die Faszination eines Gipfels der Präsidenten von China und den USA ist weiterhin ungebrochen. “Die beiden mächtigsten Männer der Welt treffen sich”, dieser Satz fokussiert die Interessen von acht Milliarden Menschen auf nur zwei Personen.
Tatsächlich wurde die Welt in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag ein klein wenig sicherer. China und die USA vereinbarten, den direkten Draht zwischen ihren Militärs wieder herzustellen. Das kann helfen, Missverständnisse schnell auszuräumen, die andernfalls zu Eskalation und Krieg führen könnten. Angesichts der vielen Beinahe-Kollisionen von Schiffen und Flugzeugen war dies dringend notwendig. Beschließen konnten diesen Schritt aber eben nur Xi Jinping und Joe Biden.
Generell war wichtig, dass die beiden Staatsführer überhaupt wieder in engerem Kontakt stehen. Tatsächlich haben die Präsidenten Chinas und der USA ein erstaunliches Maß an persönlicher Macht. Die US-Demokratie mag den Staats- und Regierungschef mit Beschränkungen durch Gewaltenteilung umstellen, doch gerade die Jahre unter Donald Trump haben gezeigt, was der Präsident alles anrichten kann.
Die Machtfülle von Xi Jinping wiederum ist unbestritten, schließlich hat er die KP unter seine persönliche Kontrolle gebracht und damit im bevölkerungsreichsten Land der Welt jeden Widerstand beseitigt. Ein gewisses Maß an persönlichem Rapport mag dann doch Schlimmes verhindern, analysiert Michael Radunski.
Die Daten- und Cybersicherheitsgesetze verderben der deutschen und europäischen Wirtschaft vor Ort zunehmend die Geschäfte, zeigt eine aktuelle Umfrage der EU-Kammer. In seiner derzeitigen Auslegung verbieten die Regeln jeden Transfer “wichtiger” Daten aus China heraus.
Der Betrieb moderner IT-Systeme, bei denen die Daten in der Cloud zwischen Zentrale und Niederlassungen hin- und hergeworfen werden, wird dadurch erschwert. Christiane Kühl berichtet, was die Wirtschaft vor Ort davon hält – und wo Peking nun einlenken will.
Vier Stunden lang sprachen Xi Jinping und Joe Biden am Mittwoch miteinander. Es ist das erste Mal seit fast genau einem Jahr, dass sich die Präsidenten der zwei mächtigsten Länder der Welt direkt miteinander getroffen haben. Allein das sagt viel über den Zustand der Beziehungen zwischen China und den USA aus. Das heutige Treffen auf einem Anwesen rund 40 Kilometer südlich von San Francisco ist denn an sich schon ein gutes Zeichen.
Biden war das Bedürfnis anzumerken, nicht zusätzlich zu den Krisen in der Ukraine und Gaza weitere Konflikte mit China zu riskieren. “Wir müssen sicherstellen, dass unsere Rivalität nicht im Konflikt endet”, sagte Biden zu Beginn. Trotz der gegenwärtigen Spannungen gab es einige handfeste Ergebnisse:
Diese Beschlüsse markieren handfeste Fortschritte zwischen den USA und China. Es handelt sich um Signale, dass beide Seiten es ernst meinen mit der Stabilisierung der Beziehungen.
Eine Reihe weiterer Themen wurde ohne Einigung angesprochen:
Bei anderen Themen war schon im Vorfeld zu vermuten, dass es keinen Beschluss, geschweige dann eine Lösung geben werde.
Es sind Themen, die auf den grundlegenden Konflikt zwischen dem Hegemon USA und dem Herausforderer China basieren. Eine Einigung ist derzeit nicht möglich. Sowohl Biden als auch Xi stehen zu sehr unter Druck, als dass sie sich in diesem Punkten auch nur den Eindruck von Nachsicht mit dem jeweiligen Rivalen erlauben könnten. Biden steht ein harter Wahlkampf bevor, Xi muss dringend wieder Chinas Wirtschaft in Schwung bringen. Doch mit dem Treffen und den erzielten Einigungen ist zumindest die Abwärtsspirale der vergangenen Monate durchbrochen.
Immerhin: Die USA und China wollen ihre bilaterale Klimazusammenarbeit wiederbeleben und sich gemeinsam für die Verminderung der Methan-Emissionen und die Verdreifachung der Erneuerbaren Energien engagieren. Das geht aus einem am Mittwoch veröffentlichten gemeinsamen Statement nach einem Treffen der Klimagesandten John Kerry und Xie Zhenhua hervor.
Li Shuo, der bald Direktor des China Climate Hub bei der Asia Society wird, bezeichnete die Beziehungen zwischen den beiden größten Treibhausgasemittenten der Welt als “eine Voraussetzung für sinnvolle globale Fortschritte”. Dem Ziel der Verdreifachung der Erneuerbaren-Kapazitäten hatten beide Staaten schon beim G20-Treffen in Indien zugestimmt.
Beide Seiten fanden jedoch keine gemeinsame Position zum Ausstieg aus fossilen Energien – das Thema wird ein zentraler Streitpunkt auf der anstehenden Klimakonferenz sein. Im gemeinsamen Statement steht dazu lediglich, man wolle die Erneuerbaren ausbauen, “um die Substitution von Kohle-, Öl- und Gaserzeugung zu beschleunigen”. China hält den Ausstieg für “unrealistisch”. Ying Yuan von Greenpeace Ostasien sagte: “Im Moment sind dies noch Worte und keine Taten. Zwischen diesen Worten und den Taten klafft bei beiden noch eine große Lücke.” Mitarbeit: Finn Mayer-Kuckuk/Nico Beckert
Die Europäische Handelskammer in China (EUCCC) hofft auf baldige Klarheit bei den Regeln zum grenzüberschreitenden Datentransfer (CBDT) für ihre Mitgliedsfirmen. Der kürzlich präsentierte Entwurf zur Lockerung der strikten Gesetze gebe Anlass zum Optimismus, teilte die Kammer bei der Vorlage einer Blitzumfrage zum Thema am Mittwoch mit. Allerdings noch sei vieles unklar – vor allem, ob es am Ende wirklich zu den vorgeschlagenen Erleichterungen komme.
Immerhin 55 Prozent der Firmen transferieren laut der Umfrage Daten ins Ausland, 31 Prozent tun dies nicht, während 14 Prozent es – interessanterweise – nicht so genau wissen. 96 Prozent derjenigen, die Daten ins Ausland senden, verschicken sie intern – an ihre Hauptquartiere oder andere Regionalbüros. Das sind laut EUCCC Transfers mit geringem Datensicherheitsrisiko. Je 24 Prozent der Befragten übermitteln Daten an Zulieferer oder andere Geschäftspartner im Ausland.
