ruinöse Rabattschlachten sind immer schlecht für die Autobranche. Die Margen sinken ins Bodenlose, während die Konsumenten schnell lernen, immer höhere Preisnachlässe zu verlangen.
In China unterbieten sich die Anbieter derzeit mit Rabatten – auch im alten Segment der Verbrenner, in dem die deutschen Anbieter ihr Geschäft machen. VW, BMW und Mercedes senken die Preise bisher zwar nur vorsichtig, schreibt Christian Domke Seidel. Doch der Trend verheißt nichts Gutes für das aufstrebende Geschäft mit E-Autos. Hier haben die Deutschen nämlich keinen Premium-Nimbus, der höhere Preise rechtfertigen würde.
Um Geld geht es auch in unserer Analyse zum Stand der chinesischen Ambitionen, die eigene Währung auf Weltklasseniveau zu heben. Das Thema beschäftigt den Finanzjournalismus bereits seit 20 Jahren; es ist eine Geschichte der kühnen Prognosen, die sich nicht alle bewahrheitet haben.
Doch der Yuan findet nun tatsächlich international immer mehr Verwendung – zwar nicht auf dem Niveau von Euro und Dollar, aber auf dem Niveau von Yen und Franken. Dazu trägt der Wunsch vieler Länder des Globalen Südens nach einer Alternative zum Dollar ebenso bei wie die wachsende Verflechtung Chinas mit deren Volkswirtschaften.
Der Handel in Yuan ist daher auch ein wichtiges Thema für den nächsten Gast bei Xi: Lula kommt. Der brasilianische Präsident hat sich inzwischen von seiner Lungenentzündung erholt. Er reist mit einer gewaltigen Delegation nach Peking, um die politischen und geschäftlichen Beziehungen zu festigen. Zeitgleich ist Annalena Baerbock in Peking. Das chinesische Protokoll muss am Anschlag arbeiten.
So etwas wie Alltag scheint es auf dem chinesischen Automarkt nicht zu geben. Auf Rekordjahre für Verbrenner folgte der Elektroautoboom. Der geriet mit der Pandemie und der Lieferkettenproblematik ins Straucheln. Kaum scheint diese wilde Zeit überwunden, versuchen sich die Hersteller jedweder Antriebsart mit Rabatten zu übertrumpfen. Chang’an Automobile gibt rund 5.800 Dollar Nachlass auf jedes Modell. Chery Automobile präsentierte ein Budget für Preisnachlässe von insgesamt 1,4 Milliarden Dollar. Und Dongfeng Motor bot seinen Citroën C6 mit 40 Prozent Nachlass (13.000 Dollar) an. Sie alle eint der Wunsch, auf einem umkämpften Markt Marktanteile zu gewinnen.
Die Konsumenten sind die Rabatte vom E-Auto-Markt gewohnt. Ein harter Konkurrenzkampf und großzügige Subventionen haben hier für lebendige Preisgestaltungen gesorgt. Noch bevor die Subventionen Anfang 2023 ausliefen, warben die Hersteller mit üppigen Preisnachlässen. Ein Trend, der jetzt auch bei den traditionellen Autos angekommen ist. “Die OEMs, die aus dem Verbrennerbereich kommen, wollen ihre Fahrzeuge weiter- und abverkaufen, bis sie die Produktion komplett umgestellt haben, soweit die Verbrenner-Linie nicht weiterläuft. Und das dauert noch einige Jahre”, erklärt Beatrix Frisch. Sie hat lange Jahre bei unterschiedlichen Autofirmen in China gearbeitet und ist jetzt Expertin für den Markt bei Car Future, der Beratungs- und Analysefirma von Ferdinand Dudenhöffer. Mit OEMs sind Autohersteller gemeint.
“Abverkaufen” auch deswegen, weil ab 1. Juli 2023 in China strengere Abgasnormen gelten. Bis dahin müssen viele bereits gebaute Modelle vom Hof sein. Auch, wenn die China Passenger Car Association (CPCA) bei der Kommunistischen Partei bereits beantragt hat, diese Regelung auf das Ende des Jahres zu verschieben.
Doch das Jahr 2023 begann statt mit üppigen Verkäufen mit einem Absatzschock. Im Januar und Februar sank der Verkauf um 19,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wobei es die Verbrenner (minus 29 Prozent) deutlich härter erwischte.
Auch der März begann mit einem Abschwung um acht Prozent in den ersten zwei Wochen nicht vielversprechend. “Es gibt sehr viele Einflüsse, die eine umfangreiche Preisreduktion auslösen und dann kommt es zu einem Kreislauf. Als Tesla angefangen hat, zogen andere nach”, so Marktexpertin Frisch. Das US-Unternehmen hatte allerdings auch allen guten Grund für die Rabatte. “Beim chinesischen Kunden spielt das Mandat der Regierung ‘buy Chinese’ eine große Rolle, was ein zusätzlicher Faktor in der Kaufentscheidung ist.”
Nicht jede Marke reagiert auf den Preisdruck. Europäische Hersteller halten sich aus den Preiskämpfen eher heraus, glaubt Frisch. “Sie wollen mit Qualität, Leistung und Beständigkeit überzeugen. Aber die Nervosität ist da, schließlich geht es um Marktanteile.”
Genau das könnte zu einem Problem werden. Aktuell gibt es in China genau genommen zwei Automärkte. Den der Verbrenner, der noch etwa 70 Prozent des Absatzes ausmacht. Und den der New Energy Vehicle (NEV), der 30 Prozent ausmacht. Doch die Anteile verschieben sich aktuell massiv zugunsten der NEV. Branchenbeobachter gehen davon aus, dass der NEV-Markt im Jahr 2023 um rund 30 Prozent wachsen wird, während die Verbrenner bestenfalls auf eine Stagnation hoffen können. Die europäischen Hersteller sind also auf einem Markt stark, der mittel- und langfristig an Bedeutung verlieren wird.
Der Verbrenner verschwindet auf Wunsch der Kommunistischen Partei, wie Frisch betont. Sollten die Rabatte bei den Verbrennern dazu führen, dass diese in China eine Renaissance erleben, könnte die Politik schnell eingreifen. “In China ist es beinahe üblich, dass die Regierung über Nacht Gesetze oder Subventionen verabschiedet, wenn sich der Markt nicht planmäßig entwickelt. Sollte es zu einem Einbruch auf dem E-Automarkt kommen, könnte das wieder passieren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Regierung dabei zuschaut, wie Verbrenner Marktanteile zurückgewinnen.”
Anders verhalten sich die Rabatte auf dem E-Auto-Markt. Hier verzichten die Hersteller für wachsende Marktanteile auf höhere Margen. Oder gleich ganz auf Gewinne. Weder Nio noch Xpeng konnten beispielsweise Gewinne erwirtschaften. Die aktuellen Rabatte seien deswegen für diese Firmen kein Problem. Sie würden die Quartalsberichte nicht in einer Höhe belasten, die relevant für Stake- und Sharholder sei. “Die Rabatte sind bei den NEV-Marken eingepreist. Es geht aktuell weniger darum, Gewinne zu schreiben als vielmehr darum zu zeigen, dass man Fahrzeuge bauen kann, die in den Export können und technisch auf höchstem Niveau sind.”
E-Auto-Angebote auf höchstem technischen Niveau sind die deutschen Hersteller auf dem chinesischen Automarkt bislang aber schuldig geblieben. Zwar können die Autos fahrtechnisch mithalten, technologisch aber nicht. Entsprechend werden die Marken aus dem VW-Konzern, von BMW und Mercedes nicht als Hersteller von NEV wahrgenommen. Diese Positionierung müssten die Marken dringend nachholen, betont Frisch. “Bei den vielen Start-ups in China geht es darum, als NEV-Anbieter etabliert und anerkannt zu sein. Da gibt es noch viel aufzuholen. In westlichen Märkten ist das einfacher, weil die OEMs dort einen anderen Status haben und wir mit weniger Start-ups zu tun haben, da die etablierten OEMs NEV auf den Markt bringen.”
