hersteller haben den Vorgang als fehleranfällig und unnötig bezeichnet, schließlich gibt es auch Möglichkeiten zur schnellen Ladung. Frank Sieren analysiert für uns, warum chinesische Anbieter wie Nio hingegen gute Erfahrungen mit dem Batteriewechsel machen. Das E-Auto lässt sich damit innerhalb von Sekunden “auftanken” – und das abnehmende Fassungsvermögen der Batterie ist nicht mehr die Sorge des Kunden.

Viele neue Erkenntnisse beim Lesen!

Ihr
Felix Lee
Bild von Felix  Lee

Analyse

Mehrheit will klare Linie gegenüber Xinjiang

Das Thema Zwangsarbeit ist so nah an deutsche Konsumenten herangerückt wie seit Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr. Die erdrückende Beweislage, dass in chinesischen Werken und Fabriken Hunderttausende Menschen gezwungen werden, um für eine lächerlich niedrige oder überhaupt keine Bezahlung arbeiten zu müssen, stößt Diskussionen über Moral und Verantwortung an und über die Ungerechtigkeiten in einer globalisierten Welt. Zuletzt hatte die Veröffentlichung der Xinjiang Police Files mit riesigen Datensätzen zu inhaftierten Uiguren für eine neue Dynamik gesorgt.

Internationale Lieferketten verbinden die Konsumenten zwar einerseits mit Fabriken in aller Welt, zugleich können diese sich der Bedeutung des Themas jedoch mühelos entziehen. Nahrungsmittel, Konsumgüter oder industrielle Werkstoffe bestehen heutzutage aus Komponenten, die global eingekauft werden. Die nordwestchinesische autonome Region Xinjiang gilt hier international als Inbegriff für den Einsatz menschlicher Arbeitskraft zu Hungerlöhnen. Besonders Branchen wie die Textilindustrie, die Landwirtschaft oder die Solarindustrie gelten als Risikosektoren, in denen die Wahrscheinlichkeit rapide steigt, dass Zwangsarbeit in die Wertschöpfung integriert ist.

Umfrage zu der Frage: "Sollte Deutschland chinesische Importe Ihrer Meinung nach bei Verdacht auf Zwangsarbeit bei der Herstellung verbieten"? 71 % sprechen sich dafür aus.

Die Wahrnehmung des Problems in Deutschland ist deutlich gestiegen, weil Politik und Zivilgesellschaft das Thema regelmäßig auf die Agenda setzen. In den allermeisten Fällen geschieht das in einem kritischen Kontext. Entsprechend scheint das Resultat einer Umfrage des Meinungs-Forschungsunternehmens Civey im Auftrag von Table.Media die kritische Auseinandersetzung mit dem Thema zu bestätigen.

Anhänger von Grüne und FDP sehen Importfrage unterschiedlich

Von mehr als 5.000 Befragten lehnt die große Mehrheit von 71 Prozent der deutschen Konsumenten den Import von Produkten eher ab, wenn auch nur der Verdacht besteht, Zwangsarbeit könnte Teil der Wertschöpfung gewesen sein. Für mehr als die Hälfte (56 Prozent) reicht der Verdacht schon aus, um den Import eines Produktes kategorisch abzulehnen. Allerdings lehnen zehn Prozent der Befragten den Import solcher verdächtigen Waren “auf keinen Fall” ab.

Die Ergebnisse lassen sich politischen Milieus zuordnen. Während die Wähler der Grünen mit 88 Prozent einem Import ablehnend gegenüberstehen, sind es bei der AfD lediglich 44 Prozent. Auch Linke (56 Prozent) und FDP-Wähler (59 Prozent) zeigen eine deutliche Kluft zum Spitzenwert. Von der Klientel der CDU/CSU sind es 66 Prozent, die der Einfuhr skeptisch gegenüber stehen. Den Grünen-Wählern am nächsten kommen die Anhänger der SPD, von denen vier von fünf ein Importverbot im Verdachtsfall unterstützen würden.

Umfrage zu der Frage: "Sollte Deutschland chinesische Importe Ihrer Meinung nach bei Verdacht auf Zwangsarbeit bei der Herstellung verbieten"? Aufgeschlüsselt nach Zugehörigkeit zu politischen Lagern.

Während politische Ansichten zum Teil markante Differenzen zur Beurteilung eines Importverbots aufweisen, spielt das Alter der Befragten dagegen kaum eine Rolle. In allen Altersklassen befürwortet eine deutliche Mehrheit das Importverbot. Zwar führen die 18- bis 29-Jährigen mit 75 Prozent Zustimmung die Auswertung an, doch stehen ihnen die 50- bis 64-Jährigen mit 74 Prozent Zustimmung so gut wie nicht nach. Das Schlusslicht bilden die über 65-Jährigen, doch selbst dort sind zwei Drittel (67 Prozent) aller Teilnehmer der gleichen Ansicht wie Mehrheit der jungen Menschen.

Druck auf Volkswagen wegen Werk in Urumqi wächst

Die Xinjiang-Debatte betrifft jedoch nicht nur die Herstellung von Tomaten oder T-Shirts durch anonyme Zulieferer. Mit Volkswagen ist auch ein großer Konzern mit einem eigenen Werk in Xinjiang präsent. Der deutsche Autohersteller betreibt am Rande der Regional-Hauptstadt Urumqi ein Werk, in dem pro Jahr rund 50.000 Fahrzeuge produziert werden. Eine Mehrheit der Deutschen befürwortet laut Civey-Umfrage eine Schließung des VW-Werks in Xinjiang. 67 Prozent der von Befragten sprachen sich dafür aus, dass VW sich aus der Region zurückziehen sollte.

Die Fabrik war von Anfang an ein Politikum, gibt sie der chinesischen Wirtschaftspolitik in der Region doch internationale Legitimation. Zuletzt kommt die Kritik an dem Standort nicht mehr nur von Menschenrechtsgruppen, sondern von Persönlichkeiten mit erheblichem Einfluss bei VW.

So hat sich der niedersächsische Ministerpräsident Peter Weil (SPD) sich in die Debatte eingeschaltet (China.Table berichtete). Das Land Niedersachsen hält 20 Prozent der Stimmrechte an VW. Weil sitzt daher im Aufsichtsrat des Unternehmens. Seine Partei stellt zudem derzeit den Kanzler. “Die Bilder und Berichte über die schweren Menschenrechtsverletzungen an der uigurischen Minderheit in der chinesischen Region Xinjiang sind bestürzend”: wenn jemand wie Weil so etwas sagt, dann müsste VW aufhorchen.

