Table.Briefing: China

Solar-Abhängigkeit + Covid-Krise in Hongkong + Telefonat Ukraine-China

  • Solarenergie: Abhängigkeit von China wird steigen
  • Deutsches Konsulat in Hongkong erwartet “harte Wochen”
  • Wang Yi telefoniert mit Ukraines Außenminister
  • USA signalisiert anhaltende Unterstützung für Taiwan
  • China importiert weniger Kohle aus Russland
  • Chinesischer Kohle- und Gasverbrauch 2021 gestiegen
  • Sinolytics.Radar: Steigerung der Energieeffizienz
  • Porträt: Vera Philipps – vom Referat Ostasien in Berlins Lokalpolitik
Liebe Leserin, lieber Leser,

der Krieg in der Ukraine stellt viele unserer Gewissheiten auf den Kopf. Eine der drängendsten Fragen, die Deutschland derzeit umtreibt, ist die nach der Energiesicherheit. Als Reaktion auf den Überfall auf die Ukraine haben Bundesregierung und EU nun angekündigt, die erneuerbaren Energien noch schneller ausbauen zu wollen, um weniger abhängig von Russland zu sein. Christian Lindner bezeichnete die Erneuerbaren im Bundestag in diesem Zusammenhang sogar als “Freiheitsenergien“.

Mit dieser Strategie könnten wir jedoch von einer Abhängigkeit in die nächste schlittern, schreibt Nico Beckert. Denn die Solar-Industrie wird von China dominiert. Die europäischen Photovoltaik-Importe aus China belaufen sich schon jetzt auf 63 Prozent. Die EU befürchtet zudem, dass chinesische Firmen bei Knappheiten nur noch den lokalen Markt bedienen.

In Hongkong verschlechtert sich die Stimmung der Bevölkerung derweil rapide. In den vergangenen zwei Tagen wurden in der Stadt zusammen fast 70.000 Corona-Neuinfektionen registriert. Chinas Präsident Xi Jinping will auch in Hongkong mit harter Hand seine Zero-Covid-Politik mitsamt Lockdown durchziehen. Das deutsche Konsulat bereitet die Landsleute schon jetzt auf “harte Wochen” vor. “Unklare Massentests, Quarantäne-Einrichtungen, die an Lager erinnern, Maskenpflicht beim Joggen, die Ausreise von Freunden, abgesperrte Spielplätze: Wir werden alle viel Disziplin und Geduld brauchen”, erklärt Generalkonsulin Stefanie Seedig die Situation am Dienstag in einem Schreiben an die rund 2.000 deutschen Einwohner der Stadt.

Auch “eine Trennung von minderjährigen Kindern von ihren Eltern in Quarantäne oder Isolation”, sei in dieser unsicheren Lage denkbar, so Seedig. Die einst so pulsierende internationale Wirtschaftsmetropole war schon vor der Corona-Eskalation nur noch ein Schatten ihrer selbst. Die strikten Maßnahmen dürften noch mehr Expats zur baldigen Ausreise bewegen.

Ihr
Fabian Peltsch
Bild von Fabian  Peltsch

Analyse

Energiewende: Von der russischen in die chinesische Abhängigkeit

Der EU und Deutschland drohen Abhängigkeit von der Solar-Industrie Chinas in der Energiewende.
Made in China – die Volksrepublik dominiert den Solar-Sektor

Jahrzehntelang war Russland ein Garant für die deutsche Energieversorgung. Damit könnte bald Schluss sein. Auch als Reaktion auf den Überfall auf die Ukraine wollen die Bundesregierung und die EU die erneuerbaren Energien massiv ausbauen. In Reaktion auf Putins Krieg bezeichnete Finanzminister Christian Lindner die Erneuerbaren im Bundestag sogar als Freiheitsenergien. Doch die Solar-Industrie wird von China dominiert. Schlittern Deutschland und die EU von einer Abhängigkeit in die nächste? Und wie stark werden die Preise für Solar-Module steigen, wenn zwei so große Wirtschaftsräume wie die EU und China gleichzeitig die Solarkraft ausbauen?

Von der Gas-Abhängigkeit in die Solar-Abhängigkeit?

Der russische Einmarsch in die Ukraine zeigt auf, wie gefährlich die Gas-Abhängigkeit ist. Deswegen will die Bundesregierung den Ausbau der Erneuerbaren jetzt noch schneller vorantreiben. Laut der nächsten Ökostrom-Novelle sollen die erneuerbaren Energien den Strombedarf schon bis 2035nahezu vollständig” decken. Die Solarenergie spielt dabei eine wichtige Rolle. Bis 2030 soll sie 200 Gigawatt Leistung bringen – eine Vervierfachung des derzeitigen Werts.

Auch die EU wird demnächst eine neue Energiestrategie vorlegen. Laut Insidern sollen bis 2030 40 Prozent weniger fossile Brennstoffe verbraucht und die Erneuerbaren schneller ausgebaut werden. Zudem sollen weitere Investitionen in die Erneuerbaren mobilisiert werden. Für den Juni wird eine EU-Strategie zum beschleunigten Ausbau der Solarenergie angekündigt.

Doch beim Ausbau der Solar-Energie drohen die EU und Deutschland noch abhängiger von China zu werden. Denn die komplette Solar-Lieferkette wird von der Volksrepublik dominiert. Weltweit stammen drei von vier Solarmodulen und 83 Prozent der Solarzellen aus China. Beim Ausgangsstoff Polysilizium dominiert das Land 77 Prozent des Weltmarktes. Die EU-Kommission warnte kürzlich vor einer zu großen Abhängigkeit. EU-Staaten produzieren nur 0,4 Prozent der weltweit hergestellten Solarzellen und nur zwei bis drei Prozent der Module.

Anteil chinesischer Unternehmen an weltweiter Produktion von Solaranlagen - droht der EU die Abhängigkeit?

Die chinesische Dominanz bereitet der EU große Sorge. Lieferungen aus China machen demnach 63 Prozent der europäischen Photovoltaik-Importe aus. Die Solarbranche könnte in eine Situation geraten, in der es nicht mehr möglich ist, auf andere Anbieter auszuweichen, so die EU. Die Kommission warnt vor einer “strategischen Abhängigkeit, die wiederum den künftigen Einsatz von Solartechnologien in der EU behindern könnte”, wie aus einem aktuellen Bericht hervorgeht. Die EU befürchtet, dass China bei Knappheiten nur noch den lokalen Markt bedienen könnte. “Die chinesischen Behörden verfügen über Instrumente, mit denen sie den heimischen Markt bevorzugt beliefern können, selbst wenn keine formellen Ausfuhrbeschränkungen bestehen”, so die Einschätzung der EU-Kommission.

China hat die meisten Fabriken für Solar-Module: Damit droht der EU eine weitere Abhängigkeit in der Energiepolitik

Schon heute scheint sich die Abhängigkeit von China negativ auf den Solar-Ausbau auszuwirken. “Länderspezifische Ereignisse in China, wie Fabrikschließungen aufgrund von Unfällen und andere Unterbrechungen der Lieferkette” haben der EU-Kommission zufolge “schwerwiegende Auswirkungen auf die Einfuhr und den Einsatz von Solarmodulen in der EU”. Diese Probleme und der Preisanstieg bei Rohstoffen und Energie sowie im Transport und Logistikbereich seien Ursache dafür, dass 20-25 Prozent der geplanten Solarprojekte in der EU im Jahr 2021 entweder verschoben oder ganz gestrichen wurden.

Die EU will daher die Abhängigkeit von China verringern. Europäische Hersteller wollen bis 2025 die jährliche Produktion in allen Bereichen der Lieferkette – vom Ausgangsstoff Polysilizium über Wafer und Solarzellen bis hin zu den Modulen – auf 20 Gigawatt erhöhen. Bei den großen Ausbauzielen der EU und Deutschlands ist das allerdings nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Und die EU beklagt, dass die Industrie das 20-Gigawatt-Ziel verfehlt. Einzig beim Polysilizium könnte es erreicht werden, wie Industriedaten zeigen.

Die EU-Kommission schlägt vor, dass die Mitgliedsstaaten die Genehmigungsprozesse bei der Installation neuer Solarparks vereinfachen und beschleunigen sollten. Das würde den europäischen Herstellern von Solaranlagen “mehr Sicherheit bei der Ausweitung ihrer Produktionskapazitäten bieten”, so die Kommission. Zudem könnten die Staaten die Industrie finanziell unterstützen. International will die EU für ein “level playing field” eintreten. Konkret bedeutet das, dass Subventionen anderer Staaten den internationalen Markt für Solar-Produkte nicht verzerren dürfen.

