in Afrika hat China schon Entwicklungshilfe geleistet, als es selbst noch arm war. Jetzt ist China reich und leistet sich ein entsprechend üppig ausgestattetes Engagement. Europa kann da nicht mithalten. Denn europäische Hilfe ist an zahlreiche Standards gebunden – und es steht bei weitem nicht so viel Geld zur Verfügung. Die EU-Länder haben zwar Gegenprojekte zur Seidenstraßeninitiative angeschoben. Doch sie “erwecken den Eindruck, es gehe mehr darum, das eigene China-Problem zu lösen, als die Infrastruktur-Probleme Afrikas”, sagt unsere Gesprächspartnerin Marina Rudyak. Die Expertin für Chinas Außenbeziehungen erklärt vor dem China-Afrika-Gipfel die wahren Motive Pekings.
Die oft erzählte Geschichte vom hinterhältigen China, das kleinere Länder mit Geld ködert und in die Falle lockt, ist Rudyak zufolge ein Mythos. Tatsächlich wächst in China umgekehrt die Angst davor, in eine “Gläubigerfalle” zu geraten. Doch man sollte sich nicht täuschen: Die Strategen in Peking agieren streng machtpolitisch, wenn sie die Kredite vergeben. Unterm Strich nützt den Ländern des Globalen Südens jedoch die Aufmerksamkeit, die sie von der Wirtschaftsmacht erhalten.
Während China die Offenheit gegenüber Afrika zelebriert, riegelt es seine Finanzmetropole Hongkong systematisch ab. Corona gilt dabei zunehmend als Vorwand, die Stadt für ihre Demokratieproteste zu strafen. Denn schon einzelne Fälle lösen drakonische Verschärfungen der Isolation aus. Darunter leidet das wirtschaftliche Herz der Stadt: der Finanzsektor.
Die chinesischen Drohungen gegenüber Taiwan lösen inzwischen verschiedene Initiativen in westlichen Ländern aus. EU-Parlamentarier planen eine Reise nach Taipeh, während Taiwans Außenminister nach Prag eingeladen war. Die USA haben einen Vorstoß gestartet, um Taiwan wieder eine größere Rolle bei der Uno zu geben. Die Regierung in Taipeh freut sich zwar über die ideelle Unterstützung – doch es gibt einen Wermutstropfen: Die Initiativen sind alle nicht koordiniert und bleiben dadurch Stückwerk.

Frau Rudyak, was erwarten Sie von dem Forum on China-Africa Cooperation (FOCAC) in Hinblick auf finanzielle Zusagen Chinas gegenüber afrikanischen Staaten?
Ich denke, wir werden keine Steigerung bei den Kreditzusagen Chinas an afrikanische Länder sehen. Bis 2015 hat China bei den FOCAC-Gipfeln zwar jedes Mal seine Zusagen erhöht, aber seit 2018 stagnieren sie. Damals sagte China zwar den gleichen Wert wie 2015 zu. Das waren 60 Milliarden US-Dollar an Krediten und Investitionen über drei Jahre. Aber der Anteil an Schenkungen und zinsfreien Darlehen war geringer als in 2015. Das Paket wurde für die Empfänger also insgesamt teurer.
Auch die Kreditverhandlungen sind seit 2018 strenger geworden. Ich gehe zugleich nicht davon aus, dass die Zusagen diesmal nominell weniger werden. Das würde nicht zu der außenpolitischen Rhetorik Chinas passen, Afrika bei der Überwindung der COVID-19 Pandemie zu helfen. Aber die Struktur der Zusagen könnte sich maßgeblich ändern.
China ist in den letzten 20 Jahren zum größten Geldgeber Afrikas geworden. Dabei kommt immer wieder der Vorwurf auf, die Volksrepublik nutze Schulden, um sich strategisch Zugang zu Rohstoffen und Infrastruktur zu sichern und betreibe eine Schuldenfallendiplomatie.
Der Begriff der Schuldenfallendiplomatie ist in der öffentlichen Debatte zum Synonym für chinesische Kredite geworden. In der Forschung herrscht der Konsens: Es gibt keine Nachweise dafür, dass China strategisch Länder in Schuldenfallen treibt. Das heißt aber nicht, dass es keine Schuldenfallen gibt. Nur resultieren diese nicht aus einem taktischen Vorgehen Chinas, sondern weil Regierungen sich überschulden – und zwar nicht nur bei China, sondern auch bei den europäischen Privatbanken.
Haben Sie ein Beispiel?
Sri Lanka wird häufig als Opfer von Chinas Schuldenfallendiplomatie genannt, seit es den Hafen von Hambantota für 99 Jahre an China Merchants Port verpachtet hat. Das soll geschehen sein, weil Sri Lanka seine Schulden gegenüber China nicht bedienen konnte. In Wirklichkeit war Sri Lanka allerdings gar nicht zahlungsunfähig. Vielmehr hat ein neu gewählter Präsident nach Wegen gesucht, einen unprofitablen Hafen, der das Lieblingsprojekt des alten Präsidenten war, loszuwerden. China Merchants Port, welches den Hafen gebaut hatte, erklärte sich bereit, die Anlage zu pachten. Dafür wurden aber keine chinesischen Kredite erlassen. Es wurden die fälligen und teureren Eurobonds bedient – also die Schulden bei privaten Gläubigern.
Wie nimmt China die internationale Kreditvergabe wahr?
In China wird die Kreditvergabe an die ärmsten Staaten mittlerweile sogar eher als “Gläubigerfalle”, also als Falle für den Kreditgeber diskutiert, weil das Risiko für Zahlungsausfälle sehr hoch ist.
Auch in China wird die Strategie kritisch reflektiert?
In China liest man immer wieder von mangelnder internationaler Erfahrung der chinesischen Entwicklungsbanken China Development Bank (CDB) und Eximbank. Diese werden für das schlechte Kreditrisikomanagement verantwortlich gemacht. Schwer vorzustellen eigentlich, denn bei der CDB reden wir immerhin vom größten bilateralen Kreditgeber der Welt.
Aber: Die Hälfte ihres sechsköpfigen Management-Boards kommt von der Agricultural Bank of China, zwei aus der Bankenaufsicht, einer hat in der CDB Karriere gemacht – und niemand hat substanzielle Auslandserfahrung. Diese Menschen haben sich um ländliche Entwicklung in China gekümmert und sollen nun Infrastruktur-Entwicklung in Afrika finanzieren. Sie haben wenig Wissen über die afrikanischen Länder, denen sie Kredite geben und den politischen Kontexten vor Ort.
Chinas ist allerdings längst größter Geldgeber und Investor in afrikanischen Staaten. Wie bewerten Sie das?
Ich muss dem ehemaligen liberianischen Arbeitsministers Gyude W. Moore recht geben. Er sagt, selbst wenn die Seidenstraße scheitert, ist sie ein bemerkenswerter Versuch, die ärmsten Länder der Welt an die reichsten Länder der Welt anzubinden. Moore kritisiert: Bis China mit der Seidenstraße kam, hat Europa jegliche Kreativität im Umgang mit seinem Nachbarn gefehlt. Die westlichen Ansätze zum Ausbau von Infrastruktur haben nie wirklich funktioniert.
Warum ist das so?
Es gab Ansätze wie den 2007 initiierten EU Infrastructure Trust for Africa, die wenig erreicht haben. Vielleicht weil Afrika für die EU keine Priorität genießt. Der Blick auf den Kontinent ist noch immer durch eine postkoloniale Brille geprägt, die die Welt in entwickelte und Entwicklungsländer, Geber und Empfänger teilt. Wir betrachten Entwicklung als “deren” Problem, “der da drüben, in Afrika” – nicht als “unser”, gemeinsames Problem. Dabei hat der große Entwicklungsunterschied zwischen Afrika und Europa unmittelbare Implikationen für Europa.
Nun gibt es Ansätze, die mit China konkurrieren wollen: “Build Back Better World” der G7 oder das kürzlich verkündete “Global Gateway” der EU. Doch leider erwecken sie alle den Eindruck, es gehe mehr darum, das eigene China-Problem zu lösen, als die Infrastruktur-Probleme Afrikas.
Gelingt es China denn mit seinem Ansatz, diesen Entwicklungsrückstand vieler afrikanischer Staaten zu verringern, beispielsweise die hohe Arbeitslosigkeit in Afrika zu mindern?
Entgegen der verbreiten Meinung, dass chinesische Investoren immer auf eigene Arbeitskräfte zurückgreifen, schafft China Arbeitsplätze in Afrika. Zur Lokalisierung gibt es inzwischen zahlreiche Studien. Es ist auch logisch, lokale Arbeitskräfte sind oft günstiger.