Die aktuellen Nachlässe könnten auch eine Marktbereinigung einleiten, glaubt Xiao Yong, Geschäftsführer bei Aion. Das ist eine E-Auto-Marke von GAC. Gegenüber Caixin Global verstieg er sich gar zu der Aussage, dass Unternehmen, die jetzt keine Rabatte geben würden, vom Markt verschwinden. Dem stimmt Zhu Huarong, Geschäftsführer von Chang’an Auto, zu. In den kommenden drei bis fünf Jahren würden 80 Prozent der Hersteller, die Verbrenner produzieren, vom Markt verschwinden.
Horrorszenarien, mit denen Frisch wenig anfangen kann. “Eine Marktbereinigung wünscht sich der Staat schon seit der ersten Automotive Policy von 1997. Auch 2009, 2012 und 2015 propagandierte die Regierung in den entsprechenden Policies immer wieder, wer die führenden OEMs sind – das wurde somit beinahe vordefiniert. Wirklich eingestellt hat sich davon nichts.”
Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva lässt sich nach China von einer beeindruckenden Delegation begleiten: Insgesamt sieben Minister, fünf Gouverneure und mehr als 200 Unternehmer und Manager sind mit ihm für den fünftägigen Staatsbesuch in die Volksrepublik geflogen. Brasilia möchte die Zusammenarbeit mit Peking auf ein neues Niveau heben.
Erste Tendenzen dazu gibt es bereits: In Brasilien ist inzwischen der Yuan mit einem Anteil von 5,37 Prozent nach dem Dollar die zweitwichtigste Reservewährung – noch vor dem Euro mit 4,74 Prozent. Auch deshalb haben Brasilien und China kürzlich entschieden, ihren Handel direkt in Yuan abzuwickeln.
Der Yuan als Wettbewerber zum US-Dollar bekommt immer mehr Aufwind. Denn der Wunsch nach einer Alternative zum US-Dollar wird größer unter den aufsteigenden Ländern. Dafür gibt es zwei Gründe: Es ist billiger, den Handel zwischen zwei Ländern direkt oder über den Yuan abzuwickeln. Und: Man ist nicht nur von einer dominanten Währung abhängig. “Der Dollar spielt eine bei weitem zu dominante Rolle im globalen Finanzsystem”, sagt denn auch der britische Ökonom Jim O’Neill, der den Begriff BRICS für die damals aufstrebenden Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika vor mehr als 20 Jahren erfunden hat.
Diese zwei Gründe machen es sehr wahrscheinlich, dass eine zweite Weltwährung entsteht. Der Yuan und nicht etwa der Euro hat dafür die größte Chance. Peking ist in diesem Bestreben schon seit Jahren sehr viel aktiver als die Europäer mit dem Euro. Nun fährt Peking anlässlich des offiziell am Donnerstag beginnenden Staatsbesuchs von Präsident Lula in China die Ernte ein.
Der Handel der beiden Länder beträgt 170 Milliarden Dollar. Die brasilianische Banco BOCOM BBM hat angekündigt, von jetzt an das China Interbank Payment System (CIPS) zu benutzten, das 2015 gegründet wurde. SWIFT hingegen wurde 1973 in Brüssel gegründet und dominiert seitdem das Weltfinanzsystem auf Basis des US-Dollars. Allerdings sind beide Systeme nur bedingt vergleichbar. Das CIPS vollzieht und rechnet Transaktionen in RMB ab. SWIFT hingegen ist ein Nachrichten-Protokoll, das Banken verbindlich miteinander kommunizieren lässt. CIPS braucht also am Ende auch noch SWIFT.
Dass China ein eigenes SWIFT schaffen wird, gilt als sehr wahrscheinlich. SWIFT wird von 11.000 Institutionen in 200 Ländern benutzt. CIPS von 1.200 Institutionen in 103 Ländern. Mehr als 30 Länder wickeln bereits ihre Handelsgeschäfte in Yuan ab, Russland seit Anfang dieses Jahres aufgrund der westlichen Sanktionen notgedrungen komplett. Der Yuan ist in Russland nun die meist gehandelte Währung.
Der Iran, gegen den der Westen ebenfalls Sanktionen verhängt hat, verlässt sich schon länger auf den Yuan. Iran ist der viertgrößte Ölhersteller der Welt, mit einem Anstieg von Exporten von Öl und Gas im vergangenen Jahr um 35 Prozent – trotz der Strafmaßnahmen. Auch Länder wie die Vereinigten Arabischen Emirate, Indien, Singapur, Venezuela, Türkei, Indonesien oder Weißrussland wickeln immer mehr Handel in Yuan ab.
Zuletzt erreichte die chinesische Währung einen weiteren Meilenstein: Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman und Xi Jinping haben sich jüngst geeinigt, dass die Saudis einen Teil ihres Öls in Yuan an die Chinesen verkaufen. Allerdings steht die Menge noch nicht fest.
Die Saudis sind der größte Ölexporteur der Welt, die Chinesen ihre besten Kunden. Sie kaufen 25 Prozent des saudischen Öls im Wert von rund 25 Milliarden Dollar pro Jahr. Die Saudis wiederum importieren Waren aus China im Wert von gut 30 Milliarden Dollar. Damit ist es also durchaus realistisch, alles in Yuan abzuwickeln, ohne dass Saudi-Arabien Berge von Yuan anhäufen müsste – eine Währung, die zwar stabil, aber noch nicht frei handelbar ist.
Mit dem Saudi-Deal geht eine Epoche zu Ende, die in den 1970er-Jahren begann, als sich die Saudis fest an den US-Dollar gebunden hatten. Damals waren die USA ihr größter Kunde. Sie kauften 1977 rund 70 Prozent ihres Öls von der OPEC, dem von den Saudis angeführten Kartell. 2020 waren es noch elf Prozent. Mit dem eigenen Fracking-Öl sind die USA inzwischen einer der größten Wettbewerber der Saudis als Ölverkäufer. Auch deswegen wird die Beziehung schwächer.
Doch auch die Chinesen mischen stärker im internationalen Ölgeschäft mit: Ende März hat die französische Total Energies ein Yuan-Geschäft mit der China National Offshore Oil Corporation (CNOOC), Chinas größtem Gas und Ölhersteller über den Shanghai Petroleum and Natural Gas Exchange (SHPGX), abgewickelt: 65.000 Tonnen Flüssiggas aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Es ist der erste internationale LNG-Deal überhaupt, der in Yuan abgewickelt wird.
Die Gouverneure der ASEAN-Zentralbanken und die Finanzminister haben sich Ende März dafür ausgesprochen, ihren Handel nicht mehr in Dollar, Euro oder japanischem Yen abzuwickeln, sondern in ihren eigenen Währungen. Der Yuan soll dabei eine zentrale Rolle spielen, denn China ist der wichtigste Handelspartner von ASEAN. Malaysia, Singapur, die Philippinen und Thailand hatten sich bereits vergangenen November darauf geeinigt.
Gleichzeitig hat der malaysische Premierminister Anwar Ibrahim gemeinsam mit China kürzlich eine Initiative gestartet, um einen asiatischen Währungsfonds zu gründen. Währenddessen haben sich Indien und Malaysia ebenfalls Ende März darauf geeinigt, ihre Handelsgeschäfte auch in indischen Rupie abzuwickeln. Das Gleiche gilt für die Geschäfte Indiens mit Russland. Delhi hat ein Rubel-Rupie-Handelssystem eröffnet.
Indien hat seit Beginn des Ukraine-Krieges seinen Anteil an russischen Ölimporten von einem Prozent auf 35 Prozent erhöht. Die regionalen Währungsswaps in Asien nehmen zu. Das ist ein rechtsverbindlicher Vertrag zwischen zwei Parteien, um zwei Währungen zu einem späteren Zeitpunkt und zu einem bereits zuvor festgelegten Wechselkurs, umzutauschen. ASEAN plus China, Japan und Südkorea vollziehen bereits Swaps im Wert 380 Milliarden Dollar pro Jahr. All das geht auf Kosten des US-Dollars, und der größte Gewinner ist der Yuan. Die weltweiten Handelsgeschäfte in Yuan sind im vergangenen Jahr um 37 Prozent gestiegen.
Trotzdem spielt der Yuan im Vergleich zum Dollar vom Volumen her nach wie vor noch eine kleine Rolle. 88 Prozent des Währungshandels finden noch immer in US-Dollar statt. In der Statistik des Zahlungsabwicklers SWIFT kommt der Yuan auf Platz fünf nach dem japanischen Yen, dem britischen Pfund, Euro und Dollar. Die chinesische Währung hat einen Anteil von gut zwei Prozent.