Die Auswirkungen der im Verlauf der vergangenen Jahre erlassenen Gesetze sind laut der Umfrage bereits spürbar. 59 Prozent der Befragten klagen über gestiegene Compliance-Kosten, 41 Prozent über Druck, die IT-Systeme oder den gesamten Betrieb der China-Niederlassung zu lokalisieren und somit vom Rest der Welt abzutrennen. 31 Prozent geben aber auch an, dass die Regeln das firmeneigene Datensicherheits-Management verbessert haben.
Es geht dabei um drei Gesetze, deren Inhalte zum Teil noch recht schwammig formuliert sind:
Ende September hatte die Cybersecurity-Behörde (Administration of China/CAC) mit einem Entwurf für Lockerungen und eine möglichst nachsichtigen Auslegung allgemeiner Vorschriften für den CBDT bei ausländischen Firmen Hoffnungen geweckt. Unter anderem stand eine Liste von Ausnahmen von den einschlägigen Verpflichtungen in Rede.
Außerdem sollen die Änderungen mehr Klarheit darüber bringen, wie Datenverarbeiter überprüfen können, welche Daten von den Behörden als “wichtig” eingestuft werden. Zwar versenden nur sechs Prozent der Firmen, was sie selbst als “wichtige Daten” einschätzen, ins Ausland. Doch 81 Prozent wüssten gerne, wie der Begriff zu verstehen ist.
Das PIPL meine damit nach Angaben der Berater von Dezan Shira derzeit “Daten, die die nationale Sicherheit, den wirtschaftlichen Betrieb, die soziale Stabilität oder die öffentliche Gesundheit und Sicherheit gefährden können, sobald sie manipuliert, zerstört, durchgesickert oder illegal erlangt oder verwendet wurden”. Das kann bei strikter Auslegung fast alles sein. 59 Prozent der befragten Unternehmen wollen zudem genauer wissen, was das PIPL mit “personenbezogenen Informationen” meint.
Unter den befragten Unternehmen schickten 78 Prozent Daten von Mitarbeitenden ins Ausland, sowie 67 Prozent persönliche Daten von Lieferanten und Kunden. Die EU-Kammer schließt daraus, dass diese Transfers für Personalzwecke oder zur Vertragserfüllung erforderlich sind, sodass eine Ausnahmeregelung für solche Übertragungen nötig wäre. Die Hoffnung lautet nun, dass die geplante Lockerung genau diese Ausnahmen bringen werde.
Die EU-Handelskammer will darauf hinwirken, dass die Lockerungen wie angekündigt umgesetzt werden. “Es ist positiv, dass die zuständigen Behörden Chinas die Absicht signalisieren, die Datenvorschriften des Landes zu optimieren”, sagte Kammer-Vizepräsident Stefan Bernhart. “Die europäischen Unternehmen hoffen auf mehr Klarheit bei den damit verbundenen Begriffen und darauf, dass ihre legitimen Geschäftsbedürfnisse sowohl bei den sektoralen Vorschriften als auch bei den Fristen für die Einhaltung berücksichtigt werden.”
Gelockert werden könnten nun laut dem Papier insbesondere Sicherheitsüberprüfungen beim Datenexport
Das gilt jedenfalls, wenn diese keine persönlichen oder “wichtigen” Daten enthalten. Zudem will die CAC Sicherheitsüberprüfungen auch bei Personendaten in bestimmten Situationen möglicherweise ganz abschaffen, zum Beispiel bei grenzüberschreitenden Einkäufen, Hotelreservierungen, der Anstellung von Mitarbeitenden oder der Verarbeitung von Visaanträgen.
All das würde eine erhebliche Verbesserung gegenüber der aktuellen Gesetzeslage bedeuten. Die EU-Kammer fordert denn auch eine schnellstmögliche Verabschiedung des Entwurfs.
Der chinesische Onlinehändler JD.com hat einem Bericht des Manager Magazins zufolge Interesse daran bekundet, die deutsche Elektronikketten Mediamarkt und Saturn zu übernehmen. Einer der bisherigen Besitzer, die Beteiligungsgesellschaft Haniel, erwartet schon länger eine höhere Kapitalrendite von Ceconomy, dem Betreiber der beiden Filialhändler. Derzeit laufen Verhandlungen zwischen JD und Ceconomy, so der Bericht. Die Unternehmen nahmen dazu keine Stellung. Der Ausgang der Verhandlungen sei noch offen.
JD orientiert sich derzeit nach Europa und hat dort bereits die Handelsseite Ochama gestartet. Ceconomy wäre wegen des niedrigen Aktienkurses derzeit für einen chinesischen Käufer vergleichsweise günstig. Zugleich hat das Wachstum im Heimatmarkt China etwas abgenommen. fin
Baidu-Chef Robin Li hat am Mittwoch auf einem Branchenforum in Shenzhen vor der Verschwendung von Ressourcen bei der Entwicklung großer KI-Sprachmodelle gewarnt. “Ich habe (in China) ein Phänomen beobachtet, bei dem viele Branchen, Unternehmen und sogar Städte Hardware kaufen, Chips lagern und Rechenzentren bauen, um proprietäre große Modelle von Grund auf zu trainieren”, sagte Li. Viele dieser Akteure, die nun große Sprachmodelle entwickeln wollen, hätten allerdings kein tragfähiges Geschäftsmodell vorzuweisen.
Die Veröffentlichung des Chatbots ChatGPT durch OpenAI im vergangenen Jahr hat in China ein riesiges Interesse an derartigen Anwendungen entfacht. Sowohl etablierte Unternehmen wie Baidu als auch unzählige kleine Start-ups sind seither in das Rennen um das beste Modell eingestiegen.
Ein Chatbot sei ähnlich einem Betriebssystem die Grundlage für viele weitere Anwendungen, erklärte Li. Letztendlich würden sich Entwickler jedoch auf eine begrenzte Anzahl großer Modelle verlassen. “Daher stellt die ständige Neuentwicklung grundlegender großer Modelle eine enorme Verschwendung sozialer Ressourcen dar”, warnte Li. Der Baidu-Chef empfahl deshalb: Statt ausschließlich auf große Sprachmodelle zu blicken, sollten diese Unternehmen sich lieber auf die Entwicklung praktischer Anwendungen konzentrieren.