Und wie sind die Arbeitsbedingungen?
Ja, da wird es problematisch. Die Arbeitsbedingungen sind auf einem chinesischen Bau oder in einer chinesischen Fabrik in Afrika nicht besser als in China. Eine Langzeitstudie der Londoner School of Oriental and African Studies von 2019 kam außerdem zu dem Schluss: Westliche Unternehmen bieten sehr ähnliche Bedingungen.
Sind die Beziehungen zur EU jetzt schlechter, weil von China so viel mehr Engagement kommt?
Afrikanische Regierungen wenden sich an Europa, wenn es um Themen wie gute Regierungsführung, Menschenrechte oder Arbeits- und Sozialstandards geht – und an China für Infrastruktur-Investitionen. China hingegen braucht Rohstoffe aus Afrika. Daher sehen wir oft Ressourcen-für-Infrastruktur-Verträge. Im Prinzip ist nichts Falsches daran, wenn Länder ihre Rohstoffe in Wirtschaftswachstum umwandeln und an China verkaufen wollen, aber die Bedingungen müssen stimmen. Da kommt es auf die afrikanischen Regierungen an: Haben sie die Interessen der breiten Bevölkerung im Blick oder Partikularinteressen einer kleinen Elite? Auch eine starke Zivilgesellschaft ist hier entscheidend, weil sie Druck auf Regierungen ausüben kann.
Die Demokratische Republik Kongo will Bergbauverträge mit China neuverhandeln. Kommt so etwas häufiger vor und wie reagiert China darauf?
Bei den Verträgen in der DR Kongo handelt es sich auch um einen Ressourcen-für-Infrastruktur-Deal. Das heißt, China baut Rohstoffe ab und soll dafür Straßen bauen. Kongolesische Politiker sagen: die Ressourcen werden abgebaut, aber bei der Infrastruktur passiert wenig. Tatsächlich sind von den drei Milliarden Dollar, die in 2008 für Infrastrukturentwicklung vereinbart wurden, bisher nur 825 Millionen ausgegeben.
Ähnliches sehen wir übrigens in Ghana, wo nun auch Stimmen für Neuverhandlungen von Verträgen laut werden. Solche Forderungen hören wir immer wieder, vor allem nach Regierungswechseln. Auch in der DR Kongo ist es der neue Präsident, der die von der alten Regierung geschlossenen Verträge für unfair hält. Generell versucht China auf Forderungen der Partnerländer einzugehen, denn es ist meist allein schon aus politischen Motiven an einvernehmlichen Lösungen interessiert.
Wie ernst meint China die Chancen für eine Entwicklung der afrikanischen Exportindustrie? Lässt die Volksrepublik inzwischen verarbeitete Güter ins Land?
Während China massiv Maschinen und Konsumgüter nach Afrika exportiert, exportiert Afrika umgekehrt nach China vor allem Rohstoffe. Die einzige nennenswerte Ausnahme ist Südafrika. Zwar verspricht China schon länger, den Zugang für afrikanische Agrarprodukte zum chinesischen Markt zu erleichtern. Es bleibt aber abzuwarten, ob es bei FOCAC dazu diesmal konkrete Zusagen geben wird. Darüber hinaus will China mehr “Low-Tech-Produktion” nach Afrika verlagern, die wiederum potenziell für Exporte nach China produzieren könnte.
Sie haben jetzt häufig China und Europa in Afrika verglichen. Was muss Europa denn tun, um wieder einen Fuß in die Tür zu bekommen?
Ich halte diesen Versuch, mit China konkurrieren zu wollen, für falsch. Zum einen ist Europa finanziell schlichtweg nicht konkurrenzfähig, denn China kann viel günstiger bauen. Auch die Probleme mit der Neue Seidenstraße-Initiative – fehlende Transparenz, Arbeits- und Sozialstandards – müssen China und die Partnerländer gemeinsam lösen.
Was müsste Europa afrikanischen Staaten anbieten, was China nicht anbieten kann?
Wo ich Europas “Unique Selling Point” sehe – übrigens nicht nur im Vergleich zu China, sondern auch allen anderen – ist die Erfahrung der europäischen Integration. Denn Afrika befindet sich mit der Afrikanischen Union in einem Integrationsprozess mit vielen parallelen Themen, von Abbau regionaler Disparitäten bis hin zur Schaffung gemeinsamer Märkte. Dabei sehe ich vor allem für mittel- und osteuropäische Länder eine zentrale Rolle, ihr Erfahrungswissen der aufholenden Entwicklung kommt in der Kooperation mit Afrika bisher viel zu wenig zum Tragen. Vor allem aber müssen wir unser Denken über Entwicklung ändern: Entwicklung ist nicht Afrikas Problem, sondern unser aller gemeinsames.

Hongkongs Banken haben genug. Am Wochenende sendeten die Institute einen Brandbrief an Finanzminister Paul Chan, in dem sie ihrem Ärger über die derzeitige Lage Luft machten. Die “Null-Covid-Politik” der Regierung samt ihrer strengen Quarantäneregeln in Hongkong setzten die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes im Vergleich zu anderen Finanzzentren aufs Spiel, heißt es in dem Schreiben.
Während sich London, New York und zuletzt auch Hongkongs ärgster Konkurrent Singapur dazu entschieden hätten, Reisebeschränkungen weitgehend aufzuheben, halte Hongkong an seinen strengen Regeln fest. Rund die Hälfte seiner Mitglieder denke darüber nach, Personal aus der Stadt an andere Standorte zu verlagern, heißt es in dem Brief des Hongkonger Bankenverbandes ASIFMA weiter.
Neben Hongkongs Finanzinstituten hatten sich in den letzten Wochen und Monaten bereits zahlreiche andere Sektoren und Unternehmensverbände über die Zustände in der chinesischen Sonderverwaltungsregion beklagt. Dabei streitet niemand ab, wie ausgesprochen erfolgreich Hongkong das Virus in Schach hält. Im vergangenen halben Jahr gab es nur vier lokale Infektionen. Zuletzt wurde sogar ein Rekord von über 50 Tagen ohne eine einzige Infektion aufgestellt, bis ein geimpfter Flughafenmitarbeiter positiv getestet wurde. Seitdem sind erneut fast drei Wochen ohne neuen Fall vergangen.
Dies ist möglich, weil in Hongkong die strengsten Quarantäne-Regeln der Welt herrschen. Nur in der Volksrepublik sind sie gleichermaßen streng. Wer in die Stadt reist, muss je nach Risiko im Herkunftsland 14 bis 21 Tage Quarantäne in einem Hotelzimmer verbringen. Die Nachfrage nach Zimmern in den zugelassenen Quarantäne-Hotels ist oft größer als das Angebot von rund 10.000 Räumen. Das begrenzt die Zahl jener, die einreisen dürfen. Vor allem Geschäftsreisende, die in einem Vier- oder Fünf-Sterne-Hotel untergebracht werden wollen, müssen lange im Voraus reservieren.
Unter Hongkonger Expats geht ein Witz um. Aus der “Asia World City”, ein Attribut, mit dem die Hongkonger Regierung seit Jahren für die Weltoffenheit ihrer Metropole wirbt, sei die “Asia Walled City” geworden, eine Metropole hinter Mauern. Tatsächlich haben sich viele Unternehmen vor allem in Hongkong angesiedelt, weil sie so zentral liegt. Von Hongkong sind andere Teile der Region gleichermaßen schnell zu erreichen. Sowohl Fabriken auf dem chinesischen Festland als auch in großen Teilen Südostasiens konnten in der Vergangenheit mit einem Tagesausflug erreicht werden. Doch seit fast zwei Jahren finden praktisch keine Geschäftsreisen mehr statt. Heimaturlaube in Europa oder den USA bringen das Risiko mit sich, dass die Rückkehr zur Tortur wird.
Nachdem lange nicht klar war, wie die Hongkonger Regierung das Dilemma lösen will, hat sie zuletzt zumindest ein klares Ziel formuliert. Demnach sollen die internationalen Grenzen zwar weiterhin auf unabsehbare Zeit geschlossen bleiben, es soll jedoch alles dafür getan werden, endlich wieder die Grenze zum chinesischen Festland zu öffnen.
Zwar hat Hongkong längst erfolgreich unter Beweis gestellt, dass seine Anti-Corona-Maßnahmen funktionieren. Dennoch weigert sich Peking bisher, Hongkonger wieder ohne Quarantäne ins Land zu lassen. Obwohl die Finanzmetropole faktisch virusfrei ist, muss jeder, der nach China reist, sich weiterhin für mindestens 14 Tage in ein Hotelzimmer oder im schlimmsten Fall sogar in ein zentrales Quarantäne-Lager einsperren lassen. Reisen vom Festland nach Hongkong sind dagegen ohne Quarantäne möglich.