Bei Solaranlagen droht keine Preisexplosion

Die Ausbauziele für Solarkraft in Europa könnten eine Preisexplosion vermuten lassen. Zumal China auch ambitionierte Ausbauziele hat. Die Volksrepublik wird allein im laufenden Jahr wahrscheinlich mehr als 100 Gigawatt an neuer Photovoltaik-Leistung installieren – fast die Hälfte des für dieses Jahr global prognostizierten Zubaus. In der Volksrepublik sind die Kosten zur Errichtung von Solarparks im letzten Jahr erstmals seit 15 Jahren wieder gestiegen. Doch der Preisanstieg ist laut Branchenexperten nur von kurzer Dauer. Denn Ursache ist ein hoher Polysilizium-Preis. China hat jedoch die Produktion des Ausgangsstoffs für Solaranlagen massiv ausgeweitet (China.Table berichtete).

Experten erwarten daher keine Knappheit. Im Gegenteil. “Die im Bau befindlichen und angekündigten neuen Produktionskapazitäten in China sind so massiv, dass es aller Voraussicht nach spätestens ab 2024 ein Polysilizium-Überangebot geben wird“, sagt Johannes Bernreuter, Polysilizium-Experte von der Beratungsfirma Bernreuter Research. Trotz der steigenden Nachfrage werden die Preise für Solarmodule und -anlagen Bernreuter zufolge bald wieder sinken.

Dem Branchenkenner zufolge bleibt es auch abzuwarten, ob die Bemühungen der EU, der USA und Indiens, sich unabhängiger von China zu machen, Erfolg haben werden. “Einfach wird es sicher nicht”, so Bernreuters. Kurzfristig ist das Ziel kaum zu erreichen. Auch die Expert:innen von BloombergNEF schreiben, dass es viel Zeit brauche, bis neue “Solar-Fabriken” außerhalb Chinas eine nennenswerte Produktionsgröße erreichen: “Die Hersteller werden wahrscheinlich vorsichtig sein, in einen überversorgten Markt zu expandieren, wenn keine solide und garantierte Nachfrage nach Solarprodukten zu Premiumpreisen besteht”.

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Hongkong: Deutsches Konsulat fürchtet Isolation von Kindern

Für den Falle eines Lockdowns oder von Isolation decken sich Bewohnende Hongkongs mit Lebensmitteln ein
Aus Angst vor Corona-Lockdown oder Isolation kam es in Hongkong zu Hmasterkäufen.
Hamsterkäufe vor dem erwarteten Lockdown in Hongkong

Das deutsche Konsulat in Hongkong sieht den anstehenden Corona-Massentests in der Metropole mit großer Sorge entgegen. Generalkonsulin Stefanie Seedig wandte sich am Dienstag in einem dreiseitigen Schreiben, das China.Table vorliegt, an alle deutschen Bürger:innen in der Stadt. “Liebe Landsleute, es stehen uns harte Wochen in Hongkong bevor. Unklare Massentests, Quarantäneeinrichtungen, die an Lager erinnern, Maskenpflicht beim Joggen, die Ausreise von Freunden, abgesperrte Spielplätze. […] Wir werden alle viel Disziplin und Geduld brauchen”, schrieb Seedig.

Das Konsulat fürchtet vor allem “eine Trennung von minderjährigen Kindern von ihren Eltern in Quarantäne oder Isolation.” Die Bundesregierung habe diese Sorge in Gesprächen mit der Regierung in Peking vor wenigen Tagen zum Ausdruck gebracht, heißt es. Anlass sind die angekündigten Massentests (China.Table berichtete), die wegen der drastisch steigenden Infektionszahlen in Kürze beginnen sollen.

In den vergangenen beiden Tagen waren zusammen fast 70.000 Neuinfektionen in der Stadt registriert worden, nachdem Hongkong zuvor mehr als zwei Jahre kaum von der Pandemie betroffen war. Alle Bewohner:innen der Stadt sollen deshalb innerhalb weniger Wochen dreimal getestet werden. Bislang ist die genaue Handhabe unklar, wenn Kinder positiv, deren Eltern aber negativ getestet werden. Die Krankenhäuser sollen im Einzelfall entscheiden.

Um die Wirksamkeit der Testkampagne zu erhöhen, steht ein möglicher Lockdown der Stadt von neun Tagen Länge zur Diskussion. Zurzeit gelten lediglich strenge Abstandsregelungen und starke Einschränkungen für den Bewegungsradius von Ungeimpften. Allerdings dürfen die Menschen weiterhin regulär zur Arbeit gehen. Auch die Börse ist weiterhin geöffnet. Internationale Schulen befinden sich im Distanzunterricht.

Bereitschaftsdienst, um ausreisewilligen Deutschen zu helfen

Laut Statista lebten im Jahr 2020 in Hongkong rund 2.000 Bundesbürger unter den knapp 7,5 Millionen Einwohnern. Eine der Deutschen, eine wissenschaftliche Mitarbeiterin an einer Hongkonger Universität, die anonym bleiben möchte, kritisiert die Politik der Behörden. “Nach zwei Jahren erfolgreicher Pandemiebekämpfung sieht sich die Hongkonger Regierung vor vielen selbstverschuldeten Herausforderungen. Die Bevölkerung wurde zu lange in Sicherheit gewogen und die Impfbereitschaft, besonders von Älteren war zu gering. Nun steht das Gesundheitswesen vor dem Kollaps”, sagt sie gegenüber China.Table. Es herrscht allgemein großes Misstrauen gegenüber den Behörden, die seit Einführung des Nationalen Sicherheitsgesetzes politischen Dissens sogar auf kleinster Ebene hart bestrafen.

“Wir kommen nicht nach Festlandchina und nicht in irgendein anderes Ausland, ohne wochenlange, zermürbende und teure Hotelquarantäne. Viele Menschen konnten ihre Familien seit zwei Jahren nicht sehen, auch nicht ihre Familien auf dem Festland. Daher kommt es besonders in den letzten Wochen verstärkt zu langfristigen Ausreisen“, sagt die Forscherin. Zudem wurden immer wieder Flugverbote ausgesprochen.

Das deutsche Konsulat hat sich deswegen auf eine möglicherweise steigende Zahl deutscher Ausreisewilliger eingestellt. “Uns ist aufgefallen, dass Sie unsere Dienstleistungen jetzt verstärkt brauchen, um ihre Papiere in Ordnung zu bringen und sich für eine eventuelle Ausreise vorzubereiten”, schreibt Seedig. Für den Zeitraum der Massentests sei zudem ein zusätzlicher Bereitschaftsdienst eingerichtet worden.

Die Zustände seien nicht mehr hinnehmbar, klagten in den vergangenen Tagen eine Reihe von ausländischen Diplomaten. Der EU-Gesandte in Hongkong, Thomas Gnocchi, teilte Regierungschefin Carrie Lam in einem Brief mit, dass im vergangenen Jahr bereits zehn Prozent der Europäer:innen die Stadt verlassen hätten. Vor allem wegen der Unsicherheiten, die die Coronavirus-Maßnahmen ausgelöst haben. In dem Brief hieß es demnach auch, dass zudem bereits einige europäische Unternehmen der Stadt den Rücken gekehrt hätten. Er forderte die Regierung auf, die derzeitigen Schulschließungen und Isolationsanforderungen zu überdenken und die Standards der Weltgesundheitsorganisation zur Isolierung von Covid-19-Patienten zu befolgen.

Aus der Volksrepublik China kommen inzwischen Warnungen, dass das lokale Gesundheitssystem der Stadt bald überlastet sein könnte. Laut einem Vertreter von Chinas Nationaler Gesundheitskommission stünden 9.000 medizinische Mitarbeiter bereit, um bei der Durchführung der Tests in Hongkong zu helfen.