Baidus eigener Chatbot namens Ernie wurde im August für die öffentliche Nutzung freigegeben. Er entpuppte sich für die Tech-Branche jedoch bisher als Enttäuschung. rad
Nicht nur die Politik sieht die starke wirtschaftliche Verflechtung Deutschlands mit China kritisch, sondern auch Investoren. Union Investment, mit einem verwalteten Vermögen von rund 432 Milliarden Euro der zweitgrößte Fondsmanager des Landes, warnt ebenfalls vor einer zu großen Abhängigkeit von der Volksrepublik. “Kein anderes Land, auch nicht direkte Nachbarländer Chinas wie Japan und Südkorea, hat so viele große Unternehmen mit hohem China-Exposure“, heißt es in einer Studie zu weltweit fast 2.000 börsennotierten Unternehmen. Dies gelte für knapp ein Viertel aller untersuchten deutschen Unternehmen.
China ist seit 2016 der größte Handelspartner Deutschlands. Das bilaterale Handelsvolumen summierte sich im vergangenen Jahr auf fast 300 Milliarden Euro. Die Bundesregierung hat im Sommer ihre China-Strategie veröffentlicht. Deutsche Unternehmen werden darin aufgefordert, ihre Risiken im China-Geschäft abzubauen und sogenannte Klumpenrisiken bei der Fokussierung auf einen großen Markt stärker intern einzupreisen. Investitions- und Exportkreditgarantien sollen schärfer geprüft werden.
“Auffällig ist dabei, dass deutsche Unternehmen zunehmend auch Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten ins Reich der Mitte verlagern“, heißt es in der Untersuchung von Union Investment etwa mit Blick auf die Autobranche. “Dies ist bemerkenswert, weil andere Unternehmen diese Funktionsbereiche aus Sicherheitsgründen bereits wieder zurückholen.” Diese Strategie sei gleich auf mehreren Ebenen riskant. “Da die Bereiche mit höherer Wertschöpfung aus dem Heimatland abgezogen werden und gleichzeitig die Zuliefererindustrie Aufträge verliert, leidet der Wirtschaftsstandort Deutschland”, warnen die Analysten.
Union Investment hält Anteile an nahezu allen großen börsennotierten Unternehmen, etwa an den Autobauern Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz sowie am Chemiekonzern BASF, die alle starke Verbindungen nach China haben. Deutsche Autohersteller müssten mit Vergeltungsmaßnahmen rechnen, wenn Berlin sie vor asiatischen Konkurrenten im eigenen Land schützen wollten. “Denn anders als noch vor zehn Jahren können die Technologien, die deutsche Autobauer bieten, mittlerweile ersetzt werden”, heißt es in der Studie. “Vergeltung wird für China dadurch weniger schmerzhaft – bekanntermaßen ein wichtiges Entscheidungskriterium für Peking.” rtr
In den ersten drei Quartalen dieses Jahres wurden in China 5,69 Millionen Ehen registriert. Das sind 245.000 mehr als zum gleichen Zeitpunkt im vergangenen Jahr, wie aus den Zahlen des Ministeriums für zivile Angelegenheiten hervorgeht. Damit könnte ein neun Jahre anhaltender Abwärtstrend gestoppt werden. Denn seit 2013 heirateten immer weniger Menschen in China. Damals wurde noch fast 13,5 Millionen Mal das “Ja”-Wort gegeben.
Der Aufschwung bei Hochzeiten sei ein Hoffnungsschimmer angesichts einer sinkenden Geburtenrate und einer rasch alternden Bevölkerung, heißt es dazu in der South China Morning Post. Längst trüben diese langfristigen demografischen Herausforderungen die wirtschaftlichen Aussichten der Volksrepublik. Deshalb wurden in mehr als 20 Städten Pilotprojekte gestartet, um eine “neue Ära der Heirats- und Gebärkultur zu schaffen”. rad
Der von Peking ernannte Bischof Joseph Li ist am Dienstag für einen mehrtägigen Besuch nach Hongkong gereist. Es ist ein seltener Kontakt zwischen der staatlich kontrollierten Katholischen Kirche in China und der eigentlichen Katholischen Kirche mit dem Vatikan an der Spitze.
China behält sich die Kontrolle über die Religion im eigenen Land vor. Es gibt jedoch ein Abkommen über die einvernehmliche Besetzung der Bischofspositionen. Der Papst will nicht, dass die katholischen Christen in China ganz ohne Organisation dastehen. Trotzdem verärgert Peking den Vatikan immer wieder durch die eigenmächtige Ernennung von Bischöfen.
Umgekehrt hat der Papst den Bischof von Hongkong ohne Rücksprache mit Peking ernannt. Der Besuch Lis in der südchinesischen Metropole lässt sich nun als Zeichen der Entspannung deuten. fin
Die beiden größten Oppositionsparteien in Taiwan haben sich darauf geeinigt, mit einem gemeinsamen Kandidaten in die Präsidentenwahl im kommenden Januar zu gehen. Denn die Kuomintang (KMT) und die Taiwanesischen Volkspartei (TPP) liegen in Umfragen hinter der regierenden Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) zurück. Nur gemeinsam haben sie realistische Chancen, den Präsidenten zu stellen.
Daher führten Vertreter beider Parteien schon seit Wochen Gespräche über eine gemeinsame Kandidatur. Bislang konnte man sich jedoch nicht darauf einigen, wer Spitzenkandidat werden soll: Hou Yu-ih von der KMT oder Ko Wen-je von der TPP.
Am Mittwoch einigte man sich auf folgenden Kompromiss: Die zwischen dem 7. November und diesem Freitag durchgeführten Meinungsumfragen sollen entscheiden, wer gemeinsamer Kandidat werden soll. Die Nominierung werde am Samstag bekannt gegeben. “Egal was passiert, wer auch immer die Führung übernimmt und wer auch immer der Stellvertreter ist, alle werden zusammenarbeiten”, sagte Hou am Mittwoch.
Damit hat ein Politiker plötzlich exzellente Chancen auf die Präsidentschaft, der schon öfter für Überraschungen gut war. Ko Wen-je, ein unabhängiger Kandidat ohne politische Vorerfahrung, wurde im Jahr 2014 aus dem Stand Bürgermeister von Taiwans Hauptstadt Taipeh. Die tendenziell chinakritische DPP zog damals ihren Kandidaten zurück. Damit unterstützte sie Ko im Rennen gegen die eher chinafreundliche KMT, die die Lokalpolitik in Taipeh über Jahrzehnte dominiert hatte. Vier Jahre später gewann Ko erneut, diesmal gegen die Kandidaten beider großen Parteien, und gründete kurz darauf die Taiwanische Volkspartei TPP. Nun will er Präsident des Landes werden.
