Abgeordneten-Reisen nach Taiwan erhalten derzeit eine gesteigerte Bedeutung. Sie sind zwar einerseits reine Routine: Seit 2016 gab es 102 solcher Delegationen. Und doch sind sie etwas Besonderes, denn sie sollen dem immer lauter bedrohten Staat den Rücken stärken. Die überzogene Reaktion aus Peking, die der Besuch der US-Abgeordneten Nancy Pelosi im August ausgelöst hat, hat gezeigt, wie wichtig das ist.
Bis Freitag befinden sich deutsche Bundestagsabgeordnete des Taipeh-Freundeskreises auf Insel-Besuch. Sie absolvieren die üblichen Termine mit Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Doch entscheidend ist, dass die Corona-Pause deutscher Besuche in Taiwan damit endet, schreibt David Demes. Denn die Regierung in Taipeh muss nicht lange auf die nächste Visite aus Deutschland warten. Ende des Monats rückt der Menschenrechtsausschuss an.
Johannes Hack, Präsident der AHK Hongkong, berichtet im Interview mit Ning Wang von der Stimmung deutscher Unternehmen vor Ort. Der neue Verwaltungschef John Lee konnte bei ihnen durch die jüngsten Lockerungen der Einreiseregeln zwar gewaltig punkten. Doch zugleich leidet der Standort darunter, dass Festlandchina die Mauern immer höher zieht. In Hongkong sitzen, in China Geschäfte machen – diese Formel funktioniert nicht mehr wie früher.
“Wir befinden uns nun in unbekanntem Gewässer”, sagt der Chefvolkswirt der China Industrial Bank. Er meint damit die Lage des Yuan – und wie man dessen Sinkflug Herr werden will. Die chinesische Währung war zuletzt in der Finanzkrise 2008 so wenig wert wie heute. Während die USA Zinsen erhöhen und der Dollar stark ist, kommt dieser Hebel für die chinesischen Zentralbanker nicht infrage. Zu groß ist das Risiko für die angeschlagene Wirtschaft, die unter massiven Problemen leidet. Die abwartende Haltung der Wirtschaftsakteure in den Wochen vor dem Parteitag macht es nicht besser, schreibt Frank Sieren in seiner Analyse. Und berichtet, wie China den Yuan dennoch zur Weltwährung erheben will.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!
Herr Hack, der neue Regierungschef von Hongkong John Lee hält sich bisher mit Äußerungen zur Zukunft der Stadt sehr zurück. Warum?
Wenn ich es positiv auslege, sucht er tatsächlich im Moment noch die Balance zwischen der offiziellen Linie und einem Weg, wie er auf die gesammelte westliche Industrie hier zugehen will. Einerseits kann man sagen zweieinhalb Monate ist wahnsinnig lang dafür, dass kaum etwas passiert ist. Andererseits hat er schon Dinge zur Verbesserung des Geschäftsumfelds getan. Ein Beispiel: Die Hotelquarantäne fällt jetzt ganz weg. Und die Regierung reklamiert für sich, dass sie in keinem Punkt Rückzieher gemacht hat – und das stimmt auch. Denn die alte Regierung hat gesagt, wir machen eine Woche Quarantäne und dann waren es drei Wochen. Unter John Lee gab es hinsichtlich der Covid-Maßnahmen: Lockerungen, Lockerungen, Lockerungen.
Aber der Standort Hongkong hat nicht nur durch Covid an Attraktivität eingebüßt?
Die Mitgliederzahl der Kammer in Hongkong ist nicht gesunken, sondern gestiegen. Wir haben seit Jahresbeginn circa zwanzig Unternehmen dazugewonnen. Es sind Unternehmen, die auch eine Geschäftstätigkeit hier haben und mit denen wir uns unterhalten. An der Zahl der Unternehmen kann man im Moment nicht feststellen, dass der Standort weniger attraktiv ist. Es gibt immer noch Leute, die nach Hongkong ziehen wollen und nicht nur welche, die gehen. Was wir feststellen ist, dass wir ganz klar im März, April gesehen haben, dass Familien ihre Koffer gepackt haben und gegangen sind. Die Zeit vom Februar bis April war außerordentlich schwierig hier.
Einen einheitlichen Fahrplan, um Covid-Maßnahmen nachzuvollziehen, wie die Handelskammern gefordert haben, gibt es noch immer nicht?
Nein, die von uns immer wieder geforderte sogenannte Road Map mit wirklich klar definierten Punkten, ist nach wie vor nicht erstellt, aber was wir sehen, ist, dass es in eine Richtung geht. Das Verständnis der Hongkonger Regierung dafür, wo es langgehen muss, ist da. Aber man tut sich sehr schwer, denn es muss auch von Festlandchina begleitet werden. Für uns zählt vor allem Verbindlichkeit, damit wir besser planen können.
Wie geht es nun weiter?
Wenn wir nach vorne gucken und einen Zeitrahmen von drei Jahren ansetzen, ist unsere Wahrnehmung, dass Festlandchina die Mauern, die es um sich selbst errichtet hat, gerade immer höher zieht. Sei es die Visaverfügbarkeit, Flüge und generell die Offenheit des Landes. Nach unserer Wahrnehmung wird das enger und schwieriger. Hongkong ist da absolut betrachtet noch meilenweit von entfernt. Und deswegen kann man sich gut einen Zustand vorstellen, wo man in und aus Hongkong mit Festlandchina Geschäfte macht und dort hinreist und seinen Geschäften nachgeht. Um es mit den Worten eines Honkonger Ministers zu sagen: Hongkong will be China´s international city.
Inwiefern spielt Hongkong als internationale Finanzmetropole noch eine Rolle?
China hat harte Kapitalverkehrskontrollen. Diese Hürde wird nicht verschwinden. Shanghai und Shenzhen als Konkurrenz von Hongkong zu sehen, verfehlt das Thema. Nur über Hongkong kann der Transmissionsmechanismus von Kapital am Laufen gehalten werden. Finanzen ist für Hongkong ein ganz großes Thema. Zur Finanzindustrie zählen nicht nur die Banken, sondern auch Versicherungen und Fonds. Dass die Bevölkerung in China zum Beispiel sehr schnell altert, bedeutet für die Amerikaner und Briten, dass es noch viel Luft gibt, für Finanzprodukte wie Rentenfonds, die sie über Hongkong auf dem chinesischen Markt absetzen können. Die Engländer, die zum Beispiel in der Finanzindustrie in Hongkong gut aufgestellt sind, ahnen, dass sie einen ganz anderen Dialog über die Rolle Hongkongs führen, als die deutsche Industrie ihn führt.
Welchen Dialog führt die deutsche Industrie und was ist ihr wichtig?
Es ist zwar super für uns, dass wir hier im internationalen Finanzzentrum sind, aber das ist nicht das Einzige, was zählt. Wir versuchen der Regierung immer wieder in Erinnerung zu rufen, dass die deutsche Wirtschaft hier andere Themen hat. Gerade viele Unternehmen, die in Hongkong sitzen und Waren aus China beschaffen, stehen unter Druck.
Welche sind das?
Beispielsweise die Einkaufsbüros der großen deutschen Einzelhändler. Die stellen sich die Frage, wie sie das Sourcing-Geschäft weiter betreiben können, wenn sie derzeit durch die akuten Covid-Probleme nicht nach Festlandchina reisen können. In Bangkok und Singapur sind längst wieder Messen möglich und sie können ihre Waren ausstellen. Ein anderes Thema ist auch, sich aus Hongkong heraus nach Festlandchina zu öffnen. Denn viele Waren muss man immer noch vor Ort in der Fabrik prüfen. Wenn aus Hongkong heraus das Reisen für Ausländer nach China so schwierig bleibt, dann stellt sich sicherlich die Frage, was genau macht man eigentlich in Hongkong.
Und was macht Hongkong aus?
Hongkong ist überall da wichtig, wo wir über Handel, Export und Import von Waren reden, die die chinesische Grenze überqueren. Das sind natürlich Aspekte, bei denen Hongkong eine Sonderrolle hat, weil man hier im Waren- und Kapitalverkehr vieles anders machen kann als man das von Festlandchina aus macht.
Wie reagieren die zuständigen Behörden?
Es dringt langsam ein bisschen durch. Wir hatten zu Beginn des Jahres mit mehreren Kammern ein Gespräch mit dem Liaison Office. Unsere Ansprechpartner haben direkt gefragt: Wo drückt denn der Schuh? Und wenn man sich die Ideen jetzt anhört, ist die Rede von Hongkong als Global Financial, Shipping and Trading Center und vom Transportation Hub. Es ist erkannt worden dass Finance allein Hongkong nicht glücklich machen wird.
Doch scheinen ja “rote Linien” immer mehr das Leben nicht nur der Hongkonger, sondern auch der Expats vor Ort zu bestimmen.
