Table.Briefing: China

Michelle Bachelets Bilanz in China + Verzögerungen bei Cariad

  • Michelle Bachelet verzichtet auf zweite Amtszeit
  • Kann Cariad den VW-Absatz retten?
  • Behörden verschärfen Kontrolle über App-Anbieter
  • Shanghai mit Massentests bis Ende Juli – Peking kämpft mit Ausbruch
  • Putin und Xi tauschen sich zu Ukraine-Krieg aus
  • BASF stellt sich auf Batterie-Nachfrage ein
  • Litauen vor Eröffnung von Taiwan-Büro
  • Malin Oud: “Können China den Respekt für Menschenrechte nicht aufzwingen”
  • Dessert: Hat China Aliens entdeckt?
Liebe Leserin, lieber Leser,

die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, überraschte am Dienstag mit einer Ankündigung: Sie strebe keine zweite Amtszeit an, teilte die Chilenin mit. Sie ist nicht die erste Hochkommissarin, die nach einer Amtszeit hinschmeißt. Aber der Zeitpunkt, den Bachelet für ihre Ankündigung wählte, wirft Fragen auf. Gibt es einen Zusammenhang zu dem international stark kritisierten China-Besuch der UN-Vertreterin?

Marcel Grzanna stellt Bachelet vor ihrem Abgang kein gutes Zeugnis aus: Der lang erwartete Bericht zur Bewertung chinesischer Menschenrechtsverbrechen in Xinjiang steht immer noch aus. Kritiker sehen sich deshalb bestätigt, dass die frühere chilenische Staatspräsidentin nie Interesse daran hatte, China wirklich zu prüfen – und lieber möglichen Ärger mit einem wichtigen Handelspartner ihres Heimatlandes vermeiden wollte.

Das Geschäft in der Volksrepublik hat Volkswagen in den vergangenen Jahren zu immer neuen Rekorden getragen. Aber der Markt steht vor einem großen Umbruch. In Sachen Elektromobilität und Digitalisierung ist die Software-Strategie ganz maßgeblich, ob VW und andere deutsche Autobauer auch künftig in China die Nase vorn haben werden. Mehr als bitter wird Wolfsburg deshalb eine Studie schmecken, die zeigt: Volkswagen drohen Milliardenverluste aufgrund der Verzögerungen bei der Softwaretochter Cariad. Der China-Ableger soll helfen, das Problem des sinkenden Absatzes in der Volksrepublik zu lösen, schreibt Christian Domke-Seidel. Entscheidend soll dabei auch die kundenorientierte Entwicklung werden – denn die fehlte VW bislang.

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Amelie Richter
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Analyse

“Bachelet spricht China nach dem Mund”

UN-Hochkommissarin Bachelet zögert die Veröffentlichung des UN-Berichts zu China weiter hinaus.

Mit dem Ende ihrer Amtszeit im Blick versicherte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte die zeitnahe Veröffentlichung eines China-Berichts. Bis Ende August will Michelle Bachelet vorlegen, worauf viele Regierungen der Welt seit Jahren warten. Das Papier soll Einschätzungen des Menschenrechtsrats zu systematischen chinesischen Verbrechen an den Uiguren in Xinjiang liefern. Auf dieser Grundlage könnten andere Staaten mögliche politische Konsequenzen im Umgang mit der Volksrepublik formulieren.

Doch in ihrer knapp vier Jahre währenden Amtszeit hat Bachelet es bislang nicht geschafft, die Lage in Xinjiang öffentlich nachlesbar zu bewerten. Jetzt soll es spätestens am 31. August so weit sein. Das ist ihr letzter Tag als UN-Hochkommissarin. Ihren Rückzug hatte sie am Montag angekündigt. Es sei Zeit, in ihre Heimat zurückzukehren, sagte die frühere chilenische Staatspräsidentin.

Zahlreiche Kritiker ihrer Arbeit werfen Bachelet eine bewusste Verschleppung vor. Sie habe nie ein Interesse daran gehabt, frühzeitig einen Bericht zu China zu veröffentlichen, lautet der Vorwurf. Zu diesen Kritikern zählt Emma Reilly, eine irische Anwältin, die ein knappes Jahrzehnt für den Menschenrechtsrat in Genf gearbeitet hatte, ehe sie im Herbst vergangenen Jahres wegen ihrer öffentlichen Forderung nach einem Kurswechsel des Rates entlassen wurde. “Frau Bachelet spricht der chinesischen Regierung von Tag eins ihrer Amtszeit nach dem Mund. Und nichts liegt ihr ferner, als Peking für seine dramatisch schlechte Menschenrechtsbilanz öffentlich zu kritisieren”, sagt Reilly im Gespräch mit China.Table.

Forscher kritisieren, Bachelet ignoriere die Quellenlage

Tatsächlich bestätigte Bachelet zum Auftakt der 50. Sitzung des UN-Menschenrechtsrats zu Wochenbeginn in Genf, dass sie nicht dazu bereit ist, den internationalen Konsens von anerkannten Xinjiang-Forschern zu akzeptieren. Die sind sich aufgrund der Quellenlage sicher, dass eine siebenstellige Zahl an Uiguren und anderen muslimischen Minderheiten gegen ihren Willen in Internierungslagern festgehalten werden, in denen “Folter, Vergewaltigung und andere Misshandlungen weit verbreitet” seien.

Stattdessen bemühte Bachelet auch am Dienstag die Rhetorik der chinesischen Regierung, indem sie abermals von Ausbildungszentren sprach statt von Internierungslagern. Die neuerliche Verzögerung bei der Veröffentlichung des Berichts rechtfertigte sie damit, dass die Erkenntnisse aus ihrer China-Reise Ende Mai noch in das Dokument eingearbeitet werden müssten. Was vordergründig nachvollziehbar klingt, enthält dennoch einen eklatanten Widerspruch. Denn Bachelet hatte ihre Reise in die Volksrepublik explizit nicht als Untersuchung bezeichnet. Welche Inhalte sollen den UN-Bericht bereichern, wenn es die Hochkommissarin zu einem diplomatischen Austausch in die Volksrepublik gezogen hatte?

Die jetzt final angekündigte Veröffentlichung dürfte die Erwartungen all jener enttäuschen, die sich eine kritische Bewertung durch den UN-Menschenrechtsrat erhoffen. Zumal Bachelet angekündigt hat, das Dokument vor seiner Veröffentlichung der chinesischen Regierung “für eine sachliche Kommentierung” vorlegen zu wollen. Mit anderen Worten: Peking kann auf unliebsame Stellen einwirken und den UN-Bericht über seine eigenen Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang nach eigenen Vorstellungen mitgestalten.

Weitergabe von Namen chinesischer Dissidenten an Peking

Die Kritik ist daher laut und deutlich. “Viele Mitarbeiter innerhalb des Rates, mit denen ich zuletzt gesprochen habe, sind regelrecht angewidert von Bachelets Amtsführung. Aber sie sind machtlos, das zu ändern, und niemand traut sich, öffentlich aufzubegehren”, sagt Anwältin Reilly. Sie dagegen begehrte auf und zahlte die Quittung mit jahrelanger Ächtung innerhalb der Organisation.

2013 hatte die Juristin die Weitergabe von Namen chinesischer Dissidenten an chinesische Behörden durch Mitarbeiter des Menschenrechtsrates angeprangert. Es handelte sich um Namen derjenigen, die vom Rat gehört werden sollten. Reilly sagt, dadurch hätten chinesische Behörden die Zeit bekommen, Familienmitglieder der Dissidenten in der Volksrepublik vorab zu bedrohen. Als sich die Praxis nicht änderte und Reilly zunehmend isoliert wurde, ging sie 2017 erstmals an die Öffentlichkeit. Als Bachelet im September 2018 das Amt der Hochkommissarin übernahm, startete die Irin mehrere Anläufe, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. “Bis heute hat Frau Bachelet meinen Fall ignoriert”, sagt sie.

Einer, dessen Name an die chinesischen Behörden weitergeben wurde, ist Dolkun Isa, heute Präsident des Weltkongresses der Uiguren (WuC) mit Sitz in München. Er erfuhr im Jahr 2013 erst durch Emma Reilly, dass sein Name den Chinesen übermittelt wurde. Ihm war zuvor vom Menschenrechtsrat versichert worden, dass man alles tun werde, um ihn zu schützen. Weil sein Fall bereits viele Jahre zurückliegt, hegt er keinen persönlichen Groll gegen Michelle Bachelet, sagt er.

