Handlautsprecher waren in China schon vor der Pandemie beliebt, um Botschaften an die große Masse in Dauerschleife zu verkünden. Seit Beginn des Lockdowns in Shanghai hat das Internet aber eine beachtliche Sammlung von (echten und falschen) Videoclips mit mulmig im Gedächtnis bleibenden Lautsprecher-Einsätzen: Gruselig staksende Roboter-“Hunde” mit angeklebten Megafon in komplett leeren Straßen. Oder Drohnen, ebenfalls mit Megafon, die aus dem dunklen Nachthimmel Menschen auf Balkonen und an Fenstern Folgendes verkünden: “Bitte halte dich an die Covid-Beschränkungen. Kontrolliere das Verlangen deiner Seele nach Freiheit.”
Die strenge Null-Covid-Politik der Pekinger Regierung zehrt eben an den Nerven der Bewohner:innen der Metropole – und wird zunehmend auch ein Problem für die Lieferketten und Produktion. Auch Fabriken in Jiangsu, das an Shanghai grenzt, spüren schmerzhaft den Lockdown, schreibt Christiane Kühl. Überregionale Transporte sind schwierig und der Frust bei ausländischen Unternehmen steigt. Neben den gestörten Abläufen seien die Reisebeschränkungen das Schlimmste, erklärten Vertreter der EU-Kammer und AHK unserer Autorin. Denn diese bedeuten: keine Fabrikbesuche, keine Geschäftstreffen und keine Reisen in die Heimat.
Neben der Corona-Pandemie bleibt auch das Thema Klimawandel aktuell: China stößt mehr Methan aus als alle anderen großen Industrienationen. Das Gas wird unter anderem beim Kohleabbau, aber auch beim Anbau von Reis freigesetzt und verändert das Klima ebenso massiv wie CO2. Einer internationalen Initiative zur Eindämmung der Methanfreisetzung hat Peking bereits eine Absage erteilt. Man wolle lieber an eigenen Plänen arbeiten. Ein besseres Methan-Management wäre hier ein guter Anfang, analysiert Ning Wang. Dann könnten die Chinesen das Gas sogar als zusätzliche Energiequelle nutzen.
Firmen in ganz China leiden zunehmend unter den Omikron-Ausbrüchen im Land. Die strikten Null-Covid-Maßnahmen stören Lieferketten und Produktion. Mitarbeiter oder Logistiker können von einem Tag auf den anderen nicht mehr aufs Werksgelände. Oder sie dürfen plötzlich Stadt- oder Distriktgrenzen nicht mehr überschreiten. In Shanghai kommt die allgegenwärtige Angst vor einem positiven Coronatest und der damit einhergehenden Isolation in einem der riesigen Quarantänezentren der Stadt hinzu.
Einschränkungen gibt es inzwischen im ganzen Land. Überregionale Transporte sind schwierig, weil alle Gebiete umfahren werden müssen, die als “mittleres Risiko” oder “hohes Risiko” eingestuft sind. Durchquere ein Fahrer ein solches Gebiet, erzeuge der Health Code in seinem Smartphone automatisch ein Sternchen, erklärt Jens Hildebrandt, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Außenhandelskammer (AHK) für Nordchina. “Das bedeutet, der Fahrer würde dann am nächsten Ort – also dort, wo er von der Autobahn abfährt – mit Quarantäne rechnen müssen.”
Auch halten Covid-Tests bei Warensendungen den Transport auf. “Container sind teilweise wegen solchen Tests einen Monat länger im Hafen oder im Stau an der Grenze, etwa zwischen China und Kasachstan”, sagt Hildebrandt gegenüber China.Table. Die Empfänger der Ware – also beispielsweise eine deutsche Firma in China – müssten strikte Desinfektionsmaßnahmen einhalten. Dazu gehören die keimfreie Reinigung aller Transportboxen sowie regelmäßige Coronavirus-Tests des dafür zuständigen Personals. “Diese Regelung variiert von Provinz zu Provinz. In den letzten Wochen wurden die Prozesse besonders in den Provinzen Jiangsu und Shandong verschärft.” Das desinfizierende Personal müsse sich dort getrennt von anderen Mitarbeitern halten. Ziel sei eine sogenannte “Closed Loop”, aus der keine Krankheitserreger herauskommen können. Ansonsten müsse die gesamte Warensendung beim Empfänger zehn Tage in Quarantäne.
Auch an Chinas Häfen und Flughäfen bleibt Fracht hängen. Vor allem im abgeriegelten Shanghai arbeiten die beiden Häfen Yangshan und Waigaoqiao mit reduzierter Kapazität. Schlimmer aber sind die Tests sowie massive Beschränkungen beim Abtransport einkommender Ware auf der Straße. Beim Export sei aus den umliegenden Provinzen Shanghais von Versuchen zu hören, auf den Tiefseehafen von Ningbo auszuweichen, berichtet Hildebrandt. “Inwieweit das klappen wird, bleibt abzuwarten.”
Die Gesundheitskommission in Peking meldete am Mittwoch mit mehr als 20.000 Fällen landesweit einen Höchststand. Allein am Hotspot Shanghai kamen mehr als 17.000 Ansteckungen hinzu. Das war ein neuer Hochstand. Die Mehrheit sind zwar weiterhin asymptomatische Fälle. Doch wegen der strikten Null-Covid-Politik in China befinden sich die Metropolen Shanghai, Changchun und Shenyang mit ihren insgesamt rund 38 Millionen Einwohnern im Lockdown. In vielen anderen Städten gibt es weitere Restriktionen.
Mehr als die Hälfte (51 Prozent) der deutschen Firmen in China haben vergangene Woche in einer AHK-Blitzumfrage Behinderungen bei Logistik und Lagerhaltung gemeldet. Ganze 46 Prozent leiden unter Störungen der Lieferketten. Dabei haben nach Angaben der AHK vor allem Firmen der Branche Maschinenbau und Industrieanlagen Probleme. Für 54 Prozent waren in diesem Sektor Logistik und Lagerhaltung beeinträchtigt, für 55 Prozent die Lieferketten. Das bedeutet zum Beispiel, dass wichtige Vorprodukte bei den Fabriken nicht ankommen. Ebenfalls stark betroffen ist laut AHK die Automobil- und Mobilitätsbranche. Kleinere Firmen leiden laut AHK zudem generell stärker als Großunternehmen, da ihre Kapazitäten zur Anpassung geringer sind.
In Shanghai dürfen allerdings nur noch wenige Branchen überhaupt produzieren, wie Bettina Schön-Behanzin von der EU-Kammer in Shanghai am Mittwoch auf einem Webinar der Kammer (EUCCC) berichtete. Zu den arbeitsfähigen Sektoren gehören Lebensmittel, Pharmazie und Chemie. “Ein Chemiewerk kann man ja nicht einfach herunterfahren”, so Schön-Behanzin. Bedingung sei in Shanghai wie anderswo die Closed Loop: Mitarbeiter übernachten tagelang auf dem Firmengelände und rotieren dann. “Wir hören, dass es immer weniger Freiwillige für diese Closed Loops gibt”, sagt Schön-Behanzin.
Das Webinar brachte die lokalen Vorsitzenden aller Kammer-Standorte in China zusammen. Ihre Anekdoten unterschieden sich, doch die wichtigsten Sorgen waren die gleichen. Die Lieferketten der Provinz Jiangsu nahe Shanghai mit ihren vielen Produktionsstandorten leide mit unter dem Lockdown der Metropole, sagte etwa Andreas Risch, EU-Kammerchef in der Provinzhauptstadt Nanjing. Jiangsu ist eine Hochburg deutscher Firmen; viele Mittelständler fertigen dort. Risch berichtete über einen Flickenteppich unterschiedlicher Zugangsregeln oder Quarantänevorschriften in den verschiedenen Standorten. “Eine Harmonisierung wäre gut.”
