China mag in den vergangenen Jahren einige Hoffnungen auf Afghanistan gesetzt haben. Das Land am Hindukusch liegt geopolitisch günstig und hätte Potenzial als Drehkreuz für Pekings ehrgeiziges Seidenstraßen-Projekt gehabt. Zudem hofften die Chinesen auf die großen Rohstoffvorkommen, nicht zuletzt Seltene Erden. Doch dazu ist es nie gekommen. Im Schutz der Nato-Truppen wollte China zwar Einiges in Afghanistan investieren. Doch so gut wie keines der Großprojekte ist zustande gekommen, hat Finn Mayer-Kuckuk analysiert. Nicht etwa High-Tech-Metalle waren das wichtigste afghanische Exportgut in die Volksrepublik, sondern Nüsse und Tierhaar.
So hämisch die Kommentare in den chinesischen Staatszeitungen nach dem Fall Kabuls gegenüber dem Westen waren – der Sieg der Taliban passt der KP-Führung in Peking aber auch nicht in den Kram. Denn noch mehr als Streit mit den USA und seinen europäischen Verbündeten hasst sie jede Art von Unberechenbarkeit.
Berechnend war hingegen ein anderer Zug Pekings. Weitgehend unbemerkt von der internationalen Öffentlichkeit ist der chinesische Staat bereits im April beim Tiktok-Konzern Bytedance eingestiegen – und sitzt nun mit am Vorstandstisch. Was Trump nur behauptet hatte, könnte nun wahr geworden sein: dass die auch in den USA und Europa bei Kids beliebte und weit verbreitete Video-App ein Sicherheitsrisiko darstellt.
Keine guten Aussichten. Dennoch erkenntnisreiche Lektüre wünscht
China möchte Afghanistan nach Möglichkeit in sein eigenes Außenhandelssystem einbinden, die Neue Seidenstraße, auch Belt and Road Initiative (BRI) genannt. Denn das Potenzial des Landes ist aus chinesischer Sicht grundsätzlich groß. Im Boden sollen sagenhafte Vorkommen an begehrten Industriemetallen liegen, den Seltenen Erden. Außerdem finden sich Kupfer, Gold und Eisen. Selbst Lithium lässt sich dort fördern, der Grundstoff für die Batteriezellen in E-Autos und Handy. Vorkommen von Erdgas und Öl wurden ebenfalls nachgewiesen. Richtig verwertet, könnten diese Rohstoffe beide Länder richtig reich machen.
Dazu kommt die geografische Lage. Afghanistan verbindet Süd- mit Zentralasien ebenso wie West- und Ostasien. Es könnte Drehkreuz des Seidenstraßen-Handels sein, wenn es die nötigen Häfen, Straßen und Zugstrecken gäbe. Deren Bau wiederum würde auf Jahre Wachstum und Arbeitsplätze schaffen, sowohl für die Volksrepublik als auch für Afghanistan selbst. Eine oft gehörte Einschätzung aus den Anfangstagen der BRI lautete daher bislang, dass sie Afghanistan in einer Weise wirtschaftlich einbinden könne, die zuvor für unmöglich gehalten wurde.
Das hohe Potenzial ist jetzt für China auch der Grund dafür, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und die Taliban zu hofieren (China.Table berichtete). Doch Experten bezweifeln, dass sich wirklich eine vorteilhafte Wirtschaftspartnerschaft mit ihrem Regime aufbauen lässt. “Die chinesische Führung betont zwar, wie wichtig ihnen Afghanistan geografisch ist”, sagt Francesca Ghiretti, Seidenstraßen-Expertin bei dem China- Forschungsinstitut Merics. “Doch wenn eine tiefgreifende Zusammenarbeit zustande kommen soll, müssten die Taliban ihren Regierungsstil ändern.”
China braucht folgende Rahmenbedingungen für eine sinnvolle Kooperation im Rahmen der BRI – und fast keine davon ist gegeben.
Wie Chinas Engagement in Afrika und anderswo zeigt, sind die Anforderungen an die Herrschaftsform der Zielländer zwar grundsätzlich gering. Doch auch wenn der Zusammenarbeit mit den Taliban keine moralischen Bedenken entgegenstehen, gibt es zahlreiche praktische Hürden für Investitionen in Afghanistan. Diese gehen zum Teil nicht einmal auf die islamistischen Gotteskrieger zurück, sondern sind strukturell bedingt. Dies zeigen sich beim Blick auf die bestehenden chinesischen Projekte im Land:
In der Realität waren daher nicht etwa High-Tech-Metalle das wichtigste afghanische Exportgut in die Volksrepublik, sondern Nüsse, Baumwollgarn, Trockenfrüchte und Tierhaar. In der Praxis seien die konkreten Wirtschaftsinteressen in Afghanistan daher “minimal”, sagt Andrew Small vom European Council on Foreign Relations. Deshalb habe China – ganz uncharakteristisch – nicht einmal angefangen, eine massive Verkehrsanbindung durch die Berge zu schlagen.
Die Projekte zeigen aber zugleich, dass die Volksrepublik auch zu Zeiten der westlichen Intervention konstruktive Beziehungen zum afghanischen Staat aufgebaut hatte. “Sie sind mit der existierenden Regierung zurechtgekommen und haben ihre Zusammenarbeit signalisiert”, so Ghiretti. China hatte eben gute Beziehungen zu beiden Seiten, den Taliban und der bis zum Wochenende offiziellen Regierung (China.Table berichtete). Die größten Investitionen im Land kamen auch zur Zeit der westlichen Militärpräsenz aus der Volksrepublik. Der Gedanke war von Anfang an, in jedem Fall einen Fuß in der Tür zu haben. Regionalexperten wie Raffaello Pantucci von der Rajaratnam School of International Studies in Singapur weisen daher die in den letzten Tagen oft geäußerte Behauptung zurück Peking wolle in die Lücke stoßen, die der US-Abzug hinterlässt.
