am späten Montagabend machten Meldungen die Runde, das Bundesinnenministerium plane den Ausschluss von Huawei und ZTE aus dem deutschen 5G-Netz. Während andere Länder sich schon längst zu einem solchen Schritt entschlossen haben, prüft man in Berlin bereits seit Monaten. Die Sicherheitsrisiken einer chinesischen Beteiligung an 5G erscheinen nun unterm Strich offenbar zu groß. Michael Radunski analysiert, wie weitreichend die Konsequenzen einer solchen Entscheidung sind – wirtschaftlich und politisch. Die einzig verbleibende Lösung für die Beschaffung sicherer Komponenten liegt nun in Europa.
Unterdessen ist das Wettrennen um afrikanische Rohstoffe in vollem Gange. Europa hat den Start völlig verschlafen und läuft den Chinesen nun hinterher, wie unsere zweite Analyse feststellt. Jetzt könnte man auf die Idee kommen, das europäische Lieferkettengesetz zu verdammen, das EU-Unternehmen bald schon ein höheres Maß an Menschenrechts- und Umweltstandards abverlangt. Denn wie sollen europäische Akteure chinesische Mitbewerber ausstechen, wenn deren Standards deutlich niedriger und damit auch deren Kosten geringer sind? Die Antwort lautet: indem sie aus Überzeugung das Richtige tun. Das sind wir Afrika schuldig und am Ende auch uns selbst in unserer Rolle als Verbraucher.
Während China in Afrika ein Auge auf Kobalt und Nickel geworfen hat, standen bei den Olympischen Spielen im vergangenen Jahr ausschließlich Gold, Silber und Bronze im Mittelpunkt. Dafür floss viel chinesisches Geld in Trainer und Know-how aus den etablierten Wintersport-Nationen. Im Vergleich zu den Rohstoffen in Afrika scheint die Jagd auf die Edelmetalle weniger langfristig beabsichtigt gewesen zu sein. Nur in wenigen Winter-Disziplinen besitzt China ein Jahr nach Olympia noch internationale Ambitionen, schreibt Christiane Kühl.
Ehe ich Sie nun der Dienstagsausgabe des China.Table überlasse, habe ich noch einen Veranstaltungstipp für Sie. Ab 11.00 Uhr MEZ lädt Michael Radunski zu einem Webinar mit Sophie Reiß (Merics) und Marina Rudyak (Sinologin, derzeit an Universität Göttingen). Das Thema: Wie steht es beim laufenden Volkskongress in Peking um die innere Verfassung der KP? Sie erwartet dort eine sicherlich hoch spannende Diskussion. Anmelden können Sie sich kostenlos hier.
Das Bundesinnenministerium (BMI) von Nancy Faeser plant offenbar, den Einsatz chinesischer Technologie in deutschen Mobilfunknetzen deutlich einzuschränken. Bestimmte Bauteile der chinesischen Hersteller Huawei und ZTE sollen in deutsche 5G-Netze nicht mehr verwendet werden. Das berichten am Montagabend sowohl Zeit Online, Spiegel.de als auch die Zeitung Handelsblatt. Sie berufen sich auf Regierungskreise.
Ein solches Verbot hätte weitreichende Konsequenzen – für den Ausbau des Mobilfunkstandards 5G in Deutschland, für die in Netzbetreiber in Deutschland, sowie für die chinesischen Unternehmen. Aber auch das Verhältnis zwischen China und Deutschland würde unter einer solchen Entscheidung erheblich leiden.
Direkt betroffen wären die Netzwerkbetreiber in Deutschland wie Deutsche Telekom, Telefónica oder auch Vodafone. Da das Verbot auch Komponenten gelten soll, die bereits verbaut sind, müssten sie die entsprechenden Bauteile der chinesischen Hersteller aus ihren Anlagen wieder entfernen. Die dabei entstehenden Kosten müssen den Berichten zufolge die Konzerne selbst tragen.
Wie weitreichend und kostspielig ein solcher Ausbau sein könnte, zeigt ein Blick auf die große Abhängigkeit des deutschen 5G-Netzes von chinesischer Technologie: 59 Prozent der Komponenten im deutschen 5G-Netz stammen von Huawei. Damit ist Deutschland bei diesen Radio Access Network-Komponenten (RAN) sogar noch abhängiger von chinesischer Technik als beim älteren 4G-Standard. Im deutschen 4G-Netz liegt der Huawei-Anteil bei 57 Prozent.
Diese große Abhängigkeit ist verwunderlich. Sorgen über mögliche Sicherheitslücken oder zumindest geostrategischen Verwicklungen bestehen schon lange. Eine entsprechende Prüfung des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und des BMI läuft seit Monaten. Die Sorge ist klar: Staaten wie China könnten so direkt oder indirekt Zugriff auf deutsche Mobilfunknetze bekommen.
Im Fokus steht dabei vor allem Huawei, als einer der weltweit größten Telekommunikationsausrüster und Marktführer bei der 5G-Technik. Mehrere Länder – beispielsweise Australien, Schweden, Großbritannien, Japan, Kanada oder die USA – haben das Unternehmen aus Shenzhen bereits vom Ausbau ihrer 5G-Netze ausgeschlossen. In Deutschland ist die schon seit vergangenem Herbst laufende Prüfung offiziell zwar noch nicht abgeschlossen. Aber die Berichte von Montagabend lassen vermuten, dass das Ergebnis inzwischen feststeht.
Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sagte dem Handelsblatt: “Wenn es stimmt, dass das Innenministerium jetzt endlich damit beginnt, 5G-Komponenten von nicht-vertrauenswürdigen Anbietern zu untersagen, dann wäre das eine gute Nachricht. Huawei und andere Anbieter, die dem Einfluss der chinesischen Regierung unterliegen, sind ein Sicherheitsrisiko in unseren Netzen.”
Bemerkenswert dabei ist, dass weder Huawei noch ZTE bislang Spionage oder Sabotage nachgewiesen werden konnten. Vielmehr betont Huawei konsistent, höchsten Sicherheitsstandards zu genügen. Auch stehe man weder unter direktem noch indirektem Einfluss “irgendwelcher externen Organisationen oder Personen in seinem Handeln”. Gemeint ist damit die Kommunistische Partei.
Auch bei ZTE konnten bislang keine Vorwürfe belegt werden. Im Gegenteil: Erst vor wenigen Wochen hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik eine 5G-Komponente von ZTE als sicher zertifiziert.
Allerdings hatte die Bundesregierung schon zuvor klargemacht, dass nicht nur die technische Prüfung ausschlaggebend sei für die abschließende Entscheidung der Regierung. Vielmehr müsse auch in Betracht gezogen werden, “ob das herstellende Unternehmen entweder unmittelbar oder mittelbar unter einer staatlichen Einflussnahme steht”.
Und genau in dieser Abwägung steckt der entscheidende Punkt: Die chinesischen Gesetze verpflichten alle heimische Unternehmen dazu, mit Behörden der Volksrepublik zu kooperieren. Sollte eine entsprechende Anweisung aus Peking erfolgen, haben Unternehmen in China keine Möglichkeit, sich dagegen zu wehren – selbst ein so selbstbewusster Konzern wie Huawei. Dass Huawei diesen Umstand abstreitet, erscheint unglaubwürdig.
Aber nicht nur wirtschaftlich hätte ein solches Verbot gravierende Folgen. Auch das politische Verhältnis zwischen China und Deutschland würde unter der Entscheidung wohl erheblich leiden. Während China zuletzt immer stärker versucht, Europa – und vor allem Deutschland – im Wettstreit mit den USA auf seine Seite zu ziehen, setzt sich in Berlin ein immer kritischerer Blick auf die Volksrepublik durch.
Schon im Dezember berichtete China.Table über die neue China-Strategie von Wirtschaftsminister Robert Habeck. In dem 104 Seiten starken Dokument mit der Kennzeichnung “VS” (Verschlusssache) ließ der grüne Minister keinen Zweifel an seiner neuen China-Politik aufkommen: Bestehende Abhängigkeiten gelte es zu verringern, insbesondere im Bereich kritischer Infrastruktur. Explizit genannt wurden die Chipversorgung – und eben die Telekommunikationsbranche.