Unternehmen in Hongkong haben wenig Verständnis für die einseitige Regelung, nicht zuletzt, weil Menschen aus der Nachbarstadt Macau, ebenfalls eine Sonderverwaltungszone Chinas, bereits seit gut einem Jahr wieder komplett quarantänefrei ind die Volksrepublik einreisen dürfen. Mancher Kritiker in Hongkong raunt bereits, dass es der Zentralregierung gar nicht um die Virusprävention gehe. Vielmehr solle das widerspenstige Kind Hongkong für sein rebellisches Verhalten der vergangenen Jahre bestraft werden.

Peking hat keine konkreten Kriterien formuliert, wann und zu welchen Bedingungen die Grenze geöffnet wird. Bereits Anfang des Jahres hieß es, dass Hongkong frei von Corona sein müsse – ein Ziel, das längst erreicht wurde. Später wurde eine zu geringe Impfquote bemängelt. Zuletzt gaben Beamte auf dem Festland in Gesprächen über die Grenzöffnung der Hongkonger Seite eine neue Wunschliste mit auf den Weg.
So wird nun etwa an der Einführung einer verbesserten Health-Code-App gearbeitet, die genau prüfen kann, wo sich der Nutzer in den vergangenen Wochen aufgehalten hat. Auch kündigte die Hongkonger Regierung in dieser Woche an, sämtliche Quarantäne-Ausnahmen zu beenden. Solche sind bisher einigen Führungskräften von großen Unternehmen oder Diplomaten gewährt worden. Die kürzliche, freie Einreise der Schauspielerin Nicole Kidman für einen Dreh hatte Diskussionen ausgelöst.
Doch das alles sorgt nicht für bessere Stimmung unter Geschäftsleuten. Die Verärgerung ist groß, dass Hongkongs Führung nicht in der Lage ist, ein konkretes Datum für die Öffnung zum Festland vorzulegen. Einige Optimisten sagen, es könnte schon im Dezember so weit sein. Hongkonger Medien zitieren Quellen, wonach es erst nach den Winterspielen in Peking losginge, also irgendwann im kommenden März. Wissen tut es aber niemand. “Kein Licht am Ende des Tunnels”, fasste die Hongkonger Zeitung South China Morning Post in dieser Woche die Stimmung unter den Geschäftsleuten in der Stadt zusammen. Gregor Koppenburg/Joern Petring
Eine Delegation des Europäischen Parlaments wird in der kommenden Woche nach Taiwan reisen. Die Europaabgeordneten werden dort hochrangige taiwanesische Politiker aus dem Außen- und Justizministerium treffen, berichtete die South China Morning Post unter Berufung auf Parlamentsquellen. Auch ein Treffen mit Digitalministerin Audrey Tang soll auf der Agenda stehen.
Die Delegation wird demnach vom französischen EU-Politiker Raphaël Glucksmann angeführt. Glucksmann ist einer von mehreren Abgeordneten, die im Frühjahr von Peking mit Sanktionen belegt worden sind. Neben ihm reisen dem Bericht zufolge EU-Abgeordnete aus Litauen, Italien, Tschechien, Griechenland und Österreich nach Taipeh.
Die chinesische Vertretung in Brüssel reagierte auf die Reiseankündigung und pochte auf das “Ein-China-Prinzip”. Dieses sei “politische Grundlage für den Auf- und Ausbau der chinesisch-europäischen Beziehungen”, schrieb die Vertretung Chinas an die EU auf Twitter. “Wir werden entsprechend der Entwicklung weiter reagieren”, hieß es in dem Tweet.
Mehrere EU-Staaten bauen derzeit engere Beziehungen zu Taipeh auf. Taiwans Außenminister Joseph Wu war am Mittwoch zu Besuch in Tschechien eingetroffen. Er knüpfte damit an einen viertägigen Besuch einer taiwanesischen Unternehmerdelegation in Prag an, die von zwei Ministern geleitet wurde. Wu wurde vom Vorsitzenden des Senats des tschechischen Parlaments, Miloš Vystrčil, empfangen und traf den Prager Oberbürgermeister Zdeněk Hřib. Die Delegation von Unternehmern hatte vergangene Woche auch Litauen und die Slowakei besucht.
Bei einer Veranstaltung des Oriental Institute und der tschechischen Forschungseinrichtung Sinopsis warb Wu um eine Fortsetzung der langjährigen Beziehungspflege der beiden Länder. Der Minister erinnerte an das Engagement des vor zehn Jahren verstorbenen, ehemaligen tschechischen Staatspräsidenten Václav Havel. Der hatte den Inselstaat während seiner Amtszeit mehrfach besucht und dabei hochrangige taiwanesische Politiker getroffen.
In Bezug auf die wachsenden Spannungen zwischen demokratischen und autoritär regierten Staaten der Welt mahnte Wu zu größerer Wachsamkeit in demokratischen Gesellschaften. “Wir befinden uns mitten in einem Informationskrieg, und die Freunde der Demokratie sind unbewaffnet und schlecht vorbereitet. Das liegt zum Teil daran, dass wir in den 30 Jahren seit dem Ende des Kalten Krieges zu selbstgefällig geworden sind. Wir waren zu zuversichtlich, dass die demokratische Flut weiter steigen wird, nur weil die Geschichte auf unserer Seite war”, sagte der Minister.
Taiwan, das sich zunehmend von der Volksrepublik China bedroht fühlt, hofft auf eine tiefere Integration in die internationale Staatengemeinschaft. Damit möchte das Land seiner weiteren Isolation durch Peking entgegenwirken und einen diplomatischen Schutzwall gegen eine mögliche Invasion der Insel errichten.
Wachsende Unterstützung für eine engere Anbindung an die Vereinten Nationen erhält das Land aus den USA. Deren Außenminister Antony Blinken hat vorgeschlagen, mehr taiwanesische Vertreter in Ausschüsse und Organisationen der UNO aufzunehmen, beispielsweise in die Weltgesundheitsorganisation WHO. Blinken forderte andere Länder auf, diesen Ansatz zu unterstützen. Taiwan sei eine demokratische Erfolgsgeschichte, argumentierte er.
Am Wochenende hatten sich Vertreter des Inselstaats und der USA per Videokonferenz über Möglichkeiten zur Umsetzung der Initiative ausgetauscht. Auch das soll – wie die Vorstöße der EU-Parlamentarier und die Gespräche in Prag – Taiwan den Rücken stärken. Blinkens Begründung für den Vorstoß nutzte geschickt die Grundlagen der chinesischen Außenpolitik. Diese verlangt, von “einem China” auszugehen, das sowohl das Festland als auch Taiwan umfasst. Blinken argumentiert nun, bei einem Ausschluss Taiwans sei “ein China” eben nicht vollständig vertreten.
1971 hatten die Vereinten Nationen die Volksrepublik aufgenommen und Taiwan ausgeschlossen. Schon seit Jahrzehnten versucht das Land, wieder einen Platz am Tisch zu ergattern. Die Regierung Biden unterstützt dieses Ansinnen nun und betrachtet sich seit jeher dem Inselstaat gegenüber verpflichtet (China.Table berichtete). China hat in den vergangenen Jahren besonders argwöhnisch darauf geachtet, dass Taipeh auch nicht in verdeckter Form Einfluss auf die Entscheidungen der Vereinten Nationen nehmen konnte.
Am Mittwoch nun reagierte China. Die Volksrepublik sei die “einzig rechtmäßige Regierung, die das ganze China repräsentiert”, sagte ein Sprecher des Büros für Taiwan-Angelegenheiten. Taiwan habe daher kein Recht, an Beratungen der Vereinten Nationen teilzunehmen – diese seien “souveränen Staaten” vorbehalten. Taiwan bezeichnet sich selbst zwar als souveränen Staat, verzichtet aber auf eine formelle Unabhängigkeitserklärung.
Im Umgang der Staaten untereinander gelten auch faktische Gewohnheiten als Quelle des Rechts. Wenn der Inselstaat sich auf globaler Bühne verhält wie ein souveräner Staat und niemand Einspruch erhebt, dann wird es auch als solcher anerkannt. Deshalb sind die jüngsten Aktivitäten von EU und USA für Taipeh von großer Bedeutung und Peking ein Dorn im Auge. Amelie Richter/Marcel Grzanna/Finn Mayer-Kuckuk
Die Energiekrise in China hat nun auch die Versorgung mit Diesel erfasst. Das Nachrichtenmagazin Caixin berichtet, dass Tankstellen “in vielen Teilen” des Landes begonnen hätten, Diesel zu rationieren. Gründe seien eine steigende Verknappung und steigende Bezugskosten. Betroffen von der Rationierung seien nicht nur Autobesitzer und LKW-Fahrer, sondern auch Eigenheim-Besitzer, die mit Diesel-Öl heizen, und Unternehmen, die mithilfe von Diesel-Generatoren Strom erzeugen.
