der Konsum und die Zurschaustellung von Statussymbolen war lange eine der letzten großen Freiheiten in Chinas Internet. Doch das Prahlen mit teuren Taschen, Uhren, Autos oder Make-up ist dem Staat mehr und mehr ein Dorn im Auge, wie Ning Wang berichtet. Die Zentralregierung propagiert den “gemeinsamen Wohlstand” (Common Prosperity). Der maßlose Reichtum einer Minderheit soll begrenzt werden. Große Lifestyle-Plattformen wie Xiaohongshu erklären, noch energischer gegen die Online-Angeberei bestimmter Luxus-Influencer vorgehen zu wollen. Das trifft auch westliche Luxus-Marken, die die immense Reichweite dieser Online-Sternchen nur zu gern genutzt haben.
Die Corona-Pandemie hat viele Fluggesellschaften hart getroffen. Unzählige Verbindungen mussten aufgrund der Lockdowns gestrichen werden. Fotos von “Flugzeugfriedhöfen”, auf denen hunderte Maschinen gelagert werden, machten auf Social Media die Runde. Doch während in China zumindest der Inlandsverkehr normal flog, häufen sich nun auch hier die Ausfälle. Grund ist – natürlich – die Null-Covid-Politik. Hinzu kommen ein schwacher Yuan, hohe Kerosin-Kosten und der mysteriöse Absturz in Guangxi, wie Christian Domke-Seidel berichtet. Die Regierung schnürt jetzt ein neues Rettungspaket. Wenn Deutschland die Lufthansa rettet, dann rettet China seine durchweg teilstaatlichen Airlines erst Recht.
Seinen Reichtum im Internet öffentlich zur Schau zu stellen, wird in China immer gefährlicher. Die Behörden bemängeln, dass “diese Art von Aktivität ernsthaft gegen die sozialen Werte Chinas verstößt und der Öffentlichkeit fehlgeleitete Inhalte aufzeigt”. Bekannte und viel genutzte Plattformen wie Xiaohongshu (wörtlich übersetzt “Kleines rotes Buch”) und Douyin haben bereits Konsequenzen gezogen, und bestimmte Online-Challenges untersagt, etwa jene, bei der besonders betuchte User sich vornahmen, eine Million Yuan (umgerechnet 140.000 Euro) am Tag auszugeben und dann auf sozialen Medien zu zeigen, was sich dafür kaufen lässt. Das “Erstellen von Inhalten, die absichtlich Reichtum zur Schau stellen, indem zum Beispiel luxuriöse Häuser, Autos oder Güter vorgeführt werden, ohne nützliche Informationen zu enthalten, soll bestraft” werden, heißt es in einer Vorgabe der Plattform Xiaohongshu.
Der Grund ist, wie so oft in China, auf einen Widerspruch zur offiziellen Parteilinie zurückzuführen. Ein Zurschaustellen extremen Reichtums passt nicht mehr zur Umverteilungslogik von Staats- und Parteichef Xi Jinping. Xi hatte im vergangenen Sommer angekündigt, dass “exzessiv hohe Einkommen” gekappt werden und Unternehmer mehr an die Gesellschaft zurückgeben sollen. Als er das Ziel des “gemeinsamen Wohlstandes” (Common Prosperity) bis 2049 ankündigte (China.Table berichtete), wurde eine Welle von gesellschaftspolitischen Veränderungen losgetreten. Der Wohlstand, der in den großen Metropolen wie Peking oder Shanghai zelebriert wird, ist der Parteiführung schon länger ein Dorn im Auge, denn er entspricht nicht dem “Sozialismus mit chinesischer Prägung”. Schon seit Jahren werden Kader darauf geeicht, nicht mit Rolex-Uhren und teuren Autos zu protzen. Jetzt trifft die Forderung nach “echtem Sozialismus” auch immer mehr die Online-Welt.
Dadurch wird das ohnehin streng überwachte Internet für Chinas Bürger noch restriktiver. Bei Zuwiderhandlung droht die Löschung des Accounts. Und auch Marken, die mit Influencern arbeiten, könnten unter Druck geraten, wie eine ähnliche Kampagne gegen die Unterhaltungsindustrie zuletzt zeigte (China.Table berichtete). Viele ihrer Geschäftsstrategien werden durch die Anti-Protz-Kampagne der Regierung als “unmoralisch” abgestempelt.
Auch wenn Vieles in den sozialen Netzwerken nicht echt ist und gezeigter Luxus oft nur Schein, gibt es dennoch Werbedeals und Verträge zwischen sogenannten “wichtigen Meinungsführern” (Key Opinion Leaders – KOLs) mit enormer Reichweite und großen Marken. Für nur einen WeChat-Post etwa kann ein Social-Media-Sternchen aus der B- oder C-Liga durchaus eine fünfstellige Yuan-Summe verlangen.
Wie ernst es Peking mit den “sozialistischen Pfaden” ist, die die Regierung bis 2049 einschlagen will, zeigen Maßnahmen zur Erziehung der Nutzer:innen. Ihnen sollen verstärkt moralische Wertvorstellungen beigebracht werden.
Damit befasst ist Zhang Yongjun von der Cyberspace Administration Chinas. Er stellt die Frage, ob das Zurschaustellen eigenen Wohlstandes durch einzelne Bürger berechtigten Stolz auf Erreichtes zeigt oder ob es schon längst umgeschlagen ist in Prahlerei. Zhang gibt bewusst erst mal keine Antwort. Doch allein die Frage ist ein Fingerzeig.
Die Influencer auf Chinas Social-Media-Plattformen sind durch vorherige Kampagnen alarmiert. Zu tief sitzen die Erinnerungen an die “Säuberungsmaßnahmen” in der Unterhaltungsbranche im vergangenen Jahr. Viele der einst großen Namen in der Film-, Mode-, Unterhaltungsbranche wie Angela Baby (Fang Binbin), Zhao Wei und selbst Stars mit ausländischen Pässen wie Kris Wu, der in Kanada aufgewachsen ist, sind nach Vorwürfen der Steuerhinterziehung oder anderen Vorwänden vollkommen von der Bildfläche verschwunden.