Sollte sich nun auch Deutschland gegen Huawei und ZTE im 5G-Netz entscheiden, wäre die einzig verbleibende Lösung Europa. Denn außer Huawei sind weltweit nur zwei weitere Netzwerkausrüster überhaupt in der Lage, derart große 5G-Netze aufzubauen: Nokia aus Finnland und Ericsson aus Schweden. Unabhängig von möglichen chinesischen Spionagemöglichkeiten ist es höchste Zeit, das riesige Potenzial eines geeinten Europas endlich zu nutzen. 5G wäre nur eine von vielen Chancen.
Wegen steigender Energiepreise und der grünen Energiewende rückt Afrika mehr denn je in den Fokus als wichtiger Rohstofflieferant. Beispiel Kobalt: Rund 50 Prozent der weltweiten Vorkommen befinden sich in der Demokratischen Republik Kongo, das global mehr als 70 Prozent des Rohstoffes produziert.
Die meisten der Minen des Kongos befinden sich in chinesischer Hand. Schon 2008 sicherte sich die Volksrepublik einen damals sechs Milliarden US-Dollar schweren Deal: Für den Bau von Infrastruktur erhält die Volksrepublik im Gegenzug kongolesische Rohstoffe. Die Folge für den weltweiten Batteriemarkt, der unter anderem vom Zugang zu Kobalt abhängig ist: Der chinesische Marktführer CATL konnte seinen Anteil auf mehr als 37 Prozent ausbauen, sechs der Top-10 Hersteller sind chinesische Firmen.
Nun verhandelt Kongos Präsident Felix Tshisekedi mit Peking nach. Er möchte den Vertrag, den sein Vorgänger Joseph Kabila unterzeichnete, ergänzen. Statt sechs Milliarden soll China jetzt 18 Milliarden US-Dollar an Infrastrukturinvestitionen übernehmen: “Jetzt müssen wir die Dinge einfach so ausbalancieren, dass es zu einer Win-win-Situation kommt”, sagte er auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos im Januar. Tshisekedi glaubt: China sei vor 15 Jahren zu billig weggekommen.
Ähnlich sieht das Präsident Emmerson Mnangagwa von Simbabwe, der ebenfalls den Wert des globalen Rohstoffbooms erkannt hat: “Wir müssen Industriestrukturen und -prozesse aufbauen, und die Erze vor Ort weiterverarbeiten”, schrieb er kürzlich in einer Kolumne. Sein Land, das sich seit zwei Jahrzehnten in einer Dauerkrise befindet, verfügt über die größten Lithium-Vorkommen in Afrika. Lithium soll in Simbabwe wirtschaftlich die Wende bringen. Deshalb untersagte die Regierung Ende 2022 den Export des wertvollen Metalls. Mehr Wertschöpfung im Land soll mehr Wachstum bringen.
Afrika besitzt rund 30 Prozent der weltweiten Rohstoffvorkommen, darunter viele technologisch wertvolle wie Lithium, Mangan und Kobalt. Entsprechend groß sind die Begehrlichkeiten der Nationen, die um die Vorherrschaft in den Schlüsselindustrien der Zukunft konkurrieren. China versucht schon seit Jahren konsequent, sich den Zugang zu diesen Rohstoffen strategisch und langfristig zu sichern.
Doch in Afrika selbst hat man offenbar das Potenzial für die eigene industrielle Entwicklung entdeckt und macht nun chinesischen, amerikanischen oder europäischen Interessen Konkurrenz. So stand Afrikas wichtigste Bergbaukonferenz, die Mining Indaba in Kapstadt, im Februar unter dem Motto “Wertschöpfung”, was auch die Weltbank unterstützt. Statt des Exports von Rohstoffen sollen in Afrika eigen Industrien aufgebaut werden, die die Metalle vor Ort weiterverarbeiten. Offen ist, ob Batterien dadurch teurer werden oder sich nur der Ort der Wertschöpfung verlagert.
Für Europa gibt es dabei allerdings eine besondere Herausforderung: das Lieferkettengesetz. Es wird voraussichtlich kommenden Mai vom Europäischen Parlament beschlossen werden. Danach müssen Unternehmen aus der EU geltende Menschenrechtsstandards und Umweltschutzrichtlinien einhalten. Das wird die Verlagerung der Wertschöpfung bremsen. Es erschwere die “Diversifizierungsbemühungen der deutschen Industrie und konterkariert in vielen Bereichen sogar ein stärkeres Engagement in Afrika”, sagt Wolfgang Niedermark von der BDI-Hauptgeschäftsführung.
Chinesische Firmen müssen sich jedenfalls nicht an ein Lieferkettengesetz halten, auch wenn sie vor allem in Afrika zunehmend dazu angehalten werden, auf Ausbeutung zu verzichten. Und die Afrikaner erhöhen den Druck: Anfang des Jahres ließ Präsident Tshisekedi seine Staatsprüfer eine Studie veröffentlichen, die nachweisen sollte, dass die Chinesen den Kongo jahrelang beim Kobaltabbau benachteiligten. Vergangene Woche entzog deshalb ein Gericht in der Provinzhauptstadt Lubumbashi dem Bergbauriesen China Molybdenum die Lizenz für sechs Monate.
Die Chinesen stehen im Kongo schon länger in der Kritik, einerseits, weil in ihren Minen miserable Arbeitsbedingen herrschen, wie die Zeitung Guardian 2021 dokumentierte. Doch trotz auswärtiger Hilfe ist Regierung des Kongo nicht in der Lage, die geforderten Regeln durchzusetzen. Das Land gilt als Paradebeispiel für Armut, Gewalt und lang andauernde Kriege, in denen mit Rohstoffen Waffen gekauft werden.
Doch für innerstaatliche Angelegenheiten anderer Länder interessiert sich China nicht. Den Unternehmern in Afrika geht es darum, Geschäfte zu machen. Das macht sie zu einem harten Konkurrenten um die afrikanischen Rohstoffe. Es liegt jedoch an Europa zu zeigen, dass eine nachhaltige Entwicklung der afrikanischen Länder, Rechts- und Sozialstandards eben genauso im Interesse der Menschen sind wie die Gewinne aus dem Abbau von Rohstoffen. Europa sollte nicht nur China für das Fehlen dieser Komponenten kritisieren, sondern vor allem mit eigenen guten Beispielen punkten. Im Wettbewerb um die Rohstoffe der Zukunft bieten sich dafür viele Gelegenheiten. Andreas Sieren
Es ist eine seltene Erfolgsmeldung für Chinas Wintersportler. Mitte Februar holte Ying Qing die erste Medaille überhaupt für China bei einer Bob-Weltmeisterschaft. Die ehemalige Leichtathletin gewann bei der WM in Lettland Bronze im Mono-Bob. Das Edelmetall ist ein kleines Vermächtnis der chinesischen Großoffensive im olympischen Wintersport.
Ying war überhaupt erst zur Bobfahrerin geworden, nachdem die Disziplin, bei dem nur eine Person im Bob sitzt, für die Olympischen Winterspielen 2022 in Peking ins Programm aufgenommen worden war. China wollte damals in jeder Disziplin jeweils einen Athleten und eine Athletin ins Rennen schicken. Dazu heuerte es Dutzende erfahrene ausländische Trainer an und schickte junge Sportler zum Training ins Ausland.
Ein Jahr nach Olympia ist es ruhig geworden um die chinesischen Wintersport-Ambitionen. 300 Millionen Chinesen seien im Vorfeld mit dem Wintersport in Kontakt gekommen, hatten die Veranstalter damals noch vermeldet. Wie nachhaltig dieses Kennenlernen gewesen ist, wird erst die Zukunft zeigen.
Im Leistungsport hat Chinas Streben auf Spitzenresultate jedenfalls deutlich nachgelassen. In den meisten Disziplinen spielen sie keine Rolle – mit Ausnahmen der Eisschnelllauf-Variante Short Track und des Ski-Freestyle, in denen Chinas Sportler seit Jahren erfolgreich mitmischen. Doch das sind eher Nischen-Sportarten, die auch im Fernsehen kaum gezeigt werden. In den klassischen Disziplinen auf den Skipisten, in den Langlauf- und Biathlon-Loipen, im Rodel-Eiskanal oder auf den Skisprungschanzen ist China weiter ein krasser Außenseiter.