Ich glaube, was die Wahrnehmung angeht und wie wir uns alle hier in Hongkong immer wieder vor Augen halten: Der Mensch nimmt Beschleunigungen ganz anders wahr als Geschwindigkeit. Will heißen: In Peking, Shanghai und Shenzhen gibt es all “die roten Linien” schon seit zehn Jahren, die Leute dort haben sie gar nicht mehr wahrgenommen. Das ist durch den Lockdown in Shanghai anders geworden. Die Leute haben nochmal gespiegelt bekommen, wo sie da genau leben.
Was hier in Hongkong im Moment so viel Reibung erzeugt, ist, dass wir uns in einem Prozess befinden: erst durch die Gesetzesänderung seit dem 30. Juni 2020 (Anmerkung der Redaktion: dem Tag der Verabschiedung des Nationalen Sicherheitsgesetzes) und nun, insbesondere durch Covid. Diese Beschleunigungsveränderung nehmen wir alle ganz anders wahr und deswegen wäre es gut auch mal in die Zukunft zu schauen und sich die Frage zu stellen: Wenn das Ganze ein Jahr Zeit hat, sich zu setzen, wo stehen wir dann eigentlich? Wir sollten nicht die Momentaufnahme nehmen und daraus schlussfolgern: Das fährt jetzt gerade ganz ungebremst in die falsche Richtung. Das halte ich für zu kurz gedacht.
Johannes Hack ist Präsident der German Chamber of Commerce in Hongkong und kennt daher die Sorgen der deutschen Unternehmen vor Ort bestens. Hack lebt seit 2018 in der südchinesischen Metropole. Die Kammer in Hongkong hat mehr als 400 Mitglieder – deutsche Unternehmen, Verbände und Einzelpersonen. Hack ist im Hauptberuf Leiter der DZ Bank in Hongkong; er hat das Interview in seiner Rolle als Kammerpräsident gegeben.
Seit Sonntagmorgen befindet sich eine Delegation des Parlamentarischen Freundeskreises Berlin-Taipei zu Besuch in Taiwan. Dabei handelt es sich um die Parlamentariergruppe, die sich dem Austausch mit Taiwan verschrieben hat. Bei der fünftägigen Reise solle es neben Wirtschafts- und sozialen Fragen vor allem um die angespannte Sicherheitslage in der Region gehen. China kritisierte den Besuch erwartungsgemäß und forderte die Bundestagsabgeordneten dazu auf, keine “falschen Signale” an “separatistische Kräfte” auf der Insel zu senden. Die Delegation solle die Interaktion mit Taiwans Unabhängigkeitskräften sofort beenden.
Delegationsleiter Klaus-Peter Willsch von der CDU wies die chinesische Kritik bei einem Empfang im Präsidialamt in Taipeh am Montag zurück. “Wir haben wahrgenommen, dass es nicht jedermann gefällt, dass wir hier sind diese Woche, aber das kümmert uns nicht weiter,” so der hessische CDU-Politiker. An anderer Stelle sprach er von “völliger Überreaktion einer nervösen Diktatur”. Der Deutsche Bundestag entscheide selbst über seine Beziehungen zu befreundeten Parlamenten. Willsch hob außerdem die Bedeutung von Taiwans Halbleiterindustrie für die deutsche Wirtschaft hervor, diese sei für die Digitalisierung entscheidend.
Die Delegation wurde am Montagvormittag sowohl von Präsidentin Tsai Ing-wen (蔡英文) als auch von Vizepräsident Lai Ching-te (賴清德) empfangen. In ihrem Grußwort bedankte sich Tsai bei der deutschen Regierung für ihre Unterstützung. Nach den chinesischen Militär-Manövern Anfang August hatte Berlin in seiner Rolle als G7-Vorsitz eine gemeinsame Erklärung der G7-Außenminister zur Bewahrung des Friedens in der Taiwan-Straße initiiert.
Willsch nahm Bezug auf den Krieg in der Ukraine, bei dem ein großes Land einen kleineren Nachbarn überfallen und versucht habe, diesem “mit militärischer Gewalt seinen politischen Willen aufzuzwingen”. Der Bundestag habe in Debatten wiederholt deutlich gemacht, dass militärische Drohungen Chinas gegenüber Taiwan für das deutsche Parlament nicht akzeptabel seien, sagte der Vorsitzende des Parlamentarischen Freundeskreises.
Dieses Zitat von Willsch fand in einer aufgepeppten Version weite Verbreitung. In der chinesischen Übersetzung der von der deutschen Seite beauftragten Dolmetscherin wurde es zu: “Wenn Taiwan militärisch bedroht werden sollte, werden wir mutig aufstehen und Taiwan helfen und Beistand leisten.” (如果台灣收到武力的威脅,我們也會勇敢地站出來協助台灣、支援台灣。) Über eine Meldung der taiwanischen Nachrichtenagentur CNA gelangte es in viele nationale und internationale Medien. Selbst die russische staatliche Nachrichtenagentur RIA Novosti berichtete über das angebliche Willsch-Zitat.
Willschs ursprüngliche Äußerungen erinnerte an die Rede von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock vor den Vereinten Nationen Anfang August, bei der sie China indirekt vor einer Eskalation in der Taiwan-Straße gewarnt hat. Tatsächlich geht aber auch das so nie gefallene Zitat Willschs sinngemäß nicht weit über die Äußerungen der Außenministerin hinaus. Das mag auch der Grund dafür sein, warum es keine Richtigstellung von der deutschen Auslandsvertretung in Taipeh gab. In einem Facebook-Post der taiwanischen Präsidentin wurde der Begriff “Beistand leisten” (支援) schließlich in “unterstützen” (支持) abgeändert.
Vizepräsident Lai Ching-te äußerte in einem Gespräch mit den Abgeordneten laut CNA die Hoffnung, dass Deutschland Taiwan in die Diskussion über eine neue nationale Sicherheitsstrategie und China-Politik einbeziehe.
Zu der Delegation gehören neben Willsch auch
Am Sonntagabend waren die Abgeordneten bereits mit ihren Gegenübern aus der Taiwanisch-Deutschen Freundschaftsgruppe im Legislativ-Yuan zusammengetroffen, dem taiwanischen Parlament. Die Gruppe, der aktuell 41 Mitglieder angehören, hatte sich erst kürzlich neu konstituiert. Neben dem Vorsitzenden Chang Hung-lu (張宏陸) aus der regierenden DPP-Fraktion nahmen auch Abgeordnete der Opposition teil, darunter Vertreter der KMT. Taiwans Repräsentant in Deutschland, Shieh Jhy-Wey, begleitete die Delegation und war auch bei dem Abendessen dabei. David Demes
Die Welt steckt in einer Wirtschaftskrise. Die Amerikaner erhöhen die Zinsen und es passiert, was in den vergangenen Jahrzehnten stets passiert ist: die Investoren flüchten zum US-Dollar. Dank der steigenden Nachfrage ist die Währung nun so teuer wie seit 20 Jahren nicht mehr. Gleichzeitig ist der chinesische Yuan auf den niedrigsten Wert seit 2008 gefallen und das, obwohl die Währung gar nicht frei handelbar ist. Und obwohl China, gemessen an Devisenreserven, der Auslandsverschuldung und der Handelsbilanz, viel besser dasteht als die USA.
Allerdings wird das Wachstum dieses Jahr sehr niedrig ausfallen. Vor allem wegen der Null-Covid-Politik, dem Einbruch des Immobiliengeschäftes sowie der generell abwartenden Haltung der chinesischen Wirtschaftsakteure vor dem 20. Parteitag der kommunistischen Partei. Für den Yuan bedeutet das den größten Jahresverlust seit 1994. Allerdings ist auch der Euro auf dem niedrigsten Stand seit 20 Jahren. Das Britische Pfund ist auf einem Allzeittief. Und auch der japanische Yen ist stark unter Druck. Das heißt: Im internationalen Vergleich steht der Yuan also noch ganz gut da. Das ist allerdings nur ein schwacher Trost für die Zentralbanker, die sich gegen den sinkenden Yuan stemmen müssen. Der Einbruch kam, nachdem die US-Zentralbank die Zinsen in mehreren Schritten um 75 Basispunkte erhöht hat und weitere Maßnahmen ankündigte.
Das Problem des Yuan hat sich schon im April angekündigt, als die Erträge für 10-Jahres Staatsanleihen erstmals seit einer Dekade höher waren, als die der staatlichen chinesischen Bonds. Ein deutliches Zeichen für den internationalen Vertrauensverlust, von dem man noch nicht sagen kann, wie nachhaltig er ist. Die chinesischen Zentralbanker stehen vor dem Problem, dass es sich dabei um Probleme handelt, die viel tiefgreifender sind und im Grunde nicht mit den Hebeln einer Zentralbank aus der Welt geschafft werden können. “Wir befinden uns nun in unbekanntem Gewässer”, sagt Lu Zhangwei, Chefvolkswirt der Industrial Bank. “Diese Lage hat es seit Beginn der Reform- und Öffnungspolitik nicht gegeben. Der Immobiliensektor absorbiert nicht mehr genug Investments und seine Rolle als Beschleuniger der Kreditvergabe ist schwächer geworden.”