Allerdings sagt Isa auch: “Die UN-Hochkommissarin hat eine historische Chance vertan, die Verbrechen gegen die Uiguren in Xinjiang auf höchster politischer Ebene zu verurteilen. Wir sind sehr enttäuscht”, sagt Isa. Zumal die Veröffentlichung der Xinjiang Police Files kurze Zeit zuvor noch einmal deutliche Beweise zutage gebracht hatte, die zahlreiche Augenzeugenberichte bestätigten.

China ist Abnehmer von fast 40 Prozent chilenischer Exporte

Über Bachelets Beweggründe können auch ihre Kritiker nur spekulieren. Mit ihren politischen Wurzeln bei den chilenischen Sozialisten gilt sie als US-kritisch. Ihr Vater war Luftwaffen-General unter dem demokratisch gewählten Präsidenten Salvador Allende. Dessen Amtszeit beendete ein Militärputsch, den die Amerikaner 1973 massiv unterstützten. Ihre Familie und sie selbst wurden Opfer von Folter unter Diktator Augusto Pinochet. Später floh Bachelet mit ihrer Mutter in die ehemalige DDR.

Als zweimalige Präsidentin ihres Heimatlandes pflegte sie beste Beziehungen nach Peking. 2017 rührte sie in ganz Südamerika die Werbetrommel für Chinas Belt and Road Initiative (BRI). “Chile schätzt die großen Anstrengungen Chinas bei der Suche nach neuen Ansatzmechanismen, Konnektivität, Innovation und nachhaltiger Entwicklung”, sagte sie damals mit Verweis auf zunehmenden Protektionismus in den USA und Europa. Ihr Land, so Bachelet damals, sei bereit, die Brücke zu bilden zwischen Asien und Lateinamerika.

Im vergangenen Jahr war Chile Ziel von chinesischen Investitionen im Wert von rund 13 Milliarden US-Dollar – Platz vier in der Welt. Chile war das erste Land des Kontinents, das 2005 mit China einen Freihandelsvertrag abschloss. Seitdem kletterte das Handelsvolumen kontinuierlich auf rund 55 Milliarden Dollar im Vorjahr. Das entspricht einem Sechstel des gesamten Volumens Südamerikas. Fast 40 Prozent aller chilenischer Exporte finden ihren Weg in die Volksrepublik. Die USA als zweitgrößter Abnehmer chilenischer Produkte zeichnen für gerade einmal 16 Prozent verantwortlich.

  • Menschenrechte
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  • Xinjiang
  • Zivilgesellschaft

Cariad: VWs Software-Projekt hinkt Jahre hinterher

Unausgereift und zu spät: Mit der eigenen Software Cariad wollte der Volkswagen-Konzern punkten. Nun ist die Sparte das Problemkind.
Unausgereift und zu spät: Mit der eigenen Software Cariad wollte der Volkswagen-Konzern punkten. Nun ist die Sparte das Problemkind.

Es ist nicht eine einzelne Zahl, die diese Analyse von McKinsey für Volkswagen so vernichtend macht. Es ist die Summe der Teile. Bis zum Jahr 2026 werde die Einführung der neuen Software-Architektur durch VWs Tochter Cariad rund 3,5 Milliarden Euro mehr kosten als ursprünglich veranschlagt. Über den gesamten Produktlebenszyklus (also bis 2039) werden es 9,2 Milliarden Euro mehr sein. Dazu kommen Verluste bei einzelnen Marken und Modelle. Etwa 2,5 bis 3 Milliarden Euro fallen alleine durch die Verzögerungen bei Porsches neuer Software-Architektur an. Imageprobleme und mögliche Rückgänge bei den Marktanteilen sind da noch gar nicht einkalkuliert.

Eigentlich war die McKinsey-Analyse nur für den internen Gebrauch gedacht. Doch sie fand ihren Weg zum Manager Magazin. Pikantes Detail: Nicht etwa Herbert Diess, Volkswagen-Chef und verantwortlich für Cariad, hatte die Analyse beauftragt, sondern Audi-Chef Markus Duesmann. Er und seine Ingenieure wollten eine Erklärung für die ständigen Verspätungen. Und bekam sie. Die Organisation von Cariad funktioniere nicht, die Entscheidungsstruktur sei nicht zielführend, heißt es in der McKinsey-Analyse. Die Elektronikteile, die es für die neue Plattform brauche, werden pro Auto 750 Euro mehr kosten, als ursprünglich geplant.

Die Software-Sparte Cariad ist der Hoffnungsträger des Konzerns (China.Table berichtete). Zugleich entscheidet sich an ihrem Erfolg das Schicksal eines Unternehmens, das die Digitalisierung des Fahrens zwar hat kommen sehen, in seiner Reaktion auf die Trends aber viel langsamer war als die chinesische Konkurrenz. VW dachte bis vor Kurzem noch, im Autogeschäft gehe es vor allem um Motoren, Fahrgestelle, Karosserie und einen schönen Innenraum mit einem schwerfälligen “Bordcomputer” als netter Dreingabe.

Machtkämpfe und Milliardenverluste

Nur langsam hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass sich die Zukunft des Konzerns nicht in Wolfsburg entscheidet, sondern zu großen Teilen in China. Gerade in Sachen Elektromobilität und Digitalisierung. Das Geschäft in der Volksrepublik hat Volkswagen in den vergangenen Jahren zu immer neuen Rekorden getragen. Von den 15,4 Milliarden Euro, die Volkswagen 2021 als Gewinn auswies, kamen trotz diverser Krisen vor Ort drei Milliarden aus China.

Doch der Boom scheint vorbei. Im ersten Quartal 2022 kommen Volkswagen und Audi auf einen Marktanteil von gerade einmal 13 Prozent, rechnet das Marktforschungsunternehmen LMC Automotive vor. In den vergangenen Jahren waren es stets rund 20 Prozent. Hintergrund ist, dass die Verkaufszahlen von Audi um rund 28 Prozent eingebrochen sind, während die VW-Zahlen stagnieren und der Gesamtmarkt wächst.

Der China-Ableger von Cariad soll helfen, das Problem des sinkenden Absatzes in der Volksrepublik zu lösen. Mit chinesischer Arbeitsweise. So finden viermal im Jahr sogenannte “Innovation-Sprints” statt. Dabei treffen sich Vertreter des Konzerns mit Kunden und diskutieren darüber, was in der Praxis gebraucht wird. Im Zentrum stehen Fahrassistenzsysteme, intelligente Cockpits und Remote Services – also beispielsweise die Überwachung des Ladevorgangs per Handy. Anschließend gehen die Ideen in die Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Zwischen drei bis maximal sechs Monate darf es dann dauern, bis konkrete Ergebnisse geliefert werden müssen. Beim ersten Innovation-Sprint bekam Cariad 80 Ideen. Sechs davon befinden sich derzeit in der Umsetzung. 

Chinesische Arbeitsweise für deutschen Konzern

Das ist die kundenorientierte Entwicklung, die VW bislang fehlt. Dazu kommen chinaspezifische Lösungen, wie beispielsweise die “C-V2X-Funktionen”. Dabei handelt es sich um ein Konnektivitätspaket. Die Fahrzeuge erhalten im Rahmen von Smart-City-Lösungen Ampelinformationen. So sollen grüne Wellen entstehen. Auch Verkehrsstörungen werden so kommuniziert. Unterhaltungssoftware und KI sind mittlerweile obligat. So innovativ diese Entwicklungen sind, Cariad und VW hinken den eigenen Zeitplänen massiv hinterher. Die Modelle, die all das können sollen, verzögern sich immer weiter. 

Volkswagen will künftig ein Viertel seines gigantischen Umsatzes von 250 Milliarden Euro mit dem automatisierten Fahren und Entertainmentlösungen einnehmen. Das ist mehr als nur eine Nische. Geschwindigkeit zählt, denn die Konkurrenz schläft nicht. Mercedes kooperiert deswegen mit dem US-Chipkonzern Nvidia. BMW arbeitet mit Qualcomm an Lösungen. Zwar hat auch VW diverse Kooperationen – aktuell wird mit Huawei verhandelt – doch die wichtigste Software soll im VW-Konzern selbst entwickelt werden. Bei Cariad.