Die zweitgrößte Volkswirtschaft ringt seit Wochen um ihre Energieversorgung (China.Table berichtete). Zahlreiche Unternehmen, aber auch Privathaushalte müssen immer wieder ohne Strom auskommen, weil Kohle und Gas knapp geworden sind. Auch deutsche Unternehmen sind von dem Engpass betroffen.
Die Rationierung von Diesel dürfte insbesondere der Logistik in der Volksrepublik zu schaffen machen. Die Lieferketten der Industrie leiden bereits heftig unter den Folgen der Corona-Pandemie, weil geschlossene Grenzen, Exportquoten und strenge Auflagen der Behörden eine reibungslose Versorgung mit Rohmaterialien und Komponenten erschweren. Eine Einschränkung des Lastverkehrs würden den Druck auf die Lieferketten weiter erhöhen. grz
Präsident Xi Jinping hat die Volksbefreiungsarmee aufgefordert, schnell den technischen Stand ihrer Bewaffnung zu erhöhen. Die Armee sollte neue Wege gehen, um Waffen und Ausrüstung weiterzuentwickeln, sagte er einem Bericht der Nachrichtenagentur Xinhua zufolge. Xi machte die Aussagen auf einer Konferenz zu Beschaffungsfragen der Volksbefreiungsarmee. Der Staatschef lobte vor allem die Durchbrüche bei der Ausrüstung der Streitkräfte, die in den vergangenen fünf Jahren erzielt wurden.
Tatsächlich hat die Volksbefreiungsarmee zuletzt gerade bei der Beschaffung von Hightech-Waffen deutlich gepunktet. KI-Drohnen, Killer-Roboter, unbemannte U-Boote, Hyperschallraketen, kompakte Atombomben – das Arsenal wird immer diverser. Zugleich gelten große Teile der Streitkräfte als veraltet. China gibt derzeit jährlich rund 250 Milliarden Dollar für Verteidigung aus. fin
Die Regierung in Washington hat einer Tochter des chinesischen Telekommunikationsanbieters China Telecom die Lizenz entzogen. China Telecom (Americas) Corp. muss sich innerhalb von zwei Monaten aus dem US-Geschäft zurückziehen. Sie darf dort dann keine Telefon- und Internetdienste mehr anbieten. Die zuständige Aufsichtsbehörde Federal Communications Commission begründet das mit Sicherheitsrisiken. Chinesische Geheimdienste könnten in Gespräche und Datenströme hineinhorchen, befürchtet der Regulierer.
Die USA setzen damit einen Kurs fort, den sie unter Donald Trump begonnen haben. Sie entziehen chinesischen Großkonzernen die Möglichkeit, im eigenen Markt Geschäfte zu machen. Grund sind mögliche Sicherheitsrisiken. Das betrifft sowohl die Kommunikationsfirmen als auch die Netzausrüster (China.Table berichtete). China Telecom gehört bereits zu einer Reihe von Firmen, die in den USA kein Kapital mehr aufnehmen dürfen und daher die Börse New York verlassen mussten. fin

Han Xiao-Mings große Leidenschaft gehört den drei B’s – Beethoven, Brahms und Bruckner. Seine Laufbahn als Berufshornist war familiär vorgezeichnet. Schon beide Elternteile verdienten ihr Geld als Musiker. Dass dem 58-Jährigen die deutsch-österreichische Romantik heute so am Herzen liegt, hat auch mit seiner Vergangenheit zu tun. Denn deren Klänge begleiteten ihn durch Maos letztes dunkles Kapitel in der Volksrepublik China.
Han wird 1963, drei Jahre vor der Kulturrevolution, in Shanghai geboren. Als es ab 1966 die Direktive gibt, keine westliche Musik öffentlich aufzuführen, wird der junge Han der geächteten Musik fortwährend in den eigenen vier Wänden ausgesetzt. Auch weil der Vater seine Musikschüler in Privatstunden Mozart, Strauss und Brahms spielen lässt. “Die Nachbarn haben das natürlich gemeldet und es gab Beschwerdebriefe, weshalb wir keine rote Musik spielten”, erinnert er sich.
Erst mit dem Tod Maos öffnet sich China wieder für die westliche Kultur, und auch ausländische Orchester kommen ins Reich der Mitte. Trotzdem bleibt die Kunst in China ein Spielfeld der Politik. Ein Zustand, der bis heute anhält.
Anfang der 1980er-Jahre geht Han daher für seine Ausbildung ans New England Conservatory in Boston – zuerst nur für ein einjähriges Stipendium. Tatsächlich kehrt Han bis 1996 nicht mehr in seine Heimat zurück. Stattdessen kommt er 1984 nach Deutschland und übernimmt im darauffolgenden Jahr die Position des Solo-Hornisten bei der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern.
“Ich habe lange mit meiner Rückkehr nach China gewartet, da ich nach meinem Stipendium in den USA nicht wie vereinbart zurückgekehrt bin”, sagt Han. Er fürchete sich vor möglichen Konsequenzen wegen seines eigenständigen Fernbleibens. Erst mit der deutschen Staatsbürgerschaft reist er wieder in seine Heimat ein. Dort berät er die jungen chinesischen Orchester, besorgt Noten und vermittelt Kontakte. “Die chinesischen Orchester waren immer spät dran. Man kann aber einen guten Dirigenten nicht erst ein Jahr vorher anfragen”, sagt Han.
Nach den Olympischen Spielen 2008 und mit der Eröffnung des Nationalen Zentrums für Darstellende Künste (NCPA) in Peking verspürt Han eine Aufbruchstimmung in China. Er glaubt, dass sich Vieles ändern würde und nimmt das Angebot an, das Orchester des NCPA aufzubauen. “Im ersten Jahr hatte ich alle Freiheiten. Ich konnte einladen, wen ich wollte. Wir waren das bestbezahlte Orchester Chinas”, sagt Han. Schnell wendet sich aber das Blatt. Die Politik mischt sich in die Programmgestaltung ein, es soll Sonderkonzerte für einzelne Minister geben, der Urlaub für die Musiker wird gekürzt, Dienstpläne werden umgeschmissen.
Die Erfahrungen hinterlassen Unsicherheit bei ihm. Schließlich kehrt Han nach zwei Jahren in Peking wieder nach Saarbrücken zurück. Auch weil er die deutsche Verlässlichkeit vermisst. Die Struktur der deutschen Rundfunkorchester sei weltweit vorbildlich, besonders wenn es um die finanzielle Sicherheit der Musiker geht, sagt Han.
Doch er hat auch eine gewisse Trägheit der deutschen Orchester kennen gelernt. “Veränderungen brauchen viel Zeit”, kritisiert er. In China ginge Vieles schneller vonstatten – auch in der Kultur.
Trotzdem bleibt klassische Musik in China noch viel mehr eine Unterhaltung für die Eliten, während sie im Westen ein breiteres Publikum findet. Han glaubt, Deutschland tue zu wenig, um seine Kultur nach China zu exportieren. “Warum gibt es kein ‘Deutsches Haus’, das die deutsche Kultur in China vertritt?”, sagt er. In Shanghai zum Beispiel böte das riesige Gebäude der deutschen Handelskammer Platz für eine solche Einrichtung. Und für Han Xiao-Ming vielleicht einen neuen Anlass, in seiner alten Heimat ein neues Projekt zu begleiten. David Renke
Alexandre Tavazzi wird am 8. November Chief Investment Officer für Asien bei dem Schweizer Vermögensverwalter Pictet am Standort Hongkong. Sein Vorgänger David Gaud verlässt das Unternehmen.
Michael Issenberg, vormals Asien-Chef der Hotelkette Accor, wird neuer Chairman der staatlichen Tourism Australia. In seiner neuen Rolle soll er die Wiederöffnung des Kontinents für Reisende vorbereiten.