Diplomaten klagen, sie würden von der Regierung nicht konsultiert

Überlastet sind Krankenhäuser vor allem, weil sich jeder Infizierte in Behandlung begeben muss, egal ob mit oder ohne Symptomen. Wer infiziert ist, soll im Krankenhaus oder in Quarantänezentren isoliert werden. Einfach in der eigenen Wohnung bleiben, ist laut der Regeln in Hongkong nicht möglich. Eilig entstehen nun Containerstädte, in denen die Infizierten untergebracht werden. Die Stadtregierung hatte schon vergangene Woche 20.000 Hotelbetten reserviert, um Infizierte dort in Quarantäne zu isolieren (China.Table berichtete).

Auch der französische Generalkonsul Alexandre Giorgini veröffentlichte vergangene Woche einen Brief an die Staatsangehörigen seines Landes in Hongkong, in dem er schrieb, dass die Regierung trotz großer Expat-Gemeinschaften vor Ort das Konsulat nicht zu den neuen Maßnahmen konsultiert habe. “Die angekündigten Maßnahmen wirken sich tiefgreifend auf das Leben aller aus, mit einem zu zahlenden Preis, der seit zwei Jahren nicht aufgehört hat zu steigen”, schrieb er weiter. Giorgini sagte, dass sich das Konsulat zwar für die Verteidigung der Interessen französischer Staatsangehöriger einsetzt, die Situation in Hongkong jedoch für mehrere Monate kritisch bleiben würde. 

Der niederländische Generalkonsul Arjen van den Berg richtete sich ebenfalls an die Hongkonger Regierung und warnte, dass eine Reihe niederländischer Einwohner erwägen, die Stadt zu verlassen, da ihre Arbeitgeber beschlossen hätten, umzuziehen. Es sei enttäuschend, dass in Hongkong “alles weiter eingesperrt ist, ohne unmittelbare Aussicht auf eine Wiedereröffnung”. Die kanadische Generalkonsulin Rachael Bedlington teilte derweil mit, dass die neuen Maßnahmen der Regierung “die Angst” vieler Kanadier in Hongkong verschärft hätten.

Die Welle der diplomatischen Entrüstung dürfte Regierungschefin Carrie Lam zwar zur Kenntnis genommen haben. Jedoch sehen Beobachter keine Chance, dass Hongkong von seinen strikten Maßnahmen abrücken wird. Denn dort müssen die Behörden inzwischen den Vorgaben Pekings folgen. Es heißt, Präsident Xi Jinping habe wegen der explodierenden Fallzahlen in Hongkong bereits die Geduld verloren. Nun strömen täglich mehr chinesische Experten und Helfer der Zentralregierung nach Hongkong und ins benachbarte Shenzhen, um wieder “Ordnung” herzustellen. Fabian Peltsch/Jörn Petring/Gregor Koppenburg

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News

Erstes direktes Gespräch China-Ukraine seit Ausbruch des Krieges

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat am Dienstag mit seinem chinesischen Kollegen Wang Yi telefoniert. In dem Gespräch hat er China darum gebeten, auf Moskau einzuwirken, den Krieg in der Ukraine zu stoppen. Das geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung des ukrainischen Außenministeriums hervor. Wang habe versichert, dass China jede Anstrengung unternehmen werde, um den Konflikt auf diplomatische Weise zu lösen.

In der Version der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua erklärte das chinesische Außenministerium, dass China alle Maßnahmen unterstütze, die zu einer politischen Lösung beitragen können. China wolle eine konstruktive Rolle in der Ukraine-Situation einnehmen. Die Ukraine hoffe wiederum darauf, die Kommunikation mit China zu vertiefen, um einen Waffenstillstand zu erreichen, berichtet Xinhua. Wang betonte demnach, China sei schon immer der Meinung gewesen, dass die Sicherheit eines Landes nicht auf Kosten der Sicherheit anderer Länder erreicht werden könne. Regionale Sicherheit könne nicht durch die Ausweitung von Militärblöcken erreicht werden. Er spielt damit auf die NATO-Osterweiterung an.

Das Telefonat war das erste direkte Gespräch zwischen Vertretern der beiden Ländern seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine am vergangenen Donnerstag. Nach Angaben des chinesischen Außenministeriums kam das Telefonat auf Betreiben Kulebas zustande. Peking hat im Zusammenhang mit dem Einmarsch russischer Truppen bislang keine eindeutige Position bezogen. China entscheide seine Haltung und Politik jeweils im Einzelfall, hatte Außenamtssprecher Wang Wenbin am Montag erklärt. China sei “strategischer Partner” Russlands, aber nicht “Verbündeter”. fpe

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Biden schickt Militär-Experten nach Taiwan

US-Präsident Joe Biden hat angekündigt, eine Delegation von Verteidigungs- und Sicherheitsexperten nach Taiwan zu entsenden, um die “anhaltende Unterstützung für Taiwan zu demonstrieren”, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Bei den Experten handelt es sich demnach um den ehemaligen Vorsitzenden der Generalstabschefs, Mike Mullen, der unter den Präsidenten George W. Bush und Barack Obama als oberster Marineadmiral diente. Er wird von Bushs Sicherheitsberaterin Meghan O’Sullivan und Obamas Verteidigungsexpertin Michele Flournoy begleitet.

Ebenfalls hinzukommen sollen Mike Green und Evan Medeiros, zwei ehemalige leitende Direktoren des Nationalen Sicherheitsrates für Asien. Die Expertenrunde soll voraussichtlich bis Mittwochabend in Taiwan bleiben und sich in dieser Zeit unter anderem mit Präsidentin Tsai Ing-wen und Verteidigungsminister Chiu Kuo-cheng beraten. Das Büro von Tsai bestätigte den Besuch und erklärte, der Zeitpunkt verdeutliche, dass die Beziehungen zwischen Taiwan und den USA “felsenfest” seien.

Nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine befürchten Militärexperten, dass Peking die Situation ausnutzen könnte, um die von China als abtrünnige Provinz deklarierte Insel einzunehmen. Bereits vor wenigen Tagen kreuzte ein US-Kriegsschiff durch die Taiwanstraße. Das US-Militär sprach von einer Routineaktion, Peking verurteilte die Fahrt dagegen als “Provokation”. fpe

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China drosselt Kohleimporte aus Russland

China hat die Importe russischer Kohle zurückgefahren. Anlass seien wacklige Finanzierungen wegen westlicher Sanktionen. “Die meisten Banken haben nach den Swift-Sanktionen die Ausstellung von Handelskreditbriefen eingestellt”, sagte ein in China ansässiger Händler am Dienstag gegenüber Reuters. “Da fast alle Verträge auf Dollar lauten, haben wir keine andere Möglichkeit, die Zahlung zu leisten.”

Die USA, die EU und ihre Verbündeten hatten am Wochenende russische Banken vom internationalen Zahlungssystem Swift abgeschnitten, über den der Großteil internationaler Finanzströme läuft. Einige chinesische Händler versuchen nun, die Lieferungen mit der chinesischen Landeswährung Renminbi zu bezahlen oder den Handel über das alternative chinesische Zahlungssystem Cips abzuwickeln.

China hatte das Clearing- und Abwicklungssystem Cips (Chinas Cross-Border Interbank Payment System) bereits 2012 eingeführt, um die chinesische Währung stärker zu internationalisieren. Das System ist aber derzeit für die grenzüberschreitende Kommunikation noch weitgehend auf Swift angewiesen, schreibt das Handelsblatt.

China ist der größte Kohleabnehmer Russlands. Im vergangenen Jahr importierte die Volksrepublik mehr als 50 Millionen Tonnen Kohle im Wert von 7,4 Milliarden Dollar aus dem Osten des Landes. Auf Russland entfielen damit rund 15 Prozent der Gesamteinfuhren Chinas, das damit nach Indonesien der zweitgrößte Lieferant war. Aufgrund der großen inländischen Kohlebestände und des bevorstehenden saisonalen Bedarfsrückgangs an Heizkohle können es sich die chinesischen Käufer jedoch leisten, die Importe vorerst auszusetzen.

Die Kohlepreise von Exporteuren wie Indonesien, Australien und Südafrika sind in dieser Woche sprunghaft gestiegen. Am Montag wurde ein Rekordpreis von 274,50 Dollar pro Tonne erreicht, was einem Anstieg von 15 Prozent entspricht. ret/fpe

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Chinas CO2-Emissionen steigen um vier Prozent

Chinas CO2-Emissionen sind im vergangenen Jahr um vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr angestiegen. Das geht aus neuen Daten der Nationalen Statistikbehörde hervor. Grund: Die Volksrepublik hat im letzten Jahr mehr Kohle, Öl und Gas verbraucht. Im Detail stieg:

  • der Kohleverbrauch um 4,6 Prozent,
  • der Erdölverbrauch um 4,1 Prozent,
  • der Gasverbrauch um 12,5 Prozent,
  • und der Stromverbrauch um 12,3 Prozent.

