im Schatten der olympischen Wettkämpfe hat IOC-Präsident Thomas Bach die chinesische Tennisspielerin Peng Shuai getroffen. Wie erst am Montag bekannt wird, soll es schon am Samstagabend stattgefunden haben. Zu den Vorwürfen sexueller Nötigung, die Peng gegenüber dem früheren chinesischen Spitzenfunktionär Zhang Gaoli einst erhoben hatte, verliert das Internationale Olympische Komitee kein Wort.
Dass Peng sich damals nicht beim Tennisweltverband melden konnte, wird auf eine Softwareumstellung der Tennisorganisation geschoben. Anschließend gibt es ein Interview mit der französischen Sportzeitung L’Equipe. Doch unzensierte Wort fallen auch hier nicht. Marcel Grzanna beschreibt, wie bizarr die beiden Treffen in Peking verliefen und welche Folgen sie haben werden.
Vielerorts wird derzeit über Decoupling und die gleichzeitige Abschottung Chinas von der Welt berichtet. Frank Sieren hinterfragt diese Darstellung und hat sich zu diesem Zweck Chinas Direktinvestitionen im Ausland angeschaut. Sein Befund: Den gängigen Diskussionen zum Trotz ist Chinas Interesse am Ausland keineswegs geschwunden. Allerdings haben sich die Ziele der chinesischen Investitionen stark verändert: weniger High-Tech und weniger Immobilien. Zu Chinas größten Projekten im Ausland gehören die derweil neuen Batteriefabriken in Deutschland.
Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht
Das vorerst letzte Kapitel der bedrückenden Saga um die chinesische Tennisspielerin Peng Shuai ist geschrieben. Nicht von ihr persönlich, sondern von Wang Kan, dem Stabschef des chinesischen Olympischen Komitees. Wang hatte die Rolle des Übersetzers übernommen, als Peng mit Journalisten der französischen Sportzeitung L’Equipe am Samstag in einem Pekinger Hotel zusammentraf. Es war Pengs erstes offizielles Interview seit ihren Vergewaltigungsvorwürfen gegen den früheren chinesischen Vize-Premierminister Zhang Gaoli.
Die Fragen waren im Vorfeld abgesprochen worden. Wangs Übersetzungen mussten wortwörtlich von der Zeitung veröffentlicht werden. So lauteten die Bedingungen für das Interview. Die Essenz: Peng Shuai sei niemals von irgendwem sexuell genötigt, geschweige denn vergewaltigt worden. Ihre konkrete Beschreibung eines privaten Treffens mit Zhang und seiner Frau, in dessen Verlauf der mächtige Funktionär die zweimalige Wimbledon-Sieger zum Sex genötigt haben soll, sei ein “enormes Missverständnis”.
“Ich habe niemals gesagt, dass irgendwer mich irgendwie sexuell belästigt hat”, erklärte Peng den Journalisten. Tatsächlich stimmt das. Jedenfalls dann, wenn dieser Satz wortwörtlich aufzufassen ist. Denn ihre Vorwürfe waren ausschließlich online zu lesen. Und das auch nur für weniger als eine halbe Stunde am 2. November 2021. Dann verschwand der Originalpost aus ihrem Konto. Warum er gelöscht wurde? “Weil ich es wollte”, behauptet sie heute.
Die Sportwelt, aber auch Politker und Menschenrechtsorganisationen reagierten seinerzeit mit großer Sorge. #WhereisPengShuai entwickelte sich zum Synonym für die internationale Empörung über das öffentliche Verschwinden der 36-Jährigen. Auch darauf sprachen sie die französischen Journalisten nun an. Und auch darauf folgte eine halbgare Antwort: “Jeder konnte mich sehen.” Gemeint war damit eine Videokonferenz mit dem IOC-Präsidenten Thomas Bach, bei der Peng vor einer Wand aus Kuscheltieren als gutgelaunte Athletin auftrat.
Der Zeitschrift L’Equipe sagte Peng nun, sie habe nicht gedacht, dass es eine solche Sorge um sie geben würde. “Und ich würde gern wissen: warum diese Besorgnis?” Die Antwort darauf geben Exilchinesen. Der Künstler Ai Weiwei, der nach Kritik an der chinesischen Führung einst selbst monatelang von der Bildfläche verschwunden war, sagte der britischen Zeitung Guardian: “Sie (Peng) befindet sich in den sehr sicheren Händen der Kommunistischen Partei. Sie werden sicher dafür sorgen, dass sie sich exakt so verhält, wie es die Partei will.“
Ai hält es für möglich, dass Peng Shuai bereits zu der Erkenntnis gekommen ist, dass es ein Fehler gewesen sein könnte, “diese tiefe, dunkle Beziehung (zu Zhang Gaoli) offenzulegen.” Sie habe damit die Sicherheit ihrer Familie und Freunde sowie ihre Karriere aufs Spiel gesetzt. “Sie hat ihren Geist verloren. Sie ist ein anderer Mensch geworden. Und was immer sie uns sagt, es ist nicht die Wahrheit.”
Derweil wundert sich der chinesische Menschenrechtsanwalt Teng Biao aus dem US-Exil über Pengs Forderung in dem Interview, der Sport, “dürfe nicht politisiert werden”. Diesen Satz beten die obersten Parteigenossen seit den Sommerspielen 2008 wie ein Mantra herunter. “Ist es nicht seltsam, dass ein Mensch während eines erzwungenen Auftritts die Propaganda der KP nachplappert?”
Teng war wegen seiner Arbeit als Anwalt ebenfalls über Monate festgehalten worden. Es sei ein probates Mittel der Staatssicherheit, den Opfern ein Angstszenario zu zeichnen, sagte Teng kurz nach dem Verschwinden von Peng in einem Gespräch mit China.Table. “Ziel ist es, dass die Angst der Opfer so groß wird, dass sie bereit sind, alles zu tun, um die Konsequenzen zu vermeiden.”
Solche Sorgen macht man sich beim Internationalen Olympischen Komitee offenbar nicht. Am Samstagabend hatte Thomas Bach die Tennisspielerin wie vor Monaten verabredet zum Essen getroffen. Auch hier sah sich ein chinesischer Funktionär mit eingeladen und saß ebenfalls am Tisch. Es ging in dem Austausch um vergleichsweise belanglose Inhalte. Der frühere Weltklasse-Fechter und die ehemalige Nummer eins der Weltrangliste im Doppel sprachen unter anderem über ihre Erfahrungen als Topathleten bei den Olympischen Spielen, wie ein IOC-Sprecher sagte.
Um die Vorwürfe sexueller Übergriffe oder das Rätsel um Pengs widersprüchliche Aussagen ging es dabei nicht. Das IOC sei eine Sportorganisation, hieß es. Eine unabhängige Untersuchung hält das Komitee nur für notwendig, wenn Peng Shuai ausdrücklich darum bitte. Es sei verabredet worden, auch in der Zukunft in Kontakt zu bleiben. Es sei sogar ihr Besuch des IOC-Hauptquartiers in Lausanne in der Schweiz geplant. Wann sie reisen darf und ob sie alleine oder in Begleitung chinesischer Funktionäre kommen wird, steht noch nicht fest.
