Table.Briefing: China

Peking will Umwelt bepreisen + Innovationen bei Akkus

  • Umweltschutz als Karriereleiter für Funktionäre
  • E-Autos: Der Wettlauf um mehr Reichweite
  • Deutsche Ausfuhren verlieren Schwung
  • Covid: Hafen wieder offen, Frachtflughafen mit Problemen
  • USA kontern Impfdiplomatie
  • Peking baut weiter auf Kohlestrom
  • Im Portrait: Alexander Sandkamp – Experte in Sachen Neue Seidenstraße
Liebe Leserin, lieber Leser,

erinnern Sie sich noch an ihren alten Nokia-“Knochen”? In Zeiten der Smartphones wirken alte Handys wie eine Technologie aus grauer Vorzeit. Doch sie hatten auch Vorteile: Man konnte den Akku austauschen und sie waren quasi “unkaputtbar”. In heutigen Smartphones, Laptops und anderen Geräten sind die Akkus häufig fest verschweißt oder verklebt.

Ist die stärkere Integration von Batterie und “Gerät” auch die Zukunft der E-Auto-Batterien? Christiane Kühl hat die neuesten Innovationen bei Akku-Technologien unter die Lupe genommen. CATL beispielsweise baut an Akkus, die fest ins Chassis verbaut werden. Das soll Platz sparen und die Reichweite erhöhen. Es würde jedoch die Probleme der Recyclingindustrie vergrößern.

Welchen finanziellen Wert hat sauberes Wasser, ein intaktes Klima oder die Bestäubungsleistungen von Bienen? Vor diesen schwer zu lösenden Fragen könnte Peking bald stehen. Das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei und der Staatsrat haben Pläne veröffentlicht, den Wert von Naturgütern und -dienstleistungen zu erfassen und sie über Nutzungsrechte handelbar zu machen. Damit soll der Umweltschutz vorangebracht werden. Mittelfristig soll dem Wert der Naturgüter sogar die gleiche Bedeutung beigemessen werden wie dem Wirtschaftswachstum. Das hätte Auswirkungen für Unternehmen und Funktionäre.

Eine spannende Lektüre!

Ihr
Nico Beckert
Bild von Nico  Beckert

Analyse

Peking will der Umwelt einen Preis geben

Seit über 40 Jahren verzeichnet China immense Wachstumsraten. Vom Armenhaus der Welt entwickelte sich das Land zur zweitgrößten Volkswirtschaft. Die gute Wirtschaftsentwicklung ist der entscheidende Grundstein der autoritären Herrschaft der Kommunistischen Partei, weil sie ihr Legitimität verschafft. Doch sie hat auch Kehrseiten: China ist mittlerweile der größte Verursacher von Treibhausgasen. Und das rapide Wirtschaftswachstum geht auf Kosten des Umweltschutzes. Vielerorts sind Luft und Wasser verschmutzt und bewegen selbst Bürgerinnen und Bürger der Diktatur dazu zu protestieren. Deshalb bemühen sich die Behörden, sogar grüne Bewegungen staatlich zu koordinieren.

Doch eine kürzlich getroffene Entscheidung Pekings könnte einen Paradigmenwechsel einleiten. Die Behörden wollen zukünftig den Wert “ökologischer Produkte” und Dienstleistungen erfassen, das beschlossen das Zentralkomitee der KP Chinas und der Staatsrat im April in einem wenig beachteten Dokument. Der Umweltschutz könnte mittelfristig auf eine Stufe mit wirtschaftlichem Wachstum gestellt werden. Das Dokument sieht beispielsweise vor, die lokalen Kader mittelfristig nicht mehr nur nach dem Wirtschaftswachstum zu bewerten, sondern auch danach, wie sie die “ökologischen Produkte”, ergo, die Umwelt schützen. Analysten sehen darin eine “potenziell tektonische Verschiebung, die Chinas politische Landschaft” maßgeblich verändern könnte, wie Trey McAvern von der Beratungsfirma Trivium China sagt.

Auf dem Weg zum Brutto-Ökosystem-Produkt?

Das Zentralkomitee und der Staatsrat wollen der Umwelt einen messbaren finanziellen Wert geben. Damit sollen Politiker, Wirtschaftsakteure und Individuen dazu angehalten werden, die Umwelt zu schützen. Tun sie das, werden sie belohnt. Schaden sie der Umwelt, müssen sie “Kompensationen” zahlen. Explizit betonen die Behörden: Die Praxis, die Umwelt für Wirtschaftswachstum “zu opfern”, solle “vollständig aufgegeben” werden. Umweltschutz und wirtschaftliche Entwicklung sollen sich gegenseitig begünstigen.

Was genau ökologische Produkte und Dienstleistungen sind und wie ihr Wert gemessen werden soll, lassen die Behörden noch offen. Ein Blick Richtung Shenzhen könnte Aufschluss geben. Die Stadt dient als Pilotprojekt und hat den Wert ihrer “ökologischen Ressourcen” anhand von 19 Indikatoren erfasst. Darunter fällt unter anderem inwiefern die Umwelt:

  • zur Produktion von landwirtschaftlichen Gütern beiträgt,
  • das “Klima reguliert”,
  • zur Reinigung der Luft beiträgt,
  • sauberes Wasser bereitstellt,
  • aber auch, welchen touristischen Wert die Umwelt hat.

Die Regierung Shenzhens berechnet aus diesen Einzelwerten einen Indikator namens Brutto-Ökosystem-Produkt (Gross Ecosystem Product – GEP), der den jährlichen Gesamtwert der Umweltprodukte und -dienstleistungen wiedergibt. Das GEP-Pilotprojekt in Shenzhen könnte mittelfristig auf alle Regionen und Provinzen Chinas ausgeweitet werden. Die Ökonomisierung der Umwelt könnte deutliche Auswirkungen auf Unternehmen und politische Entscheidungsträger haben, wie aus dem Dokument des Zentralkomitees und des Staatsrats hervorgeht.

Unternehmen erhalten “Umweltpunkte” und können Umweltgüter handeln

So gibt es Überlegungen, ein “ökologisches Punktesystem für Unternehmen, gesellschaftliche Organisationen und Einzelpersonen” einzuführen. Die Wirtschaftsakteure würde Punkte erhalten, entsprechend ihres Beitrags zum Umweltschutz. Unternehmen, die sich besonders vorbildlich verhalten, winken “Vorteile bei Finanzdienstleistungen und anderen Dienstleistungen”, so das Dokument. Das klingt sehr nach dem schon bestehenden Sozialkreditsystems, das Unternehmen zur Einhaltung von Gesetzen und Regeln anhalten soll (China.Table berichtete).

Die Umweltgüter und -dienstleistungen sollen zudem handelbar werden. Dazu sollen beispielsweise “Handelszentren für ökologische Produkte” aufgebaut werden. Es soll sondiert werden, inwiefern ein Handel mit Industrieemissionen und “Energienutzungsrechten” funktionieren könnte. Der CO2-Emissionshandel könnte China als Vorbild dienen (China.Table berichtete). Auch die Pilotprojekte zum Handel mit “Wasserrechten” sollen verbessert werden. Unternehmen, die besonders umweltfreundlich agieren, könnten also Umwelt-Nutzungsrechte zu Geld machen.

Umweltschutz als Karriereleiter

Chinas Provinzkader dürfte das Dokument von Zentralkomitee und Staatsrat besonders aufhorchen lassen. Bisher wurde der Erfolg der Funktionäre vor allem anhand des Wirtschaftswachstums gemessen. Hohe Wachstumsraten sind für den Aufstieg in die oberen Ränge der KP China maßgeblich. Die Ideen von Zentralkomitee und Staatsrat sehen vor, dass auch Umweltaspekte künftig eine Rolle spielen sollen. Es solle “sondiert werden, wie Indikatoren für den Wert ökologischer Produkte” einbezogen werden können. Mittelfristig könne sogar eine “doppelte Bewertung” eingeführt werden, bei der die Wirtschaftsentwicklung und der Erhalt der “ökologischen Produkte” auf einer Stufe stehen könnten. Ebenso sollen Kader dafür verantwortlich gemacht werden, wenn “der Gesamtwert der ökologischen Produkte in ihrer Amtszeit einen schwerwiegenden Rückgang verzeichnet”.