Währenddessen schwingt sich auch Apple auf, um in den Automarkt einzusteigen. Ein eigenes Auto scheint schon in Reichweite zu sein. Und das neue “CarPlay” des Handykonzerns oszilliert zwischen Fluch und Segen für die traditionellen Autohersteller. Segen, weil der Inhalt von Apple-Smartphones auf den Fahrzeugbildschirmen übernommen wird. Per Handy kann so das ganze Auto gesteuert werden. Klassische Informationen wie Geschwindigkeit und Navigation erscheinen dann im Apple-Design. Fluch, weil der Techkonzern so Zugriff auf alle Daten aus dem Fahrzeug bekommt.

  • Autoindustrie

News

App-Anbieter sollen “sozialistische Werte” fördern

Chinas Behörden haben neue Regeln für mobile Apps erlassen. Die Anbieter von Messaging- und Informations-Apps dürfen ab dem 1. August nur noch Nutzer bedienen, die sich mit ihrem echten Namen authentifiziert haben, wie das Wirtschaftsportal Caixin berichtet. Laut den neuen Vorschriften sind die App-Anbieter auch für die in der App präsentierten Inhalte verantwortlich. Sie dürfen dem Bericht zufolge keine “illegalen Informationen” produzieren oder weiterverbreiten und sollen “unerwünschten Informationen” vorbeugen. Die App-Anbieter sollen zudem “sozialistische Grundwerte” fördern, so die Vorschrift.

Den App-Stores wird eine größere Aufsichtspflicht zugeschrieben. Sie sollen die Identifikationsdaten der App-Entwickler strenger überprüfen, bevor sie Apps in ihren Stores anbieten oder verkaufen. Die neuen Vorschriften verbieten es App-Anbietern demnach auch, Minderjährigen Produkte und Dienstleistungen anzubieten, die sie dazu verleiten könnten, mehr Zeit online zu verbringen oder mehr Geld auszugeben. Auch dürfen keine Informationen verbreitet werden, die die “körperliche und geistige Gesundheit” von Minderjährigen gefährden könnten.

Derzeit ist noch unklar, was genau mit “illegalen” und “unerwünschten Informationen” genau gemeint ist oder welche Inhalte die “geistige Gesundheit” von Minderjährigen gefährden sollen. Es gilt jedoch als sicher, dass diese neue Maßnahme die Kontrolle der Behörden über das Internet weiter ausweiten wird. Indem App-Anbieter in die Pflicht genommen werden, erhöht Peking den Druck, damit die Anbieter schon in vorauseilendem Gehorsam Inhalte zensieren. nib

  • Apps
  • Social Media
  • Technologie

Shanghai will wöchentlich gesamte Stadt testen

Nach dem Corona-Ausbruch in einer beliebten Bar in Peking spitzt sich die Lage in der chinesischen Hauptstadt zu. Die Behörden warnten jüngst vor einem “Wettlauf mit der Zeit”, um den schwersten Ausbruch seit Beginn der Pandemie in der Millionenmetropole noch in den Griff zu bekommen. In Chinas Hauptstadt wurden bis Mittwochnachmittag insgesamt 327 Covid-Fälle gemeldet, die mit der Bar in Verbindung stehen, so ein Gesundheitsbeamter.

Der Ausbruch hat neue Sorgen über die Aussichten der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft geweckt. China erholt sich gerade von dem wochenlangen Lockdown der Wirtschaftsmetropole Shanghai. Für die 22 Millionen Einwohner Pekings waren erst vor einer Woche Corona-Maßnahmen aufgehoben worden, in deren Zuge unter anderem auch Einkaufszentren und Restaurants geschlossen, Bus- und Bahnlinien stillgelegt und die Menschen zum Arbeiten im Homeoffice aufgefordert worden waren. Millionen Menschen müssen sich nun in einer dreitägigen Testkampagne testen lassen, Tausende sind in Quarantäne.

Berichten zufolge wird eine Person für den Ausbruch in der Bar verantwortlich gemacht, die sich in einem zweiwöchigen Zeitraum keinem Corona-Test unterzogen hatte. Hongkong hat am Mittwoch derweil 1.047 neue Infektionen mit dem Coronavirus vermeldet. Das erste Mal seit Mitte April stieg die Zahl der Neuinfektionen über die Grenze von 1.000. Die Behörden in Shanghai wollen wöchentliche Tests aller Bewohner durchführen. Die Maßnahme gilt vorerst bis Ende Juli. Jedes Wochenende soll die komplette Bevölkerung getestet werden. Findet sich ein positiver Corona-Test in einem der Wohnbezirke, soll ein Lockdown der Gegend verhängt werden. rtr/nib

  • Coronavirus
  • Gesundheit
  • Peking

Xi telefoniert mit Putin

Die Präsidenten Xi Jinping und Wladimir Putin haben sich länger am Telefon über die Weltlage ausgetauscht. Laut offizieller Meldung von Xinhua kamen der chinesische und der russische Staatschef dabei auch auf die Ukraine zu sprechen. China bewerte die Situation unabhängig und im historischen Kontext, sagte Xi. Er habe sich für Weltfrieden und Stabilität der Weltordnung eingesetzt.

China sei bereit, mit Russland im Rahmen einer Fortsetzung der Unterstützung bei der Wahrung der jeweiligen Kerninteressen zusammenzuarbeiten, so Xi. Als Beispiele nennt der Xinhua-Bericht Souveränität und Sicherheitspolitik, aber auch die gemeinsame Mitgliedschaft in internationalen Mechanismen wie den UN oder die Shanghai-Organisation. Der Bericht kommt dann auf weitere unverfängliche Bereiche der Zusammenarbeit zu sprechen. In der Substanz gehen die Inhalte des Gesprächs nicht über frühere Verlautbarungen beider Länder hinaus.

Die Handelskooperation mache Fortschritte, erklärten die beiden Präsidenten. Xinhua bemühte sich auch hier, der Aussage einen harmlosen Klang zu geben und bezog die Aussage auf die Öffnung einer Autobahnbrücke. Die Meldung verwendet also regelmäßig Triggerworte, die im Zusammenhang mit Putins Krieg in der Ukraine zunächst auf Unterstützung Chinas hindeuten, entschärft die Stelle dann aber gleich wieder. Konkrete, materielle Unterstützung stellt Xi darin nicht in Aussicht.

Russland wiederum erklärte sich bereit, Xi Jinpings “Global Security Initiative” zu unterstützen. Xi will damit ein Gegengewicht zum zunehmenden internationalen Druck auf seine Politik im Indopazifik, in Xinjiang, gegenüber Taiwan und andernorts schaffen. Die Initiative sieht vor allem Nichteinmischung vor und den Appell, auf die “chinesische Weisheit” zu vertrauen. fin

  • Geopolitik
  • Russland
  • Ukraine
  • Xi Jinping

BASF will mehr Batterie-Materialien produzieren

BASF baut angesichts der hohen Nachfrage aus der Elektroautoindustrie seine Produktionskapazitäten für Batterie-Materialien in China aus. Das BASF-Gemeinschaftsunternehmen mit dem chinesischen Anbieter Shanshan wird seine Kapazitäten in Changsha in der Provinz Hunan sowie in Shuizuishan in der Provinz Ningxia erweitern, wie der Chemiekonzern am Mittwoch mitteilte.

Das Joint Venture werde damit eine jährliche Kapazität von 100 Kilotonnen für Kathodenmaterialien erreichen. Den bisherigen Wert wollte BASF nicht nennen. Im vergangenen Jahr betrug die Produktionskapazität für Kathodenmaterialien, einschließlich deren Vorprodukte, 90 Kilotonnen.

Die Inbetriebnahme der neuen Anlagen ist für das vierte Quartal geplant. An dem Gemeinschaftsunternehmen, das in China Kathodenmaterialien und deren Vorprodukte produziert, hält BASF die Mehrheit von 51 Prozent. 49 Prozent der Anteile liegen bei Shanshan. rtr

  • Autoindustrie

Litauisches Handelsbüro in Taiwan öffnet im Herbst

Litauen möchte im Herbst das seit längerem geplante Handelsbüro in Taiwan eröffnen. Geplant sei die Eröffnung für September, sagte Litauens Vizeministerin für Wirtschaft und Innovation, Jovita Neliupšienė, bei einem Besuch in Taipeh. Sie habe sich bereits verschiedene mögliche Standorte für das Handelsbüro angesehen, so Neliupšienė während einer viertägigen Reise in Taiwan. Das Gegenstück, ein taiwanisches Handelsbüro in Litauen, ist bereits seit vergangenem Jahr eröffnet. Die gegenseitigen Handelsdependancen von Litauen und Taiwan hatten das Verhältnis zwischen Vilnius und Peking massiv verschlechtert (China.Table berichtete).