Das Joint Venture von BMW in Shenyang habe in Closed Loop produziert, solange es möglich war, erzählt Harald Kumpfert, Kammerchef in Shenyang. Doch dann musste es wegen der Störungen in der Lieferkette stoppen. Lieferprobleme aber sind laut Kumpfert nun schon wieder zweitrangig. “Denn niemand kann überhaupt zur Arbeit kommen.” Seit zwei Wochen ist Shenyang im Lockdown; Straßen dürfen nur mit Sondererlaubnis befahren werden.
Im Südwesten Chinas gebe es bislang kaum lokale Fälle und Einschränkungen, erzählte Massimo Bagnasco, EU-Kammervorsitzender in Chengdu. Aber es gebe “ein Gefühl der Unsicherheit über die künftige Entwicklung.” Die Sorge ist groß, dass die Omikron-Welle von der Ostküste herüberschwappen könne. Mehrere Unternehmen seien ohnehin landesweit aktiv. “Diese sind bereits von den Lieferkettenproblemen betroffen.”
Grundsätzlich gibt es bei den Betrieben in China laut Hildebrandt trotz allem Akzeptanz für die Covid-Maßnahmen. “Frust entsteht vor allem, wenn es kurzfristige Änderungen gibt und diese nicht transparent sind – Unternehmen sich also nur reaktiv darauf einstellen können.” Neben den immer wiederkehrenden Einschränkungen vor Ort in China bereiten den Unternehmen vor allem die Einreisebeschränkungen große Kopfschmerzen, so Hildebrandt. “Es gibt so gut wie keinen geschäftlichen Austausch vor Ort mehr.”
Ähnlich äußerten sich die EU-Vertreter quer durchs Land: Die Reisebeschränkungen seien mit das Schlimmste. Keine Fabrikbesuche, keine persönlichen Verhandlungen mit Kunden, kein Heimaturlaub: Weder im Land noch ins Ausland kann man reisen. Die bekannten Probleme durch die Beschränkungen würden immer größer, sagten sie. Die Schwierigkeiten, Talente anzuwerben und zu halten, der Mangel an persönlicher Kontaktpflege, die Entkopplung vom Hauptquartier in Europa mitsamt eines gewissen Vertrauensverlustes. Die Kammerchefs vor Ort fordern angesichts der Situation vor allem eins: Den Einsatz besserer Impfungen in China.
In einem aktuellen Bericht der Internationalen Energieagentur IEA ist China auf einen traurigen 1. Platz der Emittenten von Treibhausgasen aufgestiegen. Doch es ist nicht der übliche Verdächtige, Kohlendioxid, um den es hier geht. Es ist das Gas Methan, dessen Freisetzung ebenfalls das Klima verändert. Die IEA ist über den Trend alarmiert. Und China steht dadurch vor neuen Problemen, wenn es seine Ziele erreichen will.
Die Verringerung des Methanausstoßes ist ein wirtschaftspolitisch ebenso heikles Manöver wie der Umgang mit CO2. Die Volksrepublik hat es daher gerade erst auf der Klimakonferenz COP 26 in Glasgow abgelehnt, sich der von den USA und der EU angeführten internationalen Initiative zur Eindämmung der Methanfreisetzung anzuschließen (China.Table berichtete). Stattdessen hat China versichert, an eigenen Methan-Plänen zu arbeiten. Experten haben allerdings Zweifel daran, wie ernsthaft diese Bemühungen sind. Immerhin wurde im jüngsten Fünfjahresplan erstmals das Ziel einer Methangasreduzierung aufgenommen.
Chinas Methanemissionen stellen die der großen Industrienationen längst in den Schatten. Laut Berechnungen des Informationsdienstes Bloomberg NEF ist der Energiesektor Chinas für etwa ein Fünftel der gesamten globalen Methanemissionen aus Öl, Gas, Kohle und Biomasse verantwortlich. Er erzeugte über 50 Prozent mehr Methan als die nächstgrößten Emittenten: Russland und die USA.
Doch China kann selbst bei gutem Willen seine Emissionen nicht einfach zurückfahren. Es wird in China, wie in anderen Ländern auch, in drei Bereichen frei:
In der Landwirtschaft ist China allein durch seinen Reisanbau für erheblichen Methanausstoß verantwortlich, denn Reis wächst oft im Wasseranbau und unter Wasser werden Methangase freigesetzt. Um die Versorgung der eigenen Bevölkerung nicht zu gefährden, wird Peking den durch die Landwirtschaft oder die Tierhaltung bedingen Methanausstoß wohl nicht als Erstes angehen.
Laut einer Analyse der Vereinten Nationen bietet sich Chinas Kohlesektor die größte Chance, seine Methanemissionen zu reduzieren. Doch ausgerechnet der Kohlesektor brummt, nachdem es im vergangenen Herbst zu Stromausfällen in mehreren Teilen des Landes gekommen war und dadurch Lieferketten zu reißen drohten. Die Behörden hatten in diese Lage schnell wieder auf Kohle als Energiequelle gesetzt (China.Table berichtete). Das hat unter anderem dazu geführt, dass sich über den Kohleminen im Land die Methangaswolken wieder verdichtet haben.
Forscher bedauern es, dass das Gas, das sich im Bergbau sammelt, nicht aktiv genutzt wird. Schließlich handelt es sich um nichts anderes als Erdgas und damit selbst um eine begehrte Energiequelle. “China hat die Minenbetreiber zwar ermutigt, das Methan, das während des Abbauprozesses produziert wird, besser zu nutzen. Aber es bleiben große Hindernisse”, sagte Kou Nannan, Analyst bei Bloomberg NEF in Peking. “Die Abscheidung des Gases erfordert eine Menge Kapitalinvestitionen, und die meisten Minen befinden sich nicht in der Nähe von großen Gastransportleitungen.”
China plant, die Methanemissionen genauer zu untersuchen und einen landesweiten Aktionsplan zur Kontrolle der Methanemissionen zu veröffentlichen. Es hat Sinopec und China National Petroleum Corp (CNPC) in ein Pilotprogramm aufgenommen, um Verfahren zur Messung von Treibhausgasen zu bewerten, berichtet Reuters. Wissenschaftler beginnen gerade erst damit, Satellitendaten zu nutzen, um zu berechnen, wie viel Methan durch den Kohleabbau weltweit verursacht wird. Eins steht wohl auch ohne genaue Datenlage schon fest: China ist führend.
Aber auch wenn USA und Kanada, wie auch viele chinesische Unternehmen, keine Daten über ihren Methangas-Ausstoß herausgeben müssen, zeigen unterschiedliche Studien, dass die meisten Unternehmen, ihre Methan-Emissionen deutlich niedriger angeben, als sie tatsächlich sind. Die IEA warnt davor, dass die Methanemissionen aus dem Energiesektor weltweit um etwa 70 Prozent höher sind als die Summe der von den nationalen Regierungen vorgelegten Schätzungen. Nicht nur in China muss wohl neben Pilotprojekten noch einiges mehr getan werden, um die Emissionsquellen besser zu verstehen und ein umfassendes Methanmanagement zu ermöglichen.
Methan ist zuletzt in den Fokus von Wissenschaft und Politik gerückt. Die Hälfe der Erderwärmung seit Mitte des 19. Jahrhunderts lässt sich laut Klimaforschern auf Methangas zurückverfolgen. In der Atmosphäre absorbiert das Gas mehr Wärme als CO2. So hat ein Kilogramm Methan eine rund 30-mal stärkere Treibhauswirkung als die gleiche Menge an Kohlendioxid. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat dem Gas daher sogar Priorität gegeben: “Den Ausstoß von Methan zu reduzieren, ist eines der effizientesten Dinge, die wir tun können”, so die EU-Kommissionspräsidentin.