Für die Funktionäre steht also viel auf dem Spiel. Dementsprechend hoch sind die Anreize, den Wert der “ökologischen Produkte” und Dienstleistungen zu manipulieren. Das ist schon beim Wirtschaftswachstum häufig der Fall. Generell ist es äußerst schwierig, den finanziellen Wert der Natur zu messen. Detaillierte Daten über die natürliche Vegetation oder die CO2-Bindungsrate bestimmter Ökosysteme seien häufig gar nicht vorhanden. Für die meisten “ökologischen Produkte” und Dienstleistungen “gibt es keinen funktionierenden Markt”. Für Regierungen könnte es “ein Leichtes sein, diese Preise zu manipulieren”, schreiben die Berater von Trivium China.

Hinzu kommt: Erst bis 2025 soll der grundlegende Rahmen zur Evaluierung des Werts von “ökologischen Produkten” konzipiert werden. Bis 2035 soll ein Mechanismus zur Bewertung des Werts “ökologischer Güter voll etabliert sein”. Die lokalen Kader haben also noch gut ein Jahrzehnt, um sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen.

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Der Wettlauf um die 1000-km-Marke

Wer bricht zuerst die Schallmauer einer Batteriereichweite von 1000 Kilometern? Gleich mehrere chinesische Firmen nehmen am Wettlauf um das Erreichen des Meilensteins teil. Die Contemporary Amperex Technology Co. Limited, kurz CATL, Chinas größter Hersteller von Lithium-Ionen-Akkus, ist dabei so ziemlich auf allen Gebieten aktiv, um ihren Spitzenplatz in der Branche zu verteidigen.

Vergangene Woche unterzeichnete das Unternehmen mit der Shanghaier Stadtregierung ein Rahmenabkommen zum Bau einer neuen Gigafabrik für Elektroauto-Batterien, ganz in der Nähe vom dortigen Werk des US-E-Autobauers Tesla. Kurz zuvor hatte CATL eine Natrium-Ionen-Batterie präsentiert, die ohne Lithium, Kobalt und Nickel auskommt, allesamt Rohstoffe, die zusehends knapper werden. CATL ist der erste große Hersteller, der diese Technologie vorstellte (China.Table berichtete). Bis 2023 soll die Lieferkette stehen.

Die Energiedichte der neuen Natrium-Ionen-Batterien sei zwar noch niedriger als bei herkömmlichen Batterien, sagte Huang Qisen, stellvertretender Leiter des CATL-Forschungszentrums. Aber sie funktioniere auch bei kaltem Wetter und für Schnellladeverfahren. Die drei aktuellen Stoffmischungen bei Elektroauto-Batterien sind Nickel-Kobalt-Aluminium (NCA), Nickel-Kobalt-Mangan (NCM) und Lithium-Eisenphosphat (LFP).

Weniger Platzbedarf: Strukturelle Autobatterien

Auch bei sogenannten strukturellen Autobatterien ist CATL aktiv: Dabei geht es um eine “Cell-to-Pack” (CTP)-Technologie sowie – in einem weiteren Schritt zur Integration von Batterie und Karosserie – einen “Cell-to Chassis” (CTC)-Ansatz. Bei CTP werden Batteriezellen direkt ins Batterie-Gehäuse eingesetzt, ohne sie zuvor in Modulen anzuordnen. CTC verzichtet sogar auf das Gehäuse selbst: Die Batteriezellen werden direkt ins Chassis integriert. Das schafft mehr Platz für mehr Zellen bei gleichem Bauvolumen, weil Module und Packs nicht mehr nötig sind. Mehr Zellen erhöhen die Reichweite. Heute dagegen sitzen die Batterien noch in “sperrigen und schweren Gehäusen im Unterboden” der Stromer, schreibt das Fachmagazin Auto-Motor-Sport.

CATL bietet CTP-Batterien bereits seit 2019 an. Sie werden etwa im Tesla Model 3 sowie in Elektroautos des Start-ups Nio eingebaut. Schon dieser Batterietyp ermöglicht nach einem Bericht des Fachmagazins CNEVpost.com eine um 15 bis 20 Prozent größere Effizienz in der Raumnutzung und benötigt 40 Prozent weniger Bauteile.

Die noch platzsparendere CTC-Variante will CATL bis 2025 auf den Markt bringen. Damit könne eine Reichweite für Elektroautos von über 800 Kilometer pro Batterieladung erreicht werden, sagte der CATL-Vorsitzende Zeng Yuqun vor einem Jahr auf einer Industrie-Konferenz in Wuhan. Im Januar kündigte Xiang Yanhuo, Präsident der CATL-Abteilung Passenger Vehicle Solutions (PVS) an, bis 2028 eine noch weiter entwickelte, intelligente CTC-Variante präsentieren zu wollen. Spätestens dann könnten die 1000 Kilometer Reichweite geknackt werden.

Auch der private chinesische Autobauer BYD hat eine eigene Batterie in CTP-Technologie entwickelt, die es unter dem chinesischen Namen “Doupian”-Batterie vermarktet – was auf Deutsch soviel wie “Klingenbatterie” bedeutet (englisch “Blade Battery”). Die Batterie heißt so, weil sie flacher und länglicher ist als herkömmliche quadratische Batterien. BYD setzt diese Modelle aus traditionellem Lithium-Eisenphosphat (LFP) in seine E-Limousine Han ein. Damit hat das Fahrzeug laut BYD eine Reichweite von über 600 Kilometern.

CATL und BYD mit strukturellen Batterien am Markt

Im April 2021 kündigte BYD zudem an, alle künftigen E-Modelle mit der Blade-Batterie auszustatten. Das Unternehmen betonte, dass sie sich bei Bruch-, Druck- oder Brandtests als besonders sicher erwiesen habe. Die Technologie werde “Spontanverbrennungen in Elektrofahrzeugen ein Ende setzen”, sagte BYD-Gründer Wang Chuanfu. Der Platzbedarf der Batterie-Installation sei zudem um 50 Prozent geringer als bei einer vergleichbaren herkömmlichen Batterie, hieß es.

BYD will die Blade-Batterien auch an andere Hersteller verkaufen. Unter anderem sollen der koreanische Autobauer Hyundai und Tesla interessiert sein. Die chinesische Website cls.cn berichtete Anfang August, dass die Lieferung der Batterie an Tesla im zweiten Quartal 2022 beginnen soll. Dies wurde bislang nicht bestätigt – würde aber nach den Worten des Auto-China-Experten Michael Dunne einen “Turbo-Glaubwürdigkeits-Booster” für BYD bedeuten. Tesla entwickelt derweil in den USA auch eigene CTP-Batterien.

Feststoffbatterien für mehr Sicherheit

Eine weitere Alternative für die Zukunft sind sogenannte Feststoffbatterien, deren Elektroden und Elektrolyt aus festem anorganischem Material bestehen. Dies gilt als zuverlässiger, effizienter und sicherer als die herkömmlichen flüssigen oder Polymer-Gel-Elektrolyte der aktuellen Batterien. Flüssige Elektrolyte mit organischen Bestandteilen sind brandgefährlich – die Technologie könnte also eine der großen Sorgen der Elektrobranche lindern.

CATL forscht auch an Lithium-Metall-Feststoffbatterien, wie PVS-Präsident Xiang im Januar sagte. Das Unternehmen will diese Technologie bis 2030 zur Serienreife bringen. Mit 400 Wattstunden pro Kilogramm (Wh/kg) sollen die CATL-Feststoffbatterien rund die doppelte Energiedichte aktueller Akkus erreichen – und eine Reichweite von 1000 Kilometern in greifbare Nähe bringen.