China verhängte Anfang Dezember einen inoffiziellen Handelsboykott gegen das baltische EU-Land und lässt seither Waren aus Litauen nicht durch die Zollabfertigung. China sei ein wichtiger Exportpartner gewesen, so Neliupšienė. Die Exporte nach China seien im ersten Quartal dieses Jahres auf “nahezu Null” gefallen. “Natürlich ist das für bestimmte Sektoren, für bestimmte Unternehmen und bestimmte Teile der Wirtschaft sehr schmerzhaft”, so Neliupšienė. Der Wert der direkten Exporte in die Volksrepublik könne jedoch in anderen Märkten wie Taiwan oder anderswo in Asien aufgeholt werden, sagte die Vizeministerin. Sie glaube, dass es nur Vorteile bringe, “gute, solide, vertrauenswürdige und zuverlässige Partner in Taiwan und anderen indo-pazifischen Ländern zu finden”, sagte Neliupšienė.

Die EU trat wegen des Handelsboykotts gegen Litauen an die Welthandelsorganisation heran. Dort laufen derzeit Gespräche mit China. Details sind jedoch nicht bekannt geworden (China.Table berichtete). ari/rtr

  • Handel
  • Litauen
  • Taiwan

Presseschau

Kreml kündigt verstärkte Zusammenarbeit mit China an ZEIT
Ukraine war: Xi Jinping tells Vladimir Putin all parties should ‘promote a proper solution’ to crisis SCMP
China and Russia are building bridges. The symbolism is intentional CNN
Biden could lift some tariffs on China as he searches for solution to rising costs CNN
Constructive Communication Between the U.S. and China Gets Harder NYTIMES
Unterdrückung der Uiguren: Wie China Ayups Familie zerriss FAZ
China hält über eine Million Uiguren fest – UN-Menschenrechtsrat will “nicht wegsehen” KREISZEITUNG
Taiwan: Has the risk of war increased following new China warnings? DW
Tensions heighten in Taiwan Strait as China acts to extend military operations THEGUARDIAN
Taiwan condemns Qatar for ‘politicising’ World Cup amid China spat REUTERS
120 Milliarden US-Dollar für Chipfertigung: Taiwan lässt den Westen alt aussehen HEISE
Chinesische Behörden nutzen angeblich Corona-Apps, um Proteste zu verhindern SPIEGEL
China ordnet dreitägige Massentests in einem Viertel von Peking an EURONEWS
Steinmeier sucht im Indopazifik Gleichgesinnte FAZ
BASF erweitert Produktionskapazitäten für Batteriematerialien in China HANDELSBLATT
Chinas Verbraucher trauen der Erholung nicht – Konsum und Immobilienverkäufe brechen ein HANDELSBLATT
Hong Kong: New school books claim territory was not a British colony BBC
China Releases, Then Deletes, Report That It May Have Detected Signals From Aliens TIME
Brutal Beating of Women in China Highlights Risk of Saying ‘No’ NYTIMES

Portrait

Malin Oud – Menschenrechtlerin in Stockholm

Malin Oud ist Direktorin des China-Programms des Raoul Wallenberg Instituts für Menschenrechte in Stockholm.

Es sind dreißig Jahre vergangen, seit Malin Oud als 18-Jährige zum ersten Mal mit dem Rucksack nach China gereist ist. Die meisten anderen ihrer Freude gingen damals nach Indien. “Ich musste die Dinge aber immer anders angehen als die anderen”, sagt Oud lächelnd.

Mit der Transsibirischen Eisenbahn startet die Schwedin eine siebenmonatige Abenteuerreise in ein Land, das trotz der langsamen Öffnung seit den 1980er-Jahren noch weit davon entfernt ist, sich für westlichen Massentourismus zu öffnen. “Es gab große Landesteile, die man als Touristin nicht besuchen durfte, man schlief in den entsprechenden Hotels, die für Touristen vorgesehen waren und zahlte mit der Touristenwährung”, erzählt Oud.

Persönliche Geschichten über die Kulturrevolution

Über die Geschichte Chinas weiß sie damals jedoch kaum etwas – nur, dass nur drei Jahre zuvor in Pekings Zentrum auf dem Tiananmen-Platz die junge chinesische Demokratiebewegung gewaltsam niedergeschlagen wurde. Erst nach und nach lernt sie durch ihr Studium unter anderem an der Yunnan-Universität in Kunming die wechselhafte Entwicklung Chinas in den vergangenen hundert Jahren kennen. Es sind die persönlichen Geschichten, die ihre chinesischen Dozenten zum Beispiel über die Zeit der Kulturrevolution erzählen, die Ouds Interesse am schwierigen Thema der Menschenrechte in China wecken.

Mittlerweile leitet die Schwedin das Stockholmer Büro des Raoul Wallenberg Instituts für Menschenrechte (RWI) und ist Direktorin des China-Programms des Instituts. Anfang der 2000er Jahre hat Oud außerdem eine Dependance in Peking aufgebaut und etabliert. Neun Jahre lebte sie in Peking. “Diese Periode war besonders interessant. Zu Beginn trat China der Welthandelsorganisation bei und am Ende trug es die Olympischen Sommerspiele aus”, sagt Oud.

Es ist auch eine gute Zeit für Institutionen wie das RWI, das über Partnerprogramme mit chinesischen Universitäten versuchen will, Brücken zwischen China und dem Westen zu bauen. “Es herrschte damals eine relative Offenheit und ein Interesse der Chinesen daran, mehr über andere Länder zu erfahren und auch über internationale Menschenrechte”, sagt Oud. Sensibel war das Thema jedoch auch in dieser Periode.

Trennung von Politik und Wirtschaft nicht möglich

In den vergangenen Jahren ist der Raum für diese Art der Zusammenarbeit in China allerdings immer weiter geschrumpft, sagt Oud. Den Beginn markierte das “Dokument Nr. 9”, das noch vor Xi Jinpings Amtsantritt parteiintern ausgegeben wurde. Diskussionen über alternative Regierungssysteme oder unabhängigen Journalismus sind seither verboten.

Der Westen habe daraufhin eine Strategie entwickelt, die Politik und Wirtschaft voneinander trennt. Keine gute Idee, so Oud. “Wir können nicht am Montag mit China über Menschenrechte diskutieren und am Dienstag heißt es Business as usual.” Oud ist es wichtig, dass der Konflikt zwischen dem Westen und China kein Zusammenstoß zwischen den Gesellschaften ist, sondern ein Wettkampf der politischen Systeme.

In China habe sie viele Menschen kennengelernt, die sich auch nach mehr Freiheiten sehnen. “Der Wandel muss aber von innen heraus kommen. Wir können uns nicht auf Sanktionen verlassen oder China den Respekt für Menschenrechte aufzwingen”, sagt Oud. Ein entscheidender Baustein dürfte die persönliche Zusammenarbeit zwischen chinesischen und westlichen Kollegen sein, ist sich Oud sicher. David Renke

  • Menschenrechte
  • Schweden
  • Zivilgesellschaft

Personalien

Der frühere stellvertretende Außenminister Le Yucheng ist zum stellvertretenden Direktor der Nationalen Radio- und Fernsehverwaltung ernannt worden. Le hatte in den vergangenen Monaten häufig Außenminister Wang Yi vertreten. Mit dem Wechsel aus dem Außenministerium scheidet der russischsprachige Le aus dem Rennen aus, um Wang nachzufolgen.

Catherine So wird neue Geschäftsführerin der Tageszeitung South China Morning Post. Sie übernimmt den Posten zum 15. Juli von Gary Liu.

Dessert

China behauptet einem mittlerweile wieder gelöschten Bericht zufolge, Signale außerirdischen Lebens aufgefangen zu haben. Das Radioteleskop Sky Eye in der Provinz Guizhou hat schmalbandige elektromagnetische Signale erfasst, wie es in dem Bericht unter Berufung auf Zhang Tonjie, Chefwissenschaftler eines chinesischen Teams zur Suche außerirdischer Zivilisationen, heißt. Die verdächtigen Signale könnten jedoch auch eine Art Funkstörung sein und bedürfen weiterer Untersuchungen, fügte der Wissenschaftler hinzu.