Dass Luxus aber auch ein Ausdruck von öffentlichem Dissens werden kann, zeigten zuletzt Bilder in den sozialen Medien während des Shanghaier Lockdowns. Viele Bewohner wählten Einkaufstaschen der Marken Hermes, Gucci oder Prada, um ihre täglichen Coronatests zur Abholung durch die Behörden an der Wohnungstür zu platzieren. Auch das wird den Parteiverantwortlichen negativ aufgestoßen sein. Mitarbeit: Renxiu Zhao
Während westliche Fluggesellschaften wie die Lufthansa auf eine Erholung zusteuern, rutscht Chinas Luftfahrtindustrie erst jetzt so richtig in die Krise. Die strenge Zero-Covid-Strategie der Kommunistischen Partei hat zu einem Einbruch der Zahl der Inlandsflüge geführt. Zugleich ist der internationale Verkehr wegen der Reisebeschränkungen fast zum Erliegen gekommen. Im Vergleich zum Januar 2020 ist der internationale Flugverkehr chinesischer Airlines um 90 Prozent eingebrochen. Ein umfangreiches Rettungspaket soll dem Sektor jetzt wieder Aufwind geben.
Notkredite in Höhe von 150 Milliarden Yuan (gut 20 Milliarden Euro) sollen nun helfen, die Durststrecke zu überbrücken. Außerdem will der Staat die Fluglinien dabei unterstützen, Anleihen im Wert von 200 Milliarden Yuan (30 Milliarden Euro) am Markt zu platzieren. Diese Hilfen kommen zusätzlich zu Subventionen, die bereits ausgezahlt werden und in knapp zwei Monaten auslaufen. Mit ihnen werden gezielt die höheren Ölpreise und Corona-Ausfälle ausgeglichen.
Die Probleme der chinesischen Flugbranche sind nicht grundsätzlich neu. Das Wachstum war zwar seit den Reformen der 80er-Jahre hoch, doch es war auch sehr wechselhaft. In der Pandemie hatten die Anbieter – genau wie die internationale Konkurrenz – den Verkehr stark eingeschränkt. Die zivile Luftfahrt häufte im Jahr 2020 Verluste von umgerechnet rund 15,5 Milliarden US-Dollar an. Im Jahr 2021 waren es etwa zwölf Milliarden Dollar. Der vorläufige Höhepunkt war der April 2022, als der Sektor innerhalb eines Monats 4,5 Milliarden Dollar verbrannte.
Die strenge Zero-Covid-Strategie der chinesischen Regierung ist dabei nur ein Grund für die Krise. Weil die Branche immer noch auf Importe angewiesen ist, der Yuan aber merklich an Wert verloren hat, sind dringend benötige Flugzeugteile extrem teuer geworden. Ausgerechnet in einer Zeit ohnehin unterbrochener Lieferketten. Dazu kommen massiv gestiegene Treibstoffkosten. Probleme, die Chinas ziviler Luftfahrtbehörde CAAC bekannt sind. Transport, Logistik und Produktion hätten einen “klippenartigen Absturz” erlitten, wie es die Behörde ausdrückt. Die Branche habe es nicht geschafft, die vorgegebenen Entwicklungsziele zu erreichen.
Doch selbst diese Maßnahmen reichen kaum aus, glaubt Lin Zhijie von der Fach-Website Civil Aviation Resource Net of China (Carnoc). Schließlich müssen die Fluglinien auch weiterhin die bestehenden Kredite bedienen und Anleihen zurückzahlen. Dazu kommt, dass kurzfristig keine Erholung in Sicht ist. Einerseits wegen der Zero-Covid-Politik, die auch eine mittelfristige Planung erschwert. Andererseits ist Lin zufolge das Vertrauen vieler Passagiere nach einem Flugzeugabsturz im März, bei dem 132 Menschen starben, erschüttert. Der Absturz könnte absichtlich herbeigeführt worden sein (China.Table berichtete).
Dazu kommen erste Probleme bei der Auszahlung der Subventionen. Die sind nämlich an die Zahl der Inlandsflüge gekoppelt. Sinkt die Zahl der Flüge einer Fluglinie auf unter 4.500 pro Woche, kann sie Subventionen beantragen. Zum Vergleich: Air China unternahm im Jahr 2019 genau 15.436 Flüge pro Woche. Nur eine Woche nach Einführung der Zahlungen setzte die CAAC die Subventionen aber teilweise wieder aus, berichtete das Magazin Caixin. Die Behörde verdächtigte Flugunternehmen, absichtlich Flüge zu streichen, um in den Genuss der Zahlungen zu kommen.
Für die Kommunistische Partei Chinas ist der Flugzeugsektor eine entscheidende Zukunftsbranche. Bis zum Jahr 2035 soll die Zahl der Flughäfen von rund 240 auf 400 steigen (China.Table berichtete). Die Kapazität der zivilen Luftfahrt soll laut aktuellem Fünfjahresplan um 43 Prozent auf zwei Milliarden Passagiere pro Jahr wachsen. Gleichzeitig soll die Comac C919 – das erste in China entwickelte Zivil-Großflugzeug – der internationalen Konkurrenz von Airbus und Boeing Konkurrenz machen. Die Auslieferung soll noch 2022 beginnen (China.Table berichtete).
Der Dachverband der Airline-Branche, die IATA, registriert nur eine sehr langsame Erholung des Passagieraufkommens in der Region Asien-Pazifik: Überall sonst auf der Welt sind die Reisenden schneller zurückgekommen. Die Strecken zwischen Nord- und Südamerika haben es sogar wieder auf das Niveau vor der Krise zurückgeschafft. Auch die Nordatlantikverbindungen, zum Beispiel zwischen Europa und den USA, sind im Auslastungs-Index wieder in normale Größenordnungen geklettert. Auf den innereuropäischen Strecken ist ebenfalls bald schon wieder so viel los wie vor der Krise.