Das Interview in der L’Equipe sorgte derweil international für Aufsehen. Allerdings war die Reaktion in weiten Teilen Europas und Nordamerikas kritisch. Zumal das Frage-und-Antwort-Prozedere unter den gegebenen Umständen nicht dazu beitrug, Licht ins Dunkel zu bringen. Neu war jedoch Pengs Ankündigung, dass sie aus Altersgründen sehr wahrscheinlich ihre Karriere beenden werde. Weitere Reisen ins Ausland wären damit auf absehbare Zeit nicht mehr notwendig.
Im vergangenen Jahr sind die ausgehenden Direktinvestitionen (Outbound Foreign Direct Investment, OFDI) der Volksrepublik trotz Corona und politischer Spannungen um 2,2 Prozent gestiegen, so Pekings Handelsministerium Mofcom. In Dollar gemessen handelt es sich sogar um einen Anstieg um 9,2 Prozent im Jahresvergleich. Die Investitionen belaufen sich demnach auf 145 Milliarden US-Dollar. Diese Zahlen zeigen: Das Interesse Chinas am Ausland ist trotz der Diskussion über Isolation und Abkoppelung nicht geschwunden. Zu den größten Projekten gehören die neuen Batteriefabriken in Deutschland.
Große Gewinner der aktuellen chinesischen Investitionstätigkeit sind die Länder der neuen Seidenstraße (Belt & Road Initiative, BRI). Sie konnten sich zum ersten Mal über einen Kapitalzufluss aus China von als 20 Milliarden US-Dollar freuen. Das ist ein Anstieg von 14 Prozent. Beachtlich ist auch die Entwicklung von Großprojekten, von denen im vergangenen Jahr 560 neu angelaufen sind, 46 mehr als im Jahr zuvor.
Das Volumen der Auslandsinvestitionen war nach einem Höchststand 2016 zunächst eingebrochen. Damals hatte die Pekinger Regierung begonnen, die Investitionen stärker zu kontrollieren. Die Fälle, in denen es hauptsächlich um die Umgehung von Kapitalkontrollen ging, hatten sich gehäuft. Seitdem steigt das chinesische Auslandsengagement jedoch wieder kontinuierlich an. Den damaligen Höchststand hat es allerdings noch nicht wieder erreicht.
Die Zahlen werden international bestätigt: Die US-amerikanische Wirtschaftsanwaltskanzlei Baker McKenzies, eine der größten der Welt, spricht denn auch von einem “stabilen” Wachstum. Chinas OFDI sei allerdings weniger stark gewachsen als der globale Durchschnitt. “Globale M&As erreichten im vergangenen Jahr einen Wert von 5,9 Billionen US-Dollar, was einem beeindruckenden Anstieg von 71 Prozent gegenüber dem Niveau von 2020 entspricht”, fasst Jannan Crozier, Global Chair der Global M&A Practice Group von Baker McKenzies, die Entwicklung zusammen.
Die Zahlen seien vor allem durch Rekorddeals im Technologiesektor entstanden. Dieser kam weltweit allein im vergangenen Jahr auf 1,1 Billionen US-Dollar, so Crozier. “Chinesische OFDI passten sich diesem globalen Trend an”, sagt der Experte. Chinas Technikfirmen brachten 138 Milliarden US-Dollar für Investitionen im Ausland auf. Auch das ist eine leichte Steigerung im Vergleich zum Vorjahr.
In die Zahl der Auslandsinvestitionen fließen auch Fusionen und Übernahmen ein, also Zukäufe in anderen Ländern. Hier war der Trend jedoch rückläufig. Chinesische Outbound Mergers and Acquisitions (M&As) haben im vergangenen Jahr nur 24 Milliarden US-Dollar ausgemacht. Das ist ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu 2020. Damals lag das Volumen noch bei 29 Milliarden US-Dollar. Offensichtlich bevorzugen chinesische Investoren inzwischen eigene, neu aufzubauende Projekte wie Fabriken. In der Branche heißen sie Greenfield-Investitionen – Neubauten auf der grünen Wiese. Das ergab eine Untersuchung von Baker McKenzies in Zusammenarbeit mit dem ebenfalls aus den USA stammenden internationalen Forschungsunternehmen Rhodium Group.
Ein weiteres erstaunliches Ergebnis: Trotz der Sanktionen durch die EU (China.Table berichtete) stiegen die ausländischen Direktinvestitionen Chinas in Europa um satte 25 Prozent auf 13 Milliarden US-Dollar. In Nordamerika hingegen, also in USA und Kanada, gingen sie um 34 Prozent auf 5,8 Milliarden US-Dollar zurück.
Trotz Chinas strenger Zero-Covid-Strategie, die 3 bis 5 Wochen Quarantäne bei der Einreise vorsieht, ist es China offensichtlich gelungen, seine Auslandsinvestitionen stabil zu halten. Die Covid-Strategie war nötig, weil die Gesundheitsversorgung in China im Durchschnitt viel schlechter ausgestattet ist als in der EU. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Investitionen nach dem Ende der Pandemie deutlich anziehen, ist daher hoch. Denn für viele M&A-Projekte ist es wichtig, dass die Verhandlungspartner sich persönlich treffen und die Akquisitionsziele mit eigenen Augen sehen können.
Anders als früher sind es nicht mehr die großen Infrastrukturprojekte, die Chinas Investitionen in der Welt antreiben. Konsumgüter und Dienstleistungen (5,2 Milliarden US-Dollar) sowie Unterhaltung (4,6 Milliarden US-Dollar) waren die Hauptziele chinesischer Outbound-Aktivitäten, sie machten fast die Hälfte der Gesamtinvestitionen aus. Transport und Infrastruktur (3,8 Milliarden US-Dollar), Finanz- und Unternehmensdienstleistungen (3,3 Milliarden US-Dollar), Grundstoffe (1,8 Milliarden US-Dollar) und Gesundheit (1,2 Milliarden US-Dollar) bildeten die restlichen sechs Plätze.
Märkte wie Ozeanien, Afrika und Lateinamerika werden im Jahr 2022 für chinesische Investoren noch wichtiger, betont Crozier. “Sicher ist, dass wir ein dynamisches und aufregendes Jahr sowohl für die chinesische als auch für die globale M&A-Aktivität erwarten können”, sagt Wirtschaftsexperte Crozier für das Jahr 2022 voraus.
Während die Branche an sich Rekorde verbuchte, sind auch chinesische Hightech-M&As zurückgegangen, da die Regulierungsbehörden in Europa und den USA skeptischer auf chinesische Investitionen schauen, und China sich gleichzeitig verstärkt dem Aufbau heimischer Tech-Alternativen zugewandt hat. Die ausländischen Direktinvestitionen chinesischer Unternehmen in Europa im IKT-Sektor gingen von acht Milliarden US-Dollar in den Jahren 2016 und 2017 auf drei Milliarden US-Dollar in den Jahren 2020 und 2021 zurück. Die ausländischen Direktinvestitionen im gleichen Sektor in Nordamerika gingen sogar von 10 Milliarden US-Dollar in den Jahren 2016 und 2017 auf weniger als 150 Millionen zurück.
Immobilieninvestitionen im Ausland haben sich ebenfalls stark verringert. Die chinesischen Auslandsinvestitionen in Immobilien sind von 150 Milliarden US-Dollar in den Jahren 2015 bis 2017 auf nur noch acht Milliarden US-Dollar in den Jahren 2019 bis 2021 gesunken. Das hängt ebenfalls mit stärkeren Kontrollen und der Immobilienkrise in China zusammen. Chinesische Entwickler mussten 2021 damit beginnen, ausländische Projekte an ihre Gläubiger zu übergeben, nachdem sie mit der Rückzahlung von Anleihen in Verzug geraten waren.