China.Table Redaktion

CHINA.TABLE REDAKTION

Licenses:
    • Michelle Bachelet verzichtet auf zweite Amtszeit
    • Kann Cariad den VW-Absatz retten?
    • Behörden verschärfen Kontrolle über App-Anbieter
    • Shanghai mit Massentests bis Ende Juli – Peking kämpft mit Ausbruch
    • Putin und Xi tauschen sich zu Ukraine-Krieg aus
    • BASF stellt sich auf Batterie-Nachfrage ein
    • Litauen vor Eröffnung von Taiwan-Büro
    • Malin Oud: “Können China den Respekt für Menschenrechte nicht aufzwingen”
    • Dessert: Hat China Aliens entdeckt?
    Liebe Leserin, lieber Leser,

    die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, überraschte am Dienstag mit einer Ankündigung: Sie strebe keine zweite Amtszeit an, teilte die Chilenin mit. Sie ist nicht die erste Hochkommissarin, die nach einer Amtszeit hinschmeißt. Aber der Zeitpunkt, den Bachelet für ihre Ankündigung wählte, wirft Fragen auf. Gibt es einen Zusammenhang zu dem international stark kritisierten China-Besuch der UN-Vertreterin?

    Marcel Grzanna stellt Bachelet vor ihrem Abgang kein gutes Zeugnis aus: Der lang erwartete Bericht zur Bewertung chinesischer Menschenrechtsverbrechen in Xinjiang steht immer noch aus. Kritiker sehen sich deshalb bestätigt, dass die frühere chilenische Staatspräsidentin nie Interesse daran hatte, China wirklich zu prüfen – und lieber möglichen Ärger mit einem wichtigen Handelspartner ihres Heimatlandes vermeiden wollte.

    Das Geschäft in der Volksrepublik hat Volkswagen in den vergangenen Jahren zu immer neuen Rekorden getragen. Aber der Markt steht vor einem großen Umbruch. In Sachen Elektromobilität und Digitalisierung ist die Software-Strategie ganz maßgeblich, ob VW und andere deutsche Autobauer auch künftig in China die Nase vorn haben werden. Mehr als bitter wird Wolfsburg deshalb eine Studie schmecken, die zeigt: Volkswagen drohen Milliardenverluste aufgrund der Verzögerungen bei der Softwaretochter Cariad. Der China-Ableger soll helfen, das Problem des sinkenden Absatzes in der Volksrepublik zu lösen, schreibt Christian Domke-Seidel. Entscheidend soll dabei auch die kundenorientierte Entwicklung werden – denn die fehlte VW bislang.

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    Amelie Richter
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    “Bachelet spricht China nach dem Mund”

    UN-Hochkommissarin Bachelet zögert die Veröffentlichung des UN-Berichts zu China weiter hinaus.

    Mit dem Ende ihrer Amtszeit im Blick versicherte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte die zeitnahe Veröffentlichung eines China-Berichts. Bis Ende August will Michelle Bachelet vorlegen, worauf viele Regierungen der Welt seit Jahren warten. Das Papier soll Einschätzungen des Menschenrechtsrats zu systematischen chinesischen Verbrechen an den Uiguren in Xinjiang liefern. Auf dieser Grundlage könnten andere Staaten mögliche politische Konsequenzen im Umgang mit der Volksrepublik formulieren.

    Doch in ihrer knapp vier Jahre währenden Amtszeit hat Bachelet es bislang nicht geschafft, die Lage in Xinjiang öffentlich nachlesbar zu bewerten. Jetzt soll es spätestens am 31. August so weit sein. Das ist ihr letzter Tag als UN-Hochkommissarin. Ihren Rückzug hatte sie am Montag angekündigt. Es sei Zeit, in ihre Heimat zurückzukehren, sagte die frühere chilenische Staatspräsidentin.

    Zahlreiche Kritiker ihrer Arbeit werfen Bachelet eine bewusste Verschleppung vor. Sie habe nie ein Interesse daran gehabt, frühzeitig einen Bericht zu China zu veröffentlichen, lautet der Vorwurf. Zu diesen Kritikern zählt Emma Reilly, eine irische Anwältin, die ein knappes Jahrzehnt für den Menschenrechtsrat in Genf gearbeitet hatte, ehe sie im Herbst vergangenen Jahres wegen ihrer öffentlichen Forderung nach einem Kurswechsel des Rates entlassen wurde. “Frau Bachelet spricht der chinesischen Regierung von Tag eins ihrer Amtszeit nach dem Mund. Und nichts liegt ihr ferner, als Peking für seine dramatisch schlechte Menschenrechtsbilanz öffentlich zu kritisieren”, sagt Reilly im Gespräch mit China.Table.

    Forscher kritisieren, Bachelet ignoriere die Quellenlage

    Tatsächlich bestätigte Bachelet zum Auftakt der 50. Sitzung des UN-Menschenrechtsrats zu Wochenbeginn in Genf, dass sie nicht dazu bereit ist, den internationalen Konsens von anerkannten Xinjiang-Forschern zu akzeptieren. Die sind sich aufgrund der Quellenlage sicher, dass eine siebenstellige Zahl an Uiguren und anderen muslimischen Minderheiten gegen ihren Willen in Internierungslagern festgehalten werden, in denen “Folter, Vergewaltigung und andere Misshandlungen weit verbreitet” seien.

    Stattdessen bemühte Bachelet auch am Dienstag die Rhetorik der chinesischen Regierung, indem sie abermals von Ausbildungszentren sprach statt von Internierungslagern. Die neuerliche Verzögerung bei der Veröffentlichung des Berichts rechtfertigte sie damit, dass die Erkenntnisse aus ihrer China-Reise Ende Mai noch in das Dokument eingearbeitet werden müssten. Was vordergründig nachvollziehbar klingt, enthält dennoch einen eklatanten Widerspruch. Denn Bachelet hatte ihre Reise in die Volksrepublik explizit nicht als Untersuchung bezeichnet. Welche Inhalte sollen den UN-Bericht bereichern, wenn es die Hochkommissarin zu einem diplomatischen Austausch in die Volksrepublik gezogen hatte?

    Die jetzt final angekündigte Veröffentlichung dürfte die Erwartungen all jener enttäuschen, die sich eine kritische Bewertung durch den UN-Menschenrechtsrat erhoffen. Zumal Bachelet angekündigt hat, das Dokument vor seiner Veröffentlichung der chinesischen Regierung “für eine sachliche Kommentierung” vorlegen zu wollen. Mit anderen Worten: Peking kann auf unliebsame Stellen einwirken und den UN-Bericht über seine eigenen Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang nach eigenen Vorstellungen mitgestalten.

    Weitergabe von Namen chinesischer Dissidenten an Peking

    Die Kritik ist daher laut und deutlich. “Viele Mitarbeiter innerhalb des Rates, mit denen ich zuletzt gesprochen habe, sind regelrecht angewidert von Bachelets Amtsführung. Aber sie sind machtlos, das zu ändern, und niemand traut sich, öffentlich aufzubegehren”, sagt Anwältin Reilly. Sie dagegen begehrte auf und zahlte die Quittung mit jahrelanger Ächtung innerhalb der Organisation.

    2013 hatte die Juristin die Weitergabe von Namen chinesischer Dissidenten an chinesische Behörden durch Mitarbeiter des Menschenrechtsrates angeprangert. Es handelte sich um Namen derjenigen, die vom Rat gehört werden sollten. Reilly sagt, dadurch hätten chinesische Behörden die Zeit bekommen, Familienmitglieder der Dissidenten in der Volksrepublik vorab zu bedrohen. Als sich die Praxis nicht änderte und Reilly zunehmend isoliert wurde, ging sie 2017 erstmals an die Öffentlichkeit. Als Bachelet im September 2018 das Amt der Hochkommissarin übernahm, startete die Irin mehrere Anläufe, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. “Bis heute hat Frau Bachelet meinen Fall ignoriert”, sagt sie.

    Einer, dessen Name an die chinesischen Behörden weitergeben wurde, ist Dolkun Isa, heute Präsident des Weltkongresses der Uiguren (WuC) mit Sitz in München. Er erfuhr im Jahr 2013 erst durch Emma Reilly, dass sein Name den Chinesen übermittelt wurde. Ihm war zuvor vom Menschenrechtsrat versichert worden, dass man alles tun werde, um ihn zu schützen. Weil sein Fall bereits viele Jahre zurückliegt, hegt er keinen persönlichen Groll gegen Michelle Bachelet, sagt er.