Die Regierung in Peking hat noch ein weiteres Problem mit den Taliban. Bilder von wilden Männern, die Gewehre schwingen und jetzt Chinas neue Partner sein sollen, lassen sich nach innen kaum als großen Erfolg der BRI verkaufen. Und während die Regierung glaubt, in Xinjiang die ohnehin toleranten Uiguren massenhaft umerziehen zu müssen, will sie in einem Nachbarland mit radikalen Gotteskriegern kooperieren? Hier bestehe ein allzu offensichtlicher Widerspruch, der sich nicht ohne Weiteres wegerklären lasse, so Regionalexpertin Ghiretti. Daher hat Außenminister Wang Yi bei dem legendären Treffen offenbar darauf gedrungen, dass die Taliban sich ein akzeptableres Image zulegen. Es ist höchst fraglich, ob so ein Wunsch Wirkung zeigt.
Die Volksrepublik ist mit den Taliban als neuen Nachbarn also vermutlich höchst unglücklich. “Ihr Sieg war mit Sicherheit nicht das gewünschte Ergebnis”, sagt Ghiretti. Als konstruktive – oder gar willfährige – Partner im Rahmen der BRI sind sie vergleichsweise ungeeignet. Sie nützen also dem großen Prestigeprojekt von Xi Jinping vermutlich weniger, als es eine weltliche Regierung getan hätte. “Im Gesamtbild ist es unwahrscheinlich, dass China hier in absehbarer Zeit hohe Investitionen tätigt”, so Ghiretti.
Auch insgesamt dürfte die Volksrepublik die Entwicklung in Afghanistan mit Misstrauen betrachten. Fast in jeder Hinsicht ist ein Gottesstaat ein schlechterer Nachbar als es ein weltlicher Staat wäre. Eine Brutstätte des Terrors mit einer Landbrücke ins eigene Territorium wäre ein regelrechter Alptraum. Schließlich hat China durch seine restriktive Politik gegen die Muslime in Xinjiang ein erhebliches Unruhepotenzial geschaffen. Die Führung glaubt jetzt schon, die Lage mit Polizeistaatsmethoden unter Kontrolle halten zu müssen. Schon jetzt fürchtet das China Institutes of Contemporary International Relations, dass das Chaos in Afghanistan auf Tadschikistan, Usbekistan oder gar Pakistan übergreifen könnte.
Die Hemmnisse für die chinesischen Investitionen sind jammerschade für ein Land, das Größtenteils in Armut lebt und in einer vormodernen Wirtschaftsweise verharrt. Gerade in so einem Umfeld könnten von China geförderte Entwicklungsstrategien in kurzer Zeit einen gewaltigen Unterschied machen. Das verspräche dann eine entsprechende Rendite auch für die chinesischen Investoren. Von einer wachsenden Wirtschaft und gedeihenden Großprojekten hätten dann auch andere Infrastruktur-Anbieter etwas, zum Beispiel Deutschland. So hatte Siemens Energy bereits Verträge für die Elektrifizierung des Landes unterzeichnet. Unter den Taliban stehen die Chancen für so einen Kurs jedoch vorerst schlecht.
Laut Donald Trump war die immens beliebte Video-App Tiktok keineswegs nur eine reine Online-Plattform für die selbst darstellende Jugend, sondern vielmehr eine potenzielle Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA. Sein Nachfolger Joe Biden hingegen ließ das geplante Verbot der App stoppen: Die Mutterfirma Bytedance konnte schließlich überzeugend argumentieren, dass die chinesische Regierung keinen Einfluss auf ihren internationalen Betrieb ausübt. Doch nur wenige Monate später flammt die Debatte erneut auf, wobei das chinesische Unicorn nun in dringliche Erklärungsnot geraten ist. Denn wie das Technik-Medium The Information berichtete, ist der chinesische Parteistaat direkt in den Konzern Bytedance eingestiegen. Er besitzt seit Ende April eine Beteiligung von einem Prozent an der Firma Beijing Bytedance Technology.
Was harmlos klingt, ist vor allem ein trojanisches Pferd für den viel entscheidenderen Machthebel: Die Regierung kann zu den bereits bestehenden Vorstandsmitgliedern ein drittes ernennen – und hat damit ein mutmaßliches Vetorecht bei unternehmerischen Entscheidungen. Auch Weibo, die Betreiberfirma des wohl populärsten Mikroblogs Chinas, ist von der Neuregelung betroffen. Hier hat sich die Regierung bereits vor einem Jahr ein Prozent Eigentum und die Ernennung eines Vorstandschefs gesichert.
Victor Shih, Professor an der University of California mit Fokus auf Chinas Finanzpolitik, sagt in dem Bericht von The Information: “Die Unternehmen können es sich nicht leisten, gegen den Willen einer mächtigen Regulierungsbehörde zu handeln.” Die mit Abstand wichtigste Stimme habe der von der Regierung ernannte Vorstand. Zudem, so lautet die Befürchtung, könnte die Regierung mit ihrer Infiltrierung versuchen, Diskussionen bereits von Anfang an zu beeinflussen: dann nämlich, wenn sie erst intern debattiert werden.
Bytedance ist eines der wertvollsten Tech-Unternehmen Chinas. Tiktok ist das wichtigste Produkt des Pekinger Start-ups. Die Video-App gehört formell einer Briefkastenfirma auf den Cayman Islands – ein typisches Offshore-Konstrukt, um ausländische Investorengelder anzuziehen. Von Tiktoks Kommunikationsabteilung heißt es, Bytedance Beijing habe “keine Eigentumsrechte, Sichtbarkeit oder Einfluss auf die Geschäfte von Tiktok”. Der chinesische Staat mischt also nicht direkt bei Tiktok mit, verfügt aber über seine Beteiligung über Druckmöglichkeiten.
Die chinesische Version von Tiktok nennt sich auf dem heimischen Markt Douyin, sie ist an die chinesischen Konsumentenwünsche und die inhaltlichen Zensurbestimmungen angepasst. Mehr als 600 Millionen User nutzen Douyin jeden Tag. Zudem betreibt Bytedance die populäre News-App Toutiao, auf der sich ebenfalls mehrere hundert Millionen Chinesen täglich informieren. Die Frage ist natürlich, wie sich der Einfluss auf die staatliche Zensur auswirkt.