Der Dollar-Anteil an globalen Währungsreserven, der Goldstandard einer Weltwährung, ist zwar von 72 Prozent zu Beginn des Jahrhunderts auf nun erstmals unter 60 Prozent gesunken, aber dominiert noch immer. Der Yuan liegt hingegen bei knapp drei Prozent hinter dem Euro (20 Prozent), dem Yen und dem britischen Pfund. Gemessen am chinesischen Anteil an der Weltwirtschaft ist der chinesische Yuan also stark unterbewertet.
An der Kaufkraft gemessen hat China einen Anteil von 34 Prozent, während die EU nur einen Anteil von 14 Prozent. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass der Yuan – nun, da die politischen Bedingungen für Peking günstiger denn je sind – zügig aufholt. Peking weiß natürlich, dass sie nicht die Mehrheit der Weltwährungsreserven zu stellen brauchen, um die Rahmenbedingungen des Weltfinanzsystems bestimmen zu können: Als 1944 das US-Dollar-dominierte Währungssystem in Bretton Woods gegründet wurde, hatten die USA nur vier Milliarden US-Dollar an Weltreserven, während das British Empire als alte Weltmacht noch über zehn Milliarden US-Dollar besaßen.
Präsident Lula jedenfalls will den Yuan als alternative Weltwährung unbedingt haben. Es ist kein Zufall, dass Dilma Rousseff, die ihm 2011 als Präsidentin Brasiliens gefolgt ist, kürzlich Chefin der in Shanghai ansässigen New Development Bank geworden ist. Diese wird auch die BRICS-Bank genannt. Für die BRICS-Länder ist der Yuan perspektivisch die zentrale globale Währung.
China Strategie 2023. 3 Stunden, 3 Sessions, 30 Köpfe aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Table.Media beleuchtet am 25. April China als Wettbewerber, Rivale und Partner. Die Digital-Konferenz schafft mitten in der aktuellen Debatte Orientierung für Entscheiderinnen und Entscheider.
Im Konflikt mit Taiwan plant die Führung in Peking Insidern zufolge eine zeitweilige Flugverbotszone einzurichten. Eine solche Maßnahme für den Luftraum nördlich von Taiwan sei für den Zeitraum vom 16. bis zum 18. April vorgesehen, sagten mehrere mit den Plänen vertraute Personen am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. Sie könne den Flugverkehr in der Region massiv beeinträchtigen.
Einer der Insider sagte, das Flugverbot werde 60 bis 70 Prozent der Flüge zwischen Nordostasien und Südostasien sowie Flüge zwischen Taiwan und Südkorea, Japan und Nordamerika betreffen. Das taiwanische Verteidigungsministerium erklärte, China plane eine Flugverbotszone etwa 85 Seemeilen nördlich der Insel. Die Sperrungen würden in die sogenannte Identifikationszone der taiwanischen Luftverteidigung fallen. Japan teilte mit, China habe Japan über die Einrichtung einer Flugverbotszone in dem Zeitraum unterrichtet und erklärt, es gehe dabei um Luft- und Raumfahrtaktivitäten. rtr/flee
Das Hafenterminal Tollerort in Hamburg, an dem sich der chinesische Staatskonzern Cosco beteiligen will, wurde Anfang des Jahres offenbar als kritische Infrastruktur eingeordnet. Das berichtete die Süddeutsche Zeitung aus gemeinsamen Recherchen mit NDR und WDR. Eine Sprecherin der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) hat demnach mitgeteilt, das Terminal sei in Abstimmung mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) als “Betrieb einer Umschlaganlage in See- und Binnenhäfen mit einer Frachtmenge von 3,27 Millionen Tonnen pro Jahr” und damit als kritische Infrastruktur registriert worden. Am Tollerort liege der jährliche Umschlag über diesem Wert. Das BSI selbst hat sich dem Bericht zufolge zunächst nicht dazu geäußert.
Der Vorgang wirft die Frage auf, wie sich die Neueinordnung auf den Cosco-Einstieg auswirken könnte: Eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte am Mittwoch in Berlin, da sich die Voraussetzungen geändert hätten, prüfe das Ministerium die Auswirkungen auf den Sachverhalt. Das Wirtschaftsministerium kann unter bestimmten Umständen den Einstieg eines Investors aus einem Nicht-EU-Staat untersagen, wenn es kritische Infrastruktur betreibt. Die Einstufung bedeutet jedoch nicht, dass das Geschäft automatisch untersagt wird.
Nach mehr als einem Jahr Verhandlung hatte sich die HHLA im Januar noch optimistisch zum Deal mit Cosco geäußert. Man sei mit der “Klärung letzter Details” befasst gewesen. Cosco wollte eigentlich 35 Prozent der Anteile an Tollerort erwerben. Am Ende setzte Bundeskanzler Olaf Scholz gegen den Widerstand mehrerer Ministerien durch, dass Cosco sich mit 24,9 Prozent beteiligen dürfe – also keine Sperrminorität bekommen darf. Dazu war eine “Teiluntersagung” nötig. Seither ist offen, ob eine solche Beteiligung für Cosco noch attraktiv ist. ari
Eigentlich wollte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Donnerstag in Peking ankommen. Doch wegen einer Corona-Infektion hat er seine Reise abgesagt. Er sei positiv auf Covid-19 getestet worden und müsse die Reise deshalb verschieben, schrieb Borrell auf Twitter. Es gehe ihm gut und er habe keine Symptome. Borrell wollte bis Samstag in Peking bleiben und unter anderem den obersten Außenpolitiker Wang Yi sowie Außenminister Qin Gang treffen. Wann die Reise nachgeholt wird, ist bislang unklar. Am Donnerstag kommt Bundesaußenministerin Annalena Baerbock in der chinesischen Hauptstadt an.
Die Reise von Borrell wäre im aktuellen Spannungsfeld der Taiwan-Debatte innerhalb der EU erfolgt. Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hatte während seiner China-Reise ein eigenständigeres Handeln Europas im Taiwan-Konflikt gefordert und zugleich angedeutet, Europa könnte Taiwan bei einem Angriff der Volksrepublik womöglich nicht zur Seite stehen. Macron erntete dafür Kritik.
Unterstützende Worte für Macrons Position äußerte nun EU-Ratschef Charles Michel. Macron habe die Verbundenheit mit den USA betont, sagte Michel in einem Interview mit der französischen Fernsehsendung La Faute à l’Europe. “Aber wenn dieses Bündnis annimmt, dass wir blind und systematisch der amerikanischen Position zu allen Themen folgen, dann nein”, sagte der Belgier. Zur Frage der Beziehung zu Washington gebe es “offensichtlich unterschiedliche Empfindlichkeiten am Tisch des Europäischen Rates”. Einige würden dasselbe wie Macron denken, erklärte der EU-Ratschef. Diese sind der Einschätzung Michels zufolge allerdings in der Minderheit.
Macron stand auch nach dem Diplomatie-Beben zu seiner Aussage. Der französische Präsident entschuldige sich nicht für Aussagen, erklärte ein hochrangiger französischer Diplomat am Mittwoch gegenüber Reportern. Was Macron gesagt habe, sei klar und seine Position zu Taiwan und China habe sich nicht geändert, fügte der Diplomat hinzu. Macron selbst verteidigte sich bei einer Pressekonferenz in Amsterdam: “Ein Verbündeter zu sein bedeutet nicht, ein Vasall zu sein”, sagte Macron auf eine Frage nach dem Verhältnis zu den USA. “Es bedeutet nicht, dass wir nicht das Recht haben, für uns selbst zu denken”, sagte Macron. ari/rtr
Taiwans Regierungspartei hat den amtierenden Vizepräsidenten William Lai Ching-te als Präsidentschaftskandidaten nominiert. Das Zentrale Exekutivkomitee der Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) gab bekannt, dass Lai die Partei bei der Wahl des Nachfolgers von Präsidentin Tsai Ing-wen vertreten wird.
Tsai kann im Mai nächsten Jahres nach acht Jahren im Amt nicht wieder kandidieren. Wirtschaft und Sicherheit gehörten untrennbar zusammen, sagte Lai in seiner Rede zur Kandidatur am Mittwoch. “Taiwans Hightech-Industrien, angeführt von Halbleiterunternehmen, sind unser Stolz”, sagte Lai. “Taiwan kann dazu beitragen, widerstandsfähigere und transparentere Lieferketten zu schaffen.”