Kritik kommt ebenfalls von den Gewerkschaften. So fordert die IG Metall, aus der Menschenrechtssituation die nötigen Schlüsse zu ziehen und das Werk zu schließen (China.Table berichtete). VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo kritisierte die Aktivitäten in Xinjiang ebenfalls. “Mich erschüttern diese Berichte über Menschenrechtsverletzungen sehr.”

Volkswagen selbst verteidigt den Standort und argumentiert, dass das Werk den Menschen in Xinjiang helfe, wirtschaftliche Perspektiven zu entwickeln. Niemand wirft dem Unternehmen vor, Zwangsarbeiter zu beschäftigen. Dem Vernehmen nach gilt VW in Urumqi als guter und beliebter Arbeitgeber.

Mehr junge als alte Menschen für VW-Werksschließung

Wie bei der Importfrage liegen auch im Falle des VW-Werks die Ansichten zwischen Grünen-Wählern (86 Prozent) und denen der FDP (50 Prozent) weit auseinander. Die SPD-Anhänger zeigen mit 76 Prozent Zustimmung eine klare Mehrheit für eine Schließung.

Anders als bei der Importfrage es sind es allerdings vor allem die jungen Menschen zwischen 18 und 29 Jahren, die eine Schließung des Werkes für richtig halten. Mit 84 Prozent bilden sie mit Abstand die größte Gruppe, während alle übrigen Altersklassen ab 30 Jahre aufwärts zwischen 63 und 68 Prozent weitgehend deckungsgleich eingestellt sind.

Umfrage zu der Frage: Sollte VW sein Werk in der chinesischen Region Xinjiang Ihrer Meinung nach schließen, wenn in der Nähe Zwangslager betrieben werden?

Die wachsende Sensibilität der Verbraucher in den großen Industrienationen schlägt sich inzwischen auf allen Ebenen politisch nieder: durch die baldige Einführung von Lieferkettengesetzen in Deutschland und Europa oder dem Uyghur Forced Labor Prevention Act (UFLPA) in den USA (China.Table berichtete.) Ihre Effizienz wird sich allerdings in der Praxis erst noch beweisen müssen. Kritiker glauben, dass Zwangsarbeit auch durch schärfere Gesetzgebung nicht eliminiert werden könne. Doch zweifellos sind die politischen Bemühungen Ausdruck eines wachsenden gesellschaftlichen Konsens, dass die Wirtschaftskreisläufe der Welt fairer gestaltet werden müssen.

  • Autoindustrie

Regierung fördert Batterie-Tausch als Alternative zum Laden

Der automatische Batteriewechsel bei Elektroautos funktioniert im chinesischen Alltag schon ganz gut. Beispiel Nio: Die Autos fahren selbsttätig in eine Art Garage. Dort wird das Batteriefach durch Roboter von unten her geöffnet, die entladene Einheit entnommen und eine volle Batterie eingeschoben. Der Vorgang dauert nur acht Minuten, also nicht länger als früher das Tanken an der Tankstelle. Die Passagiere können beim Batteriewechsel im Auto bleiben – das ist ein Fortschritt gegenüber den ersten Prototypen.

Anders als in Deutschland, wo die Industrie den Batterietausch als zu kompliziert abgetan hat, ist die Technologie fester Teil der chinesischen Strategie. Die Regierung hat sie 2020 zu einem zentralen Punkt in der Neuaufstellung des Fahrzeugsektors erklärt. Die Pläne sind ehrgeizig. Bis 2025 soll die Zahl der Wechselstationen 26.000 erreichen. Zum Vergleich: In Deutschland gibt es 14.000 Tankstellen.

Es handelt sich hier wohlgemerkt nicht um das einzige Standbein der chinesischen Mobilitätspläne. Auch fest verbaute Akkus und Brennstoffzellen sind weiter im Rennen. China testet aus, was sich bewährt, statt sich zu früh festzulegen. Peking hat jedoch zwei gute Gründe, auch den Akku-Wechsel weiterzuverfolgen. Das Batteriewechsel-Modell macht die Autos einerseits deutlich billiger. Und andererseits braucht nicht jeder Abstellplatz eine Lademöglichkeit. Beides vereinfacht und beschleunigt die Elektrifizierung des Fahrens.

Die Autos mit Wechselbatterie können günstiger angeboten werden, weil die Kunden die Batterie nicht gleich mit dem Fahrzeug zusammen kaufen. Stattdessen mieten sie den Energiespeicher für eine monatliche Gebühr. Sie erhalten ja keine eigene Batterie, sondern bekommen alle paar hundert Kilometer eine andere. Der Preis der Batterie kann jedoch je nach Modell die Hälfte der Kosten ausmachen.

Außerdem macht die Technik das E-Auto dann auch für Menschen interessant, die in alten Wohnblöcken wohnen, die nicht über eine Tiefgarage verfügen. Deren Autos parken meist an der Straße. Dort ist es vergleichsweise teuer, Ladestationen aufzubauen, während dies in den Tiefgaragen der neuen Hochhäuser vergleichsweise einfach ist.

Industrieweite Vereinheitlichung angestrebt

Die Technik ist allerdings vor allem dann sinnvoll, wenn die meisten Autotypen die gleiche Wechselstation nutzen können. Dazu müssten alle Batterien ähnlich sein und an einer ähnlichen Stelle in einer ähnlichen Konstruktion im Auto untergebracht werden. Noch gibt es keine Verordnung, die alle Anbieter zu einer kompatiblen Lösung zwingt. Die Regierung will die Ergebnisse der Testphase noch abwarten.

Doch sobald die Vereinheitlichung kommt, befinden sich auch die deutschen Anbieter unter Handlungsdruck. Der Umstellungsaufwand wäre enorm. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass Peking die Autohersteller zur Teilnahme zwingen wird, genau wie man die internationale Autoindustrie gegen deren Willen gezwungen hat, mehr E-Autos zu bauen.

Die Regierung wirkt derweil bereits auf die Schaffung eines chinesischen Standards hin. Das Finanzministerium hat bereits 2020 beschlossen, dass E-Autos, die den Batteriewechsel beherrschen, Staatszuschüsse bekommen. Und ein Jahr später hat die Regierung ein Pilotprojekt gestartet, bei dem in der ersten Phase 1.000 Stationen in elf Städten gebaut werden, die die Batterien von 100.000 Fahrzeugen austauschen können.