Ein großer Wachstumssektor für die Chinesen tut sich im Bereich der Automobilzulieferer auf. So haben SVOLT Energy und CATL 2,4 Milliarden US-Dollar beziehungsweise 2 Milliarden US-Dollar in Batteriefabriken in Deutschland investiert. Envision Energy aus Shanghai hat sich mit Renault zusammengetan, um Elektrofahrzeuge in Frankreich für 1,2 Milliarden US-Dollar zu entwickeln. Der Gesamtwert der Geschäfte innerhalb der Automobilzulieferkette könnte sich in den nächsten zwei Jahren auf über 14,5 Milliarden US-Dollar belaufen, schätzt Baker McKenzies.
Auch der Energiesektor erfuhr bei den chinesischen M&As Aufwind. Das liegt vor allem an einer größeren Nachfrage nach Materialien für Elektrofahrzeuge (EVs) und sauberer Energie. Chinesische Bergbauunternehmen haben demnach in den vergangenen drei Jahren größere Investitionen in Lateinamerika und Afrika für den Abbau und die Verarbeitung von Lithium und Kobalt in Höhe von mehr als vier Milliarden US-Dollar getätigt. Außerdem haben chinesische Investoren Anlagen für saubere Energie für mehr als 13 Milliarden US-Dollar in Chile, Mexiko, Brasilien und Spanien gekauft.
Kredite aus China führen für Schwellenländer immer öfter in die Zahlungsunfähigkeit. Das ist das Ergebnis einer Studie des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW). Seit 2008 gab es demnach 71 Umschuldungen von China-Krediten, denen nur 21 Restrukturierungen von internationalen Anleihen gegenüberstanden. “Die Anzahl an Zahlungsproblemen gegenüber chinesischen Gläubigern ist überraschend hoch“, sagt Christoph Trebesch, Finanzmarktexperte beim IfW und Mitautor der Studie.
Für Chinas Partnerländer im Globalen Süden erwarten die Ökonomen nun ein langes Jahrzehnt der Zahlungskrisen. Die hohen Verpflichtungen gegenüber China schwächen zudem die Bonität in anderen Bereichen. Die Ergebnisse der Studie widersprechen damit einer anderen Interpretation der Daten, die in Fachkreisen zuletzt weite Verbreitung gefunden hat: Dass China die Seidenstraßen-Partner keineswegs in die Schuldenfalle treibe. China vergibt seit Beginn der Belt-and-Road-Initiative (“neue Seidenstraße“) hohe Darlehen an die teilnehmenden Länder.
Da die Kreditverträge oft eine Geheimhaltungsklausel enthalten, stehen nur wenig offizielle Zahlen zu den Ausfällen zur Verfügung. Zudem ist die Art der Kredite oft nicht leicht von außen ersichtlich. Oft sind es chinesische Geschäftsbanken, die das Geld freigeben – es gilt dann in der Statistik als privatwirtschaftliches Geschäft, auch wenn es in Wirklichkeit staatlich eingefädelt ist. Die Forscher haben sich daher auf öffentlich zugängliche Daten gestützt. Sie sprechen von “versteckten Schulden”, weil weder Gläubiger noch Kreditnehmer über die entstehenden Probleme reden.
Das Schließen der Informationslücke über das tatsächliche Geschehen sollte Priorität der weiteren Forschung haben, schreiben die Experten. Das Thema ist auch für die Alltagspraxis von Risikobewertungen in der Finanzbranche relevant: Der Studie zufolge machen chinesische Auslandskredite inzwischen die Mehrheit der Verbindlichkeiten in Entwicklungsländern aus. fin
Die USA haben China aufgefordert, Verpflichtungen aus den Handelsabkommen von 2020 und 2021 einzuhalten. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, verliere die US-Regierung die Geduld, da Peking in den vergangenen Monaten keine Anzeichen gemacht habe, den Zusagen nachzukommen. Man wolle China die Möglichkeit geben, seine Verpflichtungen einzuhalten. “Aber unsere Langmut geht langsam zu Ende”, sagte demnach ein US-Regierungsvertreter.
Die aktuellen Äußerungen der Regierungsvertreter kommen einen Tag vor der Veröffentlichung der US-Handelsdaten für das Gesamtjahr 2021. Analysten erwarten, dass China seine Zusage weit verfehlen wird, mehr Agrar- und Industriegüter, Energie und Dienstleistungen aus den USA zu kaufen.
Unter dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump hatte sich China im sogenannten Phase-1-Handelsabkommens dazu verpflichtet, zusätzlich US-Waren und -Dienstleistungen im Wert von 200 Milliarden Dollar zu beziehen. Wie das Peterson Institute for International Economics in einer Untersuchung zeigt, hat China von seinen Zusagen bis November allerdings nur etwa 60 Prozent eingehalten. Amerikas Landwirtschaftsminister Tom Vilsack hatte Ende Januar angemerkt, dass Chinas allein im Bereich der Agrarprodukte rund 13 Milliarden US-Dollar zu wenig eingekauft habe.
Ein Beispiel sind Sojabohnen: Durch den Handelskonflikt mit Washington hatten sich die chinesischen Einfuhren von US-Sojabohnen nahezu halbiert. China wandte sich an Brasilien, um die Lücke zu schließen. Heute liefert Brasilien weiterhin 60 Prozent der Soja-Importe des Landes. Aus den USA stammen nur noch 30 Prozent (China.Table berichtete). Ein Sprecher der chinesischen Botschaft in Washington sagte, Peking bemühe sich, das “Phase 1”-Abkommen “trotz der Auswirkungen von Corona, der globalen Rezession und der Unterbrechung der Lieferketten” umzusetzen. rad
In Slowenien hat die Opposition einen Gesetzesentwurf verhindert, der Anbieter wie den chinesischen Telekommunikationskonzern Huawei vom Markt ausschließen würde. Huawei wurde in dem Entwurf zwar nicht ausdrücklich erwähnt. Die Gesetzgebung hätte aber die Ausrüstung von Anbietern ausgeschlossen, die per Gesetz als Risiko gekennzeichnet wurden. Slowenien und die USA hatten im Sommer 2020 ein nicht bindendes Abkommen unterzeichnet, um “nicht vertrauenswürdige” Anbieter von 5G-Technologie fernzuhalten. Washington hatte damals mit mehreren ost- und mitteleuropäischen Regierungen gesprochen, um Huawei aus den dortigen Märkten zu verdrängen.
Die Beteiligung Huaweis am Ausbau der 5G-Netze ist in vielen Ländern ein Streitthema. Huawei leidet unter dem Boykott der USA. Neben den US-Amerikanern wollen auch Australien und Neuseeland beim 5G-Ausbau auf Komponenten von Huawei komplett verzichten, ebenso Japan und Taiwan. 13 der 27 Mitgliedstaaten der EU hatten bis Oktober 2021 rechtliche Maßnahmen ergriffen, mit denen nicht vertrauenswürdige Anbieter vom Aufbau und Betrieb wichtiger Teile ihrer 5G-Netze ferngehalten werden sollen. Die meisten Staaten – auch Schweden und Deutschland – setzen dabei auf Auflagen für die Telekommunikationsanbieter. Huawei hatte zuletzt gegen den Ausschluss seiner Technik in Schweden geklagt (China.Table berichtete). Wann die Entscheidung des internationalen Schiedsgerichts dazu fallen wird, ist noch offen. ari
Großbritanniens Behörden haben am Montag den Bau eines chinesischen Atomreaktors genehmigt. Demnach darf der UKHRP1000 zukünftige im Vereinigten Königreich gebaut werden, wie es in der entsprechenden Erklärung des britischen “Office for Nuclear Regulation and the Environment Agency” heißt. Der Reaktor genüge den gesetzlichen Anforderungen hinsichtlich Sicherheit und Umweltschutz. Nun kann das Projekt Bradwell B beginnen. Bis zu vier Millionen Haushalte sollen von der Anlage mit Strom versorgt werden.
