wir vom China.Table haben in den vergangenen Wochen viel Zeit damit verbracht, mit Politikern über China zu diskutieren. Wir haben daraus bereits sechs Interviews als Ergebnis dieses Dialogs veröffentlicht. Heute, zwei Tage vor der Bundestagswahl, präsentieren wir zwei weitere dieser Gespräche.
Hans-Peter Friedrich von der CSU bekräftigt das Bekenntnis der Union zu klaren Werten, spricht sich aber ganz klar für einen offenen und vorurteilslosen Dialog mit China aus. “Dort, wo wir investieren, gelten deutsche Wertmaßstäbe” – doch von Sanktionen und Belehrungen hält er nichts. Friedrich ist Vizepräsident des Deutschen Bundestages und Mitgründer des Vereins China-Brücke.
Als Innenminister unter Angela Merkel von 2011 bis 2013 hat er mit regiert – und verteidigt den Umgang der Kanzlerin mit China. Das wirtschaftliche Erstarken des Landes hält Friedrich sogar für einen Vorteil: “Wir sollten dankbar sein für jeden Wettbewerb” – denn nur Konkurrenz hält die Unternehmen fit. Friedrich kann sich, wenn es um die China-Kompetenz der Union geht, einen Hinweis auf Franz-Josef Strauß nicht verkneifen. Der Bayer war als erster deutscher Politiker zu Mao gefahren.
Johannes Vogel ist stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP und als Mitglied der deutsch-chinesischen Parlamentariergruppe stark an den Entwicklungen in Fernost interessiert. Er erklärt uns, warum das Eintreten für ungehinderten Handel mit China nicht im Widerspruch steht zum besonderen Engagement seiner Partei für Freiheit und Menschenrechte. Auch die Forderungen nach einem Lieferkettengesetz auf der einen Seite und nach Bürokratieabbau auf der anderen Seite hält Vogel für durchaus vereinbar. Es muss bloß handwerklich gut gemacht sein – und daran haperte in den vergangenen Jahren bei der Regierungspolitik. Die Ansätze des derzeitigen Wirtschaftsministers zur Industriepolitik hält die FDP jedenfalls für wenig zielführend.
Obwohl sich die Vertreter der potenziellen Bündnispartner Union und FDP auf den ersten Blick mit ähnlichen Worten äußern, gibt es zwischen den Aussagen Friedrichs und Vogels doch auffällige Differenzen. So interpretieren sie die Haltung der deutschen Wirtschaft unterschiedlich. Vogel sieht eine zunehmend China-kritische Haltung bei den Unternehmen. Für Friedrich sind das vor allem Äußerungen von Verbänden und Dax-CEOs; die Mittelständler und die Praktiker vor Ort wünschen sich ihm zufolge dagegen weniger Kritik an China.
Im China.Table haben wir Ihnen damit die Positionen von SPD, Union, den Grünen, der FDP und der Linken zu China im Detail präsentiert; eine China-erfahrene Politikerin der AfD war ebenfalls angefragt, hat sich aber nicht zu einem Interview bereiterklärt.
Es freut sich auf einen spannenden Wahlsonntag
Hans-Peter Friedrich ist Vizepräsident des Deutschen Bundestages und Vorsitzender des Dialogforums China-Brücke
Wie bekommen wir unsere Wertevorstellungen und unsere Wirtschaftsinteressen gegenüber China unter einen Hut?
Unsere Wertvorstellungen sind unter keinen Umständen verhandelbar. Und wenn ein Handels- oder Wirtschaftspartner fordern sollte, unsere Werte aufzugeben oder zumindest zu relativieren, dann müssen wir das zurückweisen.
Wenn man als Unternehmen in China ist, sieht die Realität schon anders aus. Zum Beispiel, wenn es um den Umgang mit den Uiguren in Xinjiang geht. Da sagt man lieber nichts.
Man kann allerdings von einem Unternehmen, das zum Beispiel in Shanghai Computerteile verkauft, auch nicht erwarten, dass es sich zum Umgang mit den muslimischen Minderheiten in Xinjiang positioniert. Das ist die Aufgabe der Politik. Man kann von diesem Unternehmen aber erwarten, dass es deutsche Werte im Umweltschutz oder bei Arbeitnehmerrechten hochhält. Mein Eindruck ist, dass die deutschen Unternehmen in China dafür bei den chinesischen Mitarbeitern geschätzt werden. Dort, wo wir investieren, gelten deutsche Wertmaßstäbe. Diese Unternehmen haben sogar dazu beigetragen, dass sich diese Werte über die Firmen hinaus schneller durchgesetzt haben.
Aber hat wiederum die deutsche Regierung nicht versagt, als es darum ging, zum Umgang Pekings mit politischen Aktivisten in Hongkong deutlich Stellung zu beziehen und klar zu sagen: So geht das nicht? Das entspricht nicht unseren Wertvorstellungen.
Die Frage ist ja, welche Handlungsmöglichkeit es überhaupt gibt. Unter den gegebenen Vertragsbedingungen, die die Briten und die Chinesen schon 1984 ausgehandelt haben, ist der Spielraum sehr gering: Es war klar, Hongkong geht 1997 an China. Und es ist auch klar, dass beide Seiten die Formel “ein Land – zwei Systeme”, die bis 2047 gilt, sehr unterschiedlich auslegen würden. Es war ebenfalls klar, dass die Chinesen versuchen würden, sich Hongkong Stück für Stück auch politisch einzuverleiben. Alles andere wäre blauäugig gewesen. Und sie haben Hongkong mit der Nachbarstadt Shenzhen ihre Vorstellung einer modernen Stadt gegenübergestellt. Das ist ihnen gelungen.
Auch wegen Hongkong hat die EU Sanktionen gegen China verhängt. Und China hat mit Sanktionen geantwortet. Das war doch eine konkrete Handlungsmöglichkeit.
Ja, es wurde gehandelt. Die Frage ist nur, was es bringt. Sanktionen sind vor allem politische Symbolik. Wenn man keine Möglichkeit sieht, irgendwas anderes zu machen, dann verhängt man Wirtschaftssanktionen. Diese Politik stammt aus einer Zeit, in der man versucht hat, beispielsweise in Afrika eine Diktatur auf Linie zu bringen. Das ist heute, in einer Zeit, in der die Unternehmen weltweit viel stärker verflochten sind, kein sinnvolles Vorgehen mehr, zumal diese Verflechtung ja auch positiv ist. Sie schafft Stabilität und Frieden. Mit Sanktionen manövriert man sich in eine Sackgasse: Man hat politisch nichts bewirkt und sich wirtschaftlich geschadet.
Ist es jedoch nicht wichtig, ein Zeichen zu setzen?
Durchaus, aber ob Sanktionen das geeignete Mittel sind, darf bezweifelt werden. Denn muss man wissen, wie man wieder dabei herauskommt. Am Ende unverrichteter Dinge klammheimlich wieder aus den Sanktionen auszusteigen, ist keine glaubwürdige Politik.
Ist die neue Indopazifik Strategie der EU gegen China denn wenigstens sinnvoll?
Diese Strategie ist schon allein deswegen wichtig, weil sie die Europäer zwingt, sich von ihrer Nabelschau zu verabschieden und sich zu fragen: Was wollen wir eigentlich in der Welt? Insofern ist jede Strategie, die über den Tellerrand hinausdenkt, sinnvoll. Zumal es dabei um Multilateralismus geht und darum, die Handelswege freizuhalten. Daran sollten auch Peking ein Interesse haben.
Nun kreuzt ein deutsches Kriegsschiff vor der Küste Chinas.
Das zeigt unsere Solidarität mit dem Nato-Partner USA. Wir wollen gemeinsam Flagge zeigen. Die Schiffe und die Indo-Pazifik-Strategie sind aber nicht gegen etwas gerichtet, wie Sie es formulieren – auch nicht gegen China. Sie stehen für etwas: für freie Meere und freie Handelsrouten im Interesse aller.
Um Freiheit ging es den Amerikaner auch in Afghanistan, bis sie sich zurückgezogen haben. Werden die Chinesen nun vollenden, was der Nato nicht gelungen ist?
Die Chinesen sind ja schon seit vielen Jahren in Afghanistan. Zwar nicht mit Soldaten, aber mit Geschäftsleuten, die Rohstoffvorkommen sichern und Investitionsmöglichkeiten schaffen. Es geht jedoch dabei nicht um die Frage, vollenden oder nicht vollenden. Es geht jetzt darum, und das ist wieder im Interesse aller, Afghanistan zu stabilisieren, einen unberechenbaren Konfliktherd zu befrieden. Insofern ist nun alles, was zur Stabilisierung beiträgt, willkommen. Egal, ob es aus Deutschland oder aus China kommt. Und am besten arbeiten alle Länder in dieser Frage so eng wie möglich zusammen. Militärisch hat es nicht funktioniert. Jetzt müssen wir gemeinsam schauen, ob es wirtschaftlich funktionieren kann.
Dennoch haben wir auch unterschiedliche Interessen. Wie bleiben wir wirtschaftlich wettbewerbsfähig gegenüber diesem China, das immer innovativer wird und damit auch mächtiger?
Indem wir uns auf unsere Stärken besinnen, die Marktwirtschaft zum Beispiel. Das ist etwas, mit dem wir stark geworden sind. Und das sollten wir nicht vergessen: Selbst die Chinesen sind nicht etwa wegen ihrer erfolgreichen Planwirtschaft stark geworden, sondern, weil sie sich getraut haben, marktwirtschaftlichen Wettbewerb zuzulassen. Bei uns hat das zu einem starken Mittelstand geführt. Da sind wir den Chinesen voraus. Für unsere Grundlagenforschung werden wir von China beneidet. Wir haben also allen Grund, weiter selbstbewusst zu sein und die Herausforderung anzunehmen. Der Manager, der damals den Augsburger Roboterhersteller Kuka nach China verkauft hat, hat es so formuliert: Die chinesische Wirtschaft ist wie ein Fitness-Studio für die deutsche Wirtschaft. Ein schönes Bild. Wer keinem Wettbewerber ausgesetzt ist, wird träge. Insofern sollten wir dankbar sein für jeden Wettbewerb.
Die Grünen werfen der Regierung Merkel vor, dass die deutsche Wirtschaft inzwischen kritischer gegenüber China ist als das Kanzleramt.
Also die hörbare deutsche Wirtschaft, das sind entweder Verbandsfunktionäre oder CEOs von großen Konzernen. Und beide können sie getrost unter die Kategorie Politik einordnen. Im deutschen Mittelstand und auf der Arbeitsebene in den Konzernen ist das Bild deutlich differenzierter. Da wird von den Grünen einfach nur formuliert, was die China-Kritiker hören wollen.
Wollen Sie ernsthaft behaupten, es gäbe keinen Unmut gegenüber China in der deutschen Wirtschaft?
Unmut gibt es und den muss die Politik auch ernst nehmen. Wenn es beim Unmut zum Beispiel um Urheberrechte geht, um gleichen Zugang zu den Märkten, dann muss man das offen mit den zuständigen Stellen besprechen. Aber dafür sind Frau Merkel und die CDU/CSU in China bekannt und werden dafür in Peking sogar geschätzt.
Merkel hat in der Tat über viele Jahre die Politik verfolgt, mit Geduld und Leidenschaft dicke Bretter zu bohren. Aber inzwischen hat man den Eindruck, dass Peking die dicken Bretter durch Stahlplatten ersetzt hat. Was machen wir nun?
Ihr Vergleich hört sich so an, als ob nichts erreicht wurde. Das ist nicht mein Eindruck. Die Bewegung in Richtung Marktwirtschaft ist viel stärker und nachhaltiger als die Gegenbewegungen, die wir allerdings auch konstatieren müssen. Deutschland führt einen Menschenrechtsdialog. Einen Rechtsstaatsdialog. Unsere Hanns-Seidel-Stiftung macht im Bereich der Rechtsstaatlichkeit hervorragende Arbeit, wenn es darum geht, unsere Werte überzeugend zu vertreten und genießt dennoch großes Vertrauen in China.
Das passiert alles im Hintergrund. Müssen wir nicht auch öffentlich mehr Tacheles reden mit China?
Ich glaube nicht, dass die postkolonialistische Attitüde, schwächere Länder zu belehren über das, was sie zu tun und zu lassen haben, noch zeitgemäß ist. Zumal wir nun erstaunt feststellen, dass China kein schwaches Land mehr ist. Insofern kann man schon feststellen, dass die Chinesen, was die Einmischung in innere Angelegenheiten betrifft, schon Stahlplatten eingezogen haben. Und da hilft die deutsche Belehrungsattitüde in der Tat nicht. Damit will ich nichts von dem relativieren, was in China falsch läuft, sondern klarstellen, dass die Chinesen selbstbewusster geworden sind und auch allen Grund dazu haben. Das können wir nicht ignorieren.
Bedeutet das am Ende, dass für internationale Partner im Grunde in China nur noch Platz ist, wenn sie sich den ökonomischen und politischen Bedingungen Chinas unterwerfen?
Nein. Bei Huawei und 5G hat das doch am Ende irgendwie funktioniert. Erst haben wir Politik und Wirtschaftsinteressen kräftig vermischt. Dann haben wir uns zusammengerauft und eine gangbare Lösung gefunden: Huaweis Weltklasse-Technologie gerne, weil sie unsere Wirtschaft wettbewerbsfähiger macht, aber zu unseren Spielregeln und Wertvorstellungen. Wir brauchen keine ideologischen Belehrungsorgien der Grünen, sondern wir brauchen alltagstaugliche Lösungen.
Macht es in dieser Hinsicht denn Sinn, dass gleichgesinnte Partner, also die Amerikaner, die Europäer und die Demokratien in Asien sich als ein Werteverband gegen China zusammenschließen und so versuchen, ihre Interessen durchzusetzen?
Es ist richtig, dass Länder, die gemeinsame Wertevorstellungen haben, sich zusammenschließen. Was mich stört, ist Ihre Formulierung “gegen China”. Noch einmal: Es geht nicht darum, gegen irgendetwas zu sein, sondern für etwas. Zum Beispiel für Klimaschutz, Menschenrechte oder offene Märkte. In diesen Fragen ist es durchaus sinnvoll als Wertegemeinschaft zusammenzuarbeiten, ohne die kulturellen Unterschiede auszublenden. Aber es ist nicht etwas, was sich gegen China richtet. Es geht vielmehr darum, auf der Basis unserer Werte gemeinsam an Lösungen zu arbeiten.