Schlusslicht sind Verbindungen innerhalb der Region zwischen asiatisch-pazifischen Zielen mit nur 22 Prozent des gewohnten Verkehrs auf dem Connectivity-Index der IATA. Auch zwischen Asien und Europa beziehungsweise Nordamerika hapert es noch. Die Auslastung erreicht nur rund ein Drittel des Niveaus von 2019. “Die Erholung unterscheidet sich zwischen Asien-Pazifik und dem Rest der Welt erheblich”, schreibt der Verband.
Grund für den Durchhänger des asiatisch-pazifischen Flugverkehrs ist natürlich die Größe des chinesischen Marktes. “Eine substanzielle Erholung dort wird von den hartnäckigen Reisebeschränkungen behindert.” China sei “weiterhin für den internationalen Verkehr praktisch gesperrt”.
Am schlimmsten von der Flugkrise betroffen sind in China daher auch die Anbieter mit den meisten internationalen Verbindungen. Das sind China Eastern, China Southern und Air China. Sie haben die ganze Pandemie über unter niedrigen Passagierzahlen gelitten, während die inländisch orientierten Anbieter immerhin so etwas wie Normalbetrieb genossen haben. Erst die neue Lockdown-Welle ab März hat auch sie wieder in die Krise gestürzt.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Das Bundesforschungsministerium will Forschungs-Kooperationen mit China überprüfen. Man müsse “sehr kritisch prüfen”, wo die Wissenschafts-Zusammenarbeit noch sinnvoll und möglich ist, sagte ein Sprecher der Tageszeitung “Die Welt”. Hintergrund der Prüfungen seien die erneuten Berichte über Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang. Gleichzeitig betonte der Sprecher die Wissenschafts- und Lehr-Freiheit in Deutschland.
Kai Gehring, forschungspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, forderte, Forschungsvereinbarungen zwischen deutschen und chinesischen Stellen “von vornherein ganz genau zu prüfen”. Erst vor wenigen Wochen gab es Berichte über Forschungs– und Wissenschaftskooperationen zwischen deutschen Universitäten und Partnern aus der Volksrepublik, die eine große Nähe zum chinesischen Militär haben (China.Table berichtete). In fast 3.000 Fällen haben europäische Forscher demnach mit militärischen Forschungseinrichtungen aus China zusammengearbeitet. Für Deutschland wurden fast 350 Fälle nachgewiesen.
Die teils problematische Forschungs-Kooperation mit China wurde erst im Januar von Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger aufgegriffen. Damals mahnte sie zur Vorsicht bei Kooperationen. “Wir sind in einem Systemwettbewerb und vertreten andere Werte als China. Das darf man auch im Bereich der Wissenschaft nicht verleugnen”, sagte Stark-Watzinger. In Forschungsbereichen mit strategischem Know-how müsse man Grenzen setzen. Die FDP-Politikerin sagte schon im Januar, man müsse hinterfragen, was mit den Erkenntnissen aus Forschungs-Kooperationen geschieht und ob es zu unerwünschter Einflussnahme, beispielsweise auf deutsche Universitäten, komme (China.Table berichtete). nib
Die Chefs führender Logistik-Unternehmen erwarten weiterhin Probleme beim globalen Warentransport. Die chinesische Null-Covid-Strategie werde auch in Zukunft die Lieferketten beeinträchtigen, gibt Nikkei Asia die beiden Geschäftsführer von DHL Global Forwarding und Ocean Network Express wieder. Chinas Maßnahmen zur Bewältigung der Pandemie führen demnach zu einem Mangel an Arbeitskräften in den Häfen. Schiffe können nicht schnell genug entladen werden. Es kommt zu Staus und Verzögerungen.
Die Frachtraten – also die Preise für den Transport von Gütern – werden den Managern zufolge weiter hoch bleiben. Internationale Unternehmen müssen sich also weiterhin auf hohe Kosten einstellen. Die Frachtraten werden möglicherweise nie wieder auf das Vor-Pandemie-Niveau zurückgehen, erklärte der Chef von DHL Global Forwarding, Tim Scharwath gegenüber der Nikkei. Zudem bestehe die Gefahr, dass örtliche Behörden Fracht beschlagnahmen, da die Regierungen zunehmend Ausfuhrverbote für medizinische Produkte und Lebensmittel verhängen, so Scharwath.
Laut dem Statistischen Bundesamt sind die deutschen Exporte nach China im April im Vergleich zum Vormonat um 4,5 Prozent auf 8,7 Milliarden Euro gesunken. Die Einfuhren aus der Volksrepublik stiegen derweil um 12,3 Prozent auf 18,4 Milliarden Euro. nib
China hat ein Versicherungspaket auf den Weg gebracht, das älteren Menschen die Angst vor einer Covid-Impfung nehmen soll. Einem Bericht der Financial Times zufolge, statten mehrere Städte im ganzen Land Bürger ab 60 Jahren mit einer kostenlosen Versicherung aus, die umgerechnet bis zu 75.000 US-Dollar auszahlt, sollten infolge von Covid-19-Impfungen Krankheiten auftreten. Auch Angehörige sollen bei nachweislich durch Impfungen ausgelösten Todesfällen durch die Versicherung entschädigt werden können. Wie die Financial Times berichtet, sollen sich allein in Peking seit April rund 60.000 Senioren für die Versicherung angemeldet haben.
Auch in China sind Verschwörungstheorien über schwere Nebenwirkungen durch Covid-Impfstoffe weit verbreitet. So hält sich beispielsweise das Gerücht hartnäckig, die Impfstoffe könnten Leukämie oder Diabetes auslösen. In der staatlichen Medienöffentlichkeit werden mögliche Nebenwirkungen der chinesischen Vakzine selten thematisiert. “China konzentriert sich darauf, das Bild eines zu 100 Prozent risikofreien Impfstoffs zu zeichnen – etwas, das in Wirklichkeit nicht existiert”, wird ein anonymer Pekinger Immunologe in der Financial Times zitiert.