Ein chinesischer Medaillenregen bei den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking dürfte sich auf einige wenige Sportarten wie Speed-Skating reduzieren. Im Curling haben andere Nationen traditionell die Nase vorn. 100 Tage vor der Eröffnungsfeier konnten bei einer Veranstaltung am Fuße des Pearl Towers in Shanghai Sportinteressierte ebenso wie gelangweilte Fußgänger:innen ihr Talent beim Eisstockschießen ausprobieren. Auch Ski-Langlauf-Simulatoren luden zum Training der körperlichen Feinmotorik und der Ausdauer.
in Afrika hat China schon Entwicklungshilfe geleistet, als es selbst noch arm war. Jetzt ist China reich und leistet sich ein entsprechend üppig ausgestattetes Engagement. Europa kann da nicht mithalten. Denn europäische Hilfe ist an zahlreiche Standards gebunden – und es steht bei weitem nicht so viel Geld zur Verfügung. Die EU-Länder haben zwar Gegenprojekte zur Seidenstraßeninitiative angeschoben. Doch sie “erwecken den Eindruck, es gehe mehr darum, das eigene China-Problem zu lösen, als die Infrastruktur-Probleme Afrikas”, sagt unsere Gesprächspartnerin Marina Rudyak. Die Expertin für Chinas Außenbeziehungen erklärt vor dem China-Afrika-Gipfel die wahren Motive Pekings.
Die oft erzählte Geschichte vom hinterhältigen China, das kleinere Länder mit Geld ködert und in die Falle lockt, ist Rudyak zufolge ein Mythos. Tatsächlich wächst in China umgekehrt die Angst davor, in eine “Gläubigerfalle” zu geraten. Doch man sollte sich nicht täuschen: Die Strategen in Peking agieren streng machtpolitisch, wenn sie die Kredite vergeben. Unterm Strich nützt den Ländern des Globalen Südens jedoch die Aufmerksamkeit, die sie von der Wirtschaftsmacht erhalten.
Während China die Offenheit gegenüber Afrika zelebriert, riegelt es seine Finanzmetropole Hongkong systematisch ab. Corona gilt dabei zunehmend als Vorwand, die Stadt für ihre Demokratieproteste zu strafen. Denn schon einzelne Fälle lösen drakonische Verschärfungen der Isolation aus. Darunter leidet das wirtschaftliche Herz der Stadt: der Finanzsektor.
Die chinesischen Drohungen gegenüber Taiwan lösen inzwischen verschiedene Initiativen in westlichen Ländern aus. EU-Parlamentarier planen eine Reise nach Taipeh, während Taiwans Außenminister nach Prag eingeladen war. Die USA haben einen Vorstoß gestartet, um Taiwan wieder eine größere Rolle bei der Uno zu geben. Die Regierung in Taipeh freut sich zwar über die ideelle Unterstützung – doch es gibt einen Wermutstropfen: Die Initiativen sind alle nicht koordiniert und bleiben dadurch Stückwerk.

Frau Rudyak, was erwarten Sie von dem Forum on China-Africa Cooperation (FOCAC) in Hinblick auf finanzielle Zusagen Chinas gegenüber afrikanischen Staaten?
Ich denke, wir werden keine Steigerung bei den Kreditzusagen Chinas an afrikanische Länder sehen. Bis 2015 hat China bei den FOCAC-Gipfeln zwar jedes Mal seine Zusagen erhöht, aber seit 2018 stagnieren sie. Damals sagte China zwar den gleichen Wert wie 2015 zu. Das waren 60 Milliarden US-Dollar an Krediten und Investitionen über drei Jahre. Aber der Anteil an Schenkungen und zinsfreien Darlehen war geringer als in 2015. Das Paket wurde für die Empfänger also insgesamt teurer.
Auch die Kreditverhandlungen sind seit 2018 strenger geworden. Ich gehe zugleich nicht davon aus, dass die Zusagen diesmal nominell weniger werden. Das würde nicht zu der außenpolitischen Rhetorik Chinas passen, Afrika bei der Überwindung der COVID-19 Pandemie zu helfen. Aber die Struktur der Zusagen könnte sich maßgeblich ändern.
China ist in den letzten 20 Jahren zum größten Geldgeber Afrikas geworden. Dabei kommt immer wieder der Vorwurf auf, die Volksrepublik nutze Schulden, um sich strategisch Zugang zu Rohstoffen und Infrastruktur zu sichern und betreibe eine Schuldenfallendiplomatie.
Der Begriff der Schuldenfallendiplomatie ist in der öffentlichen Debatte zum Synonym für chinesische Kredite geworden. In der Forschung herrscht der Konsens: Es gibt keine Nachweise dafür, dass China strategisch Länder in Schuldenfallen treibt. Das heißt aber nicht, dass es keine Schuldenfallen gibt. Nur resultieren diese nicht aus einem taktischen Vorgehen Chinas, sondern weil Regierungen sich überschulden – und zwar nicht nur bei China, sondern auch bei den europäischen Privatbanken.
Haben Sie ein Beispiel?
Sri Lanka wird häufig als Opfer von Chinas Schuldenfallendiplomatie genannt, seit es den Hafen von Hambantota für 99 Jahre an China Merchants Port verpachtet hat. Das soll geschehen sein, weil Sri Lanka seine Schulden gegenüber China nicht bedienen konnte. In Wirklichkeit war Sri Lanka allerdings gar nicht zahlungsunfähig. Vielmehr hat ein neu gewählter Präsident nach Wegen gesucht, einen unprofitablen Hafen, der das Lieblingsprojekt des alten Präsidenten war, loszuwerden. China Merchants Port, welches den Hafen gebaut hatte, erklärte sich bereit, die Anlage zu pachten. Dafür wurden aber keine chinesischen Kredite erlassen. Es wurden die fälligen und teureren Eurobonds bedient – also die Schulden bei privaten Gläubigern.
Wie nimmt China die internationale Kreditvergabe wahr?
In China wird die Kreditvergabe an die ärmsten Staaten mittlerweile sogar eher als “Gläubigerfalle”, also als Falle für den Kreditgeber diskutiert, weil das Risiko für Zahlungsausfälle sehr hoch ist.
Auch in China wird die Strategie kritisch reflektiert?
In China liest man immer wieder von mangelnder internationaler Erfahrung der chinesischen Entwicklungsbanken China Development Bank (CDB) und Eximbank. Diese werden für das schlechte Kreditrisikomanagement verantwortlich gemacht. Schwer vorzustellen eigentlich, denn bei der CDB reden wir immerhin vom größten bilateralen Kreditgeber der Welt.
Aber: Die Hälfte ihres sechsköpfigen Management-Boards kommt von der Agricultural Bank of China, zwei aus der Bankenaufsicht, einer hat in der CDB Karriere gemacht – und niemand hat substanzielle Auslandserfahrung. Diese Menschen haben sich um ländliche Entwicklung in China gekümmert und sollen nun Infrastruktur-Entwicklung in Afrika finanzieren. Sie haben wenig Wissen über die afrikanischen Länder, denen sie Kredite geben und den politischen Kontexten vor Ort.
Chinas ist allerdings längst größter Geldgeber und Investor in afrikanischen Staaten. Wie bewerten Sie das?
Ich muss dem ehemaligen liberianischen Arbeitsministers Gyude W. Moore recht geben. Er sagt, selbst wenn die Seidenstraße scheitert, ist sie ein bemerkenswerter Versuch, die ärmsten Länder der Welt an die reichsten Länder der Welt anzubinden. Moore kritisiert: Bis China mit der Seidenstraße kam, hat Europa jegliche Kreativität im Umgang mit seinem Nachbarn gefehlt. Die westlichen Ansätze zum Ausbau von Infrastruktur haben nie wirklich funktioniert.
Warum ist das so?
Es gab Ansätze wie den 2007 initiierten EU Infrastructure Trust for Africa, die wenig erreicht haben. Vielleicht weil Afrika für die EU keine Priorität genießt. Der Blick auf den Kontinent ist noch immer durch eine postkoloniale Brille geprägt, die die Welt in entwickelte und Entwicklungsländer, Geber und Empfänger teilt. Wir betrachten Entwicklung als “deren” Problem, “der da drüben, in Afrika” – nicht als “unser”, gemeinsames Problem. Dabei hat der große Entwicklungsunterschied zwischen Afrika und Europa unmittelbare Implikationen für Europa.
Nun gibt es Ansätze, die mit China konkurrieren wollen: “Build Back Better World” der G7 oder das kürzlich verkündete “Global Gateway” der EU. Doch leider erwecken sie alle den Eindruck, es gehe mehr darum, das eigene China-Problem zu lösen, als die Infrastruktur-Probleme Afrikas.
Gelingt es China denn mit seinem Ansatz, diesen Entwicklungsrückstand vieler afrikanischer Staaten zu verringern, beispielsweise die hohe Arbeitslosigkeit in Afrika zu mindern?
Entgegen der verbreiten Meinung, dass chinesische Investoren immer auf eigene Arbeitskräfte zurückgreifen, schafft China Arbeitsplätze in Afrika. Zur Lokalisierung gibt es inzwischen zahlreiche Studien. Es ist auch logisch, lokale Arbeitskräfte sind oft günstiger.