Der chinesische Reaktor folgt dem Baumuster des Kraftwerkstyps Hualong One, das von der China General Nuclear Group (CGN) entwickelt wurde. Der Entscheidung von Montag ging ein jahrelanger Streit voraus. Schon 2017 wollten der chinesische Staatskonzern CNG und das französische Atomunternehmen EDF den Reaktor in Essex bauen. Doch das Vorhaben stockte, als sich die politischen Beziehungen zwischen Großbritannien und China verschlechterten – unter anderem wegen Chinas brutalem Vorgehen gegen Uiguren in der autonomen Region Xinjiang. Im vergangenen Jahr wollte die britische Regierung CGN aus dem geplanten Neubau eines anderen Atomkraftwerks in Sizewell im ostenglischen Suffolk herausdrängen (China.Table berichtete).
Im Juli vergangenen Jahres warb Chinas Botschaft in London nochmals deutlich für den chinesischen Reaktor. “Chinas Atomkonzerne verfügen über die neueste Technologie und großen Investitionsmöglichkeiten”, hieß es damals in einer Erklärung. Sollte eine derartige Kooperation abgelehnt werden, wäre dies gegen die Interessen Großbritanniens.
Der Bau von Bradwell B wird Berichten zufolge bis zu zwölf Jahre dauern. Nach Fertigstellung soll er eine Leistung von 2,2 Gigawatt erreichen und rund 900 neue Arbeitsplätze schaffen. Atomkraft ist zentraler Baustein in den britischen Klimaplänen. Premierminister Boris Johnson will das Land bis 2050 CO₂-neutral machen. rad
Kurz nach ihrem ersten olympischen Wettkampf brach Dinigeer Yilamujiang das strenge Protokoll der Organisatoren. Entgegen ihrer Verpflichtung tauchte sie nicht in der sogenannten Mixed Zone auf. Dort warten Journalisten aus aller Welt und bekommen die Möglichkeit, die Sportler um ein Interview zu bitten. Wer nicht mit den Reportern reden will, muss nicht. Aber durch die Mixed Zone muss eigentlich jeder. Es sei denn, ein medizinischer Notfall verhindert das. Yilamujiang war gesund – und blieb dennoch fern.
Unter normalen Umständen hätten sich wohl wenige Journalisten, zumal aus dem Ausland, für die 20-jährige Skilangläuferin des chinesischen Teams interessiert. Sie landete auf Platz 43 im sogenannten Skiathlon, dessen 15-km-Distanz zur Hälfte im klassischen und zur anderen Hälfte im freien Stil zurückgelegt werden muss. Yilamujiangs Platzierung war erwartbar. In ihrer noch jungen internationalen Laufbahn auf Spitzenniveau lief sie erst einmal in die Top 20, ansonsten unter ferner liefen.
Aber es waren keine normalen Umstände. Yilamujiang hatte rund 19 Stunden zuvor gemeinsam mit dem gleichermaßen unbekannten Nordischen Kombinierer Zhao Jiawen das Olympische Feuer bei der Eröffnungsfeier entzündet. Es gilt als eine große Ehre, weil sie nur ganz wenigen Menschen auf der Welt vorbehalten bleibt. Viele Reporter hätten wissen wollen, was ihr durch den Kopf ging und was sie fühlte. Schließlich wurde ihr Auftritt vor Hunderten Millionen Menschen an den TV-Bildschirmen zu einem Politikum.
Dinigeer Yilamujiang ist uigurischer Abstammung und erfährt als solche eine besondere Aufmerksamkeit in der Welt. Denn Millionen Uiguren werden in China verfolgt, in Umerziehungslager gesperrt und als potenzielle Terroristen von der chinesischen Regierung gebrandmarkt. “Genozid” nennen verschiedene Regierungen, Parlemente und Politiker:innen demokratischer Staaten die dortigen Menschenrechtsverbrechen. Wenn eine Frau dieser Ethnie das Olympische Feuer entfacht, ist es nur logisch, dass sich daran eine hochpolitische Debatte entzündet.
Dem einzigen Medium, dem sie schließlich Rede und Antwort stand, war die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua. “Ich war so aufgeregt, als ich erfahren habe, dass wir die Flamme entzünden sollen. Das ist eine riesige Ehre für mich”, sagte sie dem Sprachrohr der Regierung. “Dieser Moment wird mir für jeden Tag meines restlichen Lebens Kraft geben.”
Ein paar 1000 Kilometer entfernt heulten Yilamujiangs Mutter und einige weitere Frauen Rotz und Wasser in eine Kamera. Männer waren nicht zu sehen in der kurzen Sequenz. Dabei wäre es schön gewesen zu erleben, wie ihr Vater auf die Fernsehbilder aus der Hauptstadt reagierte. Denn er soll es gewesen sein, der die Tochter als Langlauftrainer mit Wintersport in Kontakt brachte. Ihr Vater war selbst Leistungssportler, heißt es.
Als Jugendliche schaffte Yilamujiang, deren uigurischer Nachname Ilhamjan lautet, den Sprung in den Nationalkader. 2018 feiert sie ihr internationales Debüt bei einem Sprintrennen im norwegischen Beitostölen. Sie landete damals auf Platz als 184. Im vergangenen Jahr nahm sie bereits an den Weltmeisterschaften in Oberstdorf teil. Mit der chinesischen Mannschaft erreichte sie im Teamsprint Rang 13.
“China hat alles für mich getan, was es tun konnte. Was mir jetzt nur noch übrig bleibt, ist hart zu trainieren und dem Land Ruhm zu verschaffen”, sagte sie vor den Olympischen Spielen einer Tageszeitung in Xinjiang. Ihr Ziel sei es, eine Olympiamedaille zu gewinnen. Der Traum wird in diesem Jahr nicht in Erfüllung gehen. Dafür reicht ihr Leistungsvermögen schlicht nicht aus. Berühmtheit hat sie seit vergangenem Freitag dennoch erlangt. Und vielleicht war ihre Rolle als Fackelträgerin, die das Feuer entzündete, dem Staat schon Genugtuung genug. grz
Teo Lay Lim wird zum 1. März neue Geschäftsführerin der SPH Media Group. Davor war die Singapurerin Vorstandsvorsitzende bei der Beratungsfirma Accenture Singapore. Die SPH Media Group wurde im vergangenen Dezember aus der Singapur Press Holdings ausgegliedert. Sie veröffentlicht unter anderem die Zeitung The Straits Times und die chinesische Tageszeitung Lianhe Zhaobao.