Ein Sieg Lais mit der regierenden DPP würde bedeuten, dass erstmals dieselbe Partei die höchste Position in Taiwan für mehr als zwei Amtszeiten besetzt, seit 1996 demokratische Wahlen für die Präsidentschaft eingeführt wurden. Außerdem ist seither noch nie ein Vizepräsident Taiwans auch Staatsoberhaupt geworden.
Lai trat im Januar die Nachfolge von Tsai als Parteivorsitzender an. Der 63-Jährige wurde im heutigen Neu-Taipeh geboren und gab seine Arztpraxis für den öffentlichen Dienst auf. Lai war zunächst Abgeordneter in der Nationalversammlung, dann Bürgermeister der südlichen Stadt Tainan. Zwischen 2017 und 2019 diente er als Premier unter Tsai. Die Oppositionspartei KMT muss ihren Kandidaten noch bekannt geben. Parteivorsitzender Eric Chu, der Bürgermeister von Neu-Taipeh, Hou You-yi, und der Vorsitzende von Foxconn, Terry Gou, werden als mögliche Anwärter angesehen. rtr/ari
In China ist erstmals ein Mensch an einer seltenen Form der Vogelgrippe gestorben. Die 56-jährige Frau aus der südlichen Provinz Guangdong war überhaupt erst der dritte Mensch, der sich mit dem Subtyp H3N8 der Vogelgrippe infizierte, teilte die Weltgesundheitsorganisation WHO mit.
Alle diese Fälle traten in China auf, wobei die ersten beiden Fälle bereits im vergangenen Jahr gemeldet wurden. Das Zentrum für Seuchenkontrolle und -prävention der Provinz Guangdong hatte die dritte Infektion Ende vergangenen Monats bekannt gegeben, machte aber keine Angaben zum Tod der Frau. Diese hatte nach Angaben der WHO mehrere Vorerkrankungen und war in der Vergangenheit mit lebendem Geflügel in Kontakt gekommen.
Sporadische Infektionen von Menschen mit Vogelgrippe sind in China nicht unüblich, da dort Vogelgrippeviren in großen Geflügel- und Wildvogelpopulationen weit verbreitet sind. H3N8 gehört zu den am häufigsten bei Vögeln vorkommenden Subtypen, ruft bei diesen aber kaum oder gar keine Krankheitsanzeichen hervor. Bekannt sind auch Fälle einer Übertragung auf Säugetiere wie Hunde und Pferde.
Nach Angaben der WHO überträgt sich das Virus aber wohl nicht leicht unter Menschen. Das Risiko einer Ausbreitung auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene werde daher als gering eingeschätzt. Da sich Influenzaviren jedoch ständig weiterentwickelten, sei eine weltweite Überwachung nötig, um Veränderungen bei Influenzaviren zu erkennen, die die Gesundheit beeinträchtigen könnten. rtr/flee
China weitet Exportbeschränkungen für kritische Mineralien, die für die grüne Energiewende benötigt werden, laut einem OECD-Bericht aus. Bis Ende 2020 sind demnach mehr als 13.000 Ausfuhrbeschränkungen umgesetzt worden, was einer Verfünffachung in etwas mehr als einem Jahrzehnt entspricht. Ein Zehntel des gesamten Welthandels sei von mindestens einer solcher Beschränkung betroffen, hieß es in dem OECD-Bericht. Nach den bisher verfügbaren Analysen wurden dem Bericht zufolge ab 2020 nochmals vermehrt Beschränkungen eingeführt. Bis 2020 hatte Peking beispielsweise die Exportbeschränkungen für Lithium, Kobalt oder Mangan deutlich erhöht. Diese kritischen Rohstoffe werden für Elektroautos und erneuerbare Energien benötigt. Die EU hatte Mitte März eine eigene Strategie vorgelegt, um besser auf das Wettrennen um kritische Rohstoffe reagieren zu können. ari
Als sich Patrick Köllner 1995 auf eine Position als wissenschaftlicher Referent für die Innenpolitik Japans am damaligen Institut für Asienkunde bewarb, wollte er eigentlich nur für zwei bis drei Jahre bleiben. Gut 27 Jahre später ist der gebürtige Hamburger immer noch am “German Institute for Global and Area Studies” (GIGA) aktiv, inzwischen als Vize-Präsident des GIGA und Direktor des Instituts für Asien-Studien (IAS).
Ein Alleinstellungsmerkmal des GIGA sei, dass es sich um ein Forschungsinstitut mit Think-Tank-Funktionen handelt, berichtet Köllner. Heißt: Forschung und Einwirkung auf wissenschaftliche Diskurse bilden den Kern der Institutsarbeit. Gleichzeitig spielen aber auch Wissenstransfer in die breitere Gesellschaft und der Austausch mit politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträgern eine wichtige Rolle, erklärt Köllner, der auch eine Professur für Politikwissenschaft mit Fokus Asien an der Universität in Hamburg innehat. Die Möglichkeit, all diese Aspekte zu verbinden, das mache seine Arbeit bis heute spannend.
Köllner studiert ab 1988 zunächst Verwaltungswissenschaft in Konstanz, anschließend verschlägt es ihn nach Essex in Großbritannien, wo er Japan in den Fokus seines Studiums rückt. Sein Interesse für Asien beruht auf der Faszination für japanische Kunst und Kultur, auch die Rolle des Landes als rasanter Aufsteiger in den Achtzigerjahren begeistert ihn. Es folgen eine Promotion über Südkoreas Management technologischer Abhängigkeit von Japan an der Berliner Humboldt-Universität und eine Habilitation in Trier.
Ein Schwerpunkt seiner Forschung – und des GIGA im Allgemeinen – ist die vergleichende Analyse politischer Entwicklungen. Das Ziel: lokale Perspektiven besser verstehen und die Ursachen von Gemeinsamkeiten und Unterschieden erkennen. So verfolgen zum Beispiel Australien und Neuseeland, die aus deutscher Sicht gerne zusammengedacht werden, keine identische Politik gegenüber China – als kleine Macht sei Neuseeland mehr auf Ausgleich bedacht, berichtet Köllner. Die Mittelmacht Australien hingegen sei fest in das Allianzsystem der USA eingebunden. Ebenso würden die Pazifikstaaten allzu oft im Kontext des Großmächtewettbewerbs betrachtet. Vor Ort wird jedoch der globale Klimawandel als die größere Bedrohung angesehen.
Die Bedeutung von Geopolitik hat in den vergangenen Jahren enorm zugenommen, erläutert Köllner. Bis vor kurzem habe man sich in Deutschland mit dem Begriff “Strategien” sehr schwergetan, außer in Unternehmen. Inzwischen werde überall über geopolitische Strategien gesprochen – ein dramatischer Wandel.
Wichtig sei aber auch, “nicht alles nur noch durch die geopolitische Linse zu betrachten”, betont der Wissenschaftler. Denn es gebe viele globale Themen und Herausforderungen, wie Biodiversität, Klimawandel und Pandemien, für die es eine Kooperation mit der größtmöglichen Anzahl an Partnern braucht, inklusive China. Partnerschaft basiere allerdings auf Gegenseitigkeit. Clemens Ruben
Lukas Kellner ist seit Beginn des Monats Senior Buyer bei Mercedes-Benz China in Peking. Er war zuvor in verschiedenen Positionen bei Mercedes in Deutschland tätig.
Yuan Du ist neuer Global IT Implementation Manager bei DB Schenker. Er war zuvor bei EDI Project Manager bei Bahag Accounting.
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Nein, kein traditioneller Tempel irgendwo im historischen Henan, sondern Teil des Zoos in Memphis, Tennessee: Anlässlich der 20-jährigen Partnerschaft des US-Zoos mit der Chinese Association of Zoological Gardens trat das Tennessee Happy Kung-Fu-Team in dem US-Südstaat auf. Die Tempelanlage ist denn auch nicht aus Holz und Stein gebaut, sondern aus aufgesprühtem Beton. Zugegeben: So viel anders konstruiert sind einige Tempelanlagen in Henan heutzutage auch nicht.
ruinöse Rabattschlachten sind immer schlecht für die Autobranche. Die Margen sinken ins Bodenlose, während die Konsumenten schnell lernen, immer höhere Preisnachlässe zu verlangen.