Auf der Klimakonferenz in Glasgow stellte von der Leyen gemeinsam mit dem US-Präsidenten Joe Biden ein Klimapaket vor, an dem sich rund 100 Staaten beteiligen wollen. Bis 2030 wollen die Länder ihren Methanausstoß um 30 Prozent gegenüber 2020 senken. Beteiligt an dem Abkommen sind demnach Länder wie Deutschland, Frankreich, Kanada und Japan, die für rund die Hälfte der weltweiten Methanemissionen verantwortlich sind und gleichzeitig 70 Prozent der Weltwirtschaft repräsentieren. Doch ausgerechnet Länder wie Indien, China, Russland und Australien haben sich der Initiative nicht angeschlossen.
China tut sich mit Methan-Versprechen wohl aus deshalb schwerer, weil die Partei- und Regierungsstellen sich über die Ziele uneins sind und unkoordiniert handeln. Auch stehen sich die Behörden oft gegenseitig im Weg, da Zuständigkeiten anscheinend nicht klar sind. Für die Regulierung von Kohle und Methan seien oft verschiedene Einheiten verantwortlich, was die Bemühungen zur Eindämmung der Emissionen komplizierter mache, sagt Bloomberg-Analyst Kou.
Die EU hat nach dem Massaker an Zivilisten in der ukrainischen Stadt Butscha erneut in Richtung Peking die Botschaft geschickt, sich klar gegen den Angriffskrieg Russlands zu positionieren. Als ständiges Mitglied des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen habe China eine besondere Verantwortung, den internationalen Frieden und die internationale Sicherheit aufrechtzuerhalten, sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Mittwoch im Plenum des EU-Parlaments. “Niemand kann neutral bleiben, wenn er mit einer solchen nackten Aggression gegen Zivilisten konfrontiert wird.” Das sei auch beim EU-China-Gipfel am vergangenen Freitag betont worden, so von der Leyen. “Wir haben deutlich gemacht, wie wichtig es für uns in Europa, aber auch für den Rest der Welt ist, eine klare Haltung einzunehmen.”
In einem am Mittwochabend veröffentlichten Blogeintrag schrieb der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell ernüchtert: “Das Beste, was wir realistisch anstreben können, ist, dass China keine aktivere pro-russische Haltung einnimmt.” Seit dem EU-China-Gipfel sei eine politische Lösung wegen der durch Russland verübten Gräueltaten weiter in die Ferne gerückt. Brüssel habe für einen Kontakt zwischen Kiew und Peking geworben. “Wir müssen auch sehen, ob Xi endlich mit Selenskyj sprechen wird, was die EU auf dem Gipfel angeregt hat”, so Borrell. Er schlussfolgert: “Russland und China haben durch ihre Äußerungen und Aktionen deutlich gemacht, dass sie glauben, dass Großmächte Anspruch auf eine Einflusszone in ihrer jeweiligen Nachbarschaft haben.”
Borrell hatte bereits am Dienstag ein ungewöhnlich hartes Urteil über den virtuellen Gipfel gefällt. Er nannte das Treffen einen “Dialog der Gehörlosen”. Die chinesische Führung habe “nicht über die Ukraine sprechen wollen”, erklärte Borrell am Dienstagabend im Europaparlament zu dem Treffen am vergangenen Freitag. “Sie wollten nicht über Menschenrechte und andere Dinge sprechen und sich stattdessen auf positive Dinge konzentrieren”, sagte Borrell über den chinesischen Premier Li Keqiang und Präsident Xi Jinping. “Wir konnten nicht viel über die Ukraine reden und wir haben uns auch auf nichts anderes geeinigt“, sagte der EU-Außenbeauftragte während der Plenarwoche in Straßburg.
Für Peking gibt es laut Borrell jedoch eine rote Linie im Ukraine-Krieg: “Das sind Massenvernichtungswaffen”, so Borrell. Das sei in Gesprächen vor dem eigentlichen Gipfel-Treffen klargemacht worden. Der erste EU-China-Gipfel seit Juni 2020 fand am vergangenen Freitag ohne nennenswerte Ergebnisse statt (China.Table berichtete).
China hatte das Massaker von Butscha am Dienstag erstmals im UN-Sicherheitsrat angesprochen, aber nicht verurteilt. “Berichte und Bilder von toten Zivilisten in Butscha sind sehr beunruhigend”, sagte UN-Botschafter Zhang Jun laut staatlicher Medien. Alle Anschuldigungen müssten jedoch auf Fakten beruhen und alle Parteien sollten “unbegründete Anschuldigungen vermeiden, bis Schlussfolgerungen gezogen sind.” Während die schrecklichen Bilder aus dem ukrainischen Butscha derzeit die Titelseiten internationaler Zeitungen füllen, findet eine Berichterstattung über diese Geschehnisse in Chinas staatlichen Medien praktisch nicht statt (China.Table berichtete). ari
Der Hongkonger Sicherheitschef John Lee hat seine Kandidatur zur Wahl des neuen Regierungschefs in der Stadt bekannt gegeben. Der 64-Jährige hat bereits sein Rücktrittsgesuch eingereicht, das gemäß dem Basic Law noch von der chinesischen Zentralregierung angenommen werden muss. Dieser Schritt gilt nur noch als formeller Akt, weil Lee laut Medienberichten bei seiner Kandidatur die Rückendeckung Pekings genießt.
Am 8. Mai bestimmt das neu zusammengesetzte Hongkonger Parlament den neuen Regierungschef der Stadt. Die bisherige Chief Executive Carrie Lam verzichtet auf eine weitere Kandidatur und wird am 30. Juni die Amtsgeschäfte niederlegen.
Lee war 2017 von Lam ins Amt des Sicherheitschefs berufen worden. Im vergangenen Jahr übernahm er zudem die Rolle des Leitenden Geschäftsführers der Hongkonger Regierung und nahm damit hinter Lam Rang zwei in der Verwaltungs-Hierarchie ein. Lee arbeitet seit mehr als 40 Jahren im öffentlichen Dienst. In seiner Rolle als Sicherheitschef hat er maßgeblichen Anteil an der politischen Säuberung der Stadt seit Einführung des Nationalen Sicherheitsgesetzes. grz
Das chinesische E-Auto– und Batterieunternehmen BYD hat nach eigenen Angaben die Produktion von Fahrzeugen mit Antrieb durch fossile Brennstoffe eingestellt. Per Tweet kündigte BYD an, seit März keine Verbrenner-Modelle mehr herzustellen.
Das Verkaufsvolumen von Elektrofahrzeugen von BYD erreichte im Jahr 2021 fast 604.000 Einheiten, was laut Berechnungen von Caixin einem Anstieg von 218 Prozent gleichkommt. Die Produktion anderer Fahrzeugtypen hingegen ging um 43 Prozent zurück und betrug nur 137.000 Einheiten. Daten des Autoverbands China Passenger Car Association (CPCA) zeigen, dass BYD im vergangenen Jahr mit mehr als 17 Prozent Marktanteil der meistverkaufte EV-Hersteller in China war. SAIC-GM-Wuling Automobile Co.Ltd. belegte mit rund zwölf Prozent den zweiten Platz und Tesla liegt mit neun Prozent auf Platz drei.
Um die Kunden seiner nicht-elektrischen Sparte zu beruhigen, kündigte BYD an, dass es weiterhin die Komponenten von Fahrzeugen mit fossilen Brennstoffen herstellen und Kunden, die solche Fahrzeuge gekauft haben, Kundendienste anbieten werde.