Bytedance-Gründer Zhang Yiming kennt die Zensur aus erster Hand: Seine frühere App Neihan Duanzi musste 2018 wegen vulgärer Inhalte vom Markt genommen werden. Im Mai ist Zhang schließlich als Bytedance-CEO zurückgetreten – mutmaßlich, um aus dem Scheinwerferlicht zu verschwinden. Angesichts des andauernden Tech-Crackdowns (China.Table berichtete) kann es nur von Vorteil sein, ein möglichst leises Image in der Öffentlichkeit zu pflegen. Fabian Kretschmer
Der chinesische Corona-Impfstoff von Sinopharm wird bald in Bangladesch produziert. Wie die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtet, wurde bereits am Montag im Rahmen einer Online-Konferenz eine entsprechende Erklärung in Beijing und Dhaka unterzeichnet. Demnach soll der Pharmakonzern Incepta den chinesischen Impfstoff in Bangladeschs Hauptstadt herstellen. Dem Plan zufolge werde eine Kapazität von fünf Millionen Dosen pro Monat angestrebt. Beginn der Produktion soll in drei Monaten sein.
Laut einem Bericht der Zeitung “Dhaka Tribune” soll Incepta den Grundstoff in großen Mengen bereitstellen, um ihn anschließend lokal abzufüllen, zu beschriften und fertigzustellen. Dadurch werde der Herstellungsprozess deutlich günstiger, schreibt die Zeitung. Die Zusammenarbeit mit Bangladesch werde als Model dienen, wie China auch mit anderen südasiatischen Ländern zusammenarbeiten werde, sagte Li Jiming, Chinas Botschafter in Dhaka.
Bangladeschs Botschafter in China sagte mit Blick auf die Volksrepublik: “Ein Freund in der Not ist ein wahrer Freund.” Als sein Land dringend einen Impfstoff gegen das Coronavirus gebrauchte, habe China sofort seine Hilfe angeboten. Bangladesch erhält seit Mai den Impfstoff des chinesischen Herstellers Sinopharm. Bislang seien mehr als 13 Millionen Dosen geliefert worden, berichtet das chinesische Staatsfernsehen CGTN. Weitere 60 Millionen Dosen wären bereits in Planung. “Wir versuchen das Versprechen von Staatspräsident Xi zu erfüllen, dass der Impfstoff weltweit gerecht verteilt werden soll”, sagte der Sinopharm-Vorsitzende Liu Jingzhen. Allein in diesem Jahr werde seine Firma zwei Milliarden Dosen weltweit ausliefern.
Sinopharm war die erste chinesische Firma, die der Initiative “Covax” beigetreten ist. Covax steht für “Covid-19 Vaccines Global Access” – eine Initiative, die einen weltweit gleichmäßigen und gerechten Zugang zu COVID-19-Impfstoffen gewährleisten will. Sie wurde im April 2020 von der Weltgesundheitsorganisation WHO, der Europäischen Kommission und Frankreich gegründet. rad
Der jüngste Feldzug der chinesischen Führung gegen die Tech-Konzerne des Landes (China.Table berichtete) scheint zumindest einem der Größten von ihnen kaum was anzuhaben. Ungeachtet des zunehmenden Regulierungsdrucks konnte Tencent seinen Gewinn im zweiten Quartal deutlich steigern. Das Nettoergebnis kletterte um 29 Prozent auf 42,6 Milliarden Yuan (5,6 Milliarden Euro). Analysten hatten mit sehr viel weniger gerechnet. Zu dem Plus trugen nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters neben der hohen Nachfrage nach Kassenschlagern wie Honor of Kings oder PUBG auch ein Boom beim Anzeigen-Geschäft bei. Der Umsatz kletterte um ein Fünftel auf 18,2 Milliarden Euro.
Tencent ist der weltgrößte Spieleanbieter und betreibt in China zudem die weit verbreitete Smartphone-Anwendung WeChat sowie den Online-Bezahldienst WeChat-Pay. Zuletzt war das Unternehmen mit anderen großen Tech-Konzernen massiv unter Druck geraten. Die chinesischen Behörden ermitteln unter anderem wegen angeblicher Wettbewerbsverstöße sowie den Missbrauch von Verbraucherdaten gegen den Konzern mit Sitz in Shenzhen (China.Table berichtete). Zudem gehen sie kartellrechtlich gegen Tencent vor. Die Kartellbehörden wollen unter anderem die Fusion der Spiele-Streaminganbieter DouYu und Huya untersagen. Zuletzt wetterten auch die chinesischen Staatsmedien gegen das Geschäftsmodell von Tencent. Sie bezeichneten Online-Spiele unter anderem als “spirituelles Opium”. Beobachter befürchten, die Zentralregierung könnte demnächst auch den Online-Spielsektor stärker regulieren. Tencent versprach umgehend dafür zu sorgen, dass Minderjährige weniger Zeit mit Computerspiele verbringen. flee
Sie sind auf Plätzen, vor Shopping Malls und in Parks nicht wegzudenken – die tanzenden Rentner:innen. Zu Hunderten Millionen bevölkern sie frühmorgens und abends die öffentlichen Plätze und halten sich durch Tänze zu lauter Pop-, Techno- oder auch Propagandamusik körperlich fit. Bereits seit Jahren tobt jedoch ein Streit zwischen ihnen und Anwohner:innen. Vor allem die aufstrebende Mittelschicht – zumeist jüngere Familien – stört sich an dem Lärm, den die älteren Damen und Herren auch in den Abendstunden verursachen. Chinesische Medien berichten regelmäßig von heftigen Auseinandersetzungen. In einem Fall haben aufgebrachte Anrainer sogar ihre Hunde auf die “Omas” gehetzt.
Nun wollen offenbar die Behörden gegen diese regelmäßigen öffentlichen Tanzeinlagen vorgehen. Wie die South China Morning Post auf Berufung der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua berichtet, will die Regierung mit einem Maßnahmekatalog dieses Hobby stärker regulieren. Unter anderem soll es klare Zeitbegrenzungen geben. Das Regelwerk sieht vor, die zumeist älteren Tänzerinnen und Tänzer auch bestrafen zu können, sofern sie “die öffentliche Ordnung stören”. Bisherige Versuche der Behörden, mit vorgeschriebenen Liedern, die nicht ganz so viele Taktschläge wie etwa Techno-Musik haben, oder mit Dezibelmessstellen gegen den Lärm der Frauen vorzugehen, haben offenbar wenig gewirkt.