Die beiden Unternehmen Nio (938 Stationen) und Aulton New Energy (434 Stationen) sind bisher führend. Die Zahl der Stationen hat sich zuletzt jährlich verdoppelt. Peking, die Stadt in China mit den meisten Wechselplätzen, hat immerhin inzwischen 265. Landesweit will Nio allein in diesem Jahr noch auf 1.300 Stationen kommen. Danach sollen in den kommenden vier Jahren 600 neue Stationen hinzukommen.  

Städte und Provinzen wie Chongqing und Henan buhlen bereits mit Subventionen um die Hersteller solcher Stationen. Auch das ist ein Zeichen, dass es ein großes Interesse an diesem Thema gibt. Allein Chongqing mit rund 30 Millionen Einwohnern will bis 2023 bis zu 200 neue Stationen bauen und 11.000 entsprechende E-Autos auf die Straße bringen.

Der Aufwand geht allerdings ins Geld. Bisher kostete es mehrere Hunderttausend Euro, eine Wechselstation zu errichten. Die konkurrierende Technik des normalen Aufladens kommt daher schneller voran. China verfügt inzwischen über mehr als 1,2 Millionen konventionelle Ladestationen.

Dennoch sollten auch deutsche Anbieter die Technik im Blick behalten. Ob es der deutschen Industrie gefällt oder nicht: China mit seinem großen Markt und seinen schnellen Fortschritten ist inzwischen der Taktgeber für solche Standards. Wenn sich der Batteriewechsel in China durchsetzt, müssten die deutschen Anbieter mitziehen. Schließlich werden auf kurz oder lang alle Autos elektrisch. Wenn Modelle, die sich in China verkaufen lassen, den Akku-Wechsel beherrschen, dann hätte es wenig Sinn, in Europa andere Autos anzubieten.

Zudem würden die Stationen auch durch die chinesische Massenproduktion dann deutlich billiger werden. Die Chinesen haben im vergangenen Jahr 3,3 Millionen Elektroautos gekauft, mehr als in Europa und den USA zusammen. Zudem wächst der Markt weiterhin schnell (China.Table berichtete): Zwischen Januar und April dieses Jahres wurden allein anderthalb Millionen E-Autos verkauft – trotz Lockdowns.

Die Befürchtung mancher Analysten, China werde sich mit der Wechseltechnik isolieren und die “Globalisierung der chinesischen E-Auto-Industrie zum Entgleisen bringen”, ist insofern nicht sehr realistisch. Im Gegenteil: Die Tests in China sind auch relevant für Deutschland. Es wäre riskant, die globale Durchsetzungskraft des chinesischen Marktes zu unterschätzen.

Chinas Batteriehersteller, die wegen ihrer Innovationskraft bei Peking hoch im Kurs stehen, setzen sich stark für den Batteriewechsel ein. Der Grund ist einfach: Wenn an jeder Station genügend aufgeladene Batterien zur Verfügung stehen müssen, braucht man bei diesem Verfahren im Gesamtmarkt besonders viele Akkus. CATL, der global führende Anbieter, mischt daher bereits im Markt mit. Im Januar dieses Jahres hat er ein eigenes Batterietausch-System namens Evogo vorgestellt.

Die Abhängigkeit des Westens von China könnte durch die Technik indessen steigen. Denn die Bodenschätze zur Batterie-Herstellung befinden sich unter chinesischer Kontrolle. China kontrolliert derzeit 60 Prozent der weltweiten Lithiumherstellung, 65 Prozent des Kobalts, 35 Prozent der Nickelproduktion und 85 Prozent der Seltenen Erden.

News

Chipmangel belastet Autobauer weiter

Der Chipmangel könnte chinesische Autobauer noch einige weitere Jahre belasten. Das geht aus Aussagen von Industrievertretern hervor. Yuan Feng, Generaldirektor von GAC Capital, der Investmentsparte der staatlichen Guangzhou Automobile Group (GAC) sagte, der Chipmangel könnte bis in die Jahre 2023 und 24 anhalten, wie das Wirtschaftsportal Caixin berichtet. GAC ist der fünftgrößte Autobauer der Volksrepublik. Auch Chen Yudong, der Präsident von Bosch China, sieht kein Ende des Chipmangels. Chen sagte, Bosch China könne aufgrund des Chipmangels derzeit nur 31 Prozent der Kundennachfrage decken.

Der Mangel hat große finanzielle Auswirkungen. Durch das Fehlen eines Chips im Wert von einigen Yuan könne die Produktion eines Autos im Wert von hunderttausenden Yuan ins Stocken geraten, so Chen. Die Produktion von circa einer Million Autos sei allein im ersten Halbjahr 2022 durch den Chipmangel betroffen gewesen. Chen hofft, dass die Chipproduktion in China in naher Zukunft zunimmt. Die inländischen Zulieferer decken demnach weniger als fünf Prozent des chinesischen Bedarfs an Auto-Chips. GAC und andere Autobauer haben in lokale Chip-Hersteller investiert oder eigene Unternehmen für die Chip-Herstellung gegründet. nib

  • Autoindustrie

Verlängerung der E-Auto-Förderung im Gespräch

Die chinesische Regierung erwägt, Subventionen für den Kauf von E-Autos doch nicht auslaufen zu lassen. Eigentlich war geplant, die teuren Zuschüsse im Laufe dieses Jahres einzustellen. Doch jetzt berichtet der Staatssender CCTV von Plänen, die Förderung fortzusetzen. Auch Reuters hatte schon über Gespräche mit Autoherstellern zu diesem Thema berichtet (China.Table berichtete).  

Die Pläne stehen im Zusammenhang mit der groß angelegten Konjunkturförderung, mit der Peking die wirtschaftlichen Folgen der Lockdowns abfedern will. Gerade der Verkauf von Autos mit umweltfreundlicheren Antriebsformen (New Energy Vehicle, NEV) gilt hier als halbwegs nachhaltiger Weg, den Herstellern zu helfen.