Aber China ist nicht nur ein Partner, sondern auch ein Wettbewerber. Manche halten China auch für einen systemischen Rivalen.
China ist alles drei. Aber das Wort Rivale gefällt mir nicht gut. Ich würde sagen: China ist ein systemischer Wettbewerber. Wir müssen nun beweisen und das können wir auch überzeugend, dass unser System der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit in gesellschaftlicher, humanitärer und ökonomischer Hinsicht erfolgreicher ist als jedes andere System. Auch hier belebt der Wettbewerb das Geschäft.
Ein Wettbewerb allerdings, bei dem der Westen immer schwächer wird.
Was für uns eine Herausforderung sein muss, noch überzeugender zu werden. Wenn man sich heute die Vereinten Nationen anschaut, dann sieht man, dass es in das demokratische Zeitalter noch ein weiter Weg ist. Dennoch müssen wir für die neue Weltordnung gemeinsame Standards entwickeln. Das ist schwierig und wird womöglich nicht einfacher. Und dennoch gibt es dazu keine Alternative. Eines muss notorischen China-Kritikern endlich klar werden: Wir können niemanden zwingen, auch wenn wir noch so laut Stopp rufen und uns im Recht fühlen. Wir müssen überzeugen. Wir sind nur ein Teil der Welt. Nicht einmal ein großer Teil. Aber wir können große Überzeugungskraft entwickeln.
Müssen wir in dieser Auseinandersetzung unter Umständen bei den politischen Menschenrechten zurückstecken, um im Klimaschutz voranzukommen, was China betrifft?
Ich bin dagegen, dass man solche Fragen überhaupt erst miteinander verknüpft. Die Chinesen haben ein vitales Interesse daran, die Umweltbelastung zu verringern. Sie wollen 2060 “carbon neutral” sein und haben jüngst verkündet, dass sie keine Kohlekraftwerke mehr exportieren. Wir haben auch ein Interesse daran. Aber deswegen müssen wir keine Bedingungen akzeptieren. Unsere Aufgabe ist es, gemeinsam mit der Weltgemeinschaft diese großen Herausforderungen lösen.
In China gilt die neue Seidenstraße als Entwicklungsprojekt. Im Westen als Machtinstrument, um Chinas Einfluss auszubauen. Müssen wir dem chinesischen Vorstoß etwas entgegensetzen?
Also erst einmal ist das natürlich beides: Natürlich sichern sich die Chinesen weltweit Rohstoffe und bauen Absatzmärkte auf. Das ist für jede Volkswirtschaft sinnvoll. Und gleichzeitig profitieren die beteiligten Länder davon. Wir sollten also nicht mit dem Finger auf die Chinesen zeigen, sondern das auch so machen. Allerdings zu unseren Bedingungen und im Lichte unserer Interessen. Und wenn es Kooperationsmöglichkeiten gibt, sollten wir die nutzen. Das bedeutet aber nicht, dass wir nicht in den Wettbewerb gehen und versuchen, auch mal den Chinesen voraus zu sein. Was nicht sein kann, dass wir uns hinsetzen und zuschauen, wie die Chinesen wichtige strategischen Punkte der Welt besetzen und uns dann hinterher darüber bitter beklagen.
Das bedeutet Joe Biden ist besser als Donald Trump für die globale Entwicklung. Er setzt ja anders als Trump eher auf Selbststärkung als auf Abschottung.
Meinem Eindruck nach spüren immer mehr US-Politiker, dass die Strategie, zur Relativierung der innenpolitischen Schwierigkeiten ein Feindbild aufzubauen, nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann. US-Präsident Joe Biden hat ja ganz deutlich gesagt, dass er an einem neuen kalten Krieg nicht interessiert ist. Das ist eine positive Entwicklung. Aber die Amerikaner haben andere Interessen als die Chinesen. Und die Unterschiede werden eher zunehmen. Das darf man auch nicht vergessen. Für Europa bedeutet das nur eines: Wir müssen eine eigenständige europäische Position gegenüber China finden.
Dabei hat Merkel eine zentrale Rolle gespielt. Sie steht nun nicht mehr zur Verfügung. Wäre nicht der CSU Politiker Söder in der CDU/CSU besser dafür geeignet gewesen, als der CDU-Mann Armin Laschet?
Also, ich weiß gar nicht, ob das ein so großer Unterschied ist. Armin Laschet ist auch ein international sehr erfahrener Politiker, war Europaabgeordneter und ist Ministerpräsident eines Bundeslandes, dass genauso wie Bayern sehr enge wirtschaftliche Beziehungen zu China hat. Er weiß, was über 200 Milliarden Euro Handelsvolumen zwischen China und Deutschland bedeuten und hat ja auch vergangene Woche vor einem Kalten Krieg zwischen dem Westen und China gewarnt. Und Söder steht eben Seite an Seite in diesen Fragen und gleichzeitig in einer historischen Kontinuität der CSU Parteivorsitzenden. Es war ja der Antikommunist Franz-Josef Strauß, der als erster deutscher Politiker zu Mao gefahren ist und hat ihm gesagt hat: Wir müssen mal miteinander reden. Ich werde das Foto nie vergessen, auf dem er mit Mao Tischtennis spielt. Das war das Ende der Ausgrenzung und der Beginn eines fruchtbaren Wettbewerbs, der bis heute anhält. Schon damals wollte Strauß vor allem eines: besser sein als die Chinesen. Und darum geht es heute noch immer.
Hans-Peter Friedrich, 64, sitzt seit 1998 für die CSU im Bundestag. Er war von 2011 bis 2013 Innenminister in der 3. Regierung Merkel. Seit 2017 ist er Vizepräsident des Deutschen Bundestages und gehört seit 2011 dem Parteipräsidium der CSU an. Friedrich ist zudem Vorsitzender der China-Brücke – einem unabhängigen Dialogforum, das sich mehr und mehr zu einer vielfältigen Plattform für einen Austausch mit China etabliert.
Die FDP präsentiert sich als die Partei der Wahl für Unternehmer und Wirtschaftsführer. Zugleich verfolgt sie eine besonders strenge Linie gegenüber China, unserem wichtigsten Handelspartner. Wie passt das zusammen?
Zunächst einmal: Die FDP ist nicht ausschließlich die Partei der Wirtschaft. Wir sind natürlich die Partei, die Unternehmertum als etwas Positives begreift, Entrepreneurship gut findet, den antikapitalistischen Ressentiments entgegentritt und die soziale Marktwirtschaft verteidigt. Aber wir sind eben für wirtschaftliche und gesellschaftliche Freiheit. Die Unteilbarkeit dieser zwei Aspekte, die macht ja gerade das spezifisch Liberale und die Eigenständigkeit unserer Position im Parteiensystem aus.
Und deshalb passt es zu unseren Positionen, wirtschaftliche Prosperität und Freihandel als etwas Positives zu sehen und gleichzeitig für Freiheit und Menschenrechte weltweit einzutreten. Der BDI war übrigens auch eine der ersten Institutionen, die darauf hingewiesen hat, wie tiefgreifend der neue Systemwettbewerb mit China unter Xi Jinping ist. Er hat sich seitdem kritisch zur KP und der Entwicklung in China positioniert. Auch die deutsche Wirtschaft muss die Konsequenzen dieser Entwicklung durchdenken – und sie tut das nach meinem Eindruck auch.
Das geplante europäische Lieferkettengesetz bereitet deutschen Firmen im Chinageschäft Kopfzerbrechen. Die Firmen fürchten Chaos und Nachschubprobleme, wenn Menschenrechtsorganisationen auf breiter Front gegen die Beschaffung in China klagen können.
Wir müssen uns all diesen Fragen gesamteuropäisch stellen. Das macht Sinn in der Außenpolitik. Das macht Sinn in der Sicherheitspolitik. Und deshalb ist eine europäische Lösung auch hier sinnvoller als der nationale Alleingang. Doch Lieferkettengesetze müssen vor allem realistisch sein. Die Haftungsverpflichtungen dürfen nicht auf die dritte Zulieferebene im Herkunftsland ausgeweitet werden, also die Zulieferer der Zulieferer. Das ist für einen privaten Akteur faktisch unmöglich zu garantieren und dann in Wahrheit hohle Bürokratie für die Unternehmen. Wir müssen aufpassen, dass wir da keine staatlichen Aufgaben und Herausforderung in der Entwicklungspolitik auf private Akteure abwälzen.
Der deutsche Staat oder die Europäische Union alleine haben ebenfalls wenig Durchgriff auf die Arbeitsbedingungen in anderen Ländern.
Es ist generell bedauerlich, dass wir als Europäer international zu wenig mit eigenständigen Positionen und auf Augenhöhe sichtbar sind und dass wir uns im globalen Westen zu wenig einbringen. Da müsste es vor allem mehr Kooperation und Abstimmung mit den marktwirtschaftlichen Demokratien in Asien geben. Zusammen hat man mehr Einfluss als allein. Das halte ich für die größte strategische Leerstelle in der China-Politik.
Also müsste es mehr Abstimmung mit Japan, Südkorea, Singapur und Indien geben?
Und mit Australien und Neuseeland. Wobei Singapur in dieser konkreten Aufzählung natürlich nicht ganz passt, dafür gehört zum Beispiel Malaysia mit in den Blick.
Australien hat unsere französischen Bündnispartner allerdings gerade übel vors Schienbein getreten.
Die Vorgänge zeigen doch nur, dass wir die Chance, die wir als Westen insgesamt mit der Regierung Biden haben, bisher nicht ergreifen. Wir sollten stattdessen zu einer gemeinsamen Strategie und engerer Abstimmung kommen. Denn wir müssen uns solchen Sicherheitsfragen gemeinsam stellen, dieser Ansatz wäre richtig.
Und wir dürfen eben nicht nur transatlantisch allein denken; es sollte ein Forum geben, eine Organisation, in der die marktwirtschaftlichen Demokratien auf globaler Ebene sich den Fragen gemeinsam stellen, sich dazu jedenfalls austauschen. Ich kann die militärischen Anforderungen, die Australien jetzt vorbringt, zwar nachvollziehen. Wir können aber als EU auch nicht damit zufrieden sein, hier gar keine Rolle zu spielen. Wir müssen von unseren Verbündeten erwarten können, dass sie andere Partner mit Verlautbarungen nicht vor vollendete Tatsachen stellen.
Doch genau das haben Australien, Großbritannien und die USA nun gemacht.
Sollte das so abgelaufen sein, wie unsere französischen Freunde das darstellen, dann ist das in der Tat natürlich unter Verbündeten ein No-Go. Ich weiß, dass die Amerikaner sich auch über das Timing beim europäisch-chinesischen Investitionsabkommen CAI geärgert haben.
Nach dem Wahlsieg von Joe Biden sind bisher aber viele Chancen verpasst worden, endlich zu einer gemeinsamen, durch den Westen entwickelten China-Strategie zu kommen, und ich finde, das sollten wir endlich als Weckruf begreifen. Das ist eine Anforderung an alle Beteiligten – uns selbst, aber eben auch an die von mir sehr geschätzten Verbündeten auf der anderen Seite des Atlantik.
Wie könnte die Reaktion konkret aussehen?
Einen kühlen Kopf bewahren, aber den Unmut deutlich artikulieren. Als Westen jetzt die Gelegenheit nutzen, sich in die Augen zu schauen und gemeinsam die Frage zu stellen, ob das eigentlich die beste Art von Kooperation ist. Es vielleicht als Chance zu begreifen, da jetzt endlich auf ein anderes Level zu kommen und dann über die transatlantische Dimension hinauszudenken. Hier passt der Satz, den Winston Churchill gesagt haben soll: “Never let a good crisis go to waste.”
Wie fällt Ihr Rückblick auf die China-Politik der Merkel-Jahre aus? Wie ist es gelungen, mit der Rivalität umzugehen, also das Einstehen für europäische Werte mit den Handelsinteressen abzugleichen?
Man muss hier zunächst anerkennen, dass es die Merkel-Regierungen mit zwei verschiedenen Chinas zu tun hatten. China war nie eine Demokratie in den letzten Jahrzehnten, doch hat sich das Regime beim Wechsel der Führungsgeneration von Hu Jintao zu Xi Jinping noch einmal in der Natur gewandelt. Es gab vorher durchaus unterschiedliche Fraktionen in der KP und die weitere Entwicklung der KP war offen; es gab auch innerhalb der Partei eine Vielzahl von Vorstellungen für das Land. Unter Xi Jinping ist dagegen eine völlig neue systemische Herausforderung entstanden. Und das ist während der Ära Merkel passiert. Wir haben seitdem ein Strategiedefizit: Der Westen ist in einer China-Strategie aus der Zeit vor Xi hängengeblieben.
Was sollen wir tun? Europa kann sich schlecht von China isolieren.
Wir haben in der Tat eine wirtschaftlich verflochtene Welt, und das wollen und können wir auch nicht rückabwickeln – für die Bundesrepublik Deutschland wäre das auch kaum empfehlenswert und als Liberaler wäre ich da auch strikt dagegen. Bitte verstehen Sie mich richtig: Wir haben keinen Kalten Krieg. Aber wir haben einen neuen Systemwettbewerb, der eine neue Strategie erfordert, und da ist die deutsche Bundesregierung in den letzten Jahren meines Erachtens nicht weit genug gekommen.
Ich bin mit Analogien zum Kalten Krieg sehr zurückhaltend, weil der aktuelle Systemwettbewerb zwar ähnlich tiefgreifend ist, aber inhaltlich von ganz anderer Art. Aber um einen Vergleich zumindest auf der Zeitschiene zu bemühen: Wir befinden uns an einem Punkt in der Nähe des “Long Telegram”, also da, wo die Amerikaner Ende der 1940er-Jahre waren, als sie erst langsam begriffen, dass sie sich mit der Sowjetunion in einer neuen Form des Wettbewerbs befanden. Wir stehen also am Anfang einer Entwicklung, die uns noch enorm beschäftigen wird.