Der Widerstand ist groß. Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind die Tanzauftritte vor allem ein Weg, gesund zu bleiben. Gegenüber Medien sprechen die älteren Tänzer immer wieder von einem Mangel an Bewegungsangeboten für Seniorinnen und Senioren. Dabei machen sie schon jetzt die größte Bevölkerungsgruppe aus. Laut Schätzungen der Vereinten Nationen altert die chinesische Bevölkerung stärker als jede andere. 2030 werden demnach 360 Millionen Chinesinnen und Chinesen über 60 Jahre alt sein. flee
Das chinesische Transportministerium hat den Frachtverkehr auf der Schiene nach Litauen eingestellt, berichtet die South China Morning Post. Hintergrund ist ein Streit um den Status von Taiwan: Das baltische Land hatte der Regierung in Taipeh erlaubt, eine “Taiwanische Vertretung” in der Hauptstadt zu eröffnen. Peking ist verärgert (China.Table berichtete) und sucht nun offenbar nach Möglichkeiten, seinen Unmut zu zeigen. Die “Land-Seidenstraße” ist ein Prestigeprojekt Pekings; ein entscheidender Teil davon sind die Frachtzugverbindungen nach Europa. In Deutschland gibt es lediglich eine “Taipeh Vertretung” ohne Erwähnung des Landesnamens in der offiziellen Bezeichnung. Eine “Taiwanische Vertretung” in der EU ist daher eine sichtbare diplomatische Aufwertung. fin
Wie erklärt eine Schulleiterin ihren Abiturienten, dass die Prüfungen verschoben werden müssen? Wie können Schülerinnen und Schüler lernen, wenn alle zu Hause bleiben müssen? Solche Fragen haben sich in den vergangenen eineinhalb Jahren viele Schulleiterinnen gestellt – auch Susanne Christine Heß, die gerade zum Beginn des ersten coronabedingten Lockdowns eine neue Stelle angetreten hatte. Die Tatsache, dass es sich um die Leitung eines privaten deutschen Bildungscampus in der chinesischen Metropole Shanghai handelt, brachte besondere Herausforderungen mit sich.
Neben den Sekundarschülern muss die 55-jährige Schulleiterin Grundschüler und Kindergartenkinder im Blick haben, deren Eltern Schulgebühren bezahlen und der Bildungseinrichtung mit hohen Ansprüchen gegenübertreten. “Es ist nicht einfach, eine Kita in Schließzeiten zu ersetzen. Und natürlich wollten wir alle, dass die Kinder auch in dieser Krisenzeit gut unterrichtet werden”, erinnert sich die Deutsch- und Geschichtslehrerin, die zuvor zehn Jahre lang an einem Stuttgarter Gymnasium tätig war.
Gerade unter diesen besonderen Bedingungen hat die Deutsche Schule Shanghai Hongqiao, Lebensmittelpunkt der deutschsprachigen Community vor Ort, von dem engen Austausch mit der Elternschaft profitiert – und von einer hervorragenden Ausstattung. “Hier sind es nicht Lehrkräfte, die mit einer Stunde Abordnung das Netzwerk betreuen, sondern das machen echte ITler mit großem Herzblut und Engagement. Gemeinsam mit ihnen konnten wir schnell ein E-Learning-System aufsetzen und dafür sorgen, dass alle die notwendigen Programme zur Verfügung haben”, erzählt Susanne Christine Heß.
Für die Corona-Herausforderung war die Krisenmanagerin natürlich nicht besser gewappnet als irgendjemand anders. Aber immerhin hatte sie sich auf das Abenteuer Shanghai bestmöglich vorbereitet: Bei Reisen hatte sie gemeinsam mit ihrem Ehemann erste China-Luft geschnuppert. Aus Artikeln, Büchern und Dokumentationen hatte sie sich über Land und Leute informiert. Sie hat sich für eine Wohnung in der Shanghaier Innenstadt entschieden, geht in chinesischen Geschäften einkaufen und versucht neben dem Job Mandarin zu lernen, um nicht in einer “deutschen Blase” zu leben. Inzwischen versteht sie zum Beispiel, welchen Stellenwert Bildung und das Punktesammeln für einen guten Universitätsplatz in den Augen vieler chinesischer Eltern hat und wie schwer es ihnen fällt, das Stapeln von Bauklötzen in der Kita als Lernen zu betrachten.
Vom Leben außerhalb des Schulcampus ist die kinderlose Pädagogin jeden Tag von Neuem beeindruckt. Auch nach eineinhalb Jahren in Shanghai hat sie sich noch nicht daran gewöhnt, dass hier tagtäglich neue glitzernde Hochhäuser in den Himmel schießen, während Altstadtviertel scheinbar über Nacht geschlossen werden und zwei Straßenecken weiter zwei Menschen vor ihrem Laden sitzen und Mah-Jongg spielen. “Wer sich nicht auf den asiatischen Kulturraum einlässt”, ist die Schulleiterin überzeugt, “verpasst etwas”. Janna Degener-Storr
Miklas Hick ist von Daimler China zur Mercedes Benz AG nach Stuttgart zurückgegangen. In Peking hat er sich mit Kostenoptimierung bei Materialien beschäftigt. Am Heimatstandort kümmert er sich nun um Kostenplanung der Fahrgestellproduktion.
Sabrina Platzek ist bei BASF von Ludwigshafen nach Hongkong gewechselt. Sie ist dort Vice President im Bereich Fahrzeuglacke für die Region Asien-Pazifik. In der Zentrale war sie Business Director für Katalysesubstanzen für Raffinerien. Sie hat zuvor bereits Erfahrungen in den USA gesammelt.
Die feine englische Art ist es sicherlich nicht, mit welcher Geste sich dieser genervte Hongkong-Besucher nach seinem 13. Tag in Hotelquarantäne ablichten lässt. Der Ärger ist aber verständlich. Hongkongs Regierung hat am Dienstag bei Einreisenden die ohnehin strenge Quarantänezeit (nur Hotel-Quarantäne wird akzeptiert) von 7 auf 14 Tage verlängert. Der Grund: Eine Person war zwei Tage nach ihrer siebentägigen Hotelquarantäne positiv getestet worden. Hongkong verfolgt wie die meisten ostasiatischen Ländern eine Zero-Covid-Strategie. Diese ist aber wegen der besonders ansteckenden Delta-Variante immer schwerer einzuhalten.