In China unterbieten sich die Anbieter derzeit mit Rabatten – auch im alten Segment der Verbrenner, in dem die deutschen Anbieter ihr Geschäft machen. VW, BMW und Mercedes senken die Preise bisher zwar nur vorsichtig, schreibt Christian Domke Seidel. Doch der Trend verheißt nichts Gutes für das aufstrebende Geschäft mit E-Autos. Hier haben die Deutschen nämlich keinen Premium-Nimbus, der höhere Preise rechtfertigen würde.
Um Geld geht es auch in unserer Analyse zum Stand der chinesischen Ambitionen, die eigene Währung auf Weltklasseniveau zu heben. Das Thema beschäftigt den Finanzjournalismus bereits seit 20 Jahren; es ist eine Geschichte der kühnen Prognosen, die sich nicht alle bewahrheitet haben.
Doch der Yuan findet nun tatsächlich international immer mehr Verwendung – zwar nicht auf dem Niveau von Euro und Dollar, aber auf dem Niveau von Yen und Franken. Dazu trägt der Wunsch vieler Länder des Globalen Südens nach einer Alternative zum Dollar ebenso bei wie die wachsende Verflechtung Chinas mit deren Volkswirtschaften.
Der Handel in Yuan ist daher auch ein wichtiges Thema für den nächsten Gast bei Xi: Lula kommt. Der brasilianische Präsident hat sich inzwischen von seiner Lungenentzündung erholt. Er reist mit einer gewaltigen Delegation nach Peking, um die politischen und geschäftlichen Beziehungen zu festigen. Zeitgleich ist Annalena Baerbock in Peking. Das chinesische Protokoll muss am Anschlag arbeiten.
So etwas wie Alltag scheint es auf dem chinesischen Automarkt nicht zu geben. Auf Rekordjahre für Verbrenner folgte der Elektroautoboom. Der geriet mit der Pandemie und der Lieferkettenproblematik ins Straucheln. Kaum scheint diese wilde Zeit überwunden, versuchen sich die Hersteller jedweder Antriebsart mit Rabatten zu übertrumpfen. Chang’an Automobile gibt rund 5.800 Dollar Nachlass auf jedes Modell. Chery Automobile präsentierte ein Budget für Preisnachlässe von insgesamt 1,4 Milliarden Dollar. Und Dongfeng Motor bot seinen Citroën C6 mit 40 Prozent Nachlass (13.000 Dollar) an. Sie alle eint der Wunsch, auf einem umkämpften Markt Marktanteile zu gewinnen.
Die Konsumenten sind die Rabatte vom E-Auto-Markt gewohnt. Ein harter Konkurrenzkampf und großzügige Subventionen haben hier für lebendige Preisgestaltungen gesorgt. Noch bevor die Subventionen Anfang 2023 ausliefen, warben die Hersteller mit üppigen Preisnachlässen. Ein Trend, der jetzt auch bei den traditionellen Autos angekommen ist. “Die OEMs, die aus dem Verbrennerbereich kommen, wollen ihre Fahrzeuge weiter- und abverkaufen, bis sie die Produktion komplett umgestellt haben, soweit die Verbrenner-Linie nicht weiterläuft. Und das dauert noch einige Jahre”, erklärt Beatrix Frisch. Sie hat lange Jahre bei unterschiedlichen Autofirmen in China gearbeitet und ist jetzt Expertin für den Markt bei Car Future, der Beratungs- und Analysefirma von Ferdinand Dudenhöffer. Mit OEMs sind Autohersteller gemeint.
“Abverkaufen” auch deswegen, weil ab 1. Juli 2023 in China strengere Abgasnormen gelten. Bis dahin müssen viele bereits gebaute Modelle vom Hof sein. Auch, wenn die China Passenger Car Association (CPCA) bei der Kommunistischen Partei bereits beantragt hat, diese Regelung auf das Ende des Jahres zu verschieben.
Doch das Jahr 2023 begann statt mit üppigen Verkäufen mit einem Absatzschock. Im Januar und Februar sank der Verkauf um 19,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wobei es die Verbrenner (minus 29 Prozent) deutlich härter erwischte.
Auch der März begann mit einem Abschwung um acht Prozent in den ersten zwei Wochen nicht vielversprechend. “Es gibt sehr viele Einflüsse, die eine umfangreiche Preisreduktion auslösen und dann kommt es zu einem Kreislauf. Als Tesla angefangen hat, zogen andere nach”, so Marktexpertin Frisch. Das US-Unternehmen hatte allerdings auch allen guten Grund für die Rabatte. “Beim chinesischen Kunden spielt das Mandat der Regierung ‘buy Chinese’ eine große Rolle, was ein zusätzlicher Faktor in der Kaufentscheidung ist.”
Nicht jede Marke reagiert auf den Preisdruck. Europäische Hersteller halten sich aus den Preiskämpfen eher heraus, glaubt Frisch. “Sie wollen mit Qualität, Leistung und Beständigkeit überzeugen. Aber die Nervosität ist da, schließlich geht es um Marktanteile.”
Genau das könnte zu einem Problem werden. Aktuell gibt es in China genau genommen zwei Automärkte. Den der Verbrenner, der noch etwa 70 Prozent des Absatzes ausmacht. Und den der New Energy Vehicle (NEV), der 30 Prozent ausmacht. Doch die Anteile verschieben sich aktuell massiv zugunsten der NEV. Branchenbeobachter gehen davon aus, dass der NEV-Markt im Jahr 2023 um rund 30 Prozent wachsen wird, während die Verbrenner bestenfalls auf eine Stagnation hoffen können. Die europäischen Hersteller sind also auf einem Markt stark, der mittel- und langfristig an Bedeutung verlieren wird.
Der Verbrenner verschwindet auf Wunsch der Kommunistischen Partei, wie Frisch betont. Sollten die Rabatte bei den Verbrennern dazu führen, dass diese in China eine Renaissance erleben, könnte die Politik schnell eingreifen. “In China ist es beinahe üblich, dass die Regierung über Nacht Gesetze oder Subventionen verabschiedet, wenn sich der Markt nicht planmäßig entwickelt. Sollte es zu einem Einbruch auf dem E-Automarkt kommen, könnte das wieder passieren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Regierung dabei zuschaut, wie Verbrenner Marktanteile zurückgewinnen.”
Anders verhalten sich die Rabatte auf dem E-Auto-Markt. Hier verzichten die Hersteller für wachsende Marktanteile auf höhere Margen. Oder gleich ganz auf Gewinne. Weder Nio noch Xpeng konnten beispielsweise Gewinne erwirtschaften. Die aktuellen Rabatte seien deswegen für diese Firmen kein Problem. Sie würden die Quartalsberichte nicht in einer Höhe belasten, die relevant für Stake- und Sharholder sei. “Die Rabatte sind bei den NEV-Marken eingepreist. Es geht aktuell weniger darum, Gewinne zu schreiben als vielmehr darum zu zeigen, dass man Fahrzeuge bauen kann, die in den Export können und technisch auf höchstem Niveau sind.”
E-Auto-Angebote auf höchstem technischen Niveau sind die deutschen Hersteller auf dem chinesischen Automarkt bislang aber schuldig geblieben. Zwar können die Autos fahrtechnisch mithalten, technologisch aber nicht. Entsprechend werden die Marken aus dem VW-Konzern, von BMW und Mercedes nicht als Hersteller von NEV wahrgenommen. Diese Positionierung müssten die Marken dringend nachholen, betont Frisch. “Bei den vielen Start-ups in China geht es darum, als NEV-Anbieter etabliert und anerkannt zu sein. Da gibt es noch viel aufzuholen. In westlichen Märkten ist das einfacher, weil die OEMs dort einen anderen Status haben und wir mit weniger Start-ups zu tun haben, da die etablierten OEMs NEV auf den Markt bringen.”