Es gibt ihn durchaus, natürlichen Schnee in China – so weit das Auge blicken kann. Der herrliche Ausblick stammt aus der autonomen Region Ningxia. Die Olympischen Winterspiele finden aber im trockenen Peking statt. Auf viel Kunstschnee.
im Schatten der olympischen Wettkämpfe hat IOC-Präsident Thomas Bach die chinesische Tennisspielerin Peng Shuai getroffen. Wie erst am Montag bekannt wird, soll es schon am Samstagabend stattgefunden haben. Zu den Vorwürfen sexueller Nötigung, die Peng gegenüber dem früheren chinesischen Spitzenfunktionär Zhang Gaoli einst erhoben hatte, verliert das Internationale Olympische Komitee kein Wort.
Dass Peng sich damals nicht beim Tennisweltverband melden konnte, wird auf eine Softwareumstellung der Tennisorganisation geschoben. Anschließend gibt es ein Interview mit der französischen Sportzeitung L’Equipe. Doch unzensierte Wort fallen auch hier nicht. Marcel Grzanna beschreibt, wie bizarr die beiden Treffen in Peking verliefen und welche Folgen sie haben werden.
Vielerorts wird derzeit über Decoupling und die gleichzeitige Abschottung Chinas von der Welt berichtet. Frank Sieren hinterfragt diese Darstellung und hat sich zu diesem Zweck Chinas Direktinvestitionen im Ausland angeschaut. Sein Befund: Den gängigen Diskussionen zum Trotz ist Chinas Interesse am Ausland keineswegs geschwunden. Allerdings haben sich die Ziele der chinesischen Investitionen stark verändert: weniger High-Tech und weniger Immobilien. Zu Chinas größten Projekten im Ausland gehören die derweil neuen Batteriefabriken in Deutschland.
Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht
Das vorerst letzte Kapitel der bedrückenden Saga um die chinesische Tennisspielerin Peng Shuai ist geschrieben. Nicht von ihr persönlich, sondern von Wang Kan, dem Stabschef des chinesischen Olympischen Komitees. Wang hatte die Rolle des Übersetzers übernommen, als Peng mit Journalisten der französischen Sportzeitung L’Equipe am Samstag in einem Pekinger Hotel zusammentraf. Es war Pengs erstes offizielles Interview seit ihren Vergewaltigungsvorwürfen gegen den früheren chinesischen Vize-Premierminister Zhang Gaoli.
Die Fragen waren im Vorfeld abgesprochen worden. Wangs Übersetzungen mussten wortwörtlich von der Zeitung veröffentlicht werden. So lauteten die Bedingungen für das Interview. Die Essenz: Peng Shuai sei niemals von irgendwem sexuell genötigt, geschweige denn vergewaltigt worden. Ihre konkrete Beschreibung eines privaten Treffens mit Zhang und seiner Frau, in dessen Verlauf der mächtige Funktionär die zweimalige Wimbledon-Sieger zum Sex genötigt haben soll, sei ein “enormes Missverständnis”.
“Ich habe niemals gesagt, dass irgendwer mich irgendwie sexuell belästigt hat”, erklärte Peng den Journalisten. Tatsächlich stimmt das. Jedenfalls dann, wenn dieser Satz wortwörtlich aufzufassen ist. Denn ihre Vorwürfe waren ausschließlich online zu lesen. Und das auch nur für weniger als eine halbe Stunde am 2. November 2021. Dann verschwand der Originalpost aus ihrem Konto. Warum er gelöscht wurde? “Weil ich es wollte”, behauptet sie heute.
Die Sportwelt, aber auch Politker und Menschenrechtsorganisationen reagierten seinerzeit mit großer Sorge. #WhereisPengShuai entwickelte sich zum Synonym für die internationale Empörung über das öffentliche Verschwinden der 36-Jährigen. Auch darauf sprachen sie die französischen Journalisten nun an. Und auch darauf folgte eine halbgare Antwort: “Jeder konnte mich sehen.” Gemeint war damit eine Videokonferenz mit dem IOC-Präsidenten Thomas Bach, bei der Peng vor einer Wand aus Kuscheltieren als gutgelaunte Athletin auftrat.
Der Zeitschrift L’Equipe sagte Peng nun, sie habe nicht gedacht, dass es eine solche Sorge um sie geben würde. “Und ich würde gern wissen: warum diese Besorgnis?” Die Antwort darauf geben Exilchinesen. Der Künstler Ai Weiwei, der nach Kritik an der chinesischen Führung einst selbst monatelang von der Bildfläche verschwunden war, sagte der britischen Zeitung Guardian: “Sie (Peng) befindet sich in den sehr sicheren Händen der Kommunistischen Partei. Sie werden sicher dafür sorgen, dass sie sich exakt so verhält, wie es die Partei will.“
Ai hält es für möglich, dass Peng Shuai bereits zu der Erkenntnis gekommen ist, dass es ein Fehler gewesen sein könnte, “diese tiefe, dunkle Beziehung (zu Zhang Gaoli) offenzulegen.” Sie habe damit die Sicherheit ihrer Familie und Freunde sowie ihre Karriere aufs Spiel gesetzt. “Sie hat ihren Geist verloren. Sie ist ein anderer Mensch geworden. Und was immer sie uns sagt, es ist nicht die Wahrheit.”
Derweil wundert sich der chinesische Menschenrechtsanwalt Teng Biao aus dem US-Exil über Pengs Forderung in dem Interview, der Sport, “dürfe nicht politisiert werden”. Diesen Satz beten die obersten Parteigenossen seit den Sommerspielen 2008 wie ein Mantra herunter. “Ist es nicht seltsam, dass ein Mensch während eines erzwungenen Auftritts die Propaganda der KP nachplappert?”
Teng war wegen seiner Arbeit als Anwalt ebenfalls über Monate festgehalten worden. Es sei ein probates Mittel der Staatssicherheit, den Opfern ein Angstszenario zu zeichnen, sagte Teng kurz nach dem Verschwinden von Peng in einem Gespräch mit China.Table. “Ziel ist es, dass die Angst der Opfer so groß wird, dass sie bereit sind, alles zu tun, um die Konsequenzen zu vermeiden.”
Solche Sorgen macht man sich beim Internationalen Olympischen Komitee offenbar nicht. Am Samstagabend hatte Thomas Bach die Tennisspielerin wie vor Monaten verabredet zum Essen getroffen. Auch hier sah sich ein chinesischer Funktionär mit eingeladen und saß ebenfalls am Tisch. Es ging in dem Austausch um vergleichsweise belanglose Inhalte. Der frühere Weltklasse-Fechter und die ehemalige Nummer eins der Weltrangliste im Doppel sprachen unter anderem über ihre Erfahrungen als Topathleten bei den Olympischen Spielen, wie ein IOC-Sprecher sagte.
Um die Vorwürfe sexueller Übergriffe oder das Rätsel um Pengs widersprüchliche Aussagen ging es dabei nicht. Das IOC sei eine Sportorganisation, hieß es. Eine unabhängige Untersuchung hält das Komitee nur für notwendig, wenn Peng Shuai ausdrücklich darum bitte. Es sei verabredet worden, auch in der Zukunft in Kontakt zu bleiben. Es sei sogar ihr Besuch des IOC-Hauptquartiers in Lausanne in der Schweiz geplant. Wann sie reisen darf und ob sie alleine oder in Begleitung chinesischer Funktionäre kommen wird, steht noch nicht fest.