Wie geht es hier nach der Wahl weiter?
Die deutsche Bundesregierung als stärkste Nation innerhalb der Europäischen Union gibt zu wenig Impulse. Der Systemwettbewerb mit China muss deshalb ein zentrales Thema für die nächste Bundesregierung sein. Die EU sollte in der Außenpolitik das Einstimmigkeitsprinzip hinter sich lassen und stärkere Handlungsfähigkeit schaffen.
Es hat eine sicherheitspolitische Dimension: Wir können mit unseren Fähigkeiten nicht zufrieden sein. Das konnte man gerade wieder bei der Organisation des Abzugs aus Afghanistan sehen. Wenn die Bundeskanzlerin sagt, der Abzug zeigt, was wir außenpolitisch können und was wir nicht können, dann zeigt er eindeutig, dass wir zu wenig können. Eine weitere Dimension ist die Frage: Wer ist “wir”? Wer ist der globale Westen? Außerdem gibt es eine Dimension der wirtschaftspolitischen und technologischen Balance.
Die Balance verschiebt sich zunehmend nach Fernost.
Die Frage ist, wo liegen wirklich die Abhängigkeiten? Als Volkswirtschaft sind wir insgesamt nicht zu abhängig von der Volksrepublik China, wie etwa eine MERICS-Studie kürzlich herausgearbeitet hat. Wenn man jedoch einzelne Branchen und Einzelunternehmen anschaut, herrscht zum Teil eine sehr starke Gewichtung auf dem chinesischen Markt.
Als FDP sagen wir, dass sich das jetzt nicht durch weniger Geschäft in China, sondern durch umso mehr Geschäft mit anderen Weltregionen ausgleichen lässt. Dafür sind weitere Freihandels- und Investitionsabkommen gerade jetzt unerlässlich. Partner dafür wären wiederum etwa die marktwirtschaftlichen Demokratien in Asien. So ließe sich das ausbalancieren. Doch der letzte Wirtschaftsminister in Malaysia war Michael Glos von der CSU. Das war 2006. Das allein zeigt doch, wie viel angesichts der historischen Dimension der Aufgabe zu tun ist.
China taucht im Parteiprogramm der FDP allerdings auch immer wieder als eine Art Vorbild auf. Es reklamiere den schnelleren Weg aus der Krise, es habe digitalere Schulen. Die FDP will von China lernen?
Nein, keinesfalls. Nein.
Gleich zweimal nein? Ein Doppel-Nein?
Ganz abgesehen von der dramatischen gesellschaftlichen Unfreiheit: Ich bin fest davon überzeugt, dass auch die deutsche Wirtschaft nicht als von oben gelenkte Staatswirtschaft funktionieren würde. Unsere Stärke ist die Innovation durch die Kreativität der Vielen in einer freien Gesellschaft. Dennoch fordern uns die langfristige Planung und der strategische Langmut der Chinesen natürlich heraus.
Aber deshalb sollten wir nicht “chinesischer” werden. Ganz im Gegenteil. Aber wir sollten die Herausforderung ernst nehmen. Wir sind insgesamt in den letzten Jahren in der Bundesrepublik die Megatrends wie den demografischen Wandel, die Digitalisierung und die Dekarbonisierung viel zu kurzsichtig angegangen. Es ist zum Beispiel überfällig, unser Rentensystem endlich demografiefest zu machen.
Viele Politiker orientieren sich zunehmend an Chinas industriepolitischem Vorgehen. Wirtschaftsminister Peter Altmaier stellt Förderung für eine einheimische Fertigung von Schutzmasken, Batteriezellen oder Halbleitern bereit.
Vom grundsätzlichen Ansatz halte ich nichts. Klar brauchen wir erfolgreiche Batteriezellenproduktion auch hierzulande und für Transformationsdurchbrüche wie etwa der Landeinfrastruktur für Elektroautos kann temporäre Förderung sinnvoll sein. Aber wir sollten nicht anfangen, die arbeitsteilige Welt als Problem zu begreifen.
Wir müssen uns stattdessen bei den Lieferstrukturen viel breiter aufstellen, indem wir mehr in anderen Weltregionen investieren. Nur, weil wir nicht von einem Wirtschaftsblock abhängig sein wollen, heißt das nicht, dass wir alles nach Hause zurückverlagern müssen. Die Politik muss hier Strategien liefern und die Privatwirtschaft muss eigenverantwortlich handeln. Aber ich bin nicht überzeugt von Peter Altmaiers Pseudo-Industriepolitik.
Pseudo-Industriepolitik?
Ich glaube nicht, dass unsere Innovationsfähigkeit auf staatliche Lenkung zurückgeht. Sondern auf eine Kombination aus Kreativität, Einwanderung und Aufstiegsversprechen, Diversität und guten Rahmenbedingungen für Unternehmertum und unsere Marktwirtschaft. Daraus entsteht Innovation. Aber nicht nur Altmaiers Idee, auch deren Umsetzung ließ sehr zu wünschen übrig. Was dabei herausgekommen ist, war eine Liste von vermeintlich fördernötigen nationalen Champions, wozu dann sogar die Deutsche Bank gehörte -, die wichtig ist, aber nun wirklich nichts mit Digitalisierung oder KI zu tun hat.
Das wirkte dann doch sehr wie altbacken-klassische Industriepolitik, die wir in Deutschland so zu Recht nie betrieben haben. Da fehlte jeder Mehrwert. Peter Altmaier hat damit selbst die Anhänger einer Industriestrategie enttäuscht zurückgelassen. Was einem vielleicht schon etwas über die Sinnhaftigkeit des Ansatzes einer staatlichen Steuerung der Wirtschaft sagt. Was wir bei Fragen wie der Dekarbonisierung stattdessen brauchen, ist endlich schlüssige und harte Ordnungspolitik.
Dennoch fehlte es gerade dann an Masken für Krankenpfleger oder an Chips für Autohersteller, als diese dringend gebraucht wurden. Kam das nicht für jemanden mit festem Vertrauen in den Markt etwas überraschend?
Wir hatten eine absolute Ausnahmesituation mit der Corona-Krise. Sie brachte die schwersten Eingriffe in unsere Art zu leben seit dem Zweiten Weltkrieg mit sich. Wir dürfen uns zugestehen und anerkennen, dass das ein gigantischer Stresstest ist. Dass etwa bei Lieferketten Diversifikation sinnvoll ist, haben wir in der Tat erneut gesehen. Aber wir haben dabei ja auch den Beweis erhalten, dass Marktwirtschaft, Unternehmertum und internationale Kooperation am meisten zur Lösung der Probleme beigetragen haben. Denn am Ende bringt uns ja der Impfstoff raus aus der Krise.
Wäre es nach der politischen Rechten gegangen, hätte es die Erfolgsgeschichte von Özlem Türeci und Ugur Şahin in Deutschland niemals gegeben. Aus Sicht der politischen Linken wiederum gibt es aber doch sonst auch kein größeres Feindbild als ein Unternehmer-Ehepaar, das in wenigen Jahren durch eine Firmengründung zu Multimilliardären wurde. Für die Linke noch schlimmer: Biontech hat den Impfstoff in freihändlerisch-globalisierter Kooperation mit einem amerikanischen Pharmamulti entwickelt. All diese Kräfte würden also das wegwerfen, was uns in Wahrheit stark macht.
Johannes Vogel (39) ist stellvertretender Vorsitzender der FDP und Generalsekretär der FDP in NRW. Als stellvertretender Vorsitzender der deutsch-chinesischen Parlamentariergruppe hat einen starken China-Bezug. Er spricht als einer der wenigen deutschen Abgeordneten (etwas) Chinesisch.
28.09.2021, 8:30-10:00 Uhr
Breakfast Club Nürnberg / Chinaforum Bayern: “Deutschlands Chinapolitik nach der Bundestagswahl” Mehr
28.09.2021, 10:00-11:45 EST/ 16:00-17:45 EDT
Webinar / Harvard Fairbank Center: Those Who Fall Behind Get Beaten Up: Can Science Build a Strong China? Mehr
28.09.2021, 4:30 PM Beijing (10:30 AM Berlin)
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29.09.2021, 8:30-10:00 Uhr
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29.09.2021, 10:00 AM PDT / 1:00 PM EDT / 7:00 PM CST
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29.09.2021, 12:30-1:45 PM EST/ 18:30-19:45 Uhr EDT
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30.09.2021, 9:30-10:45 AM EST /15:30-16:45 Uhr EDT)
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Die EU und USA wollen den Transfer von Technologien nach China schärfer kontrollieren. Brüssel und Washington wollen dazu enger in sicherheits- und technologiepolitischen Fragen kooperieren. Gemeinsam wollen die Partner verhindern, dass mit High-Tech-Produkten Menschenrechte gefährdet werden, wie aus einem Entwurf der Abschlusserklärung des “EU-US Trade and Technology Council” (kurz TTC) hervorgeht. Der Entwurf der Erklärung wurde zuerst von Euractiv veröffentlicht. “Die EU und die USA erkennen an, dass der Handel mit bestimmten Gütern mit doppeltem Verwendungszweck, insbesondere bestimmten Technologien zur Cyberüberwachung, kontrolliert werden muss,” heißt es in dem Papier. Missbrauch der Technologien, die zu “schweren Verletzungen der Menschenrechte oder des humanitären Völkerrechts” führen könnten, müssten verhindert werden.
China wird in der Erklärung nicht namentlich genannt. Angesprochen wird jedoch das Sozialkredit-System der Volksrepublik (China.Table berichtete). “Die EU und die USA lehnen den Einsatz von KI-Technologien ab, die die internationalen Menschenrechte nicht respektieren, wie etwa rechtsverletzende Systeme des Social Scoring“, heißt es in dem Entwurf der TTC-Erklärung.
Das erste Treffen des TTC ist für kommenden Mittwoch in Pittsburgh angesetzt. Wegen eines Disputs über den geplatzten U-Boot-Deal zwischen Australien und Frankreich (China.Table berichtete), möchte Paris den EU-USA-Techgipfel jedoch auf kommenden Monat verschieben. Andere Mitgliedsstaaten hatten sich für eine Beibehaltung des Termins eingesetzt, wie Euractiv berichtete.
Die beiden Partner wollen der Erklärung zufolge außerdem gemeinsame Grundsätze für künstliche Intelligenz und eine bessere Zusammenarbeit bei Halbleiter-Wertschöpfungsketten festlegen. Auch eine härtere Kontrolle von ausländischen Investitionen in sicherheitspolitischen Branchen ist angedacht. Die Systeme für die Überprüfung von Investments sollen geschärft werden, um “Risiken für die nationale Sicherheit” und die öffentliche Ordnung innerhalb der EU” auszuschließen, wie es in dem Dokument heißt.
Die beiden Blöcke werden sich regelmäßig in Arbeitsgruppen treffen. Auch die Einbindung anderer internationaler Partner wird demnach angestrebt. ari
Spätestens die Corona-Pandemie hat aufgezeigt, wie fragil die weltweiten Lieferketten für Medikamente in einer Krisensituation sind. Gesundheitsminister Jens Spahn hat jetzt mehr Unabhängigkeit von China im Bereich der Medikamentenproduktion gefordert, berichtete Deutschlandfunk. Deutschland sei zu abhängig von Lieferungen aus der Volksrepublik, so der CDU-Politiker beim gestrigen Apothekertag in Düsseldorf. Auch bei medizinischen Produkten sprach sich der Gesundheitsminister für mehr Souveränität aus. “Wir geben doch auch nicht die Rüstungsindustrie nach China, nur weil sie günstiger sind”, betonte Spahn.
Er sieht die Förderung der Bio- und Gentechnologie als notwendig, damit Deutschland wieder stärker zur “Apotheke der Welt” werde. Zudem forderte der CDU-Politiker mehr Bemühungen in der Digitalisierung des Gesundheitswesens. niw
VW will am Standort in Hefei eine neue Fabrik für Batteriesysteme bauen. Das erste Mal wird das Unternehmen Alleineigentümer eines Werks für Batteriesysteme. Das gab der Konzern am Donnerstag bekannt. Die Produktion von jährlich 150.000 bis 180.000 Batteriesystemen soll demnach in der zweiten Jahreshälfte 2023 beginnen. Die neue Fabrik soll neben der Produktionsanlage des Unternehmens in Anhui entstehen. Bis 2025 sind Investitionen in Höhe von 140 Millionen Euro vorgesehen.
Es sei wichtig, “Schlüsselkomponenten wie Batteriesysteme in die eigene Wertschöpfungskette zu verankern“, sagte Stephan Wöllenstein, CEO Volkswagen Group China. Bis 2030 soll der Anteil von Autos mit alternativen Antrieben – also batterieelektrischen, Brennstoffzellen- oder Plug-In-Hybrid-Antriebe – an den Verkäufen in China auf 40 Prozent steigen, so Wöllenstein weiter. nib
Die chinesische Staatsreederei Cosco beteiligt sich mit rund 35 Prozent an der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), wie der Hafenbetreiber kürzlich vermeldete. Bereits seit Juni hatte HHLA mit Cocso über eine Beteiligung am Containerterminal Tollerort (CTT) in Hamburg verhandelt (China.Table berichtete). Für die Beteiligung zahlt Cosco 100 Millionen Euro.
“Die maritime Welt ist derzeit sehr starken Veränderungen ausgesetzt”, sagte Angela Titzrath, Vorstandsvorsitzende der HHLA. Sie betonte die “langjährige und vertrauensvolle Kundenbeziehungen” die HHLA seit 40 Jahren im Warenverkehr mit China pflegt und strebt mit dem chinesischen Mitinhaber eine noch stärkere Verzahnung chinesischer Logistikströme am Standort Hamburg an. Cosco zählt zu einem der wichtigsten und größten Kunden von HHLA.
In Hamburg selbst hatte die Nachricht der Beteiligung an den Terminals von HHLA durch eine ausländische Großreederei zunächst für viel Aufsehen gesorgt. Bisher hatte Hamburg, entgegen vieler anderen Hafenstädte der Welt keine ausländische Beteiligung.
Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) unterstützte die geplante Investition von Cosco: “Es gibt dazu keine politischen Vorgaben, aber was unternehmerisch sinnvoll ist, muss auch praktisch möglich sein und gemacht werden”, sagte Tschentscher im Juli (China.Table berichtete). Der Stadt Hamburg gehören mehr als zwei Drittel der Anteile von HHLA.
Da Häfen in Deutschland als kritische Infrastruktur gelten, dürfen Beteiligungen von ausländischen Investoren nur unter bestimmten Bedingungen genehmigt werden (China.Table berichtete). Schon jetzt machen die chinesischen Im- und Exporte etwa 30 Prozent des Containerumschlags in Hamburg aus.
Kritik kam bereits im Juni als die Verhandlungen bekannt wurden von der Gewerkschaft Verdi. Sie fürchtet einen wachsenden Druck auf die Beschäftigten und die Tarifverträge, wenn Cosco als ausländischer Investor mit einem wesentlichen Anteil am Hafen beteiligt ist. Noch müssen die Behörden dem Deal zustimmen. niw
Der US-Flugzeugbauer Boeing erwartet, dass Chinas Fluggesellschaften bis 2040 8.700 neue Flugzeuge benötigen, die 1,47 Billionen US-Dollar kosten sollen. “Die schnelle Erholung des chinesischen Inlandsverkehrs während der Pandemie spricht für die Stärke und Widerstandsfähigkeit des Marktes”, sagte der Boeing Manager Richard Wynne, laut Bloomberg. Zuvor hatte das Unternehmen einen Bedarf von 8.600 Maschinen prognostiziert (China.Table berichtete).
Laut dem jährlichen Marktausblick des Flugzeugbauers dürfte Chinas Nachfrage nach Großraumflugzeugen bis zu 20 Prozent der weltweiten Auslieferungen ausmachen. Chinas zivile Luftfahrtindustrie wird bis 2040 auch mehr als 400.000 neue Angestellte benötigen, darunter Piloten, Kabinenpersonal und Techniker so das Unternehmen. “Darüber hinaus gibt es vielversprechende Möglichkeiten, internationale Langstrecken- und Luftfrachtkapazitäten erheblich auszubauen”, sagt Boeing. Das Unternehmen rechnet damit, dass die Zahl der Inlandspassagiere in China bis 2030 den innereuropäischen Luftverkehr und bis 2040 den in Nordamerika überschreiten wird.
Boeing wartet auf die Freigabe seines 737 Max-Modells durch die chinesischen Aufsichtsbehörden (China.Table berichtete). Denn die Konkurrenz schläft nicht: die chinesische Fluggesellschaft China Eastern Airlines gab vergangene Woche bekannt, dass sie noch in diesem Jahr die Auslieferung der Passagiermaschine des Typs C919 des chinesischen Herstellers Comac erwartet. niw
Die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) hat davor gewarnt, dass hohe Energie- und Düngemittelpreise die Nahrungsmittelversorgung in China gefährden könnten, wie Bloomberg berichtet. Die Kommission hat die Behörden aufgerufen, für stabile Preise zu sorgen, um die Versorgung der Landwirte mit Düngern sicherzustellen. Für gewöhnlich ist Erdgas der wichtigste Ausgangsstoff für Stickstoffproduzenten. In China verwendet der Großteil der Produzenten jedoch Kohle. Die Düngehersteller sind anfällig für Pekings strenge Politik in Bezug auf Luftverschmutzung und Umweltschutz, so Bloomberg.
Neben den steigenden Energiepreisen für Gas und Kohle haben Extremwetter, Betriebsstilllegungen und staatliche Sanktionen den weltweiten Düngemittelmarkt in Aufruhr versetzt. Steigende Düngepreise verstärken den ohnehin hohen Kostendruck der Landwirte. Diese Gemengelage schürt Befürchtungen einer weiter zunehmenden Inflation der Lebensmittelpreise. nib
Chinas Panda, seit 1961 Wappentier des weltgrößten Naturschutzbundes “World Wide Fund for Nature” (WWF), ist nicht mehr vom Aussterben bedroht. Nach Pekinger Zahlen vermehren sich die Schwarz-Weiß-Bären immer rascher. Aktuell leben in freier Wildbahn und als Nachzuchten fast 2.500 Exemplare, genug zur Erhaltung der Gattung. Die Volksrepublik punktet nun mit seinem Überleben kurz vor dem Start der UN-Artenschutzkonferenz COP 15 in Kunming. Ohnehin ist der Panda Chinas perfekter Imageträger.
Panda-Hassern geht er deshalb tierisch auf die Nerven. Unzählige bekennen sich dagegen als Panda-Lover. Andere, die alles unterstützen, was Peking gerade macht, nennt man Panda-Hugger. Einst gab es die Panda-Jäger. Die aber sind tatsächlich ausgestorben. Sogar Söhne eines US-Präsidenten waren darunter.
Pat Nixon besuchte am zweiten Tag der historischen China-Reise ihres Mannes und US-Präsidenten Richard Nixon das Pandagehege im Pekinger Zoo. Es war der 22. Februar 1972. Sie verfiel völlig dem Charme der schwarz-weißen Riesenbären und kaufte jede Menge Panda-Spielzeug als Mitbringsel für zuhause ein. Premier Zhou Enlai wurde darüber informiert. Peking hatte heimlich längst geplant, den Nixons zwei echte Bären zum Staatsgeschenk zu machen. Nun ließ Zhou es die First Lady auf besondere Weise wissen
Während des Abschiedsbanketts bot er ihr eine Zigaretten-Packung “Panda” an, die Lieblingsmarke Maos. Sie rauche nicht, lehnte sie verwundert ab, schilderte der USA-Abteilungsleiter im Außenministerium, Ding Yanhong, später die Szene. Unbeirrt deutete Zhou auf das Werbelogo der Schachtel mit dem Bild zweier Pandas. “Aber diese Bären mögen Sie doch haben?” Frau Nixon verstand. Nach dem Bankett sagte sie ihrem Mann. “Stell Dir vor: Sie wollen uns zwei Pandas schenken.”
Sieben Wochen später, am 16. April 1972, traf das Bärenpaar, Lingling und Xingxing im Washingtoner Zoo ein. Es waren die ersten Pandas, die die Volksrepublik einem westlichen Land schenkte. Zur ihrer Begrüßung jubelten neben dem Präsidentenpaar 8.000 US-Bürger den Ankömmlingen zu. Von da an hypten die USA den schwarz-weißen Bären. Heute leben 61 Pandas außerhalb Chinas in 18 Ländern als Leihgaben. Elf davon sind in vier Zoos der USA untergebracht.
Lange vor den Nixons hatte eine US-Präsidentenfamilie eine ganz andere Geschichte geschrieben. Die Safarijäger Theodore und Kermit Roosevelt, Söhne des von 1901 bis 1908 regierenden US-Präsidenten Theodor (Teddy) Roosevelt, brüsteten sich, als erste Ausländer am 13. April 1929 einen Riesenpanda im Kreis Mianning (Sichuan) erlegt zu haben. Im Auftrag des Chicago Field-Museums für Naturgeschichte lauerten sie einem ausgewachsenen Panda auf. Sie schossen angeblich gleichzeitig auf den Riesenbären, um sich den damals noch unzweifelhaften Ruhm zu teilen.
In ihrem Ende 1929 erschienenen Buch “Jagd auf den Riesenpanda” (Trailing the Giant Panda) posieren sie über ihrer Trophäe auf einem ganzseitigen Foto. Als ich Tierforscher in der Chengdu-Pandastation danach fragte, sagten sie: “Wir sprechen nicht gern darüber. Erst 1939 stellte China den Panda unter Schutz. Der damalige Vorfall mag aber mit ein Grund sein, warum so viele US-Bürger uns heute helfen, den Panda vor dem Aussterben zu retten.”
Die Bemühungen haben sich gelohnt. Entwarnung für das Überleben der Gattung gibt die Zeitschrift “National Geographic” in ihrer Septemberausgabe. Sie stützt sich auf Angaben des Naturschutzbeamten Cui Shuhong aus dem Ministerium für Ökologie und Umwelt. Vergangenen Juli bestätigte er erstmals öffentlich, dass Peking den “Status des wilden Riesenpanda” offiziell von “gefährdet” in “verletzlich” heruntergestuft hat.
Zugrunde liegen Zahlen aus Chinas alle zehn Jahre organisierten nationalen Pandazählungen. Der erste Zensus in den 1980er Jahren löste mit nur noch 1.114 gezählten Bären weltweiten Alarm aus. Doch Peking konnte nach dem vierten Pandazensus 2013 aufatmen. 200 Wildhüter und Ökologen hatten drei Jahre lang 66 Naturreservate und Bergwälder in den Provinzen Sichuan, Gansu und Shaanxi durchkämmt. Sie entdeckten wieder 1.864 Pandas in freier Wildbahn. Hinzu kommen 633 Bären, die bis Anfang 2021 in den Zoos und Tierschutz-Stationen nachgezüchtet wurden.
Der heutige Pandabestand reicht aus, die genetische Vielfalt und das Überleben der Bären zu garantieren. Von dem nun für 2022 geplanten fünften Zensus erhofft sich Peking weitere Zahlenrekorde. Dafür hat man die Flächen seiner Naturreservate ausweiten lassen. Auch erwies sich der Bambus, der 90 Prozent der Ernährung von Pandas ausmacht, als widerstandsfähig gegen Klima- und Umwelteinflüsse.
Anerkannte Naturschutzverbände wie die “International Union for Conservation of Nature” hatten schon 2016 den Panda auf ihrer “Roten Liste” als nicht mehr überlebensgefährdet herabgestuft. Chinas Behörden aber nannten das “übereilte Schlussfolgerungen, die die Anstrengungen zum Schutz des Pandas nur gefährden würden.”
Fünf Jahre später passt die Entwarnung besser ins Pekinger Kalkül. Im Vorfeld der kommenden UN-Artenschutzkonferenz COP 15 posaunte Xinhua am 9. Juli stolz in Englisch aus, dass dank Chinas Mühen Pandas nicht mehr gefährdet sind: “Finally Some Good News!” Peking trumpft auf. Es ist Gastgeber des UN-Treffens, das am 11. Oktober in Kunming startet – wegen der Covid-19 Pandemie allerdings nur mit Online-Begrüßungsreden.
Die Bären entpuppten sich immer schon als Imagebotschafter für Chinas “Softpower”-Politik, fand eine Studie der Oxford Universität heraus, die die Absichten hinter Chinas Panda-Ausfuhren an internationale Zoos untersuchte.
Nur zehn Jahre lang verschenkte Pekings Führung Pandas als Staatsgabe. Die USA waren 1972 der erste Empfänger. Obwohl Mao schon 1957 den Zoos in der Sowjetunion und 1965 in Nordkorea Bären schickte, kam erst seit der Nixon-Reise der Begriff der Panda-Diplomatie auf. Bis 1982 erhielten Staatschefs aus neun Ländern, darunter auch Deutschland, Panda-Pärchen als Staatspräsente.
Die Volksrepublik belebte nur eine uralte Tradition. Nach kaiserlichen Aufzeichnungen ließ Tang-Kaiserin Wu Zetian am 22. Oktober 685 dem damaligen japanischen Kaiser Tenmu ein Pandapaar nebst 70 Fellen zum Geschenk machen. Sogar die Uhrzeit wurde notiert. Um zehn Uhr vormittags verließen die Tiere in zwei Käfigen die damalige Hauptstadt Changan (Xi’an) und wurden über Yangzhou mit dem Schiff nach Japan transportiert. Von 685 bis 1982 wurden von China insgesamt 40 Pandas verschenkt.
Seit 1982 dürfen ausländische Zoos Pandabären nur noch auf Grundlage langfristiger Leihverträge erhalten. Peking hat sich zur zweckgebundenen Nutzung der Leihgebühren verpflichtet. 60 Prozent dienen dem Schutz der Naturreservate, 40 Prozent kommen der Panda-Forschung zugute.
Die ökologische Debatte hinterlässt Spuren. Vor dem Panda-Freigehege in Chengdu warnt ein Plakat vor dem zerstörerischen Umgang des Menschen mit der Natur. Es stammt von Friedrich Engels, dem Kampfgefährten von Karl Marx. In seinem Traktat über den “Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen” schreibt Engels: “Schmeicheln wir uns indes nicht zu sehr mit unseren menschlichen Siegen über die Natur. Für jeden solcher Siege rächt sie sich an uns.” Auf Marx und Engels sollen Chinesen ja bekanntlich hören.
Judith Sun übernimmt bei Hugo Boss die Verantwortung für den chinesischen Markt. Sie tritt ihre neue Position zum 1. Oktober an. Sun war vorher als Managing Director bei der Schmuckmarke Swarovski in China tätig und hatte davor Positionen bei Adidas, Levi´s und anderen Marken aus der Textilbranche in China inne. Sie ist die erste weibliche Managing Director, die einen Bereich für Hugo Boss verantwortet.
Michael Perschke ist neuer CEO und Vorstand bei der Quantron AG. Quantron ist ein Systemanbieter von batterie- und wasserstoffbetriebener E-Mobilität für Nutzfahrzeuge wie Lkw, Busse und Transporter und hatte jüngst über einen Aktienaustausch mit Ev Dynamics seine globale Präsenz ausgebaut. Ev Dynamics, ehemals als China Dynamics bekannt, ist Anbieter von integrierten Antriebs- und Logistiklösungen und verfügt über eine Produktionsstätte in Chongqing sowie ein Vertriebsnetz in China, Hongkong, im asiatisch-pazifischen Raum und in Südamerika. Im August kündigten beide an, gemeinsam BEV- und FCEV- Fahrzeuge auf den Markt bringen zu wollen.
wir vom China.Table haben in den vergangenen Wochen viel Zeit damit verbracht, mit Politikern über China zu diskutieren. Wir haben daraus bereits sechs Interviews als Ergebnis dieses Dialogs veröffentlicht. Heute, zwei Tage vor der Bundestagswahl, präsentieren wir zwei weitere dieser Gespräche.
Hans-Peter Friedrich von der CSU bekräftigt das Bekenntnis der Union zu klaren Werten, spricht sich aber ganz klar für einen offenen und vorurteilslosen Dialog mit China aus. “Dort, wo wir investieren, gelten deutsche Wertmaßstäbe” – doch von Sanktionen und Belehrungen hält er nichts. Friedrich ist Vizepräsident des Deutschen Bundestages und Mitgründer des Vereins China-Brücke.