Der in Shenzhen ansässige Autobauer ist innerhalb kürzester Zeit zur Nummer eins der E-Autohersteller in der Volksrepublik aufgestiegen. Im vergangenen Jahr hat BYD erstmals mehr Elektroautos als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor verkauft. Der Umsatz von BYD stieg 2021 um 38 Prozent auf 211 Milliarden Yuan (rund 30 Milliarden Euro). Der Umsatz um 73,3 Prozent auf 740.100 Fahrzeuge. Dennoch konnte BYD seinen Gewinn nicht erhöhen. Durch die Verteuerung von Rohstoffen und Engpässen bei den Lieferketten weltweit hat BYD zudem die Preise für mehrere Automodelle erhöht (China.Table berichtete).
Auf der UN-Klimakonferenz unterschrieb BYD mit einer Reihe von anderen Autoherstellern ein Versprechen, bis 2035 in führenden Märkten und bis 2040 weltweit nur noch emissionsfreie Fahrzeuge anzubieten. niw
In Großbritannien ist ein politischer Disput über die Übernahmepläne für die Mikrochip-Fabrik Newport Wafer Fab losgebrochen. Die britische Regierung hatte den umstrittenen Verkauf der walisischen Halbleiter-Fabrik an Nexperia, einer niederländischen Tochtergesellschaft der chinesischen Wingtech-Gruppe, genehmigt. Im Juli 2021 hatte London den Nationalen Sicherheitsberater Sir Stephen Lovegrove beauftragt, den Deal zu überprüfen (China.Table berichtete). Lokale Medien berichteten nun, Lovegrove sei zu dem Schluss gekommen, dass es nicht genügend Sicherheitsbedenken gegeben habe, um den Verkauf zu blockieren. Newport Wafer Fab ist eine der wenigen Anlagen in Großbritannien, die noch Halbleiter herstellen. Wann genau die Übernahme vonstattengehen wird, war zunächst nicht öffentlich bekannt.
Bei der Überprüfung des Deals sei eine zu enge Definition für “nationale Sicherheit” verwendet worden, kritisierte unter anderem der Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des britischen Unterhauses, Tom Tugendhat. “Während wir Deutschland und andere drängen, aus russischem Gas auszusteigen, erscheint es seltsam, dass wir China erlauben, Halbleiterunternehmen in Großbritannien zu kaufen”, so Tugendhat. Der konservative Politiker kritisierte, dass unter dem seit Januar in Kraft getretenen National Security and Investment Act die Übernahme nicht nochmals näher untersucht wurde. “Die Regierung hat keine klare Strategie, um die Überreste unserer Halbleiterindustrie zu schützen”, so Tugendhat. ari
Gunnar Wiegand ist als Managing Director für Asien und den Pazifik im Europäischen Auswärtigen Dienst (EEAS) verantwortlich für die EU-Beziehungen zu 41 Staaten, von Afghanistan bis Fiji – und er hat spannende Stationen in seinem beruflichen Leben durchlaufen. Als Politikberater war er dabei, als Spanien der EU beitrat. Als Mitarbeiter einer politischen Stiftung hat er sich mit an der Unterstützung für die Konsolidierung neuer Demokratien in Südeuropa und Osteuropa beteiligt. Im Jahr 1990, kurz vor der Wiedervereinigung, begann er seine Arbeit für die Europäische Kommission, zunächst als sogenannter DDR-Referent, dann mit Fokus auf die Transformationsprozesse in der ehemaligen Sowjetunion.
Gunnar Wiegand war vor Beginn der Corona-Pandemie im Schnitt zweimal monatlich in Asien. Er pflegt zahlreiche berufliche und auch einige persönliche Kontakte in die Region. Seine drei Söhne reisen gerne nach Asien und seine Frau kommt aus dem Libanon, der ja immerhin zu Vorderasien gehört. Mit China selbst hat er auf den ersten Blick gar nicht so viel zu tun.
Er hat nicht Chinesisch studiert, sondern Jura und Internationale Beziehungen in Italien und den USA. Mandarin gehört nicht zu den sechs Sprachen, die er gelernt hat. Und seine ersten Auslandsstationen haben ihn nicht etwa nach Hongkong oder Peking geführt, sondern nach Lateinamerika und Spanien. “Ich bin kein Experte für Asien, sondern für EU-Außenbeziehungen, wo es um das Zusammenführen von EU-Außen- und Sicherheitspolitik und der Mitgliedstaaten mit Handelspolitik, Entwicklungszusammenarbeit und sektoralen Politiken der Europäischen Kommission geht”, sagt er.
China taucht in seiner Vita erstmals Ende der 90er-Jahre auf. Damals war er Sprecher des EU-Außenkommissars Chris Patten, der zuvor der letzte britische Gouverneur des British Empire von Hongkong gewesen war. “Patten war sehr bekannt in China, aber er war damals eine unerwünschte Figur. Ich habe gesehen, wie beliebt er dagegen in Hongkong war, als wir eine Reise dorthin machten”, erinnert sich Wiegand, der mit ihm außerdem unter anderem in Indien, Pakistan und Korea unterwegs war. Später war er als Direktor bei der Europäischen Kommission für Russland, Osteuropa und Zentralasien zuständig und war unter anderem Chefverhandler für die Assoziierungsverträge der EU mit Georgien und Moldawien.
Auch die erste “Assoziierungsagenda”, das Dokument zur konkreten Umsetzung des Assoziierungsvertrags, der EU mit der Ukraine hat er ausgehandelt. 2016 wurde ihm im Europäischen Auswärtigen Dienst die Zuständigkeit für Asien und den Pazifik übertragen, wo er 2017 das neue Strategische Partnerschaftsabkommen mit Japan aushandelte, 2018 maßgeblich zur ersten Konnektivitätsstrategie EU-Asien beitrug, 2019 an der Neuausrichtung der EU-Politik gegenüber China mitwirkte (“Kooperation-Wettbewerb-systemische Rivalität”) und 2021 für die Ausarbeitung der EU-Strategie für Kooperation im Indo-Pazifik verantwortlich war.
Seinen Karriereweg in der europäischen Politik bezeichnet Gunnar Wiegand selbst als ungewöhnlich: “Der normale diplomatische Gang ist, dass die Leute zwischen der Zentrale und dem Ausland wechseln. Ich selbst habe immer mehr Inhalte in Brüssel entwickelt und verhandelt und so nach innen und außen wirken können”, sagt er.
Aktuell beschäftigen den EU-Beamten neben der Umsetzung der indopazifischen Strategie und der Frage, wie die EU am besten dazu beitragen kann, Afghanistan zu stabilisieren, vor allem die Beziehungen der EU zu China. Und diese Arbeit steht in den vergangenen Tagen – wie sollte es anders sein – ganz besonders im Zeichen des Krieges in der Ukraine, wo es gilt, so schnell wie möglich einen Waffenstillstand zu erreichen und humanitäre Korridore einzurichten. Janna Degener-Storr
Laurent Cathala ist zum neuen Präsidenten des Modegeschäfts von Gucci in Greater China ernannt worden. Cathala war bisher für den Luxus-Juwelier Tiffany & Co tätig.
Die US-Zeitung New York Times baut ihr China-Team um: Neuer Leiter des Büros in Peking wird Keith Bradsher, er war zuvor Leiter des Shanghai-Büros. Zudem soll Vivian Wang das Team in Peking ergänzen. Wang war zuvor in Hongkong im Einsatz. Alexandra Stevenson wird neue Chefin des Shanghaier Büros.
Teeernte in Ankang in der Provinz Shaanxi. Die Region ist eines der sieben großen Anbaugebiete Chinas. Hier im Landkreis Liping hat die Lokalregierung die Produktion in den vergangenen Jahren besonders gefördert.