    Allerdings sagt Isa auch: “Die UN-Hochkommissarin hat eine historische Chance vertan, die Verbrechen gegen die Uiguren in Xinjiang auf höchster politischer Ebene zu verurteilen. Wir sind sehr enttäuscht”, sagt Isa. Zumal die Veröffentlichung der Xinjiang Police Files kurze Zeit zuvor noch einmal deutliche Beweise zutage gebracht hatte, die zahlreiche Augenzeugenberichte bestätigten.

    China ist Abnehmer von fast 40 Prozent chilenischer Exporte

    Über Bachelets Beweggründe können auch ihre Kritiker nur spekulieren. Mit ihren politischen Wurzeln bei den chilenischen Sozialisten gilt sie als US-kritisch. Ihr Vater war Luftwaffen-General unter dem demokratisch gewählten Präsidenten Salvador Allende. Dessen Amtszeit beendete ein Militärputsch, den die Amerikaner 1973 massiv unterstützten. Ihre Familie und sie selbst wurden Opfer von Folter unter Diktator Augusto Pinochet. Später floh Bachelet mit ihrer Mutter in die ehemalige DDR.

    Als zweimalige Präsidentin ihres Heimatlandes pflegte sie beste Beziehungen nach Peking. 2017 rührte sie in ganz Südamerika die Werbetrommel für Chinas Belt and Road Initiative (BRI). “Chile schätzt die großen Anstrengungen Chinas bei der Suche nach neuen Ansatzmechanismen, Konnektivität, Innovation und nachhaltiger Entwicklung”, sagte sie damals mit Verweis auf zunehmenden Protektionismus in den USA und Europa. Ihr Land, so Bachelet damals, sei bereit, die Brücke zu bilden zwischen Asien und Lateinamerika.

    Im vergangenen Jahr war Chile Ziel von chinesischen Investitionen im Wert von rund 13 Milliarden US-Dollar – Platz vier in der Welt. Chile war das erste Land des Kontinents, das 2005 mit China einen Freihandelsvertrag abschloss. Seitdem kletterte das Handelsvolumen kontinuierlich auf rund 55 Milliarden Dollar im Vorjahr. Das entspricht einem Sechstel des gesamten Volumens Südamerikas. Fast 40 Prozent aller chilenischer Exporte finden ihren Weg in die Volksrepublik. Die USA als zweitgrößter Abnehmer chilenischer Produkte zeichnen für gerade einmal 16 Prozent verantwortlich.

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    Cariad: VWs Software-Projekt hinkt Jahre hinterher

    Unausgereift und zu spät: Mit der eigenen Software Cariad wollte der Volkswagen-Konzern punkten. Nun ist die Sparte das Problemkind.
    Unausgereift und zu spät: Mit der eigenen Software Cariad wollte der Volkswagen-Konzern punkten. Nun ist die Sparte das Problemkind.

    Es ist nicht eine einzelne Zahl, die diese Analyse von McKinsey für Volkswagen so vernichtend macht. Es ist die Summe der Teile. Bis zum Jahr 2026 werde die Einführung der neuen Software-Architektur durch VWs Tochter Cariad rund 3,5 Milliarden Euro mehr kosten als ursprünglich veranschlagt. Über den gesamten Produktlebenszyklus (also bis 2039) werden es 9,2 Milliarden Euro mehr sein. Dazu kommen Verluste bei einzelnen Marken und Modelle. Etwa 2,5 bis 3 Milliarden Euro fallen alleine durch die Verzögerungen bei Porsches neuer Software-Architektur an. Imageprobleme und mögliche Rückgänge bei den Marktanteilen sind da noch gar nicht einkalkuliert.

    Eigentlich war die McKinsey-Analyse nur für den internen Gebrauch gedacht. Doch sie fand ihren Weg zum Manager Magazin. Pikantes Detail: Nicht etwa Herbert Diess, Volkswagen-Chef und verantwortlich für Cariad, hatte die Analyse beauftragt, sondern Audi-Chef Markus Duesmann. Er und seine Ingenieure wollten eine Erklärung für die ständigen Verspätungen. Und bekam sie. Die Organisation von Cariad funktioniere nicht, die Entscheidungsstruktur sei nicht zielführend, heißt es in der McKinsey-Analyse. Die Elektronikteile, die es für die neue Plattform brauche, werden pro Auto 750 Euro mehr kosten, als ursprünglich geplant.

    Die Software-Sparte Cariad ist der Hoffnungsträger des Konzerns (China.Table berichtete). Zugleich entscheidet sich an ihrem Erfolg das Schicksal eines Unternehmens, das die Digitalisierung des Fahrens zwar hat kommen sehen, in seiner Reaktion auf die Trends aber viel langsamer war als die chinesische Konkurrenz. VW dachte bis vor Kurzem noch, im Autogeschäft gehe es vor allem um Motoren, Fahrgestelle, Karosserie und einen schönen Innenraum mit einem schwerfälligen “Bordcomputer” als netter Dreingabe.

    Machtkämpfe und Milliardenverluste

    Nur langsam hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass sich die Zukunft des Konzerns nicht in Wolfsburg entscheidet, sondern zu großen Teilen in China. Gerade in Sachen Elektromobilität und Digitalisierung. Das Geschäft in der Volksrepublik hat Volkswagen in den vergangenen Jahren zu immer neuen Rekorden getragen. Von den 15,4 Milliarden Euro, die Volkswagen 2021 als Gewinn auswies, kamen trotz diverser Krisen vor Ort drei Milliarden aus China.

    Doch der Boom scheint vorbei. Im ersten Quartal 2022 kommen Volkswagen und Audi auf einen Marktanteil von gerade einmal 13 Prozent, rechnet das Marktforschungsunternehmen LMC Automotive vor. In den vergangenen Jahren waren es stets rund 20 Prozent. Hintergrund ist, dass die Verkaufszahlen von Audi um rund 28 Prozent eingebrochen sind, während die VW-Zahlen stagnieren und der Gesamtmarkt wächst.

    Der China-Ableger von Cariad soll helfen, das Problem des sinkenden Absatzes in der Volksrepublik zu lösen. Mit chinesischer Arbeitsweise. So finden viermal im Jahr sogenannte “Innovation-Sprints” statt. Dabei treffen sich Vertreter des Konzerns mit Kunden und diskutieren darüber, was in der Praxis gebraucht wird. Im Zentrum stehen Fahrassistenzsysteme, intelligente Cockpits und Remote Services – also beispielsweise die Überwachung des Ladevorgangs per Handy. Anschließend gehen die Ideen in die Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Zwischen drei bis maximal sechs Monate darf es dann dauern, bis konkrete Ergebnisse geliefert werden müssen. Beim ersten Innovation-Sprint bekam Cariad 80 Ideen. Sechs davon befinden sich derzeit in der Umsetzung. 

    Chinesische Arbeitsweise für deutschen Konzern

    Das ist die kundenorientierte Entwicklung, die VW bislang fehlt. Dazu kommen chinaspezifische Lösungen, wie beispielsweise die “C-V2X-Funktionen”. Dabei handelt es sich um ein Konnektivitätspaket. Die Fahrzeuge erhalten im Rahmen von Smart-City-Lösungen Ampelinformationen. So sollen grüne Wellen entstehen. Auch Verkehrsstörungen werden so kommuniziert. Unterhaltungssoftware und KI sind mittlerweile obligat. So innovativ diese Entwicklungen sind, Cariad und VW hinken den eigenen Zeitplänen massiv hinterher. Die Modelle, die all das können sollen, verzögern sich immer weiter. 

    Volkswagen will künftig ein Viertel seines gigantischen Umsatzes von 250 Milliarden Euro mit dem automatisierten Fahren und Entertainmentlösungen einnehmen. Das ist mehr als nur eine Nische. Geschwindigkeit zählt, denn die Konkurrenz schläft nicht. Mercedes kooperiert deswegen mit dem US-Chipkonzern Nvidia. BMW arbeitet mit Qualcomm an Lösungen. Zwar hat auch VW diverse Kooperationen – aktuell wird mit Huawei verhandelt – doch die wichtigste Software soll im VW-Konzern selbst entwickelt werden. Bei Cariad.