Doch handelt es sich dabei um ein vorübergehendes Phänomen, das der Null-Covid-Politik und den politischen Verwerfungen des 20. Parteitages geschuldet ist? Oder hat das Zögern der Investoren tieferliegende Gründe? Einer dieser Gründe könnte sein, dass das Vertrauen zwischen Investoren und Regierung nachhaltig gestört ist. Das jedoch wird man frühestens im ersten Quartal 2023 sehen, falls die Null-Covid-Politik faktisch aufgegeben wird und sich die neue Regierung nach der Tagung des Nationalen Volkskongresses im kommenden März fest installiert hat. Es geht dann vor allem darum, den Konsum wieder anzukurbeln, der inzwischen 54 Prozent des chinesischen Bruttoinlandsprodukts ausmacht.
Immerhin scheint der Boden für den Yuan einstweilen erreicht. Am vergangenen Mittwoch erholte sich der Onshore Yuan um 0.3 Prozent nach acht Schüben des Abstiegs. Die Zentralbank hatte zuvor eine deutliche Warnung an all diejenigen ausgesprochen, die auf einen taumelnden Yuan setzen: “Wetten Sie nicht auf eine Abwertung des Yuan. Dieses Spiel wird früher oder später mit Verlusten enden.” Der Yuan habe schon “einige Runden” an “externen Schocks überlebt” und die Zentralbank habe “viel Erfahrung”, solche Krisen zu managen. Allerdings ist es schon ein großer Schock. Das International Institute of Finance hat berechnet, dass allein zwischen Februar und Juli 80 Milliarden US-Dollar das Land verlassen haben. Peking wies daraufhin die Banken an, ausländische Risiko-Reserven von 20 Prozent anzulegen. Die Zentralbank kann zudem den täglichen Handelsspielraum einschränken. Aber es ist nicht einmal klar, ob die leichte Erholung des Yuan zum Dollar überhaupt etwas mit den Maßnahmen zu tun hat, denn parallel hat sich auch der Euro deutlich erholt.
Wie das Armdrücken zwischen den USA und China ausgeht, wird sich zeigen. An seinem langfristigen Ziel, den Yuan als Digitalwährung zu einer Weltwährung werden zu lassen, hält Peking jedenfalls fest. Zwischen Anfang August und Mitte September hat Peking 40 Tage lang Tests durchführen lassen. Es hat 160 Zahlungsvorgänge mit einem Wert von umgerechnet 21 Millionen Euro mit Hongkong, Thailand und den Vereinigten Arabischen Emiraten gegeben. In diesen Ländern werden ebenfalls digitale Währungen getestet.
Dies gilt unter Fachleuten als der weltweit erste Fall, bei dem eine reale Central Bank Digital Currency (CBDC) eingesetzt wird, um internationalen Handel abzuwickeln. Damit lässt sich in jedem Fall viel Zeit und Geld im Handel sparen. Über Blockchain-Strukturen lässt sich der Handel fast in Echtzeit abwickeln und Vermittler sind nicht mehr nötig. Zumindest in der Theorie.
Bisher gilt die Formel t+2, was bedeutet, dass der Geldtransfer erst zwei Tage nach dem Handelsgeschäft vollzogen werden kann. Das neue System würde also die Handelsgeschwindigkeit extrem erhöhen und könnte zum entscheidenden Werkzeug bei der Entwicklung von RCEP werden, der größten Freihandelszone der Welt, die China gemeinsam mit seinen asiatischen Nachbarn bildet. Ein solches System ist durchaus geeignet, das Vertrauen in den Yuan auch in Krisenzeiten erheblich zu stärken und den gegenwärtigen Trend umzudrehen.
Bereits seit Juli gibt es eine Kooperation der Zentralbank mit fünf anderen Ländern und der Bank for International Settlements, um bei diesem Thema voranzukommen. China, Indonesien, Malaysia, Hongkong, Singapur, und Chile werden umgerechnet jeweils 2,2 Millionen Euro zu dem Renminbi Liquidity Arrangement beitragen. Und inzwischen ist der Yuan die faktische Reservewährung der Russen. Das ist nicht unerheblich, da Russland zu den führenden Verkäufern von Bodenschätzen gehört und 170 der 194 Länder weltweit keine Sanktionen gegen Russland verhängt haben. Etwa 17 Prozent von Russlands Auslandsreserven werden in Yuan gehalten – Tendenz stark steigend. Das langfristige Ziel ist es, den chinesischen Handel immer mehr ohne den US-Dollar durchzuführen.
Bis dahin ist es allerdings noch ein langer Weg. Derzeit hat der Yuan im Welthandel einen Marktanteil von gut drei Prozent während der US-Dollar auf 87 Prozent kommt.
Die chinesische Handelskammer in der EU sieht die Geschäftsstimmung auf einem Tief. Ein zunehmend komplizierteres politisches Umfeld, neue Handels-Tools der EU und eine sich verschlechternde öffentliche Meinung über China seien dafür die Hauptfaktoren, hieß es im Jahresbericht der chinesischen Handelskammer in Brüssel (CCCEU) in Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen Roland Berger. Die Handelskammer drückte zudem Besorgnis über Rufe nach Decoupling und über zunehmenden Protektionismus aus.
Für den Bericht wurden demnach 150 chinesische Unternehmen in der EU befragt. Rund 53 Prozent der befragten Firmen gaben an, dass sich das Geschäftsumfeld innerhalb des vergangenen Jahres verschlechtert habe. Damit gab es das dritte Jahr in Folge einen Abwärtstrend in diesem Bereich. 38 Prozent der Befragten waren laut dem Report der Meinung, dass ein feindliches politisches Umfeld ihre Geschäftstätigkeit beeinträchtigt habe. Insgesamt gaben 80 Prozent der befragten Unternehmen an, dass die geopolitische Dynamik, die Covid-19-Pandemie und Unterbrechungen der Lieferkette einen zunehmenden negativen Effekt auf die in der EU tätigen chinesischen Unternehmen hatten.
Unter anderem der Ausschluss des Telekom-Ausrüsters Huawei von zahlreichen Märkten wird demnach als Abschottung gesehen: “Die Mauer, die um den Hightech- und Telekommunikationssektor in Europa errichtet wurde, erschwert die Situation für chinesische Unternehmen, die in der EU tätig sind”, heißt es in dem Bericht. Die chinesischen Unternehmen äußerten sich besorgt über die “einseitigen wirtschafts- und handelspolitischen Instrumente” der EU, einschließlich der 5G-Cybersicherheits-Toolbox und dem verstärkten Screening ausländischer Direktinvestitionen.
Europa bleibt der Umfrage zufolge aber dennoch attraktiv für chinesische Investoren: 70 Prozent der Unternehmen glauben demnach, dass sich die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und China wieder verbessern werden. 80 Prozent der Befragten gaben an, dass die EU in der globalen Strategie ihrer Unternehmen an Bedeutung gewinnen würde, wobei die Mehrheit plant, ihre Präsenz in der gesamten Industriekette auszubauen. ari
Taiwan erleichtert seine Einreisebestimmungen: Seit Donnerstag fällt bei der Ankunft am Flughafen der PCR-Test weg. Stattdessen erhalten Reisende vier Coronavirus-Schnelltests. Diese können in den ersten Tagen nach der Ankunft und während des “Self-Health-Managements” verwendet werden. Noch bis zum 13. Oktober bleibt die “3+4”-Quarantäneregel bestehen. Das heißt: Nach Ankunft in Taiwan müssen Reisende drei Tage in Quarantäne und vier Tage eine eigene Gesundheitskontrolle betreiben.
Sollte die Pandemiesituation in den nächsten drei Wochen stabil bleiben, sollen die Einreiseregeln ab dem 13. Oktober weiter gelockert werden. So soll dann die Pflicht zur Quarantäne in einem zertifizierten Hotel wegfallen. Reisende sollen dann nur verpflichtet werden, ihren Gesundheitsstatus für sieben Tage zu überwachen und täglich zu testen. Das ist die sogenannte “0+7”-Regel. Sie dürfen vor die Tür gehen, müssen aber eine Maske tragen und Abstand halten. ari
Chinas Zentralregierung hat einen Steuer-Anreiz für den Kauf von Wohn-Immobilien beschlossen, berichtet Bloomberg. Allerdings gilt der Steuerrabatt nur sehr begrenzt. Käufer erhalten eine Rückerstattung bei der Einkommenssteuer, wenn sie nach dem Verkauf einer Immobilie binnen eines Jahres eine neue kaufen. Das gab das Finanzministerium am Freitag bekannt.