China bietet seit 2009 eine Förderung für den Kauf von NEV in Form von Steuererleichterungen an. Sie kostet jährlich rund 30 Milliarden Euro. Ihr Ende war bereits beschlossene Sache (China.Table berichtete). Das Elektroauto sollte ein normales Produkt werden, das nicht auf Subventionen angewiesen ist und stattdessen durch seine Vorteile überzeugt. Corona hat jedoch dem Autoabsatz empfindlich geschadet. fin

  • Autoindustrie

Audi legt Grundstein für E-Auto-Werk

Audi hat mit dem Bau einer neuen E-Auto-Fabrik in der nordostchinesischen Industriemetropole Changchun begonnen. Das Unternehmen ist dort schon seit 1988 mit einem Gemeinschaftswerk mit FAW vertreten. Ab 2024 sollen dort auf Basis der mit Porsche entwickelten Luxus-Plattform PPE jährlich bis zu 150.000 Elektroautos für den chinesischen Markt gebaut werden, verkündete Vorstandschef Markus Duesmann, der auch für das China-Geschäft verantwortlich ist. Mit dem neuen Kooperationsunternehmen zwischen Audi und FAW, der NEV Company, bringe Audi die PPE-Plattform nach China.

Die Volkswagen-Tochter investiert nach eigenen Angaben mehr als 2,6 Milliarden Euro in das neue Werk. Etwa 3.000 Arbeitsplätze sollen entstehen. Es handelt sich um das erste Kooperationsunternehmen mit Mehrheitsbeteiligung von Audi in der Volksrepublik.

Die neue Fabrik soll größer werden als das Audi-Werk in Neckarsulm. Neben einem Presswerk, dem Karosseriebau, einer Lackiererei und der Fahrzeugmontage wird es den Angaben nach auch eine Batteriemontage geben. Produziert werden sollen zunächst drei Modelle der Baureihen Audi A6 e-tron und Audi Q6 e-tron. flee

  • Autoindustrie

Drittes BMW-Werk eröffnet

Der bayerische Autobauer BMW hat eine neue E-Auto-Fabrik in Shenyang eröffnet. Mit dem dritten BMW-Werk in der Volksrepublik soll die Jahreskapazität von 700.000 auf 830.000 Fahrzeuge steigen. Die Fabrik ist laut Unternehmensangaben voll flexibel und kann bis zu 100 Prozent Elektroautos produzieren. Insgesamt haben die Bayern über zwei Milliarden Euro in den Bau des Werks investiert.

China ist einer der wichtigsten Wachstumsmärkte für deutsche Autobauer. Fast ein Viertel der in den ersten fünf Monaten dieses Jahres in China verkauften Autos waren batteriebetrieben, wie Daten der China Association of Automotive Manufactures zeigen. BMW hat im ersten Quartal 2022 fast 210.000 Autos in der Volksrepublik abgesetzt – ein Rückgang um über neun Prozent zum Vorjahreszeitraum.

Das erste Modell, das in der neuen Fabrik gebaut wird, ist der i3 eDrive35L. Die 4,87 Meter lange Elektrolimousine ist an den 3er BMW angelehnt und unterscheidet sich maßgeblich von dem in Europa bekannten Kleinwagen i3. nib

  • Autoindustrie

Testwagen von Nio stürzt von Haus

Ein Testwagen des Autoherstellers Nio ist aus einem Firmengebäude gestürzt.

Ein Testwagen des E-Auto-Anbieters Nio ist aus dem dritten Stock eines Firmengebäudes gestürzt. Ein Digitalexperte des Unternehmens und ein Techniker eines Partnerunternehmens starben dabei, teilte das Unternehmen mit. Nio kooperiere mit der Polizei auf der Suche nach der Unfallursache. Der Sturz sei nicht durch das Auto verursacht worden. Es handelt sich um ein Exemplar des neuen selbstfahrenden Elektroautos von Nio. fin

  • Autoindustrie

Personalien

Frank Fang Yang wird bei Volkswagen China neuer CEO der Digital Sales and Services Company. Der 43-Jährige war zuvor bei verschiedenen chinesischen und internationalen Firmen tätig, unter anderem in den Bereichen Vertrieb, Marketing, Markenaufbau sowie Forschung & Entwicklung. Zudem ist der Gründer und CEO des Controlling-Startups AVATR Technology.

Mert Bingöl ist seit Juni Projektleiter China für die Baureihe Mid- & Fullsize bei der Volkswagen AG. Der in Kassel ausgebildete Ingenieur wird seine Projekte vom Hauptsitz in Wolfsburg aus umsetzen.

Alexander Näher ist für Audi nach China gewechselt. Näher koordiniert in Peking den Bereich Validation and Verification. Er war zuvor mehr als sechs Jahre als Ingenieur bei Audi in Ingolstadt.

Patrick Kremer hat im Juni bei Mercedes-Benz die Position des Business Development Managers China übernommen. Zu seinen Aufgaben zählen die Optimierung der Sparte Vans China Business, die Entwicklung auf den chinesischen Markt zugeschnittener Fahrzeuglösungen und die Optimierung der in China verwendeten Lenkungsmodelle. Sein Tätigkeitsort ist Stuttgart. 

Paul Gao, bisher Hongkonger McKinsey-Managerwird neuer Chief Strategy Officer bei Mercedes-Benz. Die Position wurde bei dem schwäbischen Autobauer neu geschaffen. Gao übernimmt sie am 1. Juli.

Michael Strass übernimmt bei BMW China die Stelle des Homologation Managers (VTP) Incentives NEV Vehicles. Strass hat mehrjährige China-Erfahrung. Zuletzt arbeitete der mittlerweile wieder in Peking lebende E-Auto-Spezialist dreieinhalb Jahre als Line Manager NEV für BMW Brilliance in Shenyang.

Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unserer Personal-Kolumne an heads@table.media!

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    • Audi legt Grundstein für neues E-Werk
    • BMW startet Produktion in dritter Fabrik
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    • Personalien: Frank Fang Yang wird neuer CEO bei VW für digitalen Verkauf 
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Lagerhaft und Zwangsarbeit sind nicht so weit von deutschen Akteuren entfernt, wie diese vielleicht meinen. Die globalisierte Wirtschaft verbindet schließlich heute alle Weltgegenden.

    Spätestens seit den Enthüllungen der Xinjiang-Files ist das Thema auch in den westlichen Gesellschaften angekommen. Zunehmend geraten dadurch auch die Unternehmen unter Druck – beispielsweise der deutsche Autohersteller Volkswagen, der in der Region Xinjiang ein Werk betreibt. Table.Media wollte deshalb wissen, was die deutsche Öffentlichkeit über das Thema und unser eigenes Verhalten denkt. Die Ergebnisse der vom Marktforschungsinstitut Civey durchgeführten Umfrage stellt Marcel Grzanna vor: VW sollte sein Werk in Xinjiang schließen, sagt eine Mehrheit der BefragtenGanz unabhängig davon ist eine Mehrheit der Meinung, dass die Einfuhr von Produkten aus Zwangsarbeit verboten werden sollte, wie die USA es bereits vormachen. Entsprechende Vorstöße der Politik erhalten also breite Unterstützung.