China mag in den vergangenen Jahren einige Hoffnungen auf Afghanistan gesetzt haben. Das Land am Hindukusch liegt geopolitisch günstig und hätte Potenzial als Drehkreuz für Pekings ehrgeiziges Seidenstraßen-Projekt gehabt. Zudem hofften die Chinesen auf die großen Rohstoffvorkommen, nicht zuletzt Seltene Erden. Doch dazu ist es nie gekommen. Im Schutz der Nato-Truppen wollte China zwar Einiges in Afghanistan investieren. Doch so gut wie keines der Großprojekte ist zustande gekommen, hat Finn Mayer-Kuckuk analysiert. Nicht etwa High-Tech-Metalle waren das wichtigste afghanische Exportgut in die Volksrepublik, sondern Nüsse und Tierhaar.
So hämisch die Kommentare in den chinesischen Staatszeitungen nach dem Fall Kabuls gegenüber dem Westen waren – der Sieg der Taliban passt der KP-Führung in Peking aber auch nicht in den Kram. Denn noch mehr als Streit mit den USA und seinen europäischen Verbündeten hasst sie jede Art von Unberechenbarkeit.
Berechnend war hingegen ein anderer Zug Pekings. Weitgehend unbemerkt von der internationalen Öffentlichkeit ist der chinesische Staat bereits im April beim Tiktok-Konzern Bytedance eingestiegen – und sitzt nun mit am Vorstandstisch. Was Trump nur behauptet hatte, könnte nun wahr geworden sein: dass die auch in den USA und Europa bei Kids beliebte und weit verbreitete Video-App ein Sicherheitsrisiko darstellt.
Keine guten Aussichten. Dennoch erkenntnisreiche Lektüre wünscht
China möchte Afghanistan nach Möglichkeit in sein eigenes Außenhandelssystem einbinden, die Neue Seidenstraße, auch Belt and Road Initiative (BRI) genannt. Denn das Potenzial des Landes ist aus chinesischer Sicht grundsätzlich groß. Im Boden sollen sagenhafte Vorkommen an begehrten Industriemetallen liegen, den Seltenen Erden. Außerdem finden sich Kupfer, Gold und Eisen. Selbst Lithium lässt sich dort fördern, der Grundstoff für die Batteriezellen in E-Autos und Handy. Vorkommen von Erdgas und Öl wurden ebenfalls nachgewiesen. Richtig verwertet, könnten diese Rohstoffe beide Länder richtig reich machen.
Dazu kommt die geografische Lage. Afghanistan verbindet Süd- mit Zentralasien ebenso wie West- und Ostasien. Es könnte Drehkreuz des Seidenstraßen-Handels sein, wenn es die nötigen Häfen, Straßen und Zugstrecken gäbe. Deren Bau wiederum würde auf Jahre Wachstum und Arbeitsplätze schaffen, sowohl für die Volksrepublik als auch für Afghanistan selbst. Eine oft gehörte Einschätzung aus den Anfangstagen der BRI lautete daher bislang, dass sie Afghanistan in einer Weise wirtschaftlich einbinden könne, die zuvor für unmöglich gehalten wurde.
Das hohe Potenzial ist jetzt für China auch der Grund dafür, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und die Taliban zu hofieren (China.Table berichtete). Doch Experten bezweifeln, dass sich wirklich eine vorteilhafte Wirtschaftspartnerschaft mit ihrem Regime aufbauen lässt. “Die chinesische Führung betont zwar, wie wichtig ihnen Afghanistan geografisch ist”, sagt Francesca Ghiretti, Seidenstraßen-Expertin bei dem China- Forschungsinstitut Merics. “Doch wenn eine tiefgreifende Zusammenarbeit zustande kommen soll, müssten die Taliban ihren Regierungsstil ändern.”
China braucht folgende Rahmenbedingungen für eine sinnvolle Kooperation im Rahmen der BRI – und fast keine davon ist gegeben.
Wie Chinas Engagement in Afrika und anderswo zeigt, sind die Anforderungen an die Herrschaftsform der Zielländer zwar grundsätzlich gering. Doch auch wenn der Zusammenarbeit mit den Taliban keine moralischen Bedenken entgegenstehen, gibt es zahlreiche praktische Hürden für Investitionen in Afghanistan. Diese gehen zum Teil nicht einmal auf die islamistischen Gotteskrieger zurück, sondern sind strukturell bedingt. Dies zeigen sich beim Blick auf die bestehenden chinesischen Projekte im Land:
In der Realität waren daher nicht etwa High-Tech-Metalle das wichtigste afghanische Exportgut in die Volksrepublik, sondern Nüsse, Baumwollgarn, Trockenfrüchte und Tierhaar. In der Praxis seien die konkreten Wirtschaftsinteressen in Afghanistan daher “minimal”, sagt Andrew Small vom European Council on Foreign Relations. Deshalb habe China – ganz uncharakteristisch – nicht einmal angefangen, eine massive Verkehrsanbindung durch die Berge zu schlagen.
Die Projekte zeigen aber zugleich, dass die Volksrepublik auch zu Zeiten der westlichen Intervention konstruktive Beziehungen zum afghanischen Staat aufgebaut hatte. “Sie sind mit der existierenden Regierung zurechtgekommen und haben ihre Zusammenarbeit signalisiert”, so Ghiretti. China hatte eben gute Beziehungen zu beiden Seiten, den Taliban und der bis zum Wochenende offiziellen Regierung (China.Table berichtete). Die größten Investitionen im Land kamen auch zur Zeit der westlichen Militärpräsenz aus der Volksrepublik. Der Gedanke war von Anfang an, in jedem Fall einen Fuß in der Tür zu haben. Regionalexperten wie Raffaello Pantucci von der Rajaratnam School of International Studies in Singapur weisen daher die in den letzten Tagen oft geäußerte Behauptung zurück Peking wolle in die Lücke stoßen, die der US-Abzug hinterlässt.