Um den Immobiliensektor anzukurbeln, werden auch die Hypotheken-Anforderungen aufgeweicht. Die Zentralregierung erlaubt es ausgewählten Städten, die Anforderungen für Erstwohnungskäufer zu lockern. In den Städten dürfen die Banken dann selbst entscheiden, ob sie die Untergrenze für Hypothekenzinsen für Erstwohnungskäufer bis zum Jahresende beibehalten, senken oder abschaffen wollen. Das gab die chinesische Zentralbank Ende letzter Woche bekannt, wie Caixin berichtet. Zudem wolle die Zentralbank Sonder-Kredite für die schnellere Fertigstellung verzögerter Bauprojekte bereitstellen. Laut Analysten von Goldman Sachs brauche es jedoch weitere Maßnahmen, um den Immobiliensektor anzuschieben. nib
Beim Gipfeltreffen mit mehr als einem Dutzend Staatsoberhäuptern und Vertretern pazifischer Inselstaaten haben die Vereinigten Staaten am Donnerstag ein neues Strategiepapier für die gemeinsamen Beziehungen veröffentlicht. Demnach wollen die USA die Staaten der Region in Bereichen wie dem Klimaschutz unterstützen und ihnen helfen, von China unabhängig zu bleiben.
“Der Wohlstand und die Sicherheit der USA hängen davon ab, dass die pazifische Region frei und offen bleibt”, heißt es in dem Papier. Zu den Herausforderungen gehören demnach “zunehmender Druck und wirtschaftlicher Zwang durch die Volksrepublik China, die den Frieden, den Wohlstand und die Sicherheit der Region und damit auch der Vereinigten Staaten zu untergraben drohen“.
Um die Region zu unterstützen, haben die USA laut einem Bericht von Reuters ein Paket mit mehr als 810 Millionen US-Dollar für erweiterte Programme zur Unterstützung der Inseln aufgelegt, zusätzlich zu den 1,5 Milliarden Dollar, die in den letzten zehn Jahren bereitgestellt wurden.
Im Rahmen zukünftiger Pläne wollen die Vereinigten Staaten auch ihre diplomatische und militärische Präsenz in der Region verstärken. Washington versprach in diesem Jahr, drei neue Botschaften in Kiribati, Tonga und auf den Salomonen zu eröffnen. Auch die Rückkehr von US-Friedenskorps-Freiwilligen nach Fidschi, Tonga, Samoa und Vanuatu in diesem Jahr sei vorgesehen.
Der strategische Wettbewerb im Pazifik hatte sich in diesem Jahr verschärft, nachdem China ein Sicherheitsabkommen mit den Salomonen unterzeichnet hatte. Das hatte in den USA und weiteren westlichen Staaten die Sorge befeuert, China könnte in der Region eine dauerhafte Militärpräsenz aufbauen. (China.Table berichtete). rtr/fpe
China hat in vielen Ländern mittlerweile einen deutlich schlechteren Ruf als noch vor wenigen Jahren. Das hat eine Studie des US-amerikanischen Meinungsforschungsinstituts Pew Research Center ergeben. Die Untersuchungen bilden den Zeitraum von 2002 bis 2022 ab. Demnach verschlechterte sich das Image der Volksrepublik in vielen der befragten Länder stetig zwischen 2002 und 2017. Ab 2019 und 2020 ist dann ein sehr deutliches Ansteigen der negativen Einschätzung zu beobachten.
Besonders deutlich ist die Veränderung in Südkorea, Japan und Australien. 2002 blickten in Südkorea 31 Prozent der Befragten negativ auf China. 2022 sind es bereits 80 Prozent. In Japan stieg die Zahl im gleichen Zeitraum von 42 Prozent auf 87 Prozent. In Australien verschlechterte sich Chinas Image ab 2017 rapide, inzwischen blicken 86 Prozent negativ auf das Land.
In Deutschland gaben im Jahr 2005 insgesamt 37 Prozent der Befragten an, eine schlechte Meinung von China zu haben. 2022 sind es mit 74 Prozent doppelt so viele. In den USA nahm die negative Sicht von 79 Prozent im Jahr 2020 auf 82 Prozent im Jahr 2022 zu.
Die Forscher führen Ihre Ergebnisse unter anderem auf politische Ereignisse wie Chinas Umgang mit Covid-19, den Handelskrieg mit den USA und den Aufbau einer verstärkten Militärpräsenz im südchinesischen Meer zurück.
Untersucht wurde auch, wie die Länder die Politik von Xi Jinping einschätzen. In entwickelten Ländern besteht demnach aktuell ein sehr geringes Vertrauen in Chinas Staatsführer. Für Entwicklungsländer liegen kaum aktuelle Daten vor. Der Pew Research Center begründet dies mit schwierigen Bedingungen für die Erhebungen aufgrund von Corona. jul
Seine Motivation, in China zu leben, erklärt Andreas Risch so: “Man beschäftigt sich in Deutschland sehr viel mit Risiken und internen Abläufen. In China beschäftigt man sich vorrangig mit der Erfüllung von Kundenwünschen.” Risch ist seit 2016 Geschäftsführer der China-Abteilung von Fette Compacting, dem Weltmarktführer für Lösungen und Maschinen zur Tabletten-Produktion, überwiegend für die Pharma-Industrie. Der promovierte Maschinenbauer führt in Nanjing einen eigenständigen Produktionsstandort, der auch Märkte außerhalb von China mit Tabletten-Pressen bedient.
“Wir sind in China komplett mit Second-Level-Support vertreten, haben Applikationsexperten, haben ein großes Labor, haben Pharmazeuten, um den kompletten Markt zu bedienen”, so Risch. Er sieht das Unternehmen damit vor dem Hintergrund der Decoupling-Diskussion gut aufgestellt. “Wir haben zwei Produktionswerke in Deutschland und China und die ergänzen sich natürlich jetzt.” Von Vorteil sei für sein Unternehmen auch, dass bereits im Jahr 2004 der China-Standort aufgebaut wurde. Früher als andere Wettbewerber konnten entsprechende Strukturen aufgebaut werden.
2004 war auch Risch das erste Mal in China, damals aber noch nicht in Diensten von Fette Compacting, sondern als Technischer Direktor für eine global aufgestellte Division der GEA Group. Anschließend managte er den Ausbau des Standorts von Deutschland aus. Privat lernte er einige Zeit später seine Frau in Peking kennen. 2009 heirateten sie. Allerdings blieb zunächst der Lebensmittelpunkt Deutschland, bis ihm die GEA Group ab 2010 einen Job in Shanghai anbot.
Seit 2016 arbeitet er bei Fette Compacting. “Wir haben hier noch so richtige Unternehmer, wie wir sie früher auch in Deutschland hatten. Die sagen zum Beispiel: Wir wollen der beste Nutrition-Hersteller werden und mit euch zusammen unsere Produktion partnerschaftlich entwickeln”, berichtet Risch. Dieser Ansatz, etwas mit dem Kunden zusammen zu machen, funktioniere in China sehr gut und schaffe enge Kundenbindungen.
Vor vier Jahren erfolgte der Umzug des Werkes innerhalb Nanjings, weil ein Ausbau des einstigen Standorts schwer möglich gewesen wäre. “Wir haben dann quasi ein Musterwerk gebaut. Daher werden wir auch viel in der lokalen Presse erwähnt als ein Beispiel für ein innovatives Technologie-Unternehmen”, erklärt Risch. Ohnehin sei der Kontakt zu lokalen Ansprechpartnern vor Ort noch einmal intensiver geworden, weil mittlerweile durch die Pandemie die Zahl der Ausländer in Nanjing um fast drei Viertel zurückgegangen ist. Es würden nur noch 8.000 Ausländer in der Zwölf-Millionen-Metropolregion leben.
“Seit diesem Rückgang wird man als ausländischer Manager vermehrt auch am Wochenende zu Events und Veranstaltungen eingeladen, um dort präsent zu sein, weil sich die Vertreter Sorgen um das internationale Image der Region machen.” Vertreter der Provinz- und Staatsregierungen kämen mittlerweile sehr offen auf die ausländischen Geschäftsleute zu und fragten: Sag mal, was schlagt ihr denn vor? Was sollen wir verbessern?
Diesen offenen Umgang erlebt er auch als Vorsitzender der Europäischen Handelskammer in Nanjing für die Provinz Jiangsu sowie Teile der Anhui-Provinz. Die Verantwortlichen in der Region hätten ein Problem damit, dass weniger Europäer in die Region kommen, die dann auch die Botschaft Chinas nach außen tragen könnten. “Ich meine, das Bild hat sich in Deutschland schon merklich und auch zum Teil ungerechtfertigt verschoben”, sagt Risch, der die Erfahrung gemacht hat, dass Besuche vor Ort die Meinungen von Deutschen über China recht schnell wieder verändern würden. So sei es beispielsweise bei seinen Eltern gewesen, die nach zwei Wochen zu Besuch nun echte China-Fans seien.