    Weniger eindeutig ist die Frage, welche Energiequelle für Autos künftig das Rennen machen wird. Sie betrifft nicht nur das große Thema Wasserstoff gegen Batterie. Auch innerhalb der Welt der Akkus gibt es unterschiedliche Standards und Technologien.

    Zwischen Deutschland und China herrschte hier eine Meinungsverschiedenheit in der Einschätzung der Idee von Batteriewechselstationen. Die deutschen Hersteller haben den Vorgang als fehleranfällig und unnötig bezeichnet, schließlich gibt es auch Möglichkeiten zur schnellen Ladung. Frank Sieren analysiert für uns, warum chinesische Anbieter wie Nio hingegen gute Erfahrungen mit dem Batteriewechsel machen. Das E-Auto lässt sich damit innerhalb von Sekunden “auftanken” – und das abnehmende Fassungsvermögen der Batterie ist nicht mehr die Sorge des Kunden.

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    Felix Lee
    Bild von Felix  Lee

    Analyse

    Mehrheit will klare Linie gegenüber Xinjiang

    Das Thema Zwangsarbeit ist so nah an deutsche Konsumenten herangerückt wie seit Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr. Die erdrückende Beweislage, dass in chinesischen Werken und Fabriken Hunderttausende Menschen gezwungen werden, um für eine lächerlich niedrige oder überhaupt keine Bezahlung arbeiten zu müssen, stößt Diskussionen über Moral und Verantwortung an und über die Ungerechtigkeiten in einer globalisierten Welt. Zuletzt hatte die Veröffentlichung der Xinjiang Police Files mit riesigen Datensätzen zu inhaftierten Uiguren für eine neue Dynamik gesorgt.

    Internationale Lieferketten verbinden die Konsumenten zwar einerseits mit Fabriken in aller Welt, zugleich können diese sich der Bedeutung des Themas jedoch mühelos entziehen. Nahrungsmittel, Konsumgüter oder industrielle Werkstoffe bestehen heutzutage aus Komponenten, die global eingekauft werden. Die nordwestchinesische autonome Region Xinjiang gilt hier international als Inbegriff für den Einsatz menschlicher Arbeitskraft zu Hungerlöhnen. Besonders Branchen wie die Textilindustrie, die Landwirtschaft oder die Solarindustrie gelten als Risikosektoren, in denen die Wahrscheinlichkeit rapide steigt, dass Zwangsarbeit in die Wertschöpfung integriert ist.

    Umfrage zu der Frage: "Sollte Deutschland chinesische Importe Ihrer Meinung nach bei Verdacht auf Zwangsarbeit bei der Herstellung verbieten"? 71 % sprechen sich dafür aus.

    Die Wahrnehmung des Problems in Deutschland ist deutlich gestiegen, weil Politik und Zivilgesellschaft das Thema regelmäßig auf die Agenda setzen. In den allermeisten Fällen geschieht das in einem kritischen Kontext. Entsprechend scheint das Resultat einer Umfrage des Meinungs-Forschungsunternehmens Civey im Auftrag von Table.Media die kritische Auseinandersetzung mit dem Thema zu bestätigen.

    Anhänger von Grüne und FDP sehen Importfrage unterschiedlich

    Von mehr als 5.000 Befragten lehnt die große Mehrheit von 71 Prozent der deutschen Konsumenten den Import von Produkten eher ab, wenn auch nur der Verdacht besteht, Zwangsarbeit könnte Teil der Wertschöpfung gewesen sein. Für mehr als die Hälfte (56 Prozent) reicht der Verdacht schon aus, um den Import eines Produktes kategorisch abzulehnen. Allerdings lehnen zehn Prozent der Befragten den Import solcher verdächtigen Waren “auf keinen Fall” ab.

    Die Ergebnisse lassen sich politischen Milieus zuordnen. Während die Wähler der Grünen mit 88 Prozent einem Import ablehnend gegenüberstehen, sind es bei der AfD lediglich 44 Prozent. Auch Linke (56 Prozent) und FDP-Wähler (59 Prozent) zeigen eine deutliche Kluft zum Spitzenwert. Von der Klientel der CDU/CSU sind es 66 Prozent, die der Einfuhr skeptisch gegenüber stehen. Den Grünen-Wählern am nächsten kommen die Anhänger der SPD, von denen vier von fünf ein Importverbot im Verdachtsfall unterstützen würden.

    Umfrage zu der Frage: "Sollte Deutschland chinesische Importe Ihrer Meinung nach bei Verdacht auf Zwangsarbeit bei der Herstellung verbieten"? Aufgeschlüsselt nach Zugehörigkeit zu politischen Lagern.

    Während politische Ansichten zum Teil markante Differenzen zur Beurteilung eines Importverbots aufweisen, spielt das Alter der Befragten dagegen kaum eine Rolle. In allen Altersklassen befürwortet eine deutliche Mehrheit das Importverbot. Zwar führen die 18- bis 29-Jährigen mit 75 Prozent Zustimmung die Auswertung an, doch stehen ihnen die 50- bis 64-Jährigen mit 74 Prozent Zustimmung so gut wie nicht nach. Das Schlusslicht bilden die über 65-Jährigen, doch selbst dort sind zwei Drittel (67 Prozent) aller Teilnehmer der gleichen Ansicht wie Mehrheit der jungen Menschen.

    Druck auf Volkswagen wegen Werk in Urumqi wächst

    Die Xinjiang-Debatte betrifft jedoch nicht nur die Herstellung von Tomaten oder T-Shirts durch anonyme Zulieferer. Mit Volkswagen ist auch ein großer Konzern mit einem eigenen Werk in Xinjiang präsent. Der deutsche Autohersteller betreibt am Rande der Regional-Hauptstadt Urumqi ein Werk, in dem pro Jahr rund 50.000 Fahrzeuge produziert werden. Eine Mehrheit der Deutschen befürwortet laut Civey-Umfrage eine Schließung des VW-Werks in Xinjiang. 67 Prozent der von Befragten sprachen sich dafür aus, dass VW sich aus der Region zurückziehen sollte.