Und wie sind die Arbeitsbedingungen?
Ja, da wird es problematisch. Die Arbeitsbedingungen sind auf einem chinesischen Bau oder in einer chinesischen Fabrik in Afrika nicht besser als in China. Eine Langzeitstudie der Londoner School of Oriental and African Studies von 2019 kam außerdem zu dem Schluss: Westliche Unternehmen bieten sehr ähnliche Bedingungen.
Sind die Beziehungen zur EU jetzt schlechter, weil von China so viel mehr Engagement kommt?
Afrikanische Regierungen wenden sich an Europa, wenn es um Themen wie gute Regierungsführung, Menschenrechte oder Arbeits- und Sozialstandards geht – und an China für Infrastruktur-Investitionen. China hingegen braucht Rohstoffe aus Afrika. Daher sehen wir oft Ressourcen-für-Infrastruktur-Verträge. Im Prinzip ist nichts Falsches daran, wenn Länder ihre Rohstoffe in Wirtschaftswachstum umwandeln und an China verkaufen wollen, aber die Bedingungen müssen stimmen. Da kommt es auf die afrikanischen Regierungen an: Haben sie die Interessen der breiten Bevölkerung im Blick oder Partikularinteressen einer kleinen Elite? Auch eine starke Zivilgesellschaft ist hier entscheidend, weil sie Druck auf Regierungen ausüben kann.
Die Demokratische Republik Kongo will Bergbauverträge mit China neuverhandeln. Kommt so etwas häufiger vor und wie reagiert China darauf?
Bei den Verträgen in der DR Kongo handelt es sich auch um einen Ressourcen-für-Infrastruktur-Deal. Das heißt, China baut Rohstoffe ab und soll dafür Straßen bauen. Kongolesische Politiker sagen: die Ressourcen werden abgebaut, aber bei der Infrastruktur passiert wenig. Tatsächlich sind von den drei Milliarden Dollar, die in 2008 für Infrastrukturentwicklung vereinbart wurden, bisher nur 825 Millionen ausgegeben.
Ähnliches sehen wir übrigens in Ghana, wo nun auch Stimmen für Neuverhandlungen von Verträgen laut werden. Solche Forderungen hören wir immer wieder, vor allem nach Regierungswechseln. Auch in der DR Kongo ist es der neue Präsident, der die von der alten Regierung geschlossenen Verträge für unfair hält. Generell versucht China auf Forderungen der Partnerländer einzugehen, denn es ist meist allein schon aus politischen Motiven an einvernehmlichen Lösungen interessiert.
Wie ernst meint China die Chancen für eine Entwicklung der afrikanischen Exportindustrie? Lässt die Volksrepublik inzwischen verarbeitete Güter ins Land?
Während China massiv Maschinen und Konsumgüter nach Afrika exportiert, exportiert Afrika umgekehrt nach China vor allem Rohstoffe. Die einzige nennenswerte Ausnahme ist Südafrika. Zwar verspricht China schon länger, den Zugang für afrikanische Agrarprodukte zum chinesischen Markt zu erleichtern. Es bleibt aber abzuwarten, ob es bei FOCAC dazu diesmal konkrete Zusagen geben wird. Darüber hinaus will China mehr “Low-Tech-Produktion” nach Afrika verlagern, die wiederum potenziell für Exporte nach China produzieren könnte.
Sie haben jetzt häufig China und Europa in Afrika verglichen. Was muss Europa denn tun, um wieder einen Fuß in die Tür zu bekommen?
Ich halte diesen Versuch, mit China konkurrieren zu wollen, für falsch. Zum einen ist Europa finanziell schlichtweg nicht konkurrenzfähig, denn China kann viel günstiger bauen. Auch die Probleme mit der Neue Seidenstraße-Initiative – fehlende Transparenz, Arbeits- und Sozialstandards – müssen China und die Partnerländer gemeinsam lösen.
Was müsste Europa afrikanischen Staaten anbieten, was China nicht anbieten kann?
Wo ich Europas “Unique Selling Point” sehe – übrigens nicht nur im Vergleich zu China, sondern auch allen anderen – ist die Erfahrung der europäischen Integration. Denn Afrika befindet sich mit der Afrikanischen Union in einem Integrationsprozess mit vielen parallelen Themen, von Abbau regionaler Disparitäten bis hin zur Schaffung gemeinsamer Märkte. Dabei sehe ich vor allem für mittel- und osteuropäische Länder eine zentrale Rolle, ihr Erfahrungswissen der aufholenden Entwicklung kommt in der Kooperation mit Afrika bisher viel zu wenig zum Tragen. Vor allem aber müssen wir unser Denken über Entwicklung ändern: Entwicklung ist nicht Afrikas Problem, sondern unser aller gemeinsames.

Hongkongs Banken haben genug. Am Wochenende sendeten die Institute einen Brandbrief an Finanzminister Paul Chan, in dem sie ihrem Ärger über die derzeitige Lage Luft machten. Die “Null-Covid-Politik” der Regierung samt ihrer strengen Quarantäneregeln in Hongkong setzten die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes im Vergleich zu anderen Finanzzentren aufs Spiel, heißt es in dem Schreiben.
Während sich London, New York und zuletzt auch Hongkongs ärgster Konkurrent Singapur dazu entschieden hätten, Reisebeschränkungen weitgehend aufzuheben, halte Hongkong an seinen strengen Regeln fest. Rund die Hälfte seiner Mitglieder denke darüber nach, Personal aus der Stadt an andere Standorte zu verlagern, heißt es in dem Brief des Hongkonger Bankenverbandes ASIFMA weiter.
Neben Hongkongs Finanzinstituten hatten sich in den letzten Wochen und Monaten bereits zahlreiche andere Sektoren und Unternehmensverbände über die Zustände in der chinesischen Sonderverwaltungsregion beklagt. Dabei streitet niemand ab, wie ausgesprochen erfolgreich Hongkong das Virus in Schach hält. Im vergangenen halben Jahr gab es nur vier lokale Infektionen. Zuletzt wurde sogar ein Rekord von über 50 Tagen ohne eine einzige Infektion aufgestellt, bis ein geimpfter Flughafenmitarbeiter positiv getestet wurde. Seitdem sind erneut fast drei Wochen ohne neuen Fall vergangen.
Dies ist möglich, weil in Hongkong die strengsten Quarantäne-Regeln der Welt herrschen. Nur in der Volksrepublik sind sie gleichermaßen streng. Wer in die Stadt reist, muss je nach Risiko im Herkunftsland 14 bis 21 Tage Quarantäne in einem Hotelzimmer verbringen. Die Nachfrage nach Zimmern in den zugelassenen Quarantäne-Hotels ist oft größer als das Angebot von rund 10.000 Räumen. Das begrenzt die Zahl jener, die einreisen dürfen. Vor allem Geschäftsreisende, die in einem Vier- oder Fünf-Sterne-Hotel untergebracht werden wollen, müssen lange im Voraus reservieren.
Unter Hongkonger Expats geht ein Witz um. Aus der “Asia World City”, ein Attribut, mit dem die Hongkonger Regierung seit Jahren für die Weltoffenheit ihrer Metropole wirbt, sei die “Asia Walled City” geworden, eine Metropole hinter Mauern. Tatsächlich haben sich viele Unternehmen vor allem in Hongkong angesiedelt, weil sie so zentral liegt. Von Hongkong sind andere Teile der Region gleichermaßen schnell zu erreichen. Sowohl Fabriken auf dem chinesischen Festland als auch in großen Teilen Südostasiens konnten in der Vergangenheit mit einem Tagesausflug erreicht werden. Doch seit fast zwei Jahren finden praktisch keine Geschäftsreisen mehr statt. Heimaturlaube in Europa oder den USA bringen das Risiko mit sich, dass die Rückkehr zur Tortur wird.
Nachdem lange nicht klar war, wie die Hongkonger Regierung das Dilemma lösen will, hat sie zuletzt zumindest ein klares Ziel formuliert. Demnach sollen die internationalen Grenzen zwar weiterhin auf unabsehbare Zeit geschlossen bleiben, es soll jedoch alles dafür getan werden, endlich wieder die Grenze zum chinesischen Festland zu öffnen.
Zwar hat Hongkong längst erfolgreich unter Beweis gestellt, dass seine Anti-Corona-Maßnahmen funktionieren. Dennoch weigert sich Peking bisher, Hongkonger wieder ohne Quarantäne ins Land zu lassen. Obwohl die Finanzmetropole faktisch virusfrei ist, muss jeder, der nach China reist, sich weiterhin für mindestens 14 Tage in ein Hotelzimmer oder im schlimmsten Fall sogar in ein zentrales Quarantäne-Lager einsperren lassen. Reisen vom Festland nach Hongkong sind dagegen ohne Quarantäne möglich.