Chinas aktuelle Aktivitäten im Wintersport seien kaum noch sichtbar, sagt Mark Dreyer, Sportexperte in Peking und Autor des Buches “Sporting Superpower“. Aufmerksamkeit und Ressourcen seien gesunken. Von außen sei nicht erkennbar, wer über Projekte oder Budgets entscheide. “Generell hat der Sport jetzt weniger Zugkraft und muss sich wieder mit allen anderen Themen messen”, sagt Dreyer zu Table.Media.
Er geht davon aus, dass China künftig nur noch solche Disziplinen fördere, bei denen mit harter Aufbauarbeit gewisse Erfolgschancen winken. Investitionen etwa im Alpin-Ski, wo China bis auf Weiteres keine wirklichen Chancen gegen die etablierten Ski-Nationen haben wird, könnte wenig lohnend erscheinen. Die Bedeutung des Skifahrens liege für die Regierung eher auf Freizeitsport, sagt Dreyer: “Denn das ist Konsum.”
Gar in die Bedeutungslosigkeit zieht es den Biathlon. Der norwegische Rekord-Weltmeister Ole Einar Björndalen, der die chinesische Nationalmannschaft vor den Spielen übernommen hatte, kritisiert seinen früheren Arbeitgeber: Die Skijäger aus China “hatten in dieser Saison miserable Bedingungen“, sagte Björndalen Mitte Februar der schwedischen Tageszeitung “Expressen”. Der chinesische Verband habe die Investitionen in die Mannschaft stark reduziert. Das Team nahm in diesem Winter an keinem Weltcuprennen teil, bis es plötzlich überraschend bei der WM auftauchte. Es gehörte dort zu den schwächsten Mannschaften.
“Björndalen war nicht der erste und wird nicht der letzte sein, dem die Welt versprochen wurde und der enttäuscht zurückblieb”, sagt Dreyer. Schon während der Spiele klagten einige der ausländischen Trainer, dass sie ihre Trainingsmethoden vor Ort nicht durchsetzen konnten – trotz gegenteiliger Zusagen. Ähnlich ergehe es möglicherweise dem chinesisch-amerikanischen Freestyle-Ass Eileen Gu. Sie gewann Medaillen für China. Doch ihr Sport findet außerhalb der Spiele wenig Aufmerksamkeit.
Zumindest numerisch stärker vertreten sind Chinas Skispringerinnen: Bei der Ski-Nordisch-WM vergangene Woche in Slowenien trat China mit vier Damen an. Bei Olympia waren es nur zwei Frauen gewesen, die alle sofort ausschieden. Beim Team-Springen – bei dem vier Frauen gebraucht werden, was viele Länder von vornherein ausschließt – gelang es China vergangene Woche erstmals, den zweiten Durchgang aus nur noch acht Teams zu erreichen – wo es dann Achter wurde.
Es sei erfreulich, dass China das Skispringen nach Olympia nicht begraben habe, sagte Co-Kommentator Toni Innauer während des Wettbewerbs im ZDF. “Sie sind sogar etwas besser aufgestellt als bei Olympia”, urteilt der einstige Skisprungstar aus Österreich – und verweist auf das ausländische Trainerteam der Chinesinnen. Beim Einzel von der Großschanze wurde die beste Chinesin Liu Qi immerhin 22. Der Vorteil: Das Damen-Skispringen ist relativ neu, die Konkurrenz noch nicht fest etabliert. Chinas zwei für die WM gemeldeten Männer scheiterten beim Einzel schon in der Qualifikation.
Das ist kein Wunder, denn letztlich ist es auch mit dem größten Ehrgeiz unmöglich, ehemalige Turner und Leichtathleten binnen weniger Jahre auf Wintersport-Spitzenleistungen zu trimmen. Doch wo in China ein Wille ist, findet sich in aller Regel auch ein Budget.
Dreyer weist auf die modernen Anlagen hin, etwa die Olympia Bob- und Rodelbahn oder die große Skisprunganlage. “Für die Skispringer besitzt China einen der wenigen Windkanäle der Welt.” Vielleicht halfen die Anlagen China, sich gerade beim Bobfahren und Skispringen dem Weltniveau anzunähern. “2022 war ein Olympia-Zyklus zu früh”, sagt Dreyer. “Wenn sie bei ihren Plänen bleiben, dann haben sie durchaus Chance, bei den nächsten Olympischen Spielen 2026 oder 2030 voranzukommen.”
Eine neue Studie im Fachmagazin “Nature” zeigt, dass Chinas große Pläne für Elektroautos (EV) in Gefahr sind. Grund sind die aktuell steigenden Preise für “kritische Materialien” wie Lithium, Kobalt oder Nickel. Die Autoren warnen, dass dadurch nicht nur Chinas Ambitionen auf dem EV-Markt, sondern auch die hohen Klimaziele der Regierung verfehlt werden könnten.
In ihrer Studie zeigen die Autoren, wie sich ein Anstieg der Lithium-, Kobalt-, Nickel- und Manganpreise auf die Akzeptanz von Elektrofahrzeugen in China auswirken würde. Das Ergebnis: Der aktuelle Kostenschub könnte dazu führen, dass sich der Anteil der Elektrofahrzeuge auf Chinas Straßen schon im Jahr 2030 von 49 Prozent auf 35 Prozent reduzieren würde. Für 2060 wird ein Rückgang von 67 Prozent auf 51 Prozent prognostiziert.
China fördert massiv den Bau von Elektrofahrzeugen und verfolgt damit vor allem zwei Ziele:
Entsprechend sind durch den Preisanstieg bei den “kritischen Materialien” auch Pekings Klimaziele gefährdet. Die Folge: Chinas CO2-Emissionen aus dem Straßenverkehr könnten im Zeitraum von 2020 bis 2060 um 28 Prozent steigen. rad
Der chinesische Smartphone-Produzent Xiaomi hat den Start seiner Massenproduktion von E-Autos angekündigt. Firmenboss Lei Jun nannte im Rahmen des Nationalen Volkskongresses (NVK) in Peking die erste Jahreshälfte 2024 als Termin. Lei ist als Delegierter Teil des chinesischen Parlaments.
Xiaomi hat mehr als drei Milliarden Yuan, knapp 400 Millionen Euro, in die Entwicklung einer eigenen Elektrosparte investiert. “Xiaomis Autoproduktion ist weiter fortgeschritten als erwartet und hat kürzlich die Wintertests erfolgreich abgeschlossen”, sagte Lei vor anderen Delegierten.
In der E-Sparte des Herstellers arbeiten rund 2.300 Mitarbeiter. Lei selbst kümmert sich gleichermaßen um die Entwicklung der E-Autos sowie um das Telekommunikations-Geschäft des Unternehmens. Xiaomi gehört zu den größten Smartphone-Herstellern der Welt. grz
Der politische Westen verfügt über ein erhebliches Drohpotenzial gegenüber China. Zu dieser Schlussfolgerung kommt das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) nach einer Auswertung der chinesischen Importstruktur. Die Studie schlüsselt detailliert die Einfuhren von Industriegütern in die Volksrepublik nach ihrer jeweiligen Herkunft auf. Bei den 20 wertmäßig wichtigsten Importgütern stammen durchschnittlich 52 Prozent aus westlichen Ländern.
Ohne Zweifel: “Würde es im Falle eines Konflikts um Taiwan im Extremfall keine Importe mehr aus China geben, wäre das für viele Unternehmen eine Katastrophe – denn die Abhängigkeit hatte zuletzt Rekordwerte angenommen”, schreiben die Autoren. Aber die vorliegende Studie zeigt eben, dass auch China “auf westliche Einfuhren angewiesen” sei – also auf Importe aus Europa, Kanada, den USA, aber auch Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland.
Besonders benötigt China westliche Technologieprodukte. Das Land importierte 2021 Halbleiter im Wert von 433 Milliarden US-Dollar, davon kamen 32 Prozent aus dem Westen. Zählt man die Computerchips aus Taiwan dazu, steigt dieser Anteil auf 68 Prozent. Auch in anderen Sektoren sei China stark abhängig. Dazu gehören die Luft- und Raumfahrttechnik, Automobile sowie Arzneimittel. Schwer ersetzbar seien zudem einige Rohstoffe und Lebensmittel.