Der Anstieg des Kohleverbrauchs ist der größte seit gut zehn Jahren, schreibt Reuters. Kohle trug im vergangenen Jahr 56 Prozent zum Gesamtenergieverbrauch bei und somit 0,9 Prozent weniger als im Jahr 2020. Die CO2-Emissionen pro Einheit Wirtschaftsleistung fielen um 3,8 Prozent im Vergleich zu 2020. Chinas Klimapläne (China.Table berichtete) sehen vor, dass der CO2-Ausstoß in Relation zur Wirtschaftsleistung bis 2030 im Vergleich zu 2005 um 65 Prozent abnehmen soll. Bis 2030 soll zudem der Höchststand bei den Treibhausgas-Emissionen erreicht worden sein – eine absolute Zielmarke hat sich Peking allerdings (noch) nicht gesetzt. nib

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Sinolytics.Radar

Wie China die Energieeffizienz verbessern möchte

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  • Im Februar 2022 veröffentlichte die einflussreiche staatliche Kommission für Entwicklung und Reform (NDRC) zusammen mit drei anderen Ministerien einen Strategieplan zur Steigerung der Energieeffizienz bis 2025 in 17 energieintensiven Sektoren, darunter Stahlerzeugung, Flachglas und Zement.
  • Die chinesische Regierung legt zu diesem Zweck zwei Richtwerte für die Energieeffizienz in jedem Sektor fest. Die obere Stufe orientiert sich dabei an internationalen Energieeffizienzniveaus, während die untere Stufe das Mindestniveau darstellt, das von jedem Unternehmen in China erreicht werden muss.
  • 16 der 17 Sektoren (mit Ausnahme von Erdölraffinerien) haben sich zum Ziel gesetzt, bis 2025 alle Produktionskapazitäten mit einer Energieeffizienz unterhalb der untersten Stufe zu beseitigen und 20 bis 50 Prozent der Kapazitäten auf das fortgeschrittene Energieeffizienzniveau zu heben.
  • Es ist das erste Mal, dass sich die Führung in Peking der Frage der Energieeffizienz in den Produktionssektoren systematisch annähert und klare Zielvorgaben festlegt. China möchte den Kohlenstoffausstoß bis 2030 senken und einen Energiemix schaffen, der sich vorwiegend aus erneuerbaren Energien zusammensetzt.
  • Allerdings wurden die Richtwerte für die Energieeffizienz in einigen Sektoren, zum Beispiel bei der Stahlerzeugung, durch die kürzlich veröffentlichten Richtlinien nicht verändert und sind seit 2013 sogar unverändert geblieben. Dies zeigt die mitunter nur langsamen Fortschritte bei der Verbesserung der Energieeffizienz. Auch die künftige Umsetzung wird wahrscheinlich durch gegenläufige politische Entscheidungen wie kurzfristiges Wirtschaftswachstum und Sicherheit von Lieferketten erschwert werden.
  • Dennoch bieten Chinas Ambitionen zur Steigerung der Energieeffizienz, welche die Kohlenstoffbelastung vieler Zwischenprodukte reduzieren soll, ausländischen Unternehmen die Möglichkeit, den CO2-Fußabdruck ihrer Lieferketten in China zu verkleinern.

Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

  • Erneuerbare Energien
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Presseschau

Portrait

Vera Philipps – China-Expertin wechselt zur Lokalpolitik

Vera Philipps - China-Expertin wechselt in die Lokalpolitik
Vera Philipps – ehemalige Referatsleiterin Ostasien des Deutschen Industrie- und Handelskammertages.

Ab März bricht für Vera Philipps eine neue Ära an: als Büroleiterin des Berliner Wirtschaftssenators Stephan Schwarz. Mit einem weinenden Auge wendet sich Philipps von Ostasien ab, um sich stattdessen vornehmlich mit Lokalpolitik zu beschäftigen. Die Volksrepublik China wird dann wohl nur noch eine Art Randerscheinung ihres Berufsalltags sein – anders als in den vergangenen Jahren, als das Land den Schwerpunkt ihrer Arbeit gebildet hat. “China steckt ja überall drin”, sagt sie.

Das galt besonders für ihre Tätigkeit als Referatsleiterin Ostasien des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), die nun zu Ende gegangen ist. Neue Zollvorschriften, neue Datenschutzgesetze, das Social-Credit-System oder hakende Lieferketten wegen Chinas Null-Covid-Strategie: Vera Philipps war stets auf dem Laufenden. Sie organisierte den Austausch zwischen Medien, Ministerien und Handelskammern, pflegte Kontakte zu den Außenhandelskammern vor Ort.

Ihre Chinesisch-Kenntnisse waren dem Referat von großer Hilfe. Beispiel: Lebensmittelimporte. Deutsche Unternehmen konnten ihre Containerladungen mit Waren plötzlich nicht mehr in das Land bekommen. Statt einer englischsprachigen Registrierung standen Informationen nur auf Mandarin bereit. “Die Industrie- und Handelskammern kamen da selbst nicht mehr weiter und baten uns, das Ministerium einzuschalten”, erzählt die 44-Jährige. Lösen ließen sich solche Probleme mit einem einzigen Anruf zwar keineswegs, aber Philipps half dabei, die politischen Prozesse anzuschieben, die zur Lösungsfindung erforderlich wurden.

China-Kompetenz als Jobgarantie für ein Berufsleben

Asien und vor allem China ziehen sich wie ein roter Faden durch Vera Philipps Lebenslauf. Für den Kontinent begeistert sie sich, seitdem sie als Kind drei Jahre in Indien gelebt hatte und später in Asien gereist war. An der Uni Köln studierte sie “Moderne Chinastudien” und beschäftigte sie sich mit Volkswirtschaft und Politik. Sie verbrachte Auslandsaufenthalte in China, insgesamt fünf Jahre, bei denen sie unter anderem ihren deutschen Ehemann kennenlernte.

“Auf meinen Reisen habe ich gemerkt: Dieses Land wird mich bestimmt nie langweilen. Und es wird wichtig genug sein, dass ich als Expertin dafür auch einen Job finde”, sagt sie. Es folgte unter anderem eine Station bei der Weltgesundheitsorganisation in China. Durch die Kontakte vor Ort bekam sie die Chance, die Niederlassung einer deutschen Firma aufzubauen, die Unternehmen zu Klimaschutzfragen berät. Das brachte sie mit der Stiftung Mercator in Berührung, für die sie zunächst in China und später aus Essen im Ruhrgebiet viele Austauschprojekte und Kooperationsprogramme betreute.

In den vergangenen fünf Jahren betrachtete sie Ostasien wieder mit dem Wirtschaftsfokus, der sie schon im Studium beschäftigte. Heute weiß sie, wie Wirtschaftsverbände, die Privatwirtschaft, Stiftungen und internationale Organisationen funktionieren. Aber die Politik, sagt sie, die müsse sie jetzt noch kennenlernen. Janna Degener-Storr

  • Gesellschaft
  • Handel
  • Lieferketten

Personalien

Carrie Chen und Raymond Yu wurden vom britischen Finanzunternehmen Barclays mit sofortiger Wirkung zu Co-Leitern der Investment-Banking-Sparte für Greater China ernannt. Chen arbeitet seit 2020 für Barclays und ist derzeit Vice Chairman of Investment Banking für Greater China. Yu kam 2009 zu Barclays und ist derzeit Head of Power and Utilities in der APAC-Region sowie Head of Real Estate in China.

Dr. Christian Faustmann, Head of Technical Project Management bei Audi China, ist von Peking nach Ingolstadt gewechselt, um von dort aus die technische Leitung über Audis Over the Air Update (OTA) zu leiten. Faustmann war mehr als drei Jahre in China als Projektmanager tätig.