Unternehmen in Hongkong haben wenig Verständnis für die einseitige Regelung, nicht zuletzt, weil Menschen aus der Nachbarstadt Macau, ebenfalls eine Sonderverwaltungszone Chinas, bereits seit gut einem Jahr wieder komplett quarantänefrei ind die Volksrepublik einreisen dürfen. Mancher Kritiker in Hongkong raunt bereits, dass es der Zentralregierung gar nicht um die Virusprävention gehe. Vielmehr solle das widerspenstige Kind Hongkong für sein rebellisches Verhalten der vergangenen Jahre bestraft werden.

Peking hat keine konkreten Kriterien formuliert, wann und zu welchen Bedingungen die Grenze geöffnet wird. Bereits Anfang des Jahres hieß es, dass Hongkong frei von Corona sein müsse – ein Ziel, das längst erreicht wurde. Später wurde eine zu geringe Impfquote bemängelt. Zuletzt gaben Beamte auf dem Festland in Gesprächen über die Grenzöffnung der Hongkonger Seite eine neue Wunschliste mit auf den Weg.
So wird nun etwa an der Einführung einer verbesserten Health-Code-App gearbeitet, die genau prüfen kann, wo sich der Nutzer in den vergangenen Wochen aufgehalten hat. Auch kündigte die Hongkonger Regierung in dieser Woche an, sämtliche Quarantäne-Ausnahmen zu beenden. Solche sind bisher einigen Führungskräften von großen Unternehmen oder Diplomaten gewährt worden. Die kürzliche, freie Einreise der Schauspielerin Nicole Kidman für einen Dreh hatte Diskussionen ausgelöst.
Doch das alles sorgt nicht für bessere Stimmung unter Geschäftsleuten. Die Verärgerung ist groß, dass Hongkongs Führung nicht in der Lage ist, ein konkretes Datum für die Öffnung zum Festland vorzulegen. Einige Optimisten sagen, es könnte schon im Dezember so weit sein. Hongkonger Medien zitieren Quellen, wonach es erst nach den Winterspielen in Peking losginge, also irgendwann im kommenden März. Wissen tut es aber niemand. “Kein Licht am Ende des Tunnels”, fasste die Hongkonger Zeitung South China Morning Post in dieser Woche die Stimmung unter den Geschäftsleuten in der Stadt zusammen. Gregor Koppenburg/Joern Petring
Eine Delegation des Europäischen Parlaments wird in der kommenden Woche nach Taiwan reisen. Die Europaabgeordneten werden dort hochrangige taiwanesische Politiker aus dem Außen- und Justizministerium treffen, berichtete die South China Morning Post unter Berufung auf Parlamentsquellen. Auch ein Treffen mit Digitalministerin Audrey Tang soll auf der Agenda stehen.
Die Delegation wird demnach vom französischen EU-Politiker Raphaël Glucksmann angeführt. Glucksmann ist einer von mehreren Abgeordneten, die im Frühjahr von Peking mit Sanktionen belegt worden sind. Neben ihm reisen dem Bericht zufolge EU-Abgeordnete aus Litauen, Italien, Tschechien, Griechenland und Österreich nach Taipeh.
Die chinesische Vertretung in Brüssel reagierte auf die Reiseankündigung und pochte auf das “Ein-China-Prinzip”. Dieses sei “politische Grundlage für den Auf- und Ausbau der chinesisch-europäischen Beziehungen”, schrieb die Vertretung Chinas an die EU auf Twitter. “Wir werden entsprechend der Entwicklung weiter reagieren”, hieß es in dem Tweet.
Mehrere EU-Staaten bauen derzeit engere Beziehungen zu Taipeh auf. Taiwans Außenminister Joseph Wu war am Mittwoch zu Besuch in Tschechien eingetroffen. Er knüpfte damit an einen viertägigen Besuch einer taiwanesischen Unternehmerdelegation in Prag an, die von zwei Ministern geleitet wurde. Wu wurde vom Vorsitzenden des Senats des tschechischen Parlaments, Miloš Vystrčil, empfangen und traf den Prager Oberbürgermeister Zdeněk Hřib. Die Delegation von Unternehmern hatte vergangene Woche auch Litauen und die Slowakei besucht.
Bei einer Veranstaltung des Oriental Institute und der tschechischen Forschungseinrichtung Sinopsis warb Wu um eine Fortsetzung der langjährigen Beziehungspflege der beiden Länder. Der Minister erinnerte an das Engagement des vor zehn Jahren verstorbenen, ehemaligen tschechischen Staatspräsidenten Václav Havel. Der hatte den Inselstaat während seiner Amtszeit mehrfach besucht und dabei hochrangige taiwanesische Politiker getroffen.
In Bezug auf die wachsenden Spannungen zwischen demokratischen und autoritär regierten Staaten der Welt mahnte Wu zu größerer Wachsamkeit in demokratischen Gesellschaften. “Wir befinden uns mitten in einem Informationskrieg, und die Freunde der Demokratie sind unbewaffnet und schlecht vorbereitet. Das liegt zum Teil daran, dass wir in den 30 Jahren seit dem Ende des Kalten Krieges zu selbstgefällig geworden sind. Wir waren zu zuversichtlich, dass die demokratische Flut weiter steigen wird, nur weil die Geschichte auf unserer Seite war”, sagte der Minister.
Taiwan, das sich zunehmend von der Volksrepublik China bedroht fühlt, hofft auf eine tiefere Integration in die internationale Staatengemeinschaft. Damit möchte das Land seiner weiteren Isolation durch Peking entgegenwirken und einen diplomatischen Schutzwall gegen eine mögliche Invasion der Insel errichten.
Wachsende Unterstützung für eine engere Anbindung an die Vereinten Nationen erhält das Land aus den USA. Deren Außenminister Antony Blinken hat vorgeschlagen, mehr taiwanesische Vertreter in Ausschüsse und Organisationen der UNO aufzunehmen, beispielsweise in die Weltgesundheitsorganisation WHO. Blinken forderte andere Länder auf, diesen Ansatz zu unterstützen. Taiwan sei eine demokratische Erfolgsgeschichte, argumentierte er.
Am Wochenende hatten sich Vertreter des Inselstaats und der USA per Videokonferenz über Möglichkeiten zur Umsetzung der Initiative ausgetauscht. Auch das soll – wie die Vorstöße der EU-Parlamentarier und die Gespräche in Prag – Taiwan den Rücken stärken. Blinkens Begründung für den Vorstoß nutzte geschickt die Grundlagen der chinesischen Außenpolitik. Diese verlangt, von “einem China” auszugehen, das sowohl das Festland als auch Taiwan umfasst. Blinken argumentiert nun, bei einem Ausschluss Taiwans sei “ein China” eben nicht vollständig vertreten.
1971 hatten die Vereinten Nationen die Volksrepublik aufgenommen und Taiwan ausgeschlossen. Schon seit Jahrzehnten versucht das Land, wieder einen Platz am Tisch zu ergattern. Die Regierung Biden unterstützt dieses Ansinnen nun und betrachtet sich seit jeher dem Inselstaat gegenüber verpflichtet (China.Table berichtete). China hat in den vergangenen Jahren besonders argwöhnisch darauf geachtet, dass Taipeh auch nicht in verdeckter Form Einfluss auf die Entscheidungen der Vereinten Nationen nehmen konnte.
Am Mittwoch nun reagierte China. Die Volksrepublik sei die “einzig rechtmäßige Regierung, die das ganze China repräsentiert”, sagte ein Sprecher des Büros für Taiwan-Angelegenheiten. Taiwan habe daher kein Recht, an Beratungen der Vereinten Nationen teilzunehmen – diese seien “souveränen Staaten” vorbehalten. Taiwan bezeichnet sich selbst zwar als souveränen Staat, verzichtet aber auf eine formelle Unabhängigkeitserklärung.
Im Umgang der Staaten untereinander gelten auch faktische Gewohnheiten als Quelle des Rechts. Wenn der Inselstaat sich auf globaler Bühne verhält wie ein souveräner Staat und niemand Einspruch erhebt, dann wird es auch als solcher anerkannt. Deshalb sind die jüngsten Aktivitäten von EU und USA für Taipeh von großer Bedeutung und Peking ein Dorn im Auge. Amelie Richter/Marcel Grzanna/Finn Mayer-Kuckuk
Die Energiekrise in China hat nun auch die Versorgung mit Diesel erfasst. Das Nachrichtenmagazin Caixin berichtet, dass Tankstellen “in vielen Teilen” des Landes begonnen hätten, Diesel zu rationieren. Gründe seien eine steigende Verknappung und steigende Bezugskosten. Betroffen von der Rationierung seien nicht nur Autobesitzer und LKW-Fahrer, sondern auch Eigenheim-Besitzer, die mit Diesel-Öl heizen, und Unternehmen, die mithilfe von Diesel-Generatoren Strom erzeugen.