Auch wenn Risch in erster Linie lokaler Geschäftsführer ist und sich um alles Strategische sowie Operative kümmern muss, liegt es ihm doch am Herzen, dass die beiden Welten, die er in seinem Leben kennengelernt hat, wieder näher zusammenrücken. Zumal sich in seinen Augen die Deutschen das eine oder andere auch bei den Chinesen abschauen könnten, besonders was Innovationsfreude und schnelle Umsetzung angeht. Constantin Eckner
Abgeordneten-Reisen nach Taiwan erhalten derzeit eine gesteigerte Bedeutung. Sie sind zwar einerseits reine Routine: Seit 2016 gab es 102 solcher Delegationen. Und doch sind sie etwas Besonderes, denn sie sollen dem immer lauter bedrohten Staat den Rücken stärken. Die überzogene Reaktion aus Peking, die der Besuch der US-Abgeordneten Nancy Pelosi im August ausgelöst hat, hat gezeigt, wie wichtig das ist.
Bis Freitag befinden sich deutsche Bundestagsabgeordnete des Taipeh-Freundeskreises auf Insel-Besuch. Sie absolvieren die üblichen Termine mit Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Doch entscheidend ist, dass die Corona-Pause deutscher Besuche in Taiwan damit endet, schreibt David Demes. Denn die Regierung in Taipeh muss nicht lange auf die nächste Visite aus Deutschland warten. Ende des Monats rückt der Menschenrechtsausschuss an.
Johannes Hack, Präsident der AHK Hongkong, berichtet im Interview mit Ning Wang von der Stimmung deutscher Unternehmen vor Ort. Der neue Verwaltungschef John Lee konnte bei ihnen durch die jüngsten Lockerungen der Einreiseregeln zwar gewaltig punkten. Doch zugleich leidet der Standort darunter, dass Festlandchina die Mauern immer höher zieht. In Hongkong sitzen, in China Geschäfte machen – diese Formel funktioniert nicht mehr wie früher.
“Wir befinden uns nun in unbekanntem Gewässer”, sagt der Chefvolkswirt der China Industrial Bank. Er meint damit die Lage des Yuan – und wie man dessen Sinkflug Herr werden will. Die chinesische Währung war zuletzt in der Finanzkrise 2008 so wenig wert wie heute. Während die USA Zinsen erhöhen und der Dollar stark ist, kommt dieser Hebel für die chinesischen Zentralbanker nicht infrage. Zu groß ist das Risiko für die angeschlagene Wirtschaft, die unter massiven Problemen leidet. Die abwartende Haltung der Wirtschaftsakteure in den Wochen vor dem Parteitag macht es nicht besser, schreibt Frank Sieren in seiner Analyse. Und berichtet, wie China den Yuan dennoch zur Weltwährung erheben will.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!
Herr Hack, der neue Regierungschef von Hongkong John Lee hält sich bisher mit Äußerungen zur Zukunft der Stadt sehr zurück. Warum?
Wenn ich es positiv auslege, sucht er tatsächlich im Moment noch die Balance zwischen der offiziellen Linie und einem Weg, wie er auf die gesammelte westliche Industrie hier zugehen will. Einerseits kann man sagen zweieinhalb Monate ist wahnsinnig lang dafür, dass kaum etwas passiert ist. Andererseits hat er schon Dinge zur Verbesserung des Geschäftsumfelds getan. Ein Beispiel: Die Hotelquarantäne fällt jetzt ganz weg. Und die Regierung reklamiert für sich, dass sie in keinem Punkt Rückzieher gemacht hat – und das stimmt auch. Denn die alte Regierung hat gesagt, wir machen eine Woche Quarantäne und dann waren es drei Wochen. Unter John Lee gab es hinsichtlich der Covid-Maßnahmen: Lockerungen, Lockerungen, Lockerungen.
Aber der Standort Hongkong hat nicht nur durch Covid an Attraktivität eingebüßt?
Die Mitgliederzahl der Kammer in Hongkong ist nicht gesunken, sondern gestiegen. Wir haben seit Jahresbeginn circa zwanzig Unternehmen dazugewonnen. Es sind Unternehmen, die auch eine Geschäftstätigkeit hier haben und mit denen wir uns unterhalten. An der Zahl der Unternehmen kann man im Moment nicht feststellen, dass der Standort weniger attraktiv ist. Es gibt immer noch Leute, die nach Hongkong ziehen wollen und nicht nur welche, die gehen. Was wir feststellen ist, dass wir ganz klar im März, April gesehen haben, dass Familien ihre Koffer gepackt haben und gegangen sind. Die Zeit vom Februar bis April war außerordentlich schwierig hier.
Einen einheitlichen Fahrplan, um Covid-Maßnahmen nachzuvollziehen, wie die Handelskammern gefordert haben, gibt es noch immer nicht?
Nein, die von uns immer wieder geforderte sogenannte Road Map mit wirklich klar definierten Punkten, ist nach wie vor nicht erstellt, aber was wir sehen, ist, dass es in eine Richtung geht. Das Verständnis der Hongkonger Regierung dafür, wo es langgehen muss, ist da. Aber man tut sich sehr schwer, denn es muss auch von Festlandchina begleitet werden. Für uns zählt vor allem Verbindlichkeit, damit wir besser planen können.
Wie geht es nun weiter?
Wenn wir nach vorne gucken und einen Zeitrahmen von drei Jahren ansetzen, ist unsere Wahrnehmung, dass Festlandchina die Mauern, die es um sich selbst errichtet hat, gerade immer höher zieht. Sei es die Visaverfügbarkeit, Flüge und generell die Offenheit des Landes. Nach unserer Wahrnehmung wird das enger und schwieriger. Hongkong ist da absolut betrachtet noch meilenweit von entfernt. Und deswegen kann man sich gut einen Zustand vorstellen, wo man in und aus Hongkong mit Festlandchina Geschäfte macht und dort hinreist und seinen Geschäften nachgeht. Um es mit den Worten eines Honkonger Ministers zu sagen: Hongkong will be China´s international city.
Inwiefern spielt Hongkong als internationale Finanzmetropole noch eine Rolle?
China hat harte Kapitalverkehrskontrollen. Diese Hürde wird nicht verschwinden. Shanghai und Shenzhen als Konkurrenz von Hongkong zu sehen, verfehlt das Thema. Nur über Hongkong kann der Transmissionsmechanismus von Kapital am Laufen gehalten werden. Finanzen ist für Hongkong ein ganz großes Thema. Zur Finanzindustrie zählen nicht nur die Banken, sondern auch Versicherungen und Fonds. Dass die Bevölkerung in China zum Beispiel sehr schnell altert, bedeutet für die Amerikaner und Briten, dass es noch viel Luft gibt, für Finanzprodukte wie Rentenfonds, die sie über Hongkong auf dem chinesischen Markt absetzen können. Die Engländer, die zum Beispiel in der Finanzindustrie in Hongkong gut aufgestellt sind, ahnen, dass sie einen ganz anderen Dialog über die Rolle Hongkongs führen, als die deutsche Industrie ihn führt.
Welchen Dialog führt die deutsche Industrie und was ist ihr wichtig?
Es ist zwar super für uns, dass wir hier im internationalen Finanzzentrum sind, aber das ist nicht das Einzige, was zählt. Wir versuchen der Regierung immer wieder in Erinnerung zu rufen, dass die deutsche Wirtschaft hier andere Themen hat. Gerade viele Unternehmen, die in Hongkong sitzen und Waren aus China beschaffen, stehen unter Druck.
Welche sind das?
Beispielsweise die Einkaufsbüros der großen deutschen Einzelhändler. Die stellen sich die Frage, wie sie das Sourcing-Geschäft weiter betreiben können, wenn sie derzeit durch die akuten Covid-Probleme nicht nach Festlandchina reisen können. In Bangkok und Singapur sind längst wieder Messen möglich und sie können ihre Waren ausstellen. Ein anderes Thema ist auch, sich aus Hongkong heraus nach Festlandchina zu öffnen. Denn viele Waren muss man immer noch vor Ort in der Fabrik prüfen. Wenn aus Hongkong heraus das Reisen für Ausländer nach China so schwierig bleibt, dann stellt sich sicherlich die Frage, was genau macht man eigentlich in Hongkong.
Und was macht Hongkong aus?
Hongkong ist überall da wichtig, wo wir über Handel, Export und Import von Waren reden, die die chinesische Grenze überqueren. Das sind natürlich Aspekte, bei denen Hongkong eine Sonderrolle hat, weil man hier im Waren- und Kapitalverkehr vieles anders machen kann als man das von Festlandchina aus macht.
Wie reagieren die zuständigen Behörden?
Es dringt langsam ein bisschen durch. Wir hatten zu Beginn des Jahres mit mehreren Kammern ein Gespräch mit dem Liaison Office. Unsere Ansprechpartner haben direkt gefragt: Wo drückt denn der Schuh? Und wenn man sich die Ideen jetzt anhört, ist die Rede von Hongkong als Global Financial, Shipping and Trading Center und vom Transportation Hub. Es ist erkannt worden dass Finance allein Hongkong nicht glücklich machen wird.
Doch scheinen ja “rote Linien” immer mehr das Leben nicht nur der Hongkonger, sondern auch der Expats vor Ort zu bestimmen.