“Im Konfliktfall könnte der Westen diese Abhängigkeiten nutzen, um die chinesische Wirtschaft durch Sanktionen unter Druck zu setzen”, heißt es. Deswegen bemühe sich die chinesische Regierung, Technologie und Expertise im eigenen Land anzusiedeln. grz
Hafen-Lastkräne des chinesischen Herstellers ZPMC sind in den USA unter Spionageverdacht geraten. Sicherheitsbeamte hegen den Verdacht, dass die verwendete Sensorentechnologie der Kräne dazu genutzt werden kann, Herkunft und Bestimmungsorte von Containern zu registrieren und zu verfolgen. Damit wäre es theoretisch möglich nachzuvollziehen, wann und wo militärisches Gerät aus den USA in andere Teile der Welt verschifft wird.
Die Beamten für nationale Sicherheit und aus dem Pentagon verglichen die Kräne mit Trojanischen Pferden und bezeichneten den Hersteller ZPMC als das neue Huawei, berichtet die Zeitung Wall Street Journal. Wie die Technologie des chinesischen Mobilfunkherstellers seien die Kräne eine perfekte Kombination, um legitime Geschäftsinteressen mit einer versteckten Sammlung von sicherheitsrelevanten Informationen zu verknüpfen. Ein Sprecher der chinesischen Botschaft in Washington bezeichnete die Vorwürfe als Paranoia.
Auch in deutschen Häfen werden ZPMC-Kräne zum Verschiffen von Containern eingesetzt, beispielsweise in Hamburg. Die ZPMC Germany GmbH ist eine 100-prozentige Tochter der Shanghai Zhenhua Heavy Industries Co. Ltd. grz
Am 24. Februar, dem Jahrestag des russischen Einmarsches in die Ukraine, veröffentlichte das Außenministerium der VR China ein Zwölf-Punkte-Papier zu Chinas Position in diesem Aggressionskrieg. Noch kurz nach Beginn der Invasion gab es international die Hoffnung, China könnte seinen Einfluss auf Russland entscheidend für Vermittlungen und Frieden nutzen.
Denn China gilt als Russlands wichtigster Verbündeter. Der Aggressionskrieg gegen die Ukraine ist auch Zeichen eines offenen Kampfes der politischen Systeme. Schon kurz nach dem russischen Überfall bat der ukrainische Botschafter in Japan, China einzulenken. Seit zwölf Monaten also wartet die Welt auf Chinas Friedensinitiative – nun erscheint dieses Zwölf-Punkte-Papier.
Was es nicht ist? Es ist keine klare Position des offiziellen Chinas zu dem Aggressionskrieg. Es ist weder eine eindeutige prorussische Stellungnahme noch ein klares “Machtwort” in Richtung Russland, den Angriffskrieg zu stoppen.
Was es ist? Es ist ein diplomatisches Symbol für die Weltbühne, welches die Zutaten internationaler Diplomatie im chinesischen Sinne auslegt und für die Kriegssituation mit neuer Bedeutung füllt.
China verteidigt seit Langem das Konzept der staatlichen Souveränität, sprich das Recht souveräner Staaten, frei von ausländischer Einmischung zu sein. Dies sei der “Garant für Frieden, Sicherheit und Wohlstand”. Dieses Verständnis “staatlicher Souveränität” geht jedoch weit über die in der UN-Charta enthaltenen entsprechenden Verbote der unerlaubten Gewaltanwendung und Bewaffnung oder Finanzierung von Rebellenbewegungen hinaus.
Für China ist dieser Grundsatz des Völkerrechts gleichbedeutend mit “Nichteinmischung”. Denn China bezeichnet bereits bloße Kommentare zu seiner Innenpolitik – ganz zu schweigen von Kritik an seiner Menschenrechtsbilanz – routinemäßig als eine unzulässige Form der “Einmischung” in seine staatliche Souveränität. Diese Haltung versucht China auf der Weltbühne der Diplomatie zu etablieren.
Das ist höchst gefährlich, speziell, wenn es um Verbrechen gegen die Menschlichkeit und andere völkerrechtliche Vergehen geht – wie derzeit von Russland in der Ukraine begangen. Eine geschlossene internationale Reaktion auf von Russland begangene Gräueltaten in der Ukraine, die laut Völkerrecht eindeutig gegeben sind, wird so auch seit einem Jahr durch prorussische chinesische Haltung verhindert.
Das Zwölf-Punktepapier ist eine aus chinesischer Sicht logische Konsequenz der seit zehn Jahren massiv vorgenommenen Umformung universeller Spielregeln auf nationale Befindlichkeiten. Beispiel Menschenrechte: Die Betonung der staatlichen Souveränität, der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten und des Rechts auf wirtschaftliche Entwicklung als ein über allen anderen Rechten stehendes Menschenrecht droht das gesamte internationale Menschenrechtssystem sowie Normen zu Transparenz und Rechenschaftspflicht zu schwächen. Die Idee von universellen Menschenrechten, die über die nationale Souveränität hinausgehen und die internationale Gemeinschaft als Ganzes betreffen, lehnt China ab.
Im Zwölf-Punkte Papier betont China die Bedeutung der territorialen Souveränität aller Länder. Ein kleiner Unterschied zur staatlichen Souveränität mit großen Folgen. Dies kann heißen, dass dies eine Anerkennung russisch annektierter Gebiete als russisch nach sich zieht. Letztlich können hier auch Rahmenbedingungen geschaffen werden, die die Änderung des Status Taiwans nach sich ziehen. Es kann aber auch heißen – dies ist eher unwahrscheinlich -, dass China den Einmarsch in ein souveränes Land wie die Ukraine am Ende doch noch verurteilt.
Was das Zwölf-Punktepapier auch ist: ein Angebot Chinas als Vermittler, ein Aufruf zu Dialog und Kompromissen – unter den Prämissen eines umgedeuteten Völkerrechts. China spricht sich für einen Waffenstillstand und die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen aus.
Die zwölf Punkte spiegeln darüber hinaus pragmatische Interessen Chinas wider: Lieferketten sollen wieder sicher funktionieren, der eurasische Kontinent muss dafür stabil gehalten werden, und der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen soll die Sanktionen gegen Russland stoppen. Dialog und Verhandlungen seien die einzige Lösung, nicht Sanktionen. Es darf nicht vergessen werden: Die Ukraine ist wichtiges Transitland der Seidenstraße und wichtiger Militär- und Getreidelieferant Chinas. Konkret benennt Punkt 9 des Zwölf-Punkte-Plans die Getreide-Schwarzmeer-Initiative, die es gelte fortzusetzen.
Jetzt, ein Jahr nach Kriegsbeginn, sind Lieferketten, Finanzströme und Energietransportwege zwischen Russland und China gefestigt. Im globalen Wettbewerb um Einflusssphären zur Sicherung von (Energie-)Rohstoffen werden Loyalitätsbekundungen im Systemwettbewerb immer wichtiger. China signalisierte nun erneut, für den Wiederaufbau bereitzustehen. Xi Jinping macht der Ukraine Hoffnungen.
Und die Ukraine verhält sich entsprechend: Auf der 51. Tagung des UN-Menschenrechtsrates im vergangenen Herbst enthielt sie sich, als über den Resolutionsentwurf abgestimmt wurde, der vorsah, bei der nächsten Tagung im März eine Debatte über die Situation in Xinjiang zu führen. Denkbar knapp war schließlich das Abstimmungsergebnis mit 17 Ja, 19 Nein und 11 Enthaltungen.
Dieser Zwölf-Punkte-Plan soll das weltweite Säbelrasseln durch Wohlwollen einhegen. Außenminister Qin Gang warnte vor weiteren Waffenlieferungen. Pekings globale Sicherheitsstrategie wurde zeitgleich mit dem Zwölf-Punkte Plan veröffentlicht. Sie soll ein Alternativsystem zur Nato etablieren. Beide Papiere sind Bausteine zur Umformung der internationalen Ordnung.
Nora Sausmikat ist habilitierte Sinologin und leitet den China-Desk bei urgewald, die Kampagnenarbeit zur Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank sowie zur Asiatischen Entwicklungsbank. Neben dem Fokus auf die beiden Banken analysiert sie Chinas globale Rolle vor allem im Bereich Klima- und Menschenrechtspolitik. Dieser Text erschien erstmals in der taz vom 3.3.2023.
Chris Cash, Direktor der China Research Group, ist zum Associate Fellow des britischen Council on Geostrategy ernannt worden.