Als Innenminister unter Angela Merkel von 2011 bis 2013 hat er mit regiert – und verteidigt den Umgang der Kanzlerin mit China. Das wirtschaftliche Erstarken des Landes hält Friedrich sogar für einen Vorteil: “Wir sollten dankbar sein für jeden Wettbewerb” – denn nur Konkurrenz hält die Unternehmen fit. Friedrich kann sich, wenn es um die China-Kompetenz der Union geht, einen Hinweis auf Franz-Josef Strauß nicht verkneifen. Der Bayer war als erster deutscher Politiker zu Mao gefahren.
Johannes Vogel ist stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP und als Mitglied der deutsch-chinesischen Parlamentariergruppe stark an den Entwicklungen in Fernost interessiert. Er erklärt uns, warum das Eintreten für ungehinderten Handel mit China nicht im Widerspruch steht zum besonderen Engagement seiner Partei für Freiheit und Menschenrechte. Auch die Forderungen nach einem Lieferkettengesetz auf der einen Seite und nach Bürokratieabbau auf der anderen Seite hält Vogel für durchaus vereinbar. Es muss bloß handwerklich gut gemacht sein – und daran haperte in den vergangenen Jahren bei der Regierungspolitik. Die Ansätze des derzeitigen Wirtschaftsministers zur Industriepolitik hält die FDP jedenfalls für wenig zielführend.
Obwohl sich die Vertreter der potenziellen Bündnispartner Union und FDP auf den ersten Blick mit ähnlichen Worten äußern, gibt es zwischen den Aussagen Friedrichs und Vogels doch auffällige Differenzen. So interpretieren sie die Haltung der deutschen Wirtschaft unterschiedlich. Vogel sieht eine zunehmend China-kritische Haltung bei den Unternehmen. Für Friedrich sind das vor allem Äußerungen von Verbänden und Dax-CEOs; die Mittelständler und die Praktiker vor Ort wünschen sich ihm zufolge dagegen weniger Kritik an China.
Im China.Table haben wir Ihnen damit die Positionen von SPD, Union, den Grünen, der FDP und der Linken zu China im Detail präsentiert; eine China-erfahrene Politikerin der AfD war ebenfalls angefragt, hat sich aber nicht zu einem Interview bereiterklärt.
Es freut sich auf einen spannenden Wahlsonntag
Hans-Peter Friedrich ist Vizepräsident des Deutschen Bundestages und Vorsitzender des Dialogforums China-Brücke
Wie bekommen wir unsere Wertevorstellungen und unsere Wirtschaftsinteressen gegenüber China unter einen Hut?
Unsere Wertvorstellungen sind unter keinen Umständen verhandelbar. Und wenn ein Handels- oder Wirtschaftspartner fordern sollte, unsere Werte aufzugeben oder zumindest zu relativieren, dann müssen wir das zurückweisen.
Wenn man als Unternehmen in China ist, sieht die Realität schon anders aus. Zum Beispiel, wenn es um den Umgang mit den Uiguren in Xinjiang geht. Da sagt man lieber nichts.
Man kann allerdings von einem Unternehmen, das zum Beispiel in Shanghai Computerteile verkauft, auch nicht erwarten, dass es sich zum Umgang mit den muslimischen Minderheiten in Xinjiang positioniert. Das ist die Aufgabe der Politik. Man kann von diesem Unternehmen aber erwarten, dass es deutsche Werte im Umweltschutz oder bei Arbeitnehmerrechten hochhält. Mein Eindruck ist, dass die deutschen Unternehmen in China dafür bei den chinesischen Mitarbeitern geschätzt werden. Dort, wo wir investieren, gelten deutsche Wertmaßstäbe. Diese Unternehmen haben sogar dazu beigetragen, dass sich diese Werte über die Firmen hinaus schneller durchgesetzt haben.
Aber hat wiederum die deutsche Regierung nicht versagt, als es darum ging, zum Umgang Pekings mit politischen Aktivisten in Hongkong deutlich Stellung zu beziehen und klar zu sagen: So geht das nicht? Das entspricht nicht unseren Wertvorstellungen.
Die Frage ist ja, welche Handlungsmöglichkeit es überhaupt gibt. Unter den gegebenen Vertragsbedingungen, die die Briten und die Chinesen schon 1984 ausgehandelt haben, ist der Spielraum sehr gering: Es war klar, Hongkong geht 1997 an China. Und es ist auch klar, dass beide Seiten die Formel “ein Land – zwei Systeme”, die bis 2047 gilt, sehr unterschiedlich auslegen würden. Es war ebenfalls klar, dass die Chinesen versuchen würden, sich Hongkong Stück für Stück auch politisch einzuverleiben. Alles andere wäre blauäugig gewesen. Und sie haben Hongkong mit der Nachbarstadt Shenzhen ihre Vorstellung einer modernen Stadt gegenübergestellt. Das ist ihnen gelungen.
Auch wegen Hongkong hat die EU Sanktionen gegen China verhängt. Und China hat mit Sanktionen geantwortet. Das war doch eine konkrete Handlungsmöglichkeit.
Ja, es wurde gehandelt. Die Frage ist nur, was es bringt. Sanktionen sind vor allem politische Symbolik. Wenn man keine Möglichkeit sieht, irgendwas anderes zu machen, dann verhängt man Wirtschaftssanktionen. Diese Politik stammt aus einer Zeit, in der man versucht hat, beispielsweise in Afrika eine Diktatur auf Linie zu bringen. Das ist heute, in einer Zeit, in der die Unternehmen weltweit viel stärker verflochten sind, kein sinnvolles Vorgehen mehr, zumal diese Verflechtung ja auch positiv ist. Sie schafft Stabilität und Frieden. Mit Sanktionen manövriert man sich in eine Sackgasse: Man hat politisch nichts bewirkt und sich wirtschaftlich geschadet.
Ist es jedoch nicht wichtig, ein Zeichen zu setzen?
Durchaus, aber ob Sanktionen das geeignete Mittel sind, darf bezweifelt werden. Denn muss man wissen, wie man wieder dabei herauskommt. Am Ende unverrichteter Dinge klammheimlich wieder aus den Sanktionen auszusteigen, ist keine glaubwürdige Politik.
Ist die neue Indopazifik Strategie der EU gegen China denn wenigstens sinnvoll?
Diese Strategie ist schon allein deswegen wichtig, weil sie die Europäer zwingt, sich von ihrer Nabelschau zu verabschieden und sich zu fragen: Was wollen wir eigentlich in der Welt? Insofern ist jede Strategie, die über den Tellerrand hinausdenkt, sinnvoll. Zumal es dabei um Multilateralismus geht und darum, die Handelswege freizuhalten. Daran sollten auch Peking ein Interesse haben.
Nun kreuzt ein deutsches Kriegsschiff vor der Küste Chinas.
Das zeigt unsere Solidarität mit dem Nato-Partner USA. Wir wollen gemeinsam Flagge zeigen. Die Schiffe und die Indo-Pazifik-Strategie sind aber nicht gegen etwas gerichtet, wie Sie es formulieren – auch nicht gegen China. Sie stehen für etwas: für freie Meere und freie Handelsrouten im Interesse aller.
Um Freiheit ging es den Amerikaner auch in Afghanistan, bis sie sich zurückgezogen haben. Werden die Chinesen nun vollenden, was der Nato nicht gelungen ist?
Die Chinesen sind ja schon seit vielen Jahren in Afghanistan. Zwar nicht mit Soldaten, aber mit Geschäftsleuten, die Rohstoffvorkommen sichern und Investitionsmöglichkeiten schaffen. Es geht jedoch dabei nicht um die Frage, vollenden oder nicht vollenden. Es geht jetzt darum, und das ist wieder im Interesse aller, Afghanistan zu stabilisieren, einen unberechenbaren Konfliktherd zu befrieden. Insofern ist nun alles, was zur Stabilisierung beiträgt, willkommen. Egal, ob es aus Deutschland oder aus China kommt. Und am besten arbeiten alle Länder in dieser Frage so eng wie möglich zusammen. Militärisch hat es nicht funktioniert. Jetzt müssen wir gemeinsam schauen, ob es wirtschaftlich funktionieren kann.
Dennoch haben wir auch unterschiedliche Interessen. Wie bleiben wir wirtschaftlich wettbewerbsfähig gegenüber diesem China, das immer innovativer wird und damit auch mächtiger?
Indem wir uns auf unsere Stärken besinnen, die Marktwirtschaft zum Beispiel. Das ist etwas, mit dem wir stark geworden sind. Und das sollten wir nicht vergessen: Selbst die Chinesen sind nicht etwa wegen ihrer erfolgreichen Planwirtschaft stark geworden, sondern, weil sie sich getraut haben, marktwirtschaftlichen Wettbewerb zuzulassen. Bei uns hat das zu einem starken Mittelstand geführt. Da sind wir den Chinesen voraus. Für unsere Grundlagenforschung werden wir von China beneidet. Wir haben also allen Grund, weiter selbstbewusst zu sein und die Herausforderung anzunehmen. Der Manager, der damals den Augsburger Roboterhersteller Kuka nach China verkauft hat, hat es so formuliert: Die chinesische Wirtschaft ist wie ein Fitness-Studio für die deutsche Wirtschaft. Ein schönes Bild. Wer keinem Wettbewerber ausgesetzt ist, wird träge. Insofern sollten wir dankbar sein für jeden Wettbewerb.
Die Grünen werfen der Regierung Merkel vor, dass die deutsche Wirtschaft inzwischen kritischer gegenüber China ist als das Kanzleramt.
Also die hörbare deutsche Wirtschaft, das sind entweder Verbandsfunktionäre oder CEOs von großen Konzernen. Und beide können sie getrost unter die Kategorie Politik einordnen. Im deutschen Mittelstand und auf der Arbeitsebene in den Konzernen ist das Bild deutlich differenzierter. Da wird von den Grünen einfach nur formuliert, was die China-Kritiker hören wollen.
Wollen Sie ernsthaft behaupten, es gäbe keinen Unmut gegenüber China in der deutschen Wirtschaft?
Unmut gibt es und den muss die Politik auch ernst nehmen. Wenn es beim Unmut zum Beispiel um Urheberrechte geht, um gleichen Zugang zu den Märkten, dann muss man das offen mit den zuständigen Stellen besprechen. Aber dafür sind Frau Merkel und die CDU/CSU in China bekannt und werden dafür in Peking sogar geschätzt.
Merkel hat in der Tat über viele Jahre die Politik verfolgt, mit Geduld und Leidenschaft dicke Bretter zu bohren. Aber inzwischen hat man den Eindruck, dass Peking die dicken Bretter durch Stahlplatten ersetzt hat. Was machen wir nun?
Ihr Vergleich hört sich so an, als ob nichts erreicht wurde. Das ist nicht mein Eindruck. Die Bewegung in Richtung Marktwirtschaft ist viel stärker und nachhaltiger als die Gegenbewegungen, die wir allerdings auch konstatieren müssen. Deutschland führt einen Menschenrechtsdialog. Einen Rechtsstaatsdialog. Unsere Hanns-Seidel-Stiftung macht im Bereich der Rechtsstaatlichkeit hervorragende Arbeit, wenn es darum geht, unsere Werte überzeugend zu vertreten und genießt dennoch großes Vertrauen in China.
Das passiert alles im Hintergrund. Müssen wir nicht auch öffentlich mehr Tacheles reden mit China?
Ich glaube nicht, dass die postkolonialistische Attitüde, schwächere Länder zu belehren über das, was sie zu tun und zu lassen haben, noch zeitgemäß ist. Zumal wir nun erstaunt feststellen, dass China kein schwaches Land mehr ist. Insofern kann man schon feststellen, dass die Chinesen, was die Einmischung in innere Angelegenheiten betrifft, schon Stahlplatten eingezogen haben. Und da hilft die deutsche Belehrungsattitüde in der Tat nicht. Damit will ich nichts von dem relativieren, was in China falsch läuft, sondern klarstellen, dass die Chinesen selbstbewusster geworden sind und auch allen Grund dazu haben. Das können wir nicht ignorieren.
Bedeutet das am Ende, dass für internationale Partner im Grunde in China nur noch Platz ist, wenn sie sich den ökonomischen und politischen Bedingungen Chinas unterwerfen?
Nein. Bei Huawei und 5G hat das doch am Ende irgendwie funktioniert. Erst haben wir Politik und Wirtschaftsinteressen kräftig vermischt. Dann haben wir uns zusammengerauft und eine gangbare Lösung gefunden: Huaweis Weltklasse-Technologie gerne, weil sie unsere Wirtschaft wettbewerbsfähiger macht, aber zu unseren Spielregeln und Wertvorstellungen. Wir brauchen keine ideologischen Belehrungsorgien der Grünen, sondern wir brauchen alltagstaugliche Lösungen.
Macht es in dieser Hinsicht denn Sinn, dass gleichgesinnte Partner, also die Amerikaner, die Europäer und die Demokratien in Asien sich als ein Werteverband gegen China zusammenschließen und so versuchen, ihre Interessen durchzusetzen?
Es ist richtig, dass Länder, die gemeinsame Wertevorstellungen haben, sich zusammenschließen. Was mich stört, ist Ihre Formulierung “gegen China”. Noch einmal: Es geht nicht darum, gegen irgendetwas zu sein, sondern für etwas. Zum Beispiel für Klimaschutz, Menschenrechte oder offene Märkte. In diesen Fragen ist es durchaus sinnvoll als Wertegemeinschaft zusammenzuarbeiten, ohne die kulturellen Unterschiede auszublenden. Aber es ist nicht etwas, was sich gegen China richtet. Es geht vielmehr darum, auf der Basis unserer Werte gemeinsam an Lösungen zu arbeiten.
Aber China ist nicht nur ein Partner, sondern auch ein Wettbewerber. Manche halten China auch für einen systemischen Rivalen.