Feststoffbatterien will unter anderem Nio nutzen. Das Start-up hat nach eigenen Angaben als erstes Unternehmen eine 150-kWh-Festkörperbatterie mit 360 Wh/kg Energiedichte in ein Auto eingebaut: in das jüngste Modell im Portfolio, die E-Limousine ET7. Damit werde der ET7 mehr als 1000 km Reichweite schaffen, kündigte Nio an. Wer der Lieferant ist, teilte Nio bislang aber nicht mit – doch Spekulationen ranken sich vor allem um CATL.

Viele der großen Pläne sind noch Zukunftsmusik. Vielleicht wird nicht alles davon am Ende funktionieren. Doch es zeigt, dass China bei dem Thema aufs Tempo drückt und die entscheidenden Firmen an substantiellen Innovationen arbeiten.

Hauchdünnes Graphen für schnelleres Ladetempo

Neben den Plänen der Batterie-Platzhirsche wie CATL und BYD gibt es auch exotischere Projekte. Im Winter verkündete der Staatskonzern Guangzhou Auto (GAC), er habe eine mit hauchdünnem Graphen ausgestattete Super-Schnellladebatterie entwickelt, die nun in Fahrzeugen getestet werde. Das Konzernmodell Aion V – das erste Fahrzeug, das mit der Batterie ausgestattet wird, soll in wenigen Wochen in Serie gehen.

Graphen besteht aus nur einer Lage von Kohlenstoffatomen und gilt als das dünnste Material der Welt. Aufgrund der hervorragenden Leitfähigkeit und der speziellen 3D-Struktur dieses Materials kann ein Auto mit der neuen GAC-Batterie nach Angaben des Unternehmens innerhalb von nur acht Minuten auf 80 Prozent der Batterie-Kapazität aufgeladen werden. Das wäre dann kaum noch länger als ein normaler Tankstellenbesuch mit dem Verbrenner.

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News

Deutsche Exporte nach China gesunken

Deutsche Exporte in die Volksrepublik China sind im Juli erstmals nach fast einem Jahr wieder gesunken. Die Ausfuhren im vergangenen Monat beliefen sich auf 8,4 Milliarden Euro und sanken damit im Vergleich zum Juli des Vorjahres um 3,9 Prozent. Damit kassierte die deutsche Exportwirtschaft das erste Minus in China nach elf Monaten. Gleichzeitig war es der größte Einbruch im bilateralen Handel mit der Volksrepublik seit Mai 2020, als der Welthandel unter den Folgen der ersten Corona-Welle litt. Im ersten Halbjahr 2021 hatten die Ausfuhren aus Deutschland in die Volksrepublik noch um 19 Prozent auf knapp 53 Milliarden Euro zugelegt.

Der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier, bezeichnete die Zahlen gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters als “ernüchterndes Zeichen”. Transportprobleme im Schiffsverkehr und Engpässe bei Materialien hätten für Störungen in den internationalen Lieferketten gesorgt: Laut einer DIHK-Umfrage klagen 73 Prozent der deutschen Betriebe von längeren Wartezeiten bei bestellten Rohstoffen, Waren und Vorprodukten. Treier sieht in der “mangelhaften Versorgung der Automobilindustrie mit Halbleitern einen wichtigen Grund für den Rückstoß bei den Juli-Exporten.”

Nicht überbewerten will man die Entwicklung im Juli bei der Commerzbank, wo man dennoch einen weiteren Verlust an Dynamik im China-Geschäft im Restjahr erwartet. Die gestraffte Geldpolitik der chinesischen Zentralbank und gedrosselte staatliche Unterstützung “bekommt auch Deutschland zu spüren”, sagte Analyst Ralph Solveen gegenüber Reuters.

Deutlich besser lief der Export in die Vereinigten Staaten, wohin im Juli deutsche Waren im Wert von 10,8 Milliarden Euro geliefert wurden. Das entspricht einem Plus von 15,3 Prozent im Jahresvergleich. grz

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“Ernsthafter Rückstau” in Pudong erwartet

Während der Hafen in Ningbo in den Regelbetrieb zurückgekehrt ist, droht jetzt der Frachtabfertigung am Shanghaier Flughafen Pudong wegen neuer Corona-Infektionen unter örtlichen Mitarbeitern ein “ernsthafter Rückstau”. Seit Ende vergangener Woche sind bereits mehrere Flüge gestrichen und die Verzollung von Waren verzögert worden. Laut einer Sprecherin des Frachtunternehmens SEKO Logistics habe die Geschwindigkeit bei der Abwicklung von Exporten deutlich eingebüßt, und internationale Fluggesellschaften hätten damit begonnen, Frachtmaschinen in den Süden und Westen der Volksrepublik umzuleiten.

Am Freitag und am Samstag waren insgesamt fünf Cargo-Arbeiter in Pudong positiv auf das Coronavirus getestet worden. Die Flughafenbehörde setzte daraufhin 143 direkte Kontaktpersonen unter Quarantäne. Weitere knapp 1.000 Menschen seien als indirekte Kontakte ebenfalls angewiesen worden, sich zu isolieren.

Die Abfertigungen im drittgrößten Containerhafen der Welt in Ningbo laufen derweil seit Mittwoch wieder im Normalbetrieb. Die Behörden hatten am 11. August die vorübergehende Schließung eines wichtigen Terminals für 14 Tage angeordnet. Zahlreiche Frachter waren dazu gezwungen, entweder wochenlang auf ihre Abfertigung zu warten oder einen alternativen Hafen anzusteuern. grz

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  • Ningbo Zhoushan Port

USA kontern Chinas Impfdiplomatie

Im Machtkampf zwischen den USA und China um politischen Einfluss in Südostasien hat US-Vizepräsidentin Kamala Harris im Rahmen ihres Staatsbesuchs in Vietnam die kostenlose Lieferung von einer Million Impfdosen zugesagt. Einen Tag nachdem die Volksrepublik China seinem Nachbarland 200.000 Dosen geliefert hatte, kündigte Harris die Versorgung des Landes mit der fünffachen Menge ab dem heutigen Donnerstag an. Zudem gab Harris bekannt, dass die USA in Vietnam ein weiteres Büro ihres Centres for Disease Control and Prevention (CDC) eröffnen werden, um gemeinsame Forschungsarbeit zu koordinieren und auf künftige Pandemien besser vorbereitet zu sein. Es ist das vierte Regionalbüro des CDC in Südostasien.

Impfdiplomatie soll Pekings Machtanspruch kontern

Die Versorgung mit Impfstoff nahm Vietnams Präsident Nguyen Xuan Phuc als “wahrhaft wertvoll und bedeutend” für sein Land zur Kenntnis. In Vietnam sind bislang nur 1,9 Prozent der knapp 97 Millionen Einwohner vollständig geimpft. Die USA haben damit rund ein Fünftel ihrer gespendeten Impfdosen an Staaten in Südostasien zur Verfügung gestellt. Die Impfdiplomatie ist Teil einer US-Charmeoffensive in der Region, um den wachsenden Machtanspruch Pekings zu kontern.

Unter anderem beansprucht die Volksrepublik das gesamte Südchinesische Meer als ihr Territorium und missachtet dabei internationales Recht. Das verärgert die Anrainerstaaten zwar, doch wegen der großen wirtschaftlichen Bedeutung Chinas für ihre eigene Entwicklung fürchten die Länder, in die Mühlen des geostrategischen Wettbewerbs der beiden Großmächte zu geraten.