Besonders ungeimpfte ältere Menschen werden von Chinas Regierung als Grund für die strikte Zero-Covid-Politik des Landes angeführt. Laut Schätzungen sind derzeit etwa 100 Millionen Chinesen entweder gar nicht oder nur unzureichend gegen das Coronavirus geimpft. Anfang Mai hatten weniger als zwei Drittel der chinesischen Bürger ab 60 Jahren eine Booster-Impfung erhalten. Um Herdenimmunität zu erreichen, benötigen laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation rund 80 Prozent der Gesamtbevölkerung eine dritte Impfdosis. fpe
BYD will sechs Lithium-Minen auf dem afrikanischen Kontinent erwerben. Das geht aus einem Bericht des chinesischen Magazins The Paper hervor. Die Minen sollen demnach Lithium für mehr als 20 Millionen E-Autos liefern. Das Metall ist der grundlegende Rohstoff für die Batterien von E-Autos. Eigene Minen machen Autobauer wie BYD unabhängiger vom Weltmarkt, auf dem die Preise für Batterie-Rohstoffe in jüngster Zeit stark gestiegen sind. Auch in Chile und China hat der Konzern schon in Minen investiert. Tesla-Chef Elon Musk hatte vor einigen Wochen getwittert, das Unternehmen könnte in Zukunft ebenfalls in das Minengeschäft eintreten. nib
Als Schüler wollte Roman Kierst eigentlich in die USA. Auf dem Weg zum Bewerbungsgespräch für den Schüleraustausch in die Staaten sah er dann Plakatwerbung für einen Kurzaustausch nach China. “Das hat mich irgendwie gereizt – und es war total günstig”, erinnert er sich. Zuhause sagte er seiner verdutzten Mutter, dass er jetzt unbedingt nach China müsse. Und so fing alles an: Mit 16 Jahren verbrachte Kierst einen Monat in Chengdu, der Hauptstadt der Provinz Sichuan.
“Ich kann mich noch genau erinnern an den ersten Abend in der Gastfamilie. Ich habe erstmal das Andere, das vermeintlich Fremde wahrgenommen. Und ich glaube, das gehört auch zum Menschsein dazu, man ist fixiert auf das Andere, man sucht danach.” Im chinesischen Familienalltag und unter seinen Mitschülern merkte er allerdings schnell, dass es gar nicht so fremd zugeht, dass sie sich eigentlich alle sehr ähnlich sind.
“Natürlich sah es anders aus in Chengdu als in meiner Heimat in NRW. Es wurde eine andere Sprache gesprochen, die Stadt roch anders und fühlte sich anders an. Aber die grundlegende Erfahrung, die ich auch danach immer wieder gemacht habe bis heute, ist eine Erfahrung vom Gemeinsamen.” Kiersts Mitschüler in Chengdu hatten die gleichen Zukunftsängste, die gleiche Aufregung um die erste Verliebtheit und die ersten Beziehungen. “Wenn wir zusammen Counterstrike spielten, haben wir uns über die gleichen Dinge aufgeregt”, sagt er und lacht.
In den darauffolgenden Jahren reiste Kierst immer wieder nach China, studierte schließlich China-Studien in Berlin und London. Eine Frage zog sich dabei wie ein roter Faden durch die Studienjahre: Was ist das eigentlich, das Fremde? “Es gibt keine Summe objektiver Eigenschaften, die das Fremde oder das Gemeinsame ausmachen – es hat mit unserer Wahrnehmung zu tun”, sagt Kierst. Ihn interessiert heute vor allem wie man die Wahrnehmung für das Gemeinsame schärfen kann.
Kierst nimmt nach dem Studium eine Stelle am Goethe-Institut in Peking an und gründet mit zwei Kolleg:innen das yì magazìn, das mit Mitteln des Instituts finanziert wird. “Das Magazin ist der Versuch, Gemeinsamkeiten zwischen China und Deutschland aufzuzeigen und die Wahrnehmung dafür zu sensibilisieren.”
Auf großen Kacheln mit lebhaften Bildern reihen sich auf der Website die Artikel aneinander. Mal geht es um einen chinesischen Schriftsteller, der von seiner Kindheit erzählt, mal um das Nachtleben des Pekinger Ausgehviertels Wudaokou. “Wir erzählen die kleinen Geschichten, die in der großen Presse keinen Platz haben”, sagt Kierst, der den deutschsprachigen Teil verantwortet und auch selbst Artikel schreibt. Das Große und Fremde wird heruntergebrochen auf das Persönliche, Nahbare.
Der 32-Jährige wohnt und arbeitet mittlerweile seit vier Jahren in Peking – eine Rückkehr nach Deutschland ist noch nicht in Sicht. “Natürlich ist die Situation nicht einfach”, sagt Kierst. Die Null-Covid-Politik sei anstrengend, seine Bewegungsfreiheit eingeschränkt, seit zweieinhalb Jahren habe er seine Familie nicht mehr gesehen. “Immer, wenn gerade besonders negativ über China berichtet wird, fragt meine Mutter, was ich hier eigentlich mache.” Aber Kierst lebt gerne hier, hat enge Freundschaften aufgebaut – und seine Liebe zu Techno aus Berlin mitgebracht. “Diese Musik feiert man hier genauso wie in Berlin.” Svenja Napp
Sebastian Haupt ist seit Juni Manager Corporate Business Development China Vans bei der Mercedes-Benz AG. Haupt ist seit 2008 für Daimler tätig. Zuletzt verantwortete er als Manager den Bereich Cooperation & Industrialization Strategy Van. Sein Tätigkeitsort bleibt Stuttgart.
Li Shulei wird stellvertretender Leiter der Propagandaabteilung der Kommunistischen Partei. Der 58-Jährige gilt als enger Vertrauter von Staatschef Xi Jinping und als heißer Kandidat für das 25-köpfige Politbüro, dem höchsten politischen Entscheidungsgremium des Landes, das in der zweiten Jahreshälfte neu aufgestellt wird.