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Demonstranten in Taiwans Hauptstadt Taipeh: Am 64. Jahrestag des Tibet-Aufstandes im Jahr 1959 erinnerten tibetische und taiwanische Protestierende gegen Chinas Unterdrückungspolitik in Tibet.
am späten Montagabend machten Meldungen die Runde, das Bundesinnenministerium plane den Ausschluss von Huawei und ZTE aus dem deutschen 5G-Netz. Während andere Länder sich schon längst zu einem solchen Schritt entschlossen haben, prüft man in Berlin bereits seit Monaten. Die Sicherheitsrisiken einer chinesischen Beteiligung an 5G erscheinen nun unterm Strich offenbar zu groß. Michael Radunski analysiert, wie weitreichend die Konsequenzen einer solchen Entscheidung sind – wirtschaftlich und politisch. Die einzig verbleibende Lösung für die Beschaffung sicherer Komponenten liegt nun in Europa.
Unterdessen ist das Wettrennen um afrikanische Rohstoffe in vollem Gange. Europa hat den Start völlig verschlafen und läuft den Chinesen nun hinterher, wie unsere zweite Analyse feststellt. Jetzt könnte man auf die Idee kommen, das europäische Lieferkettengesetz zu verdammen, das EU-Unternehmen bald schon ein höheres Maß an Menschenrechts- und Umweltstandards abverlangt. Denn wie sollen europäische Akteure chinesische Mitbewerber ausstechen, wenn deren Standards deutlich niedriger und damit auch deren Kosten geringer sind? Die Antwort lautet: indem sie aus Überzeugung das Richtige tun. Das sind wir Afrika schuldig und am Ende auch uns selbst in unserer Rolle als Verbraucher.
Während China in Afrika ein Auge auf Kobalt und Nickel geworfen hat, standen bei den Olympischen Spielen im vergangenen Jahr ausschließlich Gold, Silber und Bronze im Mittelpunkt. Dafür floss viel chinesisches Geld in Trainer und Know-how aus den etablierten Wintersport-Nationen. Im Vergleich zu den Rohstoffen in Afrika scheint die Jagd auf die Edelmetalle weniger langfristig beabsichtigt gewesen zu sein. Nur in wenigen Winter-Disziplinen besitzt China ein Jahr nach Olympia noch internationale Ambitionen, schreibt Christiane Kühl.
Ehe ich Sie nun der Dienstagsausgabe des China.Table überlasse, habe ich noch einen Veranstaltungstipp für Sie. Ab 11.00 Uhr MEZ lädt Michael Radunski zu einem Webinar mit Sophie Reiß (Merics) und Marina Rudyak (Sinologin, derzeit an Universität Göttingen). Das Thema: Wie steht es beim laufenden Volkskongress in Peking um die innere Verfassung der KP? Sie erwartet dort eine sicherlich hoch spannende Diskussion. Anmelden können Sie sich kostenlos hier.
Das Bundesinnenministerium (BMI) von Nancy Faeser plant offenbar, den Einsatz chinesischer Technologie in deutschen Mobilfunknetzen deutlich einzuschränken. Bestimmte Bauteile der chinesischen Hersteller Huawei und ZTE sollen in deutsche 5G-Netze nicht mehr verwendet werden. Das berichten am Montagabend sowohl Zeit Online, Spiegel.de als auch die Zeitung Handelsblatt. Sie berufen sich auf Regierungskreise.
Ein solches Verbot hätte weitreichende Konsequenzen – für den Ausbau des Mobilfunkstandards 5G in Deutschland, für die in Netzbetreiber in Deutschland, sowie für die chinesischen Unternehmen. Aber auch das Verhältnis zwischen China und Deutschland würde unter einer solchen Entscheidung erheblich leiden.
Direkt betroffen wären die Netzwerkbetreiber in Deutschland wie Deutsche Telekom, Telefónica oder auch Vodafone. Da das Verbot auch Komponenten gelten soll, die bereits verbaut sind, müssten sie die entsprechenden Bauteile der chinesischen Hersteller aus ihren Anlagen wieder entfernen. Die dabei entstehenden Kosten müssen den Berichten zufolge die Konzerne selbst tragen.
Wie weitreichend und kostspielig ein solcher Ausbau sein könnte, zeigt ein Blick auf die große Abhängigkeit des deutschen 5G-Netzes von chinesischer Technologie: 59 Prozent der Komponenten im deutschen 5G-Netz stammen von Huawei. Damit ist Deutschland bei diesen Radio Access Network-Komponenten (RAN) sogar noch abhängiger von chinesischer Technik als beim älteren 4G-Standard. Im deutschen 4G-Netz liegt der Huawei-Anteil bei 57 Prozent.
Diese große Abhängigkeit ist verwunderlich. Sorgen über mögliche Sicherheitslücken oder zumindest geostrategischen Verwicklungen bestehen schon lange. Eine entsprechende Prüfung des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und des BMI läuft seit Monaten. Die Sorge ist klar: Staaten wie China könnten so direkt oder indirekt Zugriff auf deutsche Mobilfunknetze bekommen.
Im Fokus steht dabei vor allem Huawei, als einer der weltweit größten Telekommunikationsausrüster und Marktführer bei der 5G-Technik. Mehrere Länder – beispielsweise Australien, Schweden, Großbritannien, Japan, Kanada oder die USA – haben das Unternehmen aus Shenzhen bereits vom Ausbau ihrer 5G-Netze ausgeschlossen. In Deutschland ist die schon seit vergangenem Herbst laufende Prüfung offiziell zwar noch nicht abgeschlossen. Aber die Berichte von Montagabend lassen vermuten, dass das Ergebnis inzwischen feststeht.
Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sagte dem Handelsblatt: “Wenn es stimmt, dass das Innenministerium jetzt endlich damit beginnt, 5G-Komponenten von nicht-vertrauenswürdigen Anbietern zu untersagen, dann wäre das eine gute Nachricht. Huawei und andere Anbieter, die dem Einfluss der chinesischen Regierung unterliegen, sind ein Sicherheitsrisiko in unseren Netzen.”
Bemerkenswert dabei ist, dass weder Huawei noch ZTE bislang Spionage oder Sabotage nachgewiesen werden konnten. Vielmehr betont Huawei konsistent, höchsten Sicherheitsstandards zu genügen. Auch stehe man weder unter direktem noch indirektem Einfluss “irgendwelcher externen Organisationen oder Personen in seinem Handeln”. Gemeint ist damit die Kommunistische Partei.
Auch bei ZTE konnten bislang keine Vorwürfe belegt werden. Im Gegenteil: Erst vor wenigen Wochen hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik eine 5G-Komponente von ZTE als sicher zertifiziert.
Allerdings hatte die Bundesregierung schon zuvor klargemacht, dass nicht nur die technische Prüfung ausschlaggebend sei für die abschließende Entscheidung der Regierung. Vielmehr müsse auch in Betracht gezogen werden, “ob das herstellende Unternehmen entweder unmittelbar oder mittelbar unter einer staatlichen Einflussnahme steht”.
Und genau in dieser Abwägung steckt der entscheidende Punkt: Die chinesischen Gesetze verpflichten alle heimische Unternehmen dazu, mit Behörden der Volksrepublik zu kooperieren. Sollte eine entsprechende Anweisung aus Peking erfolgen, haben Unternehmen in China keine Möglichkeit, sich dagegen zu wehren – selbst ein so selbstbewusster Konzern wie Huawei. Dass Huawei diesen Umstand abstreitet, erscheint unglaubwürdig.
Aber nicht nur wirtschaftlich hätte ein solches Verbot gravierende Folgen. Auch das politische Verhältnis zwischen China und Deutschland würde unter der Entscheidung wohl erheblich leiden. Während China zuletzt immer stärker versucht, Europa – und vor allem Deutschland – im Wettstreit mit den USA auf seine Seite zu ziehen, setzt sich in Berlin ein immer kritischerer Blick auf die Volksrepublik durch.
Schon im Dezember berichtete China.Table über die neue China-Strategie von Wirtschaftsminister Robert Habeck. In dem 104 Seiten starken Dokument mit der Kennzeichnung “VS” (Verschlusssache) ließ der grüne Minister keinen Zweifel an seiner neuen China-Politik aufkommen: Bestehende Abhängigkeiten gelte es zu verringern, insbesondere im Bereich kritischer Infrastruktur. Explizit genannt wurden die Chipversorgung – und eben die Telekommunikationsbranche.