Dessert

Der Saihanba National Forest Park in Chengde in der nordchinesischen Provinz Hebei. Saihanba wird oft als Grüne Lunge Nordchinas bezeichnet. Der botanische Garten gehört zu den 279 wichtigsten Tourismusattraktionen Chinas, so das Ministerium für Kultur und Tourismus.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

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    • Solarenergie: Abhängigkeit von China wird steigen
    • Deutsches Konsulat in Hongkong erwartet “harte Wochen”
    • Wang Yi telefoniert mit Ukraines Außenminister
    • USA signalisiert anhaltende Unterstützung für Taiwan
    • China importiert weniger Kohle aus Russland
    • Chinesischer Kohle- und Gasverbrauch 2021 gestiegen
    • Sinolytics.Radar: Steigerung der Energieeffizienz
    • Porträt: Vera Philipps – vom Referat Ostasien in Berlins Lokalpolitik
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    der Krieg in der Ukraine stellt viele unserer Gewissheiten auf den Kopf. Eine der drängendsten Fragen, die Deutschland derzeit umtreibt, ist die nach der Energiesicherheit. Als Reaktion auf den Überfall auf die Ukraine haben Bundesregierung und EU nun angekündigt, die erneuerbaren Energien noch schneller ausbauen zu wollen, um weniger abhängig von Russland zu sein. Christian Lindner bezeichnete die Erneuerbaren im Bundestag in diesem Zusammenhang sogar als “Freiheitsenergien“.

    Mit dieser Strategie könnten wir jedoch von einer Abhängigkeit in die nächste schlittern, schreibt Nico Beckert. Denn die Solar-Industrie wird von China dominiert. Die europäischen Photovoltaik-Importe aus China belaufen sich schon jetzt auf 63 Prozent. Die EU befürchtet zudem, dass chinesische Firmen bei Knappheiten nur noch den lokalen Markt bedienen.

    In Hongkong verschlechtert sich die Stimmung der Bevölkerung derweil rapide. In den vergangenen zwei Tagen wurden in der Stadt zusammen fast 70.000 Corona-Neuinfektionen registriert. Chinas Präsident Xi Jinping will auch in Hongkong mit harter Hand seine Zero-Covid-Politik mitsamt Lockdown durchziehen. Das deutsche Konsulat bereitet die Landsleute schon jetzt auf “harte Wochen” vor. “Unklare Massentests, Quarantäne-Einrichtungen, die an Lager erinnern, Maskenpflicht beim Joggen, die Ausreise von Freunden, abgesperrte Spielplätze: Wir werden alle viel Disziplin und Geduld brauchen”, erklärt Generalkonsulin Stefanie Seedig die Situation am Dienstag in einem Schreiben an die rund 2.000 deutschen Einwohner der Stadt.

    Auch “eine Trennung von minderjährigen Kindern von ihren Eltern in Quarantäne oder Isolation”, sei in dieser unsicheren Lage denkbar, so Seedig. Die einst so pulsierende internationale Wirtschaftsmetropole war schon vor der Corona-Eskalation nur noch ein Schatten ihrer selbst. Die strikten Maßnahmen dürften noch mehr Expats zur baldigen Ausreise bewegen.

    Ihr
    Fabian Peltsch
    Bild von Fabian  Peltsch

    Analyse

    Energiewende: Von der russischen in die chinesische Abhängigkeit

    Der EU und Deutschland drohen Abhängigkeit von der Solar-Industrie Chinas in der Energiewende.
    Made in China – die Volksrepublik dominiert den Solar-Sektor

    Jahrzehntelang war Russland ein Garant für die deutsche Energieversorgung. Damit könnte bald Schluss sein. Auch als Reaktion auf den Überfall auf die Ukraine wollen die Bundesregierung und die EU die erneuerbaren Energien massiv ausbauen. In Reaktion auf Putins Krieg bezeichnete Finanzminister Christian Lindner die Erneuerbaren im Bundestag sogar als Freiheitsenergien. Doch die Solar-Industrie wird von China dominiert. Schlittern Deutschland und die EU von einer Abhängigkeit in die nächste? Und wie stark werden die Preise für Solar-Module steigen, wenn zwei so große Wirtschaftsräume wie die EU und China gleichzeitig die Solarkraft ausbauen?

    Von der Gas-Abhängigkeit in die Solar-Abhängigkeit?

    Der russische Einmarsch in die Ukraine zeigt auf, wie gefährlich die Gas-Abhängigkeit ist. Deswegen will die Bundesregierung den Ausbau der Erneuerbaren jetzt noch schneller vorantreiben. Laut der nächsten Ökostrom-Novelle sollen die erneuerbaren Energien den Strombedarf schon bis 2035nahezu vollständig” decken. Die Solarenergie spielt dabei eine wichtige Rolle. Bis 2030 soll sie 200 Gigawatt Leistung bringen – eine Vervierfachung des derzeitigen Werts.

    Auch die EU wird demnächst eine neue Energiestrategie vorlegen. Laut Insidern sollen bis 2030 40 Prozent weniger fossile Brennstoffe verbraucht und die Erneuerbaren schneller ausgebaut werden. Zudem sollen weitere Investitionen in die Erneuerbaren mobilisiert werden. Für den Juni wird eine EU-Strategie zum beschleunigten Ausbau der Solarenergie angekündigt.

    Doch beim Ausbau der Solar-Energie drohen die EU und Deutschland noch abhängiger von China zu werden. Denn die komplette Solar-Lieferkette wird von der Volksrepublik dominiert. Weltweit stammen drei von vier Solarmodulen und 83 Prozent der Solarzellen aus China. Beim Ausgangsstoff Polysilizium dominiert das Land 77 Prozent des Weltmarktes. Die EU-Kommission warnte kürzlich vor einer zu großen Abhängigkeit. EU-Staaten produzieren nur 0,4 Prozent der weltweit hergestellten Solarzellen und nur zwei bis drei Prozent der Module.

    Anteil chinesischer Unternehmen an weltweiter Produktion von Solaranlagen - droht der EU die Abhängigkeit?

    Die chinesische Dominanz bereitet der EU große Sorge. Lieferungen aus China machen demnach 63 Prozent der europäischen Photovoltaik-Importe aus. Die Solarbranche könnte in eine Situation geraten, in der es nicht mehr möglich ist, auf andere Anbieter auszuweichen, so die EU. Die Kommission warnt vor einer “strategischen Abhängigkeit, die wiederum den künftigen Einsatz von Solartechnologien in der EU behindern könnte”, wie aus einem aktuellen Bericht hervorgeht. Die EU befürchtet, dass China bei Knappheiten nur noch den lokalen Markt bedienen könnte. “Die chinesischen Behörden verfügen über Instrumente, mit denen sie den heimischen Markt bevorzugt beliefern können, selbst wenn keine formellen Ausfuhrbeschränkungen bestehen”, so die Einschätzung der EU-Kommission.

    China hat die meisten Fabriken für Solar-Module: Damit droht der EU eine weitere Abhängigkeit in der Energiepolitik

    Schon heute scheint sich die Abhängigkeit von China negativ auf den Solar-Ausbau auszuwirken. “Länderspezifische Ereignisse in China, wie Fabrikschließungen aufgrund von Unfällen und andere Unterbrechungen der Lieferkette” haben der EU-Kommission zufolge “schwerwiegende Auswirkungen auf die Einfuhr und den Einsatz von Solarmodulen in der EU”. Diese Probleme und der Preisanstieg bei Rohstoffen und Energie sowie im Transport und Logistikbereich seien Ursache dafür, dass 20-25 Prozent der geplanten Solarprojekte in der EU im Jahr 2021 entweder verschoben oder ganz gestrichen wurden.

    Die EU will daher die Abhängigkeit von China verringern. Europäische Hersteller wollen bis 2025 die jährliche Produktion in allen Bereichen der Lieferkette – vom Ausgangsstoff Polysilizium über Wafer und Solarzellen bis hin zu den Modulen – auf 20 Gigawatt erhöhen. Bei den großen Ausbauzielen der EU und Deutschlands ist das allerdings nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Und die EU beklagt, dass die Industrie das 20-Gigawatt-Ziel verfehlt. Einzig beim Polysilizium könnte es erreicht werden, wie Industriedaten zeigen.

    Die EU-Kommission schlägt vor, dass die Mitgliedsstaaten die Genehmigungsprozesse bei der Installation neuer Solarparks vereinfachen und beschleunigen sollten. Das würde den europäischen Herstellern von Solaranlagen “mehr Sicherheit bei der Ausweitung ihrer Produktionskapazitäten bieten”, so die Kommission. Zudem könnten die Staaten die Industrie finanziell unterstützen. International will die EU für ein “level playing field” eintreten. Konkret bedeutet das, dass Subventionen anderer Staaten den internationalen Markt für Solar-Produkte nicht verzerren dürfen.