Bekanntheit erlangte Ko ursprünglich nicht als Politiker, sondern als Chirurg am Krankenhaus der National Taiwan University, wo er führend an der Entwicklung von Verfahren zur Organtransplantation beteiligt war. Das brachte ihm unter seinen Anhängern den Spitznamen Ko-P (Professor Ko) ein.
Ko stellt sich zum einen als pragmatischer Macher, zum anderen als Kraft der Erneuerung gegenüber den beiden etablierten Parteien dar. Mit markigen Sprüchen und einer ausgefeilten Social-Media-Strategie kommt er vor allem bei jüngeren Menschen gut an. Rund die Hälfte der Erstwähler unterstützt ihn.
Bei einem Treffen mit dem Taiwan Foreign Corrrespondents Club (TFCC) stand Ko kürzlich zum ersten Mal internationalen Medien Rede und Antwort über seine Präsidentschaftsambitionen. Dabei kritisierte er KMT und DPP für ihre ideologischen Kämpfe in der wichtigsten Frage der taiwanischen Parteipolitik: dem Umgang mit China. “Alle reden über Vereinigung oder Unabhängigkeit, aber am Ende geht keines von beiden”, beklagte er.
Tatsächlich ist der überwältigende Konsens in Taiwans Gesellschaft und in den großen Parteien, Taiwan gegen die Volksrepublik als de-fakto souveränen demokratischen Staat zu verteidigen. Dennoch hat keiner der Präsidentschaftskandidaten Taiwans formale Unabhängigkeit als Ziel ausgerufen – ein Schritt, den viele in der DPP gerne gehen würden, den die Parteiführung auch aus Angst vor Chinas Reaktion aber nicht wagt.
Die politische Debatte hält Ko deshalb vor allem für Spiegelfechterei: Die KMT behaupte im Wahlkampf, die DPP provoziere China unnötig. Die DPP wirft der KMT wiederum eine zu große Nähe zum Regime in Peking vor. Die Positionen der großen Parteien zu China liegen laut Ko aber näher beieinander, als die beiden zugeben wollen.
Bei der Vorstellung seiner eigenen Chinapolitik nahm Ko beim Treffen mit dem TFCC den De-Risking-Ansatz aus westlichen Diskussionen auf. Ein umfassendes wirtschaftliches Decoupling Taiwans von China hält er für unrealistisch. In sensiblen Bereichen sollen jedoch rote Linien gelten. Einem Freihandelsabkommen mit China, das die KMT in der Vergangenheit durchsetzen wollte, lehnt Ko ab. Ähnlich wie die diese will Ko gegenüber der chinesischen Führung aber grundsätzlich dialogbereit bleiben und bewahrt die Hoffnung, dass sich die Verhältnisse in der Volksrepublik ändern: “Das China Xi Jinpings ist nicht das China für die Ewigkeit.”
Innenpolitisch hat Ko jüngst mehr Befugnisse für das Parlament und Einschränkungen der präsidentiellen Exekutivmacht vorgeschlagen. Damit spielt er auch auf ein mögliches Szenario nach den Wahlen im Januar an. Bei Präsidentschaftswahlen gilt in Taiwan das Prinzip der relativen Mehrheit.
William Lai (Lai Ching-te) von der regierenden DPP liegt in Umfragen aktuell bei etwas mehr als 30 Prozent. Das wäre zwar genug, um sich gegen die zersplitterte Opposition durchzusetzen. Es ist aber keine Mehrheit, er müsste sich mit den Stimmen einer Minderheit ins Amt wählen lassen. Zudem könnte die DPP bei den zeitgleich stattfindenden Parlamentswahlen ihre Mehrheit in der Legislative verlieren. Es droht ein parteipolitisches Patt. Für die von Ko vorgeschlagenen Reformen müsste allerdings die Verfassung geändert werden. Hierfür gelten hohe Hürden, und für DPP und KMT stehen handfeste Machtinteressen auf dem Spiel.
Kos Ambitionen im Wege stehen könnte aber vor allem seine lockere Zunge. Durch teils grenzwertige Aussagen hat er vor allem bei Frauen und gesellschaftlich liberal eingestellten Taiwanern Unmut auf sich gezogen. Es sei schon erschreckend, wie viele Frauen in Taiwan ohne Make-up aus dem Haus gingen, sagte er etwa während seiner Zeit als Bürgermeister in Taipeh.
Derlei Sprüche bezeichnet er oft selbst als verbale Ausrutscher, kokettiert aber im selben Zug mit dem Image des Manns der klaren Worte, der die bestehenden Verhältnisse aufmischt. “Der Wahlkampf scheint momentan viel mehr um die zur Wahl stehenden Personen und ihre Integrität zu gehen als um Sachthemen“, sagte Josie-Marie Perkuhn, Taiwan-Expertin an der Universität Trier, zu Table.Media.
Doch das Revoluzzerimage hat sich nach Jahren in der Spitzenpolitik etwas abgenutzt. Denn Ko will die TPP dauerhaft in der Parteienlandschaft etablieren. Wenn er sich bei den Präsidentschaftswahlen behauptet, könnte seine Partei sogar die KMT als Hauptgegner der DPP verdrängen. Dann wäre Ko endgültig in dem Establishment angekommen, gegen das er sich einmal auflehnen wollte. Leonardo Pape/rad
Stephan Ruppert ist seit September Lehrbeauftragter Intercultural Business Communication and International & Intercultural Management an der Hamburg University of Applied Sciences.
Weidong Ye ist jetzt CEO der Airwende Umwelttechnik GmbH in Berlin. Zugleich bleibt er Geschäftsführer bei Emco Precision Hardware China. Emco ist eine Holdinggesellschaft für Firmen aus dem Bereich Technik und Design.
Ändert sich etwas in Ihrer Organisation? Schicken Sie doch einen Hinweis für unsere Personal-Rubrik an heads@table.media!
Persimonen-Ernte in Ningde. Früher gab es in China vor allem die asiatische Urform der Frucht, die – auch als Oberbegriff – als Kaki bekannt ist. Die Persimone, eine Kaki-Züchtung aus Spanien, gewinnt jedoch in China schnell Freunde. Denn während die Schale der ursprünglichen Kaki hart ist und damit nicht ganz so genussvoll mundet, kann man in die Persimone einfach hineinbeißen wie in einen Apfel.