Die Spannung steigt – am Dienstag begann Chinas nationale Hochschulaufnahmeprüfung (Gao Kao). Für viele junge Chines:innen ist die Prüfung eines der wichtigsten Ereignisse in ihrem bisherigen Leben. Im Bild umarmt eine Schülerin ihre Lehrerin, bevor es dann losgeht.
der Konsum und die Zurschaustellung von Statussymbolen war lange eine der letzten großen Freiheiten in Chinas Internet. Doch das Prahlen mit teuren Taschen, Uhren, Autos oder Make-up ist dem Staat mehr und mehr ein Dorn im Auge, wie Ning Wang berichtet. Die Zentralregierung propagiert den “gemeinsamen Wohlstand” (Common Prosperity). Der maßlose Reichtum einer Minderheit soll begrenzt werden. Große Lifestyle-Plattformen wie Xiaohongshu erklären, noch energischer gegen die Online-Angeberei bestimmter Luxus-Influencer vorgehen zu wollen. Das trifft auch westliche Luxus-Marken, die die immense Reichweite dieser Online-Sternchen nur zu gern genutzt haben.
Die Corona-Pandemie hat viele Fluggesellschaften hart getroffen. Unzählige Verbindungen mussten aufgrund der Lockdowns gestrichen werden. Fotos von “Flugzeugfriedhöfen”, auf denen hunderte Maschinen gelagert werden, machten auf Social Media die Runde. Doch während in China zumindest der Inlandsverkehr normal flog, häufen sich nun auch hier die Ausfälle. Grund ist – natürlich – die Null-Covid-Politik. Hinzu kommen ein schwacher Yuan, hohe Kerosin-Kosten und der mysteriöse Absturz in Guangxi, wie Christian Domke-Seidel berichtet. Die Regierung schnürt jetzt ein neues Rettungspaket. Wenn Deutschland die Lufthansa rettet, dann rettet China seine durchweg teilstaatlichen Airlines erst Recht.
Seinen Reichtum im Internet öffentlich zur Schau zu stellen, wird in China immer gefährlicher. Die Behörden bemängeln, dass “diese Art von Aktivität ernsthaft gegen die sozialen Werte Chinas verstößt und der Öffentlichkeit fehlgeleitete Inhalte aufzeigt”. Bekannte und viel genutzte Plattformen wie Xiaohongshu (wörtlich übersetzt “Kleines rotes Buch”) und Douyin haben bereits Konsequenzen gezogen, und bestimmte Online-Challenges untersagt, etwa jene, bei der besonders betuchte User sich vornahmen, eine Million Yuan (umgerechnet 140.000 Euro) am Tag auszugeben und dann auf sozialen Medien zu zeigen, was sich dafür kaufen lässt. Das “Erstellen von Inhalten, die absichtlich Reichtum zur Schau stellen, indem zum Beispiel luxuriöse Häuser, Autos oder Güter vorgeführt werden, ohne nützliche Informationen zu enthalten, soll bestraft” werden, heißt es in einer Vorgabe der Plattform Xiaohongshu.
Der Grund ist, wie so oft in China, auf einen Widerspruch zur offiziellen Parteilinie zurückzuführen. Ein Zurschaustellen extremen Reichtums passt nicht mehr zur Umverteilungslogik von Staats- und Parteichef Xi Jinping. Xi hatte im vergangenen Sommer angekündigt, dass “exzessiv hohe Einkommen” gekappt werden und Unternehmer mehr an die Gesellschaft zurückgeben sollen. Als er das Ziel des “gemeinsamen Wohlstandes” (Common Prosperity) bis 2049 ankündigte (China.Table berichtete), wurde eine Welle von gesellschaftspolitischen Veränderungen losgetreten. Der Wohlstand, der in den großen Metropolen wie Peking oder Shanghai zelebriert wird, ist der Parteiführung schon länger ein Dorn im Auge, denn er entspricht nicht dem “Sozialismus mit chinesischer Prägung”. Schon seit Jahren werden Kader darauf geeicht, nicht mit Rolex-Uhren und teuren Autos zu protzen. Jetzt trifft die Forderung nach “echtem Sozialismus” auch immer mehr die Online-Welt.
Dadurch wird das ohnehin streng überwachte Internet für Chinas Bürger noch restriktiver. Bei Zuwiderhandlung droht die Löschung des Accounts. Und auch Marken, die mit Influencern arbeiten, könnten unter Druck geraten, wie eine ähnliche Kampagne gegen die Unterhaltungsindustrie zuletzt zeigte (China.Table berichtete). Viele ihrer Geschäftsstrategien werden durch die Anti-Protz-Kampagne der Regierung als “unmoralisch” abgestempelt.
Auch wenn Vieles in den sozialen Netzwerken nicht echt ist und gezeigter Luxus oft nur Schein, gibt es dennoch Werbedeals und Verträge zwischen sogenannten “wichtigen Meinungsführern” (Key Opinion Leaders – KOLs) mit enormer Reichweite und großen Marken. Für nur einen WeChat-Post etwa kann ein Social-Media-Sternchen aus der B- oder C-Liga durchaus eine fünfstellige Yuan-Summe verlangen.
Wie ernst es Peking mit den “sozialistischen Pfaden” ist, die die Regierung bis 2049 einschlagen will, zeigen Maßnahmen zur Erziehung der Nutzer:innen. Ihnen sollen verstärkt moralische Wertvorstellungen beigebracht werden.
Damit befasst ist Zhang Yongjun von der Cyberspace Administration Chinas. Er stellt die Frage, ob das Zurschaustellen eigenen Wohlstandes durch einzelne Bürger berechtigten Stolz auf Erreichtes zeigt oder ob es schon längst umgeschlagen ist in Prahlerei. Zhang gibt bewusst erst mal keine Antwort. Doch allein die Frage ist ein Fingerzeig.
Die Influencer auf Chinas Social-Media-Plattformen sind durch vorherige Kampagnen alarmiert. Zu tief sitzen die Erinnerungen an die “Säuberungsmaßnahmen” in der Unterhaltungsbranche im vergangenen Jahr. Viele der einst großen Namen in der Film-, Mode-, Unterhaltungsbranche wie Angela Baby (Fang Binbin), Zhao Wei und selbst Stars mit ausländischen Pässen wie Kris Wu, der in Kanada aufgewachsen ist, sind nach Vorwürfen der Steuerhinterziehung oder anderen Vorwänden vollkommen von der Bildfläche verschwunden.