Ich glaube, was die Wahrnehmung angeht und wie wir uns alle hier in Hongkong immer wieder vor Augen halten: Der Mensch nimmt Beschleunigungen ganz anders wahr als Geschwindigkeit. Will heißen: In Peking, Shanghai und Shenzhen gibt es all “die roten Linien” schon seit zehn Jahren, die Leute dort haben sie gar nicht mehr wahrgenommen. Das ist durch den Lockdown in Shanghai anders geworden. Die Leute haben nochmal gespiegelt bekommen, wo sie da genau leben.
Was hier in Hongkong im Moment so viel Reibung erzeugt, ist, dass wir uns in einem Prozess befinden: erst durch die Gesetzesänderung seit dem 30. Juni 2020 (Anmerkung der Redaktion: dem Tag der Verabschiedung des Nationalen Sicherheitsgesetzes) und nun, insbesondere durch Covid. Diese Beschleunigungsveränderung nehmen wir alle ganz anders wahr und deswegen wäre es gut auch mal in die Zukunft zu schauen und sich die Frage zu stellen: Wenn das Ganze ein Jahr Zeit hat, sich zu setzen, wo stehen wir dann eigentlich? Wir sollten nicht die Momentaufnahme nehmen und daraus schlussfolgern: Das fährt jetzt gerade ganz ungebremst in die falsche Richtung. Das halte ich für zu kurz gedacht.
Johannes Hack ist Präsident der German Chamber of Commerce in Hongkong und kennt daher die Sorgen der deutschen Unternehmen vor Ort bestens. Hack lebt seit 2018 in der südchinesischen Metropole. Die Kammer in Hongkong hat mehr als 400 Mitglieder – deutsche Unternehmen, Verbände und Einzelpersonen. Hack ist im Hauptberuf Leiter der DZ Bank in Hongkong; er hat das Interview in seiner Rolle als Kammerpräsident gegeben.
Seit Sonntagmorgen befindet sich eine Delegation des Parlamentarischen Freundeskreises Berlin-Taipei zu Besuch in Taiwan. Dabei handelt es sich um die Parlamentariergruppe, die sich dem Austausch mit Taiwan verschrieben hat. Bei der fünftägigen Reise solle es neben Wirtschafts- und sozialen Fragen vor allem um die angespannte Sicherheitslage in der Region gehen. China kritisierte den Besuch erwartungsgemäß und forderte die Bundestagsabgeordneten dazu auf, keine “falschen Signale” an “separatistische Kräfte” auf der Insel zu senden. Die Delegation solle die Interaktion mit Taiwans Unabhängigkeitskräften sofort beenden.
Delegationsleiter Klaus-Peter Willsch von der CDU wies die chinesische Kritik bei einem Empfang im Präsidialamt in Taipeh am Montag zurück. “Wir haben wahrgenommen, dass es nicht jedermann gefällt, dass wir hier sind diese Woche, aber das kümmert uns nicht weiter,” so der hessische CDU-Politiker. An anderer Stelle sprach er von “völliger Überreaktion einer nervösen Diktatur”. Der Deutsche Bundestag entscheide selbst über seine Beziehungen zu befreundeten Parlamenten. Willsch hob außerdem die Bedeutung von Taiwans Halbleiterindustrie für die deutsche Wirtschaft hervor, diese sei für die Digitalisierung entscheidend.
Die Delegation wurde am Montagvormittag sowohl von Präsidentin Tsai Ing-wen (蔡英文) als auch von Vizepräsident Lai Ching-te (賴清德) empfangen. In ihrem Grußwort bedankte sich Tsai bei der deutschen Regierung für ihre Unterstützung. Nach den chinesischen Militär-Manövern Anfang August hatte Berlin in seiner Rolle als G7-Vorsitz eine gemeinsame Erklärung der G7-Außenminister zur Bewahrung des Friedens in der Taiwan-Straße initiiert.
Willsch nahm Bezug auf den Krieg in der Ukraine, bei dem ein großes Land einen kleineren Nachbarn überfallen und versucht habe, diesem “mit militärischer Gewalt seinen politischen Willen aufzuzwingen”. Der Bundestag habe in Debatten wiederholt deutlich gemacht, dass militärische Drohungen Chinas gegenüber Taiwan für das deutsche Parlament nicht akzeptabel seien, sagte der Vorsitzende des Parlamentarischen Freundeskreises.
Dieses Zitat von Willsch fand in einer aufgepeppten Version weite Verbreitung. In der chinesischen Übersetzung der von der deutschen Seite beauftragten Dolmetscherin wurde es zu: “Wenn Taiwan militärisch bedroht werden sollte, werden wir mutig aufstehen und Taiwan helfen und Beistand leisten.” (如果台灣收到武力的威脅,我們也會勇敢地站出來協助台灣、支援台灣。) Über eine Meldung der taiwanischen Nachrichtenagentur CNA gelangte es in viele nationale und internationale Medien. Selbst die russische staatliche Nachrichtenagentur RIA Novosti berichtete über das angebliche Willsch-Zitat.
Willschs ursprüngliche Äußerungen erinnerte an die Rede von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock vor den Vereinten Nationen Anfang August, bei der sie China indirekt vor einer Eskalation in der Taiwan-Straße gewarnt hat. Tatsächlich geht aber auch das so nie gefallene Zitat Willschs sinngemäß nicht weit über die Äußerungen der Außenministerin hinaus. Das mag auch der Grund dafür sein, warum es keine Richtigstellung von der deutschen Auslandsvertretung in Taipeh gab. In einem Facebook-Post der taiwanischen Präsidentin wurde der Begriff “Beistand leisten” (支援) schließlich in “unterstützen” (支持) abgeändert.
Vizepräsident Lai Ching-te äußerte in einem Gespräch mit den Abgeordneten laut CNA die Hoffnung, dass Deutschland Taiwan in die Diskussion über eine neue nationale Sicherheitsstrategie und China-Politik einbeziehe.
Zu der Delegation gehören neben Willsch auch
Am Sonntagabend waren die Abgeordneten bereits mit ihren Gegenübern aus der Taiwanisch-Deutschen Freundschaftsgruppe im Legislativ-Yuan zusammengetroffen, dem taiwanischen Parlament. Die Gruppe, der aktuell 41 Mitglieder angehören, hatte sich erst kürzlich neu konstituiert. Neben dem Vorsitzenden Chang Hung-lu (張宏陸) aus der regierenden DPP-Fraktion nahmen auch Abgeordnete der Opposition teil, darunter Vertreter der KMT. Taiwans Repräsentant in Deutschland, Shieh Jhy-Wey, begleitete die Delegation und war auch bei dem Abendessen dabei. David Demes
Die Welt steckt in einer Wirtschaftskrise. Die Amerikaner erhöhen die Zinsen und es passiert, was in den vergangenen Jahrzehnten stets passiert ist: die Investoren flüchten zum US-Dollar. Dank der steigenden Nachfrage ist die Währung nun so teuer wie seit 20 Jahren nicht mehr. Gleichzeitig ist der chinesische Yuan auf den niedrigsten Wert seit 2008 gefallen und das, obwohl die Währung gar nicht frei handelbar ist. Und obwohl China, gemessen an Devisenreserven, der Auslandsverschuldung und der Handelsbilanz, viel besser dasteht als die USA.
Allerdings wird das Wachstum dieses Jahr sehr niedrig ausfallen. Vor allem wegen der Null-Covid-Politik, dem Einbruch des Immobiliengeschäftes sowie der generell abwartenden Haltung der chinesischen Wirtschaftsakteure vor dem 20. Parteitag der kommunistischen Partei. Für den Yuan bedeutet das den größten Jahresverlust seit 1994. Allerdings ist auch der Euro auf dem niedrigsten Stand seit 20 Jahren. Das Britische Pfund ist auf einem Allzeittief. Und auch der japanische Yen ist stark unter Druck. Das heißt: Im internationalen Vergleich steht der Yuan also noch ganz gut da. Das ist allerdings nur ein schwacher Trost für die Zentralbanker, die sich gegen den sinkenden Yuan stemmen müssen. Der Einbruch kam, nachdem die US-Zentralbank die Zinsen in mehreren Schritten um 75 Basispunkte erhöht hat und weitere Maßnahmen ankündigte.
Das Problem des Yuan hat sich schon im April angekündigt, als die Erträge für 10-Jahres Staatsanleihen erstmals seit einer Dekade höher waren, als die der staatlichen chinesischen Bonds. Ein deutliches Zeichen für den internationalen Vertrauensverlust, von dem man noch nicht sagen kann, wie nachhaltig er ist. Die chinesischen Zentralbanker stehen vor dem Problem, dass es sich dabei um Probleme handelt, die viel tiefgreifender sind und im Grunde nicht mit den Hebeln einer Zentralbank aus der Welt geschafft werden können. “Wir befinden uns nun in unbekanntem Gewässer”, sagt Lu Zhangwei, Chefvolkswirt der Industrial Bank. “Diese Lage hat es seit Beginn der Reform- und Öffnungspolitik nicht gegeben. Der Immobiliensektor absorbiert nicht mehr genug Investments und seine Rolle als Beschleuniger der Kreditvergabe ist schwächer geworden.”