Eine noch nicht vollreife Kaki hinterlässt zudem ein pelziges Gefühl im Mund, während die Persimone in verschiedenen Reifestadien genießbar ist. Angesichts der Vorteile der Persimone kein Wunder also, dass Einige sogar ganze Eimer voll der süßen Früchte mit nach Hause nehmen.
die Faszination eines Gipfels der Präsidenten von China und den USA ist weiterhin ungebrochen. “Die beiden mächtigsten Männer der Welt treffen sich”, dieser Satz fokussiert die Interessen von acht Milliarden Menschen auf nur zwei Personen.
Tatsächlich wurde die Welt in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag ein klein wenig sicherer. China und die USA vereinbarten, den direkten Draht zwischen ihren Militärs wieder herzustellen. Das kann helfen, Missverständnisse schnell auszuräumen, die andernfalls zu Eskalation und Krieg führen könnten. Angesichts der vielen Beinahe-Kollisionen von Schiffen und Flugzeugen war dies dringend notwendig. Beschließen konnten diesen Schritt aber eben nur Xi Jinping und Joe Biden.
Generell war wichtig, dass die beiden Staatsführer überhaupt wieder in engerem Kontakt stehen. Tatsächlich haben die Präsidenten Chinas und der USA ein erstaunliches Maß an persönlicher Macht. Die US-Demokratie mag den Staats- und Regierungschef mit Beschränkungen durch Gewaltenteilung umstellen, doch gerade die Jahre unter Donald Trump haben gezeigt, was der Präsident alles anrichten kann.
Die Machtfülle von Xi Jinping wiederum ist unbestritten, schließlich hat er die KP unter seine persönliche Kontrolle gebracht und damit im bevölkerungsreichsten Land der Welt jeden Widerstand beseitigt. Ein gewisses Maß an persönlichem Rapport mag dann doch Schlimmes verhindern, analysiert Michael Radunski.
Die Daten- und Cybersicherheitsgesetze verderben der deutschen und europäischen Wirtschaft vor Ort zunehmend die Geschäfte, zeigt eine aktuelle Umfrage der EU-Kammer. In seiner derzeitigen Auslegung verbieten die Regeln jeden Transfer “wichtiger” Daten aus China heraus.
Der Betrieb moderner IT-Systeme, bei denen die Daten in der Cloud zwischen Zentrale und Niederlassungen hin- und hergeworfen werden, wird dadurch erschwert. Christiane Kühl berichtet, was die Wirtschaft vor Ort davon hält – und wo Peking nun einlenken will.
Vier Stunden lang sprachen Xi Jinping und Joe Biden am Mittwoch miteinander. Es ist das erste Mal seit fast genau einem Jahr, dass sich die Präsidenten der zwei mächtigsten Länder der Welt direkt miteinander getroffen haben. Allein das sagt viel über den Zustand der Beziehungen zwischen China und den USA aus. Das heutige Treffen auf einem Anwesen rund 40 Kilometer südlich von San Francisco ist denn an sich schon ein gutes Zeichen.
Biden war das Bedürfnis anzumerken, nicht zusätzlich zu den Krisen in der Ukraine und Gaza weitere Konflikte mit China zu riskieren. “Wir müssen sicherstellen, dass unsere Rivalität nicht im Konflikt endet”, sagte Biden zu Beginn. Trotz der gegenwärtigen Spannungen gab es einige handfeste Ergebnisse:
Diese Beschlüsse markieren handfeste Fortschritte zwischen den USA und China. Es handelt sich um Signale, dass beide Seiten es ernst meinen mit der Stabilisierung der Beziehungen.
Eine Reihe weiterer Themen wurde ohne Einigung angesprochen:
Bei anderen Themen war schon im Vorfeld zu vermuten, dass es keinen Beschluss, geschweige dann eine Lösung geben werde.
Es sind Themen, die auf den grundlegenden Konflikt zwischen dem Hegemon USA und dem Herausforderer China basieren. Eine Einigung ist derzeit nicht möglich. Sowohl Biden als auch Xi stehen zu sehr unter Druck, als dass sie sich in diesem Punkten auch nur den Eindruck von Nachsicht mit dem jeweiligen Rivalen erlauben könnten. Biden steht ein harter Wahlkampf bevor, Xi muss dringend wieder Chinas Wirtschaft in Schwung bringen. Doch mit dem Treffen und den erzielten Einigungen ist zumindest die Abwärtsspirale der vergangenen Monate durchbrochen.
Immerhin: Die USA und China wollen ihre bilaterale Klimazusammenarbeit wiederbeleben und sich gemeinsam für die Verminderung der Methan-Emissionen und die Verdreifachung der Erneuerbaren Energien engagieren. Das geht aus einem am Mittwoch veröffentlichten gemeinsamen Statement nach einem Treffen der Klimagesandten John Kerry und Xie Zhenhua hervor.
Li Shuo, der bald Direktor des China Climate Hub bei der Asia Society wird, bezeichnete die Beziehungen zwischen den beiden größten Treibhausgasemittenten der Welt als “eine Voraussetzung für sinnvolle globale Fortschritte”. Dem Ziel der Verdreifachung der Erneuerbaren-Kapazitäten hatten beide Staaten schon beim G20-Treffen in Indien zugestimmt.
Beide Seiten fanden jedoch keine gemeinsame Position zum Ausstieg aus fossilen Energien – das Thema wird ein zentraler Streitpunkt auf der anstehenden Klimakonferenz sein. Im gemeinsamen Statement steht dazu lediglich, man wolle die Erneuerbaren ausbauen, “um die Substitution von Kohle-, Öl- und Gaserzeugung zu beschleunigen”. China hält den Ausstieg für “unrealistisch”. Ying Yuan von Greenpeace Ostasien sagte: “Im Moment sind dies noch Worte und keine Taten. Zwischen diesen Worten und den Taten klafft bei beiden noch eine große Lücke.” Mitarbeit: Finn Mayer-Kuckuk/Nico Beckert
Die Europäische Handelskammer in China (EUCCC) hofft auf baldige Klarheit bei den Regeln zum grenzüberschreitenden Datentransfer (CBDT) für ihre Mitgliedsfirmen. Der kürzlich präsentierte Entwurf zur Lockerung der strikten Gesetze gebe Anlass zum Optimismus, teilte die Kammer bei der Vorlage einer Blitzumfrage zum Thema am Mittwoch mit. Allerdings noch sei vieles unklar – vor allem, ob es am Ende wirklich zu den vorgeschlagenen Erleichterungen komme.
Immerhin 55 Prozent der Firmen transferieren laut der Umfrage Daten ins Ausland, 31 Prozent tun dies nicht, während 14 Prozent es – interessanterweise – nicht so genau wissen. 96 Prozent derjenigen, die Daten ins Ausland senden, verschicken sie intern – an ihre Hauptquartiere oder andere Regionalbüros. Das sind laut EUCCC Transfers mit geringem Datensicherheitsrisiko. Je 24 Prozent der Befragten übermitteln Daten an Zulieferer oder andere Geschäftspartner im Ausland.