Dass Luxus aber auch ein Ausdruck von öffentlichem Dissens werden kann, zeigten zuletzt Bilder in den sozialen Medien während des Shanghaier Lockdowns. Viele Bewohner wählten Einkaufstaschen der Marken Hermes, Gucci oder Prada, um ihre täglichen Coronatests zur Abholung durch die Behörden an der Wohnungstür zu platzieren. Auch das wird den Parteiverantwortlichen negativ aufgestoßen sein. Mitarbeit: Renxiu Zhao
Während westliche Fluggesellschaften wie die Lufthansa auf eine Erholung zusteuern, rutscht Chinas Luftfahrtindustrie erst jetzt so richtig in die Krise. Die strenge Zero-Covid-Strategie der Kommunistischen Partei hat zu einem Einbruch der Zahl der Inlandsflüge geführt. Zugleich ist der internationale Verkehr wegen der Reisebeschränkungen fast zum Erliegen gekommen. Im Vergleich zum Januar 2020 ist der internationale Flugverkehr chinesischer Airlines um 90 Prozent eingebrochen. Ein umfangreiches Rettungspaket soll dem Sektor jetzt wieder Aufwind geben.
Notkredite in Höhe von 150 Milliarden Yuan (gut 20 Milliarden Euro) sollen nun helfen, die Durststrecke zu überbrücken. Außerdem will der Staat die Fluglinien dabei unterstützen, Anleihen im Wert von 200 Milliarden Yuan (30 Milliarden Euro) am Markt zu platzieren. Diese Hilfen kommen zusätzlich zu Subventionen, die bereits ausgezahlt werden und in knapp zwei Monaten auslaufen. Mit ihnen werden gezielt die höheren Ölpreise und Corona-Ausfälle ausgeglichen.
Die Probleme der chinesischen Flugbranche sind nicht grundsätzlich neu. Das Wachstum war zwar seit den Reformen der 80er-Jahre hoch, doch es war auch sehr wechselhaft. In der Pandemie hatten die Anbieter – genau wie die internationale Konkurrenz – den Verkehr stark eingeschränkt. Die zivile Luftfahrt häufte im Jahr 2020 Verluste von umgerechnet rund 15,5 Milliarden US-Dollar an. Im Jahr 2021 waren es etwa zwölf Milliarden Dollar. Der vorläufige Höhepunkt war der April 2022, als der Sektor innerhalb eines Monats 4,5 Milliarden Dollar verbrannte.
Die strenge Zero-Covid-Strategie der chinesischen Regierung ist dabei nur ein Grund für die Krise. Weil die Branche immer noch auf Importe angewiesen ist, der Yuan aber merklich an Wert verloren hat, sind dringend benötige Flugzeugteile extrem teuer geworden. Ausgerechnet in einer Zeit ohnehin unterbrochener Lieferketten. Dazu kommen massiv gestiegene Treibstoffkosten. Probleme, die Chinas ziviler Luftfahrtbehörde CAAC bekannt sind. Transport, Logistik und Produktion hätten einen “klippenartigen Absturz” erlitten, wie es die Behörde ausdrückt. Die Branche habe es nicht geschafft, die vorgegebenen Entwicklungsziele zu erreichen.
Doch selbst diese Maßnahmen reichen kaum aus, glaubt Lin Zhijie von der Fach-Website Civil Aviation Resource Net of China (Carnoc). Schließlich müssen die Fluglinien auch weiterhin die bestehenden Kredite bedienen und Anleihen zurückzahlen. Dazu kommt, dass kurzfristig keine Erholung in Sicht ist. Einerseits wegen der Zero-Covid-Politik, die auch eine mittelfristige Planung erschwert. Andererseits ist Lin zufolge das Vertrauen vieler Passagiere nach einem Flugzeugabsturz im März, bei dem 132 Menschen starben, erschüttert. Der Absturz könnte absichtlich herbeigeführt worden sein (China.Table berichtete).
Dazu kommen erste Probleme bei der Auszahlung der Subventionen. Die sind nämlich an die Zahl der Inlandsflüge gekoppelt. Sinkt die Zahl der Flüge einer Fluglinie auf unter 4.500 pro Woche, kann sie Subventionen beantragen. Zum Vergleich: Air China unternahm im Jahr 2019 genau 15.436 Flüge pro Woche. Nur eine Woche nach Einführung der Zahlungen setzte die CAAC die Subventionen aber teilweise wieder aus, berichtete das Magazin Caixin. Die Behörde verdächtigte Flugunternehmen, absichtlich Flüge zu streichen, um in den Genuss der Zahlungen zu kommen.
Für die Kommunistische Partei Chinas ist der Flugzeugsektor eine entscheidende Zukunftsbranche. Bis zum Jahr 2035 soll die Zahl der Flughäfen von rund 240 auf 400 steigen (China.Table berichtete). Die Kapazität der zivilen Luftfahrt soll laut aktuellem Fünfjahresplan um 43 Prozent auf zwei Milliarden Passagiere pro Jahr wachsen. Gleichzeitig soll die Comac C919 – das erste in China entwickelte Zivil-Großflugzeug – der internationalen Konkurrenz von Airbus und Boeing Konkurrenz machen. Die Auslieferung soll noch 2022 beginnen (China.Table berichtete).
Der Dachverband der Airline-Branche, die IATA, registriert nur eine sehr langsame Erholung des Passagieraufkommens in der Region Asien-Pazifik: Überall sonst auf der Welt sind die Reisenden schneller zurückgekommen. Die Strecken zwischen Nord- und Südamerika haben es sogar wieder auf das Niveau vor der Krise zurückgeschafft. Auch die Nordatlantikverbindungen, zum Beispiel zwischen Europa und den USA, sind im Auslastungs-Index wieder in normale Größenordnungen geklettert. Auf den innereuropäischen Strecken ist ebenfalls bald schon wieder so viel los wie vor der Krise.
Schlusslicht sind Verbindungen innerhalb der Region zwischen asiatisch-pazifischen Zielen mit nur 22 Prozent des gewohnten Verkehrs auf dem Connectivity-Index der IATA. Auch zwischen Asien und Europa beziehungsweise Nordamerika hapert es noch. Die Auslastung erreicht nur rund ein Drittel des Niveaus von 2019. “Die Erholung unterscheidet sich zwischen Asien-Pazifik und dem Rest der Welt erheblich”, schreibt der Verband.