Die zweitgrößte Volkswirtschaft ringt seit Wochen um ihre Energieversorgung (China.Table berichtete). Zahlreiche Unternehmen, aber auch Privathaushalte müssen immer wieder ohne Strom auskommen, weil Kohle und Gas knapp geworden sind. Auch deutsche Unternehmen sind von dem Engpass betroffen.
Die Rationierung von Diesel dürfte insbesondere der Logistik in der Volksrepublik zu schaffen machen. Die Lieferketten der Industrie leiden bereits heftig unter den Folgen der Corona-Pandemie, weil geschlossene Grenzen, Exportquoten und strenge Auflagen der Behörden eine reibungslose Versorgung mit Rohmaterialien und Komponenten erschweren. Eine Einschränkung des Lastverkehrs würden den Druck auf die Lieferketten weiter erhöhen. grz
Präsident Xi Jinping hat die Volksbefreiungsarmee aufgefordert, schnell den technischen Stand ihrer Bewaffnung zu erhöhen. Die Armee sollte neue Wege gehen, um Waffen und Ausrüstung weiterzuentwickeln, sagte er einem Bericht der Nachrichtenagentur Xinhua zufolge. Xi machte die Aussagen auf einer Konferenz zu Beschaffungsfragen der Volksbefreiungsarmee. Der Staatschef lobte vor allem die Durchbrüche bei der Ausrüstung der Streitkräfte, die in den vergangenen fünf Jahren erzielt wurden.
Tatsächlich hat die Volksbefreiungsarmee zuletzt gerade bei der Beschaffung von Hightech-Waffen deutlich gepunktet. KI-Drohnen, Killer-Roboter, unbemannte U-Boote, Hyperschallraketen, kompakte Atombomben – das Arsenal wird immer diverser. Zugleich gelten große Teile der Streitkräfte als veraltet. China gibt derzeit jährlich rund 250 Milliarden Dollar für Verteidigung aus. fin
Die Regierung in Washington hat einer Tochter des chinesischen Telekommunikationsanbieters China Telecom die Lizenz entzogen. China Telecom (Americas) Corp. muss sich innerhalb von zwei Monaten aus dem US-Geschäft zurückziehen. Sie darf dort dann keine Telefon- und Internetdienste mehr anbieten. Die zuständige Aufsichtsbehörde Federal Communications Commission begründet das mit Sicherheitsrisiken. Chinesische Geheimdienste könnten in Gespräche und Datenströme hineinhorchen, befürchtet der Regulierer.
Die USA setzen damit einen Kurs fort, den sie unter Donald Trump begonnen haben. Sie entziehen chinesischen Großkonzernen die Möglichkeit, im eigenen Markt Geschäfte zu machen. Grund sind mögliche Sicherheitsrisiken. Das betrifft sowohl die Kommunikationsfirmen als auch die Netzausrüster (China.Table berichtete). China Telecom gehört bereits zu einer Reihe von Firmen, die in den USA kein Kapital mehr aufnehmen dürfen und daher die Börse New York verlassen mussten. fin

Han Xiao-Mings große Leidenschaft gehört den drei B’s – Beethoven, Brahms und Bruckner. Seine Laufbahn als Berufshornist war familiär vorgezeichnet. Schon beide Elternteile verdienten ihr Geld als Musiker. Dass dem 58-Jährigen die deutsch-österreichische Romantik heute so am Herzen liegt, hat auch mit seiner Vergangenheit zu tun. Denn deren Klänge begleiteten ihn durch Maos letztes dunkles Kapitel in der Volksrepublik China.
Han wird 1963, drei Jahre vor der Kulturrevolution, in Shanghai geboren. Als es ab 1966 die Direktive gibt, keine westliche Musik öffentlich aufzuführen, wird der junge Han der geächteten Musik fortwährend in den eigenen vier Wänden ausgesetzt. Auch weil der Vater seine Musikschüler in Privatstunden Mozart, Strauss und Brahms spielen lässt. “Die Nachbarn haben das natürlich gemeldet und es gab Beschwerdebriefe, weshalb wir keine rote Musik spielten”, erinnert er sich.
Erst mit dem Tod Maos öffnet sich China wieder für die westliche Kultur, und auch ausländische Orchester kommen ins Reich der Mitte. Trotzdem bleibt die Kunst in China ein Spielfeld der Politik. Ein Zustand, der bis heute anhält.
Anfang der 1980er-Jahre geht Han daher für seine Ausbildung ans New England Conservatory in Boston – zuerst nur für ein einjähriges Stipendium. Tatsächlich kehrt Han bis 1996 nicht mehr in seine Heimat zurück. Stattdessen kommt er 1984 nach Deutschland und übernimmt im darauffolgenden Jahr die Position des Solo-Hornisten bei der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern.
“Ich habe lange mit meiner Rückkehr nach China gewartet, da ich nach meinem Stipendium in den USA nicht wie vereinbart zurückgekehrt bin”, sagt Han. Er fürchete sich vor möglichen Konsequenzen wegen seines eigenständigen Fernbleibens. Erst mit der deutschen Staatsbürgerschaft reist er wieder in seine Heimat ein. Dort berät er die jungen chinesischen Orchester, besorgt Noten und vermittelt Kontakte. “Die chinesischen Orchester waren immer spät dran. Man kann aber einen guten Dirigenten nicht erst ein Jahr vorher anfragen”, sagt Han.
Nach den Olympischen Spielen 2008 und mit der Eröffnung des Nationalen Zentrums für Darstellende Künste (NCPA) in Peking verspürt Han eine Aufbruchstimmung in China. Er glaubt, dass sich Vieles ändern würde und nimmt das Angebot an, das Orchester des NCPA aufzubauen. “Im ersten Jahr hatte ich alle Freiheiten. Ich konnte einladen, wen ich wollte. Wir waren das bestbezahlte Orchester Chinas”, sagt Han. Schnell wendet sich aber das Blatt. Die Politik mischt sich in die Programmgestaltung ein, es soll Sonderkonzerte für einzelne Minister geben, der Urlaub für die Musiker wird gekürzt, Dienstpläne werden umgeschmissen.
Die Erfahrungen hinterlassen Unsicherheit bei ihm. Schließlich kehrt Han nach zwei Jahren in Peking wieder nach Saarbrücken zurück. Auch weil er die deutsche Verlässlichkeit vermisst. Die Struktur der deutschen Rundfunkorchester sei weltweit vorbildlich, besonders wenn es um die finanzielle Sicherheit der Musiker geht, sagt Han.
Doch er hat auch eine gewisse Trägheit der deutschen Orchester kennen gelernt. “Veränderungen brauchen viel Zeit”, kritisiert er. In China ginge Vieles schneller vonstatten – auch in der Kultur.
Trotzdem bleibt klassische Musik in China noch viel mehr eine Unterhaltung für die Eliten, während sie im Westen ein breiteres Publikum findet. Han glaubt, Deutschland tue zu wenig, um seine Kultur nach China zu exportieren. “Warum gibt es kein ‘Deutsches Haus’, das die deutsche Kultur in China vertritt?”, sagt er. In Shanghai zum Beispiel böte das riesige Gebäude der deutschen Handelskammer Platz für eine solche Einrichtung. Und für Han Xiao-Ming vielleicht einen neuen Anlass, in seiner alten Heimat ein neues Projekt zu begleiten. David Renke
Alexandre Tavazzi wird am 8. November Chief Investment Officer für Asien bei dem Schweizer Vermögensverwalter Pictet am Standort Hongkong. Sein Vorgänger David Gaud verlässt das Unternehmen.
Michael Issenberg, vormals Asien-Chef der Hotelkette Accor, wird neuer Chairman der staatlichen Tourism Australia. In seiner neuen Rolle soll er die Wiederöffnung des Kontinents für Reisende vorbereiten.

Ein chinesischer Medaillenregen bei den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking dürfte sich auf einige wenige Sportarten wie Speed-Skating reduzieren. Im Curling haben andere Nationen traditionell die Nase vorn. 100 Tage vor der Eröffnungsfeier konnten bei einer Veranstaltung am Fuße des Pearl Towers in Shanghai Sportinteressierte ebenso wie gelangweilte Fußgänger:innen ihr Talent beim Eisstockschießen ausprobieren. Auch Ski-Langlauf-Simulatoren luden zum Training der körperlichen Feinmotorik und der Ausdauer.