Die Regierung in Peking hat noch ein weiteres Problem mit den Taliban. Bilder von wilden Männern, die Gewehre schwingen und jetzt Chinas neue Partner sein sollen, lassen sich nach innen kaum als großen Erfolg der BRI verkaufen. Und während die Regierung glaubt, in Xinjiang die ohnehin toleranten Uiguren massenhaft umerziehen zu müssen, will sie in einem Nachbarland mit radikalen Gotteskriegern kooperieren? Hier bestehe ein allzu offensichtlicher Widerspruch, der sich nicht ohne Weiteres wegerklären lasse, so Regionalexpertin Ghiretti. Daher hat Außenminister Wang Yi bei dem legendären Treffen offenbar darauf gedrungen, dass die Taliban sich ein akzeptableres Image zulegen. Es ist höchst fraglich, ob so ein Wunsch Wirkung zeigt.
Die Volksrepublik ist mit den Taliban als neuen Nachbarn also vermutlich höchst unglücklich. “Ihr Sieg war mit Sicherheit nicht das gewünschte Ergebnis”, sagt Ghiretti. Als konstruktive – oder gar willfährige – Partner im Rahmen der BRI sind sie vergleichsweise ungeeignet. Sie nützen also dem großen Prestigeprojekt von Xi Jinping vermutlich weniger, als es eine weltliche Regierung getan hätte. “Im Gesamtbild ist es unwahrscheinlich, dass China hier in absehbarer Zeit hohe Investitionen tätigt”, so Ghiretti.
Auch insgesamt dürfte die Volksrepublik die Entwicklung in Afghanistan mit Misstrauen betrachten. Fast in jeder Hinsicht ist ein Gottesstaat ein schlechterer Nachbar als es ein weltlicher Staat wäre. Eine Brutstätte des Terrors mit einer Landbrücke ins eigene Territorium wäre ein regelrechter Alptraum. Schließlich hat China durch seine restriktive Politik gegen die Muslime in Xinjiang ein erhebliches Unruhepotenzial geschaffen. Die Führung glaubt jetzt schon, die Lage mit Polizeistaatsmethoden unter Kontrolle halten zu müssen. Schon jetzt fürchtet das China Institutes of Contemporary International Relations, dass das Chaos in Afghanistan auf Tadschikistan, Usbekistan oder gar Pakistan übergreifen könnte.
Die Hemmnisse für die chinesischen Investitionen sind jammerschade für ein Land, das Größtenteils in Armut lebt und in einer vormodernen Wirtschaftsweise verharrt. Gerade in so einem Umfeld könnten von China geförderte Entwicklungsstrategien in kurzer Zeit einen gewaltigen Unterschied machen. Das verspräche dann eine entsprechende Rendite auch für die chinesischen Investoren. Von einer wachsenden Wirtschaft und gedeihenden Großprojekten hätten dann auch andere Infrastruktur-Anbieter etwas, zum Beispiel Deutschland. So hatte Siemens Energy bereits Verträge für die Elektrifizierung des Landes unterzeichnet. Unter den Taliban stehen die Chancen für so einen Kurs jedoch vorerst schlecht.
Laut Donald Trump war die immens beliebte Video-App Tiktok keineswegs nur eine reine Online-Plattform für die selbst darstellende Jugend, sondern vielmehr eine potenzielle Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA. Sein Nachfolger Joe Biden hingegen ließ das geplante Verbot der App stoppen: Die Mutterfirma Bytedance konnte schließlich überzeugend argumentieren, dass die chinesische Regierung keinen Einfluss auf ihren internationalen Betrieb ausübt. Doch nur wenige Monate später flammt die Debatte erneut auf, wobei das chinesische Unicorn nun in dringliche Erklärungsnot geraten ist. Denn wie das Technik-Medium The Information berichtete, ist der chinesische Parteistaat direkt in den Konzern Bytedance eingestiegen. Er besitzt seit Ende April eine Beteiligung von einem Prozent an der Firma Beijing Bytedance Technology.
Was harmlos klingt, ist vor allem ein trojanisches Pferd für den viel entscheidenderen Machthebel: Die Regierung kann zu den bereits bestehenden Vorstandsmitgliedern ein drittes ernennen – und hat damit ein mutmaßliches Vetorecht bei unternehmerischen Entscheidungen. Auch Weibo, die Betreiberfirma des wohl populärsten Mikroblogs Chinas, ist von der Neuregelung betroffen. Hier hat sich die Regierung bereits vor einem Jahr ein Prozent Eigentum und die Ernennung eines Vorstandschefs gesichert.
Victor Shih, Professor an der University of California mit Fokus auf Chinas Finanzpolitik, sagt in dem Bericht von The Information: “Die Unternehmen können es sich nicht leisten, gegen den Willen einer mächtigen Regulierungsbehörde zu handeln.” Die mit Abstand wichtigste Stimme habe der von der Regierung ernannte Vorstand. Zudem, so lautet die Befürchtung, könnte die Regierung mit ihrer Infiltrierung versuchen, Diskussionen bereits von Anfang an zu beeinflussen: dann nämlich, wenn sie erst intern debattiert werden.
Bytedance ist eines der wertvollsten Tech-Unternehmen Chinas. Tiktok ist das wichtigste Produkt des Pekinger Start-ups. Die Video-App gehört formell einer Briefkastenfirma auf den Cayman Islands – ein typisches Offshore-Konstrukt, um ausländische Investorengelder anzuziehen. Von Tiktoks Kommunikationsabteilung heißt es, Bytedance Beijing habe “keine Eigentumsrechte, Sichtbarkeit oder Einfluss auf die Geschäfte von Tiktok”. Der chinesische Staat mischt also nicht direkt bei Tiktok mit, verfügt aber über seine Beteiligung über Druckmöglichkeiten.
Die chinesische Version von Tiktok nennt sich auf dem heimischen Markt Douyin, sie ist an die chinesischen Konsumentenwünsche und die inhaltlichen Zensurbestimmungen angepasst. Mehr als 600 Millionen User nutzen Douyin jeden Tag. Zudem betreibt Bytedance die populäre News-App Toutiao, auf der sich ebenfalls mehrere hundert Millionen Chinesen täglich informieren. Die Frage ist natürlich, wie sich der Einfluss auf die staatliche Zensur auswirkt.