Entsprechend diplomatisch hatte sich Vietnams Premierminister Pham Minh Chinh nach einem Treffen mit dem chinesischen Botschafter am Vortag des Besuchs von Kamala Harris geäußert. Sein Land würde nicht in eine antichinesische Allianz eintreten. Vietnam wünsche sich, das politische Vertrauensverhältnis mit China zu erweitern, den Austausch zu fördern und die Zusammenarbeit zu stabilisieren. Allerdings befürwortete Pham auch eine Beschleunigung der Verhandlungen zwischen China und der Vereinigung Südostasiatischer Staaten (ASEAN) über einen Verhaltenskodex im Südchinesischen Meer. grz

  • Coronavirus
  • Geopolitik
  • Indopazifik
  • Kamala Harris
  • Vietnam

China deckt steigenden Strombedarf mit Kohle

Chinas Strombedarf ist im ersten Halbjahr 2021 im Vergleich zum 1. Halbjahr 2019 um 14 Prozent gestiegen. Über zwei Drittel der Stromnachfrage wurde mit Kohlestrom gedeckt, 29 Prozent aus Wind- und Solarenergie, wie aus einer neuen Erhebung des Klima-Think-Tank Ember hervorgeht. Demzufolge stieg der Anteil Chinas an der weltweiten Kohleverstromung von 50 Prozent im Jahr 2019 auf 53 Prozent. Der Pro-Kopf-Stromverbrauch der Volksrepublik nähert sich dem EU-Level an und ist seit dem Jahr 2000 um das Sechsfache angestiegen.

Obwohl China die erneuerbaren Energien stark ausgebaut hat, sind die CO2-Emissionen aufgrund der hohen Stromnachfrage und dem Zubau an Kohlekraftwerken in die Höhe geschnellt. Die Volksrepublik hat demzufolge im Untersuchungszeitraum mehr Kohlekapazitäten zugebaut als insgesamt in der EU vorhanden sind. Gleichzeitig wurde in der Volksrepublik jedoch auch sechsmal mehr Solar- und Windkraftkapazität zugebaut als in der EU. Ember wählte den Vergleichszeitraum 2019, um die Effekte der Covid-Pandemie und der damit einhergehenden wirtschaftlichen Verlangsamung zu minimieren.

Eine am Mittwoch veröffentlichte Studie von Greenpeace zeigt, dass lokale Behörden im ersten Halbjahr dieses Jahres 24 neue Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von 5,2 Gigawatt genehmigt haben. Der NGO zufolge sind das 79 Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2020. nib

  • Energie
  • Erneuerbare Energien
  • Klima
  • Kohlekraft
  • Nachhaltigkeit

Presseschau

China-US relations: Beijing hits out at American credibility as Kamala Harris moves to reassure Asia SCMP (PAY)
China Warns of Retaliation Ahead of U.S. Report on Virus Origins BLOOMBERG (PAY)
Private schools distort China’s property market, frustrating Xi’s egalitarian quest FT (PAY)
Chinese Factories Are Having Labor Pains-‘We Can Hardly Find Any Workers’ WSJ (PAY)
Pinduoduo shares jump 22% after pledge to donate profits FT (PAY)
Schüler müssen Xis “Lehren” lernen FAZ
Nach zwei Wochen Quarantäne: China öffnet Hafen-Terminal wieder TAGESSCHAU
Afghanistan: Russland und China schließen sich gegen Taliban zusammen RND

Portrait

Alexander Sandkamp – Experte in Sachen Neue Seidenstraße

Experte für Neue Seidenstraße Alexander Sandkamp
Juniorprofessor für Volkswirtschaftslehre an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel

Wer sich für den internationalen Handel als Forschungsschwerpunkt entscheidet, kommt kaum am größten Infrastrukturprojekt der Welt vorbei: Chinas Neue Seidenstraße, auch als Belt-and-Road-Initiative (BRI) bekannt. Dazu zählt Alexander Sandkamp, Juniorprofessor für Volkswirtschaftslehre an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel und Fellow am Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel. Seit einer Weile schon beschäftigt sich der 32-Jährige mit den Implikationen der Neuen Seidenstraße. “Gemischte Gefühle” überkommen ihn dabei, wie er sagt, bestehend aus Euphorie einerseits und Sorge andererseits.

Neue Seidenstraße: Zwischen Euphorie und Sorge

Am Anfang war vor allem die Euphorie. Sandkamp erinnert sich noch gut an das Jahr 2013. Damals rückte Xi Jinping offiziell in die Rolle des neuen Staatschefs der Volksrepublik auf und beeindruckte die Welt mit einem atemberaubenden Plan. Hunderte Bauprojekte mit einem Investitionsvolumen von mehreren Billionen Dollar sollten in den kommenden Jahrzehnten die Weltwirtschaft ankurbeln und die Basis legen für florierenden Handel zwischen den Volkswirtschaften in der ganzen Welt. Der Clou an der Sache: Alle Wege führen am Ende nach China.

“Damals dachte ich: super, Ausbau der Infrastruktur”, sagt Sandkamp. Die Aussicht auf neue Eisenbahnstrecken, moderne Seehäfen und die engere Anbindung von Ländern wie Kirgisistan und Usbekistan an die Weltwirtschaft faszinierten Sandkamp. Und nach wie vor zieht ihn die Wucht dieses Projektes in den Bann.

Aber inzwischen stellen sich beim Aufbau der Neuen Seidenstraße Konturen heraus, die auch viele Befürworter des Projekts ernüchtern. Von “Risiken und Nebenwirkungen“, die man im Auge behalten sollte, spricht Sandkamp heute. Zum Beispiel was die wachsende Abhängigkeit einzelner Länder von China angeht oder die “diskriminierende Nutzung” der Infrastruktur, was im Klartext heißt, dass sich China bewusst Vorteile verschaffen will. Als Experte für den internationalen Handel mahnt Sandkamp heute: “Es ist wichtig, dass die EU nicht tatenlos zusieht, sondern auch aktiv reagiert.”

Promotion zu Anti-Dumping-Zöllen

Dass sich die Wirtschaft wie ein roter Faden durch sein Berufsleben ziehen würde, zeichnete sich schon frühzeitig ab. Sandkamp absolvierte einst sein Abitur in England. Ihn fesselten damals schon die Wirtschaftswissenschaften. “Probleme mathematisch aufzubereiten und zu modellieren, hat mich begeistert”, erzählt er.

Den Zugang zu China fand Sandkamp dagegen über die Sprache. Während alle anderen sich eher an den “0815-Fremdsprachen” versuchten, wollte er Chinesisch lernen. “In England habe ich außerdem viele nette Leute aus China kennengelernt”, erinnert er sich, “und meistens wird das Interesse an einem Land ja doch über die Menschen geweckt.”

Doch erst mit der Promotion beschäftigte sich Sandkamp auch das erste Mal beruflich mit China. Genauer gesagt mit den Auswirkungen von Anti-Dumping-Zöllen auf den internationalen Handel und ihrem Widerspruch zum eigentlich angestrebten fairen Wettbewerb. “Die Methodik der EU führt dazu, dass der Handel mit chinesischen Exporteuren besonders stark zurückgeht”, stellte Sandkamp fest.

Schon als er seinen Master an der London School of Economics and Political Science und an der HEC Paris machte und später für die Promotion nach Deutschland ans ifo Institut für Wirtschaftsforschung und die Ludwig-Maximilians-Universität in München ging, hat ihn immer die “Nähe zur Politikberatung gereizt”. Eine dringende Empfehlung für alle Politiker der Welt sammelte Sandkamp derweil bei seiner ersten Peking-Reise. Tiefer Smog hang über der Stadt und sorgte für einen Aha-Effekt: “Das führt vor Augen, dass wir alle doch ein bisschen mehr für die Umwelt tun sollten”, sagt er. Lisa Winter

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Personalien

Wan Gyn Ang bisherige CEO der Werbeagentur Carat China wird neue Senior Vice President von Brainlabs Digital Marketing in Singapur. Ang war bei Carat China verantwortlich für die Bereitstellung datengesteuerter Kommunikationsstrategien und transformativer Arbeit in Shanghai, Peking und Guangzhou. Brainlabs hatte Anfang des Jahres in Singapur sein erstes Büro für die Asien-Pazifik-Region eröffnet.