Die aktuellen Nachlässe könnten auch eine Marktbereinigung einleiten, glaubt Xiao Yong, Geschäftsführer bei Aion. Das ist eine E-Auto-Marke von GAC. Gegenüber Caixin Global verstieg er sich gar zu der Aussage, dass Unternehmen, die jetzt keine Rabatte geben würden, vom Markt verschwinden. Dem stimmt Zhu Huarong, Geschäftsführer von Chang’an Auto, zu. In den kommenden drei bis fünf Jahren würden 80 Prozent der Hersteller, die Verbrenner produzieren, vom Markt verschwinden.
Horrorszenarien, mit denen Frisch wenig anfangen kann. “Eine Marktbereinigung wünscht sich der Staat schon seit der ersten Automotive Policy von 1997. Auch 2009, 2012 und 2015 propagandierte die Regierung in den entsprechenden Policies immer wieder, wer die führenden OEMs sind – das wurde somit beinahe vordefiniert. Wirklich eingestellt hat sich davon nichts.”
Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva lässt sich nach China von einer beeindruckenden Delegation begleiten: Insgesamt sieben Minister, fünf Gouverneure und mehr als 200 Unternehmer und Manager sind mit ihm für den fünftägigen Staatsbesuch in die Volksrepublik geflogen. Brasilia möchte die Zusammenarbeit mit Peking auf ein neues Niveau heben.
Erste Tendenzen dazu gibt es bereits: In Brasilien ist inzwischen der Yuan mit einem Anteil von 5,37 Prozent nach dem Dollar die zweitwichtigste Reservewährung – noch vor dem Euro mit 4,74 Prozent. Auch deshalb haben Brasilien und China kürzlich entschieden, ihren Handel direkt in Yuan abzuwickeln.
Der Yuan als Wettbewerber zum US-Dollar bekommt immer mehr Aufwind. Denn der Wunsch nach einer Alternative zum US-Dollar wird größer unter den aufsteigenden Ländern. Dafür gibt es zwei Gründe: Es ist billiger, den Handel zwischen zwei Ländern direkt oder über den Yuan abzuwickeln. Und: Man ist nicht nur von einer dominanten Währung abhängig. “Der Dollar spielt eine bei weitem zu dominante Rolle im globalen Finanzsystem”, sagt denn auch der britische Ökonom Jim O’Neill, der den Begriff BRICS für die damals aufstrebenden Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika vor mehr als 20 Jahren erfunden hat.
Diese zwei Gründe machen es sehr wahrscheinlich, dass eine zweite Weltwährung entsteht. Der Yuan und nicht etwa der Euro hat dafür die größte Chance. Peking ist in diesem Bestreben schon seit Jahren sehr viel aktiver als die Europäer mit dem Euro. Nun fährt Peking anlässlich des offiziell am Donnerstag beginnenden Staatsbesuchs von Präsident Lula in China die Ernte ein.
Der Handel der beiden Länder beträgt 170 Milliarden Dollar. Die brasilianische Banco BOCOM BBM hat angekündigt, von jetzt an das China Interbank Payment System (CIPS) zu benutzten, das 2015 gegründet wurde. SWIFT hingegen wurde 1973 in Brüssel gegründet und dominiert seitdem das Weltfinanzsystem auf Basis des US-Dollars. Allerdings sind beide Systeme nur bedingt vergleichbar. Das CIPS vollzieht und rechnet Transaktionen in RMB ab. SWIFT hingegen ist ein Nachrichten-Protokoll, das Banken verbindlich miteinander kommunizieren lässt. CIPS braucht also am Ende auch noch SWIFT.
Dass China ein eigenes SWIFT schaffen wird, gilt als sehr wahrscheinlich. SWIFT wird von 11.000 Institutionen in 200 Ländern benutzt. CIPS von 1.200 Institutionen in 103 Ländern. Mehr als 30 Länder wickeln bereits ihre Handelsgeschäfte in Yuan ab, Russland seit Anfang dieses Jahres aufgrund der westlichen Sanktionen notgedrungen komplett. Der Yuan ist in Russland nun die meist gehandelte Währung.
Der Iran, gegen den der Westen ebenfalls Sanktionen verhängt hat, verlässt sich schon länger auf den Yuan. Iran ist der viertgrößte Ölhersteller der Welt, mit einem Anstieg von Exporten von Öl und Gas im vergangenen Jahr um 35 Prozent – trotz der Strafmaßnahmen. Auch Länder wie die Vereinigten Arabischen Emirate, Indien, Singapur, Venezuela, Türkei, Indonesien oder Weißrussland wickeln immer mehr Handel in Yuan ab.
Zuletzt erreichte die chinesische Währung einen weiteren Meilenstein: Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman und Xi Jinping haben sich jüngst geeinigt, dass die Saudis einen Teil ihres Öls in Yuan an die Chinesen verkaufen. Allerdings steht die Menge noch nicht fest.
Die Saudis sind der größte Ölexporteur der Welt, die Chinesen ihre besten Kunden. Sie kaufen 25 Prozent des saudischen Öls im Wert von rund 25 Milliarden Dollar pro Jahr. Die Saudis wiederum importieren Waren aus China im Wert von gut 30 Milliarden Dollar. Damit ist es also durchaus realistisch, alles in Yuan abzuwickeln, ohne dass Saudi-Arabien Berge von Yuan anhäufen müsste – eine Währung, die zwar stabil, aber noch nicht frei handelbar ist.
Mit dem Saudi-Deal geht eine Epoche zu Ende, die in den 1970er-Jahren begann, als sich die Saudis fest an den US-Dollar gebunden hatten. Damals waren die USA ihr größter Kunde. Sie kauften 1977 rund 70 Prozent ihres Öls von der OPEC, dem von den Saudis angeführten Kartell. 2020 waren es noch elf Prozent. Mit dem eigenen Fracking-Öl sind die USA inzwischen einer der größten Wettbewerber der Saudis als Ölverkäufer. Auch deswegen wird die Beziehung schwächer.
Doch auch die Chinesen mischen stärker im internationalen Ölgeschäft mit: Ende März hat die französische Total Energies ein Yuan-Geschäft mit der China National Offshore Oil Corporation (CNOOC), Chinas größtem Gas und Ölhersteller über den Shanghai Petroleum and Natural Gas Exchange (SHPGX), abgewickelt: 65.000 Tonnen Flüssiggas aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Es ist der erste internationale LNG-Deal überhaupt, der in Yuan abgewickelt wird.
Die Gouverneure der ASEAN-Zentralbanken und die Finanzminister haben sich Ende März dafür ausgesprochen, ihren Handel nicht mehr in Dollar, Euro oder japanischem Yen abzuwickeln, sondern in ihren eigenen Währungen. Der Yuan soll dabei eine zentrale Rolle spielen, denn China ist der wichtigste Handelspartner von ASEAN. Malaysia, Singapur, die Philippinen und Thailand hatten sich bereits vergangenen November darauf geeinigt.
Gleichzeitig hat der malaysische Premierminister Anwar Ibrahim gemeinsam mit China kürzlich eine Initiative gestartet, um einen asiatischen Währungsfonds zu gründen. Währenddessen haben sich Indien und Malaysia ebenfalls Ende März darauf geeinigt, ihre Handelsgeschäfte auch in indischen Rupie abzuwickeln. Das Gleiche gilt für die Geschäfte Indiens mit Russland. Delhi hat ein Rubel-Rupie-Handelssystem eröffnet.
Indien hat seit Beginn des Ukraine-Krieges seinen Anteil an russischen Ölimporten von einem Prozent auf 35 Prozent erhöht. Die regionalen Währungsswaps in Asien nehmen zu. Das ist ein rechtsverbindlicher Vertrag zwischen zwei Parteien, um zwei Währungen zu einem späteren Zeitpunkt und zu einem bereits zuvor festgelegten Wechselkurs, umzutauschen. ASEAN plus China, Japan und Südkorea vollziehen bereits Swaps im Wert 380 Milliarden Dollar pro Jahr. All das geht auf Kosten des US-Dollars, und der größte Gewinner ist der Yuan. Die weltweiten Handelsgeschäfte in Yuan sind im vergangenen Jahr um 37 Prozent gestiegen.
Trotzdem spielt der Yuan im Vergleich zum Dollar vom Volumen her nach wie vor noch eine kleine Rolle. 88 Prozent des Währungshandels finden noch immer in US-Dollar statt. In der Statistik des Zahlungsabwicklers SWIFT kommt der Yuan auf Platz fünf nach dem japanischen Yen, dem britischen Pfund, Euro und Dollar. Die chinesische Währung hat einen Anteil von gut zwei Prozent.