Grund für den Durchhänger des asiatisch-pazifischen Flugverkehrs ist natürlich die Größe des chinesischen Marktes. “Eine substanzielle Erholung dort wird von den hartnäckigen Reisebeschränkungen behindert.” China sei “weiterhin für den internationalen Verkehr praktisch gesperrt”.
Am schlimmsten von der Flugkrise betroffen sind in China daher auch die Anbieter mit den meisten internationalen Verbindungen. Das sind China Eastern, China Southern und Air China. Sie haben die ganze Pandemie über unter niedrigen Passagierzahlen gelitten, während die inländisch orientierten Anbieter immerhin so etwas wie Normalbetrieb genossen haben. Erst die neue Lockdown-Welle ab März hat auch sie wieder in die Krise gestürzt.
Sinolytics ist ein europäisches Beratungs- und Analyseunternehmen, das sich auf China spezialisiert hat. Es berät europäische Unternehmen bei der strategischen Ausrichtung und den konkreten Geschäftsaktivitäten in der Volksrepublik.
Das Bundesforschungsministerium will Forschungs-Kooperationen mit China überprüfen. Man müsse “sehr kritisch prüfen”, wo die Wissenschafts-Zusammenarbeit noch sinnvoll und möglich ist, sagte ein Sprecher der Tageszeitung “Die Welt”. Hintergrund der Prüfungen seien die erneuten Berichte über Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang. Gleichzeitig betonte der Sprecher die Wissenschafts- und Lehr-Freiheit in Deutschland.
Kai Gehring, forschungspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, forderte, Forschungsvereinbarungen zwischen deutschen und chinesischen Stellen “von vornherein ganz genau zu prüfen”. Erst vor wenigen Wochen gab es Berichte über Forschungs– und Wissenschaftskooperationen zwischen deutschen Universitäten und Partnern aus der Volksrepublik, die eine große Nähe zum chinesischen Militär haben (China.Table berichtete). In fast 3.000 Fällen haben europäische Forscher demnach mit militärischen Forschungseinrichtungen aus China zusammengearbeitet. Für Deutschland wurden fast 350 Fälle nachgewiesen.
Die teils problematische Forschungs-Kooperation mit China wurde erst im Januar von Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger aufgegriffen. Damals mahnte sie zur Vorsicht bei Kooperationen. “Wir sind in einem Systemwettbewerb und vertreten andere Werte als China. Das darf man auch im Bereich der Wissenschaft nicht verleugnen”, sagte Stark-Watzinger. In Forschungsbereichen mit strategischem Know-how müsse man Grenzen setzen. Die FDP-Politikerin sagte schon im Januar, man müsse hinterfragen, was mit den Erkenntnissen aus Forschungs-Kooperationen geschieht und ob es zu unerwünschter Einflussnahme, beispielsweise auf deutsche Universitäten, komme (China.Table berichtete). nib
Die Chefs führender Logistik-Unternehmen erwarten weiterhin Probleme beim globalen Warentransport. Die chinesische Null-Covid-Strategie werde auch in Zukunft die Lieferketten beeinträchtigen, gibt Nikkei Asia die beiden Geschäftsführer von DHL Global Forwarding und Ocean Network Express wieder. Chinas Maßnahmen zur Bewältigung der Pandemie führen demnach zu einem Mangel an Arbeitskräften in den Häfen. Schiffe können nicht schnell genug entladen werden. Es kommt zu Staus und Verzögerungen.
Die Frachtraten – also die Preise für den Transport von Gütern – werden den Managern zufolge weiter hoch bleiben. Internationale Unternehmen müssen sich also weiterhin auf hohe Kosten einstellen. Die Frachtraten werden möglicherweise nie wieder auf das Vor-Pandemie-Niveau zurückgehen, erklärte der Chef von DHL Global Forwarding, Tim Scharwath gegenüber der Nikkei. Zudem bestehe die Gefahr, dass örtliche Behörden Fracht beschlagnahmen, da die Regierungen zunehmend Ausfuhrverbote für medizinische Produkte und Lebensmittel verhängen, so Scharwath.
Laut dem Statistischen Bundesamt sind die deutschen Exporte nach China im April im Vergleich zum Vormonat um 4,5 Prozent auf 8,7 Milliarden Euro gesunken. Die Einfuhren aus der Volksrepublik stiegen derweil um 12,3 Prozent auf 18,4 Milliarden Euro. nib
China hat ein Versicherungspaket auf den Weg gebracht, das älteren Menschen die Angst vor einer Covid-Impfung nehmen soll. Einem Bericht der Financial Times zufolge, statten mehrere Städte im ganzen Land Bürger ab 60 Jahren mit einer kostenlosen Versicherung aus, die umgerechnet bis zu 75.000 US-Dollar auszahlt, sollten infolge von Covid-19-Impfungen Krankheiten auftreten. Auch Angehörige sollen bei nachweislich durch Impfungen ausgelösten Todesfällen durch die Versicherung entschädigt werden können. Wie die Financial Times berichtet, sollen sich allein in Peking seit April rund 60.000 Senioren für die Versicherung angemeldet haben.
Auch in China sind Verschwörungstheorien über schwere Nebenwirkungen durch Covid-Impfstoffe weit verbreitet. So hält sich beispielsweise das Gerücht hartnäckig, die Impfstoffe könnten Leukämie oder Diabetes auslösen. In der staatlichen Medienöffentlichkeit werden mögliche Nebenwirkungen der chinesischen Vakzine selten thematisiert. “China konzentriert sich darauf, das Bild eines zu 100 Prozent risikofreien Impfstoffs zu zeichnen – etwas, das in Wirklichkeit nicht existiert”, wird ein anonymer Pekinger Immunologe in der Financial Times zitiert.