Das Interview in der L’Equipe sorgte derweil international für Aufsehen. Allerdings war die Reaktion in weiten Teilen Europas und Nordamerikas kritisch. Zumal das Frage-und-Antwort-Prozedere unter den gegebenen Umständen nicht dazu beitrug, Licht ins Dunkel zu bringen. Neu war jedoch Pengs Ankündigung, dass sie aus Altersgründen sehr wahrscheinlich ihre Karriere beenden werde. Weitere Reisen ins Ausland wären damit auf absehbare Zeit nicht mehr notwendig.
Im vergangenen Jahr sind die ausgehenden Direktinvestitionen (Outbound Foreign Direct Investment, OFDI) der Volksrepublik trotz Corona und politischer Spannungen um 2,2 Prozent gestiegen, so Pekings Handelsministerium Mofcom. In Dollar gemessen handelt es sich sogar um einen Anstieg um 9,2 Prozent im Jahresvergleich. Die Investitionen belaufen sich demnach auf 145 Milliarden US-Dollar. Diese Zahlen zeigen: Das Interesse Chinas am Ausland ist trotz der Diskussion über Isolation und Abkoppelung nicht geschwunden. Zu den größten Projekten gehören die neuen Batteriefabriken in Deutschland.
Große Gewinner der aktuellen chinesischen Investitionstätigkeit sind die Länder der neuen Seidenstraße (Belt & Road Initiative, BRI). Sie konnten sich zum ersten Mal über einen Kapitalzufluss aus China von als 20 Milliarden US-Dollar freuen. Das ist ein Anstieg von 14 Prozent. Beachtlich ist auch die Entwicklung von Großprojekten, von denen im vergangenen Jahr 560 neu angelaufen sind, 46 mehr als im Jahr zuvor.
Das Volumen der Auslandsinvestitionen war nach einem Höchststand 2016 zunächst eingebrochen. Damals hatte die Pekinger Regierung begonnen, die Investitionen stärker zu kontrollieren. Die Fälle, in denen es hauptsächlich um die Umgehung von Kapitalkontrollen ging, hatten sich gehäuft. Seitdem steigt das chinesische Auslandsengagement jedoch wieder kontinuierlich an. Den damaligen Höchststand hat es allerdings noch nicht wieder erreicht.
Die Zahlen werden international bestätigt: Die US-amerikanische Wirtschaftsanwaltskanzlei Baker McKenzies, eine der größten der Welt, spricht denn auch von einem “stabilen” Wachstum. Chinas OFDI sei allerdings weniger stark gewachsen als der globale Durchschnitt. “Globale M&As erreichten im vergangenen Jahr einen Wert von 5,9 Billionen US-Dollar, was einem beeindruckenden Anstieg von 71 Prozent gegenüber dem Niveau von 2020 entspricht”, fasst Jannan Crozier, Global Chair der Global M&A Practice Group von Baker McKenzies, die Entwicklung zusammen.
Die Zahlen seien vor allem durch Rekorddeals im Technologiesektor entstanden. Dieser kam weltweit allein im vergangenen Jahr auf 1,1 Billionen US-Dollar, so Crozier. “Chinesische OFDI passten sich diesem globalen Trend an”, sagt der Experte. Chinas Technikfirmen brachten 138 Milliarden US-Dollar für Investitionen im Ausland auf. Auch das ist eine leichte Steigerung im Vergleich zum Vorjahr.
In die Zahl der Auslandsinvestitionen fließen auch Fusionen und Übernahmen ein, also Zukäufe in anderen Ländern. Hier war der Trend jedoch rückläufig. Chinesische Outbound Mergers and Acquisitions (M&As) haben im vergangenen Jahr nur 24 Milliarden US-Dollar ausgemacht. Das ist ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu 2020. Damals lag das Volumen noch bei 29 Milliarden US-Dollar. Offensichtlich bevorzugen chinesische Investoren inzwischen eigene, neu aufzubauende Projekte wie Fabriken. In der Branche heißen sie Greenfield-Investitionen – Neubauten auf der grünen Wiese. Das ergab eine Untersuchung von Baker McKenzies in Zusammenarbeit mit dem ebenfalls aus den USA stammenden internationalen Forschungsunternehmen Rhodium Group.
Ein weiteres erstaunliches Ergebnis: Trotz der Sanktionen durch die EU (China.Table berichtete) stiegen die ausländischen Direktinvestitionen Chinas in Europa um satte 25 Prozent auf 13 Milliarden US-Dollar. In Nordamerika hingegen, also in USA und Kanada, gingen sie um 34 Prozent auf 5,8 Milliarden US-Dollar zurück.
Trotz Chinas strenger Zero-Covid-Strategie, die 3 bis 5 Wochen Quarantäne bei der Einreise vorsieht, ist es China offensichtlich gelungen, seine Auslandsinvestitionen stabil zu halten. Die Covid-Strategie war nötig, weil die Gesundheitsversorgung in China im Durchschnitt viel schlechter ausgestattet ist als in der EU. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Investitionen nach dem Ende der Pandemie deutlich anziehen, ist daher hoch. Denn für viele M&A-Projekte ist es wichtig, dass die Verhandlungspartner sich persönlich treffen und die Akquisitionsziele mit eigenen Augen sehen können.
Anders als früher sind es nicht mehr die großen Infrastrukturprojekte, die Chinas Investitionen in der Welt antreiben. Konsumgüter und Dienstleistungen (5,2 Milliarden US-Dollar) sowie Unterhaltung (4,6 Milliarden US-Dollar) waren die Hauptziele chinesischer Outbound-Aktivitäten, sie machten fast die Hälfte der Gesamtinvestitionen aus. Transport und Infrastruktur (3,8 Milliarden US-Dollar), Finanz- und Unternehmensdienstleistungen (3,3 Milliarden US-Dollar), Grundstoffe (1,8 Milliarden US-Dollar) und Gesundheit (1,2 Milliarden US-Dollar) bildeten die restlichen sechs Plätze.
Märkte wie Ozeanien, Afrika und Lateinamerika werden im Jahr 2022 für chinesische Investoren noch wichtiger, betont Crozier. “Sicher ist, dass wir ein dynamisches und aufregendes Jahr sowohl für die chinesische als auch für die globale M&A-Aktivität erwarten können”, sagt Wirtschaftsexperte Crozier für das Jahr 2022 voraus.
Während die Branche an sich Rekorde verbuchte, sind auch chinesische Hightech-M&As zurückgegangen, da die Regulierungsbehörden in Europa und den USA skeptischer auf chinesische Investitionen schauen, und China sich gleichzeitig verstärkt dem Aufbau heimischer Tech-Alternativen zugewandt hat. Die ausländischen Direktinvestitionen chinesischer Unternehmen in Europa im IKT-Sektor gingen von acht Milliarden US-Dollar in den Jahren 2016 und 2017 auf drei Milliarden US-Dollar in den Jahren 2020 und 2021 zurück. Die ausländischen Direktinvestitionen im gleichen Sektor in Nordamerika gingen sogar von 10 Milliarden US-Dollar in den Jahren 2016 und 2017 auf weniger als 150 Millionen zurück.
Immobilieninvestitionen im Ausland haben sich ebenfalls stark verringert. Die chinesischen Auslandsinvestitionen in Immobilien sind von 150 Milliarden US-Dollar in den Jahren 2015 bis 2017 auf nur noch acht Milliarden US-Dollar in den Jahren 2019 bis 2021 gesunken. Das hängt ebenfalls mit stärkeren Kontrollen und der Immobilienkrise in China zusammen. Chinesische Entwickler mussten 2021 damit beginnen, ausländische Projekte an ihre Gläubiger zu übergeben, nachdem sie mit der Rückzahlung von Anleihen in Verzug geraten waren.