    Die Fabrik war von Anfang an ein Politikum, gibt sie der chinesischen Wirtschaftspolitik in der Region doch internationale Legitimation. Zuletzt kommt die Kritik an dem Standort nicht mehr nur von Menschenrechtsgruppen, sondern von Persönlichkeiten mit erheblichem Einfluss bei VW.

    So hat sich der niedersächsische Ministerpräsident Peter Weil (SPD) sich in die Debatte eingeschaltet (China.Table berichtete). Das Land Niedersachsen hält 20 Prozent der Stimmrechte an VW. Weil sitzt daher im Aufsichtsrat des Unternehmens. Seine Partei stellt zudem derzeit den Kanzler. “Die Bilder und Berichte über die schweren Menschenrechtsverletzungen an der uigurischen Minderheit in der chinesischen Region Xinjiang sind bestürzend”: wenn jemand wie Weil so etwas sagt, dann müsste VW aufhorchen.

    Kritik kommt ebenfalls von den Gewerkschaften. So fordert die IG Metall, aus der Menschenrechtssituation die nötigen Schlüsse zu ziehen und das Werk zu schließen (China.Table berichtete). VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo kritisierte die Aktivitäten in Xinjiang ebenfalls. “Mich erschüttern diese Berichte über Menschenrechtsverletzungen sehr.”

    Volkswagen selbst verteidigt den Standort und argumentiert, dass das Werk den Menschen in Xinjiang helfe, wirtschaftliche Perspektiven zu entwickeln. Niemand wirft dem Unternehmen vor, Zwangsarbeiter zu beschäftigen. Dem Vernehmen nach gilt VW in Urumqi als guter und beliebter Arbeitgeber.

    Mehr junge als alte Menschen für VW-Werksschließung

    Wie bei der Importfrage liegen auch im Falle des VW-Werks die Ansichten zwischen Grünen-Wählern (86 Prozent) und denen der FDP (50 Prozent) weit auseinander. Die SPD-Anhänger zeigen mit 76 Prozent Zustimmung eine klare Mehrheit für eine Schließung.

    Anders als bei der Importfrage es sind es allerdings vor allem die jungen Menschen zwischen 18 und 29 Jahren, die eine Schließung des Werkes für richtig halten. Mit 84 Prozent bilden sie mit Abstand die größte Gruppe, während alle übrigen Altersklassen ab 30 Jahre aufwärts zwischen 63 und 68 Prozent weitgehend deckungsgleich eingestellt sind.

    Umfrage zu der Frage: Sollte VW sein Werk in der chinesischen Region Xinjiang Ihrer Meinung nach schließen, wenn in der Nähe Zwangslager betrieben werden?

    Die wachsende Sensibilität der Verbraucher in den großen Industrienationen schlägt sich inzwischen auf allen Ebenen politisch nieder: durch die baldige Einführung von Lieferkettengesetzen in Deutschland und Europa oder dem Uyghur Forced Labor Prevention Act (UFLPA) in den USA (China.Table berichtete.) Ihre Effizienz wird sich allerdings in der Praxis erst noch beweisen müssen. Kritiker glauben, dass Zwangsarbeit auch durch schärfere Gesetzgebung nicht eliminiert werden könne. Doch zweifellos sind die politischen Bemühungen Ausdruck eines wachsenden gesellschaftlichen Konsens, dass die Wirtschaftskreisläufe der Welt fairer gestaltet werden müssen.

    • Autoindustrie

    Regierung fördert Batterie-Tausch als Alternative zum Laden

    Der automatische Batteriewechsel bei Elektroautos funktioniert im chinesischen Alltag schon ganz gut. Beispiel Nio: Die Autos fahren selbsttätig in eine Art Garage. Dort wird das Batteriefach durch Roboter von unten her geöffnet, die entladene Einheit entnommen und eine volle Batterie eingeschoben. Der Vorgang dauert nur acht Minuten, also nicht länger als früher das Tanken an der Tankstelle. Die Passagiere können beim Batteriewechsel im Auto bleiben – das ist ein Fortschritt gegenüber den ersten Prototypen.

    Anders als in Deutschland, wo die Industrie den Batterietausch als zu kompliziert abgetan hat, ist die Technologie fester Teil der chinesischen Strategie. Die Regierung hat sie 2020 zu einem zentralen Punkt in der Neuaufstellung des Fahrzeugsektors erklärt. Die Pläne sind ehrgeizig. Bis 2025 soll die Zahl der Wechselstationen 26.000 erreichen. Zum Vergleich: In Deutschland gibt es 14.000 Tankstellen.

    Es handelt sich hier wohlgemerkt nicht um das einzige Standbein der chinesischen Mobilitätspläne. Auch fest verbaute Akkus und Brennstoffzellen sind weiter im Rennen. China testet aus, was sich bewährt, statt sich zu früh festzulegen. Peking hat jedoch zwei gute Gründe, auch den Akku-Wechsel weiterzuverfolgen. Das Batteriewechsel-Modell macht die Autos einerseits deutlich billiger. Und andererseits braucht nicht jeder Abstellplatz eine Lademöglichkeit. Beides vereinfacht und beschleunigt die Elektrifizierung des Fahrens.

    Die Autos mit Wechselbatterie können günstiger angeboten werden, weil die Kunden die Batterie nicht gleich mit dem Fahrzeug zusammen kaufen. Stattdessen mieten sie den Energiespeicher für eine monatliche Gebühr. Sie erhalten ja keine eigene Batterie, sondern bekommen alle paar hundert Kilometer eine andere. Der Preis der Batterie kann jedoch je nach Modell die Hälfte der Kosten ausmachen.

    Außerdem macht die Technik das E-Auto dann auch für Menschen interessant, die in alten Wohnblöcken wohnen, die nicht über eine Tiefgarage verfügen. Deren Autos parken meist an der Straße. Dort ist es vergleichsweise teuer, Ladestationen aufzubauen, während dies in den Tiefgaragen der neuen Hochhäuser vergleichsweise einfach ist.

    Industrieweite Vereinheitlichung angestrebt

    Die Technik ist allerdings vor allem dann sinnvoll, wenn die meisten Autotypen die gleiche Wechselstation nutzen können. Dazu müssten alle Batterien ähnlich sein und an einer ähnlichen Stelle in einer ähnlichen Konstruktion im Auto untergebracht werden. Noch gibt es keine Verordnung, die alle Anbieter zu einer kompatiblen Lösung zwingt. Die Regierung will die Ergebnisse der Testphase noch abwarten.