    Bei Solaranlagen droht keine Preisexplosion

    Die Ausbauziele für Solarkraft in Europa könnten eine Preisexplosion vermuten lassen. Zumal China auch ambitionierte Ausbauziele hat. Die Volksrepublik wird allein im laufenden Jahr wahrscheinlich mehr als 100 Gigawatt an neuer Photovoltaik-Leistung installieren – fast die Hälfte des für dieses Jahr global prognostizierten Zubaus. In der Volksrepublik sind die Kosten zur Errichtung von Solarparks im letzten Jahr erstmals seit 15 Jahren wieder gestiegen. Doch der Preisanstieg ist laut Branchenexperten nur von kurzer Dauer. Denn Ursache ist ein hoher Polysilizium-Preis. China hat jedoch die Produktion des Ausgangsstoffs für Solaranlagen massiv ausgeweitet (China.Table berichtete).

    Experten erwarten daher keine Knappheit. Im Gegenteil. “Die im Bau befindlichen und angekündigten neuen Produktionskapazitäten in China sind so massiv, dass es aller Voraussicht nach spätestens ab 2024 ein Polysilizium-Überangebot geben wird“, sagt Johannes Bernreuter, Polysilizium-Experte von der Beratungsfirma Bernreuter Research. Trotz der steigenden Nachfrage werden die Preise für Solarmodule und -anlagen Bernreuter zufolge bald wieder sinken.

    Dem Branchenkenner zufolge bleibt es auch abzuwarten, ob die Bemühungen der EU, der USA und Indiens, sich unabhängiger von China zu machen, Erfolg haben werden. “Einfach wird es sicher nicht”, so Bernreuters. Kurzfristig ist das Ziel kaum zu erreichen. Auch die Expert:innen von BloombergNEF schreiben, dass es viel Zeit brauche, bis neue “Solar-Fabriken” außerhalb Chinas eine nennenswerte Produktionsgröße erreichen: “Die Hersteller werden wahrscheinlich vorsichtig sein, in einen überversorgten Markt zu expandieren, wenn keine solide und garantierte Nachfrage nach Solarprodukten zu Premiumpreisen besteht”.

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    Hongkong: Deutsches Konsulat fürchtet Isolation von Kindern

    Für den Falle eines Lockdowns oder von Isolation decken sich Bewohnende Hongkongs mit Lebensmitteln ein
    Aus Angst vor Corona-Lockdown oder Isolation kam es in Hongkong zu Hmasterkäufen.
    Hamsterkäufe vor dem erwarteten Lockdown in Hongkong

    Das deutsche Konsulat in Hongkong sieht den anstehenden Corona-Massentests in der Metropole mit großer Sorge entgegen. Generalkonsulin Stefanie Seedig wandte sich am Dienstag in einem dreiseitigen Schreiben, das China.Table vorliegt, an alle deutschen Bürger:innen in der Stadt. “Liebe Landsleute, es stehen uns harte Wochen in Hongkong bevor. Unklare Massentests, Quarantäneeinrichtungen, die an Lager erinnern, Maskenpflicht beim Joggen, die Ausreise von Freunden, abgesperrte Spielplätze. […] Wir werden alle viel Disziplin und Geduld brauchen”, schrieb Seedig.

    Das Konsulat fürchtet vor allem “eine Trennung von minderjährigen Kindern von ihren Eltern in Quarantäne oder Isolation.” Die Bundesregierung habe diese Sorge in Gesprächen mit der Regierung in Peking vor wenigen Tagen zum Ausdruck gebracht, heißt es. Anlass sind die angekündigten Massentests (China.Table berichtete), die wegen der drastisch steigenden Infektionszahlen in Kürze beginnen sollen.

    In den vergangenen beiden Tagen waren zusammen fast 70.000 Neuinfektionen in der Stadt registriert worden, nachdem Hongkong zuvor mehr als zwei Jahre kaum von der Pandemie betroffen war. Alle Bewohner:innen der Stadt sollen deshalb innerhalb weniger Wochen dreimal getestet werden. Bislang ist die genaue Handhabe unklar, wenn Kinder positiv, deren Eltern aber negativ getestet werden. Die Krankenhäuser sollen im Einzelfall entscheiden.

    Um die Wirksamkeit der Testkampagne zu erhöhen, steht ein möglicher Lockdown der Stadt von neun Tagen Länge zur Diskussion. Zurzeit gelten lediglich strenge Abstandsregelungen und starke Einschränkungen für den Bewegungsradius von Ungeimpften. Allerdings dürfen die Menschen weiterhin regulär zur Arbeit gehen. Auch die Börse ist weiterhin geöffnet. Internationale Schulen befinden sich im Distanzunterricht.

    Bereitschaftsdienst, um ausreisewilligen Deutschen zu helfen

    Laut Statista lebten im Jahr 2020 in Hongkong rund 2.000 Bundesbürger unter den knapp 7,5 Millionen Einwohnern. Eine der Deutschen, eine wissenschaftliche Mitarbeiterin an einer Hongkonger Universität, die anonym bleiben möchte, kritisiert die Politik der Behörden. “Nach zwei Jahren erfolgreicher Pandemiebekämpfung sieht sich die Hongkonger Regierung vor vielen selbstverschuldeten Herausforderungen. Die Bevölkerung wurde zu lange in Sicherheit gewogen und die Impfbereitschaft, besonders von Älteren war zu gering. Nun steht das Gesundheitswesen vor dem Kollaps”, sagt sie gegenüber China.Table. Es herrscht allgemein großes Misstrauen gegenüber den Behörden, die seit Einführung des Nationalen Sicherheitsgesetzes politischen Dissens sogar auf kleinster Ebene hart bestrafen.

    “Wir kommen nicht nach Festlandchina und nicht in irgendein anderes Ausland, ohne wochenlange, zermürbende und teure Hotelquarantäne. Viele Menschen konnten ihre Familien seit zwei Jahren nicht sehen, auch nicht ihre Familien auf dem Festland. Daher kommt es besonders in den letzten Wochen verstärkt zu langfristigen Ausreisen“, sagt die Forscherin. Zudem wurden immer wieder Flugverbote ausgesprochen.

    Das deutsche Konsulat hat sich deswegen auf eine möglicherweise steigende Zahl deutscher Ausreisewilliger eingestellt. “Uns ist aufgefallen, dass Sie unsere Dienstleistungen jetzt verstärkt brauchen, um ihre Papiere in Ordnung zu bringen und sich für eine eventuelle Ausreise vorzubereiten”, schreibt Seedig. Für den Zeitraum der Massentests sei zudem ein zusätzlicher Bereitschaftsdienst eingerichtet worden.

    Die Zustände seien nicht mehr hinnehmbar, klagten in den vergangenen Tagen eine Reihe von ausländischen Diplomaten. Der EU-Gesandte in Hongkong, Thomas Gnocchi, teilte Regierungschefin Carrie Lam in einem Brief mit, dass im vergangenen Jahr bereits zehn Prozent der Europäer:innen die Stadt verlassen hätten. Vor allem wegen der Unsicherheiten, die die Coronavirus-Maßnahmen ausgelöst haben. In dem Brief hieß es demnach auch, dass zudem bereits einige europäische Unternehmen der Stadt den Rücken gekehrt hätten. Er forderte die Regierung auf, die derzeitigen Schulschließungen und Isolationsanforderungen zu überdenken und die Standards der Weltgesundheitsorganisation zur Isolierung von Covid-19-Patienten zu befolgen.

    Aus der Volksrepublik China kommen inzwischen Warnungen, dass das lokale Gesundheitssystem der Stadt bald überlastet sein könnte. Laut einem Vertreter von Chinas Nationaler Gesundheitskommission stünden 9.000 medizinische Mitarbeiter bereit, um bei der Durchführung der Tests in Hongkong zu helfen.

    Diplomaten klagen, sie würden von der Regierung nicht konsultiert

    Überlastet sind Krankenhäuser vor allem, weil sich jeder Infizierte in Behandlung begeben muss, egal ob mit oder ohne Symptomen. Wer infiziert ist, soll im Krankenhaus oder in Quarantänezentren isoliert werden. Einfach in der eigenen Wohnung bleiben, ist laut der Regeln in Hongkong nicht möglich. Eilig entstehen nun Containerstädte, in denen die Infizierten untergebracht werden. Die Stadtregierung hatte schon vergangene Woche 20.000 Hotelbetten reserviert, um Infizierte dort in Quarantäne zu isolieren (China.Table berichtete).