Handlautsprecher waren in China schon vor der Pandemie beliebt, um Botschaften an die große Masse in Dauerschleife zu verkünden. Seit Beginn des Lockdowns in Shanghai hat das Internet aber eine beachtliche Sammlung von (echten und falschen) Videoclips mit mulmig im Gedächtnis bleibenden Lautsprecher-Einsätzen: Gruselig staksende Roboter-“Hunde” mit angeklebten Megafon in komplett leeren Straßen. Oder Drohnen, ebenfalls mit Megafon, die aus dem dunklen Nachthimmel Menschen auf Balkonen und an Fenstern Folgendes verkünden: “Bitte halte dich an die Covid-Beschränkungen. Kontrolliere das Verlangen deiner Seele nach Freiheit.”
Die strenge Null-Covid-Politik der Pekinger Regierung zehrt eben an den Nerven der Bewohner:innen der Metropole – und wird zunehmend auch ein Problem für die Lieferketten und Produktion. Auch Fabriken in Jiangsu, das an Shanghai grenzt, spüren schmerzhaft den Lockdown, schreibt Christiane Kühl. Überregionale Transporte sind schwierig und der Frust bei ausländischen Unternehmen steigt. Neben den gestörten Abläufen seien die Reisebeschränkungen das Schlimmste, erklärten Vertreter der EU-Kammer und AHK unserer Autorin. Denn diese bedeuten: keine Fabrikbesuche, keine Geschäftstreffen und keine Reisen in die Heimat.
Neben der Corona-Pandemie bleibt auch das Thema Klimawandel aktuell: China stößt mehr Methan aus als alle anderen großen Industrienationen. Das Gas wird unter anderem beim Kohleabbau, aber auch beim Anbau von Reis freigesetzt und verändert das Klima ebenso massiv wie CO2. Einer internationalen Initiative zur Eindämmung der Methanfreisetzung hat Peking bereits eine Absage erteilt. Man wolle lieber an eigenen Plänen arbeiten. Ein besseres Methan-Management wäre hier ein guter Anfang, analysiert Ning Wang. Dann könnten die Chinesen das Gas sogar als zusätzliche Energiequelle nutzen.
Firmen in ganz China leiden zunehmend unter den Omikron-Ausbrüchen im Land. Die strikten Null-Covid-Maßnahmen stören Lieferketten und Produktion. Mitarbeiter oder Logistiker können von einem Tag auf den anderen nicht mehr aufs Werksgelände. Oder sie dürfen plötzlich Stadt- oder Distriktgrenzen nicht mehr überschreiten. In Shanghai kommt die allgegenwärtige Angst vor einem positiven Coronatest und der damit einhergehenden Isolation in einem der riesigen Quarantänezentren der Stadt hinzu.
Einschränkungen gibt es inzwischen im ganzen Land. Überregionale Transporte sind schwierig, weil alle Gebiete umfahren werden müssen, die als “mittleres Risiko” oder “hohes Risiko” eingestuft sind. Durchquere ein Fahrer ein solches Gebiet, erzeuge der Health Code in seinem Smartphone automatisch ein Sternchen, erklärt Jens Hildebrandt, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Außenhandelskammer (AHK) für Nordchina. “Das bedeutet, der Fahrer würde dann am nächsten Ort – also dort, wo er von der Autobahn abfährt – mit Quarantäne rechnen müssen.”
Auch halten Covid-Tests bei Warensendungen den Transport auf. “Container sind teilweise wegen solchen Tests einen Monat länger im Hafen oder im Stau an der Grenze, etwa zwischen China und Kasachstan”, sagt Hildebrandt gegenüber China.Table. Die Empfänger der Ware – also beispielsweise eine deutsche Firma in China – müssten strikte Desinfektionsmaßnahmen einhalten. Dazu gehören die keimfreie Reinigung aller Transportboxen sowie regelmäßige Coronavirus-Tests des dafür zuständigen Personals. “Diese Regelung variiert von Provinz zu Provinz. In den letzten Wochen wurden die Prozesse besonders in den Provinzen Jiangsu und Shandong verschärft.” Das desinfizierende Personal müsse sich dort getrennt von anderen Mitarbeitern halten. Ziel sei eine sogenannte “Closed Loop”, aus der keine Krankheitserreger herauskommen können. Ansonsten müsse die gesamte Warensendung beim Empfänger zehn Tage in Quarantäne.
Auch an Chinas Häfen und Flughäfen bleibt Fracht hängen. Vor allem im abgeriegelten Shanghai arbeiten die beiden Häfen Yangshan und Waigaoqiao mit reduzierter Kapazität. Schlimmer aber sind die Tests sowie massive Beschränkungen beim Abtransport einkommender Ware auf der Straße. Beim Export sei aus den umliegenden Provinzen Shanghais von Versuchen zu hören, auf den Tiefseehafen von Ningbo auszuweichen, berichtet Hildebrandt. “Inwieweit das klappen wird, bleibt abzuwarten.”
Die Gesundheitskommission in Peking meldete am Mittwoch mit mehr als 20.000 Fällen landesweit einen Höchststand. Allein am Hotspot Shanghai kamen mehr als 17.000 Ansteckungen hinzu. Das war ein neuer Hochstand. Die Mehrheit sind zwar weiterhin asymptomatische Fälle. Doch wegen der strikten Null-Covid-Politik in China befinden sich die Metropolen Shanghai, Changchun und Shenyang mit ihren insgesamt rund 38 Millionen Einwohnern im Lockdown. In vielen anderen Städten gibt es weitere Restriktionen.
Mehr als die Hälfte (51 Prozent) der deutschen Firmen in China haben vergangene Woche in einer AHK-Blitzumfrage Behinderungen bei Logistik und Lagerhaltung gemeldet. Ganze 46 Prozent leiden unter Störungen der Lieferketten. Dabei haben nach Angaben der AHK vor allem Firmen der Branche Maschinenbau und Industrieanlagen Probleme. Für 54 Prozent waren in diesem Sektor Logistik und Lagerhaltung beeinträchtigt, für 55 Prozent die Lieferketten. Das bedeutet zum Beispiel, dass wichtige Vorprodukte bei den Fabriken nicht ankommen. Ebenfalls stark betroffen ist laut AHK die Automobil- und Mobilitätsbranche. Kleinere Firmen leiden laut AHK zudem generell stärker als Großunternehmen, da ihre Kapazitäten zur Anpassung geringer sind.
In Shanghai dürfen allerdings nur noch wenige Branchen überhaupt produzieren, wie Bettina Schön-Behanzin von der EU-Kammer in Shanghai am Mittwoch auf einem Webinar der Kammer (EUCCC) berichtete. Zu den arbeitsfähigen Sektoren gehören Lebensmittel, Pharmazie und Chemie. “Ein Chemiewerk kann man ja nicht einfach herunterfahren”, so Schön-Behanzin. Bedingung sei in Shanghai wie anderswo die Closed Loop: Mitarbeiter übernachten tagelang auf dem Firmengelände und rotieren dann. “Wir hören, dass es immer weniger Freiwillige für diese Closed Loops gibt”, sagt Schön-Behanzin.
Das Webinar brachte die lokalen Vorsitzenden aller Kammer-Standorte in China zusammen. Ihre Anekdoten unterschieden sich, doch die wichtigsten Sorgen waren die gleichen. Die Lieferketten der Provinz Jiangsu nahe Shanghai mit ihren vielen Produktionsstandorten leide mit unter dem Lockdown der Metropole, sagte etwa Andreas Risch, EU-Kammerchef in der Provinzhauptstadt Nanjing. Jiangsu ist eine Hochburg deutscher Firmen; viele Mittelständler fertigen dort. Risch berichtete über einen Flickenteppich unterschiedlicher Zugangsregeln oder Quarantänevorschriften in den verschiedenen Standorten. “Eine Harmonisierung wäre gut.”