Bytedance-Gründer Zhang Yiming kennt die Zensur aus erster Hand: Seine frühere App Neihan Duanzi musste 2018 wegen vulgärer Inhalte vom Markt genommen werden. Im Mai ist Zhang schließlich als Bytedance-CEO zurückgetreten – mutmaßlich, um aus dem Scheinwerferlicht zu verschwinden. Angesichts des andauernden Tech-Crackdowns (China.Table berichtete) kann es nur von Vorteil sein, ein möglichst leises Image in der Öffentlichkeit zu pflegen. Fabian Kretschmer
Der chinesische Corona-Impfstoff von Sinopharm wird bald in Bangladesch produziert. Wie die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtet, wurde bereits am Montag im Rahmen einer Online-Konferenz eine entsprechende Erklärung in Beijing und Dhaka unterzeichnet. Demnach soll der Pharmakonzern Incepta den chinesischen Impfstoff in Bangladeschs Hauptstadt herstellen. Dem Plan zufolge werde eine Kapazität von fünf Millionen Dosen pro Monat angestrebt. Beginn der Produktion soll in drei Monaten sein.
Laut einem Bericht der Zeitung “Dhaka Tribune” soll Incepta den Grundstoff in großen Mengen bereitstellen, um ihn anschließend lokal abzufüllen, zu beschriften und fertigzustellen. Dadurch werde der Herstellungsprozess deutlich günstiger, schreibt die Zeitung. Die Zusammenarbeit mit Bangladesch werde als Model dienen, wie China auch mit anderen südasiatischen Ländern zusammenarbeiten werde, sagte Li Jiming, Chinas Botschafter in Dhaka.
Bangladeschs Botschafter in China sagte mit Blick auf die Volksrepublik: “Ein Freund in der Not ist ein wahrer Freund.” Als sein Land dringend einen Impfstoff gegen das Coronavirus gebrauchte, habe China sofort seine Hilfe angeboten. Bangladesch erhält seit Mai den Impfstoff des chinesischen Herstellers Sinopharm. Bislang seien mehr als 13 Millionen Dosen geliefert worden, berichtet das chinesische Staatsfernsehen CGTN. Weitere 60 Millionen Dosen wären bereits in Planung. “Wir versuchen das Versprechen von Staatspräsident Xi zu erfüllen, dass der Impfstoff weltweit gerecht verteilt werden soll”, sagte der Sinopharm-Vorsitzende Liu Jingzhen. Allein in diesem Jahr werde seine Firma zwei Milliarden Dosen weltweit ausliefern.
Sinopharm war die erste chinesische Firma, die der Initiative “Covax” beigetreten ist. Covax steht für “Covid-19 Vaccines Global Access” – eine Initiative, die einen weltweit gleichmäßigen und gerechten Zugang zu COVID-19-Impfstoffen gewährleisten will. Sie wurde im April 2020 von der Weltgesundheitsorganisation WHO, der Europäischen Kommission und Frankreich gegründet. rad
Der jüngste Feldzug der chinesischen Führung gegen die Tech-Konzerne des Landes (China.Table berichtete) scheint zumindest einem der Größten von ihnen kaum was anzuhaben. Ungeachtet des zunehmenden Regulierungsdrucks konnte Tencent seinen Gewinn im zweiten Quartal deutlich steigern. Das Nettoergebnis kletterte um 29 Prozent auf 42,6 Milliarden Yuan (5,6 Milliarden Euro). Analysten hatten mit sehr viel weniger gerechnet. Zu dem Plus trugen nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters neben der hohen Nachfrage nach Kassenschlagern wie Honor of Kings oder PUBG auch ein Boom beim Anzeigen-Geschäft bei. Der Umsatz kletterte um ein Fünftel auf 18,2 Milliarden Euro.
Tencent ist der weltgrößte Spieleanbieter und betreibt in China zudem die weit verbreitete Smartphone-Anwendung WeChat sowie den Online-Bezahldienst WeChat-Pay. Zuletzt war das Unternehmen mit anderen großen Tech-Konzernen massiv unter Druck geraten. Die chinesischen Behörden ermitteln unter anderem wegen angeblicher Wettbewerbsverstöße sowie den Missbrauch von Verbraucherdaten gegen den Konzern mit Sitz in Shenzhen (China.Table berichtete). Zudem gehen sie kartellrechtlich gegen Tencent vor. Die Kartellbehörden wollen unter anderem die Fusion der Spiele-Streaminganbieter DouYu und Huya untersagen. Zuletzt wetterten auch die chinesischen Staatsmedien gegen das Geschäftsmodell von Tencent. Sie bezeichneten Online-Spiele unter anderem als “spirituelles Opium”. Beobachter befürchten, die Zentralregierung könnte demnächst auch den Online-Spielsektor stärker regulieren. Tencent versprach umgehend dafür zu sorgen, dass Minderjährige weniger Zeit mit Computerspiele verbringen. flee
Sie sind auf Plätzen, vor Shopping Malls und in Parks nicht wegzudenken – die tanzenden Rentner:innen. Zu Hunderten Millionen bevölkern sie frühmorgens und abends die öffentlichen Plätze und halten sich durch Tänze zu lauter Pop-, Techno- oder auch Propagandamusik körperlich fit. Bereits seit Jahren tobt jedoch ein Streit zwischen ihnen und Anwohner:innen. Vor allem die aufstrebende Mittelschicht – zumeist jüngere Familien – stört sich an dem Lärm, den die älteren Damen und Herren auch in den Abendstunden verursachen. Chinesische Medien berichten regelmäßig von heftigen Auseinandersetzungen. In einem Fall haben aufgebrachte Anrainer sogar ihre Hunde auf die “Omas” gehetzt.
Nun wollen offenbar die Behörden gegen diese regelmäßigen öffentlichen Tanzeinlagen vorgehen. Wie die South China Morning Post auf Berufung der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua berichtet, will die Regierung mit einem Maßnahmekatalog dieses Hobby stärker regulieren. Unter anderem soll es klare Zeitbegrenzungen geben. Das Regelwerk sieht vor, die zumeist älteren Tänzerinnen und Tänzer auch bestrafen zu können, sofern sie “die öffentliche Ordnung stören”. Bisherige Versuche der Behörden, mit vorgeschriebenen Liedern, die nicht ganz so viele Taktschläge wie etwa Techno-Musik haben, oder mit Dezibelmessstellen gegen den Lärm der Frauen vorzugehen, haben offenbar wenig gewirkt.