China ist alles drei. Aber das Wort Rivale gefällt mir nicht gut. Ich würde sagen: China ist ein systemischer Wettbewerber. Wir müssen nun beweisen und das können wir auch überzeugend, dass unser System der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit in gesellschaftlicher, humanitärer und ökonomischer Hinsicht erfolgreicher ist als jedes andere System. Auch hier belebt der Wettbewerb das Geschäft.
Ein Wettbewerb allerdings, bei dem der Westen immer schwächer wird.
Was für uns eine Herausforderung sein muss, noch überzeugender zu werden. Wenn man sich heute die Vereinten Nationen anschaut, dann sieht man, dass es in das demokratische Zeitalter noch ein weiter Weg ist. Dennoch müssen wir für die neue Weltordnung gemeinsame Standards entwickeln. Das ist schwierig und wird womöglich nicht einfacher. Und dennoch gibt es dazu keine Alternative. Eines muss notorischen China-Kritikern endlich klar werden: Wir können niemanden zwingen, auch wenn wir noch so laut Stopp rufen und uns im Recht fühlen. Wir müssen überzeugen. Wir sind nur ein Teil der Welt. Nicht einmal ein großer Teil. Aber wir können große Überzeugungskraft entwickeln.
Müssen wir in dieser Auseinandersetzung unter Umständen bei den politischen Menschenrechten zurückstecken, um im Klimaschutz voranzukommen, was China betrifft?
Ich bin dagegen, dass man solche Fragen überhaupt erst miteinander verknüpft. Die Chinesen haben ein vitales Interesse daran, die Umweltbelastung zu verringern. Sie wollen 2060 “carbon neutral” sein und haben jüngst verkündet, dass sie keine Kohlekraftwerke mehr exportieren. Wir haben auch ein Interesse daran. Aber deswegen müssen wir keine Bedingungen akzeptieren. Unsere Aufgabe ist es, gemeinsam mit der Weltgemeinschaft diese großen Herausforderungen lösen.
In China gilt die neue Seidenstraße als Entwicklungsprojekt. Im Westen als Machtinstrument, um Chinas Einfluss auszubauen. Müssen wir dem chinesischen Vorstoß etwas entgegensetzen?
Also erst einmal ist das natürlich beides: Natürlich sichern sich die Chinesen weltweit Rohstoffe und bauen Absatzmärkte auf. Das ist für jede Volkswirtschaft sinnvoll. Und gleichzeitig profitieren die beteiligten Länder davon. Wir sollten also nicht mit dem Finger auf die Chinesen zeigen, sondern das auch so machen. Allerdings zu unseren Bedingungen und im Lichte unserer Interessen. Und wenn es Kooperationsmöglichkeiten gibt, sollten wir die nutzen. Das bedeutet aber nicht, dass wir nicht in den Wettbewerb gehen und versuchen, auch mal den Chinesen voraus zu sein. Was nicht sein kann, dass wir uns hinsetzen und zuschauen, wie die Chinesen wichtige strategischen Punkte der Welt besetzen und uns dann hinterher darüber bitter beklagen.
Das bedeutet Joe Biden ist besser als Donald Trump für die globale Entwicklung. Er setzt ja anders als Trump eher auf Selbststärkung als auf Abschottung.
Meinem Eindruck nach spüren immer mehr US-Politiker, dass die Strategie, zur Relativierung der innenpolitischen Schwierigkeiten ein Feindbild aufzubauen, nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann. US-Präsident Joe Biden hat ja ganz deutlich gesagt, dass er an einem neuen kalten Krieg nicht interessiert ist. Das ist eine positive Entwicklung. Aber die Amerikaner haben andere Interessen als die Chinesen. Und die Unterschiede werden eher zunehmen. Das darf man auch nicht vergessen. Für Europa bedeutet das nur eines: Wir müssen eine eigenständige europäische Position gegenüber China finden.
Dabei hat Merkel eine zentrale Rolle gespielt. Sie steht nun nicht mehr zur Verfügung. Wäre nicht der CSU Politiker Söder in der CDU/CSU besser dafür geeignet gewesen, als der CDU-Mann Armin Laschet?
Also, ich weiß gar nicht, ob das ein so großer Unterschied ist. Armin Laschet ist auch ein international sehr erfahrener Politiker, war Europaabgeordneter und ist Ministerpräsident eines Bundeslandes, dass genauso wie Bayern sehr enge wirtschaftliche Beziehungen zu China hat. Er weiß, was über 200 Milliarden Euro Handelsvolumen zwischen China und Deutschland bedeuten und hat ja auch vergangene Woche vor einem Kalten Krieg zwischen dem Westen und China gewarnt. Und Söder steht eben Seite an Seite in diesen Fragen und gleichzeitig in einer historischen Kontinuität der CSU Parteivorsitzenden. Es war ja der Antikommunist Franz-Josef Strauß, der als erster deutscher Politiker zu Mao gefahren ist und hat ihm gesagt hat: Wir müssen mal miteinander reden. Ich werde das Foto nie vergessen, auf dem er mit Mao Tischtennis spielt. Das war das Ende der Ausgrenzung und der Beginn eines fruchtbaren Wettbewerbs, der bis heute anhält. Schon damals wollte Strauß vor allem eines: besser sein als die Chinesen. Und darum geht es heute noch immer.
Hans-Peter Friedrich, 64, sitzt seit 1998 für die CSU im Bundestag. Er war von 2011 bis 2013 Innenminister in der 3. Regierung Merkel. Seit 2017 ist er Vizepräsident des Deutschen Bundestages und gehört seit 2011 dem Parteipräsidium der CSU an. Friedrich ist zudem Vorsitzender der China-Brücke – einem unabhängigen Dialogforum, das sich mehr und mehr zu einer vielfältigen Plattform für einen Austausch mit China etabliert.
Die FDP präsentiert sich als die Partei der Wahl für Unternehmer und Wirtschaftsführer. Zugleich verfolgt sie eine besonders strenge Linie gegenüber China, unserem wichtigsten Handelspartner. Wie passt das zusammen?
Zunächst einmal: Die FDP ist nicht ausschließlich die Partei der Wirtschaft. Wir sind natürlich die Partei, die Unternehmertum als etwas Positives begreift, Entrepreneurship gut findet, den antikapitalistischen Ressentiments entgegentritt und die soziale Marktwirtschaft verteidigt. Aber wir sind eben für wirtschaftliche und gesellschaftliche Freiheit. Die Unteilbarkeit dieser zwei Aspekte, die macht ja gerade das spezifisch Liberale und die Eigenständigkeit unserer Position im Parteiensystem aus.
Und deshalb passt es zu unseren Positionen, wirtschaftliche Prosperität und Freihandel als etwas Positives zu sehen und gleichzeitig für Freiheit und Menschenrechte weltweit einzutreten. Der BDI war übrigens auch eine der ersten Institutionen, die darauf hingewiesen hat, wie tiefgreifend der neue Systemwettbewerb mit China unter Xi Jinping ist. Er hat sich seitdem kritisch zur KP und der Entwicklung in China positioniert. Auch die deutsche Wirtschaft muss die Konsequenzen dieser Entwicklung durchdenken – und sie tut das nach meinem Eindruck auch.
Das geplante europäische Lieferkettengesetz bereitet deutschen Firmen im Chinageschäft Kopfzerbrechen. Die Firmen fürchten Chaos und Nachschubprobleme, wenn Menschenrechtsorganisationen auf breiter Front gegen die Beschaffung in China klagen können.
Wir müssen uns all diesen Fragen gesamteuropäisch stellen. Das macht Sinn in der Außenpolitik. Das macht Sinn in der Sicherheitspolitik. Und deshalb ist eine europäische Lösung auch hier sinnvoller als der nationale Alleingang. Doch Lieferkettengesetze müssen vor allem realistisch sein. Die Haftungsverpflichtungen dürfen nicht auf die dritte Zulieferebene im Herkunftsland ausgeweitet werden, also die Zulieferer der Zulieferer. Das ist für einen privaten Akteur faktisch unmöglich zu garantieren und dann in Wahrheit hohle Bürokratie für die Unternehmen. Wir müssen aufpassen, dass wir da keine staatlichen Aufgaben und Herausforderung in der Entwicklungspolitik auf private Akteure abwälzen.
Der deutsche Staat oder die Europäische Union alleine haben ebenfalls wenig Durchgriff auf die Arbeitsbedingungen in anderen Ländern.
Es ist generell bedauerlich, dass wir als Europäer international zu wenig mit eigenständigen Positionen und auf Augenhöhe sichtbar sind und dass wir uns im globalen Westen zu wenig einbringen. Da müsste es vor allem mehr Kooperation und Abstimmung mit den marktwirtschaftlichen Demokratien in Asien geben. Zusammen hat man mehr Einfluss als allein. Das halte ich für die größte strategische Leerstelle in der China-Politik.
Also müsste es mehr Abstimmung mit Japan, Südkorea, Singapur und Indien geben?
Und mit Australien und Neuseeland. Wobei Singapur in dieser konkreten Aufzählung natürlich nicht ganz passt, dafür gehört zum Beispiel Malaysia mit in den Blick.
Australien hat unsere französischen Bündnispartner allerdings gerade übel vors Schienbein getreten.
Die Vorgänge zeigen doch nur, dass wir die Chance, die wir als Westen insgesamt mit der Regierung Biden haben, bisher nicht ergreifen. Wir sollten stattdessen zu einer gemeinsamen Strategie und engerer Abstimmung kommen. Denn wir müssen uns solchen Sicherheitsfragen gemeinsam stellen, dieser Ansatz wäre richtig.
Und wir dürfen eben nicht nur transatlantisch allein denken; es sollte ein Forum geben, eine Organisation, in der die marktwirtschaftlichen Demokratien auf globaler Ebene sich den Fragen gemeinsam stellen, sich dazu jedenfalls austauschen. Ich kann die militärischen Anforderungen, die Australien jetzt vorbringt, zwar nachvollziehen. Wir können aber als EU auch nicht damit zufrieden sein, hier gar keine Rolle zu spielen. Wir müssen von unseren Verbündeten erwarten können, dass sie andere Partner mit Verlautbarungen nicht vor vollendete Tatsachen stellen.
Doch genau das haben Australien, Großbritannien und die USA nun gemacht.
Sollte das so abgelaufen sein, wie unsere französischen Freunde das darstellen, dann ist das in der Tat natürlich unter Verbündeten ein No-Go. Ich weiß, dass die Amerikaner sich auch über das Timing beim europäisch-chinesischen Investitionsabkommen CAI geärgert haben.
Nach dem Wahlsieg von Joe Biden sind bisher aber viele Chancen verpasst worden, endlich zu einer gemeinsamen, durch den Westen entwickelten China-Strategie zu kommen, und ich finde, das sollten wir endlich als Weckruf begreifen. Das ist eine Anforderung an alle Beteiligten – uns selbst, aber eben auch an die von mir sehr geschätzten Verbündeten auf der anderen Seite des Atlantik.
Wie könnte die Reaktion konkret aussehen?
Einen kühlen Kopf bewahren, aber den Unmut deutlich artikulieren. Als Westen jetzt die Gelegenheit nutzen, sich in die Augen zu schauen und gemeinsam die Frage zu stellen, ob das eigentlich die beste Art von Kooperation ist. Es vielleicht als Chance zu begreifen, da jetzt endlich auf ein anderes Level zu kommen und dann über die transatlantische Dimension hinauszudenken. Hier passt der Satz, den Winston Churchill gesagt haben soll: “Never let a good crisis go to waste.”
Wie fällt Ihr Rückblick auf die China-Politik der Merkel-Jahre aus? Wie ist es gelungen, mit der Rivalität umzugehen, also das Einstehen für europäische Werte mit den Handelsinteressen abzugleichen?
Man muss hier zunächst anerkennen, dass es die Merkel-Regierungen mit zwei verschiedenen Chinas zu tun hatten. China war nie eine Demokratie in den letzten Jahrzehnten, doch hat sich das Regime beim Wechsel der Führungsgeneration von Hu Jintao zu Xi Jinping noch einmal in der Natur gewandelt. Es gab vorher durchaus unterschiedliche Fraktionen in der KP und die weitere Entwicklung der KP war offen; es gab auch innerhalb der Partei eine Vielzahl von Vorstellungen für das Land. Unter Xi Jinping ist dagegen eine völlig neue systemische Herausforderung entstanden. Und das ist während der Ära Merkel passiert. Wir haben seitdem ein Strategiedefizit: Der Westen ist in einer China-Strategie aus der Zeit vor Xi hängengeblieben.
Was sollen wir tun? Europa kann sich schlecht von China isolieren.
Wir haben in der Tat eine wirtschaftlich verflochtene Welt, und das wollen und können wir auch nicht rückabwickeln – für die Bundesrepublik Deutschland wäre das auch kaum empfehlenswert und als Liberaler wäre ich da auch strikt dagegen. Bitte verstehen Sie mich richtig: Wir haben keinen Kalten Krieg. Aber wir haben einen neuen Systemwettbewerb, der eine neue Strategie erfordert, und da ist die deutsche Bundesregierung in den letzten Jahren meines Erachtens nicht weit genug gekommen.
Ich bin mit Analogien zum Kalten Krieg sehr zurückhaltend, weil der aktuelle Systemwettbewerb zwar ähnlich tiefgreifend ist, aber inhaltlich von ganz anderer Art. Aber um einen Vergleich zumindest auf der Zeitschiene zu bemühen: Wir befinden uns an einem Punkt in der Nähe des “Long Telegram”, also da, wo die Amerikaner Ende der 1940er-Jahre waren, als sie erst langsam begriffen, dass sie sich mit der Sowjetunion in einer neuen Form des Wettbewerbs befanden. Wir stehen also am Anfang einer Entwicklung, die uns noch enorm beschäftigen wird.
Wie geht es hier nach der Wahl weiter?
Die deutsche Bundesregierung als stärkste Nation innerhalb der Europäischen Union gibt zu wenig Impulse. Der Systemwettbewerb mit China muss deshalb ein zentrales Thema für die nächste Bundesregierung sein. Die EU sollte in der Außenpolitik das Einstimmigkeitsprinzip hinter sich lassen und stärkere Handlungsfähigkeit schaffen.