Ein großer Wachstumssektor für die Chinesen tut sich im Bereich der Automobilzulieferer auf. So haben SVOLT Energy und CATL 2,4 Milliarden US-Dollar beziehungsweise 2 Milliarden US-Dollar in Batteriefabriken in Deutschland investiert. Envision Energy aus Shanghai hat sich mit Renault zusammengetan, um Elektrofahrzeuge in Frankreich für 1,2 Milliarden US-Dollar zu entwickeln. Der Gesamtwert der Geschäfte innerhalb der Automobilzulieferkette könnte sich in den nächsten zwei Jahren auf über 14,5 Milliarden US-Dollar belaufen, schätzt Baker McKenzies.
Auch der Energiesektor erfuhr bei den chinesischen M&As Aufwind. Das liegt vor allem an einer größeren Nachfrage nach Materialien für Elektrofahrzeuge (EVs) und sauberer Energie. Chinesische Bergbauunternehmen haben demnach in den vergangenen drei Jahren größere Investitionen in Lateinamerika und Afrika für den Abbau und die Verarbeitung von Lithium und Kobalt in Höhe von mehr als vier Milliarden US-Dollar getätigt. Außerdem haben chinesische Investoren Anlagen für saubere Energie für mehr als 13 Milliarden US-Dollar in Chile, Mexiko, Brasilien und Spanien gekauft.
Kredite aus China führen für Schwellenländer immer öfter in die Zahlungsunfähigkeit. Das ist das Ergebnis einer Studie des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW). Seit 2008 gab es demnach 71 Umschuldungen von China-Krediten, denen nur 21 Restrukturierungen von internationalen Anleihen gegenüberstanden. “Die Anzahl an Zahlungsproblemen gegenüber chinesischen Gläubigern ist überraschend hoch“, sagt Christoph Trebesch, Finanzmarktexperte beim IfW und Mitautor der Studie.
Für Chinas Partnerländer im Globalen Süden erwarten die Ökonomen nun ein langes Jahrzehnt der Zahlungskrisen. Die hohen Verpflichtungen gegenüber China schwächen zudem die Bonität in anderen Bereichen. Die Ergebnisse der Studie widersprechen damit einer anderen Interpretation der Daten, die in Fachkreisen zuletzt weite Verbreitung gefunden hat: Dass China die Seidenstraßen-Partner keineswegs in die Schuldenfalle treibe. China vergibt seit Beginn der Belt-and-Road-Initiative (“neue Seidenstraße“) hohe Darlehen an die teilnehmenden Länder.
Da die Kreditverträge oft eine Geheimhaltungsklausel enthalten, stehen nur wenig offizielle Zahlen zu den Ausfällen zur Verfügung. Zudem ist die Art der Kredite oft nicht leicht von außen ersichtlich. Oft sind es chinesische Geschäftsbanken, die das Geld freigeben – es gilt dann in der Statistik als privatwirtschaftliches Geschäft, auch wenn es in Wirklichkeit staatlich eingefädelt ist. Die Forscher haben sich daher auf öffentlich zugängliche Daten gestützt. Sie sprechen von “versteckten Schulden”, weil weder Gläubiger noch Kreditnehmer über die entstehenden Probleme reden.
Das Schließen der Informationslücke über das tatsächliche Geschehen sollte Priorität der weiteren Forschung haben, schreiben die Experten. Das Thema ist auch für die Alltagspraxis von Risikobewertungen in der Finanzbranche relevant: Der Studie zufolge machen chinesische Auslandskredite inzwischen die Mehrheit der Verbindlichkeiten in Entwicklungsländern aus. fin
Die USA haben China aufgefordert, Verpflichtungen aus den Handelsabkommen von 2020 und 2021 einzuhalten. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, verliere die US-Regierung die Geduld, da Peking in den vergangenen Monaten keine Anzeichen gemacht habe, den Zusagen nachzukommen. Man wolle China die Möglichkeit geben, seine Verpflichtungen einzuhalten. “Aber unsere Langmut geht langsam zu Ende”, sagte demnach ein US-Regierungsvertreter.
Die aktuellen Äußerungen der Regierungsvertreter kommen einen Tag vor der Veröffentlichung der US-Handelsdaten für das Gesamtjahr 2021. Analysten erwarten, dass China seine Zusage weit verfehlen wird, mehr Agrar- und Industriegüter, Energie und Dienstleistungen aus den USA zu kaufen.
Unter dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump hatte sich China im sogenannten Phase-1-Handelsabkommens dazu verpflichtet, zusätzlich US-Waren und -Dienstleistungen im Wert von 200 Milliarden Dollar zu beziehen. Wie das Peterson Institute for International Economics in einer Untersuchung zeigt, hat China von seinen Zusagen bis November allerdings nur etwa 60 Prozent eingehalten. Amerikas Landwirtschaftsminister Tom Vilsack hatte Ende Januar angemerkt, dass Chinas allein im Bereich der Agrarprodukte rund 13 Milliarden US-Dollar zu wenig eingekauft habe.
Ein Beispiel sind Sojabohnen: Durch den Handelskonflikt mit Washington hatten sich die chinesischen Einfuhren von US-Sojabohnen nahezu halbiert. China wandte sich an Brasilien, um die Lücke zu schließen. Heute liefert Brasilien weiterhin 60 Prozent der Soja-Importe des Landes. Aus den USA stammen nur noch 30 Prozent (China.Table berichtete). Ein Sprecher der chinesischen Botschaft in Washington sagte, Peking bemühe sich, das “Phase 1”-Abkommen “trotz der Auswirkungen von Corona, der globalen Rezession und der Unterbrechung der Lieferketten” umzusetzen. rad
In Slowenien hat die Opposition einen Gesetzesentwurf verhindert, der Anbieter wie den chinesischen Telekommunikationskonzern Huawei vom Markt ausschließen würde. Huawei wurde in dem Entwurf zwar nicht ausdrücklich erwähnt. Die Gesetzgebung hätte aber die Ausrüstung von Anbietern ausgeschlossen, die per Gesetz als Risiko gekennzeichnet wurden. Slowenien und die USA hatten im Sommer 2020 ein nicht bindendes Abkommen unterzeichnet, um “nicht vertrauenswürdige” Anbieter von 5G-Technologie fernzuhalten. Washington hatte damals mit mehreren ost- und mitteleuropäischen Regierungen gesprochen, um Huawei aus den dortigen Märkten zu verdrängen.
Die Beteiligung Huaweis am Ausbau der 5G-Netze ist in vielen Ländern ein Streitthema. Huawei leidet unter dem Boykott der USA. Neben den US-Amerikanern wollen auch Australien und Neuseeland beim 5G-Ausbau auf Komponenten von Huawei komplett verzichten, ebenso Japan und Taiwan. 13 der 27 Mitgliedstaaten der EU hatten bis Oktober 2021 rechtliche Maßnahmen ergriffen, mit denen nicht vertrauenswürdige Anbieter vom Aufbau und Betrieb wichtiger Teile ihrer 5G-Netze ferngehalten werden sollen. Die meisten Staaten – auch Schweden und Deutschland – setzen dabei auf Auflagen für die Telekommunikationsanbieter. Huawei hatte zuletzt gegen den Ausschluss seiner Technik in Schweden geklagt (China.Table berichtete). Wann die Entscheidung des internationalen Schiedsgerichts dazu fallen wird, ist noch offen. ari
Großbritanniens Behörden haben am Montag den Bau eines chinesischen Atomreaktors genehmigt. Demnach darf der UKHRP1000 zukünftige im Vereinigten Königreich gebaut werden, wie es in der entsprechenden Erklärung des britischen “Office for Nuclear Regulation and the Environment Agency” heißt. Der Reaktor genüge den gesetzlichen Anforderungen hinsichtlich Sicherheit und Umweltschutz. Nun kann das Projekt Bradwell B beginnen. Bis zu vier Millionen Haushalte sollen von der Anlage mit Strom versorgt werden.