Guy Bradley (55) wird neuer Chef von Swire Pacific. Er ist seit 1987 bei dem Mischkonzern und erweiterte das Immobiliengeschäft der Gruppe auf dem chinesischen Festland. Bradley folgt auf Merlin Swire (47), der die in China erzielten Umsätze der Gruppe massiv erhöhen konnte.

Dessert

Da fliegen die Säbel – bei den Paralympics trat Li Hao aus China (li.) gegen den Briten Piers Gilliver an. Li besiegte seinen Kontrahenten und sicherte sich nach weiteren Duellen die Goldmedaille. Es war die erste für China bei den diesjährigen Paralympics in Tokio.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    • USA kontern Impfdiplomatie
    • Peking baut weiter auf Kohlestrom
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    Ist die stärkere Integration von Batterie und “Gerät” auch die Zukunft der E-Auto-Batterien? Christiane Kühl hat die neuesten Innovationen bei Akku-Technologien unter die Lupe genommen. CATL beispielsweise baut an Akkus, die fest ins Chassis verbaut werden. Das soll Platz sparen und die Reichweite erhöhen. Es würde jedoch die Probleme der Recyclingindustrie vergrößern.

    Welchen finanziellen Wert hat sauberes Wasser, ein intaktes Klima oder die Bestäubungsleistungen von Bienen? Vor diesen schwer zu lösenden Fragen könnte Peking bald stehen. Das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei und der Staatsrat haben Pläne veröffentlicht, den Wert von Naturgütern und -dienstleistungen zu erfassen und sie über Nutzungsrechte handelbar zu machen. Damit soll der Umweltschutz vorangebracht werden. Mittelfristig soll dem Wert der Naturgüter sogar die gleiche Bedeutung beigemessen werden wie dem Wirtschaftswachstum. Das hätte Auswirkungen für Unternehmen und Funktionäre.

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    Nico Beckert
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    Peking will der Umwelt einen Preis geben

    Seit über 40 Jahren verzeichnet China immense Wachstumsraten. Vom Armenhaus der Welt entwickelte sich das Land zur zweitgrößten Volkswirtschaft. Die gute Wirtschaftsentwicklung ist der entscheidende Grundstein der autoritären Herrschaft der Kommunistischen Partei, weil sie ihr Legitimität verschafft. Doch sie hat auch Kehrseiten: China ist mittlerweile der größte Verursacher von Treibhausgasen. Und das rapide Wirtschaftswachstum geht auf Kosten des Umweltschutzes. Vielerorts sind Luft und Wasser verschmutzt und bewegen selbst Bürgerinnen und Bürger der Diktatur dazu zu protestieren. Deshalb bemühen sich die Behörden, sogar grüne Bewegungen staatlich zu koordinieren.

    Doch eine kürzlich getroffene Entscheidung Pekings könnte einen Paradigmenwechsel einleiten. Die Behörden wollen zukünftig den Wert “ökologischer Produkte” und Dienstleistungen erfassen, das beschlossen das Zentralkomitee der KP Chinas und der Staatsrat im April in einem wenig beachteten Dokument. Der Umweltschutz könnte mittelfristig auf eine Stufe mit wirtschaftlichem Wachstum gestellt werden. Das Dokument sieht beispielsweise vor, die lokalen Kader mittelfristig nicht mehr nur nach dem Wirtschaftswachstum zu bewerten, sondern auch danach, wie sie die “ökologischen Produkte”, ergo, die Umwelt schützen. Analysten sehen darin eine “potenziell tektonische Verschiebung, die Chinas politische Landschaft” maßgeblich verändern könnte, wie Trey McAvern von der Beratungsfirma Trivium China sagt.

    Auf dem Weg zum Brutto-Ökosystem-Produkt?

    Das Zentralkomitee und der Staatsrat wollen der Umwelt einen messbaren finanziellen Wert geben. Damit sollen Politiker, Wirtschaftsakteure und Individuen dazu angehalten werden, die Umwelt zu schützen. Tun sie das, werden sie belohnt. Schaden sie der Umwelt, müssen sie “Kompensationen” zahlen. Explizit betonen die Behörden: Die Praxis, die Umwelt für Wirtschaftswachstum “zu opfern”, solle “vollständig aufgegeben” werden. Umweltschutz und wirtschaftliche Entwicklung sollen sich gegenseitig begünstigen.

    Was genau ökologische Produkte und Dienstleistungen sind und wie ihr Wert gemessen werden soll, lassen die Behörden noch offen. Ein Blick Richtung Shenzhen könnte Aufschluss geben. Die Stadt dient als Pilotprojekt und hat den Wert ihrer “ökologischen Ressourcen” anhand von 19 Indikatoren erfasst. Darunter fällt unter anderem inwiefern die Umwelt:

    • zur Produktion von landwirtschaftlichen Gütern beiträgt,
    • das “Klima reguliert”,
    • zur Reinigung der Luft beiträgt,
    • sauberes Wasser bereitstellt,
    • aber auch, welchen touristischen Wert die Umwelt hat.

    Die Regierung Shenzhens berechnet aus diesen Einzelwerten einen Indikator namens Brutto-Ökosystem-Produkt (Gross Ecosystem Product – GEP), der den jährlichen Gesamtwert der Umweltprodukte und -dienstleistungen wiedergibt. Das GEP-Pilotprojekt in Shenzhen könnte mittelfristig auf alle Regionen und Provinzen Chinas ausgeweitet werden. Die Ökonomisierung der Umwelt könnte deutliche Auswirkungen auf Unternehmen und politische Entscheidungsträger haben, wie aus dem Dokument des Zentralkomitees und des Staatsrats hervorgeht.

    Unternehmen erhalten “Umweltpunkte” und können Umweltgüter handeln

    So gibt es Überlegungen, ein “ökologisches Punktesystem für Unternehmen, gesellschaftliche Organisationen und Einzelpersonen” einzuführen. Die Wirtschaftsakteure würde Punkte erhalten, entsprechend ihres Beitrags zum Umweltschutz. Unternehmen, die sich besonders vorbildlich verhalten, winken “Vorteile bei Finanzdienstleistungen und anderen Dienstleistungen”, so das Dokument. Das klingt sehr nach dem schon bestehenden Sozialkreditsystems, das Unternehmen zur Einhaltung von Gesetzen und Regeln anhalten soll (China.Table berichtete).

    Die Umweltgüter und -dienstleistungen sollen zudem handelbar werden. Dazu sollen beispielsweise “Handelszentren für ökologische Produkte” aufgebaut werden. Es soll sondiert werden, inwiefern ein Handel mit Industrieemissionen und “Energienutzungsrechten” funktionieren könnte. Der CO2-Emissionshandel könnte China als Vorbild dienen (China.Table berichtete). Auch die Pilotprojekte zum Handel mit “Wasserrechten” sollen verbessert werden. Unternehmen, die besonders umweltfreundlich agieren, könnten also Umwelt-Nutzungsrechte zu Geld machen.

    Umweltschutz als Karriereleiter

    Chinas Provinzkader dürfte das Dokument von Zentralkomitee und Staatsrat besonders aufhorchen lassen. Bisher wurde der Erfolg der Funktionäre vor allem anhand des Wirtschaftswachstums gemessen. Hohe Wachstumsraten sind für den Aufstieg in die oberen Ränge der KP China maßgeblich. Die Ideen von Zentralkomitee und Staatsrat sehen vor, dass auch Umweltaspekte künftig eine Rolle spielen sollen. Es solle “sondiert werden, wie Indikatoren für den Wert ökologischer Produkte” einbezogen werden können. Mittelfristig könne sogar eine “doppelte Bewertung” eingeführt werden, bei der die Wirtschaftsentwicklung und der Erhalt der “ökologischen Produkte” auf einer Stufe stehen könnten. Ebenso sollen Kader dafür verantwortlich gemacht werden, wenn “der Gesamtwert der ökologischen Produkte in ihrer Amtszeit einen schwerwiegenden Rückgang verzeichnet”.