Der Widerstand ist groß. Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind die Tanzauftritte vor allem ein Weg, gesund zu bleiben. Gegenüber Medien sprechen die älteren Tänzer immer wieder von einem Mangel an Bewegungsangeboten für Seniorinnen und Senioren. Dabei machen sie schon jetzt die größte Bevölkerungsgruppe aus. Laut Schätzungen der Vereinten Nationen altert die chinesische Bevölkerung stärker als jede andere. 2030 werden demnach 360 Millionen Chinesinnen und Chinesen über 60 Jahre alt sein. flee
Das chinesische Transportministerium hat den Frachtverkehr auf der Schiene nach Litauen eingestellt, berichtet die South China Morning Post. Hintergrund ist ein Streit um den Status von Taiwan: Das baltische Land hatte der Regierung in Taipeh erlaubt, eine “Taiwanische Vertretung” in der Hauptstadt zu eröffnen. Peking ist verärgert (China.Table berichtete) und sucht nun offenbar nach Möglichkeiten, seinen Unmut zu zeigen. Die “Land-Seidenstraße” ist ein Prestigeprojekt Pekings; ein entscheidender Teil davon sind die Frachtzugverbindungen nach Europa. In Deutschland gibt es lediglich eine “Taipeh Vertretung” ohne Erwähnung des Landesnamens in der offiziellen Bezeichnung. Eine “Taiwanische Vertretung” in der EU ist daher eine sichtbare diplomatische Aufwertung. fin
Wie erklärt eine Schulleiterin ihren Abiturienten, dass die Prüfungen verschoben werden müssen? Wie können Schülerinnen und Schüler lernen, wenn alle zu Hause bleiben müssen? Solche Fragen haben sich in den vergangenen eineinhalb Jahren viele Schulleiterinnen gestellt – auch Susanne Christine Heß, die gerade zum Beginn des ersten coronabedingten Lockdowns eine neue Stelle angetreten hatte. Die Tatsache, dass es sich um die Leitung eines privaten deutschen Bildungscampus in der chinesischen Metropole Shanghai handelt, brachte besondere Herausforderungen mit sich.
Neben den Sekundarschülern muss die 55-jährige Schulleiterin Grundschüler und Kindergartenkinder im Blick haben, deren Eltern Schulgebühren bezahlen und der Bildungseinrichtung mit hohen Ansprüchen gegenübertreten. “Es ist nicht einfach, eine Kita in Schließzeiten zu ersetzen. Und natürlich wollten wir alle, dass die Kinder auch in dieser Krisenzeit gut unterrichtet werden”, erinnert sich die Deutsch- und Geschichtslehrerin, die zuvor zehn Jahre lang an einem Stuttgarter Gymnasium tätig war.
Gerade unter diesen besonderen Bedingungen hat die Deutsche Schule Shanghai Hongqiao, Lebensmittelpunkt der deutschsprachigen Community vor Ort, von dem engen Austausch mit der Elternschaft profitiert – und von einer hervorragenden Ausstattung. “Hier sind es nicht Lehrkräfte, die mit einer Stunde Abordnung das Netzwerk betreuen, sondern das machen echte ITler mit großem Herzblut und Engagement. Gemeinsam mit ihnen konnten wir schnell ein E-Learning-System aufsetzen und dafür sorgen, dass alle die notwendigen Programme zur Verfügung haben”, erzählt Susanne Christine Heß.
Für die Corona-Herausforderung war die Krisenmanagerin natürlich nicht besser gewappnet als irgendjemand anders. Aber immerhin hatte sie sich auf das Abenteuer Shanghai bestmöglich vorbereitet: Bei Reisen hatte sie gemeinsam mit ihrem Ehemann erste China-Luft geschnuppert. Aus Artikeln, Büchern und Dokumentationen hatte sie sich über Land und Leute informiert. Sie hat sich für eine Wohnung in der Shanghaier Innenstadt entschieden, geht in chinesischen Geschäften einkaufen und versucht neben dem Job Mandarin zu lernen, um nicht in einer “deutschen Blase” zu leben. Inzwischen versteht sie zum Beispiel, welchen Stellenwert Bildung und das Punktesammeln für einen guten Universitätsplatz in den Augen vieler chinesischer Eltern hat und wie schwer es ihnen fällt, das Stapeln von Bauklötzen in der Kita als Lernen zu betrachten.
Vom Leben außerhalb des Schulcampus ist die kinderlose Pädagogin jeden Tag von Neuem beeindruckt. Auch nach eineinhalb Jahren in Shanghai hat sie sich noch nicht daran gewöhnt, dass hier tagtäglich neue glitzernde Hochhäuser in den Himmel schießen, während Altstadtviertel scheinbar über Nacht geschlossen werden und zwei Straßenecken weiter zwei Menschen vor ihrem Laden sitzen und Mah-Jongg spielen. “Wer sich nicht auf den asiatischen Kulturraum einlässt”, ist die Schulleiterin überzeugt, “verpasst etwas”. Janna Degener-Storr
Miklas Hick ist von Daimler China zur Mercedes Benz AG nach Stuttgart zurückgegangen. In Peking hat er sich mit Kostenoptimierung bei Materialien beschäftigt. Am Heimatstandort kümmert er sich nun um Kostenplanung der Fahrgestellproduktion.
Sabrina Platzek ist bei BASF von Ludwigshafen nach Hongkong gewechselt. Sie ist dort Vice President im Bereich Fahrzeuglacke für die Region Asien-Pazifik. In der Zentrale war sie Business Director für Katalysesubstanzen für Raffinerien. Sie hat zuvor bereits Erfahrungen in den USA gesammelt.
Die feine englische Art ist es sicherlich nicht, mit welcher Geste sich dieser genervte Hongkong-Besucher nach seinem 13. Tag in Hotelquarantäne ablichten lässt. Der Ärger ist aber verständlich. Hongkongs Regierung hat am Dienstag bei Einreisenden die ohnehin strenge Quarantänezeit (nur Hotel-Quarantäne wird akzeptiert) von 7 auf 14 Tage verlängert. Der Grund: Eine Person war zwei Tage nach ihrer siebentägigen Hotelquarantäne positiv getestet worden. Hongkong verfolgt wie die meisten ostasiatischen Ländern eine Zero-Covid-Strategie. Diese ist aber wegen der besonders ansteckenden Delta-Variante immer schwerer einzuhalten.