Sollte sich nun auch Deutschland gegen Huawei und ZTE im 5G-Netz entscheiden, wäre die einzig verbleibende Lösung Europa. Denn außer Huawei sind weltweit nur zwei weitere Netzwerkausrüster überhaupt in der Lage, derart große 5G-Netze aufzubauen: Nokia aus Finnland und Ericsson aus Schweden. Unabhängig von möglichen chinesischen Spionagemöglichkeiten ist es höchste Zeit, das riesige Potenzial eines geeinten Europas endlich zu nutzen. 5G wäre nur eine von vielen Chancen.
Wegen steigender Energiepreise und der grünen Energiewende rückt Afrika mehr denn je in den Fokus als wichtiger Rohstofflieferant. Beispiel Kobalt: Rund 50 Prozent der weltweiten Vorkommen befinden sich in der Demokratischen Republik Kongo, das global mehr als 70 Prozent des Rohstoffes produziert.
Die meisten der Minen des Kongos befinden sich in chinesischer Hand. Schon 2008 sicherte sich die Volksrepublik einen damals sechs Milliarden US-Dollar schweren Deal: Für den Bau von Infrastruktur erhält die Volksrepublik im Gegenzug kongolesische Rohstoffe. Die Folge für den weltweiten Batteriemarkt, der unter anderem vom Zugang zu Kobalt abhängig ist: Der chinesische Marktführer CATL konnte seinen Anteil auf mehr als 37 Prozent ausbauen, sechs der Top-10 Hersteller sind chinesische Firmen.
Nun verhandelt Kongos Präsident Felix Tshisekedi mit Peking nach. Er möchte den Vertrag, den sein Vorgänger Joseph Kabila unterzeichnete, ergänzen. Statt sechs Milliarden soll China jetzt 18 Milliarden US-Dollar an Infrastrukturinvestitionen übernehmen: “Jetzt müssen wir die Dinge einfach so ausbalancieren, dass es zu einer Win-win-Situation kommt”, sagte er auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos im Januar. Tshisekedi glaubt: China sei vor 15 Jahren zu billig weggekommen.
Ähnlich sieht das Präsident Emmerson Mnangagwa von Simbabwe, der ebenfalls den Wert des globalen Rohstoffbooms erkannt hat: “Wir müssen Industriestrukturen und -prozesse aufbauen, und die Erze vor Ort weiterverarbeiten”, schrieb er kürzlich in einer Kolumne. Sein Land, das sich seit zwei Jahrzehnten in einer Dauerkrise befindet, verfügt über die größten Lithium-Vorkommen in Afrika. Lithium soll in Simbabwe wirtschaftlich die Wende bringen. Deshalb untersagte die Regierung Ende 2022 den Export des wertvollen Metalls. Mehr Wertschöpfung im Land soll mehr Wachstum bringen.
Afrika besitzt rund 30 Prozent der weltweiten Rohstoffvorkommen, darunter viele technologisch wertvolle wie Lithium, Mangan und Kobalt. Entsprechend groß sind die Begehrlichkeiten der Nationen, die um die Vorherrschaft in den Schlüsselindustrien der Zukunft konkurrieren. China versucht schon seit Jahren konsequent, sich den Zugang zu diesen Rohstoffen strategisch und langfristig zu sichern.
Doch in Afrika selbst hat man offenbar das Potenzial für die eigene industrielle Entwicklung entdeckt und macht nun chinesischen, amerikanischen oder europäischen Interessen Konkurrenz. So stand Afrikas wichtigste Bergbaukonferenz, die Mining Indaba in Kapstadt, im Februar unter dem Motto “Wertschöpfung”, was auch die Weltbank unterstützt. Statt des Exports von Rohstoffen sollen in Afrika eigen Industrien aufgebaut werden, die die Metalle vor Ort weiterverarbeiten. Offen ist, ob Batterien dadurch teurer werden oder sich nur der Ort der Wertschöpfung verlagert.
Für Europa gibt es dabei allerdings eine besondere Herausforderung: das Lieferkettengesetz. Es wird voraussichtlich kommenden Mai vom Europäischen Parlament beschlossen werden. Danach müssen Unternehmen aus der EU geltende Menschenrechtsstandards und Umweltschutzrichtlinien einhalten. Das wird die Verlagerung der Wertschöpfung bremsen. Es erschwere die “Diversifizierungsbemühungen der deutschen Industrie und konterkariert in vielen Bereichen sogar ein stärkeres Engagement in Afrika”, sagt Wolfgang Niedermark von der BDI-Hauptgeschäftsführung.
Chinesische Firmen müssen sich jedenfalls nicht an ein Lieferkettengesetz halten, auch wenn sie vor allem in Afrika zunehmend dazu angehalten werden, auf Ausbeutung zu verzichten. Und die Afrikaner erhöhen den Druck: Anfang des Jahres ließ Präsident Tshisekedi seine Staatsprüfer eine Studie veröffentlichen, die nachweisen sollte, dass die Chinesen den Kongo jahrelang beim Kobaltabbau benachteiligten. Vergangene Woche entzog deshalb ein Gericht in der Provinzhauptstadt Lubumbashi dem Bergbauriesen China Molybdenum die Lizenz für sechs Monate.
Die Chinesen stehen im Kongo schon länger in der Kritik, einerseits, weil in ihren Minen miserable Arbeitsbedingen herrschen, wie die Zeitung Guardian 2021 dokumentierte. Doch trotz auswärtiger Hilfe ist Regierung des Kongo nicht in der Lage, die geforderten Regeln durchzusetzen. Das Land gilt als Paradebeispiel für Armut, Gewalt und lang andauernde Kriege, in denen mit Rohstoffen Waffen gekauft werden.
Doch für innerstaatliche Angelegenheiten anderer Länder interessiert sich China nicht. Den Unternehmern in Afrika geht es darum, Geschäfte zu machen. Das macht sie zu einem harten Konkurrenten um die afrikanischen Rohstoffe. Es liegt jedoch an Europa zu zeigen, dass eine nachhaltige Entwicklung der afrikanischen Länder, Rechts- und Sozialstandards eben genauso im Interesse der Menschen sind wie die Gewinne aus dem Abbau von Rohstoffen. Europa sollte nicht nur China für das Fehlen dieser Komponenten kritisieren, sondern vor allem mit eigenen guten Beispielen punkten. Im Wettbewerb um die Rohstoffe der Zukunft bieten sich dafür viele Gelegenheiten. Andreas Sieren
Es ist eine seltene Erfolgsmeldung für Chinas Wintersportler. Mitte Februar holte Ying Qing die erste Medaille überhaupt für China bei einer Bob-Weltmeisterschaft. Die ehemalige Leichtathletin gewann bei der WM in Lettland Bronze im Mono-Bob. Das Edelmetall ist ein kleines Vermächtnis der chinesischen Großoffensive im olympischen Wintersport.
Ying war überhaupt erst zur Bobfahrerin geworden, nachdem die Disziplin, bei dem nur eine Person im Bob sitzt, für die Olympischen Winterspielen 2022 in Peking ins Programm aufgenommen worden war. China wollte damals in jeder Disziplin jeweils einen Athleten und eine Athletin ins Rennen schicken. Dazu heuerte es Dutzende erfahrene ausländische Trainer an und schickte junge Sportler zum Training ins Ausland.
Ein Jahr nach Olympia ist es ruhig geworden um die chinesischen Wintersport-Ambitionen. 300 Millionen Chinesen seien im Vorfeld mit dem Wintersport in Kontakt gekommen, hatten die Veranstalter damals noch vermeldet. Wie nachhaltig dieses Kennenlernen gewesen ist, wird erst die Zukunft zeigen.
Im Leistungsport hat Chinas Streben auf Spitzenresultate jedenfalls deutlich nachgelassen. In den meisten Disziplinen spielen sie keine Rolle – mit Ausnahmen der Eisschnelllauf-Variante Short Track und des Ski-Freestyle, in denen Chinas Sportler seit Jahren erfolgreich mitmischen. Doch das sind eher Nischen-Sportarten, die auch im Fernsehen kaum gezeigt werden. In den klassischen Disziplinen auf den Skipisten, in den Langlauf- und Biathlon-Loipen, im Rodel-Eiskanal oder auf den Skisprungschanzen ist China weiter ein krasser Außenseiter.