    Für die Funktionäre steht also viel auf dem Spiel. Dementsprechend hoch sind die Anreize, den Wert der “ökologischen Produkte” und Dienstleistungen zu manipulieren. Das ist schon beim Wirtschaftswachstum häufig der Fall. Generell ist es äußerst schwierig, den finanziellen Wert der Natur zu messen. Detaillierte Daten über die natürliche Vegetation oder die CO2-Bindungsrate bestimmter Ökosysteme seien häufig gar nicht vorhanden. Für die meisten “ökologischen Produkte” und Dienstleistungen “gibt es keinen funktionierenden Markt”. Für Regierungen könnte es “ein Leichtes sein, diese Preise zu manipulieren”, schreiben die Berater von Trivium China.

    Hinzu kommt: Erst bis 2025 soll der grundlegende Rahmen zur Evaluierung des Werts von “ökologischen Produkten” konzipiert werden. Bis 2035 soll ein Mechanismus zur Bewertung des Werts “ökologischer Güter voll etabliert sein”. Die lokalen Kader haben also noch gut ein Jahrzehnt, um sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen.

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    Der Wettlauf um die 1000-km-Marke

    Wer bricht zuerst die Schallmauer einer Batteriereichweite von 1000 Kilometern? Gleich mehrere chinesische Firmen nehmen am Wettlauf um das Erreichen des Meilensteins teil. Die Contemporary Amperex Technology Co. Limited, kurz CATL, Chinas größter Hersteller von Lithium-Ionen-Akkus, ist dabei so ziemlich auf allen Gebieten aktiv, um ihren Spitzenplatz in der Branche zu verteidigen.

    Vergangene Woche unterzeichnete das Unternehmen mit der Shanghaier Stadtregierung ein Rahmenabkommen zum Bau einer neuen Gigafabrik für Elektroauto-Batterien, ganz in der Nähe vom dortigen Werk des US-E-Autobauers Tesla. Kurz zuvor hatte CATL eine Natrium-Ionen-Batterie präsentiert, die ohne Lithium, Kobalt und Nickel auskommt, allesamt Rohstoffe, die zusehends knapper werden. CATL ist der erste große Hersteller, der diese Technologie vorstellte (China.Table berichtete). Bis 2023 soll die Lieferkette stehen.

    Die Energiedichte der neuen Natrium-Ionen-Batterien sei zwar noch niedriger als bei herkömmlichen Batterien, sagte Huang Qisen, stellvertretender Leiter des CATL-Forschungszentrums. Aber sie funktioniere auch bei kaltem Wetter und für Schnellladeverfahren. Die drei aktuellen Stoffmischungen bei Elektroauto-Batterien sind Nickel-Kobalt-Aluminium (NCA), Nickel-Kobalt-Mangan (NCM) und Lithium-Eisenphosphat (LFP).

    Weniger Platzbedarf: Strukturelle Autobatterien

    Auch bei sogenannten strukturellen Autobatterien ist CATL aktiv: Dabei geht es um eine “Cell-to-Pack” (CTP)-Technologie sowie – in einem weiteren Schritt zur Integration von Batterie und Karosserie – einen “Cell-to Chassis” (CTC)-Ansatz. Bei CTP werden Batteriezellen direkt ins Batterie-Gehäuse eingesetzt, ohne sie zuvor in Modulen anzuordnen. CTC verzichtet sogar auf das Gehäuse selbst: Die Batteriezellen werden direkt ins Chassis integriert. Das schafft mehr Platz für mehr Zellen bei gleichem Bauvolumen, weil Module und Packs nicht mehr nötig sind. Mehr Zellen erhöhen die Reichweite. Heute dagegen sitzen die Batterien noch in “sperrigen und schweren Gehäusen im Unterboden” der Stromer, schreibt das Fachmagazin Auto-Motor-Sport.

    CATL bietet CTP-Batterien bereits seit 2019 an. Sie werden etwa im Tesla Model 3 sowie in Elektroautos des Start-ups Nio eingebaut. Schon dieser Batterietyp ermöglicht nach einem Bericht des Fachmagazins CNEVpost.com eine um 15 bis 20 Prozent größere Effizienz in der Raumnutzung und benötigt 40 Prozent weniger Bauteile.

    Die noch platzsparendere CTC-Variante will CATL bis 2025 auf den Markt bringen. Damit könne eine Reichweite für Elektroautos von über 800 Kilometer pro Batterieladung erreicht werden, sagte der CATL-Vorsitzende Zeng Yuqun vor einem Jahr auf einer Industrie-Konferenz in Wuhan. Im Januar kündigte Xiang Yanhuo, Präsident der CATL-Abteilung Passenger Vehicle Solutions (PVS) an, bis 2028 eine noch weiter entwickelte, intelligente CTC-Variante präsentieren zu wollen. Spätestens dann könnten die 1000 Kilometer Reichweite geknackt werden.

    Auch der private chinesische Autobauer BYD hat eine eigene Batterie in CTP-Technologie entwickelt, die es unter dem chinesischen Namen “Doupian”-Batterie vermarktet – was auf Deutsch soviel wie “Klingenbatterie” bedeutet (englisch “Blade Battery”). Die Batterie heißt so, weil sie flacher und länglicher ist als herkömmliche quadratische Batterien. BYD setzt diese Modelle aus traditionellem Lithium-Eisenphosphat (LFP) in seine E-Limousine Han ein. Damit hat das Fahrzeug laut BYD eine Reichweite von über 600 Kilometern.

    CATL und BYD mit strukturellen Batterien am Markt

    Im April 2021 kündigte BYD zudem an, alle künftigen E-Modelle mit der Blade-Batterie auszustatten. Das Unternehmen betonte, dass sie sich bei Bruch-, Druck- oder Brandtests als besonders sicher erwiesen habe. Die Technologie werde “Spontanverbrennungen in Elektrofahrzeugen ein Ende setzen”, sagte BYD-Gründer Wang Chuanfu. Der Platzbedarf der Batterie-Installation sei zudem um 50 Prozent geringer als bei einer vergleichbaren herkömmlichen Batterie, hieß es.

    BYD will die Blade-Batterien auch an andere Hersteller verkaufen. Unter anderem sollen der koreanische Autobauer Hyundai und Tesla interessiert sein. Die chinesische Website cls.cn berichtete Anfang August, dass die Lieferung der Batterie an Tesla im zweiten Quartal 2022 beginnen soll. Dies wurde bislang nicht bestätigt – würde aber nach den Worten des Auto-China-Experten Michael Dunne einen “Turbo-Glaubwürdigkeits-Booster” für BYD bedeuten. Tesla entwickelt derweil in den USA auch eigene CTP-Batterien.

    Feststoffbatterien für mehr Sicherheit

    Eine weitere Alternative für die Zukunft sind sogenannte Feststoffbatterien, deren Elektroden und Elektrolyt aus festem anorganischem Material bestehen. Dies gilt als zuverlässiger, effizienter und sicherer als die herkömmlichen flüssigen oder Polymer-Gel-Elektrolyte der aktuellen Batterien. Flüssige Elektrolyte mit organischen Bestandteilen sind brandgefährlich – die Technologie könnte also eine der großen Sorgen der Elektrobranche lindern.

    CATL forscht auch an Lithium-Metall-Feststoffbatterien, wie PVS-Präsident Xiang im Januar sagte. Das Unternehmen will diese Technologie bis 2030 zur Serienreife bringen. Mit 400 Wattstunden pro Kilogramm (Wh/kg) sollen die CATL-Feststoffbatterien rund die doppelte Energiedichte aktueller Akkus erreichen – und eine Reichweite von 1000 Kilometern in greifbare Nähe bringen.

    Feststoffbatterien will unter anderem Nio nutzen. Das Start-up hat nach eigenen Angaben als erstes Unternehmen eine 150-kWh-Festkörperbatterie mit 360 Wh/kg Energiedichte in ein Auto eingebaut: in das jüngste Modell im Portfolio, die E-Limousine ET7. Damit werde der ET7 mehr als 1000 km Reichweite schaffen, kündigte Nio an. Wer der Lieferant ist, teilte Nio bislang aber nicht mit – doch Spekulationen ranken sich vor allem um CATL.