    Währenddessen schwingt sich auch Apple auf, um in den Automarkt einzusteigen. Ein eigenes Auto scheint schon in Reichweite zu sein. Und das neue “CarPlay” des Handykonzerns oszilliert zwischen Fluch und Segen für die traditionellen Autohersteller. Segen, weil der Inhalt von Apple-Smartphones auf den Fahrzeugbildschirmen übernommen wird. Per Handy kann so das ganze Auto gesteuert werden. Klassische Informationen wie Geschwindigkeit und Navigation erscheinen dann im Apple-Design. Fluch, weil der Techkonzern so Zugriff auf alle Daten aus dem Fahrzeug bekommt.

    • Autoindustrie

    News

    App-Anbieter sollen “sozialistische Werte” fördern

    Chinas Behörden haben neue Regeln für mobile Apps erlassen. Die Anbieter von Messaging- und Informations-Apps dürfen ab dem 1. August nur noch Nutzer bedienen, die sich mit ihrem echten Namen authentifiziert haben, wie das Wirtschaftsportal Caixin berichtet. Laut den neuen Vorschriften sind die App-Anbieter auch für die in der App präsentierten Inhalte verantwortlich. Sie dürfen dem Bericht zufolge keine “illegalen Informationen” produzieren oder weiterverbreiten und sollen “unerwünschten Informationen” vorbeugen. Die App-Anbieter sollen zudem “sozialistische Grundwerte” fördern, so die Vorschrift.

    Den App-Stores wird eine größere Aufsichtspflicht zugeschrieben. Sie sollen die Identifikationsdaten der App-Entwickler strenger überprüfen, bevor sie Apps in ihren Stores anbieten oder verkaufen. Die neuen Vorschriften verbieten es App-Anbietern demnach auch, Minderjährigen Produkte und Dienstleistungen anzubieten, die sie dazu verleiten könnten, mehr Zeit online zu verbringen oder mehr Geld auszugeben. Auch dürfen keine Informationen verbreitet werden, die die “körperliche und geistige Gesundheit” von Minderjährigen gefährden könnten.

    Derzeit ist noch unklar, was genau mit “illegalen” und “unerwünschten Informationen” genau gemeint ist oder welche Inhalte die “geistige Gesundheit” von Minderjährigen gefährden sollen. Es gilt jedoch als sicher, dass diese neue Maßnahme die Kontrolle der Behörden über das Internet weiter ausweiten wird. Indem App-Anbieter in die Pflicht genommen werden, erhöht Peking den Druck, damit die Anbieter schon in vorauseilendem Gehorsam Inhalte zensieren. nib

    • Apps
    • Social Media
    • Technologie

    Shanghai will wöchentlich gesamte Stadt testen

    Nach dem Corona-Ausbruch in einer beliebten Bar in Peking spitzt sich die Lage in der chinesischen Hauptstadt zu. Die Behörden warnten jüngst vor einem “Wettlauf mit der Zeit”, um den schwersten Ausbruch seit Beginn der Pandemie in der Millionenmetropole noch in den Griff zu bekommen. In Chinas Hauptstadt wurden bis Mittwochnachmittag insgesamt 327 Covid-Fälle gemeldet, die mit der Bar in Verbindung stehen, so ein Gesundheitsbeamter.

    Der Ausbruch hat neue Sorgen über die Aussichten der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft geweckt. China erholt sich gerade von dem wochenlangen Lockdown der Wirtschaftsmetropole Shanghai. Für die 22 Millionen Einwohner Pekings waren erst vor einer Woche Corona-Maßnahmen aufgehoben worden, in deren Zuge unter anderem auch Einkaufszentren und Restaurants geschlossen, Bus- und Bahnlinien stillgelegt und die Menschen zum Arbeiten im Homeoffice aufgefordert worden waren. Millionen Menschen müssen sich nun in einer dreitägigen Testkampagne testen lassen, Tausende sind in Quarantäne.

    Berichten zufolge wird eine Person für den Ausbruch in der Bar verantwortlich gemacht, die sich in einem zweiwöchigen Zeitraum keinem Corona-Test unterzogen hatte. Hongkong hat am Mittwoch derweil 1.047 neue Infektionen mit dem Coronavirus vermeldet. Das erste Mal seit Mitte April stieg die Zahl der Neuinfektionen über die Grenze von 1.000. Die Behörden in Shanghai wollen wöchentliche Tests aller Bewohner durchführen. Die Maßnahme gilt vorerst bis Ende Juli. Jedes Wochenende soll die komplette Bevölkerung getestet werden. Findet sich ein positiver Corona-Test in einem der Wohnbezirke, soll ein Lockdown der Gegend verhängt werden. rtr/nib

    • Coronavirus
    • Gesundheit
    • Peking

    Xi telefoniert mit Putin

    Die Präsidenten Xi Jinping und Wladimir Putin haben sich länger am Telefon über die Weltlage ausgetauscht. Laut offizieller Meldung von Xinhua kamen der chinesische und der russische Staatschef dabei auch auf die Ukraine zu sprechen. China bewerte die Situation unabhängig und im historischen Kontext, sagte Xi. Er habe sich für Weltfrieden und Stabilität der Weltordnung eingesetzt.

    China sei bereit, mit Russland im Rahmen einer Fortsetzung der Unterstützung bei der Wahrung der jeweiligen Kerninteressen zusammenzuarbeiten, so Xi. Als Beispiele nennt der Xinhua-Bericht Souveränität und Sicherheitspolitik, aber auch die gemeinsame Mitgliedschaft in internationalen Mechanismen wie den UN oder die Shanghai-Organisation. Der Bericht kommt dann auf weitere unverfängliche Bereiche der Zusammenarbeit zu sprechen. In der Substanz gehen die Inhalte des Gesprächs nicht über frühere Verlautbarungen beider Länder hinaus.

    Die Handelskooperation mache Fortschritte, erklärten die beiden Präsidenten. Xinhua bemühte sich auch hier, der Aussage einen harmlosen Klang zu geben und bezog die Aussage auf die Öffnung einer Autobahnbrücke. Die Meldung verwendet also regelmäßig Triggerworte, die im Zusammenhang mit Putins Krieg in der Ukraine zunächst auf Unterstützung Chinas hindeuten, entschärft die Stelle dann aber gleich wieder. Konkrete, materielle Unterstützung stellt Xi darin nicht in Aussicht.

    Russland wiederum erklärte sich bereit, Xi Jinpings “Global Security Initiative” zu unterstützen. Xi will damit ein Gegengewicht zum zunehmenden internationalen Druck auf seine Politik im Indopazifik, in Xinjiang, gegenüber Taiwan und andernorts schaffen. Die Initiative sieht vor allem Nichteinmischung vor und den Appell, auf die “chinesische Weisheit” zu vertrauen. fin

    • Geopolitik
    • Russland
    • Ukraine
    • Xi Jinping

    BASF will mehr Batterie-Materialien produzieren

    BASF baut angesichts der hohen Nachfrage aus der Elektroautoindustrie seine Produktionskapazitäten für Batterie-Materialien in China aus. Das BASF-Gemeinschaftsunternehmen mit dem chinesischen Anbieter Shanshan wird seine Kapazitäten in Changsha in der Provinz Hunan sowie in Shuizuishan in der Provinz Ningxia erweitern, wie der Chemiekonzern am Mittwoch mitteilte.

    Das Joint Venture werde damit eine jährliche Kapazität von 100 Kilotonnen für Kathodenmaterialien erreichen. Den bisherigen Wert wollte BASF nicht nennen. Im vergangenen Jahr betrug die Produktionskapazität für Kathodenmaterialien, einschließlich deren Vorprodukte, 90 Kilotonnen.

    Die Inbetriebnahme der neuen Anlagen ist für das vierte Quartal geplant. An dem Gemeinschaftsunternehmen, das in China Kathodenmaterialien und deren Vorprodukte produziert, hält BASF die Mehrheit von 51 Prozent. 49 Prozent der Anteile liegen bei Shanshan. rtr

    • Autoindustrie

    Litauisches Handelsbüro in Taiwan öffnet im Herbst

    Litauen möchte im Herbst das seit längerem geplante Handelsbüro in Taiwan eröffnen. Geplant sei die Eröffnung für September, sagte Litauens Vizeministerin für Wirtschaft und Innovation, Jovita Neliupšienė, bei einem Besuch in Taipeh. Sie habe sich bereits verschiedene mögliche Standorte für das Handelsbüro angesehen, so Neliupšienė während einer viertägigen Reise in Taiwan. Das Gegenstück, ein taiwanisches Handelsbüro in Litauen, ist bereits seit vergangenem Jahr eröffnet. Die gegenseitigen Handelsdependancen von Litauen und Taiwan hatten das Verhältnis zwischen Vilnius und Peking massiv verschlechtert (China.Table berichtete).