Besonders ungeimpfte ältere Menschen werden von Chinas Regierung als Grund für die strikte Zero-Covid-Politik des Landes angeführt. Laut Schätzungen sind derzeit etwa 100 Millionen Chinesen entweder gar nicht oder nur unzureichend gegen das Coronavirus geimpft. Anfang Mai hatten weniger als zwei Drittel der chinesischen Bürger ab 60 Jahren eine Booster-Impfung erhalten. Um Herdenimmunität zu erreichen, benötigen laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation rund 80 Prozent der Gesamtbevölkerung eine dritte Impfdosis. fpe
BYD will sechs Lithium-Minen auf dem afrikanischen Kontinent erwerben. Das geht aus einem Bericht des chinesischen Magazins The Paper hervor. Die Minen sollen demnach Lithium für mehr als 20 Millionen E-Autos liefern. Das Metall ist der grundlegende Rohstoff für die Batterien von E-Autos. Eigene Minen machen Autobauer wie BYD unabhängiger vom Weltmarkt, auf dem die Preise für Batterie-Rohstoffe in jüngster Zeit stark gestiegen sind. Auch in Chile und China hat der Konzern schon in Minen investiert. Tesla-Chef Elon Musk hatte vor einigen Wochen getwittert, das Unternehmen könnte in Zukunft ebenfalls in das Minengeschäft eintreten. nib
Als Schüler wollte Roman Kierst eigentlich in die USA. Auf dem Weg zum Bewerbungsgespräch für den Schüleraustausch in die Staaten sah er dann Plakatwerbung für einen Kurzaustausch nach China. “Das hat mich irgendwie gereizt – und es war total günstig”, erinnert er sich. Zuhause sagte er seiner verdutzten Mutter, dass er jetzt unbedingt nach China müsse. Und so fing alles an: Mit 16 Jahren verbrachte Kierst einen Monat in Chengdu, der Hauptstadt der Provinz Sichuan.
“Ich kann mich noch genau erinnern an den ersten Abend in der Gastfamilie. Ich habe erstmal das Andere, das vermeintlich Fremde wahrgenommen. Und ich glaube, das gehört auch zum Menschsein dazu, man ist fixiert auf das Andere, man sucht danach.” Im chinesischen Familienalltag und unter seinen Mitschülern merkte er allerdings schnell, dass es gar nicht so fremd zugeht, dass sie sich eigentlich alle sehr ähnlich sind.
“Natürlich sah es anders aus in Chengdu als in meiner Heimat in NRW. Es wurde eine andere Sprache gesprochen, die Stadt roch anders und fühlte sich anders an. Aber die grundlegende Erfahrung, die ich auch danach immer wieder gemacht habe bis heute, ist eine Erfahrung vom Gemeinsamen.” Kiersts Mitschüler in Chengdu hatten die gleichen Zukunftsängste, die gleiche Aufregung um die erste Verliebtheit und die ersten Beziehungen. “Wenn wir zusammen Counterstrike spielten, haben wir uns über die gleichen Dinge aufgeregt”, sagt er und lacht.
In den darauffolgenden Jahren reiste Kierst immer wieder nach China, studierte schließlich China-Studien in Berlin und London. Eine Frage zog sich dabei wie ein roter Faden durch die Studienjahre: Was ist das eigentlich, das Fremde? “Es gibt keine Summe objektiver Eigenschaften, die das Fremde oder das Gemeinsame ausmachen – es hat mit unserer Wahrnehmung zu tun”, sagt Kierst. Ihn interessiert heute vor allem wie man die Wahrnehmung für das Gemeinsame schärfen kann.
Kierst nimmt nach dem Studium eine Stelle am Goethe-Institut in Peking an und gründet mit zwei Kolleg:innen das yì magazìn, das mit Mitteln des Instituts finanziert wird. “Das Magazin ist der Versuch, Gemeinsamkeiten zwischen China und Deutschland aufzuzeigen und die Wahrnehmung dafür zu sensibilisieren.”
Auf großen Kacheln mit lebhaften Bildern reihen sich auf der Website die Artikel aneinander. Mal geht es um einen chinesischen Schriftsteller, der von seiner Kindheit erzählt, mal um das Nachtleben des Pekinger Ausgehviertels Wudaokou. “Wir erzählen die kleinen Geschichten, die in der großen Presse keinen Platz haben”, sagt Kierst, der den deutschsprachigen Teil verantwortet und auch selbst Artikel schreibt. Das Große und Fremde wird heruntergebrochen auf das Persönliche, Nahbare.
Der 32-Jährige wohnt und arbeitet mittlerweile seit vier Jahren in Peking – eine Rückkehr nach Deutschland ist noch nicht in Sicht. “Natürlich ist die Situation nicht einfach”, sagt Kierst. Die Null-Covid-Politik sei anstrengend, seine Bewegungsfreiheit eingeschränkt, seit zweieinhalb Jahren habe er seine Familie nicht mehr gesehen. “Immer, wenn gerade besonders negativ über China berichtet wird, fragt meine Mutter, was ich hier eigentlich mache.” Aber Kierst lebt gerne hier, hat enge Freundschaften aufgebaut – und seine Liebe zu Techno aus Berlin mitgebracht. “Diese Musik feiert man hier genauso wie in Berlin.” Svenja Napp
Sebastian Haupt ist seit Juni Manager Corporate Business Development China Vans bei der Mercedes-Benz AG. Haupt ist seit 2008 für Daimler tätig. Zuletzt verantwortete er als Manager den Bereich Cooperation & Industrialization Strategy Van. Sein Tätigkeitsort bleibt Stuttgart.
Li Shulei wird stellvertretender Leiter der Propagandaabteilung der Kommunistischen Partei. Der 58-Jährige gilt als enger Vertrauter von Staatschef Xi Jinping und als heißer Kandidat für das 25-köpfige Politbüro, dem höchsten politischen Entscheidungsgremium des Landes, das in der zweiten Jahreshälfte neu aufgestellt wird.
Die Spannung steigt – am Dienstag begann Chinas nationale Hochschulaufnahmeprüfung (Gao Kao). Für viele junge Chines:innen ist die Prüfung eines der wichtigsten Ereignisse in ihrem bisherigen Leben. Im Bild umarmt eine Schülerin ihre Lehrerin, bevor es dann losgeht.