Die Auswirkungen der im Verlauf der vergangenen Jahre erlassenen Gesetze sind laut der Umfrage bereits spürbar. 59 Prozent der Befragten klagen über gestiegene Compliance-Kosten, 41 Prozent über Druck, die IT-Systeme oder den gesamten Betrieb der China-Niederlassung zu lokalisieren und somit vom Rest der Welt abzutrennen. 31 Prozent geben aber auch an, dass die Regeln das firmeneigene Datensicherheits-Management verbessert haben.
Es geht dabei um drei Gesetze, deren Inhalte zum Teil noch recht schwammig formuliert sind:
Ende September hatte die Cybersecurity-Behörde (Administration of China/CAC) mit einem Entwurf für Lockerungen und eine möglichst nachsichtigen Auslegung allgemeiner Vorschriften für den CBDT bei ausländischen Firmen Hoffnungen geweckt. Unter anderem stand eine Liste von Ausnahmen von den einschlägigen Verpflichtungen in Rede.
Außerdem sollen die Änderungen mehr Klarheit darüber bringen, wie Datenverarbeiter überprüfen können, welche Daten von den Behörden als “wichtig” eingestuft werden. Zwar versenden nur sechs Prozent der Firmen, was sie selbst als “wichtige Daten” einschätzen, ins Ausland. Doch 81 Prozent wüssten gerne, wie der Begriff zu verstehen ist.
Das PIPL meine damit nach Angaben der Berater von Dezan Shira derzeit “Daten, die die nationale Sicherheit, den wirtschaftlichen Betrieb, die soziale Stabilität oder die öffentliche Gesundheit und Sicherheit gefährden können, sobald sie manipuliert, zerstört, durchgesickert oder illegal erlangt oder verwendet wurden”. Das kann bei strikter Auslegung fast alles sein. 59 Prozent der befragten Unternehmen wollen zudem genauer wissen, was das PIPL mit “personenbezogenen Informationen” meint.
Unter den befragten Unternehmen schickten 78 Prozent Daten von Mitarbeitenden ins Ausland, sowie 67 Prozent persönliche Daten von Lieferanten und Kunden. Die EU-Kammer schließt daraus, dass diese Transfers für Personalzwecke oder zur Vertragserfüllung erforderlich sind, sodass eine Ausnahmeregelung für solche Übertragungen nötig wäre. Die Hoffnung lautet nun, dass die geplante Lockerung genau diese Ausnahmen bringen werde.
Die EU-Handelskammer will darauf hinwirken, dass die Lockerungen wie angekündigt umgesetzt werden. “Es ist positiv, dass die zuständigen Behörden Chinas die Absicht signalisieren, die Datenvorschriften des Landes zu optimieren”, sagte Kammer-Vizepräsident Stefan Bernhart. “Die europäischen Unternehmen hoffen auf mehr Klarheit bei den damit verbundenen Begriffen und darauf, dass ihre legitimen Geschäftsbedürfnisse sowohl bei den sektoralen Vorschriften als auch bei den Fristen für die Einhaltung berücksichtigt werden.”
Gelockert werden könnten nun laut dem Papier insbesondere Sicherheitsüberprüfungen beim Datenexport
Das gilt jedenfalls, wenn diese keine persönlichen oder “wichtigen” Daten enthalten. Zudem will die CAC Sicherheitsüberprüfungen auch bei Personendaten in bestimmten Situationen möglicherweise ganz abschaffen, zum Beispiel bei grenzüberschreitenden Einkäufen, Hotelreservierungen, der Anstellung von Mitarbeitenden oder der Verarbeitung von Visaanträgen.
All das würde eine erhebliche Verbesserung gegenüber der aktuellen Gesetzeslage bedeuten. Die EU-Kammer fordert denn auch eine schnellstmögliche Verabschiedung des Entwurfs.
Der chinesische Onlinehändler JD.com hat einem Bericht des Manager Magazins zufolge Interesse daran bekundet, die deutsche Elektronikketten Mediamarkt und Saturn zu übernehmen. Einer der bisherigen Besitzer, die Beteiligungsgesellschaft Haniel, erwartet schon länger eine höhere Kapitalrendite von Ceconomy, dem Betreiber der beiden Filialhändler. Derzeit laufen Verhandlungen zwischen JD und Ceconomy, so der Bericht. Die Unternehmen nahmen dazu keine Stellung. Der Ausgang der Verhandlungen sei noch offen.
JD orientiert sich derzeit nach Europa und hat dort bereits die Handelsseite Ochama gestartet. Ceconomy wäre wegen des niedrigen Aktienkurses derzeit für einen chinesischen Käufer vergleichsweise günstig. Zugleich hat das Wachstum im Heimatmarkt China etwas abgenommen. fin
Baidu-Chef Robin Li hat am Mittwoch auf einem Branchenforum in Shenzhen vor der Verschwendung von Ressourcen bei der Entwicklung großer KI-Sprachmodelle gewarnt. “Ich habe (in China) ein Phänomen beobachtet, bei dem viele Branchen, Unternehmen und sogar Städte Hardware kaufen, Chips lagern und Rechenzentren bauen, um proprietäre große Modelle von Grund auf zu trainieren”, sagte Li. Viele dieser Akteure, die nun große Sprachmodelle entwickeln wollen, hätten allerdings kein tragfähiges Geschäftsmodell vorzuweisen.
Die Veröffentlichung des Chatbots ChatGPT durch OpenAI im vergangenen Jahr hat in China ein riesiges Interesse an derartigen Anwendungen entfacht. Sowohl etablierte Unternehmen wie Baidu als auch unzählige kleine Start-ups sind seither in das Rennen um das beste Modell eingestiegen.
Ein Chatbot sei ähnlich einem Betriebssystem die Grundlage für viele weitere Anwendungen, erklärte Li. Letztendlich würden sich Entwickler jedoch auf eine begrenzte Anzahl großer Modelle verlassen. “Daher stellt die ständige Neuentwicklung grundlegender großer Modelle eine enorme Verschwendung sozialer Ressourcen dar”, warnte Li. Der Baidu-Chef empfahl deshalb: Statt ausschließlich auf große Sprachmodelle zu blicken, sollten diese Unternehmen sich lieber auf die Entwicklung praktischer Anwendungen konzentrieren.