Das Joint Venture von BMW in Shenyang habe in Closed Loop produziert, solange es möglich war, erzählt Harald Kumpfert, Kammerchef in Shenyang. Doch dann musste es wegen der Störungen in der Lieferkette stoppen. Lieferprobleme aber sind laut Kumpfert nun schon wieder zweitrangig. “Denn niemand kann überhaupt zur Arbeit kommen.” Seit zwei Wochen ist Shenyang im Lockdown; Straßen dürfen nur mit Sondererlaubnis befahren werden.
Im Südwesten Chinas gebe es bislang kaum lokale Fälle und Einschränkungen, erzählte Massimo Bagnasco, EU-Kammervorsitzender in Chengdu. Aber es gebe “ein Gefühl der Unsicherheit über die künftige Entwicklung.” Die Sorge ist groß, dass die Omikron-Welle von der Ostküste herüberschwappen könne. Mehrere Unternehmen seien ohnehin landesweit aktiv. “Diese sind bereits von den Lieferkettenproblemen betroffen.”
Grundsätzlich gibt es bei den Betrieben in China laut Hildebrandt trotz allem Akzeptanz für die Covid-Maßnahmen. “Frust entsteht vor allem, wenn es kurzfristige Änderungen gibt und diese nicht transparent sind – Unternehmen sich also nur reaktiv darauf einstellen können.” Neben den immer wiederkehrenden Einschränkungen vor Ort in China bereiten den Unternehmen vor allem die Einreisebeschränkungen große Kopfschmerzen, so Hildebrandt. “Es gibt so gut wie keinen geschäftlichen Austausch vor Ort mehr.”
Ähnlich äußerten sich die EU-Vertreter quer durchs Land: Die Reisebeschränkungen seien mit das Schlimmste. Keine Fabrikbesuche, keine persönlichen Verhandlungen mit Kunden, kein Heimaturlaub: Weder im Land noch ins Ausland kann man reisen. Die bekannten Probleme durch die Beschränkungen würden immer größer, sagten sie. Die Schwierigkeiten, Talente anzuwerben und zu halten, der Mangel an persönlicher Kontaktpflege, die Entkopplung vom Hauptquartier in Europa mitsamt eines gewissen Vertrauensverlustes. Die Kammerchefs vor Ort fordern angesichts der Situation vor allem eins: Den Einsatz besserer Impfungen in China.
In einem aktuellen Bericht der Internationalen Energieagentur IEA ist China auf einen traurigen 1. Platz der Emittenten von Treibhausgasen aufgestiegen. Doch es ist nicht der übliche Verdächtige, Kohlendioxid, um den es hier geht. Es ist das Gas Methan, dessen Freisetzung ebenfalls das Klima verändert. Die IEA ist über den Trend alarmiert. Und China steht dadurch vor neuen Problemen, wenn es seine Ziele erreichen will.
Die Verringerung des Methanausstoßes ist ein wirtschaftspolitisch ebenso heikles Manöver wie der Umgang mit CO2. Die Volksrepublik hat es daher gerade erst auf der Klimakonferenz COP 26 in Glasgow abgelehnt, sich der von den USA und der EU angeführten internationalen Initiative zur Eindämmung der Methanfreisetzung anzuschließen (China.Table berichtete). Stattdessen hat China versichert, an eigenen Methan-Plänen zu arbeiten. Experten haben allerdings Zweifel daran, wie ernsthaft diese Bemühungen sind. Immerhin wurde im jüngsten Fünfjahresplan erstmals das Ziel einer Methangasreduzierung aufgenommen.
Chinas Methanemissionen stellen die der großen Industrienationen längst in den Schatten. Laut Berechnungen des Informationsdienstes Bloomberg NEF ist der Energiesektor Chinas für etwa ein Fünftel der gesamten globalen Methanemissionen aus Öl, Gas, Kohle und Biomasse verantwortlich. Er erzeugte über 50 Prozent mehr Methan als die nächstgrößten Emittenten: Russland und die USA.
Doch China kann selbst bei gutem Willen seine Emissionen nicht einfach zurückfahren. Es wird in China, wie in anderen Ländern auch, in drei Bereichen frei:
In der Landwirtschaft ist China allein durch seinen Reisanbau für erheblichen Methanausstoß verantwortlich, denn Reis wächst oft im Wasseranbau und unter Wasser werden Methangase freigesetzt. Um die Versorgung der eigenen Bevölkerung nicht zu gefährden, wird Peking den durch die Landwirtschaft oder die Tierhaltung bedingen Methanausstoß wohl nicht als Erstes angehen.
Laut einer Analyse der Vereinten Nationen bietet sich Chinas Kohlesektor die größte Chance, seine Methanemissionen zu reduzieren. Doch ausgerechnet der Kohlesektor brummt, nachdem es im vergangenen Herbst zu Stromausfällen in mehreren Teilen des Landes gekommen war und dadurch Lieferketten zu reißen drohten. Die Behörden hatten in diese Lage schnell wieder auf Kohle als Energiequelle gesetzt (China.Table berichtete). Das hat unter anderem dazu geführt, dass sich über den Kohleminen im Land die Methangaswolken wieder verdichtet haben.
Forscher bedauern es, dass das Gas, das sich im Bergbau sammelt, nicht aktiv genutzt wird. Schließlich handelt es sich um nichts anderes als Erdgas und damit selbst um eine begehrte Energiequelle. “China hat die Minenbetreiber zwar ermutigt, das Methan, das während des Abbauprozesses produziert wird, besser zu nutzen. Aber es bleiben große Hindernisse”, sagte Kou Nannan, Analyst bei Bloomberg NEF in Peking. “Die Abscheidung des Gases erfordert eine Menge Kapitalinvestitionen, und die meisten Minen befinden sich nicht in der Nähe von großen Gastransportleitungen.”
China plant, die Methanemissionen genauer zu untersuchen und einen landesweiten Aktionsplan zur Kontrolle der Methanemissionen zu veröffentlichen. Es hat Sinopec und China National Petroleum Corp (CNPC) in ein Pilotprogramm aufgenommen, um Verfahren zur Messung von Treibhausgasen zu bewerten, berichtet Reuters. Wissenschaftler beginnen gerade erst damit, Satellitendaten zu nutzen, um zu berechnen, wie viel Methan durch den Kohleabbau weltweit verursacht wird. Eins steht wohl auch ohne genaue Datenlage schon fest: China ist führend.
Aber auch wenn USA und Kanada, wie auch viele chinesische Unternehmen, keine Daten über ihren Methangas-Ausstoß herausgeben müssen, zeigen unterschiedliche Studien, dass die meisten Unternehmen, ihre Methan-Emissionen deutlich niedriger angeben, als sie tatsächlich sind. Die IEA warnt davor, dass die Methanemissionen aus dem Energiesektor weltweit um etwa 70 Prozent höher sind als die Summe der von den nationalen Regierungen vorgelegten Schätzungen. Nicht nur in China muss wohl neben Pilotprojekten noch einiges mehr getan werden, um die Emissionsquellen besser zu verstehen und ein umfassendes Methanmanagement zu ermöglichen.
Methan ist zuletzt in den Fokus von Wissenschaft und Politik gerückt. Die Hälfe der Erderwärmung seit Mitte des 19. Jahrhunderts lässt sich laut Klimaforschern auf Methangas zurückverfolgen. In der Atmosphäre absorbiert das Gas mehr Wärme als CO2. So hat ein Kilogramm Methan eine rund 30-mal stärkere Treibhauswirkung als die gleiche Menge an Kohlendioxid. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat dem Gas daher sogar Priorität gegeben: “Den Ausstoß von Methan zu reduzieren, ist eines der effizientesten Dinge, die wir tun können”, so die EU-Kommissionspräsidentin.