    Viele der großen Pläne sind noch Zukunftsmusik. Vielleicht wird nicht alles davon am Ende funktionieren. Doch es zeigt, dass China bei dem Thema aufs Tempo drückt und die entscheidenden Firmen an substantiellen Innovationen arbeiten.

    Hauchdünnes Graphen für schnelleres Ladetempo

    Neben den Plänen der Batterie-Platzhirsche wie CATL und BYD gibt es auch exotischere Projekte. Im Winter verkündete der Staatskonzern Guangzhou Auto (GAC), er habe eine mit hauchdünnem Graphen ausgestattete Super-Schnellladebatterie entwickelt, die nun in Fahrzeugen getestet werde. Das Konzernmodell Aion V – das erste Fahrzeug, das mit der Batterie ausgestattet wird, soll in wenigen Wochen in Serie gehen.

    Graphen besteht aus nur einer Lage von Kohlenstoffatomen und gilt als das dünnste Material der Welt. Aufgrund der hervorragenden Leitfähigkeit und der speziellen 3D-Struktur dieses Materials kann ein Auto mit der neuen GAC-Batterie nach Angaben des Unternehmens innerhalb von nur acht Minuten auf 80 Prozent der Batterie-Kapazität aufgeladen werden. Das wäre dann kaum noch länger als ein normaler Tankstellenbesuch mit dem Verbrenner.

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    Deutsche Exporte nach China gesunken

    Deutsche Exporte in die Volksrepublik China sind im Juli erstmals nach fast einem Jahr wieder gesunken. Die Ausfuhren im vergangenen Monat beliefen sich auf 8,4 Milliarden Euro und sanken damit im Vergleich zum Juli des Vorjahres um 3,9 Prozent. Damit kassierte die deutsche Exportwirtschaft das erste Minus in China nach elf Monaten. Gleichzeitig war es der größte Einbruch im bilateralen Handel mit der Volksrepublik seit Mai 2020, als der Welthandel unter den Folgen der ersten Corona-Welle litt. Im ersten Halbjahr 2021 hatten die Ausfuhren aus Deutschland in die Volksrepublik noch um 19 Prozent auf knapp 53 Milliarden Euro zugelegt.

    Der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier, bezeichnete die Zahlen gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters als “ernüchterndes Zeichen”. Transportprobleme im Schiffsverkehr und Engpässe bei Materialien hätten für Störungen in den internationalen Lieferketten gesorgt: Laut einer DIHK-Umfrage klagen 73 Prozent der deutschen Betriebe von längeren Wartezeiten bei bestellten Rohstoffen, Waren und Vorprodukten. Treier sieht in der “mangelhaften Versorgung der Automobilindustrie mit Halbleitern einen wichtigen Grund für den Rückstoß bei den Juli-Exporten.”

    Nicht überbewerten will man die Entwicklung im Juli bei der Commerzbank, wo man dennoch einen weiteren Verlust an Dynamik im China-Geschäft im Restjahr erwartet. Die gestraffte Geldpolitik der chinesischen Zentralbank und gedrosselte staatliche Unterstützung “bekommt auch Deutschland zu spüren”, sagte Analyst Ralph Solveen gegenüber Reuters.

    Deutlich besser lief der Export in die Vereinigten Staaten, wohin im Juli deutsche Waren im Wert von 10,8 Milliarden Euro geliefert wurden. Das entspricht einem Plus von 15,3 Prozent im Jahresvergleich. grz

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    “Ernsthafter Rückstau” in Pudong erwartet

    Während der Hafen in Ningbo in den Regelbetrieb zurückgekehrt ist, droht jetzt der Frachtabfertigung am Shanghaier Flughafen Pudong wegen neuer Corona-Infektionen unter örtlichen Mitarbeitern ein “ernsthafter Rückstau”. Seit Ende vergangener Woche sind bereits mehrere Flüge gestrichen und die Verzollung von Waren verzögert worden. Laut einer Sprecherin des Frachtunternehmens SEKO Logistics habe die Geschwindigkeit bei der Abwicklung von Exporten deutlich eingebüßt, und internationale Fluggesellschaften hätten damit begonnen, Frachtmaschinen in den Süden und Westen der Volksrepublik umzuleiten.

    Am Freitag und am Samstag waren insgesamt fünf Cargo-Arbeiter in Pudong positiv auf das Coronavirus getestet worden. Die Flughafenbehörde setzte daraufhin 143 direkte Kontaktpersonen unter Quarantäne. Weitere knapp 1.000 Menschen seien als indirekte Kontakte ebenfalls angewiesen worden, sich zu isolieren.

    Die Abfertigungen im drittgrößten Containerhafen der Welt in Ningbo laufen derweil seit Mittwoch wieder im Normalbetrieb. Die Behörden hatten am 11. August die vorübergehende Schließung eines wichtigen Terminals für 14 Tage angeordnet. Zahlreiche Frachter waren dazu gezwungen, entweder wochenlang auf ihre Abfertigung zu warten oder einen alternativen Hafen anzusteuern. grz

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    • Ningbo Zhoushan Port

    USA kontern Chinas Impfdiplomatie

    Im Machtkampf zwischen den USA und China um politischen Einfluss in Südostasien hat US-Vizepräsidentin Kamala Harris im Rahmen ihres Staatsbesuchs in Vietnam die kostenlose Lieferung von einer Million Impfdosen zugesagt. Einen Tag nachdem die Volksrepublik China seinem Nachbarland 200.000 Dosen geliefert hatte, kündigte Harris die Versorgung des Landes mit der fünffachen Menge ab dem heutigen Donnerstag an. Zudem gab Harris bekannt, dass die USA in Vietnam ein weiteres Büro ihres Centres for Disease Control and Prevention (CDC) eröffnen werden, um gemeinsame Forschungsarbeit zu koordinieren und auf künftige Pandemien besser vorbereitet zu sein. Es ist das vierte Regionalbüro des CDC in Südostasien.

    Impfdiplomatie soll Pekings Machtanspruch kontern

    Die Versorgung mit Impfstoff nahm Vietnams Präsident Nguyen Xuan Phuc als “wahrhaft wertvoll und bedeutend” für sein Land zur Kenntnis. In Vietnam sind bislang nur 1,9 Prozent der knapp 97 Millionen Einwohner vollständig geimpft. Die USA haben damit rund ein Fünftel ihrer gespendeten Impfdosen an Staaten in Südostasien zur Verfügung gestellt. Die Impfdiplomatie ist Teil einer US-Charmeoffensive in der Region, um den wachsenden Machtanspruch Pekings zu kontern.

    Unter anderem beansprucht die Volksrepublik das gesamte Südchinesische Meer als ihr Territorium und missachtet dabei internationales Recht. Das verärgert die Anrainerstaaten zwar, doch wegen der großen wirtschaftlichen Bedeutung Chinas für ihre eigene Entwicklung fürchten die Länder, in die Mühlen des geostrategischen Wettbewerbs der beiden Großmächte zu geraten.

    Entsprechend diplomatisch hatte sich Vietnams Premierminister Pham Minh Chinh nach einem Treffen mit dem chinesischen Botschafter am Vortag des Besuchs von Kamala Harris geäußert. Sein Land würde nicht in eine antichinesische Allianz eintreten. Vietnam wünsche sich, das politische Vertrauensverhältnis mit China zu erweitern, den Austausch zu fördern und die Zusammenarbeit zu stabilisieren. Allerdings befürwortete Pham auch eine Beschleunigung der Verhandlungen zwischen China und der Vereinigung Südostasiatischer Staaten (ASEAN) über einen Verhaltenskodex im Südchinesischen Meer. grz

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    China deckt steigenden Strombedarf mit Kohle

    Chinas Strombedarf ist im ersten Halbjahr 2021 im Vergleich zum 1. Halbjahr 2019 um 14 Prozent gestiegen. Über zwei Drittel der Stromnachfrage wurde mit Kohlestrom gedeckt, 29 Prozent aus Wind- und Solarenergie, wie aus einer neuen Erhebung des Klima-Think-Tank Ember hervorgeht. Demzufolge stieg der Anteil Chinas an der weltweiten Kohleverstromung von 50 Prozent im Jahr 2019 auf 53 Prozent. Der Pro-Kopf-Stromverbrauch der Volksrepublik nähert sich dem EU-Level an und ist seit dem Jahr 2000 um das Sechsfache angestiegen.