    Doch sobald die Vereinheitlichung kommt, befinden sich auch die deutschen Anbieter unter Handlungsdruck. Der Umstellungsaufwand wäre enorm. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass Peking die Autohersteller zur Teilnahme zwingen wird, genau wie man die internationale Autoindustrie gegen deren Willen gezwungen hat, mehr E-Autos zu bauen.

    Die Regierung wirkt derweil bereits auf die Schaffung eines chinesischen Standards hin. Das Finanzministerium hat bereits 2020 beschlossen, dass E-Autos, die den Batteriewechsel beherrschen, Staatszuschüsse bekommen. Und ein Jahr später hat die Regierung ein Pilotprojekt gestartet, bei dem in der ersten Phase 1.000 Stationen in elf Städten gebaut werden, die die Batterien von 100.000 Fahrzeugen austauschen können.

    Die beiden Unternehmen Nio (938 Stationen) und Aulton New Energy (434 Stationen) sind bisher führend. Die Zahl der Stationen hat sich zuletzt jährlich verdoppelt. Peking, die Stadt in China mit den meisten Wechselplätzen, hat immerhin inzwischen 265. Landesweit will Nio allein in diesem Jahr noch auf 1.300 Stationen kommen. Danach sollen in den kommenden vier Jahren 600 neue Stationen hinzukommen.  

    Städte und Provinzen wie Chongqing und Henan buhlen bereits mit Subventionen um die Hersteller solcher Stationen. Auch das ist ein Zeichen, dass es ein großes Interesse an diesem Thema gibt. Allein Chongqing mit rund 30 Millionen Einwohnern will bis 2023 bis zu 200 neue Stationen bauen und 11.000 entsprechende E-Autos auf die Straße bringen.

    Der Aufwand geht allerdings ins Geld. Bisher kostete es mehrere Hunderttausend Euro, eine Wechselstation zu errichten. Die konkurrierende Technik des normalen Aufladens kommt daher schneller voran. China verfügt inzwischen über mehr als 1,2 Millionen konventionelle Ladestationen.

    Dennoch sollten auch deutsche Anbieter die Technik im Blick behalten. Ob es der deutschen Industrie gefällt oder nicht: China mit seinem großen Markt und seinen schnellen Fortschritten ist inzwischen der Taktgeber für solche Standards. Wenn sich der Batteriewechsel in China durchsetzt, müssten die deutschen Anbieter mitziehen. Schließlich werden auf kurz oder lang alle Autos elektrisch. Wenn Modelle, die sich in China verkaufen lassen, den Akku-Wechsel beherrschen, dann hätte es wenig Sinn, in Europa andere Autos anzubieten.

    Zudem würden die Stationen auch durch die chinesische Massenproduktion dann deutlich billiger werden. Die Chinesen haben im vergangenen Jahr 3,3 Millionen Elektroautos gekauft, mehr als in Europa und den USA zusammen. Zudem wächst der Markt weiterhin schnell (China.Table berichtete): Zwischen Januar und April dieses Jahres wurden allein anderthalb Millionen E-Autos verkauft – trotz Lockdowns.

    Die Befürchtung mancher Analysten, China werde sich mit der Wechseltechnik isolieren und die “Globalisierung der chinesischen E-Auto-Industrie zum Entgleisen bringen”, ist insofern nicht sehr realistisch. Im Gegenteil: Die Tests in China sind auch relevant für Deutschland. Es wäre riskant, die globale Durchsetzungskraft des chinesischen Marktes zu unterschätzen.

    Chinas Batteriehersteller, die wegen ihrer Innovationskraft bei Peking hoch im Kurs stehen, setzen sich stark für den Batteriewechsel ein. Der Grund ist einfach: Wenn an jeder Station genügend aufgeladene Batterien zur Verfügung stehen müssen, braucht man bei diesem Verfahren im Gesamtmarkt besonders viele Akkus. CATL, der global führende Anbieter, mischt daher bereits im Markt mit. Im Januar dieses Jahres hat er ein eigenes Batterietausch-System namens Evogo vorgestellt.

    Die Abhängigkeit des Westens von China könnte durch die Technik indessen steigen. Denn die Bodenschätze zur Batterie-Herstellung befinden sich unter chinesischer Kontrolle. China kontrolliert derzeit 60 Prozent der weltweiten Lithiumherstellung, 65 Prozent des Kobalts, 35 Prozent der Nickelproduktion und 85 Prozent der Seltenen Erden.

    News

    Chipmangel belastet Autobauer weiter

    Der Chipmangel könnte chinesische Autobauer noch einige weitere Jahre belasten. Das geht aus Aussagen von Industrievertretern hervor. Yuan Feng, Generaldirektor von GAC Capital, der Investmentsparte der staatlichen Guangzhou Automobile Group (GAC) sagte, der Chipmangel könnte bis in die Jahre 2023 und 24 anhalten, wie das Wirtschaftsportal Caixin berichtet. GAC ist der fünftgrößte Autobauer der Volksrepublik. Auch Chen Yudong, der Präsident von Bosch China, sieht kein Ende des Chipmangels. Chen sagte, Bosch China könne aufgrund des Chipmangels derzeit nur 31 Prozent der Kundennachfrage decken.

    Der Mangel hat große finanzielle Auswirkungen. Durch das Fehlen eines Chips im Wert von einigen Yuan könne die Produktion eines Autos im Wert von hunderttausenden Yuan ins Stocken geraten, so Chen. Die Produktion von circa einer Million Autos sei allein im ersten Halbjahr 2022 durch den Chipmangel betroffen gewesen. Chen hofft, dass die Chipproduktion in China in naher Zukunft zunimmt. Die inländischen Zulieferer decken demnach weniger als fünf Prozent des chinesischen Bedarfs an Auto-Chips. GAC und andere Autobauer haben in lokale Chip-Hersteller investiert oder eigene Unternehmen für die Chip-Herstellung gegründet. nib

    • Autoindustrie

    Verlängerung der E-Auto-Förderung im Gespräch

    Die chinesische Regierung erwägt, Subventionen für den Kauf von E-Autos doch nicht auslaufen zu lassen. Eigentlich war geplant, die teuren Zuschüsse im Laufe dieses Jahres einzustellen. Doch jetzt berichtet der Staatssender CCTV von Plänen, die Förderung fortzusetzen. Auch Reuters hatte schon über Gespräche mit Autoherstellern zu diesem Thema berichtet (China.Table berichtete).  