Auf der Klimakonferenz in Glasgow stellte von der Leyen gemeinsam mit dem US-Präsidenten Joe Biden ein Klimapaket vor, an dem sich rund 100 Staaten beteiligen wollen. Bis 2030 wollen die Länder ihren Methanausstoß um 30 Prozent gegenüber 2020 senken. Beteiligt an dem Abkommen sind demnach Länder wie Deutschland, Frankreich, Kanada und Japan, die für rund die Hälfte der weltweiten Methanemissionen verantwortlich sind und gleichzeitig 70 Prozent der Weltwirtschaft repräsentieren. Doch ausgerechnet Länder wie Indien, China, Russland und Australien haben sich der Initiative nicht angeschlossen.
China tut sich mit Methan-Versprechen wohl aus deshalb schwerer, weil die Partei- und Regierungsstellen sich über die Ziele uneins sind und unkoordiniert handeln. Auch stehen sich die Behörden oft gegenseitig im Weg, da Zuständigkeiten anscheinend nicht klar sind. Für die Regulierung von Kohle und Methan seien oft verschiedene Einheiten verantwortlich, was die Bemühungen zur Eindämmung der Emissionen komplizierter mache, sagt Bloomberg-Analyst Kou.
Die EU hat nach dem Massaker an Zivilisten in der ukrainischen Stadt Butscha erneut in Richtung Peking die Botschaft geschickt, sich klar gegen den Angriffskrieg Russlands zu positionieren. Als ständiges Mitglied des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen habe China eine besondere Verantwortung, den internationalen Frieden und die internationale Sicherheit aufrechtzuerhalten, sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Mittwoch im Plenum des EU-Parlaments. “Niemand kann neutral bleiben, wenn er mit einer solchen nackten Aggression gegen Zivilisten konfrontiert wird.” Das sei auch beim EU-China-Gipfel am vergangenen Freitag betont worden, so von der Leyen. “Wir haben deutlich gemacht, wie wichtig es für uns in Europa, aber auch für den Rest der Welt ist, eine klare Haltung einzunehmen.”
In einem am Mittwochabend veröffentlichten Blogeintrag schrieb der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell ernüchtert: “Das Beste, was wir realistisch anstreben können, ist, dass China keine aktivere pro-russische Haltung einnimmt.” Seit dem EU-China-Gipfel sei eine politische Lösung wegen der durch Russland verübten Gräueltaten weiter in die Ferne gerückt. Brüssel habe für einen Kontakt zwischen Kiew und Peking geworben. “Wir müssen auch sehen, ob Xi endlich mit Selenskyj sprechen wird, was die EU auf dem Gipfel angeregt hat”, so Borrell. Er schlussfolgert: “Russland und China haben durch ihre Äußerungen und Aktionen deutlich gemacht, dass sie glauben, dass Großmächte Anspruch auf eine Einflusszone in ihrer jeweiligen Nachbarschaft haben.”
Borrell hatte bereits am Dienstag ein ungewöhnlich hartes Urteil über den virtuellen Gipfel gefällt. Er nannte das Treffen einen “Dialog der Gehörlosen”. Die chinesische Führung habe “nicht über die Ukraine sprechen wollen”, erklärte Borrell am Dienstagabend im Europaparlament zu dem Treffen am vergangenen Freitag. “Sie wollten nicht über Menschenrechte und andere Dinge sprechen und sich stattdessen auf positive Dinge konzentrieren”, sagte Borrell über den chinesischen Premier Li Keqiang und Präsident Xi Jinping. “Wir konnten nicht viel über die Ukraine reden und wir haben uns auch auf nichts anderes geeinigt“, sagte der EU-Außenbeauftragte während der Plenarwoche in Straßburg.
Für Peking gibt es laut Borrell jedoch eine rote Linie im Ukraine-Krieg: “Das sind Massenvernichtungswaffen”, so Borrell. Das sei in Gesprächen vor dem eigentlichen Gipfel-Treffen klargemacht worden. Der erste EU-China-Gipfel seit Juni 2020 fand am vergangenen Freitag ohne nennenswerte Ergebnisse statt (China.Table berichtete).
China hatte das Massaker von Butscha am Dienstag erstmals im UN-Sicherheitsrat angesprochen, aber nicht verurteilt. “Berichte und Bilder von toten Zivilisten in Butscha sind sehr beunruhigend”, sagte UN-Botschafter Zhang Jun laut staatlicher Medien. Alle Anschuldigungen müssten jedoch auf Fakten beruhen und alle Parteien sollten “unbegründete Anschuldigungen vermeiden, bis Schlussfolgerungen gezogen sind.” Während die schrecklichen Bilder aus dem ukrainischen Butscha derzeit die Titelseiten internationaler Zeitungen füllen, findet eine Berichterstattung über diese Geschehnisse in Chinas staatlichen Medien praktisch nicht statt (China.Table berichtete). ari
Der Hongkonger Sicherheitschef John Lee hat seine Kandidatur zur Wahl des neuen Regierungschefs in der Stadt bekannt gegeben. Der 64-Jährige hat bereits sein Rücktrittsgesuch eingereicht, das gemäß dem Basic Law noch von der chinesischen Zentralregierung angenommen werden muss. Dieser Schritt gilt nur noch als formeller Akt, weil Lee laut Medienberichten bei seiner Kandidatur die Rückendeckung Pekings genießt.
Am 8. Mai bestimmt das neu zusammengesetzte Hongkonger Parlament den neuen Regierungschef der Stadt. Die bisherige Chief Executive Carrie Lam verzichtet auf eine weitere Kandidatur und wird am 30. Juni die Amtsgeschäfte niederlegen.
Lee war 2017 von Lam ins Amt des Sicherheitschefs berufen worden. Im vergangenen Jahr übernahm er zudem die Rolle des Leitenden Geschäftsführers der Hongkonger Regierung und nahm damit hinter Lam Rang zwei in der Verwaltungs-Hierarchie ein. Lee arbeitet seit mehr als 40 Jahren im öffentlichen Dienst. In seiner Rolle als Sicherheitschef hat er maßgeblichen Anteil an der politischen Säuberung der Stadt seit Einführung des Nationalen Sicherheitsgesetzes. grz
Das chinesische E-Auto– und Batterieunternehmen BYD hat nach eigenen Angaben die Produktion von Fahrzeugen mit Antrieb durch fossile Brennstoffe eingestellt. Per Tweet kündigte BYD an, seit März keine Verbrenner-Modelle mehr herzustellen.
Das Verkaufsvolumen von Elektrofahrzeugen von BYD erreichte im Jahr 2021 fast 604.000 Einheiten, was laut Berechnungen von Caixin einem Anstieg von 218 Prozent gleichkommt. Die Produktion anderer Fahrzeugtypen hingegen ging um 43 Prozent zurück und betrug nur 137.000 Einheiten. Daten des Autoverbands China Passenger Car Association (CPCA) zeigen, dass BYD im vergangenen Jahr mit mehr als 17 Prozent Marktanteil der meistverkaufte EV-Hersteller in China war. SAIC-GM-Wuling Automobile Co.Ltd. belegte mit rund zwölf Prozent den zweiten Platz und Tesla liegt mit neun Prozent auf Platz drei.
Um die Kunden seiner nicht-elektrischen Sparte zu beruhigen, kündigte BYD an, dass es weiterhin die Komponenten von Fahrzeugen mit fossilen Brennstoffen herstellen und Kunden, die solche Fahrzeuge gekauft haben, Kundendienste anbieten werde.