Chinas aktuelle Aktivitäten im Wintersport seien kaum noch sichtbar, sagt Mark Dreyer, Sportexperte in Peking und Autor des Buches “Sporting Superpower“. Aufmerksamkeit und Ressourcen seien gesunken. Von außen sei nicht erkennbar, wer über Projekte oder Budgets entscheide. “Generell hat der Sport jetzt weniger Zugkraft und muss sich wieder mit allen anderen Themen messen”, sagt Dreyer zu Table.Media.
Er geht davon aus, dass China künftig nur noch solche Disziplinen fördere, bei denen mit harter Aufbauarbeit gewisse Erfolgschancen winken. Investitionen etwa im Alpin-Ski, wo China bis auf Weiteres keine wirklichen Chancen gegen die etablierten Ski-Nationen haben wird, könnte wenig lohnend erscheinen. Die Bedeutung des Skifahrens liege für die Regierung eher auf Freizeitsport, sagt Dreyer: “Denn das ist Konsum.”
Gar in die Bedeutungslosigkeit zieht es den Biathlon. Der norwegische Rekord-Weltmeister Ole Einar Björndalen, der die chinesische Nationalmannschaft vor den Spielen übernommen hatte, kritisiert seinen früheren Arbeitgeber: Die Skijäger aus China “hatten in dieser Saison miserable Bedingungen“, sagte Björndalen Mitte Februar der schwedischen Tageszeitung “Expressen”. Der chinesische Verband habe die Investitionen in die Mannschaft stark reduziert. Das Team nahm in diesem Winter an keinem Weltcuprennen teil, bis es plötzlich überraschend bei der WM auftauchte. Es gehörte dort zu den schwächsten Mannschaften.
“Björndalen war nicht der erste und wird nicht der letzte sein, dem die Welt versprochen wurde und der enttäuscht zurückblieb”, sagt Dreyer. Schon während der Spiele klagten einige der ausländischen Trainer, dass sie ihre Trainingsmethoden vor Ort nicht durchsetzen konnten – trotz gegenteiliger Zusagen. Ähnlich ergehe es möglicherweise dem chinesisch-amerikanischen Freestyle-Ass Eileen Gu. Sie gewann Medaillen für China. Doch ihr Sport findet außerhalb der Spiele wenig Aufmerksamkeit.
Zumindest numerisch stärker vertreten sind Chinas Skispringerinnen: Bei der Ski-Nordisch-WM vergangene Woche in Slowenien trat China mit vier Damen an. Bei Olympia waren es nur zwei Frauen gewesen, die alle sofort ausschieden. Beim Team-Springen – bei dem vier Frauen gebraucht werden, was viele Länder von vornherein ausschließt – gelang es China vergangene Woche erstmals, den zweiten Durchgang aus nur noch acht Teams zu erreichen – wo es dann Achter wurde.
Es sei erfreulich, dass China das Skispringen nach Olympia nicht begraben habe, sagte Co-Kommentator Toni Innauer während des Wettbewerbs im ZDF. “Sie sind sogar etwas besser aufgestellt als bei Olympia”, urteilt der einstige Skisprungstar aus Österreich – und verweist auf das ausländische Trainerteam der Chinesinnen. Beim Einzel von der Großschanze wurde die beste Chinesin Liu Qi immerhin 22. Der Vorteil: Das Damen-Skispringen ist relativ neu, die Konkurrenz noch nicht fest etabliert. Chinas zwei für die WM gemeldeten Männer scheiterten beim Einzel schon in der Qualifikation.
Das ist kein Wunder, denn letztlich ist es auch mit dem größten Ehrgeiz unmöglich, ehemalige Turner und Leichtathleten binnen weniger Jahre auf Wintersport-Spitzenleistungen zu trimmen. Doch wo in China ein Wille ist, findet sich in aller Regel auch ein Budget.
Dreyer weist auf die modernen Anlagen hin, etwa die Olympia Bob- und Rodelbahn oder die große Skisprunganlage. “Für die Skispringer besitzt China einen der wenigen Windkanäle der Welt.” Vielleicht halfen die Anlagen China, sich gerade beim Bobfahren und Skispringen dem Weltniveau anzunähern. “2022 war ein Olympia-Zyklus zu früh”, sagt Dreyer. “Wenn sie bei ihren Plänen bleiben, dann haben sie durchaus Chance, bei den nächsten Olympischen Spielen 2026 oder 2030 voranzukommen.”
Eine neue Studie im Fachmagazin “Nature” zeigt, dass Chinas große Pläne für Elektroautos (EV) in Gefahr sind. Grund sind die aktuell steigenden Preise für “kritische Materialien” wie Lithium, Kobalt oder Nickel. Die Autoren warnen, dass dadurch nicht nur Chinas Ambitionen auf dem EV-Markt, sondern auch die hohen Klimaziele der Regierung verfehlt werden könnten.
In ihrer Studie zeigen die Autoren, wie sich ein Anstieg der Lithium-, Kobalt-, Nickel- und Manganpreise auf die Akzeptanz von Elektrofahrzeugen in China auswirken würde. Das Ergebnis: Der aktuelle Kostenschub könnte dazu führen, dass sich der Anteil der Elektrofahrzeuge auf Chinas Straßen schon im Jahr 2030 von 49 Prozent auf 35 Prozent reduzieren würde. Für 2060 wird ein Rückgang von 67 Prozent auf 51 Prozent prognostiziert.
China fördert massiv den Bau von Elektrofahrzeugen und verfolgt damit vor allem zwei Ziele:
Entsprechend sind durch den Preisanstieg bei den “kritischen Materialien” auch Pekings Klimaziele gefährdet. Die Folge: Chinas CO2-Emissionen aus dem Straßenverkehr könnten im Zeitraum von 2020 bis 2060 um 28 Prozent steigen. rad
Der chinesische Smartphone-Produzent Xiaomi hat den Start seiner Massenproduktion von E-Autos angekündigt. Firmenboss Lei Jun nannte im Rahmen des Nationalen Volkskongresses (NVK) in Peking die erste Jahreshälfte 2024 als Termin. Lei ist als Delegierter Teil des chinesischen Parlaments.
Xiaomi hat mehr als drei Milliarden Yuan, knapp 400 Millionen Euro, in die Entwicklung einer eigenen Elektrosparte investiert. “Xiaomis Autoproduktion ist weiter fortgeschritten als erwartet und hat kürzlich die Wintertests erfolgreich abgeschlossen”, sagte Lei vor anderen Delegierten.
In der E-Sparte des Herstellers arbeiten rund 2.300 Mitarbeiter. Lei selbst kümmert sich gleichermaßen um die Entwicklung der E-Autos sowie um das Telekommunikations-Geschäft des Unternehmens. Xiaomi gehört zu den größten Smartphone-Herstellern der Welt. grz
Der politische Westen verfügt über ein erhebliches Drohpotenzial gegenüber China. Zu dieser Schlussfolgerung kommt das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) nach einer Auswertung der chinesischen Importstruktur. Die Studie schlüsselt detailliert die Einfuhren von Industriegütern in die Volksrepublik nach ihrer jeweiligen Herkunft auf. Bei den 20 wertmäßig wichtigsten Importgütern stammen durchschnittlich 52 Prozent aus westlichen Ländern.
Ohne Zweifel: “Würde es im Falle eines Konflikts um Taiwan im Extremfall keine Importe mehr aus China geben, wäre das für viele Unternehmen eine Katastrophe – denn die Abhängigkeit hatte zuletzt Rekordwerte angenommen”, schreiben die Autoren. Aber die vorliegende Studie zeigt eben, dass auch China “auf westliche Einfuhren angewiesen” sei – also auf Importe aus Europa, Kanada, den USA, aber auch Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland.
Besonders benötigt China westliche Technologieprodukte. Das Land importierte 2021 Halbleiter im Wert von 433 Milliarden US-Dollar, davon kamen 32 Prozent aus dem Westen. Zählt man die Computerchips aus Taiwan dazu, steigt dieser Anteil auf 68 Prozent. Auch in anderen Sektoren sei China stark abhängig. Dazu gehören die Luft- und Raumfahrttechnik, Automobile sowie Arzneimittel. Schwer ersetzbar seien zudem einige Rohstoffe und Lebensmittel.