    China verhängte Anfang Dezember einen inoffiziellen Handelsboykott gegen das baltische EU-Land und lässt seither Waren aus Litauen nicht durch die Zollabfertigung. China sei ein wichtiger Exportpartner gewesen, so Neliupšienė. Die Exporte nach China seien im ersten Quartal dieses Jahres auf “nahezu Null” gefallen. “Natürlich ist das für bestimmte Sektoren, für bestimmte Unternehmen und bestimmte Teile der Wirtschaft sehr schmerzhaft”, so Neliupšienė. Der Wert der direkten Exporte in die Volksrepublik könne jedoch in anderen Märkten wie Taiwan oder anderswo in Asien aufgeholt werden, sagte die Vizeministerin. Sie glaube, dass es nur Vorteile bringe, “gute, solide, vertrauenswürdige und zuverlässige Partner in Taiwan und anderen indo-pazifischen Ländern zu finden”, sagte Neliupšienė.

    Die EU trat wegen des Handelsboykotts gegen Litauen an die Welthandelsorganisation heran. Dort laufen derzeit Gespräche mit China. Details sind jedoch nicht bekannt geworden (China.Table berichtete). ari/rtr

    • Handel
    • Litauen
    • Taiwan

    Presseschau

    Kreml kündigt verstärkte Zusammenarbeit mit China an ZEIT
    Ukraine war: Xi Jinping tells Vladimir Putin all parties should ‘promote a proper solution’ to crisis SCMP
    China and Russia are building bridges. The symbolism is intentional CNN
    Biden could lift some tariffs on China as he searches for solution to rising costs CNN
    Constructive Communication Between the U.S. and China Gets Harder NYTIMES
    Unterdrückung der Uiguren: Wie China Ayups Familie zerriss FAZ
    China hält über eine Million Uiguren fest – UN-Menschenrechtsrat will “nicht wegsehen” KREISZEITUNG
    Taiwan: Has the risk of war increased following new China warnings? DW
    Tensions heighten in Taiwan Strait as China acts to extend military operations THEGUARDIAN
    Taiwan condemns Qatar for ‘politicising’ World Cup amid China spat REUTERS
    120 Milliarden US-Dollar für Chipfertigung: Taiwan lässt den Westen alt aussehen HEISE
    Chinesische Behörden nutzen angeblich Corona-Apps, um Proteste zu verhindern SPIEGEL
    China ordnet dreitägige Massentests in einem Viertel von Peking an EURONEWS
    Steinmeier sucht im Indopazifik Gleichgesinnte FAZ
    BASF erweitert Produktionskapazitäten für Batteriematerialien in China HANDELSBLATT
    Chinas Verbraucher trauen der Erholung nicht – Konsum und Immobilienverkäufe brechen ein HANDELSBLATT
    Hong Kong: New school books claim territory was not a British colony BBC
    China Releases, Then Deletes, Report That It May Have Detected Signals From Aliens TIME
    Brutal Beating of Women in China Highlights Risk of Saying ‘No’ NYTIMES

    Portrait

    Malin Oud – Menschenrechtlerin in Stockholm

    Malin Oud ist Direktorin des China-Programms des Raoul Wallenberg Instituts für Menschenrechte in Stockholm.

    Es sind dreißig Jahre vergangen, seit Malin Oud als 18-Jährige zum ersten Mal mit dem Rucksack nach China gereist ist. Die meisten anderen ihrer Freude gingen damals nach Indien. “Ich musste die Dinge aber immer anders angehen als die anderen”, sagt Oud lächelnd.

    Mit der Transsibirischen Eisenbahn startet die Schwedin eine siebenmonatige Abenteuerreise in ein Land, das trotz der langsamen Öffnung seit den 1980er-Jahren noch weit davon entfernt ist, sich für westlichen Massentourismus zu öffnen. “Es gab große Landesteile, die man als Touristin nicht besuchen durfte, man schlief in den entsprechenden Hotels, die für Touristen vorgesehen waren und zahlte mit der Touristenwährung”, erzählt Oud.

    Persönliche Geschichten über die Kulturrevolution

    Über die Geschichte Chinas weiß sie damals jedoch kaum etwas – nur, dass nur drei Jahre zuvor in Pekings Zentrum auf dem Tiananmen-Platz die junge chinesische Demokratiebewegung gewaltsam niedergeschlagen wurde. Erst nach und nach lernt sie durch ihr Studium unter anderem an der Yunnan-Universität in Kunming die wechselhafte Entwicklung Chinas in den vergangenen hundert Jahren kennen. Es sind die persönlichen Geschichten, die ihre chinesischen Dozenten zum Beispiel über die Zeit der Kulturrevolution erzählen, die Ouds Interesse am schwierigen Thema der Menschenrechte in China wecken.

    Mittlerweile leitet die Schwedin das Stockholmer Büro des Raoul Wallenberg Instituts für Menschenrechte (RWI) und ist Direktorin des China-Programms des Instituts. Anfang der 2000er Jahre hat Oud außerdem eine Dependance in Peking aufgebaut und etabliert. Neun Jahre lebte sie in Peking. “Diese Periode war besonders interessant. Zu Beginn trat China der Welthandelsorganisation bei und am Ende trug es die Olympischen Sommerspiele aus”, sagt Oud.

    Es ist auch eine gute Zeit für Institutionen wie das RWI, das über Partnerprogramme mit chinesischen Universitäten versuchen will, Brücken zwischen China und dem Westen zu bauen. “Es herrschte damals eine relative Offenheit und ein Interesse der Chinesen daran, mehr über andere Länder zu erfahren und auch über internationale Menschenrechte”, sagt Oud. Sensibel war das Thema jedoch auch in dieser Periode.

    Trennung von Politik und Wirtschaft nicht möglich

    In den vergangenen Jahren ist der Raum für diese Art der Zusammenarbeit in China allerdings immer weiter geschrumpft, sagt Oud. Den Beginn markierte das “Dokument Nr. 9”, das noch vor Xi Jinpings Amtsantritt parteiintern ausgegeben wurde. Diskussionen über alternative Regierungssysteme oder unabhängigen Journalismus sind seither verboten.

    Der Westen habe daraufhin eine Strategie entwickelt, die Politik und Wirtschaft voneinander trennt. Keine gute Idee, so Oud. “Wir können nicht am Montag mit China über Menschenrechte diskutieren und am Dienstag heißt es Business as usual.” Oud ist es wichtig, dass der Konflikt zwischen dem Westen und China kein Zusammenstoß zwischen den Gesellschaften ist, sondern ein Wettkampf der politischen Systeme.

    In China habe sie viele Menschen kennengelernt, die sich auch nach mehr Freiheiten sehnen. “Der Wandel muss aber von innen heraus kommen. Wir können uns nicht auf Sanktionen verlassen oder China den Respekt für Menschenrechte aufzwingen”, sagt Oud. Ein entscheidender Baustein dürfte die persönliche Zusammenarbeit zwischen chinesischen und westlichen Kollegen sein, ist sich Oud sicher. David Renke

    • Menschenrechte
    • Schweden
    • Zivilgesellschaft

    Personalien

    Der frühere stellvertretende Außenminister Le Yucheng ist zum stellvertretenden Direktor der Nationalen Radio- und Fernsehverwaltung ernannt worden. Le hatte in den vergangenen Monaten häufig Außenminister Wang Yi vertreten. Mit dem Wechsel aus dem Außenministerium scheidet der russischsprachige Le aus dem Rennen aus, um Wang nachzufolgen.

    Catherine So wird neue Geschäftsführerin der Tageszeitung South China Morning Post. Sie übernimmt den Posten zum 15. Juli von Gary Liu.

    Dessert

    China behauptet einem mittlerweile wieder gelöschten Bericht zufolge, Signale außerirdischen Lebens aufgefangen zu haben. Das Radioteleskop Sky Eye in der Provinz Guizhou hat schmalbandige elektromagnetische Signale erfasst, wie es in dem Bericht unter Berufung auf Zhang Tonjie, Chefwissenschaftler eines chinesischen Teams zur Suche außerirdischer Zivilisationen, heißt. Die verdächtigen Signale könnten jedoch auch eine Art Funkstörung sein und bedürfen weiterer Untersuchungen, fügte der Wissenschaftler hinzu.

    China.Table Redaktion

    CHINA.TABLE REDAKTION

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