Doch handelt es sich dabei um ein vorübergehendes Phänomen, das der Null-Covid-Politik und den politischen Verwerfungen des 20. Parteitages geschuldet ist? Oder hat das Zögern der Investoren tieferliegende Gründe? Einer dieser Gründe könnte sein, dass das Vertrauen zwischen Investoren und Regierung nachhaltig gestört ist. Das jedoch wird man frühestens im ersten Quartal 2023 sehen, falls die Null-Covid-Politik faktisch aufgegeben wird und sich die neue Regierung nach der Tagung des Nationalen Volkskongresses im kommenden März fest installiert hat. Es geht dann vor allem darum, den Konsum wieder anzukurbeln, der inzwischen 54 Prozent des chinesischen Bruttoinlandsprodukts ausmacht.
Immerhin scheint der Boden für den Yuan einstweilen erreicht. Am vergangenen Mittwoch erholte sich der Onshore Yuan um 0.3 Prozent nach acht Schüben des Abstiegs. Die Zentralbank hatte zuvor eine deutliche Warnung an all diejenigen ausgesprochen, die auf einen taumelnden Yuan setzen: “Wetten Sie nicht auf eine Abwertung des Yuan. Dieses Spiel wird früher oder später mit Verlusten enden.” Der Yuan habe schon “einige Runden” an “externen Schocks überlebt” und die Zentralbank habe “viel Erfahrung”, solche Krisen zu managen. Allerdings ist es schon ein großer Schock. Das International Institute of Finance hat berechnet, dass allein zwischen Februar und Juli 80 Milliarden US-Dollar das Land verlassen haben. Peking wies daraufhin die Banken an, ausländische Risiko-Reserven von 20 Prozent anzulegen. Die Zentralbank kann zudem den täglichen Handelsspielraum einschränken. Aber es ist nicht einmal klar, ob die leichte Erholung des Yuan zum Dollar überhaupt etwas mit den Maßnahmen zu tun hat, denn parallel hat sich auch der Euro deutlich erholt.
Wie das Armdrücken zwischen den USA und China ausgeht, wird sich zeigen. An seinem langfristigen Ziel, den Yuan als Digitalwährung zu einer Weltwährung werden zu lassen, hält Peking jedenfalls fest. Zwischen Anfang August und Mitte September hat Peking 40 Tage lang Tests durchführen lassen. Es hat 160 Zahlungsvorgänge mit einem Wert von umgerechnet 21 Millionen Euro mit Hongkong, Thailand und den Vereinigten Arabischen Emiraten gegeben. In diesen Ländern werden ebenfalls digitale Währungen getestet.
Dies gilt unter Fachleuten als der weltweit erste Fall, bei dem eine reale Central Bank Digital Currency (CBDC) eingesetzt wird, um internationalen Handel abzuwickeln. Damit lässt sich in jedem Fall viel Zeit und Geld im Handel sparen. Über Blockchain-Strukturen lässt sich der Handel fast in Echtzeit abwickeln und Vermittler sind nicht mehr nötig. Zumindest in der Theorie.
Bisher gilt die Formel t+2, was bedeutet, dass der Geldtransfer erst zwei Tage nach dem Handelsgeschäft vollzogen werden kann. Das neue System würde also die Handelsgeschwindigkeit extrem erhöhen und könnte zum entscheidenden Werkzeug bei der Entwicklung von RCEP werden, der größten Freihandelszone der Welt, die China gemeinsam mit seinen asiatischen Nachbarn bildet. Ein solches System ist durchaus geeignet, das Vertrauen in den Yuan auch in Krisenzeiten erheblich zu stärken und den gegenwärtigen Trend umzudrehen.
Bereits seit Juli gibt es eine Kooperation der Zentralbank mit fünf anderen Ländern und der Bank for International Settlements, um bei diesem Thema voranzukommen. China, Indonesien, Malaysia, Hongkong, Singapur, und Chile werden umgerechnet jeweils 2,2 Millionen Euro zu dem Renminbi Liquidity Arrangement beitragen. Und inzwischen ist der Yuan die faktische Reservewährung der Russen. Das ist nicht unerheblich, da Russland zu den führenden Verkäufern von Bodenschätzen gehört und 170 der 194 Länder weltweit keine Sanktionen gegen Russland verhängt haben. Etwa 17 Prozent von Russlands Auslandsreserven werden in Yuan gehalten – Tendenz stark steigend. Das langfristige Ziel ist es, den chinesischen Handel immer mehr ohne den US-Dollar durchzuführen.
Bis dahin ist es allerdings noch ein langer Weg. Derzeit hat der Yuan im Welthandel einen Marktanteil von gut drei Prozent während der US-Dollar auf 87 Prozent kommt.
Die chinesische Handelskammer in der EU sieht die Geschäftsstimmung auf einem Tief. Ein zunehmend komplizierteres politisches Umfeld, neue Handels-Tools der EU und eine sich verschlechternde öffentliche Meinung über China seien dafür die Hauptfaktoren, hieß es im Jahresbericht der chinesischen Handelskammer in Brüssel (CCCEU) in Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen Roland Berger. Die Handelskammer drückte zudem Besorgnis über Rufe nach Decoupling und über zunehmenden Protektionismus aus.
Für den Bericht wurden demnach 150 chinesische Unternehmen in der EU befragt. Rund 53 Prozent der befragten Firmen gaben an, dass sich das Geschäftsumfeld innerhalb des vergangenen Jahres verschlechtert habe. Damit gab es das dritte Jahr in Folge einen Abwärtstrend in diesem Bereich. 38 Prozent der Befragten waren laut dem Report der Meinung, dass ein feindliches politisches Umfeld ihre Geschäftstätigkeit beeinträchtigt habe. Insgesamt gaben 80 Prozent der befragten Unternehmen an, dass die geopolitische Dynamik, die Covid-19-Pandemie und Unterbrechungen der Lieferkette einen zunehmenden negativen Effekt auf die in der EU tätigen chinesischen Unternehmen hatten.
Unter anderem der Ausschluss des Telekom-Ausrüsters Huawei von zahlreichen Märkten wird demnach als Abschottung gesehen: “Die Mauer, die um den Hightech- und Telekommunikationssektor in Europa errichtet wurde, erschwert die Situation für chinesische Unternehmen, die in der EU tätig sind”, heißt es in dem Bericht. Die chinesischen Unternehmen äußerten sich besorgt über die “einseitigen wirtschafts- und handelspolitischen Instrumente” der EU, einschließlich der 5G-Cybersicherheits-Toolbox und dem verstärkten Screening ausländischer Direktinvestitionen.
Europa bleibt der Umfrage zufolge aber dennoch attraktiv für chinesische Investoren: 70 Prozent der Unternehmen glauben demnach, dass sich die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und China wieder verbessern werden. 80 Prozent der Befragten gaben an, dass die EU in der globalen Strategie ihrer Unternehmen an Bedeutung gewinnen würde, wobei die Mehrheit plant, ihre Präsenz in der gesamten Industriekette auszubauen. ari
Taiwan erleichtert seine Einreisebestimmungen: Seit Donnerstag fällt bei der Ankunft am Flughafen der PCR-Test weg. Stattdessen erhalten Reisende vier Coronavirus-Schnelltests. Diese können in den ersten Tagen nach der Ankunft und während des “Self-Health-Managements” verwendet werden. Noch bis zum 13. Oktober bleibt die “3+4”-Quarantäneregel bestehen. Das heißt: Nach Ankunft in Taiwan müssen Reisende drei Tage in Quarantäne und vier Tage eine eigene Gesundheitskontrolle betreiben.
Sollte die Pandemiesituation in den nächsten drei Wochen stabil bleiben, sollen die Einreiseregeln ab dem 13. Oktober weiter gelockert werden. So soll dann die Pflicht zur Quarantäne in einem zertifizierten Hotel wegfallen. Reisende sollen dann nur verpflichtet werden, ihren Gesundheitsstatus für sieben Tage zu überwachen und täglich zu testen. Das ist die sogenannte “0+7”-Regel. Sie dürfen vor die Tür gehen, müssen aber eine Maske tragen und Abstand halten. ari
Chinas Zentralregierung hat einen Steuer-Anreiz für den Kauf von Wohn-Immobilien beschlossen, berichtet Bloomberg. Allerdings gilt der Steuerrabatt nur sehr begrenzt. Käufer erhalten eine Rückerstattung bei der Einkommenssteuer, wenn sie nach dem Verkauf einer Immobilie binnen eines Jahres eine neue kaufen. Das gab das Finanzministerium am Freitag bekannt.