Der Dollar-Anteil an globalen Währungsreserven, der Goldstandard einer Weltwährung, ist zwar von 72 Prozent zu Beginn des Jahrhunderts auf nun erstmals unter 60 Prozent gesunken, aber dominiert noch immer. Der Yuan liegt hingegen bei knapp drei Prozent hinter dem Euro (20 Prozent), dem Yen und dem britischen Pfund. Gemessen am chinesischen Anteil an der Weltwirtschaft ist der chinesische Yuan also stark unterbewertet.
An der Kaufkraft gemessen hat China einen Anteil von 34 Prozent, während die EU nur einen Anteil von 14 Prozent. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass der Yuan – nun, da die politischen Bedingungen für Peking günstiger denn je sind – zügig aufholt. Peking weiß natürlich, dass sie nicht die Mehrheit der Weltwährungsreserven zu stellen brauchen, um die Rahmenbedingungen des Weltfinanzsystems bestimmen zu können: Als 1944 das US-Dollar-dominierte Währungssystem in Bretton Woods gegründet wurde, hatten die USA nur vier Milliarden US-Dollar an Weltreserven, während das British Empire als alte Weltmacht noch über zehn Milliarden US-Dollar besaßen.
Präsident Lula jedenfalls will den Yuan als alternative Weltwährung unbedingt haben. Es ist kein Zufall, dass Dilma Rousseff, die ihm 2011 als Präsidentin Brasiliens gefolgt ist, kürzlich Chefin der in Shanghai ansässigen New Development Bank geworden ist. Diese wird auch die BRICS-Bank genannt. Für die BRICS-Länder ist der Yuan perspektivisch die zentrale globale Währung.
China Strategie 2023. 3 Stunden, 3 Sessions, 30 Köpfe aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Table.Media beleuchtet am 25. April China als Wettbewerber, Rivale und Partner. Die Digital-Konferenz schafft mitten in der aktuellen Debatte Orientierung für Entscheiderinnen und Entscheider.
Im Konflikt mit Taiwan plant die Führung in Peking Insidern zufolge eine zeitweilige Flugverbotszone einzurichten. Eine solche Maßnahme für den Luftraum nördlich von Taiwan sei für den Zeitraum vom 16. bis zum 18. April vorgesehen, sagten mehrere mit den Plänen vertraute Personen am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. Sie könne den Flugverkehr in der Region massiv beeinträchtigen.
Einer der Insider sagte, das Flugverbot werde 60 bis 70 Prozent der Flüge zwischen Nordostasien und Südostasien sowie Flüge zwischen Taiwan und Südkorea, Japan und Nordamerika betreffen. Das taiwanische Verteidigungsministerium erklärte, China plane eine Flugverbotszone etwa 85 Seemeilen nördlich der Insel. Die Sperrungen würden in die sogenannte Identifikationszone der taiwanischen Luftverteidigung fallen. Japan teilte mit, China habe Japan über die Einrichtung einer Flugverbotszone in dem Zeitraum unterrichtet und erklärt, es gehe dabei um Luft- und Raumfahrtaktivitäten. rtr/flee
Das Hafenterminal Tollerort in Hamburg, an dem sich der chinesische Staatskonzern Cosco beteiligen will, wurde Anfang des Jahres offenbar als kritische Infrastruktur eingeordnet. Das berichtete die Süddeutsche Zeitung aus gemeinsamen Recherchen mit NDR und WDR. Eine Sprecherin der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) hat demnach mitgeteilt, das Terminal sei in Abstimmung mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) als “Betrieb einer Umschlaganlage in See- und Binnenhäfen mit einer Frachtmenge von 3,27 Millionen Tonnen pro Jahr” und damit als kritische Infrastruktur registriert worden. Am Tollerort liege der jährliche Umschlag über diesem Wert. Das BSI selbst hat sich dem Bericht zufolge zunächst nicht dazu geäußert.
Der Vorgang wirft die Frage auf, wie sich die Neueinordnung auf den Cosco-Einstieg auswirken könnte: Eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte am Mittwoch in Berlin, da sich die Voraussetzungen geändert hätten, prüfe das Ministerium die Auswirkungen auf den Sachverhalt. Das Wirtschaftsministerium kann unter bestimmten Umständen den Einstieg eines Investors aus einem Nicht-EU-Staat untersagen, wenn es kritische Infrastruktur betreibt. Die Einstufung bedeutet jedoch nicht, dass das Geschäft automatisch untersagt wird.
Nach mehr als einem Jahr Verhandlung hatte sich die HHLA im Januar noch optimistisch zum Deal mit Cosco geäußert. Man sei mit der “Klärung letzter Details” befasst gewesen. Cosco wollte eigentlich 35 Prozent der Anteile an Tollerort erwerben. Am Ende setzte Bundeskanzler Olaf Scholz gegen den Widerstand mehrerer Ministerien durch, dass Cosco sich mit 24,9 Prozent beteiligen dürfe – also keine Sperrminorität bekommen darf. Dazu war eine “Teiluntersagung” nötig. Seither ist offen, ob eine solche Beteiligung für Cosco noch attraktiv ist. ari
Eigentlich wollte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Donnerstag in Peking ankommen. Doch wegen einer Corona-Infektion hat er seine Reise abgesagt. Er sei positiv auf Covid-19 getestet worden und müsse die Reise deshalb verschieben, schrieb Borrell auf Twitter. Es gehe ihm gut und er habe keine Symptome. Borrell wollte bis Samstag in Peking bleiben und unter anderem den obersten Außenpolitiker Wang Yi sowie Außenminister Qin Gang treffen. Wann die Reise nachgeholt wird, ist bislang unklar. Am Donnerstag kommt Bundesaußenministerin Annalena Baerbock in der chinesischen Hauptstadt an.
Die Reise von Borrell wäre im aktuellen Spannungsfeld der Taiwan-Debatte innerhalb der EU erfolgt. Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hatte während seiner China-Reise ein eigenständigeres Handeln Europas im Taiwan-Konflikt gefordert und zugleich angedeutet, Europa könnte Taiwan bei einem Angriff der Volksrepublik womöglich nicht zur Seite stehen. Macron erntete dafür Kritik.
Unterstützende Worte für Macrons Position äußerte nun EU-Ratschef Charles Michel. Macron habe die Verbundenheit mit den USA betont, sagte Michel in einem Interview mit der französischen Fernsehsendung La Faute à l’Europe. “Aber wenn dieses Bündnis annimmt, dass wir blind und systematisch der amerikanischen Position zu allen Themen folgen, dann nein”, sagte der Belgier. Zur Frage der Beziehung zu Washington gebe es “offensichtlich unterschiedliche Empfindlichkeiten am Tisch des Europäischen Rates”. Einige würden dasselbe wie Macron denken, erklärte der EU-Ratschef. Diese sind der Einschätzung Michels zufolge allerdings in der Minderheit.
Macron stand auch nach dem Diplomatie-Beben zu seiner Aussage. Der französische Präsident entschuldige sich nicht für Aussagen, erklärte ein hochrangiger französischer Diplomat am Mittwoch gegenüber Reportern. Was Macron gesagt habe, sei klar und seine Position zu Taiwan und China habe sich nicht geändert, fügte der Diplomat hinzu. Macron selbst verteidigte sich bei einer Pressekonferenz in Amsterdam: “Ein Verbündeter zu sein bedeutet nicht, ein Vasall zu sein”, sagte Macron auf eine Frage nach dem Verhältnis zu den USA. “Es bedeutet nicht, dass wir nicht das Recht haben, für uns selbst zu denken”, sagte Macron. ari/rtr
Taiwans Regierungspartei hat den amtierenden Vizepräsidenten William Lai Ching-te als Präsidentschaftskandidaten nominiert. Das Zentrale Exekutivkomitee der Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) gab bekannt, dass Lai die Partei bei der Wahl des Nachfolgers von Präsidentin Tsai Ing-wen vertreten wird.
Tsai kann im Mai nächsten Jahres nach acht Jahren im Amt nicht wieder kandidieren. Wirtschaft und Sicherheit gehörten untrennbar zusammen, sagte Lai in seiner Rede zur Kandidatur am Mittwoch. “Taiwans Hightech-Industrien, angeführt von Halbleiterunternehmen, sind unser Stolz”, sagte Lai. “Taiwan kann dazu beitragen, widerstandsfähigere und transparentere Lieferketten zu schaffen.”