Es hat eine sicherheitspolitische Dimension: Wir können mit unseren Fähigkeiten nicht zufrieden sein. Das konnte man gerade wieder bei der Organisation des Abzugs aus Afghanistan sehen. Wenn die Bundeskanzlerin sagt, der Abzug zeigt, was wir außenpolitisch können und was wir nicht können, dann zeigt er eindeutig, dass wir zu wenig können. Eine weitere Dimension ist die Frage: Wer ist “wir”? Wer ist der globale Westen? Außerdem gibt es eine Dimension der wirtschaftspolitischen und technologischen Balance.
Die Balance verschiebt sich zunehmend nach Fernost.
Die Frage ist, wo liegen wirklich die Abhängigkeiten? Als Volkswirtschaft sind wir insgesamt nicht zu abhängig von der Volksrepublik China, wie etwa eine MERICS-Studie kürzlich herausgearbeitet hat. Wenn man jedoch einzelne Branchen und Einzelunternehmen anschaut, herrscht zum Teil eine sehr starke Gewichtung auf dem chinesischen Markt.
Als FDP sagen wir, dass sich das jetzt nicht durch weniger Geschäft in China, sondern durch umso mehr Geschäft mit anderen Weltregionen ausgleichen lässt. Dafür sind weitere Freihandels- und Investitionsabkommen gerade jetzt unerlässlich. Partner dafür wären wiederum etwa die marktwirtschaftlichen Demokratien in Asien. So ließe sich das ausbalancieren. Doch der letzte Wirtschaftsminister in Malaysia war Michael Glos von der CSU. Das war 2006. Das allein zeigt doch, wie viel angesichts der historischen Dimension der Aufgabe zu tun ist.
China taucht im Parteiprogramm der FDP allerdings auch immer wieder als eine Art Vorbild auf. Es reklamiere den schnelleren Weg aus der Krise, es habe digitalere Schulen. Die FDP will von China lernen?
Nein, keinesfalls. Nein.
Gleich zweimal nein? Ein Doppel-Nein?
Ganz abgesehen von der dramatischen gesellschaftlichen Unfreiheit: Ich bin fest davon überzeugt, dass auch die deutsche Wirtschaft nicht als von oben gelenkte Staatswirtschaft funktionieren würde. Unsere Stärke ist die Innovation durch die Kreativität der Vielen in einer freien Gesellschaft. Dennoch fordern uns die langfristige Planung und der strategische Langmut der Chinesen natürlich heraus.
Aber deshalb sollten wir nicht “chinesischer” werden. Ganz im Gegenteil. Aber wir sollten die Herausforderung ernst nehmen. Wir sind insgesamt in den letzten Jahren in der Bundesrepublik die Megatrends wie den demografischen Wandel, die Digitalisierung und die Dekarbonisierung viel zu kurzsichtig angegangen. Es ist zum Beispiel überfällig, unser Rentensystem endlich demografiefest zu machen.
Viele Politiker orientieren sich zunehmend an Chinas industriepolitischem Vorgehen. Wirtschaftsminister Peter Altmaier stellt Förderung für eine einheimische Fertigung von Schutzmasken, Batteriezellen oder Halbleitern bereit.
Vom grundsätzlichen Ansatz halte ich nichts. Klar brauchen wir erfolgreiche Batteriezellenproduktion auch hierzulande und für Transformationsdurchbrüche wie etwa der Landeinfrastruktur für Elektroautos kann temporäre Förderung sinnvoll sein. Aber wir sollten nicht anfangen, die arbeitsteilige Welt als Problem zu begreifen.
Wir müssen uns stattdessen bei den Lieferstrukturen viel breiter aufstellen, indem wir mehr in anderen Weltregionen investieren. Nur, weil wir nicht von einem Wirtschaftsblock abhängig sein wollen, heißt das nicht, dass wir alles nach Hause zurückverlagern müssen. Die Politik muss hier Strategien liefern und die Privatwirtschaft muss eigenverantwortlich handeln. Aber ich bin nicht überzeugt von Peter Altmaiers Pseudo-Industriepolitik.
Pseudo-Industriepolitik?
Ich glaube nicht, dass unsere Innovationsfähigkeit auf staatliche Lenkung zurückgeht. Sondern auf eine Kombination aus Kreativität, Einwanderung und Aufstiegsversprechen, Diversität und guten Rahmenbedingungen für Unternehmertum und unsere Marktwirtschaft. Daraus entsteht Innovation. Aber nicht nur Altmaiers Idee, auch deren Umsetzung ließ sehr zu wünschen übrig. Was dabei herausgekommen ist, war eine Liste von vermeintlich fördernötigen nationalen Champions, wozu dann sogar die Deutsche Bank gehörte -, die wichtig ist, aber nun wirklich nichts mit Digitalisierung oder KI zu tun hat.
Das wirkte dann doch sehr wie altbacken-klassische Industriepolitik, die wir in Deutschland so zu Recht nie betrieben haben. Da fehlte jeder Mehrwert. Peter Altmaier hat damit selbst die Anhänger einer Industriestrategie enttäuscht zurückgelassen. Was einem vielleicht schon etwas über die Sinnhaftigkeit des Ansatzes einer staatlichen Steuerung der Wirtschaft sagt. Was wir bei Fragen wie der Dekarbonisierung stattdessen brauchen, ist endlich schlüssige und harte Ordnungspolitik.
Dennoch fehlte es gerade dann an Masken für Krankenpfleger oder an Chips für Autohersteller, als diese dringend gebraucht wurden. Kam das nicht für jemanden mit festem Vertrauen in den Markt etwas überraschend?
Wir hatten eine absolute Ausnahmesituation mit der Corona-Krise. Sie brachte die schwersten Eingriffe in unsere Art zu leben seit dem Zweiten Weltkrieg mit sich. Wir dürfen uns zugestehen und anerkennen, dass das ein gigantischer Stresstest ist. Dass etwa bei Lieferketten Diversifikation sinnvoll ist, haben wir in der Tat erneut gesehen. Aber wir haben dabei ja auch den Beweis erhalten, dass Marktwirtschaft, Unternehmertum und internationale Kooperation am meisten zur Lösung der Probleme beigetragen haben. Denn am Ende bringt uns ja der Impfstoff raus aus der Krise.
Wäre es nach der politischen Rechten gegangen, hätte es die Erfolgsgeschichte von Özlem Türeci und Ugur Şahin in Deutschland niemals gegeben. Aus Sicht der politischen Linken wiederum gibt es aber doch sonst auch kein größeres Feindbild als ein Unternehmer-Ehepaar, das in wenigen Jahren durch eine Firmengründung zu Multimilliardären wurde. Für die Linke noch schlimmer: Biontech hat den Impfstoff in freihändlerisch-globalisierter Kooperation mit einem amerikanischen Pharmamulti entwickelt. All diese Kräfte würden also das wegwerfen, was uns in Wahrheit stark macht.
Johannes Vogel (39) ist stellvertretender Vorsitzender der FDP und Generalsekretär der FDP in NRW. Als stellvertretender Vorsitzender der deutsch-chinesischen Parlamentariergruppe hat einen starken China-Bezug. Er spricht als einer der wenigen deutschen Abgeordneten (etwas) Chinesisch.
28.09.2021, 8:30-10:00 Uhr
Breakfast Club Nürnberg / Chinaforum Bayern: “Deutschlands Chinapolitik nach der Bundestagswahl” Mehr
28.09.2021, 10:00-11:45 EST/ 16:00-17:45 EDT
Webinar / Harvard Fairbank Center: Those Who Fall Behind Get Beaten Up: Can Science Build a Strong China? Mehr
28.09.2021, 4:30 PM Beijing (10:30 AM Berlin)
Webinar / Dezan Shira: Asia’s New Transfer Pricing Landscape: The Effect of BEPS 2.0 (China, Singapore, Hong Kong, India, and Vietnam) Anmeldung:
29.09.2021, 8:30-10:00 Uhr
Breakfast Club München / Chinaforum Bayern: “Deutschlands Chinapolitik nach der Bundestagswahl” Mehr
29.09.2021, 10:00 AM PDT / 1:00 PM EDT / 7:00 PM CST
Webinar / Dezan Shira: How to Optimize Your Supply Contracts and Workforce to Manage Costs Anmeldung
29.09.2021, 12:30-1:45 PM EST/ 18:30-19:45 Uhr EDT
Webinar / Harvard Fairbank Center: Critical Issues Confronting China Series featuring Bonnie Glaser – How Great is the Risk of War Over Taiwan? Mehr
30.09.2021, 8:30-9:30 Uhr MEZ / 14:30-15:30 Uhr CST
4. CNBW Business-Talk: Live aus China: Im Gespräch mit Tilman “Leo” Lesche (Influencer und Unternehmer; Beijing) Mehr
30.09.2021, 9:30-10:45 AM EST /15:30-16:45 Uhr EDT)
Webinar / Harvard Fairbank Center: The Taliban Takeover and Central Asian Security: What Will Russia and China Do? Mehr
30.09.2021, 10:00-12:15 Uhr Brüssel/ 4:00-6:15 PM Beijing Time
Webinar / EU SME: The Organic Food and Beverage Sector in China Mehr
Die EU und USA wollen den Transfer von Technologien nach China schärfer kontrollieren. Brüssel und Washington wollen dazu enger in sicherheits- und technologiepolitischen Fragen kooperieren. Gemeinsam wollen die Partner verhindern, dass mit High-Tech-Produkten Menschenrechte gefährdet werden, wie aus einem Entwurf der Abschlusserklärung des “EU-US Trade and Technology Council” (kurz TTC) hervorgeht. Der Entwurf der Erklärung wurde zuerst von Euractiv veröffentlicht. “Die EU und die USA erkennen an, dass der Handel mit bestimmten Gütern mit doppeltem Verwendungszweck, insbesondere bestimmten Technologien zur Cyberüberwachung, kontrolliert werden muss,” heißt es in dem Papier. Missbrauch der Technologien, die zu “schweren Verletzungen der Menschenrechte oder des humanitären Völkerrechts” führen könnten, müssten verhindert werden.
China wird in der Erklärung nicht namentlich genannt. Angesprochen wird jedoch das Sozialkredit-System der Volksrepublik (China.Table berichtete). “Die EU und die USA lehnen den Einsatz von KI-Technologien ab, die die internationalen Menschenrechte nicht respektieren, wie etwa rechtsverletzende Systeme des Social Scoring“, heißt es in dem Entwurf der TTC-Erklärung.
Das erste Treffen des TTC ist für kommenden Mittwoch in Pittsburgh angesetzt. Wegen eines Disputs über den geplatzten U-Boot-Deal zwischen Australien und Frankreich (China.Table berichtete), möchte Paris den EU-USA-Techgipfel jedoch auf kommenden Monat verschieben. Andere Mitgliedsstaaten hatten sich für eine Beibehaltung des Termins eingesetzt, wie Euractiv berichtete.
Die beiden Partner wollen der Erklärung zufolge außerdem gemeinsame Grundsätze für künstliche Intelligenz und eine bessere Zusammenarbeit bei Halbleiter-Wertschöpfungsketten festlegen. Auch eine härtere Kontrolle von ausländischen Investitionen in sicherheitspolitischen Branchen ist angedacht. Die Systeme für die Überprüfung von Investments sollen geschärft werden, um “Risiken für die nationale Sicherheit” und die öffentliche Ordnung innerhalb der EU” auszuschließen, wie es in dem Dokument heißt.
Die beiden Blöcke werden sich regelmäßig in Arbeitsgruppen treffen. Auch die Einbindung anderer internationaler Partner wird demnach angestrebt. ari
Spätestens die Corona-Pandemie hat aufgezeigt, wie fragil die weltweiten Lieferketten für Medikamente in einer Krisensituation sind. Gesundheitsminister Jens Spahn hat jetzt mehr Unabhängigkeit von China im Bereich der Medikamentenproduktion gefordert, berichtete Deutschlandfunk. Deutschland sei zu abhängig von Lieferungen aus der Volksrepublik, so der CDU-Politiker beim gestrigen Apothekertag in Düsseldorf. Auch bei medizinischen Produkten sprach sich der Gesundheitsminister für mehr Souveränität aus. “Wir geben doch auch nicht die Rüstungsindustrie nach China, nur weil sie günstiger sind”, betonte Spahn.
Er sieht die Förderung der Bio- und Gentechnologie als notwendig, damit Deutschland wieder stärker zur “Apotheke der Welt” werde. Zudem forderte der CDU-Politiker mehr Bemühungen in der Digitalisierung des Gesundheitswesens. niw
VW will am Standort in Hefei eine neue Fabrik für Batteriesysteme bauen. Das erste Mal wird das Unternehmen Alleineigentümer eines Werks für Batteriesysteme. Das gab der Konzern am Donnerstag bekannt. Die Produktion von jährlich 150.000 bis 180.000 Batteriesystemen soll demnach in der zweiten Jahreshälfte 2023 beginnen. Die neue Fabrik soll neben der Produktionsanlage des Unternehmens in Anhui entstehen. Bis 2025 sind Investitionen in Höhe von 140 Millionen Euro vorgesehen.
Es sei wichtig, “Schlüsselkomponenten wie Batteriesysteme in die eigene Wertschöpfungskette zu verankern“, sagte Stephan Wöllenstein, CEO Volkswagen Group China. Bis 2030 soll der Anteil von Autos mit alternativen Antrieben – also batterieelektrischen, Brennstoffzellen- oder Plug-In-Hybrid-Antriebe – an den Verkäufen in China auf 40 Prozent steigen, so Wöllenstein weiter. nib
Die chinesische Staatsreederei Cosco beteiligt sich mit rund 35 Prozent an der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), wie der Hafenbetreiber kürzlich vermeldete. Bereits seit Juni hatte HHLA mit Cocso über eine Beteiligung am Containerterminal Tollerort (CTT) in Hamburg verhandelt (China.Table berichtete). Für die Beteiligung zahlt Cosco 100 Millionen Euro.
“Die maritime Welt ist derzeit sehr starken Veränderungen ausgesetzt”, sagte Angela Titzrath, Vorstandsvorsitzende der HHLA. Sie betonte die “langjährige und vertrauensvolle Kundenbeziehungen” die HHLA seit 40 Jahren im Warenverkehr mit China pflegt und strebt mit dem chinesischen Mitinhaber eine noch stärkere Verzahnung chinesischer Logistikströme am Standort Hamburg an. Cosco zählt zu einem der wichtigsten und größten Kunden von HHLA.