Um den Immobiliensektor anzukurbeln, werden auch die Hypotheken-Anforderungen aufgeweicht. Die Zentralregierung erlaubt es ausgewählten Städten, die Anforderungen für Erstwohnungskäufer zu lockern. In den Städten dürfen die Banken dann selbst entscheiden, ob sie die Untergrenze für Hypothekenzinsen für Erstwohnungskäufer bis zum Jahresende beibehalten, senken oder abschaffen wollen. Das gab die chinesische Zentralbank Ende letzter Woche bekannt, wie Caixin berichtet. Zudem wolle die Zentralbank Sonder-Kredite für die schnellere Fertigstellung verzögerter Bauprojekte bereitstellen. Laut Analysten von Goldman Sachs brauche es jedoch weitere Maßnahmen, um den Immobiliensektor anzuschieben. nib
Beim Gipfeltreffen mit mehr als einem Dutzend Staatsoberhäuptern und Vertretern pazifischer Inselstaaten haben die Vereinigten Staaten am Donnerstag ein neues Strategiepapier für die gemeinsamen Beziehungen veröffentlicht. Demnach wollen die USA die Staaten der Region in Bereichen wie dem Klimaschutz unterstützen und ihnen helfen, von China unabhängig zu bleiben.
“Der Wohlstand und die Sicherheit der USA hängen davon ab, dass die pazifische Region frei und offen bleibt”, heißt es in dem Papier. Zu den Herausforderungen gehören demnach “zunehmender Druck und wirtschaftlicher Zwang durch die Volksrepublik China, die den Frieden, den Wohlstand und die Sicherheit der Region und damit auch der Vereinigten Staaten zu untergraben drohen“.
Um die Region zu unterstützen, haben die USA laut einem Bericht von Reuters ein Paket mit mehr als 810 Millionen US-Dollar für erweiterte Programme zur Unterstützung der Inseln aufgelegt, zusätzlich zu den 1,5 Milliarden Dollar, die in den letzten zehn Jahren bereitgestellt wurden.
Im Rahmen zukünftiger Pläne wollen die Vereinigten Staaten auch ihre diplomatische und militärische Präsenz in der Region verstärken. Washington versprach in diesem Jahr, drei neue Botschaften in Kiribati, Tonga und auf den Salomonen zu eröffnen. Auch die Rückkehr von US-Friedenskorps-Freiwilligen nach Fidschi, Tonga, Samoa und Vanuatu in diesem Jahr sei vorgesehen.
Der strategische Wettbewerb im Pazifik hatte sich in diesem Jahr verschärft, nachdem China ein Sicherheitsabkommen mit den Salomonen unterzeichnet hatte. Das hatte in den USA und weiteren westlichen Staaten die Sorge befeuert, China könnte in der Region eine dauerhafte Militärpräsenz aufbauen. (China.Table berichtete). rtr/fpe
China hat in vielen Ländern mittlerweile einen deutlich schlechteren Ruf als noch vor wenigen Jahren. Das hat eine Studie des US-amerikanischen Meinungsforschungsinstituts Pew Research Center ergeben. Die Untersuchungen bilden den Zeitraum von 2002 bis 2022 ab. Demnach verschlechterte sich das Image der Volksrepublik in vielen der befragten Länder stetig zwischen 2002 und 2017. Ab 2019 und 2020 ist dann ein sehr deutliches Ansteigen der negativen Einschätzung zu beobachten.
Besonders deutlich ist die Veränderung in Südkorea, Japan und Australien. 2002 blickten in Südkorea 31 Prozent der Befragten negativ auf China. 2022 sind es bereits 80 Prozent. In Japan stieg die Zahl im gleichen Zeitraum von 42 Prozent auf 87 Prozent. In Australien verschlechterte sich Chinas Image ab 2017 rapide, inzwischen blicken 86 Prozent negativ auf das Land.
In Deutschland gaben im Jahr 2005 insgesamt 37 Prozent der Befragten an, eine schlechte Meinung von China zu haben. 2022 sind es mit 74 Prozent doppelt so viele. In den USA nahm die negative Sicht von 79 Prozent im Jahr 2020 auf 82 Prozent im Jahr 2022 zu.
Die Forscher führen Ihre Ergebnisse unter anderem auf politische Ereignisse wie Chinas Umgang mit Covid-19, den Handelskrieg mit den USA und den Aufbau einer verstärkten Militärpräsenz im südchinesischen Meer zurück.
Untersucht wurde auch, wie die Länder die Politik von Xi Jinping einschätzen. In entwickelten Ländern besteht demnach aktuell ein sehr geringes Vertrauen in Chinas Staatsführer. Für Entwicklungsländer liegen kaum aktuelle Daten vor. Der Pew Research Center begründet dies mit schwierigen Bedingungen für die Erhebungen aufgrund von Corona. jul
Seine Motivation, in China zu leben, erklärt Andreas Risch so: “Man beschäftigt sich in Deutschland sehr viel mit Risiken und internen Abläufen. In China beschäftigt man sich vorrangig mit der Erfüllung von Kundenwünschen.” Risch ist seit 2016 Geschäftsführer der China-Abteilung von Fette Compacting, dem Weltmarktführer für Lösungen und Maschinen zur Tabletten-Produktion, überwiegend für die Pharma-Industrie. Der promovierte Maschinenbauer führt in Nanjing einen eigenständigen Produktionsstandort, der auch Märkte außerhalb von China mit Tabletten-Pressen bedient.
“Wir sind in China komplett mit Second-Level-Support vertreten, haben Applikationsexperten, haben ein großes Labor, haben Pharmazeuten, um den kompletten Markt zu bedienen”, so Risch. Er sieht das Unternehmen damit vor dem Hintergrund der Decoupling-Diskussion gut aufgestellt. “Wir haben zwei Produktionswerke in Deutschland und China und die ergänzen sich natürlich jetzt.” Von Vorteil sei für sein Unternehmen auch, dass bereits im Jahr 2004 der China-Standort aufgebaut wurde. Früher als andere Wettbewerber konnten entsprechende Strukturen aufgebaut werden.
2004 war auch Risch das erste Mal in China, damals aber noch nicht in Diensten von Fette Compacting, sondern als Technischer Direktor für eine global aufgestellte Division der GEA Group. Anschließend managte er den Ausbau des Standorts von Deutschland aus. Privat lernte er einige Zeit später seine Frau in Peking kennen. 2009 heirateten sie. Allerdings blieb zunächst der Lebensmittelpunkt Deutschland, bis ihm die GEA Group ab 2010 einen Job in Shanghai anbot.
Seit 2016 arbeitet er bei Fette Compacting. “Wir haben hier noch so richtige Unternehmer, wie wir sie früher auch in Deutschland hatten. Die sagen zum Beispiel: Wir wollen der beste Nutrition-Hersteller werden und mit euch zusammen unsere Produktion partnerschaftlich entwickeln”, berichtet Risch. Dieser Ansatz, etwas mit dem Kunden zusammen zu machen, funktioniere in China sehr gut und schaffe enge Kundenbindungen.
Vor vier Jahren erfolgte der Umzug des Werkes innerhalb Nanjings, weil ein Ausbau des einstigen Standorts schwer möglich gewesen wäre. “Wir haben dann quasi ein Musterwerk gebaut. Daher werden wir auch viel in der lokalen Presse erwähnt als ein Beispiel für ein innovatives Technologie-Unternehmen”, erklärt Risch. Ohnehin sei der Kontakt zu lokalen Ansprechpartnern vor Ort noch einmal intensiver geworden, weil mittlerweile durch die Pandemie die Zahl der Ausländer in Nanjing um fast drei Viertel zurückgegangen ist. Es würden nur noch 8.000 Ausländer in der Zwölf-Millionen-Metropolregion leben.
“Seit diesem Rückgang wird man als ausländischer Manager vermehrt auch am Wochenende zu Events und Veranstaltungen eingeladen, um dort präsent zu sein, weil sich die Vertreter Sorgen um das internationale Image der Region machen.” Vertreter der Provinz- und Staatsregierungen kämen mittlerweile sehr offen auf die ausländischen Geschäftsleute zu und fragten: Sag mal, was schlagt ihr denn vor? Was sollen wir verbessern?
Diesen offenen Umgang erlebt er auch als Vorsitzender der Europäischen Handelskammer in Nanjing für die Provinz Jiangsu sowie Teile der Anhui-Provinz. Die Verantwortlichen in der Region hätten ein Problem damit, dass weniger Europäer in die Region kommen, die dann auch die Botschaft Chinas nach außen tragen könnten. “Ich meine, das Bild hat sich in Deutschland schon merklich und auch zum Teil ungerechtfertigt verschoben”, sagt Risch, der die Erfahrung gemacht hat, dass Besuche vor Ort die Meinungen von Deutschen über China recht schnell wieder verändern würden. So sei es beispielsweise bei seinen Eltern gewesen, die nach zwei Wochen zu Besuch nun echte China-Fans seien.
Auch wenn Risch in erster Linie lokaler Geschäftsführer ist und sich um alles Strategische sowie Operative kümmern muss, liegt es ihm doch am Herzen, dass die beiden Welten, die er in seinem Leben kennengelernt hat, wieder näher zusammenrücken. Zumal sich in seinen Augen die Deutschen das eine oder andere auch bei den Chinesen abschauen könnten, besonders was Innovationsfreude und schnelle Umsetzung angeht. Constantin Eckner