Ein Sieg Lais mit der regierenden DPP würde bedeuten, dass erstmals dieselbe Partei die höchste Position in Taiwan für mehr als zwei Amtszeiten besetzt, seit 1996 demokratische Wahlen für die Präsidentschaft eingeführt wurden. Außerdem ist seither noch nie ein Vizepräsident Taiwans auch Staatsoberhaupt geworden.
Lai trat im Januar die Nachfolge von Tsai als Parteivorsitzender an. Der 63-Jährige wurde im heutigen Neu-Taipeh geboren und gab seine Arztpraxis für den öffentlichen Dienst auf. Lai war zunächst Abgeordneter in der Nationalversammlung, dann Bürgermeister der südlichen Stadt Tainan. Zwischen 2017 und 2019 diente er als Premier unter Tsai. Die Oppositionspartei KMT muss ihren Kandidaten noch bekannt geben. Parteivorsitzender Eric Chu, der Bürgermeister von Neu-Taipeh, Hou You-yi, und der Vorsitzende von Foxconn, Terry Gou, werden als mögliche Anwärter angesehen. rtr/ari
In China ist erstmals ein Mensch an einer seltenen Form der Vogelgrippe gestorben. Die 56-jährige Frau aus der südlichen Provinz Guangdong war überhaupt erst der dritte Mensch, der sich mit dem Subtyp H3N8 der Vogelgrippe infizierte, teilte die Weltgesundheitsorganisation WHO mit.
Alle diese Fälle traten in China auf, wobei die ersten beiden Fälle bereits im vergangenen Jahr gemeldet wurden. Das Zentrum für Seuchenkontrolle und -prävention der Provinz Guangdong hatte die dritte Infektion Ende vergangenen Monats bekannt gegeben, machte aber keine Angaben zum Tod der Frau. Diese hatte nach Angaben der WHO mehrere Vorerkrankungen und war in der Vergangenheit mit lebendem Geflügel in Kontakt gekommen.
Sporadische Infektionen von Menschen mit Vogelgrippe sind in China nicht unüblich, da dort Vogelgrippeviren in großen Geflügel- und Wildvogelpopulationen weit verbreitet sind. H3N8 gehört zu den am häufigsten bei Vögeln vorkommenden Subtypen, ruft bei diesen aber kaum oder gar keine Krankheitsanzeichen hervor. Bekannt sind auch Fälle einer Übertragung auf Säugetiere wie Hunde und Pferde.
Nach Angaben der WHO überträgt sich das Virus aber wohl nicht leicht unter Menschen. Das Risiko einer Ausbreitung auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene werde daher als gering eingeschätzt. Da sich Influenzaviren jedoch ständig weiterentwickelten, sei eine weltweite Überwachung nötig, um Veränderungen bei Influenzaviren zu erkennen, die die Gesundheit beeinträchtigen könnten. rtr/flee
China weitet Exportbeschränkungen für kritische Mineralien, die für die grüne Energiewende benötigt werden, laut einem OECD-Bericht aus. Bis Ende 2020 sind demnach mehr als 13.000 Ausfuhrbeschränkungen umgesetzt worden, was einer Verfünffachung in etwas mehr als einem Jahrzehnt entspricht. Ein Zehntel des gesamten Welthandels sei von mindestens einer solcher Beschränkung betroffen, hieß es in dem OECD-Bericht. Nach den bisher verfügbaren Analysen wurden dem Bericht zufolge ab 2020 nochmals vermehrt Beschränkungen eingeführt. Bis 2020 hatte Peking beispielsweise die Exportbeschränkungen für Lithium, Kobalt oder Mangan deutlich erhöht. Diese kritischen Rohstoffe werden für Elektroautos und erneuerbare Energien benötigt. Die EU hatte Mitte März eine eigene Strategie vorgelegt, um besser auf das Wettrennen um kritische Rohstoffe reagieren zu können. ari
Als sich Patrick Köllner 1995 auf eine Position als wissenschaftlicher Referent für die Innenpolitik Japans am damaligen Institut für Asienkunde bewarb, wollte er eigentlich nur für zwei bis drei Jahre bleiben. Gut 27 Jahre später ist der gebürtige Hamburger immer noch am “German Institute for Global and Area Studies” (GIGA) aktiv, inzwischen als Vize-Präsident des GIGA und Direktor des Instituts für Asien-Studien (IAS).
Ein Alleinstellungsmerkmal des GIGA sei, dass es sich um ein Forschungsinstitut mit Think-Tank-Funktionen handelt, berichtet Köllner. Heißt: Forschung und Einwirkung auf wissenschaftliche Diskurse bilden den Kern der Institutsarbeit. Gleichzeitig spielen aber auch Wissenstransfer in die breitere Gesellschaft und der Austausch mit politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträgern eine wichtige Rolle, erklärt Köllner, der auch eine Professur für Politikwissenschaft mit Fokus Asien an der Universität in Hamburg innehat. Die Möglichkeit, all diese Aspekte zu verbinden, das mache seine Arbeit bis heute spannend.
Köllner studiert ab 1988 zunächst Verwaltungswissenschaft in Konstanz, anschließend verschlägt es ihn nach Essex in Großbritannien, wo er Japan in den Fokus seines Studiums rückt. Sein Interesse für Asien beruht auf der Faszination für japanische Kunst und Kultur, auch die Rolle des Landes als rasanter Aufsteiger in den Achtzigerjahren begeistert ihn. Es folgen eine Promotion über Südkoreas Management technologischer Abhängigkeit von Japan an der Berliner Humboldt-Universität und eine Habilitation in Trier.
Ein Schwerpunkt seiner Forschung – und des GIGA im Allgemeinen – ist die vergleichende Analyse politischer Entwicklungen. Das Ziel: lokale Perspektiven besser verstehen und die Ursachen von Gemeinsamkeiten und Unterschieden erkennen. So verfolgen zum Beispiel Australien und Neuseeland, die aus deutscher Sicht gerne zusammengedacht werden, keine identische Politik gegenüber China – als kleine Macht sei Neuseeland mehr auf Ausgleich bedacht, berichtet Köllner. Die Mittelmacht Australien hingegen sei fest in das Allianzsystem der USA eingebunden. Ebenso würden die Pazifikstaaten allzu oft im Kontext des Großmächtewettbewerbs betrachtet. Vor Ort wird jedoch der globale Klimawandel als die größere Bedrohung angesehen.
Die Bedeutung von Geopolitik hat in den vergangenen Jahren enorm zugenommen, erläutert Köllner. Bis vor kurzem habe man sich in Deutschland mit dem Begriff “Strategien” sehr schwergetan, außer in Unternehmen. Inzwischen werde überall über geopolitische Strategien gesprochen – ein dramatischer Wandel.
Wichtig sei aber auch, “nicht alles nur noch durch die geopolitische Linse zu betrachten”, betont der Wissenschaftler. Denn es gebe viele globale Themen und Herausforderungen, wie Biodiversität, Klimawandel und Pandemien, für die es eine Kooperation mit der größtmöglichen Anzahl an Partnern braucht, inklusive China. Partnerschaft basiere allerdings auf Gegenseitigkeit. Clemens Ruben
Lukas Kellner ist seit Beginn des Monats Senior Buyer bei Mercedes-Benz China in Peking. Er war zuvor in verschiedenen Positionen bei Mercedes in Deutschland tätig.
Yuan Du ist neuer Global IT Implementation Manager bei DB Schenker. Er war zuvor bei EDI Project Manager bei Bahag Accounting.
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Nein, kein traditioneller Tempel irgendwo im historischen Henan, sondern Teil des Zoos in Memphis, Tennessee: Anlässlich der 20-jährigen Partnerschaft des US-Zoos mit der Chinese Association of Zoological Gardens trat das Tennessee Happy Kung-Fu-Team in dem US-Südstaat auf. Die Tempelanlage ist denn auch nicht aus Holz und Stein gebaut, sondern aus aufgesprühtem Beton. Zugegeben: So viel anders konstruiert sind einige Tempelanlagen in Henan heutzutage auch nicht.