    Die Pläne stehen im Zusammenhang mit der groß angelegten Konjunkturförderung, mit der Peking die wirtschaftlichen Folgen der Lockdowns abfedern will. Gerade der Verkauf von Autos mit umweltfreundlicheren Antriebsformen (New Energy Vehicle, NEV) gilt hier als halbwegs nachhaltiger Weg, den Herstellern zu helfen.

    China bietet seit 2009 eine Förderung für den Kauf von NEV in Form von Steuererleichterungen an. Sie kostet jährlich rund 30 Milliarden Euro. Ihr Ende war bereits beschlossene Sache (China.Table berichtete). Das Elektroauto sollte ein normales Produkt werden, das nicht auf Subventionen angewiesen ist und stattdessen durch seine Vorteile überzeugt. Corona hat jedoch dem Autoabsatz empfindlich geschadet. fin

    • Autoindustrie

    Audi legt Grundstein für E-Auto-Werk

    Audi hat mit dem Bau einer neuen E-Auto-Fabrik in der nordostchinesischen Industriemetropole Changchun begonnen. Das Unternehmen ist dort schon seit 1988 mit einem Gemeinschaftswerk mit FAW vertreten. Ab 2024 sollen dort auf Basis der mit Porsche entwickelten Luxus-Plattform PPE jährlich bis zu 150.000 Elektroautos für den chinesischen Markt gebaut werden, verkündete Vorstandschef Markus Duesmann, der auch für das China-Geschäft verantwortlich ist. Mit dem neuen Kooperationsunternehmen zwischen Audi und FAW, der NEV Company, bringe Audi die PPE-Plattform nach China.

    Die Volkswagen-Tochter investiert nach eigenen Angaben mehr als 2,6 Milliarden Euro in das neue Werk. Etwa 3.000 Arbeitsplätze sollen entstehen. Es handelt sich um das erste Kooperationsunternehmen mit Mehrheitsbeteiligung von Audi in der Volksrepublik.

    Die neue Fabrik soll größer werden als das Audi-Werk in Neckarsulm. Neben einem Presswerk, dem Karosseriebau, einer Lackiererei und der Fahrzeugmontage wird es den Angaben nach auch eine Batteriemontage geben. Produziert werden sollen zunächst drei Modelle der Baureihen Audi A6 e-tron und Audi Q6 e-tron. flee

    • Autoindustrie

    Drittes BMW-Werk eröffnet

    Der bayerische Autobauer BMW hat eine neue E-Auto-Fabrik in Shenyang eröffnet. Mit dem dritten BMW-Werk in der Volksrepublik soll die Jahreskapazität von 700.000 auf 830.000 Fahrzeuge steigen. Die Fabrik ist laut Unternehmensangaben voll flexibel und kann bis zu 100 Prozent Elektroautos produzieren. Insgesamt haben die Bayern über zwei Milliarden Euro in den Bau des Werks investiert.

    China ist einer der wichtigsten Wachstumsmärkte für deutsche Autobauer. Fast ein Viertel der in den ersten fünf Monaten dieses Jahres in China verkauften Autos waren batteriebetrieben, wie Daten der China Association of Automotive Manufactures zeigen. BMW hat im ersten Quartal 2022 fast 210.000 Autos in der Volksrepublik abgesetzt – ein Rückgang um über neun Prozent zum Vorjahreszeitraum.

    Das erste Modell, das in der neuen Fabrik gebaut wird, ist der i3 eDrive35L. Die 4,87 Meter lange Elektrolimousine ist an den 3er BMW angelehnt und unterscheidet sich maßgeblich von dem in Europa bekannten Kleinwagen i3. nib

    • Autoindustrie

    Testwagen von Nio stürzt von Haus

    Ein Testwagen des Autoherstellers Nio ist aus einem Firmengebäude gestürzt.

    Ein Testwagen des E-Auto-Anbieters Nio ist aus dem dritten Stock eines Firmengebäudes gestürzt. Ein Digitalexperte des Unternehmens und ein Techniker eines Partnerunternehmens starben dabei, teilte das Unternehmen mit. Nio kooperiere mit der Polizei auf der Suche nach der Unfallursache. Der Sturz sei nicht durch das Auto verursacht worden. Es handelt sich um ein Exemplar des neuen selbstfahrenden Elektroautos von Nio. fin

    • Autoindustrie

    Personalien

    Frank Fang Yang wird bei Volkswagen China neuer CEO der Digital Sales and Services Company. Der 43-Jährige war zuvor bei verschiedenen chinesischen und internationalen Firmen tätig, unter anderem in den Bereichen Vertrieb, Marketing, Markenaufbau sowie Forschung & Entwicklung. Zudem ist der Gründer und CEO des Controlling-Startups AVATR Technology.

    Mert Bingöl ist seit Juni Projektleiter China für die Baureihe Mid- & Fullsize bei der Volkswagen AG. Der in Kassel ausgebildete Ingenieur wird seine Projekte vom Hauptsitz in Wolfsburg aus umsetzen.

    Alexander Näher ist für Audi nach China gewechselt. Näher koordiniert in Peking den Bereich Validation and Verification. Er war zuvor mehr als sechs Jahre als Ingenieur bei Audi in Ingolstadt.

    Patrick Kremer hat im Juni bei Mercedes-Benz die Position des Business Development Managers China übernommen. Zu seinen Aufgaben zählen die Optimierung der Sparte Vans China Business, die Entwicklung auf den chinesischen Markt zugeschnittener Fahrzeuglösungen und die Optimierung der in China verwendeten Lenkungsmodelle. Sein Tätigkeitsort ist Stuttgart. 

    Paul Gao, bisher Hongkonger McKinsey-Managerwird neuer Chief Strategy Officer bei Mercedes-Benz. Die Position wurde bei dem schwäbischen Autobauer neu geschaffen. Gao übernimmt sie am 1. Juli.

    Michael Strass übernimmt bei BMW China die Stelle des Homologation Managers (VTP) Incentives NEV Vehicles. Strass hat mehrjährige China-Erfahrung. Zuletzt arbeitete der mittlerweile wieder in Peking lebende E-Auto-Spezialist dreieinhalb Jahre als Line Manager NEV für BMW Brilliance in Shenyang.

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    China.Table Redaktion

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