    Obwohl China die erneuerbaren Energien stark ausgebaut hat, sind die CO2-Emissionen aufgrund der hohen Stromnachfrage und dem Zubau an Kohlekraftwerken in die Höhe geschnellt. Die Volksrepublik hat demzufolge im Untersuchungszeitraum mehr Kohlekapazitäten zugebaut als insgesamt in der EU vorhanden sind. Gleichzeitig wurde in der Volksrepublik jedoch auch sechsmal mehr Solar- und Windkraftkapazität zugebaut als in der EU. Ember wählte den Vergleichszeitraum 2019, um die Effekte der Covid-Pandemie und der damit einhergehenden wirtschaftlichen Verlangsamung zu minimieren.

    Eine am Mittwoch veröffentlichte Studie von Greenpeace zeigt, dass lokale Behörden im ersten Halbjahr dieses Jahres 24 neue Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von 5,2 Gigawatt genehmigt haben. Der NGO zufolge sind das 79 Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2020. nib

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    Presseschau

    China-US relations: Beijing hits out at American credibility as Kamala Harris moves to reassure Asia SCMP (PAY)
    China Warns of Retaliation Ahead of U.S. Report on Virus Origins BLOOMBERG (PAY)
    Private schools distort China’s property market, frustrating Xi’s egalitarian quest FT (PAY)
    Chinese Factories Are Having Labor Pains-‘We Can Hardly Find Any Workers’ WSJ (PAY)
    Pinduoduo shares jump 22% after pledge to donate profits FT (PAY)
    Schüler müssen Xis “Lehren” lernen FAZ
    Nach zwei Wochen Quarantäne: China öffnet Hafen-Terminal wieder TAGESSCHAU
    Afghanistan: Russland und China schließen sich gegen Taliban zusammen RND

    Portrait

    Alexander Sandkamp – Experte in Sachen Neue Seidenstraße

    Experte für Neue Seidenstraße Alexander Sandkamp
    Juniorprofessor für Volkswirtschaftslehre an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel

    Wer sich für den internationalen Handel als Forschungsschwerpunkt entscheidet, kommt kaum am größten Infrastrukturprojekt der Welt vorbei: Chinas Neue Seidenstraße, auch als Belt-and-Road-Initiative (BRI) bekannt. Dazu zählt Alexander Sandkamp, Juniorprofessor für Volkswirtschaftslehre an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel und Fellow am Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel. Seit einer Weile schon beschäftigt sich der 32-Jährige mit den Implikationen der Neuen Seidenstraße. “Gemischte Gefühle” überkommen ihn dabei, wie er sagt, bestehend aus Euphorie einerseits und Sorge andererseits.

    Neue Seidenstraße: Zwischen Euphorie und Sorge

    Am Anfang war vor allem die Euphorie. Sandkamp erinnert sich noch gut an das Jahr 2013. Damals rückte Xi Jinping offiziell in die Rolle des neuen Staatschefs der Volksrepublik auf und beeindruckte die Welt mit einem atemberaubenden Plan. Hunderte Bauprojekte mit einem Investitionsvolumen von mehreren Billionen Dollar sollten in den kommenden Jahrzehnten die Weltwirtschaft ankurbeln und die Basis legen für florierenden Handel zwischen den Volkswirtschaften in der ganzen Welt. Der Clou an der Sache: Alle Wege führen am Ende nach China.

    “Damals dachte ich: super, Ausbau der Infrastruktur”, sagt Sandkamp. Die Aussicht auf neue Eisenbahnstrecken, moderne Seehäfen und die engere Anbindung von Ländern wie Kirgisistan und Usbekistan an die Weltwirtschaft faszinierten Sandkamp. Und nach wie vor zieht ihn die Wucht dieses Projektes in den Bann.

    Aber inzwischen stellen sich beim Aufbau der Neuen Seidenstraße Konturen heraus, die auch viele Befürworter des Projekts ernüchtern. Von “Risiken und Nebenwirkungen“, die man im Auge behalten sollte, spricht Sandkamp heute. Zum Beispiel was die wachsende Abhängigkeit einzelner Länder von China angeht oder die “diskriminierende Nutzung” der Infrastruktur, was im Klartext heißt, dass sich China bewusst Vorteile verschaffen will. Als Experte für den internationalen Handel mahnt Sandkamp heute: “Es ist wichtig, dass die EU nicht tatenlos zusieht, sondern auch aktiv reagiert.”

    Promotion zu Anti-Dumping-Zöllen

    Dass sich die Wirtschaft wie ein roter Faden durch sein Berufsleben ziehen würde, zeichnete sich schon frühzeitig ab. Sandkamp absolvierte einst sein Abitur in England. Ihn fesselten damals schon die Wirtschaftswissenschaften. “Probleme mathematisch aufzubereiten und zu modellieren, hat mich begeistert”, erzählt er.

    Den Zugang zu China fand Sandkamp dagegen über die Sprache. Während alle anderen sich eher an den “0815-Fremdsprachen” versuchten, wollte er Chinesisch lernen. “In England habe ich außerdem viele nette Leute aus China kennengelernt”, erinnert er sich, “und meistens wird das Interesse an einem Land ja doch über die Menschen geweckt.”

    Doch erst mit der Promotion beschäftigte sich Sandkamp auch das erste Mal beruflich mit China. Genauer gesagt mit den Auswirkungen von Anti-Dumping-Zöllen auf den internationalen Handel und ihrem Widerspruch zum eigentlich angestrebten fairen Wettbewerb. “Die Methodik der EU führt dazu, dass der Handel mit chinesischen Exporteuren besonders stark zurückgeht”, stellte Sandkamp fest.

    Schon als er seinen Master an der London School of Economics and Political Science und an der HEC Paris machte und später für die Promotion nach Deutschland ans ifo Institut für Wirtschaftsforschung und die Ludwig-Maximilians-Universität in München ging, hat ihn immer die “Nähe zur Politikberatung gereizt”. Eine dringende Empfehlung für alle Politiker der Welt sammelte Sandkamp derweil bei seiner ersten Peking-Reise. Tiefer Smog hang über der Stadt und sorgte für einen Aha-Effekt: “Das führt vor Augen, dass wir alle doch ein bisschen mehr für die Umwelt tun sollten”, sagt er. Lisa Winter

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    Personalien

    Wan Gyn Ang bisherige CEO der Werbeagentur Carat China wird neue Senior Vice President von Brainlabs Digital Marketing in Singapur. Ang war bei Carat China verantwortlich für die Bereitstellung datengesteuerter Kommunikationsstrategien und transformativer Arbeit in Shanghai, Peking und Guangzhou. Brainlabs hatte Anfang des Jahres in Singapur sein erstes Büro für die Asien-Pazifik-Region eröffnet.

    Guy Bradley (55) wird neuer Chef von Swire Pacific. Er ist seit 1987 bei dem Mischkonzern und erweiterte das Immobiliengeschäft der Gruppe auf dem chinesischen Festland. Bradley folgt auf Merlin Swire (47), der die in China erzielten Umsätze der Gruppe massiv erhöhen konnte.

    Dessert

    Da fliegen die Säbel – bei den Paralympics trat Li Hao aus China (li.) gegen den Briten Piers Gilliver an. Li besiegte seinen Kontrahenten und sicherte sich nach weiteren Duellen die Goldmedaille. Es war die erste für China bei den diesjährigen Paralympics in Tokio.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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