Baidus eigener Chatbot namens Ernie wurde im August für die öffentliche Nutzung freigegeben. Er entpuppte sich für die Tech-Branche jedoch bisher als Enttäuschung. rad
Nicht nur die Politik sieht die starke wirtschaftliche Verflechtung Deutschlands mit China kritisch, sondern auch Investoren. Union Investment, mit einem verwalteten Vermögen von rund 432 Milliarden Euro der zweitgrößte Fondsmanager des Landes, warnt ebenfalls vor einer zu großen Abhängigkeit von der Volksrepublik. “Kein anderes Land, auch nicht direkte Nachbarländer Chinas wie Japan und Südkorea, hat so viele große Unternehmen mit hohem China-Exposure“, heißt es in einer Studie zu weltweit fast 2.000 börsennotierten Unternehmen. Dies gelte für knapp ein Viertel aller untersuchten deutschen Unternehmen.
China ist seit 2016 der größte Handelspartner Deutschlands. Das bilaterale Handelsvolumen summierte sich im vergangenen Jahr auf fast 300 Milliarden Euro. Die Bundesregierung hat im Sommer ihre China-Strategie veröffentlicht. Deutsche Unternehmen werden darin aufgefordert, ihre Risiken im China-Geschäft abzubauen und sogenannte Klumpenrisiken bei der Fokussierung auf einen großen Markt stärker intern einzupreisen. Investitions- und Exportkreditgarantien sollen schärfer geprüft werden.
“Auffällig ist dabei, dass deutsche Unternehmen zunehmend auch Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten ins Reich der Mitte verlagern“, heißt es in der Untersuchung von Union Investment etwa mit Blick auf die Autobranche. “Dies ist bemerkenswert, weil andere Unternehmen diese Funktionsbereiche aus Sicherheitsgründen bereits wieder zurückholen.” Diese Strategie sei gleich auf mehreren Ebenen riskant. “Da die Bereiche mit höherer Wertschöpfung aus dem Heimatland abgezogen werden und gleichzeitig die Zuliefererindustrie Aufträge verliert, leidet der Wirtschaftsstandort Deutschland”, warnen die Analysten.
Union Investment hält Anteile an nahezu allen großen börsennotierten Unternehmen, etwa an den Autobauern Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz sowie am Chemiekonzern BASF, die alle starke Verbindungen nach China haben. Deutsche Autohersteller müssten mit Vergeltungsmaßnahmen rechnen, wenn Berlin sie vor asiatischen Konkurrenten im eigenen Land schützen wollten. “Denn anders als noch vor zehn Jahren können die Technologien, die deutsche Autobauer bieten, mittlerweile ersetzt werden”, heißt es in der Studie. “Vergeltung wird für China dadurch weniger schmerzhaft – bekanntermaßen ein wichtiges Entscheidungskriterium für Peking.” rtr
In den ersten drei Quartalen dieses Jahres wurden in China 5,69 Millionen Ehen registriert. Das sind 245.000 mehr als zum gleichen Zeitpunkt im vergangenen Jahr, wie aus den Zahlen des Ministeriums für zivile Angelegenheiten hervorgeht. Damit könnte ein neun Jahre anhaltender Abwärtstrend gestoppt werden. Denn seit 2013 heirateten immer weniger Menschen in China. Damals wurde noch fast 13,5 Millionen Mal das “Ja”-Wort gegeben.
Der Aufschwung bei Hochzeiten sei ein Hoffnungsschimmer angesichts einer sinkenden Geburtenrate und einer rasch alternden Bevölkerung, heißt es dazu in der South China Morning Post. Längst trüben diese langfristigen demografischen Herausforderungen die wirtschaftlichen Aussichten der Volksrepublik. Deshalb wurden in mehr als 20 Städten Pilotprojekte gestartet, um eine “neue Ära der Heirats- und Gebärkultur zu schaffen”. rad
Der von Peking ernannte Bischof Joseph Li ist am Dienstag für einen mehrtägigen Besuch nach Hongkong gereist. Es ist ein seltener Kontakt zwischen der staatlich kontrollierten Katholischen Kirche in China und der eigentlichen Katholischen Kirche mit dem Vatikan an der Spitze.
China behält sich die Kontrolle über die Religion im eigenen Land vor. Es gibt jedoch ein Abkommen über die einvernehmliche Besetzung der Bischofspositionen. Der Papst will nicht, dass die katholischen Christen in China ganz ohne Organisation dastehen. Trotzdem verärgert Peking den Vatikan immer wieder durch die eigenmächtige Ernennung von Bischöfen.
Umgekehrt hat der Papst den Bischof von Hongkong ohne Rücksprache mit Peking ernannt. Der Besuch Lis in der südchinesischen Metropole lässt sich nun als Zeichen der Entspannung deuten. fin
Die beiden größten Oppositionsparteien in Taiwan haben sich darauf geeinigt, mit einem gemeinsamen Kandidaten in die Präsidentenwahl im kommenden Januar zu gehen. Denn die Kuomintang (KMT) und die Taiwanesischen Volkspartei (TPP) liegen in Umfragen hinter der regierenden Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) zurück. Nur gemeinsam haben sie realistische Chancen, den Präsidenten zu stellen.
Daher führten Vertreter beider Parteien schon seit Wochen Gespräche über eine gemeinsame Kandidatur. Bislang konnte man sich jedoch nicht darauf einigen, wer Spitzenkandidat werden soll: Hou Yu-ih von der KMT oder Ko Wen-je von der TPP.
Am Mittwoch einigte man sich auf folgenden Kompromiss: Die zwischen dem 7. November und diesem Freitag durchgeführten Meinungsumfragen sollen entscheiden, wer gemeinsamer Kandidat werden soll. Die Nominierung werde am Samstag bekannt gegeben. “Egal was passiert, wer auch immer die Führung übernimmt und wer auch immer der Stellvertreter ist, alle werden zusammenarbeiten”, sagte Hou am Mittwoch.
Damit hat ein Politiker plötzlich exzellente Chancen auf die Präsidentschaft, der schon öfter für Überraschungen gut war. Ko Wen-je, ein unabhängiger Kandidat ohne politische Vorerfahrung, wurde im Jahr 2014 aus dem Stand Bürgermeister von Taiwans Hauptstadt Taipeh. Die tendenziell chinakritische DPP zog damals ihren Kandidaten zurück. Damit unterstützte sie Ko im Rennen gegen die eher chinafreundliche KMT, die die Lokalpolitik in Taipeh über Jahrzehnte dominiert hatte. Vier Jahre später gewann Ko erneut, diesmal gegen die Kandidaten beider großen Parteien, und gründete kurz darauf die Taiwanische Volkspartei TPP. Nun will er Präsident des Landes werden.