    Auch der französische Generalkonsul Alexandre Giorgini veröffentlichte vergangene Woche einen Brief an die Staatsangehörigen seines Landes in Hongkong, in dem er schrieb, dass die Regierung trotz großer Expat-Gemeinschaften vor Ort das Konsulat nicht zu den neuen Maßnahmen konsultiert habe. “Die angekündigten Maßnahmen wirken sich tiefgreifend auf das Leben aller aus, mit einem zu zahlenden Preis, der seit zwei Jahren nicht aufgehört hat zu steigen”, schrieb er weiter. Giorgini sagte, dass sich das Konsulat zwar für die Verteidigung der Interessen französischer Staatsangehöriger einsetzt, die Situation in Hongkong jedoch für mehrere Monate kritisch bleiben würde. 

    Der niederländische Generalkonsul Arjen van den Berg richtete sich ebenfalls an die Hongkonger Regierung und warnte, dass eine Reihe niederländischer Einwohner erwägen, die Stadt zu verlassen, da ihre Arbeitgeber beschlossen hätten, umzuziehen. Es sei enttäuschend, dass in Hongkong “alles weiter eingesperrt ist, ohne unmittelbare Aussicht auf eine Wiedereröffnung”. Die kanadische Generalkonsulin Rachael Bedlington teilte derweil mit, dass die neuen Maßnahmen der Regierung “die Angst” vieler Kanadier in Hongkong verschärft hätten.

    Die Welle der diplomatischen Entrüstung dürfte Regierungschefin Carrie Lam zwar zur Kenntnis genommen haben. Jedoch sehen Beobachter keine Chance, dass Hongkong von seinen strikten Maßnahmen abrücken wird. Denn dort müssen die Behörden inzwischen den Vorgaben Pekings folgen. Es heißt, Präsident Xi Jinping habe wegen der explodierenden Fallzahlen in Hongkong bereits die Geduld verloren. Nun strömen täglich mehr chinesische Experten und Helfer der Zentralregierung nach Hongkong und ins benachbarte Shenzhen, um wieder “Ordnung” herzustellen. Fabian Peltsch/Jörn Petring/Gregor Koppenburg

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    Erstes direktes Gespräch China-Ukraine seit Ausbruch des Krieges

    Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat am Dienstag mit seinem chinesischen Kollegen Wang Yi telefoniert. In dem Gespräch hat er China darum gebeten, auf Moskau einzuwirken, den Krieg in der Ukraine zu stoppen. Das geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung des ukrainischen Außenministeriums hervor. Wang habe versichert, dass China jede Anstrengung unternehmen werde, um den Konflikt auf diplomatische Weise zu lösen.

    In der Version der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua erklärte das chinesische Außenministerium, dass China alle Maßnahmen unterstütze, die zu einer politischen Lösung beitragen können. China wolle eine konstruktive Rolle in der Ukraine-Situation einnehmen. Die Ukraine hoffe wiederum darauf, die Kommunikation mit China zu vertiefen, um einen Waffenstillstand zu erreichen, berichtet Xinhua. Wang betonte demnach, China sei schon immer der Meinung gewesen, dass die Sicherheit eines Landes nicht auf Kosten der Sicherheit anderer Länder erreicht werden könne. Regionale Sicherheit könne nicht durch die Ausweitung von Militärblöcken erreicht werden. Er spielt damit auf die NATO-Osterweiterung an.

    Das Telefonat war das erste direkte Gespräch zwischen Vertretern der beiden Ländern seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine am vergangenen Donnerstag. Nach Angaben des chinesischen Außenministeriums kam das Telefonat auf Betreiben Kulebas zustande. Peking hat im Zusammenhang mit dem Einmarsch russischer Truppen bislang keine eindeutige Position bezogen. China entscheide seine Haltung und Politik jeweils im Einzelfall, hatte Außenamtssprecher Wang Wenbin am Montag erklärt. China sei “strategischer Partner” Russlands, aber nicht “Verbündeter”. fpe

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    Biden schickt Militär-Experten nach Taiwan

    US-Präsident Joe Biden hat angekündigt, eine Delegation von Verteidigungs- und Sicherheitsexperten nach Taiwan zu entsenden, um die “anhaltende Unterstützung für Taiwan zu demonstrieren”, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Bei den Experten handelt es sich demnach um den ehemaligen Vorsitzenden der Generalstabschefs, Mike Mullen, der unter den Präsidenten George W. Bush und Barack Obama als oberster Marineadmiral diente. Er wird von Bushs Sicherheitsberaterin Meghan O’Sullivan und Obamas Verteidigungsexpertin Michele Flournoy begleitet.

    Ebenfalls hinzukommen sollen Mike Green und Evan Medeiros, zwei ehemalige leitende Direktoren des Nationalen Sicherheitsrates für Asien. Die Expertenrunde soll voraussichtlich bis Mittwochabend in Taiwan bleiben und sich in dieser Zeit unter anderem mit Präsidentin Tsai Ing-wen und Verteidigungsminister Chiu Kuo-cheng beraten. Das Büro von Tsai bestätigte den Besuch und erklärte, der Zeitpunkt verdeutliche, dass die Beziehungen zwischen Taiwan und den USA “felsenfest” seien.

    Nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine befürchten Militärexperten, dass Peking die Situation ausnutzen könnte, um die von China als abtrünnige Provinz deklarierte Insel einzunehmen. Bereits vor wenigen Tagen kreuzte ein US-Kriegsschiff durch die Taiwanstraße. Das US-Militär sprach von einer Routineaktion, Peking verurteilte die Fahrt dagegen als “Provokation”. fpe

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    China drosselt Kohleimporte aus Russland

    China hat die Importe russischer Kohle zurückgefahren. Anlass seien wacklige Finanzierungen wegen westlicher Sanktionen. “Die meisten Banken haben nach den Swift-Sanktionen die Ausstellung von Handelskreditbriefen eingestellt”, sagte ein in China ansässiger Händler am Dienstag gegenüber Reuters. “Da fast alle Verträge auf Dollar lauten, haben wir keine andere Möglichkeit, die Zahlung zu leisten.”

    Die USA, die EU und ihre Verbündeten hatten am Wochenende russische Banken vom internationalen Zahlungssystem Swift abgeschnitten, über den der Großteil internationaler Finanzströme läuft. Einige chinesische Händler versuchen nun, die Lieferungen mit der chinesischen Landeswährung Renminbi zu bezahlen oder den Handel über das alternative chinesische Zahlungssystem Cips abzuwickeln.

    China hatte das Clearing- und Abwicklungssystem Cips (Chinas Cross-Border Interbank Payment System) bereits 2012 eingeführt, um die chinesische Währung stärker zu internationalisieren. Das System ist aber derzeit für die grenzüberschreitende Kommunikation noch weitgehend auf Swift angewiesen, schreibt das Handelsblatt.

    China ist der größte Kohleabnehmer Russlands. Im vergangenen Jahr importierte die Volksrepublik mehr als 50 Millionen Tonnen Kohle im Wert von 7,4 Milliarden Dollar aus dem Osten des Landes. Auf Russland entfielen damit rund 15 Prozent der Gesamteinfuhren Chinas, das damit nach Indonesien der zweitgrößte Lieferant war. Aufgrund der großen inländischen Kohlebestände und des bevorstehenden saisonalen Bedarfsrückgangs an Heizkohle können es sich die chinesischen Käufer jedoch leisten, die Importe vorerst auszusetzen.

    Die Kohlepreise von Exporteuren wie Indonesien, Australien und Südafrika sind in dieser Woche sprunghaft gestiegen. Am Montag wurde ein Rekordpreis von 274,50 Dollar pro Tonne erreicht, was einem Anstieg von 15 Prozent entspricht. ret/fpe

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    Chinas CO2-Emissionen steigen um vier Prozent

    Chinas CO2-Emissionen sind im vergangenen Jahr um vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr angestiegen. Das geht aus neuen Daten der Nationalen Statistikbehörde hervor. Grund: Die Volksrepublik hat im letzten Jahr mehr Kohle, Öl und Gas verbraucht. Im Detail stieg:

    • der Kohleverbrauch um 4,6 Prozent,
    • der Erdölverbrauch um 4,1 Prozent,
    • der Gasverbrauch um 12,5 Prozent,
    • und der Stromverbrauch um 12,3 Prozent.