Der chinesische Reaktor folgt dem Baumuster des Kraftwerkstyps Hualong One, das von der China General Nuclear Group (CGN) entwickelt wurde. Der Entscheidung von Montag ging ein jahrelanger Streit voraus. Schon 2017 wollten der chinesische Staatskonzern CNG und das französische Atomunternehmen EDF den Reaktor in Essex bauen. Doch das Vorhaben stockte, als sich die politischen Beziehungen zwischen Großbritannien und China verschlechterten – unter anderem wegen Chinas brutalem Vorgehen gegen Uiguren in der autonomen Region Xinjiang. Im vergangenen Jahr wollte die britische Regierung CGN aus dem geplanten Neubau eines anderen Atomkraftwerks in Sizewell im ostenglischen Suffolk herausdrängen (China.Table berichtete).
Im Juli vergangenen Jahres warb Chinas Botschaft in London nochmals deutlich für den chinesischen Reaktor. “Chinas Atomkonzerne verfügen über die neueste Technologie und großen Investitionsmöglichkeiten”, hieß es damals in einer Erklärung. Sollte eine derartige Kooperation abgelehnt werden, wäre dies gegen die Interessen Großbritanniens.
Der Bau von Bradwell B wird Berichten zufolge bis zu zwölf Jahre dauern. Nach Fertigstellung soll er eine Leistung von 2,2 Gigawatt erreichen und rund 900 neue Arbeitsplätze schaffen. Atomkraft ist zentraler Baustein in den britischen Klimaplänen. Premierminister Boris Johnson will das Land bis 2050 CO₂-neutral machen. rad
Kurz nach ihrem ersten olympischen Wettkampf brach Dinigeer Yilamujiang das strenge Protokoll der Organisatoren. Entgegen ihrer Verpflichtung tauchte sie nicht in der sogenannten Mixed Zone auf. Dort warten Journalisten aus aller Welt und bekommen die Möglichkeit, die Sportler um ein Interview zu bitten. Wer nicht mit den Reportern reden will, muss nicht. Aber durch die Mixed Zone muss eigentlich jeder. Es sei denn, ein medizinischer Notfall verhindert das. Yilamujiang war gesund – und blieb dennoch fern.
Unter normalen Umständen hätten sich wohl wenige Journalisten, zumal aus dem Ausland, für die 20-jährige Skilangläuferin des chinesischen Teams interessiert. Sie landete auf Platz 43 im sogenannten Skiathlon, dessen 15-km-Distanz zur Hälfte im klassischen und zur anderen Hälfte im freien Stil zurückgelegt werden muss. Yilamujiangs Platzierung war erwartbar. In ihrer noch jungen internationalen Laufbahn auf Spitzenniveau lief sie erst einmal in die Top 20, ansonsten unter ferner liefen.
Aber es waren keine normalen Umstände. Yilamujiang hatte rund 19 Stunden zuvor gemeinsam mit dem gleichermaßen unbekannten Nordischen Kombinierer Zhao Jiawen das Olympische Feuer bei der Eröffnungsfeier entzündet. Es gilt als eine große Ehre, weil sie nur ganz wenigen Menschen auf der Welt vorbehalten bleibt. Viele Reporter hätten wissen wollen, was ihr durch den Kopf ging und was sie fühlte. Schließlich wurde ihr Auftritt vor Hunderten Millionen Menschen an den TV-Bildschirmen zu einem Politikum.
Dinigeer Yilamujiang ist uigurischer Abstammung und erfährt als solche eine besondere Aufmerksamkeit in der Welt. Denn Millionen Uiguren werden in China verfolgt, in Umerziehungslager gesperrt und als potenzielle Terroristen von der chinesischen Regierung gebrandmarkt. “Genozid” nennen verschiedene Regierungen, Parlemente und Politiker:innen demokratischer Staaten die dortigen Menschenrechtsverbrechen. Wenn eine Frau dieser Ethnie das Olympische Feuer entfacht, ist es nur logisch, dass sich daran eine hochpolitische Debatte entzündet.
Dem einzigen Medium, dem sie schließlich Rede und Antwort stand, war die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua. “Ich war so aufgeregt, als ich erfahren habe, dass wir die Flamme entzünden sollen. Das ist eine riesige Ehre für mich”, sagte sie dem Sprachrohr der Regierung. “Dieser Moment wird mir für jeden Tag meines restlichen Lebens Kraft geben.”
Ein paar 1000 Kilometer entfernt heulten Yilamujiangs Mutter und einige weitere Frauen Rotz und Wasser in eine Kamera. Männer waren nicht zu sehen in der kurzen Sequenz. Dabei wäre es schön gewesen zu erleben, wie ihr Vater auf die Fernsehbilder aus der Hauptstadt reagierte. Denn er soll es gewesen sein, der die Tochter als Langlauftrainer mit Wintersport in Kontakt brachte. Ihr Vater war selbst Leistungssportler, heißt es.
Als Jugendliche schaffte Yilamujiang, deren uigurischer Nachname Ilhamjan lautet, den Sprung in den Nationalkader. 2018 feiert sie ihr internationales Debüt bei einem Sprintrennen im norwegischen Beitostölen. Sie landete damals auf Platz als 184. Im vergangenen Jahr nahm sie bereits an den Weltmeisterschaften in Oberstdorf teil. Mit der chinesischen Mannschaft erreichte sie im Teamsprint Rang 13.
“China hat alles für mich getan, was es tun konnte. Was mir jetzt nur noch übrig bleibt, ist hart zu trainieren und dem Land Ruhm zu verschaffen”, sagte sie vor den Olympischen Spielen einer Tageszeitung in Xinjiang. Ihr Ziel sei es, eine Olympiamedaille zu gewinnen. Der Traum wird in diesem Jahr nicht in Erfüllung gehen. Dafür reicht ihr Leistungsvermögen schlicht nicht aus. Berühmtheit hat sie seit vergangenem Freitag dennoch erlangt. Und vielleicht war ihre Rolle als Fackelträgerin, die das Feuer entzündete, dem Staat schon Genugtuung genug. grz
Teo Lay Lim wird zum 1. März neue Geschäftsführerin der SPH Media Group. Davor war die Singapurerin Vorstandsvorsitzende bei der Beratungsfirma Accenture Singapore. Die SPH Media Group wurde im vergangenen Dezember aus der Singapur Press Holdings ausgegliedert. Sie veröffentlicht unter anderem die Zeitung The Straits Times und die chinesische Tageszeitung Lianhe Zhaobao.
Es gibt ihn durchaus, natürlichen Schnee in China – so weit das Auge blicken kann. Der herrliche Ausblick stammt aus der autonomen Region Ningxia. Die Olympischen Winterspiele finden aber im trockenen Peking statt. Auf viel Kunstschnee.