Bekanntheit erlangte Ko ursprünglich nicht als Politiker, sondern als Chirurg am Krankenhaus der National Taiwan University, wo er führend an der Entwicklung von Verfahren zur Organtransplantation beteiligt war. Das brachte ihm unter seinen Anhängern den Spitznamen Ko-P (Professor Ko) ein.
Ko stellt sich zum einen als pragmatischer Macher, zum anderen als Kraft der Erneuerung gegenüber den beiden etablierten Parteien dar. Mit markigen Sprüchen und einer ausgefeilten Social-Media-Strategie kommt er vor allem bei jüngeren Menschen gut an. Rund die Hälfte der Erstwähler unterstützt ihn.
Bei einem Treffen mit dem Taiwan Foreign Corrrespondents Club (TFCC) stand Ko kürzlich zum ersten Mal internationalen Medien Rede und Antwort über seine Präsidentschaftsambitionen. Dabei kritisierte er KMT und DPP für ihre ideologischen Kämpfe in der wichtigsten Frage der taiwanischen Parteipolitik: dem Umgang mit China. “Alle reden über Vereinigung oder Unabhängigkeit, aber am Ende geht keines von beiden”, beklagte er.
Tatsächlich ist der überwältigende Konsens in Taiwans Gesellschaft und in den großen Parteien, Taiwan gegen die Volksrepublik als de-fakto souveränen demokratischen Staat zu verteidigen. Dennoch hat keiner der Präsidentschaftskandidaten Taiwans formale Unabhängigkeit als Ziel ausgerufen – ein Schritt, den viele in der DPP gerne gehen würden, den die Parteiführung auch aus Angst vor Chinas Reaktion aber nicht wagt.
Die politische Debatte hält Ko deshalb vor allem für Spiegelfechterei: Die KMT behaupte im Wahlkampf, die DPP provoziere China unnötig. Die DPP wirft der KMT wiederum eine zu große Nähe zum Regime in Peking vor. Die Positionen der großen Parteien zu China liegen laut Ko aber näher beieinander, als die beiden zugeben wollen.
Bei der Vorstellung seiner eigenen Chinapolitik nahm Ko beim Treffen mit dem TFCC den De-Risking-Ansatz aus westlichen Diskussionen auf. Ein umfassendes wirtschaftliches Decoupling Taiwans von China hält er für unrealistisch. In sensiblen Bereichen sollen jedoch rote Linien gelten. Einem Freihandelsabkommen mit China, das die KMT in der Vergangenheit durchsetzen wollte, lehnt Ko ab. Ähnlich wie die diese will Ko gegenüber der chinesischen Führung aber grundsätzlich dialogbereit bleiben und bewahrt die Hoffnung, dass sich die Verhältnisse in der Volksrepublik ändern: “Das China Xi Jinpings ist nicht das China für die Ewigkeit.”
Innenpolitisch hat Ko jüngst mehr Befugnisse für das Parlament und Einschränkungen der präsidentiellen Exekutivmacht vorgeschlagen. Damit spielt er auch auf ein mögliches Szenario nach den Wahlen im Januar an. Bei Präsidentschaftswahlen gilt in Taiwan das Prinzip der relativen Mehrheit.
William Lai (Lai Ching-te) von der regierenden DPP liegt in Umfragen aktuell bei etwas mehr als 30 Prozent. Das wäre zwar genug, um sich gegen die zersplitterte Opposition durchzusetzen. Es ist aber keine Mehrheit, er müsste sich mit den Stimmen einer Minderheit ins Amt wählen lassen. Zudem könnte die DPP bei den zeitgleich stattfindenden Parlamentswahlen ihre Mehrheit in der Legislative verlieren. Es droht ein parteipolitisches Patt. Für die von Ko vorgeschlagenen Reformen müsste allerdings die Verfassung geändert werden. Hierfür gelten hohe Hürden, und für DPP und KMT stehen handfeste Machtinteressen auf dem Spiel.
Kos Ambitionen im Wege stehen könnte aber vor allem seine lockere Zunge. Durch teils grenzwertige Aussagen hat er vor allem bei Frauen und gesellschaftlich liberal eingestellten Taiwanern Unmut auf sich gezogen. Es sei schon erschreckend, wie viele Frauen in Taiwan ohne Make-up aus dem Haus gingen, sagte er etwa während seiner Zeit als Bürgermeister in Taipeh.
Derlei Sprüche bezeichnet er oft selbst als verbale Ausrutscher, kokettiert aber im selben Zug mit dem Image des Manns der klaren Worte, der die bestehenden Verhältnisse aufmischt. “Der Wahlkampf scheint momentan viel mehr um die zur Wahl stehenden Personen und ihre Integrität zu gehen als um Sachthemen“, sagte Josie-Marie Perkuhn, Taiwan-Expertin an der Universität Trier, zu Table.Media.
Doch das Revoluzzerimage hat sich nach Jahren in der Spitzenpolitik etwas abgenutzt. Denn Ko will die TPP dauerhaft in der Parteienlandschaft etablieren. Wenn er sich bei den Präsidentschaftswahlen behauptet, könnte seine Partei sogar die KMT als Hauptgegner der DPP verdrängen. Dann wäre Ko endgültig in dem Establishment angekommen, gegen das er sich einmal auflehnen wollte. Leonardo Pape/rad
Stephan Ruppert ist seit September Lehrbeauftragter Intercultural Business Communication and International & Intercultural Management an der Hamburg University of Applied Sciences.
Weidong Ye ist jetzt CEO der Airwende Umwelttechnik GmbH in Berlin. Zugleich bleibt er Geschäftsführer bei Emco Precision Hardware China. Emco ist eine Holdinggesellschaft für Firmen aus dem Bereich Technik und Design.
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Persimonen-Ernte in Ningde. Früher gab es in China vor allem die asiatische Urform der Frucht, die – auch als Oberbegriff – als Kaki bekannt ist. Die Persimone, eine Kaki-Züchtung aus Spanien, gewinnt jedoch in China schnell Freunde. Denn während die Schale der ursprünglichen Kaki hart ist und damit nicht ganz so genussvoll mundet, kann man in die Persimone einfach hineinbeißen wie in einen Apfel.
Eine noch nicht vollreife Kaki hinterlässt zudem ein pelziges Gefühl im Mund, während die Persimone in verschiedenen Reifestadien genießbar ist. Angesichts der Vorteile der Persimone kein Wunder also, dass Einige sogar ganze Eimer voll der süßen Früchte mit nach Hause nehmen.