    Der Anstieg des Kohleverbrauchs ist der größte seit gut zehn Jahren, schreibt Reuters. Kohle trug im vergangenen Jahr 56 Prozent zum Gesamtenergieverbrauch bei und somit 0,9 Prozent weniger als im Jahr 2020. Die CO2-Emissionen pro Einheit Wirtschaftsleistung fielen um 3,8 Prozent im Vergleich zu 2020. Chinas Klimapläne (China.Table berichtete) sehen vor, dass der CO2-Ausstoß in Relation zur Wirtschaftsleistung bis 2030 im Vergleich zu 2005 um 65 Prozent abnehmen soll. Bis 2030 soll zudem der Höchststand bei den Treibhausgas-Emissionen erreicht worden sein – eine absolute Zielmarke hat sich Peking allerdings (noch) nicht gesetzt. nib

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    Sinolytics.Radar

    Wie China die Energieeffizienz verbessern möchte

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    • Im Februar 2022 veröffentlichte die einflussreiche staatliche Kommission für Entwicklung und Reform (NDRC) zusammen mit drei anderen Ministerien einen Strategieplan zur Steigerung der Energieeffizienz bis 2025 in 17 energieintensiven Sektoren, darunter Stahlerzeugung, Flachglas und Zement.
    • Die chinesische Regierung legt zu diesem Zweck zwei Richtwerte für die Energieeffizienz in jedem Sektor fest. Die obere Stufe orientiert sich dabei an internationalen Energieeffizienzniveaus, während die untere Stufe das Mindestniveau darstellt, das von jedem Unternehmen in China erreicht werden muss.
    • 16 der 17 Sektoren (mit Ausnahme von Erdölraffinerien) haben sich zum Ziel gesetzt, bis 2025 alle Produktionskapazitäten mit einer Energieeffizienz unterhalb der untersten Stufe zu beseitigen und 20 bis 50 Prozent der Kapazitäten auf das fortgeschrittene Energieeffizienzniveau zu heben.
    • Es ist das erste Mal, dass sich die Führung in Peking der Frage der Energieeffizienz in den Produktionssektoren systematisch annähert und klare Zielvorgaben festlegt. China möchte den Kohlenstoffausstoß bis 2030 senken und einen Energiemix schaffen, der sich vorwiegend aus erneuerbaren Energien zusammensetzt.
    • Allerdings wurden die Richtwerte für die Energieeffizienz in einigen Sektoren, zum Beispiel bei der Stahlerzeugung, durch die kürzlich veröffentlichten Richtlinien nicht verändert und sind seit 2013 sogar unverändert geblieben. Dies zeigt die mitunter nur langsamen Fortschritte bei der Verbesserung der Energieeffizienz. Auch die künftige Umsetzung wird wahrscheinlich durch gegenläufige politische Entscheidungen wie kurzfristiges Wirtschaftswachstum und Sicherheit von Lieferketten erschwert werden.
    • Dennoch bieten Chinas Ambitionen zur Steigerung der Energieeffizienz, welche die Kohlenstoffbelastung vieler Zwischenprodukte reduzieren soll, ausländischen Unternehmen die Möglichkeit, den CO2-Fußabdruck ihrer Lieferketten in China zu verkleinern.

    Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.

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    Presseschau

    Portrait

    Vera Philipps – China-Expertin wechselt zur Lokalpolitik

    Vera Philipps - China-Expertin wechselt in die Lokalpolitik
    Vera Philipps – ehemalige Referatsleiterin Ostasien des Deutschen Industrie- und Handelskammertages.

    Ab März bricht für Vera Philipps eine neue Ära an: als Büroleiterin des Berliner Wirtschaftssenators Stephan Schwarz. Mit einem weinenden Auge wendet sich Philipps von Ostasien ab, um sich stattdessen vornehmlich mit Lokalpolitik zu beschäftigen. Die Volksrepublik China wird dann wohl nur noch eine Art Randerscheinung ihres Berufsalltags sein – anders als in den vergangenen Jahren, als das Land den Schwerpunkt ihrer Arbeit gebildet hat. “China steckt ja überall drin”, sagt sie.

    Das galt besonders für ihre Tätigkeit als Referatsleiterin Ostasien des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), die nun zu Ende gegangen ist. Neue Zollvorschriften, neue Datenschutzgesetze, das Social-Credit-System oder hakende Lieferketten wegen Chinas Null-Covid-Strategie: Vera Philipps war stets auf dem Laufenden. Sie organisierte den Austausch zwischen Medien, Ministerien und Handelskammern, pflegte Kontakte zu den Außenhandelskammern vor Ort.

    Ihre Chinesisch-Kenntnisse waren dem Referat von großer Hilfe. Beispiel: Lebensmittelimporte. Deutsche Unternehmen konnten ihre Containerladungen mit Waren plötzlich nicht mehr in das Land bekommen. Statt einer englischsprachigen Registrierung standen Informationen nur auf Mandarin bereit. “Die Industrie- und Handelskammern kamen da selbst nicht mehr weiter und baten uns, das Ministerium einzuschalten”, erzählt die 44-Jährige. Lösen ließen sich solche Probleme mit einem einzigen Anruf zwar keineswegs, aber Philipps half dabei, die politischen Prozesse anzuschieben, die zur Lösungsfindung erforderlich wurden.

    China-Kompetenz als Jobgarantie für ein Berufsleben

    Asien und vor allem China ziehen sich wie ein roter Faden durch Vera Philipps Lebenslauf. Für den Kontinent begeistert sie sich, seitdem sie als Kind drei Jahre in Indien gelebt hatte und später in Asien gereist war. An der Uni Köln studierte sie “Moderne Chinastudien” und beschäftigte sie sich mit Volkswirtschaft und Politik. Sie verbrachte Auslandsaufenthalte in China, insgesamt fünf Jahre, bei denen sie unter anderem ihren deutschen Ehemann kennenlernte.

    “Auf meinen Reisen habe ich gemerkt: Dieses Land wird mich bestimmt nie langweilen. Und es wird wichtig genug sein, dass ich als Expertin dafür auch einen Job finde”, sagt sie. Es folgte unter anderem eine Station bei der Weltgesundheitsorganisation in China. Durch die Kontakte vor Ort bekam sie die Chance, die Niederlassung einer deutschen Firma aufzubauen, die Unternehmen zu Klimaschutzfragen berät. Das brachte sie mit der Stiftung Mercator in Berührung, für die sie zunächst in China und später aus Essen im Ruhrgebiet viele Austauschprojekte und Kooperationsprogramme betreute.

    In den vergangenen fünf Jahren betrachtete sie Ostasien wieder mit dem Wirtschaftsfokus, der sie schon im Studium beschäftigte. Heute weiß sie, wie Wirtschaftsverbände, die Privatwirtschaft, Stiftungen und internationale Organisationen funktionieren. Aber die Politik, sagt sie, die müsse sie jetzt noch kennenlernen. Janna Degener-Storr

    • Gesellschaft
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    • Lieferketten

    Personalien

    Carrie Chen und Raymond Yu wurden vom britischen Finanzunternehmen Barclays mit sofortiger Wirkung zu Co-Leitern der Investment-Banking-Sparte für Greater China ernannt. Chen arbeitet seit 2020 für Barclays und ist derzeit Vice Chairman of Investment Banking für Greater China. Yu kam 2009 zu Barclays und ist derzeit Head of Power and Utilities in der APAC-Region sowie Head of Real Estate in China.

    Dr. Christian Faustmann, Head of Technical Project Management bei Audi China, ist von Peking nach Ingolstadt gewechselt, um von dort aus die technische Leitung über Audis Over the Air Update (OTA) zu leiten. Faustmann war mehr als drei Jahre in China als Projektmanager tätig.

    Dessert

    Der Saihanba National Forest Park in Chengde in der nordchinesischen Provinz Hebei. Saihanba wird oft als Grüne Lunge Nordchinas bezeichnet. Der botanische Garten gehört zu den 279 wichtigsten Tourismusattraktionen Chinas, so das Ministerium für Kultur und Tourismus.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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