Der in Shenzhen ansässige Autobauer ist innerhalb kürzester Zeit zur Nummer eins der E-Autohersteller in der Volksrepublik aufgestiegen. Im vergangenen Jahr hat BYD erstmals mehr Elektroautos als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor verkauft. Der Umsatz von BYD stieg 2021 um 38 Prozent auf 211 Milliarden Yuan (rund 30 Milliarden Euro). Der Umsatz um 73,3 Prozent auf 740.100 Fahrzeuge. Dennoch konnte BYD seinen Gewinn nicht erhöhen. Durch die Verteuerung von Rohstoffen und Engpässen bei den Lieferketten weltweit hat BYD zudem die Preise für mehrere Automodelle erhöht (China.Table berichtete).
Auf der UN-Klimakonferenz unterschrieb BYD mit einer Reihe von anderen Autoherstellern ein Versprechen, bis 2035 in führenden Märkten und bis 2040 weltweit nur noch emissionsfreie Fahrzeuge anzubieten. niw
In Großbritannien ist ein politischer Disput über die Übernahmepläne für die Mikrochip-Fabrik Newport Wafer Fab losgebrochen. Die britische Regierung hatte den umstrittenen Verkauf der walisischen Halbleiter-Fabrik an Nexperia, einer niederländischen Tochtergesellschaft der chinesischen Wingtech-Gruppe, genehmigt. Im Juli 2021 hatte London den Nationalen Sicherheitsberater Sir Stephen Lovegrove beauftragt, den Deal zu überprüfen (China.Table berichtete). Lokale Medien berichteten nun, Lovegrove sei zu dem Schluss gekommen, dass es nicht genügend Sicherheitsbedenken gegeben habe, um den Verkauf zu blockieren. Newport Wafer Fab ist eine der wenigen Anlagen in Großbritannien, die noch Halbleiter herstellen. Wann genau die Übernahme vonstattengehen wird, war zunächst nicht öffentlich bekannt.
Bei der Überprüfung des Deals sei eine zu enge Definition für “nationale Sicherheit” verwendet worden, kritisierte unter anderem der Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des britischen Unterhauses, Tom Tugendhat. “Während wir Deutschland und andere drängen, aus russischem Gas auszusteigen, erscheint es seltsam, dass wir China erlauben, Halbleiterunternehmen in Großbritannien zu kaufen”, so Tugendhat. Der konservative Politiker kritisierte, dass unter dem seit Januar in Kraft getretenen National Security and Investment Act die Übernahme nicht nochmals näher untersucht wurde. “Die Regierung hat keine klare Strategie, um die Überreste unserer Halbleiterindustrie zu schützen”, so Tugendhat. ari
Gunnar Wiegand ist als Managing Director für Asien und den Pazifik im Europäischen Auswärtigen Dienst (EEAS) verantwortlich für die EU-Beziehungen zu 41 Staaten, von Afghanistan bis Fiji – und er hat spannende Stationen in seinem beruflichen Leben durchlaufen. Als Politikberater war er dabei, als Spanien der EU beitrat. Als Mitarbeiter einer politischen Stiftung hat er sich mit an der Unterstützung für die Konsolidierung neuer Demokratien in Südeuropa und Osteuropa beteiligt. Im Jahr 1990, kurz vor der Wiedervereinigung, begann er seine Arbeit für die Europäische Kommission, zunächst als sogenannter DDR-Referent, dann mit Fokus auf die Transformationsprozesse in der ehemaligen Sowjetunion.
Gunnar Wiegand war vor Beginn der Corona-Pandemie im Schnitt zweimal monatlich in Asien. Er pflegt zahlreiche berufliche und auch einige persönliche Kontakte in die Region. Seine drei Söhne reisen gerne nach Asien und seine Frau kommt aus dem Libanon, der ja immerhin zu Vorderasien gehört. Mit China selbst hat er auf den ersten Blick gar nicht so viel zu tun.
Er hat nicht Chinesisch studiert, sondern Jura und Internationale Beziehungen in Italien und den USA. Mandarin gehört nicht zu den sechs Sprachen, die er gelernt hat. Und seine ersten Auslandsstationen haben ihn nicht etwa nach Hongkong oder Peking geführt, sondern nach Lateinamerika und Spanien. “Ich bin kein Experte für Asien, sondern für EU-Außenbeziehungen, wo es um das Zusammenführen von EU-Außen- und Sicherheitspolitik und der Mitgliedstaaten mit Handelspolitik, Entwicklungszusammenarbeit und sektoralen Politiken der Europäischen Kommission geht”, sagt er.
China taucht in seiner Vita erstmals Ende der 90er-Jahre auf. Damals war er Sprecher des EU-Außenkommissars Chris Patten, der zuvor der letzte britische Gouverneur des British Empire von Hongkong gewesen war. “Patten war sehr bekannt in China, aber er war damals eine unerwünschte Figur. Ich habe gesehen, wie beliebt er dagegen in Hongkong war, als wir eine Reise dorthin machten”, erinnert sich Wiegand, der mit ihm außerdem unter anderem in Indien, Pakistan und Korea unterwegs war. Später war er als Direktor bei der Europäischen Kommission für Russland, Osteuropa und Zentralasien zuständig und war unter anderem Chefverhandler für die Assoziierungsverträge der EU mit Georgien und Moldawien.
Auch die erste “Assoziierungsagenda”, das Dokument zur konkreten Umsetzung des Assoziierungsvertrags, der EU mit der Ukraine hat er ausgehandelt. 2016 wurde ihm im Europäischen Auswärtigen Dienst die Zuständigkeit für Asien und den Pazifik übertragen, wo er 2017 das neue Strategische Partnerschaftsabkommen mit Japan aushandelte, 2018 maßgeblich zur ersten Konnektivitätsstrategie EU-Asien beitrug, 2019 an der Neuausrichtung der EU-Politik gegenüber China mitwirkte (“Kooperation-Wettbewerb-systemische Rivalität”) und 2021 für die Ausarbeitung der EU-Strategie für Kooperation im Indo-Pazifik verantwortlich war.
Seinen Karriereweg in der europäischen Politik bezeichnet Gunnar Wiegand selbst als ungewöhnlich: “Der normale diplomatische Gang ist, dass die Leute zwischen der Zentrale und dem Ausland wechseln. Ich selbst habe immer mehr Inhalte in Brüssel entwickelt und verhandelt und so nach innen und außen wirken können”, sagt er.
Aktuell beschäftigen den EU-Beamten neben der Umsetzung der indopazifischen Strategie und der Frage, wie die EU am besten dazu beitragen kann, Afghanistan zu stabilisieren, vor allem die Beziehungen der EU zu China. Und diese Arbeit steht in den vergangenen Tagen – wie sollte es anders sein – ganz besonders im Zeichen des Krieges in der Ukraine, wo es gilt, so schnell wie möglich einen Waffenstillstand zu erreichen und humanitäre Korridore einzurichten. Janna Degener-Storr
Laurent Cathala ist zum neuen Präsidenten des Modegeschäfts von Gucci in Greater China ernannt worden. Cathala war bisher für den Luxus-Juwelier Tiffany & Co tätig.
Die US-Zeitung New York Times baut ihr China-Team um: Neuer Leiter des Büros in Peking wird Keith Bradsher, er war zuvor Leiter des Shanghai-Büros. Zudem soll Vivian Wang das Team in Peking ergänzen. Wang war zuvor in Hongkong im Einsatz. Alexandra Stevenson wird neue Chefin des Shanghaier Büros.
Teeernte in Ankang in der Provinz Shaanxi. Die Region ist eines der sieben großen Anbaugebiete Chinas. Hier im Landkreis Liping hat die Lokalregierung die Produktion in den vergangenen Jahren besonders gefördert.