In Hamburg selbst hatte die Nachricht der Beteiligung an den Terminals von HHLA durch eine ausländische Großreederei zunächst für viel Aufsehen gesorgt. Bisher hatte Hamburg, entgegen vieler anderen Hafenstädte der Welt keine ausländische Beteiligung.
Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) unterstützte die geplante Investition von Cosco: “Es gibt dazu keine politischen Vorgaben, aber was unternehmerisch sinnvoll ist, muss auch praktisch möglich sein und gemacht werden”, sagte Tschentscher im Juli (China.Table berichtete). Der Stadt Hamburg gehören mehr als zwei Drittel der Anteile von HHLA.
Da Häfen in Deutschland als kritische Infrastruktur gelten, dürfen Beteiligungen von ausländischen Investoren nur unter bestimmten Bedingungen genehmigt werden (China.Table berichtete). Schon jetzt machen die chinesischen Im- und Exporte etwa 30 Prozent des Containerumschlags in Hamburg aus.
Kritik kam bereits im Juni als die Verhandlungen bekannt wurden von der Gewerkschaft Verdi. Sie fürchtet einen wachsenden Druck auf die Beschäftigten und die Tarifverträge, wenn Cosco als ausländischer Investor mit einem wesentlichen Anteil am Hafen beteiligt ist. Noch müssen die Behörden dem Deal zustimmen. niw
Der US-Flugzeugbauer Boeing erwartet, dass Chinas Fluggesellschaften bis 2040 8.700 neue Flugzeuge benötigen, die 1,47 Billionen US-Dollar kosten sollen. “Die schnelle Erholung des chinesischen Inlandsverkehrs während der Pandemie spricht für die Stärke und Widerstandsfähigkeit des Marktes”, sagte der Boeing Manager Richard Wynne, laut Bloomberg. Zuvor hatte das Unternehmen einen Bedarf von 8.600 Maschinen prognostiziert (China.Table berichtete).
Laut dem jährlichen Marktausblick des Flugzeugbauers dürfte Chinas Nachfrage nach Großraumflugzeugen bis zu 20 Prozent der weltweiten Auslieferungen ausmachen. Chinas zivile Luftfahrtindustrie wird bis 2040 auch mehr als 400.000 neue Angestellte benötigen, darunter Piloten, Kabinenpersonal und Techniker so das Unternehmen. “Darüber hinaus gibt es vielversprechende Möglichkeiten, internationale Langstrecken- und Luftfrachtkapazitäten erheblich auszubauen”, sagt Boeing. Das Unternehmen rechnet damit, dass die Zahl der Inlandspassagiere in China bis 2030 den innereuropäischen Luftverkehr und bis 2040 den in Nordamerika überschreiten wird.
Boeing wartet auf die Freigabe seines 737 Max-Modells durch die chinesischen Aufsichtsbehörden (China.Table berichtete). Denn die Konkurrenz schläft nicht: die chinesische Fluggesellschaft China Eastern Airlines gab vergangene Woche bekannt, dass sie noch in diesem Jahr die Auslieferung der Passagiermaschine des Typs C919 des chinesischen Herstellers Comac erwartet. niw
Die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) hat davor gewarnt, dass hohe Energie- und Düngemittelpreise die Nahrungsmittelversorgung in China gefährden könnten, wie Bloomberg berichtet. Die Kommission hat die Behörden aufgerufen, für stabile Preise zu sorgen, um die Versorgung der Landwirte mit Düngern sicherzustellen. Für gewöhnlich ist Erdgas der wichtigste Ausgangsstoff für Stickstoffproduzenten. In China verwendet der Großteil der Produzenten jedoch Kohle. Die Düngehersteller sind anfällig für Pekings strenge Politik in Bezug auf Luftverschmutzung und Umweltschutz, so Bloomberg.
Neben den steigenden Energiepreisen für Gas und Kohle haben Extremwetter, Betriebsstilllegungen und staatliche Sanktionen den weltweiten Düngemittelmarkt in Aufruhr versetzt. Steigende Düngepreise verstärken den ohnehin hohen Kostendruck der Landwirte. Diese Gemengelage schürt Befürchtungen einer weiter zunehmenden Inflation der Lebensmittelpreise. nib
Chinas Panda, seit 1961 Wappentier des weltgrößten Naturschutzbundes “World Wide Fund for Nature” (WWF), ist nicht mehr vom Aussterben bedroht. Nach Pekinger Zahlen vermehren sich die Schwarz-Weiß-Bären immer rascher. Aktuell leben in freier Wildbahn und als Nachzuchten fast 2.500 Exemplare, genug zur Erhaltung der Gattung. Die Volksrepublik punktet nun mit seinem Überleben kurz vor dem Start der UN-Artenschutzkonferenz COP 15 in Kunming. Ohnehin ist der Panda Chinas perfekter Imageträger.
Panda-Hassern geht er deshalb tierisch auf die Nerven. Unzählige bekennen sich dagegen als Panda-Lover. Andere, die alles unterstützen, was Peking gerade macht, nennt man Panda-Hugger. Einst gab es die Panda-Jäger. Die aber sind tatsächlich ausgestorben. Sogar Söhne eines US-Präsidenten waren darunter.
Pat Nixon besuchte am zweiten Tag der historischen China-Reise ihres Mannes und US-Präsidenten Richard Nixon das Pandagehege im Pekinger Zoo. Es war der 22. Februar 1972. Sie verfiel völlig dem Charme der schwarz-weißen Riesenbären und kaufte jede Menge Panda-Spielzeug als Mitbringsel für zuhause ein. Premier Zhou Enlai wurde darüber informiert. Peking hatte heimlich längst geplant, den Nixons zwei echte Bären zum Staatsgeschenk zu machen. Nun ließ Zhou es die First Lady auf besondere Weise wissen
Während des Abschiedsbanketts bot er ihr eine Zigaretten-Packung “Panda” an, die Lieblingsmarke Maos. Sie rauche nicht, lehnte sie verwundert ab, schilderte der USA-Abteilungsleiter im Außenministerium, Ding Yanhong, später die Szene. Unbeirrt deutete Zhou auf das Werbelogo der Schachtel mit dem Bild zweier Pandas. “Aber diese Bären mögen Sie doch haben?” Frau Nixon verstand. Nach dem Bankett sagte sie ihrem Mann. “Stell Dir vor: Sie wollen uns zwei Pandas schenken.”
Sieben Wochen später, am 16. April 1972, traf das Bärenpaar, Lingling und Xingxing im Washingtoner Zoo ein. Es waren die ersten Pandas, die die Volksrepublik einem westlichen Land schenkte. Zur ihrer Begrüßung jubelten neben dem Präsidentenpaar 8.000 US-Bürger den Ankömmlingen zu. Von da an hypten die USA den schwarz-weißen Bären. Heute leben 61 Pandas außerhalb Chinas in 18 Ländern als Leihgaben. Elf davon sind in vier Zoos der USA untergebracht.
Lange vor den Nixons hatte eine US-Präsidentenfamilie eine ganz andere Geschichte geschrieben. Die Safarijäger Theodore und Kermit Roosevelt, Söhne des von 1901 bis 1908 regierenden US-Präsidenten Theodor (Teddy) Roosevelt, brüsteten sich, als erste Ausländer am 13. April 1929 einen Riesenpanda im Kreis Mianning (Sichuan) erlegt zu haben. Im Auftrag des Chicago Field-Museums für Naturgeschichte lauerten sie einem ausgewachsenen Panda auf. Sie schossen angeblich gleichzeitig auf den Riesenbären, um sich den damals noch unzweifelhaften Ruhm zu teilen.
In ihrem Ende 1929 erschienenen Buch “Jagd auf den Riesenpanda” (Trailing the Giant Panda) posieren sie über ihrer Trophäe auf einem ganzseitigen Foto. Als ich Tierforscher in der Chengdu-Pandastation danach fragte, sagten sie: “Wir sprechen nicht gern darüber. Erst 1939 stellte China den Panda unter Schutz. Der damalige Vorfall mag aber mit ein Grund sein, warum so viele US-Bürger uns heute helfen, den Panda vor dem Aussterben zu retten.”
Die Bemühungen haben sich gelohnt. Entwarnung für das Überleben der Gattung gibt die Zeitschrift “National Geographic” in ihrer Septemberausgabe. Sie stützt sich auf Angaben des Naturschutzbeamten Cui Shuhong aus dem Ministerium für Ökologie und Umwelt. Vergangenen Juli bestätigte er erstmals öffentlich, dass Peking den “Status des wilden Riesenpanda” offiziell von “gefährdet” in “verletzlich” heruntergestuft hat.
Zugrunde liegen Zahlen aus Chinas alle zehn Jahre organisierten nationalen Pandazählungen. Der erste Zensus in den 1980er Jahren löste mit nur noch 1.114 gezählten Bären weltweiten Alarm aus. Doch Peking konnte nach dem vierten Pandazensus 2013 aufatmen. 200 Wildhüter und Ökologen hatten drei Jahre lang 66 Naturreservate und Bergwälder in den Provinzen Sichuan, Gansu und Shaanxi durchkämmt. Sie entdeckten wieder 1.864 Pandas in freier Wildbahn. Hinzu kommen 633 Bären, die bis Anfang 2021 in den Zoos und Tierschutz-Stationen nachgezüchtet wurden.
Der heutige Pandabestand reicht aus, die genetische Vielfalt und das Überleben der Bären zu garantieren. Von dem nun für 2022 geplanten fünften Zensus erhofft sich Peking weitere Zahlenrekorde. Dafür hat man die Flächen seiner Naturreservate ausweiten lassen. Auch erwies sich der Bambus, der 90 Prozent der Ernährung von Pandas ausmacht, als widerstandsfähig gegen Klima- und Umwelteinflüsse.
Anerkannte Naturschutzverbände wie die “International Union for Conservation of Nature” hatten schon 2016 den Panda auf ihrer “Roten Liste” als nicht mehr überlebensgefährdet herabgestuft. Chinas Behörden aber nannten das “übereilte Schlussfolgerungen, die die Anstrengungen zum Schutz des Pandas nur gefährden würden.”
Fünf Jahre später passt die Entwarnung besser ins Pekinger Kalkül. Im Vorfeld der kommenden UN-Artenschutzkonferenz COP 15 posaunte Xinhua am 9. Juli stolz in Englisch aus, dass dank Chinas Mühen Pandas nicht mehr gefährdet sind: “Finally Some Good News!” Peking trumpft auf. Es ist Gastgeber des UN-Treffens, das am 11. Oktober in Kunming startet – wegen der Covid-19 Pandemie allerdings nur mit Online-Begrüßungsreden.
Die Bären entpuppten sich immer schon als Imagebotschafter für Chinas “Softpower”-Politik, fand eine Studie der Oxford Universität heraus, die die Absichten hinter Chinas Panda-Ausfuhren an internationale Zoos untersuchte.
Nur zehn Jahre lang verschenkte Pekings Führung Pandas als Staatsgabe. Die USA waren 1972 der erste Empfänger. Obwohl Mao schon 1957 den Zoos in der Sowjetunion und 1965 in Nordkorea Bären schickte, kam erst seit der Nixon-Reise der Begriff der Panda-Diplomatie auf. Bis 1982 erhielten Staatschefs aus neun Ländern, darunter auch Deutschland, Panda-Pärchen als Staatspräsente.
Die Volksrepublik belebte nur eine uralte Tradition. Nach kaiserlichen Aufzeichnungen ließ Tang-Kaiserin Wu Zetian am 22. Oktober 685 dem damaligen japanischen Kaiser Tenmu ein Pandapaar nebst 70 Fellen zum Geschenk machen. Sogar die Uhrzeit wurde notiert. Um zehn Uhr vormittags verließen die Tiere in zwei Käfigen die damalige Hauptstadt Changan (Xi’an) und wurden über Yangzhou mit dem Schiff nach Japan transportiert. Von 685 bis 1982 wurden von China insgesamt 40 Pandas verschenkt.
Seit 1982 dürfen ausländische Zoos Pandabären nur noch auf Grundlage langfristiger Leihverträge erhalten. Peking hat sich zur zweckgebundenen Nutzung der Leihgebühren verpflichtet. 60 Prozent dienen dem Schutz der Naturreservate, 40 Prozent kommen der Panda-Forschung zugute.
Die ökologische Debatte hinterlässt Spuren. Vor dem Panda-Freigehege in Chengdu warnt ein Plakat vor dem zerstörerischen Umgang des Menschen mit der Natur. Es stammt von Friedrich Engels, dem Kampfgefährten von Karl Marx. In seinem Traktat über den “Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen” schreibt Engels: “Schmeicheln wir uns indes nicht zu sehr mit unseren menschlichen Siegen über die Natur. Für jeden solcher Siege rächt sie sich an uns.” Auf Marx und Engels sollen Chinesen ja bekanntlich hören.
Judith Sun übernimmt bei Hugo Boss die Verantwortung für den chinesischen Markt. Sie tritt ihre neue Position zum 1. Oktober an. Sun war vorher als Managing Director bei der Schmuckmarke Swarovski in China tätig und hatte davor Positionen bei Adidas, Levi´s und anderen Marken aus der Textilbranche in China inne. Sie ist die erste weibliche Managing Director, die einen Bereich für Hugo Boss verantwortet.
Michael Perschke ist neuer CEO und Vorstand bei der Quantron AG. Quantron ist ein Systemanbieter von batterie- und wasserstoffbetriebener E-Mobilität für Nutzfahrzeuge wie Lkw, Busse und Transporter und hatte jüngst über einen Aktienaustausch mit Ev Dynamics seine globale Präsenz ausgebaut. Ev Dynamics, ehemals als China Dynamics bekannt, ist Anbieter von integrierten Antriebs- und Logistiklösungen und verfügt über eine Produktionsstätte in Chongqing sowie ein Vertriebsnetz in China, Hongkong, im asiatisch-pazifischen Raum und in Südamerika. Im August kündigten beide an, gemeinsam BEV- und FCEV- Fahrzeuge auf den Markt bringen zu wollen.