“Im Konfliktfall könnte der Westen diese Abhängigkeiten nutzen, um die chinesische Wirtschaft durch Sanktionen unter Druck zu setzen”, heißt es. Deswegen bemühe sich die chinesische Regierung, Technologie und Expertise im eigenen Land anzusiedeln. grz
Hafen-Lastkräne des chinesischen Herstellers ZPMC sind in den USA unter Spionageverdacht geraten. Sicherheitsbeamte hegen den Verdacht, dass die verwendete Sensorentechnologie der Kräne dazu genutzt werden kann, Herkunft und Bestimmungsorte von Containern zu registrieren und zu verfolgen. Damit wäre es theoretisch möglich nachzuvollziehen, wann und wo militärisches Gerät aus den USA in andere Teile der Welt verschifft wird.
Die Beamten für nationale Sicherheit und aus dem Pentagon verglichen die Kräne mit Trojanischen Pferden und bezeichneten den Hersteller ZPMC als das neue Huawei, berichtet die Zeitung Wall Street Journal. Wie die Technologie des chinesischen Mobilfunkherstellers seien die Kräne eine perfekte Kombination, um legitime Geschäftsinteressen mit einer versteckten Sammlung von sicherheitsrelevanten Informationen zu verknüpfen. Ein Sprecher der chinesischen Botschaft in Washington bezeichnete die Vorwürfe als Paranoia.
Auch in deutschen Häfen werden ZPMC-Kräne zum Verschiffen von Containern eingesetzt, beispielsweise in Hamburg. Die ZPMC Germany GmbH ist eine 100-prozentige Tochter der Shanghai Zhenhua Heavy Industries Co. Ltd. grz
Am 24. Februar, dem Jahrestag des russischen Einmarsches in die Ukraine, veröffentlichte das Außenministerium der VR China ein Zwölf-Punkte-Papier zu Chinas Position in diesem Aggressionskrieg. Noch kurz nach Beginn der Invasion gab es international die Hoffnung, China könnte seinen Einfluss auf Russland entscheidend für Vermittlungen und Frieden nutzen.
Denn China gilt als Russlands wichtigster Verbündeter. Der Aggressionskrieg gegen die Ukraine ist auch Zeichen eines offenen Kampfes der politischen Systeme. Schon kurz nach dem russischen Überfall bat der ukrainische Botschafter in Japan, China einzulenken. Seit zwölf Monaten also wartet die Welt auf Chinas Friedensinitiative – nun erscheint dieses Zwölf-Punkte-Papier.
Was es nicht ist? Es ist keine klare Position des offiziellen Chinas zu dem Aggressionskrieg. Es ist weder eine eindeutige prorussische Stellungnahme noch ein klares “Machtwort” in Richtung Russland, den Angriffskrieg zu stoppen.
Was es ist? Es ist ein diplomatisches Symbol für die Weltbühne, welches die Zutaten internationaler Diplomatie im chinesischen Sinne auslegt und für die Kriegssituation mit neuer Bedeutung füllt.
China verteidigt seit Langem das Konzept der staatlichen Souveränität, sprich das Recht souveräner Staaten, frei von ausländischer Einmischung zu sein. Dies sei der “Garant für Frieden, Sicherheit und Wohlstand”. Dieses Verständnis “staatlicher Souveränität” geht jedoch weit über die in der UN-Charta enthaltenen entsprechenden Verbote der unerlaubten Gewaltanwendung und Bewaffnung oder Finanzierung von Rebellenbewegungen hinaus.
Für China ist dieser Grundsatz des Völkerrechts gleichbedeutend mit “Nichteinmischung”. Denn China bezeichnet bereits bloße Kommentare zu seiner Innenpolitik – ganz zu schweigen von Kritik an seiner Menschenrechtsbilanz – routinemäßig als eine unzulässige Form der “Einmischung” in seine staatliche Souveränität. Diese Haltung versucht China auf der Weltbühne der Diplomatie zu etablieren.
Das ist höchst gefährlich, speziell, wenn es um Verbrechen gegen die Menschlichkeit und andere völkerrechtliche Vergehen geht – wie derzeit von Russland in der Ukraine begangen. Eine geschlossene internationale Reaktion auf von Russland begangene Gräueltaten in der Ukraine, die laut Völkerrecht eindeutig gegeben sind, wird so auch seit einem Jahr durch prorussische chinesische Haltung verhindert.
Das Zwölf-Punktepapier ist eine aus chinesischer Sicht logische Konsequenz der seit zehn Jahren massiv vorgenommenen Umformung universeller Spielregeln auf nationale Befindlichkeiten. Beispiel Menschenrechte: Die Betonung der staatlichen Souveränität, der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten und des Rechts auf wirtschaftliche Entwicklung als ein über allen anderen Rechten stehendes Menschenrecht droht das gesamte internationale Menschenrechtssystem sowie Normen zu Transparenz und Rechenschaftspflicht zu schwächen. Die Idee von universellen Menschenrechten, die über die nationale Souveränität hinausgehen und die internationale Gemeinschaft als Ganzes betreffen, lehnt China ab.
Im Zwölf-Punkte Papier betont China die Bedeutung der territorialen Souveränität aller Länder. Ein kleiner Unterschied zur staatlichen Souveränität mit großen Folgen. Dies kann heißen, dass dies eine Anerkennung russisch annektierter Gebiete als russisch nach sich zieht. Letztlich können hier auch Rahmenbedingungen geschaffen werden, die die Änderung des Status Taiwans nach sich ziehen. Es kann aber auch heißen – dies ist eher unwahrscheinlich -, dass China den Einmarsch in ein souveränes Land wie die Ukraine am Ende doch noch verurteilt.
Was das Zwölf-Punktepapier auch ist: ein Angebot Chinas als Vermittler, ein Aufruf zu Dialog und Kompromissen – unter den Prämissen eines umgedeuteten Völkerrechts. China spricht sich für einen Waffenstillstand und die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen aus.
Die zwölf Punkte spiegeln darüber hinaus pragmatische Interessen Chinas wider: Lieferketten sollen wieder sicher funktionieren, der eurasische Kontinent muss dafür stabil gehalten werden, und der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen soll die Sanktionen gegen Russland stoppen. Dialog und Verhandlungen seien die einzige Lösung, nicht Sanktionen. Es darf nicht vergessen werden: Die Ukraine ist wichtiges Transitland der Seidenstraße und wichtiger Militär- und Getreidelieferant Chinas. Konkret benennt Punkt 9 des Zwölf-Punkte-Plans die Getreide-Schwarzmeer-Initiative, die es gelte fortzusetzen.
Jetzt, ein Jahr nach Kriegsbeginn, sind Lieferketten, Finanzströme und Energietransportwege zwischen Russland und China gefestigt. Im globalen Wettbewerb um Einflusssphären zur Sicherung von (Energie-)Rohstoffen werden Loyalitätsbekundungen im Systemwettbewerb immer wichtiger. China signalisierte nun erneut, für den Wiederaufbau bereitzustehen. Xi Jinping macht der Ukraine Hoffnungen.
Und die Ukraine verhält sich entsprechend: Auf der 51. Tagung des UN-Menschenrechtsrates im vergangenen Herbst enthielt sie sich, als über den Resolutionsentwurf abgestimmt wurde, der vorsah, bei der nächsten Tagung im März eine Debatte über die Situation in Xinjiang zu führen. Denkbar knapp war schließlich das Abstimmungsergebnis mit 17 Ja, 19 Nein und 11 Enthaltungen.
Dieser Zwölf-Punkte-Plan soll das weltweite Säbelrasseln durch Wohlwollen einhegen. Außenminister Qin Gang warnte vor weiteren Waffenlieferungen. Pekings globale Sicherheitsstrategie wurde zeitgleich mit dem Zwölf-Punkte Plan veröffentlicht. Sie soll ein Alternativsystem zur Nato etablieren. Beide Papiere sind Bausteine zur Umformung der internationalen Ordnung.
Nora Sausmikat ist habilitierte Sinologin und leitet den China-Desk bei urgewald, die Kampagnenarbeit zur Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank sowie zur Asiatischen Entwicklungsbank. Neben dem Fokus auf die beiden Banken analysiert sie Chinas globale Rolle vor allem im Bereich Klima- und Menschenrechtspolitik. Dieser Text erschien erstmals in der taz vom 3.3.2023.
Chris Cash, Direktor der China Research Group, ist zum Associate Fellow des britischen Council on Geostrategy ernannt worden.
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Demonstranten in Taiwans Hauptstadt Taipeh: Am 64. Jahrestag des Tibet-Aufstandes im Jahr 1959 erinnerten tibetische und taiwanische Protestierende gegen Chinas Unterdrückungspolitik in Tibet.